Untitled - Universitätsbibliothek - Universität Salzburg
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Abb. 9: Wolf Dietrich von Raitenau mit einem Brief Ad Sac[ram] Cæs[aream] Ma[ies]t[a]tem – „an die kaiserliche Majestät“ (Salzburg Museum, Inv.-Nr. 22/25) versprach er, sich beim Kaiser durch Schreiben in der angedeuteten Weise zu empfehlen. 29 Den Brief aus Brüssel leitete Wolf Dietrich um - gehend an Tycho Brahe nach Prag weiter. Dem Kai - ser aber teilte der Fürsterzbischof seine forcht und sorg mit, er könne durch die erwehlung eines römischen Königs umb die autoritet kommen und in verkleinerung geratten (Abb. 9). In seinen Augen würde Erzherzog Matthias diesen verdacht nicht wenig be - stärken, während von Erzherzog Albrecht bestimmt nichts Nachteiliges zu fürchten sei. 30 Schon konnten sich Wolf Dietrich und Albrecht VII. über die klug eingefädelte Intrige freuen, da zerschlugen sich mit dem Tod des Prager Vertrauensmanns am 24. Ok - DER TOD IN DEN STERNEN 279 tober 1601 alle Hoffnungen auf Erfolg: Als er sich während eines Gastmahls der strengen Etikette wegen nicht zu erheben getraute, starb Tycho Brahe an den Folgen eines Harnblasenrisses. 31 Die Sterne lügen nicht Rudolph II. glaubte, die Fügung des Schicksals aus der Gesetzlichkeit der Sterne ablesen zu können. Nach dem Tod von Tycho Brahe übernahm Johan - nes Kepler die Aufgabe, für den Kaiser Horoskope zu erstellen. 32 Er hatte beispielsweise die Nativität, also den Stand der Gestirne bei der Geburt, von Kaiser Augustus 33 und König Jakob I. von Groß - britannien 34 zu berechnen oder musste Prognostica über die Stadtgründung Roms 35 sowie den Konflikt zwischen Papst Paul V. und Venedig entwerfen. 36 Brennend interessierte den Kaiser, ob die Sterne die Ermordung König Heinrichs IV. von Frankreich an - gezeigt hätten. 37 Kepler verglich auch das Horoskop des Kaisers mit dem seines Bruders Albrecht, kam jedoch nicht zu dem von Wolf Dietrich gewünschten Ergebnis. 38 Auch der Raitenauer scheint bei Astrologen Horoskope für sich bestellt zu haben. So behauptete Wolf Dietrich nach seinem Sturz, er habe „aus den Horoskopen gelesen, daß sein eigener und Kaiser Rudolphs Untergang gleichzeitig erfolgen werden.“ 39 Wenn auch bisher kein Horoskop Wolf Dietrichs aufgetaucht ist, so lässt sich die Anspie - lung des Erzbischofs durch das von Kepler entworfene Horoskop Kaiser Rudolphs II. (Abb. 10) ver - stehen. Der kaiserliche Hofastronom berechnete, dass sich Saturn und Jupiter zwischen November 1611 und September 1613 viermal gegenüberstehen würden. 40 Diese für Herrscher unheilvolle Konstel - lation müsse sich auf alle hohe häupter der welt Irer Nativitet halben auswirken und könne nicht ohne einen grossen tumult verschwinden. Die erste Oppo - sition trete vom 17. November bis zum 14. Dezem - ber 1611 ein. Sie sei, wiewohl noch unvollkhommen, doch schon starckh und werde ain grosse Verende - rung bringen. Und tatsächlich: Am 23. November 1611 wurde Wolf Dietrich als Gefangener auf die Festung Hohensalzburg gebracht. 41
280 CHRISTOPH BRANDHUBER Ein Lustspiel für die Ketzer Was war geschehen? Wilhelm Peter Zimmermann druckte 1611 eine Kurtze Relation über die Zwytracht zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Herzog von Bayern (Abb. 11). 42 Demzufolge war die Strittigkeit [...] mehrertheils deß Saltz halben en - standen, weil der Bayernherzog einen neuen Trans - portweg für das weiße Gold anlegen ließ, welchen das Kriegsvolk des Erzbischofs wieder zerstörte. Auch eine Zollerhöhung wollte Wolf Dietrich nicht dulden. Er nahm das Stättlein Berchtesgaden ein, in dem sich ein fürnemmes, und mit Edelleuten besetztes Closter befand, dem der Fürstpropst Ferdinand von Bayern vorstand. 43 Dieser schuldete ihm noch etliche tausend Gulden und Wolf Dietrich wollte Berchtesgaden erst nach Bezahlung der Schulden wieder zurückgeben. Doch sah sich Ferdinands älterer Bruder, Herzog Maximilian I. von Bayern Abb. 10: Horoskop Kaiser Rudolphs II. (ÖNB, Cod. min. 31, fol. 1 r ) (Abb. 12), veranlasst, dem Fürst - propst zu Hilfe zu kommen: Sol - daten wurden rekrutiert und sampt dero Carabiner Reutern, neben einem Regiment geworbener Soldaten, und also in zehen tausend starck, mit etlichen Feldstücklein, wider gedachten Ertzbischoffen ausgesandt. Das Haupt der katholischen Liga zog gegen den katholischen Erz bischof: „Ein Lustspiel für die Ketzer“, wie der päpstliche Nun tius in Prag urteilte. 44 Nach der Anwerbung griffen die Bayern Tittmoning an. Die Stadt ergab sich bald, doch haben sich die im Schloß befindlichen Salzburger Soldaten etliche Stund lang heraußschiessend, dapffer ge - wehret. Dabei wurden ein Floren - tinischer Hauptmann und etliche Soldaten erschossen, bis das Schloss schließlich übergeben werden musste. Zwei Salzburger Haupt leute wurden gefangen genommen, den Rest der darinn gelegenen Soldaten, so mehrertheils Wallohnen gewest, hat man Wehrloß abziehen lassen. 45 Unterdessen trafen die Gesandten des Salzburger Domkapitels beim Bayernherzog in Burghausen ein, der ihre Friedensbemühungen nicht annahm, sondern seinen Truppen den Befehl gab, gegen Laufen vorzurücken. Weil Maximilian die Gesandten inn den Arrest genommen hatte, wurden erneut Diplo - maten, diesmal zum bayerischen Feldobristen, entsandt, der sie anhörte und mit guter Berättung [Be - ratung] zum Herzog schickte. Die Salzburger Gesandten berichteten dem Bayernherzog, dass der Ertzbischoff bereyts gewichen sei und das Domkapitel darum bitte, den vorhabenden KriegßProceß einzustellen, und in allem guten bey ihnen zu Saltzburg einzuziehen, da ihme dann die Schlüssel zu der Statt, sollen eingehändiget werden. 46
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Ein Lustspiel für die Ketzer<br />
Was war geschehen? Wilhelm Peter Zimmermann<br />
druckte 1611 eine Kurtze Relation über die Zwytracht<br />
zwischen dem Erzbischof von <strong>Salzburg</strong> und dem<br />
Herzog von Bayern (Abb. 11). 42 Demzufolge war<br />
die Strittigkeit [...] mehrertheils deß Saltz halben en -<br />
standen, weil der Bayernherzog einen neuen Trans -<br />
portweg für das weiße Gold anlegen ließ, welchen<br />
das Kriegsvolk des Erzbischofs wieder zerstörte.<br />
Auch eine Zollerhöhung wollte Wolf Dietrich nicht<br />
dulden. Er nahm das Stättlein Berchtesgaden ein, in<br />
dem sich ein fürnemmes, und mit Edelleuten besetztes<br />
Closter befand, dem der Fürstpropst Ferdinand von<br />
Bayern vorstand. 43 Dieser schuldete ihm noch etliche<br />
tausend Gulden und Wolf Dietrich wollte<br />
Berchtesgaden erst nach Bezahlung der Schulden<br />
wieder zurückgeben. Doch sah sich Ferdinands<br />
älterer Bruder, Herzog Maximilian I. von Bayern<br />
Abb. 10: Horoskop Kaiser Rudolphs<br />
II. (ÖNB, Cod. min. 31, fol. 1 r )<br />
(Abb. 12), veranlasst, dem Fürst -<br />
propst zu Hilfe zu kommen: Sol -<br />
daten wurden rekrutiert und<br />
sampt dero Carabiner Reutern,<br />
neben einem Regiment geworbener<br />
Soldaten, und also in zehen tausend<br />
starck, mit etlichen Feldstücklein,<br />
wider gedachten Ertzbischoffen ausgesandt.<br />
Das Haupt der katholischen<br />
Liga zog gegen den katholischen<br />
Erz bischof: „Ein Lustspiel<br />
für die Ketzer“, wie der päpstliche<br />
Nun tius in Prag urteilte. 44<br />
Nach der Anwerbung griffen<br />
die Bayern Tittmoning an. Die<br />
Stadt ergab sich bald, doch haben<br />
sich die im Schloß befindlichen<br />
<strong>Salzburg</strong>er Soldaten etliche Stund<br />
lang heraußschiessend, dapffer ge -<br />
wehret. Dabei wurden ein Floren -<br />
tinischer Hauptmann und etliche<br />
Soldaten erschossen, bis das<br />
Schloss schließlich übergeben<br />
werden musste. Zwei <strong>Salzburg</strong>er Haupt leute wurden<br />
gefangen genommen, den Rest der darinn gelegenen<br />
Soldaten, so mehrertheils Wallohnen gewest, hat<br />
man Wehrloß abziehen lassen. 45<br />
Unterdessen trafen die Gesandten des <strong>Salzburg</strong>er<br />
Domkapitels beim Bayernherzog in Burghausen ein,<br />
der ihre Friedensbemühungen nicht annahm, sondern<br />
seinen Truppen den Befehl gab, gegen Laufen<br />
vorzurücken. Weil Maximilian die Gesandten inn<br />
den Arrest genommen hatte, wurden erneut Diplo -<br />
maten, diesmal zum bayerischen Feldobristen, entsandt,<br />
der sie anhörte und mit guter Berättung [Be -<br />
ratung] zum Herzog schickte. Die <strong>Salzburg</strong>er<br />
Gesandten berichteten dem Bayernherzog, dass der<br />
Ertzbischoff bereyts gewichen sei und das Domkapitel<br />
darum bitte, den vorhabenden KriegßProceß einzustellen,<br />
und in allem guten bey ihnen zu Saltzburg einzuziehen,<br />
da ihme dann die Schlüssel zu der Statt, sollen<br />
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