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Wenn Joseph Haydn gemeinhin <strong>als</strong> der »Vater des Streichquartetts« bezeichnet<br />

wird, so bezieht sich diese Bezeichnung weniger darauf, dass er diese Gattung<br />

erfunden hätte – das hat er nicht –, sondern vielmehr darauf, dass Haydn<br />

mit seinen Quartetten eine Gattung mit enormen musikalischen Ansprüchen in<br />

die Sphäre bürgerlichen Musizierens trug. Über 50 Jahre war das Streichquartett<br />

ein fester Bestandteil seines kompositorischen Schaffens. Es avancierte<br />

zum wahrhaft »klassischen« Vorbild, zum Vorbild konzentriertester und – auf<br />

Grund der vier gleichberechtigten Stimmen – handwerklich anspruchsvollster<br />

Kompositionstechnik, und das gilt bis heute.<br />

Höchste Bewunderung zollte man Haydn dafür, wie er seine Gattung dabei stets<br />

weiterentwickelte, ja wie er auch vor Anpassungen an äußere Gegebenheiten nicht<br />

zurückschreckte, ohne je seinen Qualitätsmaßstab aufzugeben. Beispielhaft dafür<br />

sind die sechs dem Grafen Anton Apponyi gewidmeten, eine Einheit bildenden<br />

Quartette op. 71 und 74. In der Zeit nach dem ersten großen Londoner Erfolg entstanden,<br />

wagt es Haydn hier, das Streichquartett aus der Spezialisten-Ecke in den<br />

großen Konzertsaal zu tragen und es demonstrativ der repräsentativen Sinfonie<br />

an die Seite zu stellen. Mit ganz neuen klanglichen Wirkungen, überraschenden<br />

harmonischen Weitungen und sogar konzertant-virtuosen Violineinlagen vermochte<br />

er auch den »Nicht-Kenner« unmittelbar in seinen Bann zu ziehen. Der<br />

»kennerhaften« und »akademischen« Kammermusik – insbesondere der deutschen<br />

– stand der Patriot Claude Debussy von vornherein skeptisch gegenüber,<br />

wie überhaupt Kammermusik im Frankreich des 19. Jahrhundert wenig gepflegt<br />

wurde. Debussys Musik, die später missverständlich <strong>als</strong> »impressionistisch« bezeichnet<br />

wurde, will das Gegenteil. Sie ist Ausdruck eines neuen Freiheitsbedürfnisses,<br />

fern von Hierarchien, fern eines überkommenen Vokabulars, und will sich<br />

ganz der Unmittelbarkeit und Flüchtigkeit des musikalischen Augenblicks hingeben.<br />

Dennoch ist es ausgerechnet ein Streichquartett, das <strong>als</strong> eines der Schlüsselwerke<br />

Debussys gilt, in denen er zu seinem unverwechselbaren und unnachahmbaren<br />

Stil fand. Freilich, es sollte sein einziges Streichquartett bleiben – und<br />

übrigens seine einzige Komposition, die mit einer (altmodischen?) Opus-Zahl<br />

versehen wurde! In seiner Ausdehnung und der viersätzigen Anlage folgt Debussy<br />

brav dem tradierten Formschema, doch im Inneren atmet eine wahrhaft neue Musik,<br />

wenn fremdartige Akkorde, Rhythmen und Akkordverbindungen aufleuchten<br />

und Melodielinien wie »über einen luxuriösen kunstvoll gemusterten Teppich von<br />

wundersamer Farbigkeit« (Paul Dukas) schreiten.<br />

QUATUOR EBÈNE<br />

Ulrich Matyl<br />

Keine Frage, die vier smarten Franzosen bilden die derzeit vielseitigste Boygroup der internationalen<br />

Streichquartettszene: Kaum ein anderes Ensemble vermag so souverän und lustvoll<br />

zwischen den Stilen hin und her zu wechseln wie das Quatuor Ebène. Von Haydn über Debussy<br />

bis zum Jazz vermögen die Allroundmusiker innerhalb eines Konzertes umzuschalten. Das mag<br />

verdächtig klingen, doch wer sie erlebt hat, weiß: Was sie anpacken, das packen sie richtig an.<br />

Mit ihrem feurigen Zugang zur Tradition gelingt es den vier Franzosen, auch jüngere Hörer zu<br />

fesseln und für das Streichquartett zu begeistern. Ihr Spiel ist so überzeugend und charismatisch,<br />

dass man sich dem Zauber der Meisterwerke kaum entziehen kann. Auch deshalb hat das<br />

Quatuor Ebène eine so schnelle und steile Karriere gemacht: Nach Studien beim Ysaÿe Quartett<br />

in Paris sowie bei Gábor Takács, Eberhard Feltz und György Kurtág, sorgte das 1999 gegründete<br />

Ensemble 2004 beim ARD-Musikwettbewerb für Furore, <strong>als</strong> es gleich mehrere Preise abräumte<br />

zu einer ganzen Reihe weiterer Auszeichnungen von renommierten Stiftungen und Festiv<strong>als</strong>.<br />

präsentiert von<br />

KLASSISCH<br />

VISIONÄR<br />

MO 30. AUG I 18.30 UHR I 22 EUR (ERM. 19 EUR)<br />

Jagdschloss Clemenswerth, Sögel<br />

KLASSISCH VISIONÄR<br />

QUATUOR EBÈNE:<br />

PIERRE COLOMBET Violine GABRIEL LE MAGADURE Violine<br />

MATHIEU HERZOG Viola RAPHAËL MERLIN Cello<br />

J. Haydn: Streichkonzert C-Dur op. 74/1 Hob. III:72<br />

C. Debussy: Streichquartett g-Moll op. 10<br />

30<br />

08<br />

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