Download Magazin als PDF - Musikfest Bremen
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MISSA<br />
SOLEMNIS<br />
FEIERLICHE MESSE<br />
IN GROSSER BESETZUNG<br />
»Von Herzen – möge es wieder – zu Herzen gehen«,<br />
schrieb Ludwig van Beethoven über das Kyrie seiner<br />
zwischen 1819 und 1823 entstandenen, 1824<br />
in Petersburg <strong>als</strong> »Oratorium« uraufgeführten<br />
»Missa Solemnis«, die er selbst für sein größtes<br />
Werk hielt. Die Lebensideale Beethovens, der von<br />
1770 bis 1827 lebte, waren die der französischen<br />
Revolution mit ihren Postulaten »Freiheit, Gleichheit,<br />
Brüderlichkeit«. Und für die Kunst formulierte<br />
er: »...allein Freiheit, Weitergehen ist in der ganzen<br />
Kunstwelt wie in der ganzen großen Schöpfung<br />
Zweck...«.<br />
Man nennt die »Missa Solemnis« und die Neunte<br />
Sinfonie – ebenfalls 1824 uraufgeführt – auch<br />
Schwesternwerke. In der Sinfonie wurde erstmalig<br />
die menschliche Stimme in eine genuin instrumentale<br />
Gattung einbezogen, in der Messe bestand das<br />
Problem, die katholische Liturgie mit ihren traditionell<br />
rhetorisch-musikalischen Figuren zu einer<br />
subjektiven Tonsprache zu führen: Denn Beethoven,<br />
zu diesem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren<br />
ertaubt, wollte »bei Singenden und Zuhörenden religiöse<br />
Gefühle erwecken und dauerhaft machen«.<br />
Zwar lässt er mit den Kriegseinbrüchen im fünfteiligen<br />
Schluss »Dona nobis pacem« des »Agnus Dei«<br />
sozusagen die Welt (die Bedrohung durch die Napoleonischen<br />
Kriege) hinein, indem er in die Partitur<br />
schreibt: »Bitte um äußeren Frieden« und »Bitte um<br />
inneren Frieden«, lässt den Tenor »ängstlich« stottern,<br />
doch verortet er sich mit archaisch wirkenden<br />
Additionen wie Fugen besonders in der Tradition des<br />
Messtextes – man weiß, dass er Kirchenmusiktraditionen<br />
und -theorien vor der Komposition ausführlich<br />
studierte. Dass er die barocken Affekte und Figuren<br />
ins Gigantische wendet und damit eine Sprache erreicht,<br />
die »direkt unter die Haut geht« (Nikolaus<br />
Harnoncourt), macht die Einzigartigkeit des Werkes<br />
aus: »Menschliche Selbstverstrickung und Hoffnungsgläubigkeit<br />
fallen hier zusammen wie in keinem<br />
anderen musikalischen Werk: Beethovens ›Missa Solemnis‹<br />
ist der Ausdruck menschlicher Immanenz wie<br />
göttlicher Transzendenz« (Ulrich Schreiber).<br />
Das Fehlen der berühmten motivisch-thematischen<br />
Arbeit aus den Sinfonien, Streichquartetten und Sonaten,<br />
der Verzicht auf »symphonisches Gelingen«<br />
hat Theodor W. Adorno veranlasst, einen Aufsatz mit<br />
dem Titel »Verfremdetes Hauptwerk« zu schreiben.<br />
Ute Schalz-Laurenze<br />
ORCHESTRE DES CHAMPS-ÉLYSÉES<br />
COLLEGIUM VOCALE GENT<br />
Das Orchestre des Champs-Élysées, gegründet 1991 auf<br />
gemeinsames Betreiben von Alain Durel, Direktor des Théâtre<br />
des Champs-Élysées, und Philippe Herreweghe, widmet sich<br />
der historischen Aufführungspraxis klassischer und romantischer<br />
Werke aus der Zeit zwischen dem 18. und dem frühen<br />
20. Jahrhundert. Das Orchester begeistert nicht nur innerhalb<br />
Frankreichs und Europas, sondern ebenso in Japan, Korea,<br />
China oder Australien.<br />
Als eines der ersten Vokalensembles konzentrierte sich das 1970 von Philippe Herreweghe gegründete<br />
Collegium Vocale Gent auf die historische Aufführungspraxis und erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen.<br />
Längst wird der Chor in die bedeutendsten internationalen Konzertsäle eingeladen.<br />
Um sein ungewöhnlich breites Repertoire auch für große Projekte realisieren zu können, kooperiert<br />
das Ensemble seit 2009 mit dem in Siena ansässigen Coro dell’Accademia Chigiana.<br />
PHILIPPE HERREWEGHE<br />
präsentiert von<br />
MI 25. AUG I 20 UHR I KAT. D<br />
Dom zu Verden<br />
MISSA SOLEMNIS<br />
ORCHESTRE DES CHAMPS-ÉLYSÉES<br />
SIMONE SCHNEIDER Sopran<br />
GERHILD ROMBERGER Alt<br />
BENJAMIN HULLET Tenor<br />
REINHARD HAGEN Bass<br />
COLLEGIUM VOCALE GENT<br />
CORO DELL’ACCADEMIA CHIGIANA<br />
PHILIPPE HERREWEGHE Dirigent<br />
L. van Beethoven: »Missa Solemnis« D-Dur op. 123<br />
Nach einem Studium der Medizin studierte Philippe Herreweghe,<br />
1947 geboren, Klavier, Cembalo und Orgel. Schon im Alter von 23<br />
Jahren gründete er das Collegium Vocale Gent und nahm mit dem<br />
Ensemble an der Gesamteinspielung aller Kantaten von Johann<br />
Sebastian Bach unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt und<br />
Gustav Leonhardt teil. 1977 gründete er die aus Chor und Orchester<br />
bestehende Chapelle Royale, spezialisiert auf die französische<br />
Musik des 17. und 18. Jahrhunderts.<br />
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