ENGAGEMENT UND ERWERBSARBEIT IN EUROPA - BBE
ENGAGEMENT UND ERWERBSARBEIT IN EUROPA - BBE
ENGAGEMENT UND ERWERBSARBEIT IN EUROPA - BBE
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EngagEmEnt und<br />
ErwErbsarbEit in Europa<br />
OrganisatiOns- und gesellschaftspOlitische<br />
herausfOrderungen und MOdelle<br />
VOlunteering and<br />
eMplOyMent in eurOpe<br />
challenges and MOdels Of OrganisatiOnal<br />
and sOcial pOlicy<br />
dOkuMentatiOn zur fachtagung<br />
aM 26. und 27. OktOber in OberschleissheiM bei München<br />
isbn: 978-3-9814731-1-7
inhalt/cOntent<br />
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einleitung/intrOductiOn<br />
PD Dr. Ansgar Klein, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement/<br />
Hans-Georg Weigel, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) e.V.<br />
Engagement und Erwerbsarbeit in Europa. Organisations- und gesellschaftspolitische<br />
Herausforderungen und Modelle<br />
Volunteering and employment in Europe. Challenges and models of organisational and<br />
social policy<br />
grusswOrte/greetings<br />
Franz Wölfl, Leiter der Abteilung III „Generationenpolitik und Sozialversicherung“ im<br />
bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen<br />
(Bavarian State Ministry for Employment and Social Affairs)<br />
Grußwort<br />
Greeting<br />
Dr. Henning Arp, Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München<br />
(European Commission Representation in Munich/Germany)<br />
Grußwort<br />
Greeting<br />
Marc-Axel Hornfeck, Leiter des Referats 311 im BMFSFJ. Der Aufgabenbereich des<br />
Referats 311 umfasst Grundsatzfragen der Engagementpolitik, Stärkung der Zivilgesellschaft,<br />
Freiwilligensurvey (German Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens,<br />
Women and Youth)<br />
Grußwort<br />
Greeting<br />
VOrträge/presentatiOns<br />
Prof. Dr. Adalbert Evers, Justus-Liebig Universität Gießen, Institut für Wirtschaftslehre des<br />
Haushalts und Verbrauchsforschung<br />
Veränderungen im Arbeitsumfeld und im Bereich der sozialen Dienstleistungen und ihre<br />
Auswirkung auf das freiwillige Engagement<br />
Changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
Conny Reuter, SOLIDAR und das Europäische Jahr des bürgerschaftlichen Engagements 2011<br />
Ehrenamt und Beschäftigung. Visionen für eine europäische Freiwilligenpolitik<br />
Volunteering and Employment. Visions for a European volunteering policy
inhalt/ content<br />
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fOren/fOruMs<br />
fOruM 1: aktiVierende arbeitsMarktpOlitik und engageMent<br />
Henk Kinds: Aktivierende Arbeitsmarktpolitik und Engagement. Das Beispiel der Niederlande<br />
Prof. Dr. Roland Roth: Aktivierende Arbeitsmarktpolitik und Engagement<br />
fOruM 1: prOactiVe labOur Market pOlicies and VOlunteering<br />
Henk Kinds: Activating labour market policy and volunteering – The Example of the Netherlands<br />
Roland Roth: Activating labour market policy and volunteering<br />
fOruM 2: erwerbsarbeit iM dritten sektOr und engageMent<br />
Dr. Eckhard Priller: Vom Jobmotor zu prekärer Beschäftigung? Entwicklung im Dritten Sektor<br />
Birgitte Brekke: Frivillighet Norge – Ein gemeinsames Dach für den gemeinnützigen Sektor<br />
in Norwegen<br />
fOruM 2: gainful eMplOyMent in the third sectOr and VOlunteering<br />
Dr. Eckhard Priller: From Labour Market Booster to Ambiguous Form of Employment?<br />
Third Sector Development<br />
Birgitte Brekke: Frivillighet Norge – The Association of NGOs in Norway<br />
fOruM 3: engageMent iM kOntext der persOnalentwicklung<br />
VOn unternehMen<br />
Piotr Sadowski: Freiwilliges Engagement im Kontext der Personalentwicklung<br />
Stephan Koch: Erfolgsfaktoren für Personalentwicklung durch gesellschaftliches Engagement<br />
fOruM 3: VOlunteering in the cOntext Of huMan resOurces<br />
deVelOpMent in cOMpanies<br />
Piotr Sadowski: Volunteering in the Context of Human Resources Development<br />
Stephan Koch: Success Factors for Human Resource Development through Civic Engagement<br />
VOrtrag/presentatiOn<br />
Dr. Stephan Grohs, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für vergleichende Policy-<br />
Forschung und Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz<br />
„Social Entrepreneurship“ und soziale Verantwortung von Unternehmen. Schlussfolgerungen<br />
zu Bedeutung, Funktion und Grenzen des bürgerschaftlichen Engagements<br />
Social Entrepreneurship and Corporate Responsibility – Conclusions on the Importance,<br />
Function and Limits of Civic Engagement<br />
fOren/fOruMs<br />
fOruM 4: akteure der engageMentförderung und beschäftigungspOlitik<br />
Dr. Rosario Costa-Schott: Akteure der Engagementförderung und Beschäftigungspolitik<br />
Bernhard Jirku: Akteure der Engagementförderung und Beschäftigungspolitik<br />
fOruM 4: stakehOlders in the prOMOtiOn Of VOlunteering and<br />
eMplOyMent pOlicy<br />
Dr. Rosario Costa-Schott: Volunteering Promotion and Labour Policy Stakeholders<br />
Bernhard Jirku: Actors of commitment promotion and employment policy<br />
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fOruM 5: das Verhältnis VOn engageMent und erwerbsarbeit aus der<br />
perspektiVe der sOzialunternehMen<br />
Phillipp Stemmer: Das Verhältnis von Engagement und Erwerbsarbeit aus der<br />
Perspektive der Sozialunternehmen<br />
Rainer Höll: Engagement und Erwerbsarbeit bei Social Entrepreneurs<br />
fOruM 5: the relatiOnship between VOlunteering and paid wOrk<br />
frOM the perspectiVe Of sOcial enterprises<br />
Phillipp Stemmer: The Relationship between Voluntary Work and Gainful Employment<br />
from a Social Enterprise Perspective<br />
Rainer Höll: Volunteering and work amongst social entrepreneurs<br />
fOruM 6: engageMent und die gestaltung biOgraphischer übergänge<br />
Jonathan Przybylski: Vom Erwerbsleben in die Rente – eine Chance für<br />
bürgerschaftliches Engagement?<br />
Susana Szabo: Freiwilliges Engagement: ein Katalysator für die berufliche und<br />
persönliche Weiterentwicklung<br />
Tabea Schlimbach: „Engagierte Jugendliche“ – Die Rolle des freiwilligen<br />
Engagements im Übergang Schule-Beruf<br />
fOruM 6: VOlunteering and the planning Of biOgraphical transitiOns<br />
Jonathan Przybylski: From Working Life into Retirement – an Opportunity for<br />
Civic Engagement?<br />
Susana Szabo: Volunteering, a catalyst for professional and personal transitions<br />
Tabea Schlimbach: ‚Youth Volunteers‘: The Role of Volunteering during the<br />
Transition from School to Career<br />
podium<br />
abschlusspOdiuM/cOncluding pOdiuM<br />
• Annette Riedel (Deutschland Radio Kultur)<br />
• Dr. Heide Mertens (Abteilungsleiterin Politik und Gesellschaft bei der Katholischen<br />
Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd)<br />
• Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg-Stendal, FB Sozial- und Gesundheitswesen,<br />
sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission „Bürgerschaftliches<br />
Engagement“ des Deutschen Bundestages 1999-2002)<br />
• PD Dr. Ansgar Klein (Geschäftsführer des <strong>BBE</strong>, Privatdozent für Politikwissenschaften<br />
an der Humboldt-Universität zu Berlin)<br />
anhang/attachMent<br />
autOrinnen und autOren/cOntributOrs<br />
iss-kurzprOfil/iss-shOrt prOfile<br />
bbe-kurzprOfil/bbe-shOrt prOfile<br />
publikatiOnen der Veranstalter zuM theMa/publicatiOns Of the<br />
Organizers On the subject<br />
iMpressuM/imprint
PD Dr. Ansgar Klein, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement/<br />
Hans-Georg Weigel, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) e.V.<br />
EngagEmEnt und ErwErbsarbEit in Europa<br />
OrganisatiOns- und gesellschaftspOlitische herausfOrderungen und MOdelle<br />
Das Nebeneinander und die Verschränkung von Engagement<br />
und Erwerbsarbeit, von freiwilliger, gemeinwohlorientierter<br />
Tätigkeit, Existenzsicherung<br />
und marktrationalem Handeln ist aktuell ein außerordentlich<br />
bewegtes Feld in Praxis, Theorie und Politik<br />
des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland<br />
und in anderen Ländern der EU. Zum einen wird das<br />
bürgerschaftliche Engagement von Millionen Bürgerinnen<br />
und Bürgern für die europäischen Gesellschaften<br />
wichtiger: Neben einer neuen Aufgaben- und<br />
Verantwortungsteilung zwischen Bürgergesellschaft,<br />
Markt und Staat bestehen angesichts von Prekarisierungs-<br />
und Polarisierungstendenzen auch neue<br />
Anforderungen an eine Politik sozialer Inklusion. Zum<br />
anderen werden Arbeitsmarkt- und Engagementpolitik<br />
durch Umbrüche im Feld der Erwerbsarbeit vor<br />
neue Herausforderungen gestellt. Für die Industriearbeitsgesellschaft<br />
war das so genannte Normalarbeitsverhältnis<br />
(Vollzeit, tageszeitlich klar begrenzt,<br />
regelmäßig, kontinuierlich und existenzsichernd)<br />
kennzeichnend. Die arbeitsgesellschaftliche Regulierung<br />
befindet sich jedoch unter den Bedingungen<br />
der Wissens- und Dienstleistungsökonomie sowie der<br />
Globalisierung bereits seit gut zwei Jahrzehnten in<br />
beschleunigtem Wandel.<br />
Diese Veränderungen betreffen auch das Verhältnis<br />
von Engagement und Erwerbsarbeit. Die Übergänge<br />
werden flexibler, es entstehen neue Mischungsverhältnisse.<br />
Menschen bewegen sich lebenslang und<br />
häufiger als bisher in Übergängen zwischen den Systemen<br />
und Sektoren. Im Engagement werden Kompetenzen<br />
und Qualifikationen erworben. In diesem<br />
Zusammenhang gerät die Brückenfunktion von Engagement<br />
in den Fokus. Engagement kann den Übergang<br />
in Ausbildung und Beruf oder den beruflichen<br />
Wiedereinstieg erleichtern. Die im Engagement stattfindenden<br />
informellen Lernprozesse sind auch für das<br />
Personalmanagement von Unternehmen von Interesse<br />
und werden in engagementfördernde Corporate<br />
Volunteering-Konzepte von Unternehmen einbezogen.<br />
Die Fachkonferenz im Rahmen des Europäischen<br />
Jahres der Freiwilligentätigkeit 2011 sollte vor diesem<br />
Hintergrund den nationalen und europäischen<br />
Austausch von Verbänden und Organisationen der<br />
5
klein/weigel: engagement und erwerbsarbeit in europa<br />
Zivilgesellschaft über Politiken, Strategien und Modellprojekte<br />
im Schnittfeld Engagement und Erwerbsarbeit<br />
ermöglichen. Ziel war es, den Dialog<br />
auf EU-Ebene zu befruchten und dazu beizutragen,<br />
Impulse für die Engagementpolitik auf EU-Ebene zu<br />
geben. Diskutiert wurden Mischformen, Übergänge<br />
und Wechselwirkungen zwischen Engagement,<br />
Erwerbsarbeit und Arbeitsmarktpolitik sowie die<br />
organisations- und gesellschaftspolitische Regulierung<br />
dieser Bereiche in verschiedenen europäischen<br />
Ländern.<br />
Zwei Tage lang haben zahlreiche Experten aus Politik,<br />
Zivilgesellschaft und Wirtschaft unterschiedliche<br />
Aspekte des Themas in insgesamt sechs Fachforen<br />
diskutiert. Neben drei einführenden Vorträgen umfasst<br />
diese Tagungsdokumentation auch die jeweils<br />
in den Fachforen gehaltenen Inputreferate sowie die<br />
abschließende Podiumsdiskussion. Die intensiven Gespräche<br />
während der Tagung und die Beiträge dieser<br />
Dokumentation belegen, dass wichtige, aktuelle Fragestellungen<br />
angesprochen wurden. Die unterschiedlichen<br />
Perspektiven der Beiträge können Anregung<br />
sein für den öffentlichen Diskurs über Erwerbsarbeit<br />
und Engagement und für die Erstellung angemes-<br />
6<br />
sener Politikkonzepte. Das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches<br />
Engagement (<strong>BBE</strong>) und das Institut für<br />
Sozialarbeit (ISS) werden das Thema in Anknüpfung<br />
an die hier vorgelegten Ergebnisse weiter vertiefen.<br />
Die Fachkonferenz war ein Kooperationsprojekt des<br />
ISS und des <strong>BBE</strong>. Unser Dank gilt an dieser Stelle all<br />
denen, ohne die die Fachtagung und diese Dokumentation<br />
nicht möglich gewesen wäre: Wir danken den<br />
Referentinnen und Referenten aus Wissenschaft,<br />
Praxis, Politik und Wirtschaft und den Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern. Wir möchten uns insbesondere<br />
auch bei den Förderern der Fachkonferenz, dem<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend sowie der Europäischen Kommission bedanken.<br />
Das <strong>BBE</strong> dankt der Arbeitsgruppe 7 im <strong>BBE</strong><br />
„Stärkung des Bürgerschaftlichen Engagement im<br />
Sozialstaat der Zukunft“, die nicht nur durch Expertise<br />
vor Ort vertreten war, sondern seit vielen Jahren<br />
das Thema Engagement und Erwerbsarbeit für<br />
das <strong>BBE</strong> bearbeitet. Und natürlich danken wir Björn<br />
Schulz und Stephanie Storck, die die Tagung für das<br />
ISS organisiert und vor Ort betreut haben, sowie<br />
Regina Vierkant für das Layout der vorliegenden<br />
Dokumentation.
PD Dr. Ansgar Klein, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement/<br />
Hans-Georg Weigel, Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) e.V.<br />
VOlunteering and eMplOyMent in eurOpe<br />
challenges and MOdels Of OrganisatiOnal and sOcial pOlicy<br />
The coexistence and interaction of voluntary and paid<br />
work – voluntary charitable activities, livelihood security<br />
and market-based behaviour – is currently a turbulent<br />
field of interest in the practice, theory and policies of civic<br />
engagement in Germany and other EU countries.<br />
The civic engagement of millions of citizens is important<br />
to European societies for several reasons: apart<br />
from the need to redistribute tasks and responsibilities<br />
between civil society, the market and the state,<br />
there are also new expectations regarding the adoption<br />
of policies of social inclusion in the face of growing<br />
employment insecurity and polarisation trends.<br />
Both labour-market and volunteering policies are faced<br />
with the challenge of dealing with the upheavals in the<br />
field of gainful employment. For our industrialised societies,<br />
so-called gainful employment (full time with<br />
clearly defined working hours, regular, continuous, and<br />
sufficient to make a living) used to be the norm. Under<br />
pressure from globalising forces and the rise of a<br />
knowledge-based and service economy, however, the<br />
concept of a society regulated by work has been shifting<br />
at an accelerated pace over the last two decades.<br />
These changes are also affecting the relationship between<br />
volunteering and employment. Transitions are<br />
becoming more flexible, and new mixes are emerging.<br />
More than ever before, people find themselves moving<br />
between systems and sectors (education, training, family,<br />
the labour market, freelancing, “gap periods and<br />
leisure time”, permanent employment, unemployment)<br />
throughout their lives. Volunteering brings skills<br />
and qualification. It is in this context that the bridge<br />
function of volunteering comes into true focus. Volunteering<br />
can facilitate transitions in training periods or<br />
working life, or ease re-entry into regular work after a<br />
longer break. The informal learning processes that take<br />
place in the course of volunteering are also of interest<br />
to corporate human resources managers, who take<br />
them into account in designing their companies’ corporate<br />
volunteering and corporate citizenship concepts.<br />
The conference, which is being organised within the<br />
scope of the European Year of Volunteering 2011, in-<br />
tended to promote exchanges between national and<br />
European associations and organisations of civil society<br />
on policies, strategies and pilot projects at the<br />
interface of voluntary and paid work; the conference<br />
also aimed to stimulate the dialogue at EU level on the<br />
topic of volunteering and employment and help to better<br />
establish volunteering as a field of European policy.<br />
Mixed forms, transitions and interactions between volunteering,<br />
employment and labour market policy and<br />
their organisational and sociopolitical regulation in various<br />
European countries have been discussed.<br />
For two days, numerous experts from government, civil<br />
society and the economy discussed different aspects<br />
of the topic in six specific forums. In addition to three<br />
introductory addresses this anthology also includes the<br />
inputs held in the forums and the final panel discussion.<br />
The intense discussions during the conference and the<br />
contributions to this anthology show that major issues<br />
were addressed. The different perspectives of the contributions<br />
might be stimulate further discussions about<br />
paid work and volunteering and the creation of appropriate<br />
policies. The National Network for Civil Society<br />
(<strong>BBE</strong>) in Germany and Institute for Social Work and Social<br />
Education (ISS) will do further work on the subject<br />
based on the results presented here.<br />
The conference was a joint project of the ISS and the<br />
<strong>BBE</strong>. We would like to thank all those who made the<br />
conference and this publication possible: We would<br />
like to thank the speakers from academia, practice,<br />
politics and economy, and all the guests who attend<br />
the conference. We especially want to thank the sponsors<br />
for the conference, the Federal Ministry for Family<br />
Affairs, Senior Citizens, Women and Youth (BMFSFJ)<br />
and the European Commission. The <strong>BBE</strong> is also grateful<br />
to its working group 7 in the <strong>BBE</strong> „Strengthening of<br />
civic engagement in the welfare state of the future“,<br />
which was represented at the conference not only<br />
by experts, but worked for many years on the issue<br />
of volunteering and employment for the <strong>BBE</strong>. And of<br />
course we thank Björn Schulz and Stephanie Storck,<br />
who organized the conference for the ISS, and Regina<br />
Vierkant for the lay-out of this anthology.<br />
7
Franz Wölfl, Leiter der Abteilung III „Generationenpolitik und Sozialversicherung“ im Bayerischen Staatsministerium<br />
für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen<br />
grusswort<br />
Sehr geehrte Damen und Herrn,<br />
Ich darf Sie alle im Freistaat Bayern mit einem herzlichen<br />
„Grüß Gott“ willkommen heißen. Ich darf Sie<br />
grüßen von unserer bayerischen Sozialministerin<br />
Christine Haderthauer und unserem Sozialstaatssekretär<br />
Markus Sackmann. Beide sind leider wegen<br />
unaufschiebbarer anderweitiger Termine verhindert,<br />
nach Oberschleißheim zu kommen. Beide wünschen<br />
der Veranstaltung einen guten Verlauf und Ihnen allen<br />
zwei interessante und erlebnisreiche Tage hier in<br />
Oberschleißheim.<br />
Meine Damen und Herren,<br />
Sie haben sich ein sehr anspruchsvolles Thema ausgesucht,<br />
nämlich die Wechselwirkung zwischen „Engagement<br />
und Erwerbsarbeit in Europa“. Dieses Thema<br />
interessiert auch mich ganz persönlich. Einmal gehört<br />
das Thema „Freiwilliges Engagement, Ehrenamt“ zu den<br />
Aufgaben meiner Abteilung, zum anderen habe ich über<br />
drei Jahre hinweg im bayerischen Sozialministerium die<br />
Abteilung „Arbeit, berufliche Bildung“ geleitet.<br />
Zum Thema Ihrer Fachkonferenz ist mir bei der Vorbereitung<br />
auf den heutigen Tag eine Reihe von Fragen<br />
eingefallen, wie beispielsweise<br />
• Was bedeutet soziales Engagement für die Philosophie<br />
eines Unternehmens?<br />
• Entsteht vor dem Hintergrund der demographischen<br />
Entwicklung und der im vollen Gange befindlichen<br />
Globalisierung mit all seinen positiven<br />
und negativen Auswirkungen ein Zusammenhang<br />
zwischen Engagement und Arbeitsmarkt? Was bedeutet<br />
der Fachkräftemangel, über den wir heute<br />
so intensiv diskutieren, für die Engagementpolitik?<br />
• Welche Bedeutung hat freiwilliges Engagement<br />
eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin für<br />
die Personalwirtschaftslehre, also das Personalmanagement?<br />
• Entstehen einem Arbeitgeber zusätzliche Kosten,<br />
wenn sich ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin<br />
ehrenamtlich engagiert?<br />
8<br />
• Welche Aufgabe fällt in diesem Zusammenhang<br />
dem Staat zu? Wie reagiert die Gesellschaft insgesamt<br />
auf das Wechselspiel zwischen Engagement<br />
und Erwerbsarbeit?<br />
Meine Damen und Herren, erwarten Sie jetzt bitte<br />
nicht, dass ich zu allen diesen Fragen eine Antwort<br />
gebe. Das würde den Rahmen eines Grußwortes<br />
sprengen. Lassen Sie mich vielmehr den einen oder<br />
anderen Gedanken herausgreifen und dazu Stellung<br />
nehmen.<br />
Meine Damen und Herren,<br />
das soziale Engagement der Unternehmen und Betriebe<br />
wird i. d. R. unter dem Stichwort „CSR“ – „Corporate<br />
Social Responsibility“ diskutiert. Ich glaube,<br />
dass sich alle Unternehmen und Betriebe in diesem<br />
Sinne engagieren, allerdings mit unterschiedlicher<br />
Intensität. Auch Unternehmen, die sich fast ausschließlich<br />
am Shareholder Value-Ansatz orientieren,<br />
lassen soziale Ziele und die Interessen der Öffentlichkeit<br />
nicht außen vor. Würden sie dies tun,<br />
würden sie sehr bald merken, dass eine langfristige<br />
Gewinnmaximierung, ein durchaus legitimes Ziel unternehmerischer<br />
Politik, nur möglich ist, wenn man<br />
den Interessen aller Anspruchsgruppen im Sinne<br />
eines Stakeholder Ansatzes gebührend Rechnung<br />
trägt.<br />
Meine Damen und Herren,<br />
sehr spannend erscheint mir der Zusammenhang<br />
zwischen Engagement und Arbeitsmarkt. Im bayerischen<br />
Sozialministerium, dem Zukunftsministerium,<br />
gibt es unter Vorsitz des Sozialstaatssekretärs<br />
Markus Sackmann einen „Runden Tisch<br />
Ehrenamt“, in dem hochkarätige Persönlichkeiten<br />
aus Politik, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft<br />
und Wirtschaft vertreten sind. In dem<br />
von diesem Gremium erarbeiteten Grundsatzpapier<br />
„Aufgaben und strategische Entwicklungsfelder<br />
des bürgerschaftlichen Engagements in<br />
Bayern“ heißt es in der Präambel: „Bürgerschaft-
liches Engagement darf nicht zum Ausfallbürgen<br />
unverzichtbarer staatlicher Leistungen werden.<br />
Es ist auch kein Ersatz für hauptamtlich zu leistende<br />
Arbeit, sondern eine Tätigkeit mit einer<br />
eigenen Qualität.“ Ähnliches haben mir die Fachleute<br />
aus meiner Abteilung mit auf den Weg gegeben,<br />
wenn sie schreiben: „Engagement und<br />
Erwerbsarbeit sind zwei verschiedene „Stiefel“.<br />
Bürgerschaftliches Engagement kann und darf<br />
keine Arbeitsplätze ersetzen. Das würde dem<br />
Gedanken des zivilen Engagements klar zuwider<br />
laufen.“ Diese Programmsätze kann ich heute<br />
ohne Wenn und Aber unterschreiben. Ich schließe<br />
jedoch nicht aus, dass wir hieran in nicht allzu<br />
ferner Zukunft nicht mehr festhalten können.<br />
Erste Aufweichungstendenzen sehe ich schon im<br />
Zusammenhang mit der Abschaffung des Zivildienstes<br />
und der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes.<br />
Obwohl jedermann wusste, dass<br />
ein Zivildienstleistender keine Fachkraft ersetzen<br />
durfte, ganz abgesehen davon, dass er dies auch<br />
nicht konnte, wird heute vereinzelt folgende Frage<br />
gestellt: Wie groß ist die Arbeitsplatz-Lücke,<br />
die durch den Wegfall der Zivildienstleistenden<br />
entstanden ist?<br />
Die demographische Entwicklung hat, wie Sie alle<br />
wissen, zwei Seiten: auf der einen Seite die längere<br />
Lebenserwartung, auf anderen der Geburtenrückgang.<br />
Von daher gesehen stellt sich für mich<br />
die Frage, ob wir in 20 oder 30 Jahren noch alle<br />
Arbeitsplätze mit hauptamtlichen Arbeitskräften<br />
besetzen können und nicht gezwungen sind, auch<br />
auf das freiwillige Engagement unserer Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürger zurückzugreifen. Damit Sie<br />
mich nicht falsch verstehen: Mitbürgerinnen und<br />
Mitbürger sollen nicht zum Vorteil Dritter „ausgebeutet“<br />
werden, sondern sie selbst sollen durch<br />
ihre aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Aufgaben<br />
eine Verbesserung der eigenen Lebensqualität<br />
erfahren.<br />
Die gleiche Frage stellt sich mir, wenn ich täglich von<br />
Finanz- und Bankenkrise sowie den tatsächlichen<br />
oder vermeintlichen Schattenseiten der Globalisierung<br />
in der Tageszeitung lese. Bankenkrisen führen<br />
fast unvermeidlich zu drastischen Rückgängen der<br />
Steuereinnahmen sowie einem signifikanten Anstieg<br />
der Regierungsausgaben. Die öffentlichen Haushalte<br />
werden in der Zukunft bei weitem nicht mehr das<br />
leisten können, was sie noch heute im Stand sind zu<br />
leisten.<br />
wölfl: grußwort<br />
Und schließlich: denken Sie daran, dass die Anforderungen<br />
im Arbeitsleben ständig steigen und<br />
es durchaus Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt,<br />
die diesen Herausforderungen nicht gewachsen<br />
sind. „Wenn in Zukunft die überwiegende Mehrheit<br />
der Bevölkerung noch nicht, nicht mehr oder<br />
nie mehr im Erwerbsprozess steht, kann auch Erwerbsarbeit<br />
nicht mehr alleiniger Lebenssinn oder<br />
Lebensinhalt sein … Jeder Mensch braucht eine<br />
Aufgabe. Das Gefühl, gebraucht zu werden, zählt<br />
mehr als Geldverdienen. Etwas sinnvolles für sich<br />
und etwas Nützliches für die Gemeinschaft zu tun,<br />
verdient gesellschaftliche Anerkennung.“ (Horst<br />
W. Opaschowski). Den Betroffenen zielführende<br />
Wege aufzuzeigen, wird eine Aufgabe der Engagementpolitik<br />
sein.<br />
Meine Damen und Herren,<br />
lassen Sie mich abschließend ein paar Worte zu den<br />
Aufgaben des Staates sagen. Seine Aufgabe ist klar<br />
und eindeutig: Er muss Rahmenbedingungen zur<br />
Verfügung stellen, die es ermöglichen, dass ehrenamtliches<br />
Engagement heute, morgen und auch in<br />
der ferneren Zukunft noch möglich ist. Das reicht<br />
vom Arbeitsrecht bis zum Steuerrecht, vom bürgerlichen<br />
Recht bis zum Sozialrecht.<br />
Was macht in diesem Zusammenhang der Freistaat<br />
Bayern? Meine Damen und Herren, die Engagementpolitik<br />
bildet seit Jahren einen Schwerpunkt bayerischer<br />
Gesellschafts- und Sozialpolitik. Mit dem,<br />
was wir in den letzten Jahren vorangebracht haben,<br />
können wir uns sehen lassen und haben keinerlei<br />
Grund, unser Licht unter den Scheffel zu stellen.<br />
Unsere neueste Errungenschaft ist die bayerische<br />
Ehrenamtskarte, die wir erst vor kurzem eingeführt<br />
haben. Sie ist Teil der in Bayern erfolgreich praktizierten<br />
Anerkennungskultur. Die Ehrenamtskarte<br />
erhält jeder, der sich über einen längeren Zeitraum<br />
in einem bestimmten zeitlichen Umfang ehrenamtlich<br />
engagiert. Sie verschafft dem Inhaber/Inhaberin<br />
gewisse materielle Vergünstigungen in allen bayerischen<br />
Kommunen, die sich an diesem Projekt beteiligen.<br />
Besonders stolz sind wir auf den Ehrenamtsnachweis<br />
Bayern, und damit bin ich wieder hautnah<br />
beim Thema Ihres Kongresses. Der Ehrenamtsnachweis<br />
Bayern gibt nicht nur Aufschluss über ein<br />
ausgeübtes Ehrenamt, sondern auch über die hier-<br />
9
wölfl: grußwort<br />
bei erworbenen Kenntnisse. Der Besitzer/die Besitzerin<br />
kann den Ehrenamtsnachweis damit auch<br />
bei Bewerbungen um eine freie Stelle einsetzen.<br />
Arbeitgeber sind gut beraten, bei gleicher fachlicher<br />
Eignung auf Bewerber und Bewerberinnen<br />
zurückzugreifen, die sich ehrenamtlich engagieren.<br />
Die sog. Sekundärtugenden, wie Einsatzfreude,<br />
Organisationsgeschick, Zuverlässigkeit usw.<br />
sind Eigenschaften, die einen ehrenamtlich Tätigen<br />
auszeichnen und auch im Berufsleben eine bedeutende<br />
Rolle spielen.<br />
Wer sich ehrenamtlich engagieren will, weiß nicht<br />
immer, an wen er sich in diesem Fall wenden kann.<br />
Damit kein Engagement verloren geht, bauen wir in<br />
Bayern ein Netz von Freiwilligenagenturen und „Koordinierungsstellen<br />
bürgerschaftliches Engagement“<br />
auf, an die sich die Bürgerinnen und Bürger hilfesuchend<br />
wenden können.<br />
Meine Damen und Herren,<br />
damit bin ich auch schon am Ende. Wenn man es<br />
ankündigt, kann man ein Grußwort auch abrupt beenden.<br />
Ich wünsche Ihnen interessante Vorträge,<br />
anregende Diskussionen und alles Gute.<br />
10
Ladies and Gentlemen,<br />
I am pleased to be able to welcome you to the Free State<br />
of Bavaria with a resounding ‚Gruess Gott‘. The Bavarian<br />
Minister for Social Affairs, Christine Haderthauer and the<br />
Bavarian State Secretary for Social Affairs, Markus Sackmann,<br />
send their regards. Unfortunately, neither has<br />
been able to join us here in Oberschleissheim as they are<br />
otherwise engaged. Both would have liked to attend and<br />
hope that the event is going to be very successful, and<br />
that all of you will have two interesting and exciting days<br />
here in Oberschleissheim.<br />
Ladies and Gentlemen, you have chosen an extremely<br />
complex topic, namely the interdependencies between<br />
‚Volunteering and gainful employment in Europe‘. I am<br />
also very interested in this topic myself. For one thing, the<br />
issue of ‚volunteering‘ is one of the areas my department<br />
is responsible for; for another, I was head of the department<br />
for employment and occupational qualifications at<br />
the Bavarian Ministry of Social Affairs for three years.<br />
Regarding the topic of your experts conference, a<br />
number of questions crossed my mind as I was preparing<br />
for today, such as<br />
• How does corporate social responsibility impact<br />
a company‘s philosophy?,<br />
• Have the current demographic developments<br />
and the burgeoning globalisation, with all its<br />
positive and negative effects, led to links between<br />
voluntary work and the employment market?‘<br />
‚How does the presently hotly discussed<br />
skills shortage affect volunteering policy?‘<br />
• What significance does an employee‘s voluntary<br />
or charitable work have in personnel management<br />
theory, i.e. how does it impact human<br />
resources management?‘<br />
• Does an employer face additional costs if an<br />
employee is engaged in voluntary work?‘<br />
• And, in this context, what are the state‘s responsibilities<br />
here?‘ ‚How does society in general<br />
react to the relationship between volunteering<br />
and paid employment?‘<br />
Franz Wölfl, Bavarian State Ministry for Employment and Social Affairs<br />
grEEting<br />
Ladies and Gentlemen, please don‘t expect me to<br />
now give you the answers to all of those questions.<br />
Doing so would go well beyond the scope of a welcome<br />
speech. Rather, I would like to pick up on a few<br />
trains of thought here and comment on them.<br />
Ladies and Gentlemen, nowadays, the term ‚CSR –<br />
Corporate Social Responsibility‘ is used when referring<br />
to the issue of businesses and companies facing their<br />
social responsibilities. I believe that all businesses and<br />
companies are actively involved in this, although they<br />
pursue this issue with different levels of intensity.<br />
Even companies that are almost exclusively guided by<br />
a shareholder value approach no longer completely<br />
ignore social aims and public interest. If they did so,<br />
they would soon notice that long-term profit maximisation,<br />
a by all means legitimate company policy<br />
objective, is only possible if the interests of all parties<br />
with a legitimate interest are adequately considered,<br />
i.e. if they opt for the stakeholder approach.<br />
Ladies and Gentlemen, the relationship between volunteering<br />
and the employment market is particularly fascinating.<br />
The Bavarian Ministry of Social Affairs‘ ‚future<br />
ministry‘ has established a ‚round table for volunteering‘,<br />
chaired by the Bavarian State Secretary for Social<br />
Affairs, Markus Sackmann, consisting of well-qualified<br />
members from the political arena, churches, charitable<br />
organisations, science and business. The preamble of<br />
this committee‘s position paper on ‚function and fields<br />
for strategic development of civic engagement in Bavaria‘<br />
(‚Aufgaben und strategische Entwicklungsfelder des<br />
bürgerschaftlichen Engagements in Bayern‘) states that:<br />
‚Civic engagement must not be allowed to become an<br />
accepted replacement for indispensable government<br />
services. It is also not an alternative to full-time gainful<br />
employment, but rather an activity in a class of its own.‘<br />
The experts in my department concur when they tell me:<br />
‚Volunteering and paid employment are two completely<br />
different ‚kettles of fish‘. Legitimate jobs warranting payment<br />
cannot and must not be filled by civic volunteers.<br />
This would clearly be utterly against the whole ethos of<br />
civic involvement by means of volunteering and charitable<br />
work.‘ It remains for me to emphasise here and today<br />
11
wölfl: greeting<br />
that I wholly support this approach, without any ifs and<br />
buts. However, I am also fully aware of the fact that we<br />
may not be able to continue to subscribe to this ethos in<br />
the near future. In my view, the abolishment of compulsory<br />
civilian service (as an alternative to compulsory military<br />
service) and the introduction of a federal volunteer<br />
service are already the first signs of a future tendency to<br />
do so. Although it was then well-known that it was illegal<br />
to fill a job vacancy with someone doing their compulsory<br />
civilian service, besides the fact that they were hardly<br />
likely to have the respective qualifications, today this occasionally<br />
raises the following question: what is the extent<br />
of the vacancies that now exist due to the abolition<br />
of compulsory civilian service?<br />
You are all well aware that there are two sides to the<br />
current demographic development: on the one hand,<br />
increased life expectancy, on the other a declining<br />
birth rate. In light of this, I do wonder whether we will<br />
be able to fill all full-time jobs with paid employees 20<br />
or 30 years from now, or whether we will be forced to<br />
also rely on civic volunteering to do so. Please, don‘t<br />
get me wrong: I am not advocating the ‚exploitation‘<br />
of our citizens to the advantage of third parties; I am<br />
talking about the fact that active social involvement<br />
adds to the quality of volunteers‘ lives.<br />
I also wonder about this issue when I read about the financial<br />
and banking crisis and the alleged or factual drawbacks<br />
of globalisation in the daily papers. Banking crises<br />
almost inevitably lead to a drastic fall in tax revenue, accompanied<br />
by significant increases in government spending.<br />
In future, public budgets will no longer be able to<br />
cover what they still can today, not by a long shot.<br />
And finally: remember that the demands we are expected<br />
to meet in our daily working lives continue to rise<br />
and some of our citizens are simply not able to rise to<br />
these challenges. ‚If, in future, the vast majority of the<br />
population is either not yet in gainful employment, or<br />
no longer employed, or has no prospects of ever being<br />
so again, then paid employment can no longer be considered<br />
a raison d‘être, or our sole purpose in life. ...everyone<br />
needs a job. The feeling of being needed is more important<br />
than earning money. The act of doing something<br />
with a purpose, something that benefits the community,<br />
deserves social recognition.‘ (Horst W. Opaschowski).<br />
It will be one of the tasks of our volunteering policy to<br />
show those concerned the best way to achieve this.<br />
Ladies and Gentlemen, let me finish by saying a few<br />
words on the government‘s role in all this. Its task is<br />
12<br />
clear and unequivocal: it must create the requisite<br />
framework conditions to allow volunteering to continue<br />
today, tomorrow and even in the more distant<br />
future, from employment law to tax regulations,<br />
from civil law to social security legislation.<br />
What are the activities of the Free State of Bavaria<br />
in this context? Ladies and Gentlemen, volunteering<br />
has long been a focus of the Bavarian social and social<br />
security policy. The progress we have made over<br />
the past few years in this respect is remarkable indeed,<br />
we have no reason for false modesty.<br />
Our latest achievement is the recently introduced Bavarian<br />
‚Ehrenamtskarte‘, a ‚volunteer pass‘. It is just<br />
one element of the culture of recognition successfully<br />
practiced in Bavaria. Anyone engaged in voluntary<br />
work for a certain amount of time over longer periods<br />
is issued with a ‚volunteer pass‘. This entitles the holder<br />
to certain material benefits in all local communities<br />
in Bavaria that are participating in the project.<br />
We are particularly proud of the ‚Ehrenamtsnachweis<br />
Bayern‘, the ‚Bavarian volunteering accreditation<br />
scheme‘, which leads me back to the topic of your<br />
conference. The Bavarian volunteering accreditation<br />
scheme not only gives details of any involvement in<br />
voluntary or charitable work, but also of the skills acquired<br />
through this involvement. This enables the holder<br />
to include their volunteering accreditation in their<br />
CV when applying for a vacancy. If there are several<br />
applicants with equal professional qualifications, employers<br />
may well prefer applicants who have previously<br />
engaged in some form of voluntary work. So-called<br />
secondary skills, such as dedication to the job, organisational<br />
talent, reliability and so on are all typical for<br />
volunteers and are equally important in a paid career.<br />
Potential volunteers do not always know who to turn<br />
to to offer their services. To ensure that this interest<br />
does not go unheeded, we are in the process of establishing<br />
a network of volunteering agencies and<br />
‚co-ordination departments for civic volunteering<br />
activities‘ in Bavaria for interested citizens to turn to<br />
for more information.<br />
Ladies and Gentlemen, that is all I have to say. A<br />
welcome speech may also come to a rather abrupt<br />
ending, provided this fact has been announced in<br />
advance. I hope that you will hear some interesting<br />
lectures, have many stimulating discussions, and I<br />
generally wish you all the best.
Dr. Henning Arp, Leiter der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in München<br />
Einen herzlichen Gruß auch seitens der Europäischen<br />
Kommission zu Ihrer Tagung.<br />
Mir erscheint, dass Sie sich mit dem Thema „Engagement<br />
und Erwerbsarbeit in Europa“ einem der<br />
schwierigsten Themen in Zusammenhang mit der<br />
Freiwilligenarbeit zuwenden. Nämlich der Schnittstelle<br />
zwischen den zwei großen Bereichen des bürgerschaftlichen<br />
Engagements auf der einen Seite und<br />
der bezahlten Erwerbsarbeit auf der anderen. Diese<br />
Schnittstelle ist eine wichtige gesellschaftliche und<br />
ökonomische Organisationsfrage. Sie wird bestimmt<br />
durch komplexe Rahmenbedingungen sozialstaatlicher<br />
Leistungen, der Arbeitsmarktpolitik und steuerrechtlicher<br />
Vorgaben. Geschichtliche und kulturelle<br />
Faktoren spielen eine Rolle. Ich werde Ihrer Arbeit<br />
dazu heute und morgen sicher nicht vorgreifen.<br />
Was Sie – zu Recht – von mir erwarten, ist, dass ich<br />
Ihnen Auskunft gebe über aktuelle Entwicklungen auf<br />
der Ebene der Europäischen Union in Zusammenhang<br />
mit den beiden Polen Ihrer Tagung, d.h. der Freiwilligentätigkeit<br />
und der Erwerbsarbeit. Ich beginne mit<br />
der Erwerbsarbeit.<br />
Die Probleme hier sind offensichtlich. Die Arbeitslosigkeit<br />
in Europa ist weiterhin zu hoch und im Zuge der<br />
Finanz- und Wirtschaftskrise wieder gestiegen. Die positive<br />
Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland in der<br />
jüngeren Vergangenheit ist in der EU ein Ausnahmefall.<br />
Eine Arbeitslosenquote von gegenwärtig 8,2% in der<br />
EU27 (8,8% im Euroraum) bei den 25- bis 74-Jährigen<br />
ist zu hoch. Noch viel weniger hinnehmbar ist eine Arbeitslosigkeit<br />
von fast 21% (EU27) in der Altersgruppe<br />
15-24 Jahre, vor allem wenn in der Slowakei über 30%<br />
der jungen Menschen arbeitslos sind und in Spanien<br />
über 46%. 1 Wenn es gleichzeitig auch älteren Menschen,<br />
Menschen mit Migrationshintergrund und weniger<br />
qualifizierten Arbeitnehmern schwer fällt, einen<br />
Arbeitsplatz zu finden, und andererseits in manchen<br />
Bereichen ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften<br />
herrscht, dann müssen wir feststellen, dass erhebliche<br />
1 Quelle: Eurostat, Harmonisierte Arbeitslosenquoten, saisonbereinigt.<br />
grusswort<br />
Ungleichgewichte auf dem Arbeitsmarkt bestehen, die<br />
den Wohlstand in Europa beeinträchtigen.<br />
Nicht zuletzt aus diesem Grund hat die Europäische<br />
Union unter dem Namen „Europa 2020“ eine neue<br />
10-Jahres-Strategie für Beschäftigung und Wachstum<br />
beschlossen. Eines der fünf Ziele ist die Erhöhung der<br />
Beschäftigungsquote bei den 20- bis 64-Jährigen von<br />
derzeit rund 69% auf 75%. Die Europa 2020-Strategie<br />
setzt den Rahmen für die Politik der Europäischen<br />
Union in allen betroffenen Politikbereichen, von<br />
den wirtschaftspolitischen Leitlinien der EU bis zur<br />
Forschungsförderung, von der Verwendung der EU-<br />
Strukturfonds bis zu den Bildungsprogrammen. Gerade<br />
in der gegenwärtigen Finanzkrise kommt der Förderung<br />
von Wachstum und Beschäftigung neben der<br />
notwendigen Haushaltskonsolidierung eine entscheidende<br />
Rolle zu. Alle Mitgliedsstaaten müssen mehr<br />
tun, um ihre Haushalte zu konsolidieren. Gleichzeitig<br />
sollten sie ihre Ausgaben auf die Bereiche konzentrieren,<br />
in denen die Grundlagen für zukünftiges Wachstum<br />
gelegt werden, wie Bildung und Ausbildung und<br />
Forschung und Innovation.<br />
Europa kann einen entscheidenden Beitrag zu Wachstum<br />
und Beschäftigung leisten – wenn die Mitgliedstaaten<br />
ihre Unterstützung geben.<br />
• Aus Sicht der Europäischen Kommission sollten<br />
wir das Potenzial des EU-Binnenmarktes noch<br />
stärker nutzen, z.B. indem wir Dienstleistungen<br />
oder die Energiewirtschaft noch weitergehender<br />
für den Wettbewerb öffnen.<br />
• Wir sollten die EU-Strukturfonds konsequent an<br />
den Zielen der Europa 2020-Strategie ausrichten<br />
und für gezielte Investitionen in Wachstum und<br />
Beschäftigung einsetzen.<br />
• Kleine und mittlere Unternehmen sollten durch<br />
Risikokapitalfinanzierung und intelligente Regulierung<br />
in die Lage versetzt werden, zu wachsen<br />
und Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
Dies sind nur drei wichtige Ansätze, um neue Arbeitsplätze<br />
zu schaffen.<br />
13
arp: grußwort<br />
Häufig würde es genügen, wenn die Mitgliedsstaaten<br />
das, was sie bereits beschlossen haben, auch zeitnah<br />
und lückenlos umsetzen. In anderen Fällen sollten<br />
sie Vorschläge, die seit Langem auf dem Tisch liegen,<br />
zügig beschließen, so für einen einheitlichen europäischen<br />
Patentschutz, der die Kosten für ein Patent<br />
um geschätzte 80% verringern würde.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
gerade angesichts der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise<br />
dürfen wir nichts ungetan lassen, was ein<br />
nachhaltiges, sozial ausgewogenes und umweltverträgliches<br />
Wachstum fördert. Da die dringende<br />
Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung den<br />
Spielraum für Konjunkturprogramme einschränkt,<br />
müssen wir noch stärker auf den Ausbau des Binnenmarktes<br />
und wirtschaftliche Strukturreformen<br />
setzen und die bestehenden Mittel auf wichtige Zukunftsinvestitionen<br />
konzentrieren.<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
Sie sehen, dass die Schaffung von Arbeitsplätzen<br />
derzeit im Zentrum der Politik der Europäischen<br />
Union steht. Es geht um mehr Arbeitsplätze, es geht<br />
um hochwertige Arbeitsplätze, es geht um zukunftssichere,<br />
weil wettbewerbsfähige Arbeitsplätze. Ich<br />
kann Ihnen ankündigen, dass dieses Thema weiter<br />
ganz oben auf der Tagesordnung in Brüssel und<br />
Straßburg stehen wird.<br />
„Arbeit ist häufig der Vater des Vergnügens“, hat<br />
Voltaire gesagt. Ich hoffe, mit diesem Zitat möglichst<br />
elegant den Bogen zum bürgerschaftlichen Engagement<br />
zu schlagen. Denn die 100 Millionen EU-Bürgerinnen<br />
und Bürger, die sich freiwillig engagieren, tun<br />
dies sicher einerseits aus sozialer und gesellschaftlicher<br />
Verantwortung heraus, andererseits – zumindest<br />
hoffentlich – auch deswegen, weil ihr freiwilliges<br />
Engagement ihnen Freude macht.<br />
Die Europäische Union hat 2011 zum Europäischen<br />
Jahr der Freiwilligentätigkeit ausgerufen. Sie möchte<br />
damit<br />
• die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen<br />
für die Freiwilligentätigkeit fördern;<br />
• Organisationen im Bereich der Freiwilligentätigkeit<br />
unterstützen und die Qualität von Freiwilligendiensten<br />
verbessern;<br />
• die Tätigkeit Freiwilliger anerkennen; sowie<br />
14<br />
• die breite Öffentlichkeit für die gesellschaftliche<br />
Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements<br />
sensibilisieren.<br />
Aus Sicht der EU ist die Freiwilligentätigkeit ein Ausdruck<br />
der europäischen Werte, wie der Solidarität,<br />
und eine Grundlage für eine funktionierende Demokratie.<br />
Sie nützt der Gesellschaft und stellt eine<br />
Lernerfahrung für den Einzelnen dar. Deshalb das<br />
Europäische Jahr 2011.<br />
Ohne das Engagement vieler Menschen auch in<br />
Deutschland für soziale Ziele, im Umweltschutz, in<br />
Sportvereinen, im kulturellen und politischen Bereich,<br />
zur Unterstützung der Integration von Migranten<br />
wäre unsere Gesellschaft weniger menschlich<br />
und auch weniger funktionsfähig. Denn der<br />
Staat und der Markt würden viele dieser gesellschaftlichen<br />
Bedürfnisse nicht erfüllen.<br />
Mit den Programmen „Europa für Bürgerinnen und<br />
Bürger“ und „Jugend in Aktion“ sowie mit dem Europäischen<br />
Freiwilligendienst unterstützt die EU<br />
das freiwillige Engagement vieler Menschen auch<br />
finanziell.<br />
„Die Freiwilligentätigkeit ersetzt keine professionellen,<br />
bezahlten Arbeitsplätze, sondern bietet der<br />
Gesellschaft einen Mehrwert“, heißt es in der Entscheidung<br />
des EU-Rates über das Europäische Jahr<br />
der Freiwilligentätigkeit. 2<br />
Das ist die Feststellung<br />
der Europäischen Union zum Thema Ihrer Tagung,<br />
dem Zusammenhang zwischen der Erwerbsarbeit<br />
und dem bürgerschaftlichen Engagement. Alles<br />
Weitere werden Sie heute und morgen gemeinsam<br />
diskutieren.<br />
Ich danke Ihnen allen – und vor allem natürlich den<br />
Organisatoren – dafür, dass Sie diese Fachtagung als<br />
Beitrag zum Europäischen Jahr durchführen, und<br />
wünsche Ihnen einen guten und ergebnisreichen<br />
Verlauf.<br />
2 Entscheidung des Rates vom 27.11.2009 über das<br />
Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit zur Förderung der aktiven<br />
Bürgerschaft (2011), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L017 vom<br />
22.1.2010.
The European Commission also welcomes you to<br />
this conference.<br />
It seems that the topic you have chosen, ‚Volunteering<br />
and gainful employment in Europe‘,<br />
addresses one of volunteering‘s most difficult<br />
issues; namely the interface between two extensive<br />
fields, civic engagement on the one hand and<br />
paid employment on the other. This interface is<br />
an important question in terms of social and economic<br />
organisation. It is defined by the complex<br />
framework conditions of social security benefits,<br />
employment market policy and tax regulations.<br />
Historical and cultural factors also play a role. I<br />
certainly do not intend to pre-empt your work on<br />
this issue today and tomorrow.<br />
What you, quite rightly, expect from me is that I inform<br />
you about current developments on European<br />
Union level with regard to the two poles of your conference,<br />
i.e. volunteering and gainful employment. I<br />
shall start with gainful employment.<br />
The problems here are rather obvious. Unemployment<br />
in Europe is still too high and has gone up<br />
again as a consequence of the financial and economic<br />
crisis. The recent positive developments on the<br />
German labour market are unique within the EU.<br />
An unemployment rate of currently 8.2% in the 25-<br />
74 age bracket in the EU27 (8.8% in the eurozone) is<br />
too high. Even less acceptable is an unemployment<br />
rate of almost 21% (EU27) in the 15-24 age bracket,<br />
particularly if more than 30% of young people in<br />
Slovakia are unemployed, and over 46% in Spain 1 .<br />
If, at the same time, older people, people with an<br />
immigrant background and the less qualified are<br />
also finding it difficult to find a job, and, on the<br />
other hand, there is a lack of qualified manpower in<br />
some areas, we must conclude that there are significant<br />
imbalances on the labour market. This has a<br />
negative impact on European prosperity.<br />
Not least for this reason, the European Union has<br />
1 Source: Eurostat, harmonised unemployment rates, seasonally<br />
adjusted.<br />
Dr. Henning Arp, European Commission Representation in Munich/Germany<br />
grEEting<br />
decided on a new 10-year strategy for employment<br />
and growth, called ‚Europe 2020‘. One of its five<br />
objectives is to increase the rate of employment in<br />
the 20-64 age bracket to 75% from the current level<br />
of approx. 69%. The Europe 2020 strategy defines<br />
the parameters for European Union policymaking<br />
in all areas concerned, from the EU economic policy<br />
guidelines to research funding, from allocations<br />
under the EU structural fund to education programmes.<br />
Particularly in the current financial crisis,<br />
special consideration must be paid to the promotion<br />
of growth and employment, besides the necessary<br />
budget consolidation. All member states must do<br />
more to consolidate their budgets. At the same time<br />
they should focus their expenditure on areas where<br />
the foundations for future growth are being laid, like<br />
education and training and research and innovation.<br />
Europe can make a significant contribution to growth<br />
and employment – if the member states lend their support.<br />
The European Commission‘s point of view is that<br />
• We should use the potential the internal EU<br />
market represents even more by, for example,<br />
opening up services or the energy industry even<br />
further to encourage competition.<br />
• We should bring the EU structural funds strictly<br />
in line with the objectives of the Europe 2020<br />
strategy, and use them for targeted investments<br />
in growth and employment.<br />
• We should enable small and medium-sized business<br />
to grow and create jobs through venture<br />
capital financing and intelligent regulation.<br />
These are just three important approaches for creating<br />
new jobs.<br />
Frequently, it would suffice if the member states<br />
promptly and consistently implemented what they<br />
have already decided on. In other cases, they should<br />
finally decide on proposals made long ago, for instance<br />
with respect to a Europe-wide, unified patent<br />
protection standard, which would reduce the cost of<br />
a patent by an estimated 80%.<br />
15
arp: greeting<br />
Particularly in view of the current national debt<br />
crisis we must leave no stone unturned in order to<br />
encourage permanent, socially balanced and environmentally<br />
friendly growth. As the urgent necessity<br />
for budget consolidation restricts the scope for<br />
programmes which stimulate economic activity, we<br />
must rely even more on the expansion of the internal<br />
market and economic structural reforms and<br />
focus existing funds on important investments into<br />
our future.<br />
You can see that job creation is currently a key focus<br />
of European Union policymaking. It is about more<br />
jobs, better jobs, jobs with a secure future - secure<br />
because they are competitive. I can tell you that this<br />
issue will continue to be at the top of the agenda in<br />
Brussels and Strasbourg.<br />
Voltaire said that ‚Work is the father of pleasure‘. I<br />
hope that this quote is an elegant way of introducing<br />
the issue of volunteering. Because the 100 million<br />
EU citizens engaged in voluntary work do so on the<br />
one hand motivated by a feeling of social responsibility<br />
and community spirit, and on the other – at<br />
least I hope so – simply because they enjoy their voluntary<br />
work.<br />
The European Union has named 2011 the European<br />
Year of Volunteering. In doing so, it intends<br />
• to promote the creation of favourable framework<br />
conditions for volunteering;<br />
• to support organisations active in the field of<br />
volunteering and to improve the quality of voluntary<br />
services;<br />
• to acknowledge the achievements of volunteers;<br />
and<br />
• to raise public awareness for the social significance<br />
of civic engagement.<br />
In the EU‘s view, volunteering is an expression of European<br />
core values, such as solidarity, and the basis<br />
for a functioning democracy. It benefits society and<br />
represents a learning experience for the individuals<br />
concerned. Hence the European Year 2011.<br />
Without this dedication by so many people, not<br />
least in Germany, to social aims and to environmental<br />
protection, without their engagement in sports<br />
associations and in the cultural and political area or<br />
their commitment to encouraging the integration of<br />
immigrants, our society would be less humane, and<br />
16<br />
also less capable of functioning. Because the government<br />
and the market would fail to fulfil many of these<br />
social needs.<br />
The EU also lends financial support to the voluntary<br />
efforts of a great number of people through the programmes<br />
‚Europe for Citizens‘ and ‚Youth in Action‘<br />
as well as through the European Voluntary Service.<br />
Voluntary activities do not replace professional, paid<br />
employment opportunities but add value to society‘,<br />
according to the EU Council‘s decision on the European<br />
Year of Volunteering. 2 That is the European<br />
Union‘s statement on the topic of your conference,<br />
on the relationship between paid employment and<br />
civic engagement. You will discuss everything else<br />
together today and tomorrow.<br />
I extend my thanks to all of you - and of course to the<br />
organisers - for holding this conference as a contribution<br />
to the European Year, and hope that it will be<br />
successful, as well as fruitful.<br />
2 EU Council decision dated 27 November 2009 on the European<br />
Year of Voluntary Activities Promoting Active Citizenship (2011),<br />
Official Journal of the European Union No. L017, published 22 January<br />
2010.
Marc-Axel Hornfeck, Leiter des Referats 311 im BMFSFJ. Der Aufgabenbereich des Referats 311 umfasst<br />
Grundsatzfragen der Engagementpolitik, Stärkung der Zivilgesellschaft, Freiwilligensurvey<br />
Sehr geehrte Organisatoren vom Institut für Sozialarbeit<br />
und Sozialpädagogik und vom Bundesnetzwerk<br />
Bürgerschaftliches Engagement, lieber Herr Dr. Klein,<br />
sehr geehrte Frau Riedel, sehr geehrte Mitwirkende,<br />
sehr geehrte Damen und Herren,<br />
ich freue mich, dass ich Sie im Namen des Bundesministeriums<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
und insbesondere im Namen von Frau Bundesministerin<br />
Dr. Kristina Schröder zu der Fachkonferenz<br />
„Engagement und Erwerbstätigkeit in Europa“ begrüßen<br />
darf.<br />
Die Fachkonferenz markiert einen wichtigen Punkt<br />
im nationalen Programm zum Europäischen Jahr der<br />
Freiwilligentätigkeit 2011. Weit mehr als die Hälfte<br />
des Europäischen Jahrs der Freiwilligentätigkeit<br />
ist mittlerweile vergangen und bislang hat sich bereits<br />
eine Menge ereignet. Eröffnet wurde das Jahr<br />
im Februar mit einer gemeinsamen Fachtagung des<br />
Bundesfamilienministeriums und der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Freien Wohlfahrtspflege. Diskurs<br />
und Austausch zu den unterschiedlichsten Bereichen<br />
des Engagements wurden bereits in mehreren Regionalkonferenzen<br />
in Hamburg, Magdeburg, Potsdam<br />
und Stuttgart fortgesetzt; einige Konferenzen stehen<br />
noch aus.<br />
Ein Höhepunkt war der feierliche Startschuss des<br />
grenzüberschreitenden Projekts „Sieben Brücken<br />
die bewegen“ durch Herrn Bundespräsidenten<br />
Wulff im Juni in Görlitz. Das internationale Projekt<br />
findet in fünf europäischen Staaten statt<br />
und wird im bevorstehenden Europäischen Jahr<br />
2012 fortgeführt. Besonders wichtig sind uns die<br />
zahlreichen Veranstaltungen, Konferenzen und<br />
Projekte, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen,<br />
Stiftungen und Unternehmen unter das<br />
Dach des Europäischen Jahres gestellt wurden.<br />
Auch die von uns geförderte und vom <strong>BBE</strong> organisierte<br />
diesjährige Woche des bürgerschaftlichen<br />
Engagements belegt mit ihren über 2.000 Veranstaltungen<br />
das breite und vielfältige Engagement<br />
in Deutschland.<br />
grusswort<br />
Ein weiterer Höhepunkt des Jahres war die europäische<br />
Freiwilligentour, die in Deutschland vom 14.<br />
bis 20. Oktober in Berlin gastierte. Um das Europäische<br />
Jahr der Freiwilligentätigkeit der Öffentlichkeit<br />
näherzubringen und um die Aktivitäten der 27 EU-<br />
Mitgliedsstaaten miteinander zu verbinden, findet<br />
diese Freiwilligentour durch alle Hauptstädte der<br />
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union statt und<br />
bietet jeweils für mehrere Tage Raum und Zeit für<br />
Aktivitäten rund ums bürgerschaftliche Engagement.<br />
Der Abschluss des Jahres wird zugleich mit der Verleihung<br />
des Deutschen Engagementpreises am 2. Dezember<br />
2011 gefeiert.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
seitdem die Ziele des Europäischen Rates für das<br />
diesjährige Freiwilligenjahr im November 2009<br />
beschlossen worden sind, ist in Deutschland viel<br />
in Bewegung gesetzt worden: Vor gut einem Jahr<br />
wurde die Nationale Engagementstrategie beschlossen.<br />
Die Nationale Engagementstrategie<br />
zeigt auf, dass bürgerschaftliches Engagement in<br />
Deutschland einen hohen Stellenwert besitzt und<br />
bereits zahlreiche nationale Strukturen zur Förderung<br />
und Ankerkennung existieren. Sie ist darauf<br />
ausgerichtet, alle gesellschaftlichen Gruppen anzusprechen,<br />
zusammenzubringen und sie damit an<br />
der Gestaltung des Gemeinwesens zu beteiligen.<br />
Hieraus ergeben sich vielfältige Aufgabenfelder,<br />
zu denen insbesondere auch der Themenkomplex<br />
unserer heutigen Veranstaltung gehört. Dabei<br />
zeichnet sich das Verhältnis von Engagement und<br />
Erwerbstätigkeit durch eine enge Verwobenheit<br />
und Vielschichtigkeit aus.<br />
Ich denke hier vor allem an die Rolle des Engagements<br />
im Rahmen von Beschäftigungspolitik und Beschäftigung.<br />
Es geht um das aktivierende Element, das dem Bürgerschaftlichen<br />
Engagement innewohnt. Neben<br />
einer Stärkung des Selbstwertgefühls bietet auch<br />
17
hornfeck: grußwort<br />
die Qualifizierung durch das Engagement hervorragende<br />
Chancen für einen besseren Zugang zur<br />
Erwerbstätigkeit.<br />
Ich möchte in diesem Zusammenhang kurz auf<br />
das Beispiel der Freiwilligendienste eingehen: In<br />
den geregelten Freiwilligendiensten Bundesfreiwilligendienst<br />
und Jugendfreiwilligendienste fördert<br />
das informelle Lernen im sozialen Praxisbezug<br />
den Erwerb sozialer, personeller, kultureller<br />
und fachlicher Kompetenzen. Nicht nur jungen,<br />
sondern auch älteren Freiwilligen (beispielsweise<br />
Alleinerziehenden, Wiedereinsteigerinnen und<br />
Wiedereinsteigern oder Langzeitarbeitslosen)<br />
bieten sie so die Möglichkeit, für die Beschäftigungsfähigkeit<br />
ausschlaggebende Kompetenzen<br />
zu erwerben oder zu vertiefen.<br />
Freiwilliges Engagement stellt zum einen für die<br />
Engagierten selbst eine große Bereicherung dar.<br />
So profitieren junge Leute, die dadurch persönliche<br />
und praktische Erfahrungen und Kenntnisse<br />
sammeln, erste Einblicke in die Berufswelt<br />
erhalten und sich dadurch orientieren. Älteren<br />
Menschen bietet es die Möglichkeit, ihre reichhaltige<br />
berufliche und Lebenserfahrung an andere<br />
weiterzugeben und beispielsweise nach dem<br />
Berufsleben weiter mitten im Geschehen zu bleiben<br />
– oder nach der Familienpause den Anschluss<br />
wieder zu bekommen. Aber auch Arbeitgeber<br />
profitieren von den Schlüsselkompetenzen und<br />
fachlichen Kenntnissen, die Freiwillige bei ihrem<br />
Einsatz erwerben; und die Einrichtungen von dem<br />
frischen Wind und dem unvoreingenommenen<br />
Blick von außen, den Ehrenamtliche mit ihrem Engagement<br />
mitbringen.<br />
Und auch Folgendes ist sehr interessant. Eine Erfahrung<br />
aus dem Zivildienst zeigt: In jedem 5. Fall<br />
beeinflusste der Zivildienst die weitere Berufswahl.<br />
Auch die Mehrgenerationenhäuser werden mit<br />
einem von vier neuen Schwerpunktthemen, nämlich<br />
dem „Freiwilligen Engagement“ Berührungspunkte<br />
zu dem Thema haben. Die Mehrgenerationenhäuser<br />
werden auch zukünftig ihre Angebote in<br />
allen Handlungsfeldern am jeweiligen regionalen<br />
Bedarf ausrichten und sich an den konkreten Notwendigkeiten<br />
orientieren. In der Umsetzung hat<br />
diese Ausrichtung der Arbeit in den Mehrgenerationenhäusern<br />
auch eine beschäftigungsfördernde<br />
Dimension: Die freiwillige Mitarbeit bei der Planung<br />
und Umsetzung von Angeboten in den Häu-<br />
18<br />
sern hilft einer Vielzahl von Menschen dabei, sich<br />
neue Perspektiven und (berufliche) Chancen zu erarbeiten.<br />
Das Freiwillige Engagement stärkt die soziale<br />
Kompetenz und vermittelt zugleich fachliche<br />
und beschäftigungsfördernde Fähigkeiten und Fertigkeiten.<br />
Im Interesse einer hohen Fachlichkeit der<br />
Freiwilligenarbeit wird die Qualifizierung und Beratung<br />
ein besonderes Gewicht in der neuen Programmphase<br />
haben.<br />
Es geht weiterhin um die Förderung des Engagements<br />
durch Unternehmen.<br />
Corporate Citizenship – das bürgerschaftliche Engagement<br />
von Unternehmen – hat auch in Deutschland<br />
eine lange Tradition. Das Engagement von Unternehmen<br />
reicht in viele gesellschaftliche Bereiche.<br />
Ein wesentlicher Bereich ist die Unterstützung des<br />
Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
– Corporate Volunteering. Damit werden einerseits<br />
wertvolle Beiträge für das Gemeinwohl geleistet.<br />
Andererseits profitiert auch das Unternehmen<br />
selbst.<br />
Wenn die Beschäftigten von ihrem Unternehmen<br />
darin unterstützt werden, ihren Wunsch nach<br />
Engagement, umzusetzen, hat dies positive Auswirkungen<br />
für Personalbindung und -gewinnung,<br />
die Prägung der Unternehmenskultur und natürlich<br />
auch für die Personalentwicklung z.B. durch<br />
Lernen in fremden Umgebungen, Kompetenzerweiterung,<br />
Erweiterung der Sozialkompetenz,<br />
Teamarbeit und Teamentwicklung. Sogar auf das<br />
Betriebsklima kann diese Förderung einen guten<br />
Einfluss ausüben.<br />
Der dritte Bereich den ich ansprechen möchte, ist<br />
die Gestaltung von Übergängen in der Biografie der<br />
Menschen.<br />
Hier ist vor allem die Frage, welchen Beitrag das<br />
Engagement bei der Bewältigung der Übergänge in<br />
die Erwerbstätigkeit und aus der Erwerbstätigkeit<br />
heraus leisten kann. Ein Beispiel sind wiederum<br />
die Mehrgenerationenhäuser, die niedrigschwellige<br />
Angebote für Jugendliche beim Übergang von<br />
der Schule in den Beruf anbieten sollen, etwa<br />
durch gezielte Aktivitäten zur Verbreiterung des<br />
Berufswahlspektrums von Frauen und Männern,<br />
Unterstützung durch Mentorenprogramme und<br />
Patenschaften sowie konkrete Informationen und<br />
Beratungen.
Auch für den Übergang vom Erwerbsleben in den<br />
Ruhestand kann Engagement eine gute und sinnstiftende<br />
Perspektive sein. Gerade für erwerbstätige<br />
Menschen im Alter von ca. 55 Jahren könnte deshalb<br />
vom Arbeitgeber eine Orientierung angestoßen<br />
werden, damit sich die Beschäftigten über die<br />
Ablösung der Erwerbstätigkeit durch eine solche<br />
„Anschlusstätigkeit“ klar werden, die auch im Ruhestand<br />
fortgeführt werden kann. Eine erfolgreiche<br />
Orientierung hätte auch unmittelbare Vorteile für<br />
den Arbeitgeber, da sich das aktivierende Element<br />
des Engagements zusammen mit einer sinnvollen<br />
Perspektive in vielen Fällen sicherlich auch positiv<br />
auf die Leistungsbereitschaft während der späten<br />
Phase der Erwerbstätigkeit auswirkt.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, die Abgrenzung<br />
von Erbstätigkeit und Engagement dort, wo sich<br />
beides zu vermischen scheint. Die Frage der Vereinbarkeit<br />
von Beruf, Familie und Engagement. Die Herausforderungen,<br />
die der demographische Wandel<br />
sowohl für die Erwerbstätigkeit als auch das Engagement<br />
mit sich bringt, und vieles mehr geben genügend<br />
Anlass sich mit dem Bereich Engagement und<br />
Erwerbstätigkeit auseinanderzusetzen.<br />
In diesem Sinne wünsche ich uns allen für diese Konferenz<br />
heute und morgen viel Erfolg.<br />
hornfeck: grußwort<br />
19
Marc-Axel Hornfeck, German Federal Ministry for Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth<br />
20<br />
grEEting<br />
Dear Organisers from the ‚Institut für Sozialarbeit<br />
und Sozialpädagogik‘, the institute for social work<br />
and social education, and from the ‚Bundesnetzwerk<br />
Bürgerschaftliches Engagement (<strong>BBE</strong>)‘, the national<br />
volunteering network, dear Dr Klein, dear Ms Riedel,<br />
dear Contributors, and dear Ladies and Gentlemen,<br />
I am pleased to be able to welcome you in the name of<br />
the Federal Ministry of Family Affairs, Senior Citizens,<br />
Women and Youth, and particularly in the name of its<br />
Federal Minister Dr Kristina Schröder, to the experts<br />
conference on ‚Volunteering and Gainful Employment<br />
in Europe‘. This experts conference marks an important<br />
point on the agenda of the national European<br />
Year of Volunteering 2011. We are now far more than<br />
halfway through the European Year of Volunteering,<br />
and a lot has already happened so far.<br />
The year started in February with a joint experts conference<br />
held by the Federal Ministry of Family Affairs,<br />
Senior Citizens, Women and Youth and the Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Freien Wohlfahrtspflege, the<br />
national association of independent welfare organisations.<br />
The discourse and exchange on a wide range of<br />
volunteering related issues continued at several regional<br />
conferences in Hamburg, Magdeburg, Potsdam<br />
and Stuttgart; further conferences are still scheduled<br />
to take place. One highlight was the launch of the international<br />
‚7 bridges that connect‘ project by Federal<br />
President Wulff in Görlitz in June. This international<br />
project is being run in five European countries and will<br />
continue in the coming European Year 2012.<br />
Of particular importance to us are the numerous<br />
events, conferences and projects being organised by<br />
civic organisations, charitable foundations and businesses<br />
within the scope of the European Year. The<br />
more than 2,000 events during this year‘s ‚week of<br />
community volunteering‘ organised by the <strong>BBE</strong> and<br />
supported by ourselves also demonstrate the wide<br />
spectrum and many faces of volunteering in Germany.<br />
A further highlight of the year was the German leg of<br />
the European Year of Volunteering tour, which visited<br />
Berlin from 14 to 20 October. To raise public awareness<br />
of the European Year of Volunteering, and to link<br />
the activities of the 27 EU member states, this tour<br />
of volunteers passes through all of the capitals of the<br />
member states of the European Union, offering space<br />
and time for activities related to civic engagement<br />
over several days in each location. The conclusion of<br />
the Year will coincide with the awards ceremony for<br />
the Deutscher Engagementpreis award for outstanding<br />
civic engagement on 2 December 2011.<br />
Ladies and gentlemen,<br />
A lot has happened in Germany since the European<br />
Council agreed the objectives for this year‘s Year of<br />
Volunteering in November 2009: A national volunteering<br />
strategy was passed about a year ago. The national<br />
volunteering strategy clearly shows that Germany<br />
sets great store on civic engagement; numerous national<br />
organisations for the promotion and recognition<br />
of volunteering are already in place. It focuses on<br />
addressing all social groups, getting them together and<br />
thereby involving them in shaping community life. This<br />
in turn results in an extensive scope for action, one<br />
area of which is also the range of issues touched on by<br />
today‘s event. The relationship between volunteering<br />
and gainful employment is characterised by their close<br />
interwovenness and extreme complexity.<br />
i am referring primarily to the role of civic engagement<br />
in terms of labour policy and employment here.<br />
At the core is the activating element inherent in civic<br />
engagement. Besides increasing the sense of selfworth,<br />
qualification by means of volunteering also<br />
significantly improves the chances of better access to<br />
paid employment.<br />
In this context, I would like to briefly address the example<br />
of voluntary services: In the government-run voluntary<br />
services sector, the Bundesfreiwilligendienst (federal<br />
voluntary service) and the Jugendfreiwilligendienste<br />
(federal voluntary youth services), informal learning in<br />
a practical social setting promotes the acquisition of
social, personal, cultural and professional skills. They<br />
therefore offer not only young people, but also older<br />
volunteers (for example lone parents, those returning<br />
to work or the long-term unemployed) the chance to<br />
acquire the skills that are essential for finding gainful<br />
employment, or to improve their existing skills.<br />
On the one hand, voluntary work is an enriching experience<br />
for the volunteers themselves. Young people, for<br />
instance, benefit from gaining personal and practical<br />
experiences and knowledge and getting a first taste of<br />
working life, which helps them in their further career.<br />
It gives older people the chance to pass their extensive<br />
professional experience and the personal experiences<br />
gained throughout their lifetime on to others, and to<br />
remain involved even after retiring, for example – or<br />
to get back into the swing of things after parental leave.<br />
On the other hand, employers also profit from the<br />
key competencies and professional skills volunteers<br />
acquire during the course of their voluntary work and<br />
organisations benefit from the fresh input and the unbiased,<br />
external perspective of volunteers.<br />
The following is also a very interesting aspect. Experience<br />
from compulsory civilian service shows that<br />
the career choice of one in five civilian service participants<br />
was influenced by their civilian service. One of<br />
four new key topics, namely ‚volunteering‘, will also<br />
impact on cross-generational facilities. Multigenerational<br />
facilities will in future continue to align their offers<br />
in all spheres of their activity with the respective<br />
regional requirements, and to be guided by practical<br />
necessities. In practical terms, redirecting the work of<br />
multigenerational facilities in this way also fulfils an<br />
employment-promoting function: the contributions<br />
volunteers make to the planning and realisation of<br />
offers in the facilities help a great number of people<br />
to explore new perspectives and (career) opportunities.<br />
Volunteering promotes social skills whilst also<br />
teaching career-related skills and encouraging capabilities<br />
which help participant to find employment. In<br />
the interest of a high level of professionalism in volunteer<br />
work, qualifications and advice will be accorded<br />
particular importance in the new programme phase.<br />
then there is the issue of support for volunteering<br />
by companies.<br />
Corporate citizenship - civic engagement on the part of<br />
businesses - also has a long tradition in Germany. Corporate<br />
citizenship touches on many social areas. One<br />
important area is the support of employees‘ civic enga-<br />
hornfeck: greeting<br />
gement – or corporate volunteering. On the one hand<br />
this is a valuable contribution to the welfare of the community.<br />
On the other hand the business also benefits.<br />
Supporting employees when they wish to engage in<br />
voluntary work has a positive impact on employee loyalty<br />
and recruitment, on the character of the corporate<br />
culture and, of course, also on the employees‘ personal<br />
development, for instance through learning in unfamiliar<br />
environments, acquiring additional skills, improving<br />
their social skills, team work and team development.<br />
This kind of support can even have a positive influence<br />
on the general working atmosphere in a business.<br />
the third area i would like to mention is the way<br />
times of transition are dealt with in people‘s lives<br />
In this respect, the main question is how civic engagement<br />
can contribute to dealing with the transition<br />
into, and out of, paid employment. One example to<br />
be cited here yet again are the multigenerational facilities,<br />
which are tasked with offering low-level entry<br />
offers for young people leaving school to start a job,<br />
for instance through dedicated activities to extend<br />
the range of career choices available to men and<br />
women, support through mentoring and sponsoring<br />
programmes and practical information and advice.<br />
Volunteering can also be a beneficial and sensible way<br />
of making the transition from working life into retirement<br />
easier. Employers should therefore consider<br />
initiating relevant advice sessions particularly for employees<br />
aged around 55 in order to illustrate that voluntary<br />
work can take the place of paid employment<br />
upon their retirement. Their successful reorientation<br />
in this direction would also have immediate advantages<br />
for the employer, as the activating element of<br />
volunteering, in conjunction with the prospect of purposeful<br />
employment in later life certainly also has a<br />
positive impact on employee motivation during this<br />
last phase of their paid working lives.<br />
Ladies and Gentlemen, the boundaries between<br />
paid employment and civic engagement at the point<br />
where both seem to overlap. The question of work/<br />
life balance and civic engagement. The challenges<br />
brought about by demographic change impacting<br />
both paid employment and volunteering work,<br />
and many other aspects are sufficient reasons for<br />
addressing the issue of volunteering and paid work.<br />
On this note, I hope that this conference today and<br />
tomorrow will be a very successful one.<br />
21
Prof. Dr. Adalbert Evers, Justus-Liebig Universität Gießen, Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und<br />
Verbrauchsforschung<br />
Veränderungen iM arbeitsuMfeld und iM bereich der sOzialen dienstleistungen<br />
und ihre auswirkung auf das freiwillige engageMent<br />
1. einführung<br />
Ein Großteil der Forschungsarbeiten, die sich mit<br />
dem Thema des freiwilligen Engagements befassen,<br />
konzentriert sich auf die Analyse von kulturellen Modellen,<br />
auf den Entwurf verschiedener Konzepte zur<br />
Erklärung vielfältigster Beweggründe und der kulturellen<br />
Veränderungen, in die freiwilliges Engagement<br />
eingebettet ist. Im Unterschied dazu konzentriert sich<br />
mein Vortrag auf Veränderungen der materiellen<br />
Bedingungen unseres Alltags. Ich möchte mit Ihnen<br />
besprechen, wie die gewaltigen und tiefgreifenden<br />
Veränderungen, die wir in den materiellen Strukturen<br />
der demokratischen kapitalistischen Wohlfahrtsgesellschaften<br />
beobachten können, das freiwillige Engagement<br />
beeinflusst haben und in Zukunft weiter<br />
beeinflussen werden.<br />
Wenn ich im Folgenden vom „freiwilligen Engagement“<br />
spreche, so meine ich damit nicht nur soziale<br />
Aktivitäten, die darauf abzielen, anderen zu helfen,<br />
sondern Bürgerengagement in einem weiten Sinne,<br />
wie zum Beispiel durch nichtstaatliche Organisationen<br />
und jene, die sich bei ihnen freiwillig engagieren.<br />
Man kann nicht über Veränderungen beim<br />
freiwilligen Engagement sprechen, ohne auf Veränderungen<br />
im Arbeitsumfeld und bei den sozialen<br />
Dienstleitungen einzugehen und ohne eine Vorstellung<br />
von dem Profil zu haben, welches das „freiwillige<br />
Engagement“ in der Vergangenheit gewonnen<br />
hat. Ich erlaube mir diese Analyse aus der beruflichen<br />
Perspektive eines Forschers, der die Veränderungen<br />
in der Gesellschaftspolitik, bei den sozialen Diensten<br />
und beim Wohlfahrtsstaat und ihre Verflechtung mit<br />
Fragen der Demokratie und der Teilhabe betrachtet<br />
und dabei ein Hauptaugenmerk auf Freiwilligentätigkeit<br />
und Bürgerengagement legt.<br />
Meine These ist, dass die Veränderungen in der Arbeitswelt<br />
der meisten Menschen, aber auch die sich<br />
verändernden Muster ihrer täglichen Interaktion mit<br />
persönlichen und familiären Diensten, Auswirkungen<br />
auf das freiwillige Engagement haben, die im Grunde<br />
sehr ambivalent sind: Einerseits schaffen weniger<br />
22<br />
standardisierte Lebensmodelle im Privat- und Berufsleben<br />
im Zusammenspiel mit einem Alltag, der von<br />
einer zunehmenden Teilhabe an sozialen Diensten<br />
geprägt ist, mehr Freiräume für eine Entscheidung<br />
zugunsten eines freiwilligen Engagements. Andererseits<br />
behaupte ich, dass Arbeitsmärkte, die weniger<br />
soziale Geborgenheit bieten und oftmals in hohem<br />
Maße sämtliche Aspekte unseres Lebens diktieren,<br />
und auch eine Dienstleistungsgesellschaft, die den<br />
Bereich der Freiwilligentätigkeit professionalisiert,<br />
die Motivation und die Möglichkeiten für ein freiwilliges<br />
Engagement bedrohen. Die Richtung, in der sich<br />
das freiwillige Engagement künftig entwickeln wird,<br />
steht noch nicht fest. Doch ich bin der Auffassung,<br />
dass es gewichtige Einflussfaktoren gibt, die wir uns<br />
näher betrachten sollten.<br />
Gegen Ende meines Versuchs, einige „begründete“<br />
Spekulationen über die künftigen Bedingungen<br />
für ein freiwilliges Engagement anzustellen, werde<br />
ich einige Maßnahmen vorschlagen – nicht auf dem<br />
weiten Feld der Arbeitsmarkt- und Dienstleistungspolitik,<br />
sondern für den kleinen Bereich, in dem Vorstellungen<br />
von einem freiwilligen Engagement und<br />
unterstützende Strategien für Freiwillige erforscht<br />
und debattiert werden.<br />
2. der rahMen für das traditiOnelle freiwillige<br />
engageMent – ein kurzer rückblick<br />
Seit den großen Umbrüchen durch Märkte, Industrialisierung<br />
und Demokratie vor mehr als einem<br />
Jahrhundert haben die Arbeitswelt und das freiwillige<br />
Engagement ihr Erscheinungsbild immer wieder<br />
aufs Neue verändert. Die meisten Formen des freiwilligen<br />
Engagements und die Vorstellungen von<br />
Freiwilligen bis zum Ende der „trentes glorieuses“,<br />
der dreißig Boomjahre nach dem 2. Weltkrieg, verbanden<br />
sich mit einem Gesellschaftsbild, das durch<br />
folgende Aspekte gekennzeichnet war: Der Mensch<br />
nimmt einen recht festen Platz im Arbeitsleben und<br />
einen anerkannten Platz innerhalb der Familie und<br />
der (religiösen) Gemeinschaft ein (obgleich es hier<br />
Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab).
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
Die Verantwortlichkeiten, aber auch die Geborgenheit<br />
eines geordneten Arbeits-, Familien- und Gemeinschaftslebens<br />
bildeten den Hintergrund und<br />
die Basis dafür, innerhalb der Gemeinschaft und der<br />
(örtlichen) Gesellschaft aktiv zu werden. Eine stabile<br />
soziale und gemeinschaftliche Integration unterstützte<br />
das freiwillige Engagement für die eigenen<br />
Klassen sowie die Nächstenliebe und Solidarität mit<br />
den schwächeren Gruppen.<br />
Ich würde aber behaupten, dass sich dieses Modell<br />
des Koordinierens und Trennens der Arbeitswelt auf<br />
der einen Seite und der Freiwilligentätigkeit und des<br />
Bürgerengagements auf der anderen im Lauf der<br />
Zeit aufgelöst hat. Wie ich später noch aufzeigen<br />
werde, greifen Arbeitswelt und freiwilliges Engagement<br />
heute immer stärker ineinander; und viele, die<br />
sich freiwillig engagieren, sind nicht mehr in diesen<br />
festen gesellschaftlichen Strukturen eingebettet.<br />
Wo weitreichende Traditionen dominierten und einige<br />
wenige soziale und kulturelle Lager den Ton angaben<br />
(das Bürgertum und, in Überschneidung mit<br />
ihm, die Klassen der Facharbeiter, die Milieus der<br />
Kirchen und der Arbeiterbewegungen), findet man<br />
heute eine Gesellschaft vor, die sich nicht mehr so<br />
stark an kollektiven Traditionen und der Zugehörigkeit<br />
zu einem besonderen kulturellen oder soziopolitischen<br />
Lager mit all seinen Überzeugungen und<br />
Modellen orientiert. Wir finden eine Vielfalt an Lebensarten<br />
und kulturellen Untergruppen, die in der<br />
Mehrzahl kaum oder gar keine Orientierung geben,<br />
ob man sich freiwillig betätigen oder einem Bürgerengagement<br />
anschließen sollte oder nicht. Die<br />
Botschaft lautet: Entscheide selbst!<br />
Das entspricht der oft beobachteten Tatsache, dass<br />
feste soziale Bindungen und Verpflichtungen sich<br />
aufgelöst und Platz für Formen der freiwilligen Tätigkeit<br />
und des Bürgerengagement gemacht haben,<br />
die zwar nicht weniger anspruchsvoll oder verbreitet<br />
sind, bei denen aber die engagierten Personen sich<br />
hinsichtlich der Dauer und der Verantwortung für ihr<br />
Engagement nicht festlegen wollen. Gleichermaßen<br />
gewinnt die einfache Frage „Was habe ich davon?“<br />
an Bedeutung.<br />
All diese epochalen Prozesse und Entwicklungen<br />
führten zu einem zentralen modernen Konzept des<br />
freiwilligen Engagements, das heute zu einem gewissen<br />
Grad in Auflösung begriffen ist. Dieser Gedanke<br />
einer Veränderung, die die Gesellschaft als Ganzes<br />
erfasst und die nicht einem einzelnen Gesellschaftssegment<br />
zugeschrieben werden kann, sollte berücksichtigt<br />
werden, weil die derzeitigen Veränderungen<br />
im Arbeitsumfeld und bei den sozialen Dienstleistungen<br />
und ihre Auswirkungen auf die überlieferte<br />
Vorstellung vom freiwilligen Engagement, über die<br />
ich im Folgenden sprechen werde, als Teil davon betrachtet<br />
werden sollten. Sie sind sowohl Ursache als<br />
auch Wirkung für globalere Veränderungen und hinterfragen<br />
die historischen Konzepte des freiwilligen<br />
Engagements.<br />
3. zwei grundlegende trends: die entgrenzung<br />
der arbeitswelt und die stetig wachsenden<br />
auswirkungen prOfessiOnalisierter<br />
sOzialer dienstleistungen – welche auswirkungen<br />
können sie auf das freiwillige<br />
engageMent haben?<br />
Beim ersten dieser beiden Trends – den Veränderungen<br />
auf dem Gebiet der bezahlten Arbeit und in<br />
der Arbeitswelt – scheinen mir zwei Entwicklungsformen<br />
von zentraler Bedeutung zu sein. Die erste<br />
tiefgreifende Veränderung wird sehr oft mit dem Begriff<br />
der „schwindenden Grenzen in der Arbeitswelt“<br />
beschrieben. Was haben wir uns darunter vorzustellen?<br />
Es geht dabei um die Schwächung des traditionellen<br />
Modells der Einordnung von bezahlter Arbeit<br />
in unser Leben und das Eingrenzen des Raumes,<br />
der der bezahlten Arbeit in unserem Alltag gewährt<br />
wird. Dies berührt die Art und Weise, wie sie in unseren<br />
Lebenszyklus eingefügt wird, die Möglichkeit,<br />
ihr einen klar definierten Anfangs- und Endpunkt<br />
innerhalb eines Arbeitstages zuzuweisen, oder das<br />
Ziehen von Grenzen bei den Orientierungen und<br />
Werten, die mit der Arbeitswelt verknüpft sind, damit<br />
sie nicht in das Gemeinschaftsleben übergreifen.<br />
Die erste Art der Auflösung alter Grenzen in der Arbeitswelt<br />
hat mit dem Umstand zu tun, dass der klare<br />
Ablauf und die eindeutige Trennung der Phasen<br />
der Aus- und Weiterbildung, der bezahlten Arbeit<br />
und der Pensionierung im Verlauf unseres Lebens<br />
im Schwinden begriffen sind. Das Gleiche gilt für die<br />
Einordnung der Arbeitszeiten in unseren Alltag, wobei<br />
unorthodoxe Arbeitszeiten in einer Woche, die<br />
sieben Tage und vierundzwanzig Stunden hat, zunehmend<br />
an Einfluss gewinnen.<br />
Dass sich die Grenzen zwischen Berufsleben und anderen<br />
Dimensionen des Lebens zunehmend verwischen,<br />
mag auch der Tatsache geschuldet sein, dass<br />
immer mehr Menschen in die Arbeitswelt integriert<br />
23
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
sind, Arbeit aber immer seltener die Form eines normalen<br />
geregelten Vollzeitjobs annimmt. Die Formen<br />
der Arbeit werden vielfältiger und reichen von Gelegenheits-<br />
und Teilzeitarbeit bis zur Kurzzeitarbeit.<br />
Dadurch werden auch die Formen der Verflechtung<br />
von Privat- und Berufsleben vielfältiger, was natürlich<br />
auch für alle Arten der Einbindung von Freiwilligentätigkeiten<br />
in die Konzepte des Arbeitslebens<br />
gilt. Die früheren allumfassenden Modelle des Berufslebens<br />
machen Platz für alle Arten gruppenspezifischer<br />
und individueller Modelle.<br />
Die zweite große, umfassende Veränderung, die ich<br />
hier besprechen möchte, dreht sich um die dynamische<br />
Ausweitung der sozialen Dienstleistungen<br />
und ihre Rolle im Alltag. Man spürt es in Bereichen<br />
wie der professionellen Kinderbetreuung und der<br />
Hilfe und Betreuung einer zunehmenden Zahl gebrechlicher<br />
Senioren, aber ebenso in den Bereichen<br />
der Kultur- sowie der Freizeit- und Erholungsdienste.<br />
Unter dem Begriff der „Selbstisolierung“ hat ein<br />
Aspekt dieser Veränderung im Bereich der sozialen<br />
Dienstleistungen bereits allgemeine Aufmerksamkeit<br />
gefunden.<br />
Auf dem langen Weg zu den persönlichen sozialen<br />
Diensten, die wir heute haben, gab es immer eine<br />
Interaktion zwischen freiwilligen Initiativen und<br />
professionellen staatlichen Institutionen. Meistens<br />
übernahmen die freiwilligen Initiativen die Führung<br />
und wurden zu Vorreitern der frühen Krankenhäuser,<br />
Kindergärten und Pflegeheime. Schritt für<br />
Schritt wurden sie – auf einer „ladder of extension“,<br />
wie die englischen Intellektuellen und Sozialreformer<br />
des frühen 20. Jahrhunderts, die Webbs, es<br />
einmal nannten – zum Gemeingut, d. h. durch staatliche<br />
Institutionen unterstützt oder übernommen<br />
und professionalisiert. Allerdings blieb die freiwillige<br />
Beteiligung oftmals Teil der neuen öffentlichen Dienste.<br />
Dies kann man zum Beispiel in den Leitungsgremien<br />
von Schulen oder in den Fördereinrichtungen<br />
für öffentliche Dienste, wie zum Beispiel Theater<br />
oder Bibliotheken, sehen. Neben dem freiwilligen<br />
Engagement innerhalb der professionellen sozialen<br />
Dienstleistungen findet man Engagement auch außerhalb<br />
der etablierten Institutionen, beispielsweise<br />
in Form von Initiativen, die ergänzende Betreuungsformen<br />
auf freiwilliger Basis anbieten, oder ähnliche<br />
Angebote in den Bereichen Sport und Freizeit. Der<br />
Zuwachs bei den sozialen Dienstleistungen und<br />
insbesondere bei vielen Sozial-, Gesundheits- und<br />
Bildungsdiensten hat die Engagement-Landschaft<br />
24<br />
verändert, insbesondere das Verhältnis von professionellen<br />
Dienstleistungen, Laienaktivitäten und<br />
freiwilliger Arbeit.<br />
Wie schon im beruflichen Umfeld, zeichnet sich auch<br />
hier kein klares Bild aus all diesen Veränderungen ab.<br />
Vielleicht finden wir heutzutage weniger Freiwillige<br />
im Gesundheitssektor als in früherer Zeit, aber vermutlich<br />
mehr denn je unter den zahllosen Diensten,<br />
die auf eine bessere Integration von Migranten und<br />
anderen Gruppen abzielen. All dies hat aber nicht<br />
nur Auswirkungen auf den Umfang des freiwilligen<br />
Engagements, sondern auch auf den Status der Freiwilligen<br />
und ihrer Leistungen.<br />
Bis jetzt habe ich aufzuzeigen versucht, wie sehr<br />
die Arbeitswelt und die Welt der sozialen Dienstleistungen<br />
ihr Erscheinungsbild, unser tägliches Leben<br />
sowie die Bedingungen für ein freiwilliges Engagement<br />
verändert haben. Ich habe unterstrichen, dass<br />
es zunächst einmal keine eindimensionalen und<br />
mechanischen Verbindungen zwischen solchen Veränderungen<br />
und der Bereitschaft und den Möglichkeiten<br />
für freiwilliges Engagement gibt, und dass sie<br />
außerdem sehr ambivalent sind. Ich möchte darum<br />
in den nächsten Schritten einzeln darlegen, wo ich<br />
das Potenzial und die Chancen für ein freiwilliges Engagement<br />
sehe. Anschließend werde ich auf einige<br />
Punkte eingehen, die meiner Meinung nach klare<br />
Bedrohungen und Risiken darstellen.<br />
4. chancen und bedrOhungen – die aMbi-<br />
Valenz in den sich Verändernden realitäten<br />
des berufslebens und des freiwilligen<br />
EngagEmEnts<br />
4.1. die chancen<br />
Ich möchte zu Beginn von den Chancen sprechen, die<br />
sich insbesondere jungen Menschen durch die Verschiebungen,<br />
die sich auf den Arbeitsmärkten vollziehen,<br />
eröffnen. Selbst wenn man all die negativen<br />
Seiten – wie die hohe Arbeitslosigkeit unter jungen<br />
Menschen – berücksichtigt, würde ich dennoch behaupten,<br />
dass der Umstand allgemein zugänglicher<br />
und breiterer Bereiche des Übergangs von Schule und<br />
Studium ins Berufsleben auch unter dem Aspekt der<br />
Chancen gesehen werden kann. Dieser schwierige<br />
Prozess, von dem es heißt, dass er in Deutschland bis<br />
zu fünf Jahre dauert, bietet Raum für verschiedene<br />
Arten der Suche nach Orientierung und für die Ausweitung<br />
der Fähigkeiten und Fertigkeiten über das
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
akademische Wissen hinaus – Raum, der nicht schon<br />
im Voraus geregelt ist. Es gibt ein relativ neues Format<br />
für freiwillige Aktivitäten junger Menschen, das hier<br />
von besonderem Interesse ist. Die Menschen erhalten<br />
die Möglichkeit einer einjährigen freiwilligen Tätigkeit<br />
in sozialen, ökologischen und kulturellen Dienstleistungsbereichen<br />
im In- und Ausland. In Deutschland<br />
beispielsweise wird dieses Konzept immer beliebter,<br />
so dass sich für viele der gesetzlich geregelten Angebote<br />
aus den Bundesländern viel mehr interessierte<br />
Bewerber finden als Plätze für einen solchen einjährigen<br />
Dienst zur Verfügung stehen.<br />
Eine weitere Chance bietet sich durch die veränderte<br />
Sichtweise auf Alter und Pensionierung in<br />
unseren Gesellschaften. Aktives Älterwerden kann<br />
durch unterschiedliche Tätigkeitskonzepte ausgefüllt<br />
werden. Formate wie „Senior Consult“ bieten<br />
Möglichkeiten zur Nutzung jahrelanger Berufserfahrung<br />
nach der Pensionierung für alle Arten von<br />
nicht-gewinnorientierten Organisationen. Die Auflösung<br />
der Grenzen zwischen bezahlter beruflicher<br />
Arbeit und freiwilligem Engagement ermöglichen<br />
Arrangements, die es erlauben, weiterhin seiner Arbeit<br />
nachzugehen und seine Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
weiterzuentwickeln, bei denen es aber weit<br />
weniger um baren Lohn geht, sondern darum, Freiräume<br />
für eigene Entscheidungen zu schaffen und<br />
selbst die Intensität, den Rhythmus und das Profil<br />
solcher Formen einer verlängerten Teilhabe am Arbeitsmarkt<br />
zu bestimmen. Ähnliches ist in Bezug auf<br />
die Berufsausbildung vieler junger Menschen zu beobachten,<br />
wo Elemente, die berufswegbezogen und<br />
vom jeweiligen Arbeitgeber vorgegeben sind, sich<br />
mit anderen Elementen vermengen, welche die Suche<br />
nach einer Tätigkeit widerspiegeln, die sowohl<br />
in Bezug auf die eigenen kreativen Ambitionen als<br />
auch in Bezug auf die Bedürfnisse der breiten Gemeinschaft<br />
als nützlich angesehen werden.<br />
Dank des Bildungssystems in heutigen Wohlfahrtsstaaten<br />
erhalten die meisten Menschen die Chance,<br />
einen vernünftigen Grad nicht nur an Bildung, sondern<br />
auch an Kompetenzen zu erwerben. Sie können<br />
daher sowohl in Bezug auf ihre eigenen kreativen<br />
Ambitionen als auch in Bezug auf Fragen der Qualität<br />
und der Nützlichkeit ihres Tuns anspruchsvoller<br />
sein. Die Suche nach einer „sinnvollen Arbeit“ wird<br />
zu einem Thema sowohl im Berufsleben als auch in<br />
Bezug auf die Auswahl einer freiwilligen Tätigkeit,<br />
die für alle Beteiligten einen Wert hat. Gewerkschaften<br />
und Arbeitgeber erklären „sinnvolle Arbeit“ zu<br />
einer Sache, nach der es sich zu streben lohnt oder<br />
die in Stellengesuchen thematisiert wird.<br />
Wenn wir diese kurze Erörterung der Chancen und<br />
Möglichkeiten zusammenfassen, so kann man sagen,<br />
dass die Veränderungen auf den Arbeitsmärkten erstens<br />
durch flexiblere Ein- und Ausstiegspunkte und<br />
mehr Flexibilität im Verlauf des Berufslebens neue<br />
Chancen bieten, den eigenen Ambitionen im Bereich<br />
der Freiwilligentätigkeit zu folgen. Zweitens ermöglichen<br />
sie andere Konzepte des Lernens sowie Mischformen<br />
unterschiedlicher Aktivitäten im Alter, die<br />
weder in das Schema der alten Formen von bezahlter<br />
Arbeit noch in das Schema des traditionellen freiwilligen<br />
Engagements passen. Und schließlich gewinnt<br />
die Suche nach einer Tätigkeit, die sinnstiftend ist und<br />
Erfüllung bietet, auch im beruflichen Umfeld zunehmend<br />
an Bedeutung: Sie wird in gewerkschaftlichen<br />
Kampagnen für „sinnvolle Arbeit“ aufgegriffen, findet<br />
sich aber gleichermaßen in der Art und Weise wieder,<br />
wie Arbeitgeber ihre freien Stellen offerieren.<br />
Wenden wir uns nun dem zweiten Feld zu, das ich<br />
zuvor angesprochen hatte – den persönlichen sozialen<br />
Diensten. Die größten Bereiche sind Gesundheit,<br />
Bildung, Kinderbetreuung und Altenpflege, Arbeitsmarktdienste<br />
und schließlich eine Vielzahl von Feldern,<br />
die sich mit Fragen gruppenspezifischer Themen<br />
und gesellschaftlicher Exklusion befassen.<br />
Sehen wir uns zuerst die bekanntesten und größten<br />
Dienste an: Schulen, Kindergärten oder die verschiedenen<br />
Pflege- und Betreuungsdienste, die für<br />
gebrechliche Senioren angeboten werden. Innerhalb<br />
der jeweiligen Expertengemeinden auf diesen<br />
Gebieten besteht mittlerweile Einigkeit, dass beim<br />
Streben nach höherer Qualität und Effizienz viel davon<br />
abhängt, wie gut es solchen Institutionen und<br />
ihren Dienstleistungsangeboten gelingt, die Bereitschaft<br />
zur produktiven Mitwirkung und zur Übernahme<br />
gemeinsamer Verantwortung auf Seiten ihrer<br />
Adressaten zu wecken. Wenn der Wille, sie nicht zu<br />
passiven, sondern zu aktiven Leistungsempfängern<br />
zu machen, mit ihrem Wunsch nach Mitwirkung zusammentrifft,<br />
so wird eine kritische Masse erreicht,<br />
die für eine Veränderung der Dienstleistungskultur<br />
erforderlich ist.<br />
Neben der traditionellen Dienstleistungskultur von<br />
Schulen, häuslichen Pflegediensten und Konzepten<br />
für Arbeitsmarktdienste findet man heute verschiedene<br />
Konzepte für Dienste, die eine produktive Mit-<br />
25
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
wirkung und Kooperation von Freiwilligen und auf<br />
freiwilliger Mitwirkung basierenden Verbänden beinhalten<br />
– in der Schulgemeinde, wo sich Eltern gemeinsam<br />
freiwillig engagieren, wie auch in Pflegeheimen<br />
für Senioren, die Angebote auf freiwilliger Basis beinhalten,<br />
etwa Mobilitätsdienste und das Vorlesen von<br />
Büchern. Eine solche Sichtweise, die die freiwillige<br />
Mitwirkung zu einem Bestandteil von Bewältigungsstrategien<br />
macht, findet offenkundig eine noch größere<br />
Berechtigung, wenn es um Dienste und Netzwerke<br />
geht, die sich an Risikogruppen richten. Es gibt<br />
zahlreiche Möglichkeiten des sich Einbringens und<br />
der Teilhabe und für eine neue Art von Professionalismus,<br />
der die Potenziale einer freiwilligen Kooperation<br />
freisetzt und in Arrangements für den Alltag in einer<br />
Dienstleistungsgesellschaft integriert.<br />
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Muster<br />
einer neuen Dienstleistungskultur beobachten<br />
lassen, die nicht nur dem einzelnen Nutzer, sondern<br />
ebenso ganzen Gruppen, Gemeinschaften und Bürgern<br />
Mitwirkung und Eigenverantwortung anträgt.<br />
Die Aktivierung freiwilliger Elemente ist hierbei kein<br />
Relikt aus alter Zeit, als freiwilliges Engagement vor<br />
allem die Lücken füllen wollte, die der Wohlfahrtsstaat<br />
noch hinterlassen hatte, sondern wird vielmehr<br />
zum Zeichen eines neuen Professionalismus.<br />
4.2. die bedrohungen<br />
Wir haben bereits über die moderne Arbeitswelt<br />
gesprochen. Hier rücken Risiken und Gefahren ins<br />
Blickfeld, die damit zu tun haben, dass die gegenwärtigen<br />
Formen der Auflösung der alten Grenzen,<br />
die die Arbeitswelt gegenüber anderen Lebensbereichen<br />
definiert, abgegrenzt und in gewisser Weise<br />
auch beschränkt haben, mit Prozessen einhergehen,<br />
die man als „Geborgenheitsverlust“ bezeichnen<br />
könnte. Damit meine ich jene Prozesse, durch die<br />
die Arbeit in gewissem Sinne keinen zivilisatorischen<br />
Fortschritt mehr erfahren kann, wie es bei den früheren<br />
Versuchen ihrer Regelung durch den Wohlfahrtsstaat<br />
der Fall war, wodurch eine materielle<br />
und symbolische Sicherheit geschaffen wurde.<br />
Es gibt zahlreiche Formen eines solchen Geborgenheitsverlustes.<br />
Ich möchte einige Beispiele nennen:<br />
• Der ständig drohende Verlust des Arbeitsplatzes<br />
und die dauernde Gefahr, durch die Maschen<br />
des sozialen Netzes zu fallen, das die Menschen<br />
im Fall der Arbeitslosigkeit auffangen soll.<br />
26<br />
• Formen der Flexibilisierung, die insofern einseitig<br />
sind, als sie die Notwendigkeit darstellen,<br />
dem Arbeitgeber jederzeit zur Verfügung zu<br />
stehen, anstatt immer mehr Möglichkeiten zur<br />
freien Einteilung der Arbeitszeit entsprechend<br />
den privaten und gesellschaftlichen Erfordernissen<br />
zu haben.<br />
• Des Weiteren ein zunehmender Verlust an Sicherheit<br />
durch befristete Arbeitsverträge und durch<br />
die Herausforderungen einer ständigen Mobilität.<br />
• Aber was ist mit den Möglichkeiten, sich zu<br />
begegnen, wenn die Arbeitszeitmuster immer<br />
vielfältiger werden und sich von einem Tag auf<br />
den anderen ändern können?<br />
Diesen unterschiedlichen Punkten ist gemein, dass<br />
sie jene Formen der Absicherung zurückdrängen, auf<br />
die sich ein Großteil des traditionellen freiwilligen<br />
Engagements der bessergestellten Klassen stützen<br />
konnte: Ein selbständiges Einkommen und Eigentum<br />
für die einen und ein sozial abgesicherter Arbeitsplatz<br />
für die anderen. Und es mag einer der Gründe<br />
sein, warum – wie viele Studien belegen – die soziale<br />
und politische Mitwirkung und das damit einhergehende<br />
freiwillige Engagement unter den Bessergestellten,<br />
den besser Abgesicherten mit mehr Eigenständigkeit<br />
signifikant höher ist.<br />
Aber die Tatsache, dass so viel vom eigenen Job abhängt,<br />
wird nicht nur von jenen wahrgenommen,<br />
die keinen haben, sondern auch von jenen, die ihn<br />
behalten und eine Karriere darauf aufbauen wollen.<br />
Es gibt zahllose Studien, die belegen, dass Menschen<br />
dazu neigen, alles unter dem Blickwinkel ihrer Karriere<br />
zu betrachten. Das gilt auch für das freiwillige<br />
Engagement. Karrierezentrierte Konzepte eines Ausgleiches<br />
zwischen Berufs- und Privatleben schränken<br />
aber möglicherweise nicht nur die Bereitschaft<br />
für ein freiwilliges Engagement ein, sondern verändern<br />
auch die Beweggründe für ein solches Engagement.<br />
Wie beurteilt man viele dieser freiwilligen Tätigkeiten,<br />
die in Nachweisen dokumentiert sind, und<br />
die man heute als Anlagen in Stellenbewerbungen<br />
findet? Die Instrumentalisierung von freiwilligem<br />
Engagement für Karrierezwecke könnte die Gefahr<br />
vergrößern, dass in unseren Gesellschaften, wie<br />
Wuthnow einmal anmerkte, das freiwillige Engagement<br />
zunehmend unter dem Gesichtspunkt der eigenen<br />
Vorteile und Interessen debattiert wird.<br />
In diesem Zusammenhang sind einige der Modelle<br />
für freiwilliges Engagement, die von Unternehmen
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
entworfen wurden, in Verbindung mit einer allzu öffentlichen<br />
Zurschaustellung unternehmerischer sozialer<br />
Verantwortung überaus fragwürdig. Für Manager<br />
mag es sicher ein Anlass sein, über das eigene Leben<br />
nachzudenken, wenn sie einige Wochenenden mit<br />
Obdachlosen unter einer Brücke zugebracht haben.<br />
Aber in welcher Weise hilft das den Obdachlosen?<br />
Nehmen wir ein anderes Beispiel: Volunteering-Programme<br />
werden auch für Langzeitarbeitslose empfohlen.<br />
Das kann für beide Seiten, die Erbringer und<br />
die Empfänger der Leistung, hilfreich sein. Es zeigt<br />
jedoch auch einen anderen Aspekt der Art und Weise,<br />
wie die Arbeitswelt und die Welt des freiwilligen<br />
Engagements heutzutage miteinander verzahnt sind.<br />
Zusammenfassend lautet mein Argument, dass die<br />
gegenwärtigen Veränderungen in der Arbeitswelt<br />
eine Aufteilung des freiwilligen Engagements zwischen<br />
denen, die in höheren Positionen sind, und<br />
denen, die in niedrigeren Positionen sind, verstärken<br />
können; dass sie die Zeit und die Möglichkeiten für<br />
ein freiwilliges Engagement verringern können, und<br />
dass sie die Beweggründe für ein freiwilliges Engagement<br />
verändern können.<br />
Wenden wir uns nun den persönlichen sozialen Diensten<br />
zu. Hier ergibt sich eine ganz klare Bedrohung aus<br />
der Tatsache, dass die vergangenen Jahrzehnte von<br />
einer Teilprivatisierung von Diensten geprägt waren;<br />
überwiegend durch Vereinbarungen, gemäß denen die<br />
Behörden die Regulierung und Finanzierung von Diensten<br />
übernehmen, die durch Privatfirmen erbracht werden.<br />
Es gibt keine Tradition eines privaten freiwilligen<br />
Engagements für gewinnorientierte Institutionen, zum<br />
Beispiel für ein Krankenhaus, das einer Firma gehört.<br />
Kommerzialisierte soziale Dienstleistungen verkleinern<br />
vermutlich das Feld der freiwilligen Tätigkeiten, an denen<br />
die Öffentlichkeit mitwirken will. Zweitens gab es<br />
in vielen Ländern Reformen für ein „neues öffentliches<br />
Management“ (new public management). In diesem<br />
Zusammenhang sind etwa solche Fragen, wie man<br />
Freiwillige mobilisiert und eine stärkere Beteiligung der<br />
Gemeinschaft erreicht, größtenteils fremd, da solche<br />
Managementreformen die Dienstleistungsmuster in<br />
vielerlei Hinsicht näher an ein Konsummodell heranrücken,<br />
das Komplettdienstleistungen verspricht und<br />
vorgibt, den Anteil, der von den Verbrauchern selbst<br />
geleistet werden muss, zu minimieren.<br />
Wenn man sich ansieht, in welcher Weise diese beiden<br />
Tendenzen – Reprivatisierung und neues öffentliches<br />
Management – die Dienstleistungsbereiche moder-<br />
nisiert haben und in Konkurrenz zu dem stehen, was<br />
ich zuvor als eine Tendenz in Richtung partizipativerer<br />
Dienstleistungsmuster beschrieben habe, so lässt sich<br />
nur wenig finden, was den Verbrauchern und Stakeholdern<br />
signalisiert, dass ihr freiwilliges Engagement<br />
benötigt wird und willkommen ist. Es finden sich aber<br />
auch gegenläufige Entwicklungen zu solchen Konsum-<br />
und Management-Trends. Unter dem Aspekt der<br />
Chancen für das freiwillige Engagement habe ich sie<br />
an früherer Stelle angesprochen, wo sie sich beispielsweise<br />
in Bereichen wie den kulturellen Diensten und<br />
der Wiederbelebung der Städte offenbaren.<br />
Zusammenfassend habe ich argumentiert, dass die<br />
Bedrohungen für das freiwillige Engagement aus der<br />
Tatsache herrühren, dass eine Kultur von freiwilligen<br />
Beitragsleistungen in zunehmend privatisierten<br />
Dienstleistungssektoren nur schwer umzusetzen ist.<br />
Professionalisierte Dienste, auch wenn sie versprechen,<br />
alles leisten zu wollen, bringen in Wirklichkeit<br />
komplementäre Aufgaben hervor, die der privaten<br />
und familiären Verantwortung überlassen bleiben,<br />
anstatt von gemeinschaftlichen und freiwilligen Initiativen<br />
übernommen zu werden. Eine Management-<br />
und Konsumkultur der Humandienstleistungen rivalisiert<br />
mit den partizipativeren und kooperativeren<br />
Dienstleistungskulturen, die wir an früherer Stelle<br />
angesprochen haben.<br />
5 schlussfOlgerungen: chancen nutzen<br />
und risiken reduzieren iM rahMen einer<br />
pOlitik, die einer kultur der freiwilligkeit<br />
und des bürgerengageMents dienlich ist<br />
Beide Szenarien – das einer blühenden Zivilgesellschaft,<br />
in der Freiwilligkeit und Bürgerengagement einen unbestrittenen<br />
Teil des reichhaltigen Aktivitäten-Portefeuilles<br />
jedes einzelnen Bürgers und jeder einzelnen<br />
Bürgerin bildet, und das andere, düstere Szenario einer<br />
funktionalistischen Gesellschaft, in der alles den Spezialisten<br />
überlassen bleibt und in der freiwilliges Engagement<br />
darauf beschränkt ist, jene zu unterstützen, die<br />
aus dem gesellschaftlichen Gefüge herausfallen – sind<br />
natürlich einseitig und unterbetont. Was die Menschen<br />
heute erleben, und wofür sie zu leben und wonach sie<br />
zu trachten suchen, sind Bewältigungsstrategien, die<br />
Kompromisse mit sich bringen zwischen dem, wonach<br />
man strebt, und dem, was man berücksichtigen<br />
muss, weil es eine unvermeidliche Begleiterscheinung<br />
unseres Daseins ist. Diejenigen, die sich heutzutage<br />
freiwillig engagieren, schauen – entweder allein oder<br />
zusammen mit anderen –, wie man die neuen Flexibili-<br />
27
evers: Veränderungen im arbeitsumfeld und im bereich der sozialen dienstleistungen und ...<br />
täten der Arbeitsmärkte und die persönlichen Dienste,<br />
die sie bieten, am besten nutzen kann.<br />
Abschließend möchte ich gleichermaßen als politischer<br />
Mensch wie als Mitglied der akademischen<br />
Gemeinschaft und als Mitbürger sechs Vorschläge<br />
zur Debatte stellen, worauf wir unserer Hauptaugenmerk<br />
richten sollten, wenn wir über freiwilliges<br />
Engagement sprechen.<br />
1. Wir dürfen keine rückwärts gewandten Wege<br />
einschlagen, wenn wir uns die veränderten Beziehungen<br />
zwischen Arbeit und freiwilligem Engagement<br />
anschauen. Die klassische Vorstellung vom<br />
sozial abgesicherten Arbeitsplatz und der Geborgenheit<br />
der Familie auf der einen Seite, die Freiwilligentätigkeit<br />
und Bürgerengagement auf der anderen<br />
Seite erlauben, scheint mir zu schwinden.<br />
2. Wir sollten anerkennen – nicht als Abweichung<br />
von der Norm, sondern als Bestandteil der Normalität<br />
–, dass es für die meisten Menschen heutzutage<br />
ebenso unvermeidlich wie legitim ist zu fragen, was<br />
ein Engagement unter Gesichtspunkten wie der Absicherung<br />
des eigenen Arbeitsplatzes und der eigenen<br />
Karriere bedeuten würde. Das bedeutet nicht,<br />
der Debatte über die Ethik von Freiwilligentätigkeit<br />
und Bürgerengagement auszuweichen, sondern mit<br />
einer veränderten Einstellung in sie hineinzugehen.<br />
3. Wir sollten ein besonderes Augenmerk auf jene<br />
Formen des freiwilligen Engagements legen, die<br />
mit Strategien zur Bewältigung von Arbeitslosigkeit<br />
und Ausgeschlossensein verflochten sind. Man kann<br />
heute eine Reihe interessanter Versionen solcher<br />
Formen des freiwilligen Engagements finden. Es gibt<br />
jene, wo das freiwillige Engagement als ein legitimes<br />
Etikett zum Anbieten von Aktivitäten genutzt wird,<br />
die helfen, mit dem Arbeitsleben in Kontakt zu bleiben.<br />
Vielleicht noch interessanter sind jene Aktivitäten,<br />
wo das freiwillige Engagement die Form einer<br />
gemeinsamen kreativen Aktion ausgeschlossener<br />
Menschen auf verschiedenen kulturellen Feldern<br />
annimmt – zum Beispiel das Einstudieren eines Theaterstücks<br />
und seine öffentliche Aufführung.<br />
4. Es wird zunehmend deutlich, dass die künftige<br />
Bandbreite an Aufgaben in der Gesellschaft nicht<br />
durch hauptberufliche und bezahlte Aktivitäten allein<br />
bewältigt werden wird und dass die Schattenarbeit<br />
von sich selbst versorgenden Individuen und von Familien,<br />
die den ganzen Rest übernehmen, nicht ihre<br />
28<br />
hauptsächliche und wichtigste Ergänzung sein sollte.<br />
Darum empfehle ich, Dienstleistungen zu entwerfen,<br />
die einen Platz für freiwillige Arbeit und Mitwirkung<br />
beinhalten, eine Art von Dienstleistungskultur, in der<br />
freiwillige Beiträge einen selbstverständlichen Teil<br />
von Dienstleistungsprogrammen darstellen.<br />
5. Innerhalb solcher Rahmenbedingungen entwickeln<br />
sich neuen Formen des freiwilligen Engagements, die<br />
irgendwo angesiedelt sind zwischen einer Art des freiwilligen<br />
Engagements, das in keiner Weise materiell<br />
entlohnt wird, und Aktivitäten, bei denen eine gewisse<br />
materielle Anerkennung Teil eines auf Gegenseitigkeit<br />
gegründeten Vertrages ist. Solche neuen<br />
Formen eines „bezahlten freiwilligen Engagements“<br />
lassen sich in allen europäischen Ländern beobachten<br />
und verdienen eine genauere Betrachtung. Um zu<br />
verhindern, dass sie in eine Kategorie schlecht bezahlter<br />
Jobs abgleiten, ist es wichtig zu untersuchen, wie<br />
man den Eigenwert des Engagements erhalten kann.<br />
6. Das führt uns schließlich zur grundlegendsten Frage<br />
und zu etwas, das in den heutigen pluralistischen Gesellschaften<br />
vielleicht unrealistisch ist: Ist es möglich,<br />
ein zukunftsorientiertes Äquivalent zu dem zu schaffen,<br />
was einmal als das allgemein anerkannte Sinnbild des<br />
guten Bürgers galt? Vielleicht könnte heute ein Modell<br />
eines einjährigen Dienstes zum Wohle der Gesellschaft,<br />
an irgendeinem Punkt im Verlauf des Lebens, als das<br />
Äquivalent zum früheren „guten Bürger“ verstanden<br />
werden. Der Leitgedanke wäre, mindestens einmal im<br />
Leben Dienst für andere in der Gesellschaft zu leisten,<br />
um einen Teil von dem zurückzugeben, was man erhalten<br />
hat. Der einfache Rahmen – jeder gibt einmal<br />
in seinem Leben zu irgendeinem Zeitpunkt unter den<br />
gleichen Bedingungen – könnte sämtliche Arten konkreter<br />
Aktivitäten umfassen. Dann könnte man mit<br />
Recht sagen: Eine Größe, die für alle passt.
Prof. Dr. Adalbert Evers, professor for comparative health and social policy at the<br />
Justus-Liebig-University Giessen<br />
changes in wOrk and huMan serVices and<br />
their iMpact On VOlunteering<br />
1. intrOducing the subject and the Main<br />
arguMents Of this essay<br />
A lot of research on volunteering is focussing on analyzing<br />
cultural models, on constructing various concepts<br />
for explaining the bundles of motivation and<br />
the cultural changes wherein volunteering is embedded.<br />
Different to that my presentation will focus on<br />
changes in material conditions of everyday living. I<br />
want to discuss with you how the great and deepgoing<br />
changes that one can observe in the material<br />
structures of democratic capitalist welfare societies<br />
have and will further influence volunteering.<br />
When I speak in the following of volunteering, I want<br />
to refer not only to social activities meant for helping<br />
others but as well to civic engagement, as e.g.<br />
NGOs and those that volunteer there. It is not possible<br />
to speak about changes in volunteering that may<br />
be brought about by changes in work and human<br />
services without giving an idea of the profile the subject<br />
“volunteering” had developed in the past. All<br />
this I dare to do from a professional background as a<br />
researcher that looks at social policy, social services<br />
and welfare state change and their interrelation<br />
with issues of democracy and participation, putting<br />
an emphazis on volunteering and civic engagement.<br />
My thesis is that the changes in the way most people<br />
are engaged on labour markets, but as well the changing<br />
patterns of their daily interaction with personal and familyrelated<br />
services have effects on volunteering that<br />
are basically very ambivalent. On the one hand less standardized<br />
models of work and of-life balances altogether<br />
with an everyday life marked by increasing participation<br />
in social services create more room for provolunteer<br />
choices. On the other hand I will argue that labour markets<br />
that give less securities and have often a stronger<br />
grip on all aspects of our life and likewise a service society<br />
that professionalizes field of voluntary activities are<br />
threatening motivations and opportunities for volunteering.<br />
The direction for the future of volunteering is not<br />
determined. Yet, as I will argue, there are critical impact<br />
factors that deserve to be looked at.<br />
Towards the end of my attempt towards kind of<br />
“grounded” speculations about the future conditions<br />
for volunteering I will suggest some points for<br />
action - not on the broad field of labour market and<br />
service policies – but in the small field where images<br />
of volunteering and support strategies for volunteers<br />
are researched and debated.<br />
2. the fraMewOrk fOr traditiOnal<br />
VOlunteering - a shOrt lOOk back<br />
Since the big transformations by markets, industrialization<br />
and democracy more than a century ago,<br />
work and volunteering have changed their faces over<br />
and again. Most forms of volunteering and images<br />
of volunteers up until the end of the “trentes glorieuses”<br />
after the Second World War were combined<br />
with an image of men that had two characteristics.<br />
They occupied a rather settled place in working life,<br />
an acknowledged place within the family and the<br />
(religious) community (albeit different for men and<br />
women). The responsibilities but as well the securities<br />
of a well ordered working, family- and community-life<br />
gave the background and the foundations for<br />
being active in the community and the (local) society.<br />
Stable social and community integration backed<br />
voluntary engagement for the own classes and charity<br />
and solidarity for the weaker groups.<br />
However, it can be argued that this model of both coordinating<br />
and separating work on the one and volunteering<br />
and good citizenship on the other hand has dissolved<br />
over time. The worlds of work and volunteering<br />
are getting increasingly intermeshed these days as I will<br />
show later; and many that engage in voluntary activities<br />
do not have anymore this firm own position.<br />
Where broadreaching traditions were dominating<br />
and likewise a few big social and cultural camps<br />
(the bourgeois world and overlapping with that the<br />
classes of skilled labourers, the milieus of churches<br />
and labour movements) one finds today a society<br />
that is less guided by collective traditions and the adherence<br />
to a special cultural or sociopolitical camp<br />
29
evers: changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
with its convictions and models. We find a diversity<br />
of lifestyles and cultural subgroups that mostly give<br />
little or no guidance whether or not one should volunteer<br />
or enter into civic engagement. The message<br />
is: it´s up to you.<br />
This correspond to the often observed fact that firm<br />
social ties and obligations have corroded and given<br />
way to forms of volunteering and civic engagement<br />
that may not be less challenging or widespread, but<br />
where the respective persons engaged make a reservation<br />
as to the time and liability of their engagement;<br />
likewise the simple question “what do I get<br />
from this?” gets more important.<br />
All these epochal processes and developments<br />
brought along a central modern concept of volunteering<br />
which nowadays gets dissolved to some degree.<br />
This idea of a change that is concerning society<br />
as a whole and which can not be attributed to one<br />
single sector of it should be kept in mind. Because<br />
the present changes in work and human services<br />
and their impact on the inherited paradigm of volunteering<br />
that I will discuss in the following should be<br />
seen as a part of it. They are both causes and effects<br />
for more global changes and what they entail for historical<br />
concepts of volunteering.<br />
3. twO basic trends: the waning bOundaries<br />
Of labOur and the eVer grOwing iMpact Of<br />
prOfessiOnalized huMan serVices – what<br />
can be their iMpact On VOlunteering?<br />
When taking up the first one of these two trends –<br />
changes in paid work and labour markets –, two kind<br />
of development seem for me to be central.<br />
The first profound change is quite often described by<br />
the term of the waning boundaries of labour. What<br />
is meant by that? It is concerning the weakening of<br />
a traditional model of placing paid work in our life<br />
and of limiting the room given to paid work in our<br />
everyday lives. This is concerning the way it is placed<br />
over the life cycle, the possibility to give it a clear<br />
beginning and end within a working day or by setting<br />
limits to the orientations and values associated with<br />
the world of labour so that they do not intrude into<br />
community life. The first kind of dissolution of old<br />
boundaries of labour have to do with the fact that<br />
across the lifecycle the clear sequence and separation<br />
of being in the phase of education and training,<br />
being engaged in paid work and being on retirement<br />
30<br />
are waning. The same holds true for the placement<br />
of working times in everyday life with unorthodox<br />
working times across the seven days/twentyfour<br />
hours week getting more impact.<br />
Less clear and effective boundaries between working<br />
life and other dimensions of life may result as<br />
well from the fact that on the one hand evermore<br />
people are in contact with working life yet this<br />
contact is taking to a lesser degree the form of a<br />
regulated standard full post. Forms of contact with<br />
the world of labour are increasing, that reach from<br />
casual and part time work over to short term employment.<br />
By all this the forms of linking living and<br />
working get more diverse and this holds arguably<br />
true as well for types of placing volunteering within<br />
work life concepts. Former covering-all models of<br />
work are giving room to all sorts of group-specific<br />
and individual models.<br />
The second big and sweeping change I want to discuss<br />
here has to do with the dynamic expansion of<br />
human services and their role in everyday-life. It is<br />
experienced in areas such as professional child care<br />
and in help and care for the increasing number of<br />
frail elderly people but it is felt as well in the areas<br />
of cultural and recreational services. By the metaphor<br />
of “bowling alone” one aspect of this change<br />
in the world of human services has got widespread<br />
attention.<br />
On the long way to the personal social services of today<br />
there has always be an interaction of voluntary<br />
based initiatives and statebased professional institutions.<br />
Mostly the former took the lead, pioneering<br />
the early hospitals, kindergardens and homes for<br />
the elderly. Stepwise these became – on a “ladder of<br />
extension” as the English intellectuals and social reformers<br />
of the early 20th century, the Webbs, once<br />
called it - mainstreamed, i.e. supported or taken<br />
over by state institutions and professionalized. However<br />
often voluntary contributions stayed part of<br />
the new public services as it can be observed when<br />
looking at school boards or support associations for<br />
public services such as theatres or libraries. Besides<br />
volunteering inside professional human services one<br />
can find it as well outside the established institutions<br />
of service providers taking the form of associations<br />
that offer complementary forms of care on a<br />
voluntary basis or such offers in sports and leisure.<br />
The increase of human and more specifically many<br />
social, health and educational services has chan-
ged the maps that indicate where professional and<br />
where lay activities and along with them voluntary<br />
work is prevailing.<br />
So, once again as in work no clear picture follows<br />
from all these changes. We may find today less volunteers<br />
in the health sector than in former times<br />
but probably more than ever in the vast landscape of<br />
services that aim for a better integration of migrants<br />
and other groups. All this however has not only an<br />
impact on the size of volunteering but as well on the<br />
status of volunteers and their contributions.<br />
So far I have tried to show how much the world of labour<br />
and the worlds of human services have changed<br />
their faces, our daily living and as well the conditions<br />
for volunteering. I have underlined that first of all there<br />
are no unidirectional and mechanic links between<br />
such changes and the readiness and possibilities for<br />
volunteering and that secondly they are very ambivalent.<br />
Let me therefore in the next steps describe<br />
separately where I see the potential and chances for<br />
volunteering and afterwards some points that represent<br />
in my opinion clearly threats and risks.<br />
4. chances and threads – the aMbiValence<br />
in the changing realities Of wOrk and<br />
VOlunteering<br />
windows of opportunity<br />
Let me begin by looking at chances that open up especially<br />
for young people by the shifts in labour markets.<br />
Even if one has in mind all the negative sides<br />
such as the high unemployment rates of young people<br />
I would argue still that the fact of more open and<br />
broader areas of transition from school and studying<br />
to working life can be seen as well under the aspect<br />
of chances. Because this difficult process which is<br />
said that it takes e.g. in Germany up to five years,<br />
may give room for various kind of search for orientation<br />
and for broadening capacities beyond academic<br />
knowledge a room that is not already preregulated.<br />
There is a relatively young format for voluntary activities<br />
of young people that is of special interest here.<br />
People get offers for a one year voluntary commitment<br />
in social, ecological and cultural service areas<br />
at home and abroad. In Germany e. g. this concept<br />
has won evermore impact and many of the formalized<br />
offers from federal states meet many more interested<br />
people than places for such one year civil<br />
service have been made available.<br />
evers: changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
Another chance is represented by the changing image<br />
of old age and retirement in our societies. Active<br />
ageing can be filled by different concepts of activity.<br />
Formats like “seniorconsult” offer possibilities to<br />
use one´s professional knowledge after retirement<br />
for all kind of non-profit organisations. Borderlines<br />
between paid professional work and voluntary engagement<br />
give way to arrangements that allow to go<br />
on with ones´ work and skills but which are far less<br />
about rewards by cash but by giving free room to decide<br />
oneself and to negotiate the intensity, rhythm<br />
and profile of such forms of prolonged participation.<br />
A similar observation can be made with respect to<br />
many of the apprenticeships of young people, where<br />
elements that are career related and enforced by the<br />
respective employers mix with other elements that<br />
mirror the quest for doing something that is seen as<br />
useful both with respect to own creative ambitions<br />
and needs of the larger community.<br />
Due to the educational system of the welfare states<br />
most people have had the chance to get a decent<br />
level of not only skills but as well competences and<br />
so they can be more demanding both with respect<br />
to their own creative ambitions and with respect to<br />
issues of quality and utility of what they are doing.<br />
The quest for “good work” becomes a topic both in<br />
working life and with respect to choosing a type of<br />
voluntary engagement that fits. Trade Unions and<br />
employers make “good work” a topic to strive for or<br />
to be used in job advertisements.<br />
Summing up this short review of opportunities one<br />
can say that changes in labour markets are first of all<br />
offering by more flexible points of entry and leave<br />
and more flexibility in the course of labour life new<br />
chances to follow ambitions in the field of voluntary<br />
activities. Secondly changing concepts of learning as<br />
well as of old age upgrade hybrid kinds of activities<br />
that do not fit neither with old forms of paid work<br />
nor with traditional volunteering. Finally, the search<br />
for an activity that makes sense and gives fulfilment<br />
gets more meaningful as well in the worksphere, is<br />
taken up by campaigns of labour unions for good<br />
work and likewise by the way employers advertise<br />
the jobs they are offering.<br />
Let us turn now to the second field I have taken up<br />
before – personal social services. The biggest areas<br />
are health, education, child and elderly care, labour<br />
market services and finally a variety of fields that deal<br />
with issues of group specific concerns and exclusion.<br />
31
evers: changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
Let us look first on mainstream services, like schools,<br />
kindergardens or the various care services offered to<br />
frail elderly people. Within the respective communities<br />
of experts in these fields it has become quite obvious<br />
that when striving for better quality and efficiency,<br />
much depends from the degree such institutions and<br />
their service patterns are able to stimulate coproduction<br />
and coresponsibilities on the side of their addressees.<br />
When the willingness to activate them meets<br />
with their desires for participation a critical mass for<br />
changing cultures of services builds up. Beside the traditional<br />
service culture of schools ,home care services<br />
concepts of labour market services one can find today<br />
various concepts of services that include the coproduction<br />
and cooperation of volunteers and voluntary<br />
based associations – on meetings of the school community<br />
where parents are volunteering together as<br />
well as in homes for the elderly that include offers on<br />
a voluntary base such as mobility services and reading<br />
books. Such a perspective that makes voluntary action<br />
part of coping strategies has obviously found even<br />
more grounds when it comes to services and networks<br />
that deal with groups at risk. There is a broad field for<br />
mixing and sharing and for a new type of professionalism<br />
that knows how to activate and integrate the potentials<br />
of voluntary cooperation into arrangements of<br />
everydaylife in a service society.<br />
Summing up one can observe patterns of a new service<br />
culture that is participative and empowering not only<br />
with respect to the individual users but as well when it<br />
comes to the role of groups, communities and citizens.<br />
Activating voluntary elements becomes herein a sign<br />
of a new professionalism rather than a relict of older<br />
times where volunteering was mainly about gap filling<br />
in areas neglected by the welfare state.<br />
threads to be faced<br />
We have already touched upon the modern world<br />
of work. Risks and dangers get into sight here, to<br />
the degree the present forms of dissolution of the<br />
old boundaries that defined, separated and in some<br />
way as well restricted the world of work from other<br />
spheres of life go along with processes that may be<br />
called “desecurization”. By desecurization I mean<br />
those processes where work can not anymore get civilized<br />
to some degree as this has been experienced<br />
by the former attempts of welfare state to regulate<br />
it, creating thereby a background of material and<br />
symbolic securities.<br />
There are many forms of such a desecurization; let<br />
32<br />
me give you just some examples: constant threads<br />
of getting unemployed and to fall out of the security<br />
networks combined with work, kinds of flexibilizing<br />
work that are onesided insofar they mirror the need<br />
to be constantly at the disposal of the employer<br />
instead of an increasing possibility to choose working<br />
hours according to one´s own private and social<br />
needs; furthermore rising insecurities as they result<br />
from short term labour contracts and from challenges<br />
for constant mobility. But what about chances to<br />
meet together when working time patterns multiply<br />
and may change from day to day?,<br />
These diverse items have in common that they reduce<br />
those background securities much of the traditional<br />
volunteering of the better off classes could<br />
build on - an own income and property for some<br />
and a socially secured job for others. And it may be<br />
one reason why - as many studies show - social and<br />
political participation and the respective voluntary<br />
engagement is significantly higher among the better<br />
off and more secured with more autonomy.<br />
However the fact that so much depends on the job is<br />
not only felt by those who miss it but as well by those<br />
who want to keep it and turn it into a career. There<br />
are plenty of studies showing that people tend to see<br />
everything under the aspect of their career –volunteering<br />
as well. Careercentred concepts of a work life<br />
balance may however not only restrict the readiness<br />
to volunteer but change as well the motivations for<br />
doing so. How to judge much of those commitments<br />
documented in diplomas, people attach nowadays in<br />
their job applications? Instrumentalizing volunteering<br />
for job concerns might add up to the danger that in<br />
our societies, as Wuthnow has remarked, volunteering<br />
is anyway increasingly debated under the aspect<br />
of one s own concerns and interest. With respect to<br />
this some of the models of volunteering that have<br />
been developed by firms alongside with getting a high<br />
profile on corporate social responsibility are highly<br />
questionable. No doubt that being at some weekends<br />
under a bridge with homeless people is an event that<br />
gives managers of a firm to think about their life; but<br />
to what degree is this helpful as well for the homeless<br />
they have met and talked to? But let us take another<br />
example: volunteer schemes get as well recommended<br />
for the long term unemployed. This may be helpful<br />
for both sides the volunteers and the ones´ they<br />
address. It shows however as well another aspect of<br />
the ways the worlds of labour and the worlds of volunteer<br />
engagement are intermeshed these days.
Summing up, my argument is that the present<br />
changes in the world of work may reinforce the divide<br />
in volunteering between those who are in upper<br />
and those who are in lower positions, that they may<br />
reduce the time and opportunities for volunteering<br />
and may change the motives for volunteering.<br />
Turning now to personal social services, a clear cut<br />
threat results from the fact that the last decades<br />
have been time of partial reprivatization of services,<br />
mostly by arrangements, where public authorities<br />
care for regulation and financing of services run by<br />
private business. There is no tradition to volunteer<br />
in private for profit institutions, e.g. a hospital owned<br />
by a firm. A commercialised culture of human<br />
services is probably narrowing the field of voluntary<br />
contributions backed by public support. Secondly<br />
there have throughout our countries reforms in<br />
terms of a “new public management” where issues<br />
such as how to activate volunteers and how to create<br />
more community involvement are largely alien<br />
since such management reforms do in many aspects<br />
shift the service patterns nearer to a consumerist<br />
model that is promising full service approaches,<br />
pretending that they can minimize what customers<br />
have to do themselves.<br />
To the degree these two tendencies, reprivatization<br />
and new public management, have modernised service<br />
areas, competing with what I have described<br />
before as a tendency towards more participative<br />
service patterns, there is little to be found that might<br />
signalize to the users and stakeholders that their voluntary<br />
commitment is needed and welcome. Contrasting<br />
developments to such consumerist and managerial<br />
trends can however be found as well; under<br />
the aspect of chances for volunteering I have referred<br />
to them before as they show up e. g. in areas like<br />
cultural services and urban revitalization<br />
Summing up I have argued that the threads to volunteering<br />
result from the fact that in increasingly<br />
privatized service sectors a culture of voluntary<br />
contributions is difficult to implant. Professionalized<br />
services, even though they promise to take<br />
over fully, in fact create complementary tasks<br />
which are left to private and family responsibility<br />
instead of being taken up by community and volunteer<br />
based initiatives. A managerial and consumerist<br />
culture of human services is rivalling with<br />
the more participative and cooperative service cultures<br />
we referred to earlier on.<br />
evers: changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
5. cOnclusiOns: taking chances and reducing<br />
risks. On pOlicies that are friendly<br />
tO a culture Of VOlunteering and ciVic<br />
EngagEmEnt<br />
Obviously both scenarios, that of a flourishing civil society,<br />
where voluntary and civic engagement form an<br />
unquestionable part of the rich portfolio of activities<br />
of each and every citizen and the other dark scenario<br />
of a functionalist society where everything is left<br />
to specialists and where volunteering is restricted to<br />
support those who fall out are onesided and underexposed.<br />
What people experience today and what<br />
they try to live and strive for are coping strategies that<br />
entail compromises between what one aims for and<br />
what one has to take into account because it is a fact<br />
of life. Those who engage these days in voluntary activities<br />
look - individually or jointly with others - how to<br />
make best use of the new flexibilities of labour markets<br />
and the personal services that are in offer.<br />
I will end up with six suggestions concerning where<br />
to put our emphazis when dealing with volunteering<br />
- likewise as a politician, a part of the academic community<br />
and as a fellow citizen.<br />
1. Do not look for ways back when considering the<br />
changing relationships of work and volunteering.<br />
The classical notion with the secured job and family<br />
situation here allowing for volunteering and civic engagement<br />
there seems for me to be waning.<br />
2. One should acknowledge not in terms of deviance<br />
but as part of normality, that for most people today it<br />
is both unavoidable and legitimate to ask what an engagement<br />
would mean under such aspects as safeguarding<br />
ones´ job and career. This does not mean to escape<br />
of but to go with a different attitude into debates<br />
on the ethics of volunteering and civic engagement.<br />
3. Special emphasis should be on those forms of volunteering<br />
that are intertwined with strategies for<br />
coping with unemployment and exclusion. Today<br />
one can find various interesting versions of such<br />
forms of volunteering. There are those ones´ where<br />
volunteering is used as a legitimate label for offering<br />
activities that help to stay in contact with working<br />
life. Perhaps even more interesting are those activities<br />
where volunteering takes the form of joint<br />
creative action of excluded people in various cultural<br />
fields – e.g. developing a theatre game and presenting<br />
it to a wider public.<br />
33
evers: changes in work and human services and their impact on volunteering<br />
4. It becomes increasingly clear that the future range<br />
of tasks in society will not be covered by professional<br />
and paid activities alone and that the shadow<br />
work of self servicing individuals and of families<br />
caring for all the rest should not be their main and<br />
foremost complement. Therefore it is recommended<br />
to develop service designs that entail a place for<br />
voluntary work and participation, a kind of service<br />
culture where voluntary contributions are a normal<br />
part of service schemes.<br />
5. In such frameworks new forms of volunteering<br />
develop that are situated somehow in between of<br />
a kind of volunteering that is not at all materially<br />
rewarded and activities where some material acknowledgement<br />
is part of a contract of give and take.<br />
Such new forms of „paid volunteering“ can be observed<br />
across European countries and they deserve<br />
more attention. In order to avoid them gliding simply<br />
towards kind of badly paid jobs it is important to<br />
study what might make up a difference to be kept.<br />
6. This finally leads to the most basic concern, towards<br />
something that might be unrealistic in todays´<br />
pluralistic societies. Is it possible to construct a future<br />
oriented equivalent to what once figured as the<br />
widely acknowledged emblematic figure of the good<br />
citizen? Possibly the model of a one year service for<br />
society, somewhere along the life course could today<br />
figure as an equivalent to the former “good citizen”.<br />
The guiding idea would be to act at least once in life<br />
in service to others in society, giving something back<br />
for what one has received. The simple framework –<br />
everyone gives some time under similar conditions<br />
once in his life - could encompass all kind of concrete<br />
activities. Here in fact one size might fit all.<br />
34
Conny Reuter, SOLIDAR und das Europäische Jahr des bürgerschaftlichen Engagements 2011<br />
ehrenaMt und beschäftigung<br />
VisiOnen für eine eurOpäische freiwilligenpOlitik<br />
Ich freue mich sehr, hier die Möglichkeit zu haben, zu<br />
dem Thema zu sprechen als Vertreter einer europäischen<br />
Organisation der Zivilgesellschaft – SOLIDAR,<br />
einem Netzwerk aus 56 Mitgliedsorganisationen in<br />
25 Ländern, die sich in Europa und weltweit für soziale<br />
Gerechtigkeit einsetzen. SOLIDAR arbeitet in drei<br />
Bereichen: Sozialpolitik, Internationale Zusammenarbeit<br />
und Lebenslanges Lernen.<br />
SOLIDAR und seine Mitgliedsorganisationen haben<br />
sich in diesem Europäischen Jahr besonders engagiert<br />
als Teil der Europäischen Allianz des Europäischen<br />
Jahrs, einer informellen Arbeitsplattform, die<br />
sich für die Anerkennung des ehrenamtlichen und<br />
bürgerschaftlichen Engagements und seiner Organisationen<br />
auf europäischer Ebene einsetzt.<br />
Ich selbst war im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal<br />
in einer ehrenamtlichen Funktion: als Jugendvertreter<br />
im Vorstand meines Sportvereins MTV 1860 Altena/<br />
Westfalen. Dieses Engagement hat sich wie ein roter<br />
Faden durch mein Leben gezogen und war sicherlich<br />
auch ein Grund, warum ich heute (hauptamtlicher)<br />
Geschäftsführer von SOLIDAR und (ehrenamtlicher)<br />
Präsident der europäischen Sozialplattform bin.<br />
Bei der Vorbereitung auf diese Konferenz, die sich mit<br />
freiwilliger und bezahlter Arbeit sowie Arbeitsmarktpolitik<br />
auseinandersetzt, habe ich nicht nur an den ehemaligen<br />
Helden der Sowjetunion, Herrn Stachanow (sie<br />
erinnern sich?), gedacht, sondern an eine Diskussion<br />
im Rahmen der FIFA WM 2006. Ich war damals beim<br />
Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW) tätig und<br />
das DFJW legte im Umfeld der FIFA WM ein deutschfranzösisches<br />
Freiwilligenprogramm auf, das u.a. vom<br />
DFB-Präsidenten Theo Zwanziger ausdrücklich begrüßt<br />
wurde. Meine Begeisterung hielt sich damals in Grenzen,<br />
schließlich „arbeiteten” 15.000 Menschen als Freiwillige<br />
im Umfeld dieses Megaevents. Ca. 85.000 Menschen<br />
arbeiteten insgesamt im Rahmen und Umfeld des<br />
Turniers. Dies bedeutet, dass 20% unentgeltlich und<br />
freiwillig arbeiteten. 3,5 Millionen Freunde besuchten<br />
die FIFA WM und das Einkommen der Veranstaltung<br />
stand immerhin mit 0,3 des BIP der Bundesrepublik zu<br />
Buche. Gewinner war nicht nur Italien, sondern die FIFA,<br />
die eben nicht eine philantropische Fußballfamilie ist,<br />
sondern ein Wirtschaftsunternehmen, das sich bei dem<br />
damaligen Finanzminister Oskar Lafontaine die Steuerfreiheit<br />
ihres Events hatte absichern lassen. Ist solch ein<br />
Event nun ein geeigneter Anlass, junge und ältere Menschen<br />
als Freiwillige einzusetzen, die umsonst einen Beitrag<br />
zu einem milliardenschweren Umsatz und privaten<br />
Gewinnen leisten?<br />
der eigenwert des ehrenaMtlichen, freiwilligen<br />
und bürgerschaftlichen engageMents<br />
Ich hoffe Sie halten meine Einleitung nun nicht für<br />
eine Provokation, aber es ist auch keine rhetorische<br />
Übung! Schließlich geht es auf europäischer Ebene<br />
nicht nur um Eurorettung, sondern um Werte, ihre<br />
praktische Umsetzung, um sozialen Zusammenhalt<br />
der Gemeinschaft, für die sich Individuen engagieren.<br />
Bürgerschaftiches Enagagement beruht auf gelebter<br />
Solidarität, die in den europäischen Verträgen verankert<br />
und die ein entscheidender Baustein für die europäische<br />
Integration ist.<br />
Laut einer Eurobarometerstudie von 2006 geben<br />
79% der EU-Bürger an, dass „anderen zu helfen oder<br />
Ehrenamt” einen wesentlichen Aspekt ihres Lebens<br />
darstellt und 34% gaben an, „engagiert oder ehrenamtlich<br />
tätig zu sein”. Bürgerschaftliches Engagement<br />
kann einen Rahmen bieten, neue Antworten auf sich<br />
verändernde soziale Herausforderungen zu finden.<br />
Wir wissen, dass der demografische Wandel nicht<br />
nur Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat, sondern<br />
dass eine alternde Bevölkerung zu größerem Bedarf<br />
an Fachkräften und Freiwilligen im Pflegebereich in<br />
ganz Europa führen wird. Insbesondere die Betreuung<br />
von Pflegefällen wie Demenzkranken wird nicht<br />
nur durch hauptberufliche Kräfte zu sichern sein.<br />
Ehrenamtler und Freiwillige haben eine oft unterschätzte<br />
Kompetenz: Sie haben aufgrund ihrer Erfahrung<br />
ein Gefühl für soziale Realitäten und Probleme.<br />
Und vielleicht darf ich an dieser Stelle daran erinnern,<br />
dass die Sozialorganisationen zu Beginn des letzten<br />
35
euter: ehrenamt und beschäftigung<br />
Jahrhunderts nicht geschaffen wurden, weil der europäische<br />
Binnenmarkt für Dienstleistungen vollendet<br />
werden musste. Der Gründerin der AWO, Maria<br />
Juchacz, war bewusst, dass Armut, Elend und soziale<br />
Ungerechtigkeit nur durch das Zusammenspiel von<br />
Freiwilligen und Hauptamtlichen bekämpft werden<br />
konnten, weshalb sie 1919 zur Gründung der Arbeiterwohlfahrt<br />
aufrief. Bis heute bleiben Ehrenamtler<br />
und Freiwillige das Rückgrat der Wohlfahrts- und Sozialverbände,<br />
wenngleich sich diese marktorientiert<br />
auf Konkurrenz einstellen müssen.<br />
freiwillige als nicht bezahlte<br />
mitarbEitErinnEn und mitarbEitEr<br />
Als Folge der gegenwärtigen Krise und der Austeritätspolitik<br />
werben Regierungen vermehrt für das<br />
freiwillige Engagement, so wie die britische Regierung<br />
mit ihrem BIG SOCIETY Konzept. Träger, Vereine<br />
und Verbände sehen notgedrungen in Freiwilligen<br />
ein Potential, den Graben zwischen wachsendem<br />
Bedarf und zu geringen Kapazitäten auszugleichen.<br />
Für die Verbände stellt sich oft notgedrungen die<br />
Frage, welche Arbeit kann von Freiwilligen und Ehrenamtlern<br />
übernommen werden? Auch solche, die<br />
nicht entlohnt werden kann, aber die eigentlich eine<br />
professionelle Dienstleistung erfordert?<br />
Wie bereits angesprochen führen die neuen sozialen<br />
Herausforderungen, insbesondere der demografische<br />
Wandel und die Umkehrung der<br />
Alterspyramide, zu einem höheren Bedarf an Sozialdienstleistungen<br />
der Daseinsvorsorge in den<br />
Bereichen Bildung, Gesundheit und Pflege. Dieser<br />
Bedarf wird nicht nur durch freiwilliges Engagement<br />
gedeckt werden können, aber ohne bürgerschaftliches<br />
Engagement werden Aufgaben wie die<br />
Betreuung von Pflegefällen, Behinderten, Migrantinnen<br />
und Migranten, Obdachlosen oder anderen<br />
Benachteiligten nicht zu gewährleisten sein.<br />
Wie weit kann oder soll der Einsatz gehen? Einsatz<br />
ja, auf freiwilliger Basis, aber kein Ersatz für reguläre<br />
Arbeitsplätze. Bürgerschaftliches Engagement<br />
ist und soll keine Arbeit sein oder Erwerbsarbeit ersetzen!<br />
Ziel muss aus unserer Sicht gute Arbeit auch<br />
und gerade im Pflegebereich bleiben.<br />
Der Einsatz von Freiwilligen sollte die professionelle<br />
Arbeit und die dort Tätigen unterstützen und nicht<br />
reguläre Arbeitsverhältnisse unterlaufen und vielleicht<br />
sogar ersetzen.<br />
36<br />
für eine pOsitiVe beziehung zwischen<br />
freiwilligkeit und guter arbeit<br />
Mit dem vorher Ausgeführtem stellt sich die Frage<br />
nach einer positiven Interaktion zwischen Ehrenamt<br />
und Erwerbstätigkeit mit Hinblick auf aktive Arbeitsmarktpolitik,<br />
die ein Standbein der europäischen<br />
Strategie zur sozialen Inklusion darstellt. Auch für<br />
das bürgerschaftliche Engagement gilt es die Kompetenzen<br />
und Qualifikationen zu identifizieren und<br />
anzuerkennen.<br />
Natürlich steht im Vordergrund die Entwicklung des<br />
persönlichen Potentials, die Erhöhung der Selbstwertschätzung,<br />
der Aufbau von persönlichen Netzwerken<br />
und letztendlich um soziales Kapital. Bürgerschaftliches<br />
Engagement erhöht und erweitert die<br />
Kompetenzen, die außerhalb der formalen und/oder<br />
beruflichen Bildung erworben werden.<br />
Deshalb setzt sich SOLIDAR bei der Debatte um das<br />
Flaggschiff der Europa 2020-Strategie, New Skills for<br />
New Jobs, für die Anerkennung der sog. Soft oder sozialen<br />
Skills ein, am besten im Europass bzw. durch<br />
einen European Skills Passeport. Die Anerkennung<br />
des bürgerschaftlichen Engagements als informelles<br />
und nicht-formelles Lernen muss Bestandteil der<br />
Kommissionskommunikation zu „EU-Politik und Ehrenamt”<br />
werden, die dem Rat vorlegt werden wird.<br />
Unser Anliegen zielt auf die Anerkennung des bürgerschaftlichen<br />
Engagements als Lernumfeld, das<br />
die formelle Bildung erweitert und ergänzt.<br />
Entwicklung und Anerkennung von Kompetenzen<br />
ist nicht nur für die engagierten Personen von Bedeutung,<br />
sondern auch für die Organisationen und<br />
Trägerverbände. Neue Zielgruppen können angesprochen<br />
werden und die Anerkennung der Qualifikationen<br />
und Kompetenzen im Rahmen eines<br />
professionellen Managements erhöhen sicherlich<br />
die Attraktivität. Die Träger sind hier in der Verantwortung,<br />
sog. Karrierepläne auch für Freiwillige zu<br />
entwickeln. Zu den Methoden zählt auch internes<br />
und externes Assessment. Selbstreflektion ist ein<br />
Ansatz, aber externes Assessment bietet die Chance<br />
zu objektiverer Bewertung als Voraussetzung für<br />
Anerkennung von erworbenen Kompetenzen und<br />
Qualifikationen.<br />
Wie ausgeführt setzt sich SOLIDAR für die Anerkennung<br />
der sog. Soft Skills, wie interkulturelle und kommunikative<br />
Kompetenzen, ein, die aber nur Sinn machen,
wenn sich Träger und Verbände auf nationaler und<br />
europäischer Ebene über Schlüsselkompetenzen, wie<br />
Projektmanagement und -organisation, einigen, deren<br />
Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt relevant ist.<br />
QualifikatiOnen und kOMpetenzen =<br />
eMplOyability?<br />
Bekanntermaßen finden alle paar Jahre ein paar<br />
neue Buzz-Wörter Eingang in unseren Sprachgebrauch,<br />
wie beispielsweise employability oder<br />
flexicurity. Erhöht bzw. verbessern Kompetenzen<br />
und Qualifikationen, die durch ehrenamtliches und<br />
freiwilliges Engagement erworben wurden, die Vermittlungsfähigkeit<br />
auf oder den Einstieg in den Arbeitsmarkt?<br />
Sollen wir Engagement überhaupt unter<br />
diesem Blickwinkel betrachten?<br />
Eigentlich sollten Formen des Engagement heute<br />
immer eine relevantes zusätzliches Argument für die<br />
Beschäftigung sein, aber die Hauptvoraussetzung<br />
bleiben Qualifikationen und Kompetenzen durch<br />
schulische, universitäre und berufliche Bildung,<br />
durch Berufserfahrung und Weiterbildung, die m. E.<br />
durch bürgerschaftliches Engagement nicht ersetzt,<br />
aber ergänzt werden können.<br />
In der Debatte auf europäischer Ebene fließen Vorschläge<br />
ein, die Zusammenarbeit zwischen Arbeitsagenturen<br />
und Freiwilligenverbänden zu verbessern.<br />
Ich sehe darin zumindest eine Ambivalenz und<br />
die Gefahr von Verwechselung von Zuständigkeiten<br />
und Aufgabenstellungen. Die Aufgabe von Arbeitsagenturen<br />
ist die Vermittlung von Arbeitskräften<br />
in gute Arbeit. Die Aufgabe von Freiwilligenverbänden<br />
ist es, bei der Vermittlung und Betreuung von<br />
bürgerschaftlichem Engagement zu helfen, das keine<br />
Alternative zu einem Beschäftigungsverhältnis<br />
darstellen darf.<br />
Auch wird debattiert, wie und ob das Engagement bemessen<br />
werden kann, bzw. wie viel es Wert ist. Dabei<br />
geht es nicht um die ideellen Werte, sondern um die<br />
monetäre Seite und auch dies bleibt ambivalent.<br />
bürgerschaftliches engageMent und<br />
sOziale inklusiOn<br />
Natürlich spielt Engagement eine wesentliche Rolle<br />
bei der Förderung von Integration und dem Kampf<br />
gegen soziale Ausgrenzung, einerseits durch das Engagement<br />
für Ausgegrenzte oder von sozialer Aus-<br />
reuter: ehrenamt und beschäftigung<br />
grenzung Bedrohte, und das sind laut EU immerhin<br />
120 Millionen Menschen in der Europäischen Union.<br />
Anderseits kann solches Engagement Menschen, die<br />
am Rande der Gesellschaft leben, Selbstwertschätzung<br />
und das Gefühl, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft<br />
zu leisten, vermitteln.<br />
Bei entsprechender Betreuung ist bürgerschaftliches<br />
Engagement ein Weg, diesen Mitbürgerinnen<br />
und Mitbürgern den Weg zurück in die Gesellschaft<br />
zu öffnen.<br />
zusaMMenfassung<br />
Abschließend möchte ich folgendes festhalten:<br />
• Bürgerschaftliches Engagement spielt eine zentrale<br />
Rolle in unserer Gesellschaft und repräsentiert<br />
die europäischen Werte.<br />
• Bürgerschaftliches Engagement muss sich deutlich<br />
von Lohn- und Erwerbsarbeit unterscheiden<br />
und darf nicht bestehende Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse<br />
unterminieren. Dies wurde<br />
auch vom Rat der Arbeits- und Sozialminister (EP-<br />
SCO) diesen Monat in Luxemburg festgehalten.<br />
• Bürgerschaftliches Engagement verbessert<br />
persönliche Qualifikationen und Kompetenzen,<br />
stellt soziales und arbeitsmarktrelevantes<br />
Kapital dar.<br />
• Die Anerkennung von nicht-formellen und informellen<br />
Lernen durch ehrenamtliches und<br />
freiwilliges Engagement sollte ein europäisches<br />
und nationales Anliegen werden, und die Akteure<br />
der Zivilgesellschaft sollten in die Konzipierung<br />
und Gestaltung von politischen Prozessen<br />
mit eingebunden werden.<br />
37
Conny Reuter, SOLIDAR und das Europäische Jahr des bürgerschaftlichen Engagements 2011<br />
VOlunteering and eMplOyMent<br />
VisiOns fOr a eurOpean VOlunteering pOlicy<br />
sOlidar and the eurOpean year Of VOluntEEring<br />
2011<br />
As a representative of a European civic society organisation,<br />
I am delighted to have the opportunity to speak<br />
here on this subject. I work for SOLIDAR, a network of<br />
56 member organisations in 25 countries committed<br />
to achieving social justice both in Europe and worldwide.<br />
SOLIDAR is active in three areas: social policy, international<br />
co-operation and lifelong learning.<br />
As part of the European Year’s European Alliance, an<br />
informal working platform which promotes the recognition<br />
of volunteering and civic engagement and supports<br />
the respective organisations at a European level,<br />
SOLIDAR and its member organisations have been particularly<br />
involved in the current European Year.<br />
At the age of 16, I myself became actively involved in<br />
volunteering for the first time: as the youth representative<br />
on the board of my local sports club, the MTV<br />
1860 Altena/Westfalen. This commitment to volunteering<br />
has continued as a leitmotif throughout my<br />
life, and it is probably also one of the reasons why I<br />
am SOLIDAR‘s managing director today (in a paid capacity),<br />
as well as the president of the European Social<br />
Platform (in a voluntary capacity).<br />
Preparing for this conference on volunteering, gainful<br />
employment and labour market policy not only reminded<br />
me of a past Soviet Hero of Socialist Labour,<br />
Mr Stakhanov (you may recall him?), but also of the<br />
debate concerning the FIFA World Cup 2006. At the<br />
time, I was working for the Franco-German Youth<br />
Office (FAYO), which launched a Franco-German volunteering<br />
programme for the FIFA World Cup. The<br />
idea was received with enthusiasm by, amongst<br />
others, Theo Zwanziger, the president of the German<br />
Football Association. Back then, my enthusiasm was<br />
limited. After all, around 15,000 people were busy<br />
‚working‘ in a volunteer capacity at this mega-event.<br />
Overall, approximately 85,000 people were working<br />
at the tournament in one way or another, i.e. 20% of<br />
these were volunteers working without payment for<br />
38<br />
their contribution. 3.5 million fans attended the FIFA<br />
World Cup, and the income generated by the event<br />
equalled a not inconsiderable 0.3 percent of the GDP<br />
of the Federal Republic of Germany. Italy wasn‘t the<br />
only winner – there was also the FIFA, which is definitely<br />
not a philanthropic family of dedicated football<br />
fans, but a commercial enterprise that had secured<br />
the tax exemption of this event with the help of the<br />
then German Minister of Finance Oskar Lafontaine.<br />
I ask you, then, is such an event a suitable occasion<br />
for relying on the services of both young and older<br />
volunteers who are making an unpaid contribution to<br />
a multibillion turnover and private gain?<br />
the intrinsic Value Of unpaid, VOluntary<br />
and ciVic engageMent<br />
I hope you do not think my introduction provocative,<br />
however, it is also not just an exercise in rhetoric! At<br />
the end of the day, the issue at stake at a European<br />
level is not just the euro, but also our values, putting<br />
them into practice, the community‘s social cohesion.<br />
That is the reason individuals volunteer. Civic engagement<br />
is based on realising the solidarity that is the<br />
root of the European treaties, as it is an integral pillar<br />
of European integration.<br />
In a 2006 Eurobarometer survey, 79% of EU citizens<br />
stated that helping others or voluntary work is a major<br />
aspect in their lives, and 34% said that they were actively<br />
involved in civic engagement or voluntary work.<br />
Civic engagement can represent a framework for finding<br />
new answers to changing social challenges. We<br />
know that demographic change not only affects the<br />
labour market, but also that an ageing population will<br />
lead to an increased demand for qualified professionals<br />
and volunteers in the care sector across Europe.<br />
Particularly caring for those who are unable to care<br />
for themselves, such as dementia sufferers, will not be<br />
manageable with the aid of paid professionals only.<br />
Volunteers possess a frequently underrated skill: due<br />
to their experience, they are particularly sensitive to<br />
social realities and problems. Please allow me to re-
mind you at this point that at the beginning of the<br />
last century, social organisations were not established<br />
because the internal European internal service<br />
provision sector needed to be perfected. Maria Juchacz,<br />
founder of the AWO, the German Workers‘<br />
Welfare Association, knew that poverty, hardship<br />
and social injustice could only be fought by combining<br />
the forces of voluntary workers and paid employees,<br />
which is why she called for the establishment<br />
of the Workers‘ Welfare Association in 1919.<br />
Volunteers have remained the backbone of charities<br />
and welfare organisations to this day, despite the<br />
fact that these have been forced to adapt to the<br />
market conditions and a competitive .<br />
VOluntary wOrkers as nOn-paid staff<br />
In consequence of the present crisis and austerity<br />
drive, governments are increasingly appealing for<br />
voluntary engagement, as the British government is<br />
doing with its BIG SOCIETY concept. Funding agencies,<br />
associations and societies must consider the potential<br />
of volunteers to fill the gap between growing<br />
needs and too few capacities. The organisations are<br />
often forced to decide which work can be carried out<br />
by volunteers. Can they be used to perform what are<br />
really professional services, even though these positions<br />
cannot be paid?<br />
As already mentioned, new social challenges such<br />
as, in particular, the demographic change and the<br />
reversal of the age pyramid, are leading to an increased<br />
need for social and public services in the areas of<br />
education, health and care. It will not be possible to<br />
adequately address this need with the aid of volunteers<br />
only; however, without this civic engagement,<br />
the care of anyone unable to care for themselves<br />
due to illness, and the care of the disabled, immigrants,<br />
the homeless or other disadvantaged people<br />
cannot be ‚guaranteed‘.<br />
To what extent can or should we rely on volunteers?<br />
Use volunteers by all means, yes, but on a strictly voluntary<br />
basis, they must never take on the duties of<br />
regular, paid staff. Civic engagement cannot replace<br />
work, or paid work, and it is not intended to do so!<br />
From our point of view, the objective must also and<br />
in particular be doing a good job in the care sector.<br />
Volunteering should complement professional work<br />
and support those working in this sector professionally,<br />
rather than endangering regular employment<br />
contracts or even replacing them.<br />
reuter: Volunteering and employment<br />
fOr a pOsitiVe relatiOnship between<br />
VOlunteering and prOfessiOnal wOrk<br />
The above mentioned aspects lead us to the issue<br />
of positive interaction between volunteering and<br />
gainful employment in light of the current labour<br />
market policy, which is one of the cornerstones of<br />
the European social inclusion strategy. Volunteering<br />
skills and qualifications must also be identified and<br />
recognised.<br />
Of course, the focus is on volunteers developing<br />
their personal potential, increasing their self-esteem,<br />
building up personal networks and, ultimately,<br />
on social capital. Civic engagement increases and<br />
extends the skills acquired outside of formal and/or<br />
vocational or professional education.<br />
That is why SOLIDAR is calling for the recognition of<br />
so-called soft or social skills, preferably in the form<br />
of a Europass or a European Skills Passport, in the<br />
course of the debate on the Europe 2020 flagship<br />
strategy ‚New Skills for New Jobs‘. The recognition<br />
of voluntary work as an informal as well as an official<br />
form of education must become an integral part of<br />
the Commission Communication on ‚EU Policies and<br />
Volunteering‘ to be presented to the Council. Our<br />
concern is the recognition of volunteering as a learning<br />
environment that complements and builds on<br />
formal education.<br />
The development of skills and the recognition of these<br />
capabilities is not only important for volunteers,<br />
but also for organisations and funding agencies. It<br />
allows new target groups to be addressed, and the<br />
professionally managed recognition of qualifications<br />
and skills doubtlessly make volunteering more<br />
appealing. It is up to the funding agencies to develop<br />
so-called career plans for volunteers as well.<br />
Methods include internal and external assessment.<br />
Self-reflection is one approach, but external assessment<br />
offers the chance of a more objective appraisal<br />
as a premise for the recognition of acquired skills<br />
and qualifications.<br />
As I stated earlier, SOLIDAR calls for the recognition of<br />
the so-called soft skills, such as intercultural and communication<br />
skills; however, this is only worthwhile if<br />
funding agencies and associations agree at a national<br />
and international level on key competencies, such as<br />
project management and organisation, the recognition<br />
of which is also relevant on the job market.<br />
39
euter: Volunteering and employment<br />
QualificatiOns and skills = eMplOyability?<br />
It is a known fact that every couple of years, a few<br />
new buzzwords find their way into our vocabulary.<br />
Prime examples are ‚employability‘ or ‚flexicurity‘.<br />
Do skills and qualifications acquired through voluntary<br />
work increase or improve the volunteers‘<br />
‚employability‘, or their entry into the job market?<br />
Should we even consider looking at volunteering<br />
from this perspective?<br />
In actual fact, any form of voluntary work should always<br />
be a relevant additional argument for employing<br />
someone these days; however, the skills and qualifications<br />
acquired at school or university, or through<br />
vocational qualifications or professional experience<br />
and further education must remain the main criteria.<br />
In my opinion, volunteering is no substitute for these;<br />
it can, however, be a useful addition.<br />
Suggestions that the co-operation between the departments<br />
for employment and volunteering associations<br />
should be improved have entered the debate<br />
at the European level. At best, I consider this<br />
as ambivalent, not least because it bears the risk of<br />
confusion with regard to responsibilities and scope.<br />
Departments of employment are plainly tasked with<br />
finding decent jobs for job seekers. Volunteering associations<br />
are tasked with assisting in encouraging<br />
and managing of civic engagement, which must not<br />
become an alternative to paid employment.<br />
Also under debate is the issue of how and whether a<br />
value can be placed on this engagement, i.e. how much<br />
is it worth. Not in terms of intangible values, but in<br />
terms of money, and again, there is some ambivalence.<br />
ciVic engageMent and sOcial inclusiOn<br />
Volunteering obviously plays a vital role in the promotion<br />
of integration and the fight against social exclusion,<br />
on the one hand through the direct involvement<br />
of the excluded or those threatened by social<br />
exclusion; a not inconsiderable 120 million people<br />
in the European Union, according to the EU. On the<br />
other hand, this kind of active involvement can raise<br />
the self-esteem of people living at the edge of society<br />
and give them the feeling of doing something<br />
useful for the community.<br />
Volunteering can pave the way back into society for<br />
these citizens, assuming it is suitably supervised.<br />
40<br />
suMMary<br />
To conclude I would like to state the following:<br />
• Civic engagement plays a central role in our society<br />
and reflects European values.<br />
• There must be a clear line between civic engagement<br />
and paid or gainful employment. Volunteering<br />
must not be allowed to undermine<br />
existing employment contracts or endanger<br />
jobs. This was recently confirmed at a meeting<br />
of the European Council for Employment, Social<br />
Policy, Health and Consumer Affairs (EPSCO) in<br />
Luxembourg.<br />
• Civic engagement improves personal skills and<br />
qualifications and represents social and labour<br />
market relevant capital.<br />
• The recognition of non-formal and official education<br />
through voluntary work should become<br />
a European and national cause, and civic society<br />
stakeholders should be involved in the conception<br />
and shaping of the relevant political<br />
processes.
fOren/fOruMs<br />
41
fOruM 1<br />
aktiVierende arbeitsMarktpOlitik und engageMent<br />
In diesem Fachforum ging es um die Rolle und die<br />
Wirkung des Engagements im Rahmen einer aktivierenden<br />
Arbeitsmarktpolitik.<br />
Wie können Engagementangebote gezielt genutzt<br />
werden, um Langzeitarbeitslose zum Mitmachen zu<br />
gewinnen und wie kann über mehr gesellschaftliche<br />
Teilhabe hinaus auch Teilhabe am Arbeitsmarkt erreicht<br />
werden? Welche europäischen Modelle gibt es<br />
dafür? Hat das Engagement für Arbeitslose eine empirisch<br />
nachweisbare Brückenfunktion zur Arbeitswelt?<br />
Wie müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen in<br />
der Arbeitsmarktpolitik ausgestaltet sein, um mittels<br />
Engagement eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik<br />
unterstützen zu können? Welche aktivierenden Förder-<br />
und Qualifizierungsangebote gibt es, welche sind<br />
erfolgreich?<br />
In welchen Bereichen, durch welche Programme und<br />
Projekte, gibt es konkrete Berührungspunkte zwischen<br />
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und dem<br />
bürgerschaftlichen Engagement? Welche negativen<br />
Rückwirkungen auf das Engagement sind festzustellen<br />
oder zu erwarten? Welche Bedeutung haben der<br />
Eigensinn und die Freiwilligkeit des Engagements?<br />
Wie kann der Gefahr einer einseitigen Instrumentalisierung<br />
des Engagements im Sinne der Herstellung<br />
von Beschäftigungsfähigkeit begegnet werden?<br />
Henk Kinds<br />
aktiVierende arbeitsMarktpOlitik<br />
und engageMent. das beispiel der<br />
niederlande<br />
1. die ausgangssituatiOn in den niederlanden<br />
In den Niederlanden wird seit Anfang der 1980er Jahre<br />
ähnlich wie auch in der Bundesrepublik Deutschland<br />
zugleich das Modell des „rheinischen Kapitalismus“<br />
erneuert und die Zivilgesellschaft entwickelt.<br />
Das „Abkommen von Wassenaar“ (1982) markiert<br />
den Beginn dieser Entwicklung in den Niederlanden.<br />
42<br />
Von diesem Zeitpunkt an haben sich dort die Verhältnisse<br />
im Bereich „Engagement & Erwerbsarbeit“ in<br />
der 1990er Jahren schneller entwickelt.<br />
Im Vergleich zur Bundesrepublik fällt zunächst Folgendes<br />
auf:<br />
• Die soziale Wohlfahrtspolitik nimmt die starke<br />
Individualisierung in Anspruch und implementiert<br />
dazu neue Gesetze und Massnahmen.<br />
• Eine hohe Anzahl von Teilzeitarbeit mit vielen zufriedenen<br />
Arbeitnehmern.<br />
• Ein großes gemeinnütziges Engagement, eine<br />
Verknüpfung und Vermischung an den Schnittstellen<br />
von Engagement & Erwerbsarbeit. Beispielhaft<br />
ist das Konzept der „sozialen Aktivierung“,<br />
das sich seit den 1990er Jahren in der<br />
Praxis gut bewährt hat.<br />
Unter der Regierung Balkenende (2002-2010) ist diese<br />
Richtung weiter entwickelt worden. 2011 hat die<br />
Regierung Rutte wiederum ernsthafte Sparmaßnahmen<br />
angekündigt, die bis 2013 implementiert werden<br />
und auch mit Änderungen in der Arbeitsmarktpolitik<br />
einhergehen. Dieser Beitrag wird zunächst die<br />
Ausgangssituation schildern und dabei den Fokus auf<br />
soziale Aktivierung legen. Es folgt ein Ausblick auf die<br />
geplanten Änderungen, die bereits von einigen Kommunen<br />
antizipiert werden.<br />
2. „jeder Macht Mit“<br />
Im Oktober 2006 legte der Sozialwirtschaftliche Rat der<br />
Niederlande (SER) 1 eine Empfehlung zur mittelfristigen<br />
sozialwirtschaftlichen Politik unter dem Titel „Gemeinsam<br />
Wohlstandswachstum für alle schaffen“ vor. Darin<br />
1 Der SER ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft,<br />
die Regierung und Parlament zu den Grundzügen der Sozial-<br />
und Wirtschaftspolitik sowie zu wichtigen sozialwirtschaftlichen<br />
Themen berät. Mitglieder sind die sozialen Partner<br />
und von der Regierung beauftragte Sachverständige. Die<br />
Empfehlungen des SER tragen in der Regel zu einer breit<br />
getragenen Kabinettspolitik bei sowie zur Herstellung eines<br />
gesellschaftlichen Konsensus über nationale und internationale<br />
sozialökonomische Themen.
forum 1 | kinds: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement. das beispiel der niederlande<br />
formuliert der Rat die Vorstellung einer Umwandlung<br />
des Versorgungsstaates in eine aktivierende Partizipationsgesellschaft,<br />
die „sowohl wirtschaftliche als auch<br />
soziale Kohäsion fördert“ (SER 2006: 7).<br />
„Jeder macht mit“ lautete das im Sommer 2007 aufgelegte<br />
Aktionsprogramm der im gleichen Jahr angetretenen<br />
großen Regierungskoalition und ist damit die<br />
Antwort auf die beschriebene SER-Empfehlung. Mit<br />
diesem Programm, das organisatorisch beim Arbeitsministerium<br />
angesiedelt ist, und mit einem Mitteleinsatz<br />
von 165 Millionen Euro ab 2008 will die Regierung<br />
die Partizipation erhöhen, das heißt einerseits mehr<br />
Menschen in bezahlte Arbeit bringen, und andererseits<br />
freiwilliges Engagement und die private Sorge für Familie<br />
und Nachbarschaft stimulieren. Denn „gesellschaftliche<br />
Teilnahme ist ein eigener Wert in der Gesellschaft:<br />
Sorge für andere und freiwilliges Engagement sowie<br />
andere Formen gesellschaftlicher Partizipation decken<br />
einen wichtigen Bedarf, sowohl bei denjenigen, für die<br />
die Freiwilligen sich einsetzen wie auch für diejenigen,<br />
die durch ihren Einsatz mehr in die Gesellschaft einbezogen<br />
werden.“ (Aktionsprogramm „Iedereen doet mee“,<br />
S. 9, Übersetzung A. Münz)<br />
Als konkrete Zielvorgaben werden genannt:<br />
• Eine 80%ige Partizipationsrate bis zum Jahr 2016.<br />
• 200.000 Menschen mit großem Abstand zum<br />
Arbeitsmarkt sollen durch besondere Maßnahmen<br />
in einen bezahlten Arbeitsplatz gebracht<br />
werden.<br />
• Die Anzahl der Menschen, die sich freiwillig für<br />
andere einsetzen und in der Familie und Nachbarschaft<br />
für ihre Nächsten sorgen, soll erhöht<br />
werden.<br />
Dafür wurden bis zum Jahr 2011 die Investitionen im<br />
Partizipationsbereich auf 205 Millionen Euro angehoben<br />
werden, begleitet von kostenersparenden Maßnahmen<br />
für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Partizipation<br />
wird von der niederländischen Regierung als<br />
der Schlüssel zur Förderung des sozialen Zusammenhaltes<br />
gesehen, und Arbeitspartizipation stellt dafür<br />
seit den 1980er Jahren den Königsweg dar.<br />
3. sOziale aktiVierung<br />
„Jeder macht mit“ ist in den Niederlanden seit vielen<br />
Jahren ein politisches Leitkonzept, das die Entwicklung<br />
von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik steuert.<br />
Beim Umbau des Versorgungsstaates zu einer „ak-<br />
tivierenden Partizipationsgesellschaft“ (Sozialwirtschaftlicher<br />
Rat der Niederlande 2006) wird bereits<br />
seit Mitte der 1990er Jahre freiwilliges Engagement<br />
als Aktivierungsinstrument auf dem Arbeitsmarkt<br />
angewendet. Was als Experiment in einigen Kommunen<br />
begann, ist ein Jahrzehnt später durch Anpassungen<br />
im Arbeits- und Einkommenssystem gesetzlich<br />
verankert und wird landesweit angewendet.<br />
Soziale Aktivierung ist primär auf die Aktivierung<br />
von Personengruppen, die kaum Chancen auf dem<br />
Arbeitsmarkt haben, und auf das freiwillige Engagement<br />
als Mittel gesellschaftlicher Integration gerichtet,<br />
aber stellt auch einen möglichen ersten Schritt<br />
auf dem Weg zum Arbeitsmarkt dar. Die kommunalen<br />
Freiwilligenagenturen haben die Praxis sozialer Aktivierung<br />
durch die Entwicklung einer Vielzahl von Modellprojekten<br />
begleitet, wie beispielsweise Reintegrationsprojekte<br />
u.a. in Deventer und Utrecht zeigen.<br />
In den letzten Jahren ist deutlich geworden, dass soziale<br />
Aktivierung sowohl positive Resultate für die<br />
Zielgruppe erzielen kann als auch einen deutlichen<br />
Mehrwert für die Entwicklung des freiwilligen Engagements<br />
in gemeinnützigen Organisationen. Die gemeinnützigen<br />
Organisationen müssen lernen, niedrigschwelliger<br />
zu arbeiten, ihre Organisationskultur zu<br />
entwickeln, sich weitläufig zu vernetzen und maßgerechte<br />
Angebote für Ehrenamtliche zu entwickeln. Der<br />
Erfolg von Programmen an der Schnittfläche von Arbeitsmarkt<br />
und freiwilligem Engagement im gemeinnützigen<br />
Bereich setzt allerdings voraus, daß Freiwilligkeit<br />
nicht durch Sanktionen erzwungen wird, wie es<br />
in einigen niederländischen Kommunen der Fall war,<br />
und es zu keiner Arbeitsplatzverdrängung kommt.<br />
Hier wird den unterstützenden Strukturen des freiwilligen<br />
Engagements eine ganz entscheidende Aufgabe<br />
in der politischen Lobbyarbeit zugeteilt.<br />
Nach den letzten Meldungen des Regierungsrates<br />
für gesellschaftliche Entwicklung (RMO) haben die<br />
Niederlande auf internationaler Ebene Erfolg bei der<br />
Partizipation. Dies betrifft die Partizipation an bezahlter<br />
Arbeit, an der ehrenamtlichen Tätigkeit und<br />
an der freiwilligen Betreuung von Pflegebedürftigen<br />
in der Familie. In den Niederlanden ist man sich darüber<br />
einig, dass diese drei Punkte notwendig sind,<br />
um das Gleichgewicht zu halten.<br />
Im Vergleich zu Deutschland arbeiten in den Niederlanden<br />
viel mehr Menschen in Teilzeit. Arbeit und<br />
freiwillige Sorge wird immer mehr gleichgestellt. In<br />
43
forum 1 | roth: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement<br />
den 1970er Jahren waren 15% der Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer in Teilzeit tätig. Seitdem stieg<br />
der Anteil auf 40% im Jahr 2005 und eine weitere<br />
Steigerung wird erwartet.<br />
4. eine neue richtung<br />
Trotz vieler positiver Erfahrungen aus den letzten Jahrzehnten<br />
wurden die beschriebenen Entwicklungen<br />
stets auch kritisch begleitet. Das betrifft zum Beispiel:<br />
• die Art der Freiwilligkeit beim Konzept „soziale<br />
Aktivierung“,<br />
• die Tendenzen der Monetarisierung sowie generell<br />
diffuse Grenzen zwischen der Übernahme<br />
von Unkosten, Unterbezahlung und einem<br />
Mangel an bezahlter Arbeit,<br />
• die hohen Belastungen durch zahlreiche Aufgaben<br />
und Pflichten, vor allem für arbeitende<br />
Frauen, die freiwillig aktiv sind und Pflegebedürftige<br />
in der Familie oder im Umfeld betreuen,<br />
• die sozialen Organisationen, denen es an Flexibilität<br />
mangelt, um auf die Nachfrage von potenziellen<br />
Freiwilligen und ihre verschiedenen<br />
Motivationslagen sowie auf die Bedarfe von Unternehmen<br />
und ihren Mitarbeitern angemessen<br />
zu reagieren,<br />
• die mangelnde Berücksichtigung des Partizipationspotenzials<br />
sozial ausgeschlossener oder<br />
marginalisierter Gruppen.<br />
Diese Kritik zielte vor allem darauf, die Bindung<br />
und den Austausch zwischen Arbeitsmarkt und Engagement<br />
zu stärken und so die Potentiale für die<br />
Arbeitsmarktintegration, aber auch für die Engagementförderung<br />
besser zu nutzen. Derzeit sieht es<br />
jedoch eher danach aus, dass diese Verbindung in<br />
den nächsten Jahren ausgehöhlt und völlig getrennt<br />
wird.<br />
Seit 2011 hat die neue Regierung Rutte eine Richtungsänderungen<br />
vorgenommen. Die heutigen Reglungen<br />
und Gesetze werden ab 2013 geändert und fokussieren<br />
dann verstärkt auf den direkten Eintritt in den Arbeitsmarkt.<br />
Zugleich sind strenge Sparmaßnahmen angekündigt,<br />
so dass ab 2012 viele Kommunen ihre Budgets<br />
im Bereich soziale Aktivierung reduzieren werden. Die<br />
Kommunen sind maßgeblich verantwortlich für die Aktivierungsprogramme<br />
und -projekte.<br />
Diese Entwicklungen kann sich nachteilig auswirken<br />
auf engagierte arbeitslose Bürger, auf die ge-<br />
44<br />
meinnützigen Organisationen, die Kommunen und<br />
schließlich auch für die Arbeitgeber. Indessen beginnen<br />
so genannte „social enterprises“, ein innovatives<br />
Modell von sozialen Unternehmen mit relativ geringer<br />
Abhängigkeit von staatlichen Zuwendungen,<br />
nach und nach die entstehende Lücke zu füllen.<br />
Prof. Dr. Roland Roth<br />
aktiVierende arbeitsMarktpOlitik<br />
und EngagEmEnt<br />
Ausgangspunkt ist ein Paradigmenwechsel in der<br />
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik von welfare zu workfare,<br />
der in den letzten beiden Jahrzehnten in unterschiedlichen<br />
Varianten und in unterschiedlicher<br />
Reichweite in vielen OECD-Ländern vollzogen wurde.<br />
Seine Logik lautet: Weg von der sozialen Sicherung<br />
als Statussicherung (passive Leistungen) hin zu<br />
verpflichtenden und sanktionsbewährten Formen<br />
der Aktivierung für den Arbeitsmarkt. Durch eine<br />
work-first Politik (Beschäftigung statt Leistungsbezug)<br />
sollen arbeitsmarktferne Gruppen wieder oder<br />
erstmals in den Arbeitsmarkt einbezogen werden.<br />
In den USA waren z. B. die „welfare mothers“ die<br />
erste Zielgruppe. Entstandardisierte, deregulierte<br />
und prekäre Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit,<br />
Zeitarbeit, Minijobs etc.) werden gefördert, um eine<br />
entsprechende Nachfrage zu schaffen. In einigen<br />
Ländern sind zudem weitergehende Konzepte der<br />
sozialen Aktivierung durch Bildungsprogramme aufgelegt<br />
worden. Ob es gelungen ist, durch workfare<br />
beschäftigungsferne Gruppen in den Arbeitsmarkt<br />
zu integrieren, bleibt strittig. Unstrittig ist jedoch ein<br />
beachtlicher Zuwachs an Erwerbsarbeit, allerdings<br />
zu einem großen Teil in prekären Beschäftigungsverhältnissen<br />
und im Niedriglohnbereich.<br />
1. zuM prOfil aktiVierender arbeitsMarktpOlitik<br />
in deutschland<br />
Deutschland ist ein Spätkommer in Sachen aktivierender<br />
Arbeitsmarktpolitik. Zentrale Reformen (vor<br />
allem die als Hartz IV bezeichneten Neufassungen<br />
des SGB II, III und XII) traten erst 2005 in Kraft (vor<br />
allem), aber sie waren weitaus umfassender als in<br />
anderen Ländern, die in der Regel ihre workfare-<br />
Programme selektiv auf bestimmte „Problemgruppen“<br />
konzentrierten. Der Rückgang der registrierten<br />
Arbeitslosigkeit seit 2006 und die vergleichsweise<br />
starke Krisenresistenz des Arbeitsmarkts wird von
Regierungsseite dieser aktivierenden Arbeitsmarktpolitik<br />
zugeschrieben. Eine andere Sicht erkennt in<br />
dieser Entwicklung wesentlich konjunkturelle Effekte<br />
und Auswirkungen der besonderen ökonomischen<br />
Wettbewerbsposition der deutschen Wirtschaft.<br />
Unstrittig ist die enorme Ausweitung eines Niedriglohnsektors<br />
in Deutschland, der heute als der größte<br />
in der EU gilt, mit einer Vielzahl von prekären<br />
Beschäftigungsformen: z. B. einer hohen Zahl von<br />
„Aufstockern“, die Zuschüsse aus den Sozialkassen<br />
benötigen, um ihre Existenz zu sichern. Das Fehlen<br />
eines solchen Sektors war noch zu Beginn des letzten<br />
Jahrzehnts als wesentlicher Faktor für die hohe<br />
Dauerarbeitslosigkeit in der BRD angesehen worden.<br />
Heute gilt der „flexibilisierte“ Arbeitsmarkt der Bundesrepublik<br />
konservativen und marktliberalen Regierungen<br />
in der EU als Vorbild, während aus klassisch<br />
sozialdemokratischer Perspektive verstärkte flankierende<br />
Sicherheiten angemahnt werden („flexicurity“).<br />
Die insgesamt zu beobachtende Steigerung der<br />
Erwerbsquote und die Struktur des Niedriglohnsektors<br />
haben ein eindeutiges Sozialprofil: überwiegend<br />
weiblich und mit einer größeren Portion Zuwanderungsgeschichte,<br />
jüngere und ältere sind dabei stärker<br />
vertreten als die mittleren Jahrgänge.<br />
Der Aufschwung aktivierender Strategien war in<br />
Deutschland paradoxer Weise, entgegen der offiziellen<br />
Parole vom „Fördern und Fordern“, von einem<br />
mehr oder weniger drastischen Rückbau aktiver Arbeitsmarktpolitik<br />
begleitet (Qualifizierung, Weiterbildung,<br />
Umschulung etc.) – also viel Fordern, sprich<br />
Zwang, und wenig Fördern. Die aktuelle Beschäftigungsdebatte<br />
konstatiert nicht zuletzt deshalb einen<br />
Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Um diesen zu<br />
beheben, taugt aktivierende Politik à la Hartz nicht,<br />
kurzfristig hilft allenfalls die Verlängerung der Lebensarbeitszeit.<br />
Ob es zu einer Renaissance aktiver<br />
Arbeitsmarktpolitik kommen wird, die Qualifizierung,<br />
Weiterbildung, Umschulung etc. in den Mittelpunkt<br />
stellt, scheint schon aus Kostengründen fraglich.<br />
2. zur entwicklung des freiwilligen<br />
engageMents in deutschland<br />
Die Situation des freiwilligen Engagements in<br />
Deutschland ist, wenn man die Daten der Freiwilligensurveys<br />
von 1999, 2004 und 2009 heranzieht,<br />
durch Stabilität im Aggregat gekennzeichnet – bei<br />
durchaus prägnanten Verschiebungen im räumlichen,<br />
biografischen und sozialen Profil des Engagements.<br />
Es gibt keine großen Zuwächse, obwohl<br />
forum 1 | roth: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement<br />
Engagementpolitik im letzten Jahrzehnt als eigenes<br />
Handlungsfeld auf allen Ebenen der Staatsorganisation<br />
„entdeckt“ worden ist. Möglicherweise war diese<br />
proaktive Politik immerhin in der Lage, negative<br />
Einflüsse abzufedern. Hier sollen nur einige Trends<br />
hervorgehoben werden, die einen deutlichen Bezug<br />
zur Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt haben.<br />
• Auffällig ist ein Bedeutungsgewinn von Engagementmotiven,<br />
die mit der eigenen Beschäftigungsfähigkeit<br />
(Berufsfeldorientierung, Qualifizierung,<br />
Kompetenzerwerb etc.) und der<br />
Einfädelung in den Arbeitsmarkt zu tun haben<br />
(„phasing“ als Wechsel zwischen Ehrenamt und<br />
Erwerbsarbeit in einer Einrichtung; freiwilliges<br />
Engagement, um die Nähe zu entlohnten Beschäftigungsverhältnissen<br />
zu suchen bzw. zu<br />
wahren). Der zentrale workfare-Leitwert Beschäftigungsfähigkeit<br />
(employability) ist also im<br />
freiwilligen Engagement angekommen.<br />
• Aktivierende Arbeitsmarktpolitik hat nicht zuletzt<br />
im sozial-gemeinnützigen Bereich Formen<br />
der Beschäftigung entstehen lassen, die eine<br />
große Nähe zu klassischen Formen des Ehrenamts<br />
aufweisen. Kombinationen mit Mini-Jobs,<br />
Übungsleiterpauschalen und anderen, meist<br />
bescheidenen Formen des Entgelts haben Konjunktur.<br />
Insgesamt gibt es eine, wenn auch nicht<br />
übermächtige Tendenz zur Monetarisierung<br />
(1999 waren 82 Prozent der freiwilligen Tätigkeiten<br />
ohne Vergütung, 10 Jahre später waren<br />
es 77 Prozent). Von Bereich zu Bereich fällt dieser<br />
Trend aber sehr unterschiedlich ins Gewicht.<br />
2009 wurden 64 Prozent der freiwilligen Tätigkeiten<br />
im sozialen Bereich regelmäßig vergütet<br />
– wenn auch auf niedrigem Niveau. Der Schwerpunkt<br />
liegt dabei augenscheinlich im Bereich<br />
der Pflege.<br />
• Gleichzeitig hat sich das freiwillige Engagement<br />
als Motor und Innovationsquelle für neue Einsatzbereiche<br />
der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik<br />
erwiesen. Ein prägnantes Beispiel bieten<br />
die Tafeln, ein beliebtes Einsatzfeld für Ein-<br />
Euro-Jobber. Neue Arbeits- und Berufsfelder<br />
sind entstanden, wie z. B. Freiwilligenagenturen<br />
oder (durch ihre zunehmende Professionalisierung)<br />
Migrantenorganisationen, nicht<br />
zu reden von den zahllosen Mentoren, Paten,<br />
Brückenbauern, Stadtteilmüttern und Lotsen,<br />
die in verschiedenen Bereichen sozialer Integration<br />
entlang von Bildung und Beschäftigung<br />
inzwischen unterwegs sind. Ob ihr Kennzeichen<br />
45
forum 1 | roth: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement<br />
– bunte Kombinationen von ehrenamtlicher,<br />
hauptamtlicher und workfare-Beschäftigung<br />
– nur Ausdruck tastender Anfänge ist oder ein<br />
Strukturmerkmal wird, bleibt abzuwarten.<br />
• Besonders auffällig sind ungleichzeitige Engagemententwicklungen<br />
in den neuen Bundesländern.<br />
So zeichnet sich ein gegenläufiger Trend<br />
ab. Während in den in Sachen Erwerbsarbeit<br />
erfolgreicheren Ländern (Sachsen und Brandenburg)<br />
die Engagementquoten steigen, sind<br />
sie in den weniger erfolgreichen Ländern (Sachsen-Anhalt<br />
und Mecklenburg-Vorpommern)<br />
rückläufig. Besonders für Sachsen-Anhalt ist<br />
auffällig, dass sich die gut in den Arbeitsmarkt<br />
integrierten Bevölkerungsgruppen eher vom<br />
freiwilligen Engagement fernhalten und es womöglich<br />
eher als prekären Beschäftigungsmarkt<br />
für die workfare-Bevölkerung wahrnehmen –<br />
und nicht zuletzt deshalb meiden.<br />
• Aber das veränderte Verhältnis von freiwilligem<br />
Engagement und Erwerbsarbeit gehört eher zu<br />
den verdrängten Themen der Engagementpolitik.<br />
Arbeitslose zählen – im Unterschied zu Kindern,<br />
Jugendlichen oder Älteren – nicht zur bevorzugten<br />
Zielgruppe der Engagementförderung. Es findet<br />
sich z. B. kein entsprechender Abschnitt im jüngsten<br />
Freiwilligensurvey. Die Möglichkeiten eines<br />
produktiven Zusammenspiels von Erwerbsarbeit<br />
und freiwilligem Engagement liegen außerhalb<br />
des Wahrnehmungshorizonts einer auf Zwang<br />
getrimmten workfare-Politik. Dies dürfte auch<br />
eine der Ursachen sein, weshalb einem zwangsflankierten<br />
und oft auch deshalb auf Ablehnung<br />
stoßenden Programm der „Bürgerarbeit“ der<br />
Vorzug gegeben wurde – ohne Not, denn alle Erfahrungen<br />
mit Ein-Euro-Jobs etc. zeigen, dass es<br />
keines Zwangs bedarf, um Interesse an sinnvoller<br />
gemeinnütziger Tätigkeit zu wecken.<br />
3. kOntrastierende thesen zu den auswirkungEn<br />
dEr aktiviErEndEn arbEitsmarktpOlitik<br />
auf freiwilliges engageMent<br />
Der Interpretationsrahmen für das Verhältnis von<br />
aktivierender Arbeitsmarktpolitik und Engagement<br />
lässt zwei diametral entgegengesetzte Blickrichtungen<br />
zu, die hier thesenartig zugespitzt werden.<br />
Entweder: Erfolgreiche Aktivierung fördert die Inklusion<br />
in den Arbeitsmarkt und sorgt so längerfristig<br />
dafür, dass sich die individuellen Chancen zum<br />
Engagement vergrößern, weil arbeitslosigkeitsbe-<br />
46<br />
dingte Barrieren reduziert werden. Ein-Euro-Jobs,<br />
Bürgerarbeit oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
stellen lediglich Übergangsformen auf dem<br />
Wege in die Erwerbsarbeit dar – eine Perspektive,<br />
die nicht nur von den Protagonisten des „Förderns<br />
und Forderns“ vertreten, sondern auch von einem<br />
Teil der Betroffenen erhofft wird. Zudem entstehen<br />
durch die Aktivierung zuweilen neue Dienstleistungsbereiche<br />
(wie z. B. in der Kooperation von<br />
Freiwilligenagentur, Jobcenter und Diakonie in Halberstadt),<br />
wodurch die Erwerbschancen gesteigert<br />
werden. Schließlich kann auch das Ehrenamt profitieren,<br />
wenn ein Klebeeffekt eintritt, d. h. „Bürgerarbeiter“<br />
nach der Maßnahme ehrenamtlich weiter<br />
aktiv bleiben.<br />
Oder: Aktivierende Arbeitsmarktpolitik untergräbt<br />
freiwilliges Engagement, weil sie ehrenamtliche<br />
Tätigkeiten wesentlich als Vermittlungshemmnis<br />
betrachtet und positive Zusammenhänge zwischen<br />
bürgerschaftlichem Engagement und Beschäftigungsfähigkeit<br />
(Kompetenzerwerb im Engagement)<br />
aufgrund der „work first!“-Perspektive nicht berücksichtigt.<br />
Da die betroffene Bevölkerungsgruppe unter<br />
ein bürokratisches Regime eingeschränkter Bürgerrechte<br />
gestellt wird (Zeit- und Kontrollregime),<br />
wirkt workfare als negative „civic education“ und<br />
lässt freiwilliges gemeinwohlorientiertes Engagement<br />
dauerhaft für sie obsolet werden (Motto: „Warum<br />
soll ich etwas für eine Gesellschaft tun, die mich<br />
so behandelt?“). Zudem wird volle Bürgerschaft erneut<br />
an Erwerbsarbeit geknüpft und damit eine Abkehr<br />
vom Ziel einer möglichst inklusiven social citizenship<br />
(T. H. Marshall) der Nachkriegszeit vollzogen<br />
– gesellschaftliche Teilhabe also verweigert.<br />
Bei nicht wenigen Betroffenen mündet die auf<br />
Zwang setzende arbeitsmarktpolitische Aktivierung<br />
in allgemeine Passivität und Depression – mit Hartz<br />
IV leben bedeutet zugespitzt formuliert „offener<br />
Strafvollzug“ (Götz Werner). Dass von dieser Praxis<br />
keine mobilisierenden Konsequenzen in Richtung<br />
bürgerschaftliches Engagement ausgehen, kann<br />
nicht verwundern. Dies gilt aber gleichermaßen für<br />
jene Gruppen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt,<br />
die sich die Perspektiven aktivierender Arbeitsmarktpolitik<br />
zu eigen machen und einzig ihre<br />
Beschäftigungsfähigkeit folgenreich in den Mittelpunkt<br />
ihrer Lebensführung stellen. Aus dieser Sicht<br />
ist bürgerschaftliches Engagement ein überflüssiger<br />
Luxus, den man sich angesichts der Arbeitsmarktzwänge<br />
nicht leisten zu können glaubt.
Die neuen workfare-Arbeitsgelegenheiten sind dazu<br />
angetan, bürgerschaftliches Engagement zu verdrängen,<br />
denn sie sind, da sie nicht in Konkurrenz<br />
zum ersten Arbeitsmarkt geraten dürfen, wesentlich<br />
auf den gemeinnützigen Sektor konzentriert.<br />
Verdrängungsängste löst Bürgerarbeit etc. auch<br />
bei den hauptamtlich Beschäftigten aus, weil sie<br />
in den Dienstleistungsorganisationen jene Lücken<br />
schließen können, die von den zunehmend eigensinnigeren<br />
ehrenamtlich Tätigen gelassen werden.<br />
Damit droht der Eigensinn des freiwilligen Engagements<br />
auch bei denen zu leiden, die selbst nicht dem<br />
Aktivierungsregime ausgesetzt sind (Motto: Warum<br />
soll ich etwas unentgeltlich tun, wenn andere dafür<br />
bezahlt werden?). Freiwilliges Engagement droht so<br />
zu einem Quasi-Arbeitsmarkt zu werden.<br />
Mit der weiteren Vermischung von bürgerschaftlichem<br />
Engagement und Erwerbsarbeit wächst die<br />
Gefahr des Umkippens der zivilgesellschaftlichen<br />
Kultur – vor allem in den neuen Bundesländern.<br />
Befunde aus Sachsen-Anhalt, einem Vorreiter in<br />
Sachen Bürgerarbeit, legen es nahe, dass ein Imagezerfall<br />
von bürgerschaftlichem Engagement zu den<br />
nicht-intendierten Folgen einer umfangreichen Anwendung<br />
von Bürgerarbeit gehören könnte. Selbst<br />
die erfolgreichen Übergänge von der Arbeitslosigkeit<br />
in den ausgeweiteten Niedriglohnsektor dürften<br />
freiwilliges Engagement eher verhindern als befördern,<br />
wenn dessen besondere Strukturmerkmale<br />
(Verfügbarkeit, Mobilitätszwang, ungesicherte Beschäftigungsverhältnisse<br />
etc.) in den Blick genommen<br />
werden.<br />
4. fOrschungsbedarf und<br />
gesellschaftspOlitische auswege<br />
Ob aktivierende Arbeitsmarktpolitik eine Brücke<br />
zum bürgerschaftlichen Engagement baut oder ein<br />
Engagementkiller darstellt, lässt sich nicht ohne<br />
weitere empirische Forschung entscheiden, denn<br />
schließlich gilt es, den Eigensinn der Engagierten<br />
und die anhaltende Attraktivität freiwilligen Engagements<br />
zu berücksichtigen. In den Freiwilligensurveys<br />
finden sich Anhaltspunkte für beide Deutungen,<br />
auch wenn die negativen Erwartungen stärkere Unterstützung<br />
finden.<br />
Unabhängig davon spricht bereits das Sozialprofil<br />
des Engagements für einen sozialpolitischen Garantismus<br />
oder für deutlich mehr Existenzsicherheit<br />
der prekär Beschäftigten und Erwerbslosen.<br />
forum 1 | roth: aktivierende arbeitsmarktpolitik und engagement<br />
Sonst bleibt es dabei, dass man sich Engagement<br />
leisten können muss. Die demokratisch-menschenrechtlichen<br />
Kosten von workfare sind zudem Grund<br />
genug für Anreize zur Erwerbsarbeit jenseits von<br />
bürokratischem Zwang.<br />
47
fOruM 1<br />
prOactiVe labOur Market pOlicies and VOlunteering<br />
The debate on the interfaces of labour market policy and<br />
volunteering is all about the role and impact of volunteering<br />
in the context of an activating labour market policy.<br />
How can volunteering be used specifically as an instrument<br />
to induce the long-term unemployed to get involved,<br />
and how can participation in the labour market<br />
ensue from a more active participation in civil society?<br />
Which European models exist in this context? Does volunteering<br />
have an empirically verifiable bridge function<br />
between unemployment and work? How should the legal<br />
framework of labour market policy be designed so<br />
that volunteering can foster an activating labour market<br />
policy? What proactive support and qualification<br />
measures are there, and which ones are successful?<br />
In what areas and in what programmes or projects<br />
are there specific interfaces between labour market<br />
policies and volunteering? What negative impact on<br />
volunteering has been observed or can be expected?<br />
What is the importance of the inner logic and the voluntary<br />
nature of volunteering? How can we counter<br />
the risk of a unilateral instrumentalisation of volunteering<br />
to foster employability?<br />
Henk Kinds<br />
actiVating labOur Market pOlicy<br />
and VOlunteering – the exaMple<br />
Of the netherlands<br />
1. the initial situatiOn in the netherlands<br />
In the Netherlands, as in Germany, the model of<br />
“Rhenish capitalism” has been rebuilt since the early<br />
1980’s, and in the same period civil society developed<br />
further. The “Wassenaar Agreement” (1982)<br />
marks the beginning of this development in the Netherlands.<br />
From this time on, the conditions in the<br />
area of “volunteering & paid employment” evolved<br />
faster here in the 1990’s.<br />
In comparison to the Federal Republic of Germany,<br />
the following features stand out:<br />
48<br />
• The social welfare policy requires strong individualisation<br />
and implements new legislation and<br />
measures for this purpose.<br />
• A high level of part-time work with many satisfied<br />
employees.<br />
• A high level of social engagement, a link and mixing<br />
at the interfaces of volunteering and paid<br />
employment. An example is the concept of “social<br />
activation”, which has proven itself in practice<br />
since the 1990’s.<br />
This direction was developed further under the Balkenende<br />
government (2002-2010). In 2011 however,<br />
the Rutte government announced severe economy<br />
measures, which will be implemented by 2013 and<br />
are also associated with changes in labour market policy.<br />
This article will first describe the initial situation<br />
and in doing so place the focus on social activation.<br />
This will be followed by a look forward to the proposed<br />
changes which are already anticipated by some<br />
local authorities.<br />
2. “eVeryOne gets inVOlVed”<br />
In October 2006, the Social Economic Council (SER) 1 of<br />
the Netherlands presented a recommendation on medium-term<br />
socio-economic policy “Creating common<br />
prosperity growth for all”. Is this, the Council formulated<br />
the idea of a transformation of the welfare state into an<br />
activating participatory society which “promotes both<br />
social and economic cohesion” (SER 2006: 7).<br />
“Everyone gets involved” was the name of the action<br />
programme instituted in summer 2007 by the large government<br />
coalition which came into office in the same<br />
year, and therefore the response to the above SER<br />
recommendation. With this programme, which is or-<br />
1 The SER is a public sector statutory corporation,<br />
which advises the Government and Parliament on the broad<br />
guidelines of the social and economic policy as well as important<br />
socio-economic issues. Its members consist of the social<br />
partners and experts commissioned by the Government. The<br />
recommendations of the SER generally contribute to a broadly<br />
supported cabinet policy and the creation of a social consensus<br />
on national and international socio-economic issues
forum 1 | kinds: activating labour market policy and volunteering – the example of the netherlands<br />
ganisationally managed by the Employment Ministry,<br />
and funded with € 165 million from 2008, the Government<br />
intends to increase participation, i.e. on the one<br />
hand to get more people into paid work, and on the<br />
other hand to stimulate volunteering and private care<br />
for family and neighbours. Because “social participation<br />
has its own value in society: care for others and<br />
volunteering and other forms of societal participation<br />
meet an important need, both for those for whom the<br />
volunteers help, as well as for those who are more involved<br />
in society through their efforts.” (Action programme<br />
“Iedereen doet mee”, p. 9)<br />
The concrete objectives are defined as:<br />
• An 80% participation rate by the year 2016.<br />
• 200,000 people well outside the labour market<br />
are to be brought into paid employment by special<br />
measures.<br />
• To increase the number of people who work<br />
voluntarily for others and care for their close<br />
family and neighbours.<br />
For this purpose the investments in the area of participation<br />
were increased to € 205 million by the year<br />
2011, accompanied by cost-saving measures for<br />
employers and employees. Participation is seen by<br />
the Dutch Government as the key to fostering social<br />
cohesion, and work participation represents has since<br />
the 1980’s been regarded as the ideal solution.<br />
3. sOcial actiVatiOn<br />
“Everyone gets involved” has been a guiding political<br />
concept in the Netherlands for many years, which<br />
steers the development of economic and social policy.<br />
In the transformation of the welfare state into an “activating<br />
participatory society” (Socio-economic Council<br />
of the Netherlands 2006), volunteering has been used<br />
as an activation instrument on the labour market since<br />
the mid-1990’s. What began as an experiment in some<br />
municipalities has become law a decade later through<br />
adjustments in the employment and income system,<br />
and now applies throughout the country.<br />
Social activation is aimed primarily at the activation<br />
of groups of people, who have hardly any chance on<br />
the labour market, and focuses on volunteering as a<br />
means of social integration, but also represents a possible<br />
first step on the way onto the labour market. The<br />
local voluntary agencies have supported the practice<br />
of social activation through the development of a va-<br />
riety of pilot projects, as shown for example by reintegration<br />
and other projects in Deventer and Utrecht.<br />
In recent years it has become clear that social activation<br />
can achieve positive results for the target group as<br />
well as clear added value for the development of volunteering<br />
in non-profit organisations. The non-profit organisations<br />
must learn to work on a lower threshold, to<br />
develop their organisation structure, to network themselves<br />
on a broad basis and to develop suitable facilities<br />
for volunteers. The success of programmes at the<br />
interface between the labour market and volunteering<br />
in the non-profit field requires however that volunteering<br />
is not enforced by sanctions, as was the case<br />
in some Dutch communities, and that it does not lead<br />
to job losses. Here a crucial role in political lobbying is<br />
assigned to the supporting structures of volunteering.<br />
According to the latest reports of the Government<br />
Council for Social Development (RMO), the Netherlands<br />
has been successful with participation at the<br />
international level. This includes participation in<br />
paid work, voluntary activities and voluntary care of<br />
dependent persons in the family. In the Netherlands<br />
it is agreed that these three points are necessary to<br />
maintain the balance.<br />
Compared to Germany, there are many more people<br />
in part-time work in the Netherlands. Work and<br />
voluntary care are increasingly regarded as being of<br />
equal value. In the 1970’s, 15% of employees worked<br />
on a part-time basis. Since then, the percentage rose<br />
to 40% in 2005 and a further increase is expected.<br />
4. a new directiOn<br />
Despite many positive experiences over the last<br />
decades, the developments described have always<br />
been open to criticism. This concerns for example:<br />
• the voluntary nature of the concept of “social<br />
activation”,<br />
• the trends of monetisation and generally diffuse<br />
borders between the assumption of expenses,<br />
underpayment and a lack of paid work,<br />
• the high stresses of multiple tasks and duties,<br />
especially for working women who are voluntarily<br />
active and take care of dependants in the<br />
family or neighbourhood,<br />
• the social organizations, which lack flexibility<br />
to be able to respond adequately to the demand<br />
of potential volunteers and their various<br />
49
forum 1 | roth: activating labour market policy and volunteering<br />
motivation levels as well as to the requirements<br />
of companies and their employees,<br />
• the lack of consideration of the participatory potential<br />
of socially excluded or marginalised groups.<br />
This criticism was aimed primarily at strengthening<br />
the bond and exchange between the labour market<br />
and volunteering, and thereby making better use of<br />
the potential for labour market integration, as well<br />
as promoting volunteering. At the moment however<br />
it looks as if this connection will be undermined and<br />
completely severed over the next few years.<br />
Since 2011 the new Rutte Government has made<br />
changes in direction. The present regulations and<br />
laws will be changed from 2013 and will then increasingly<br />
focus on direct entry into the labour market.<br />
At the same time, strict austerity measures have<br />
been announced, so that from 2012 many municipalities<br />
will cut their budgets in the area of social activation.<br />
The municipalities are largely responsible for<br />
the activation programmes and projects.<br />
These developments may have an adverse effect on<br />
involved unemployed people, non-profit organisations,<br />
local authorities and also employers. On the<br />
other hand, so called “social enterprises”, an innovative<br />
model of social enterprises with relatively low<br />
dependence on government financing, are gradually<br />
beginning to fill the resulting gap.<br />
Prof. Dr. Roland Roth<br />
actiVating labOur Market pOlicy<br />
and VOlunteering<br />
The starting point is a paradigm shift in labour market<br />
and social policy from welfare to workfare, which has<br />
taken place over the past two decades in different versions<br />
and to different extents in many OECD countries.<br />
Its logic runs: Away from social security as status protection<br />
(passive services) to mandatory and sanctionable<br />
forms of activation for the labour market. Groups<br />
far outside the labour market are to be brought back<br />
into the labour market, or included for the first time,<br />
by means of a work-first policy (employment rather<br />
than benefits). In the USA for example, the first target<br />
group was the “welfare mothers”. Destandardised,<br />
deregulated and precarious employment (temporary<br />
work, part-time work, mini-jobs etc.) will be encouraged<br />
in order to create the corresponding demand. In<br />
50<br />
some countries, further concepts of social activation<br />
have also been drawn up in the form of training programmes.<br />
It remains disputable whether workfare has<br />
succeeded in reintegrating such groups back into the<br />
labour market. What is indisputable however is that<br />
there has been a considerable increase in gainful employment,<br />
although to a large extent in precarious employment<br />
and in the low-wage sector.<br />
1. the prOfile Of actiVating labOur<br />
Market pOlicy in gerMany<br />
Germany is a late-comer in matters of activating labour<br />
market policy. Central reforms (in particular the<br />
amendments to SGB II, III and XII referred to as Hartz<br />
IV) only came into force in 2005 (most importantly),<br />
although they were far more extensive than in other<br />
countries, which usually focused their workfare programmes<br />
selectively on certain “problem groups”.<br />
The reduction in registered unemployment since 2006<br />
and the comparatively strong resistance of the labour<br />
market to crises is attributed to by government to this<br />
activating labour market policy. Another view sees in<br />
this development primarily economic effects and the<br />
impact of the special economic competitiveness of the<br />
German economy. One indisputable result is the enormous<br />
expansion of the low-wage sector in Germany,<br />
which is the largest in the EU, with a variety of precarious<br />
forms of employment, such as the large number<br />
of “topper-uppers” on supplementary benefits, who<br />
need such benefits to secure their livelihood. At the beginning<br />
of the last decade, the absence of such a sector<br />
was still seen as a major factor in the high level of longterm<br />
unemployment in Germany. Today, the “flexiblised”<br />
labour market of Germany is regarded as a model<br />
by conservative and liberal governments in the EU,<br />
while from the classical social democratic perspective<br />
there are increasing calls for collateral security (“flexicurity”).<br />
The overall increased employment rate observed<br />
and the structure of the low-wage sector have<br />
a definite social profile: predominantly female, and with<br />
a larger proportion of immigrants, with the younger and<br />
older more strongly represented than the middle-aged.<br />
Contrary to the official slogan of “support and demand”,<br />
the rise of activating strategies was paradoxically<br />
accompanied in Germany by a more or less<br />
drastic dismantling of active labour market policy<br />
(qualification, further training, retraining etc.) – i.e.<br />
plenty of demand, or compulsion, but little support.<br />
Not least for this reason, the ongoing employment<br />
debate confirms the lack of skilled labour. Activating
policy of à la Hartz is not sufficient to remedy this situation,<br />
although the increase in the retirement age<br />
will help in the short term. Whether this will result in<br />
a renaissance of active labour market policy, which<br />
focuses on qualification, training, retraining, etc.,<br />
appears questionable simply for reasons of cost.<br />
2. the deVelOpMent Of VOlunteering<br />
in gerMany<br />
The situation of volunteering in Germany is characterised<br />
overall by stability, if one takes into account the data<br />
of the volunteer surveys of 1999, 2004 and 2009 – although<br />
with quite significant shifts in the geographical,<br />
biographical and social profile of volunteering. There<br />
have been no major increases, although volunteering<br />
policy has been “discovered” in the last decade as a<br />
separate field of action at all levels of the state organisation.<br />
It may be that this proactive policy was nevertheless<br />
able to cushion negative influences. Here we will<br />
highlight just some of the trends which have a clear reference<br />
to the development on the labour market.<br />
• A striking feature is the increased importance of<br />
motives for volunteering, which have to do with<br />
own employability (professional orientation,<br />
qualification, competence acquisition etc.) and<br />
the integration into the labour market (“phasing”<br />
as the transition between voluntary and<br />
paid work in an organisation; voluntary work in<br />
order to seek or maintain proximity to paid employment).<br />
The central workfare principle of employability<br />
is therefore aided by voluntary work.<br />
• Activating labour market policy has given rise, not<br />
least in the social charitable area, to forms of employment<br />
which demonstrate close proximity to<br />
classical forms of voluntary work. Combinations<br />
with mini-jobs, trainer allowances and other, mostly<br />
modest forms of remuneration are in great<br />
demand. Overall there is a trend to monetisation,<br />
although this is not excessive (in 1999 82% of<br />
voluntary work was unpaid, while 10 years later<br />
the figure had fallen to 77%). This trend however<br />
carries very different weight from area to area. In<br />
2009, 64% of voluntary work in the social sector<br />
was regularly paid – if only at a low level. The main<br />
focus lies apparently in the care field.<br />
• At the same time voluntary work has shown itself<br />
to be a motor and source of innovation for new<br />
application areas of activating labour market<br />
policy. An outstanding example is provided by the<br />
“soup-kitchens”, a popular field of work for 1-Euro<br />
forum 1 | roth: activating labour market policy and volunteering<br />
jobbers. New fields of work and occupation have<br />
emerged, such as voluntary agencies or (through<br />
their increasing professionalisation) migrants organisations,<br />
not to mention the numerous mentors,<br />
sponsors, bridge-builders, neighbourhood<br />
mothers and pilots now active in various areas of<br />
social integration, education and employment.<br />
It remains to be seen whether their trademark –<br />
varied combinations of voluntary, full-time and<br />
workfare employment – is only the expression of<br />
a tentative beginning or a structural feature.<br />
• Particularly striking is the uneven pace in the<br />
development of volunteering in the former East<br />
Germany. An opposing trend is emerging here.<br />
While the volunteering rates are climbing in<br />
states which have been more successful in the<br />
field of paid employment (Saxony and Brandenburg),<br />
they are in decline in the less successful<br />
states (Sachsen-Anhalt and Mecklenburg-Mecklenburg-Vorpommern).<br />
In the case of Sachsen-<br />
Anhalt in particular, it is noticeable that the population<br />
groups well-integrated into the labour<br />
market rather stand back from volunteering, perceiving<br />
it rather as a precarious job market for the<br />
workfare population, and therefore avoid it.<br />
• But the changing relationship between voluntary<br />
work and paid work belongs rather to the<br />
suppressed topics of volunteering policy. In<br />
contrast to children, young people or the elderly,<br />
the unemployed are not the preferred target<br />
group of volunteering promotion. There is for<br />
example no corresponding category in the latest<br />
volunteer survey. The possibilities of a productive<br />
interaction between paid work and volunteering<br />
fall outside the perceptional horizon<br />
of a necessarily curtailed workfare policy. This<br />
may also be one of the reasons why priority was<br />
given to a compulsorily supported, and therefore<br />
often rejected programme of “civic labour”<br />
– unnecessarily as it happens, because all experience<br />
with 1-Euro jobs etc. has shown that no<br />
compulsion is required to generate interest in<br />
meaningful community service activities.<br />
3. cOntrasting theOries On the effects<br />
Of actiVating labOur Market pOlicy On<br />
VOlunteering<br />
The interpretive framework of the relationship between<br />
activating labour market policy and volunteering<br />
allows two diametrically opposed views, which<br />
are addressed below.<br />
51
forum 1 | roth: activating labour market policy and volunteering<br />
Either: Successful activation promotes inclusion in<br />
the labour market and thus in the longer term ensures<br />
that individual opportunities for volunteering<br />
are enhanced, since unemployment-related barriers<br />
are broken down. 1-Euro jobs, civic labour or precarious<br />
employment relationships are only transitional<br />
forms on the way to gainful employment – a perspective<br />
which is supported not only by the protagonists<br />
of “support and demand”, but also hoped for<br />
by some of the persons concerned. This activation<br />
sometimes also gives rise to new service areas (for<br />
example in the cooperation of the volunteer agency,<br />
job centre, and social services in Halberstadt), which<br />
again increase employment opportunities. Finally<br />
the volunteer work can benefit when an “add-on”<br />
effect occurs, i.e. “civic workers” remain voluntarily<br />
active after the measures.<br />
Or: Activating labour market policy undermines<br />
volunteering, because it considers voluntary work<br />
essentially as an obstacle to recruitment, and does<br />
not take into account positive relationships between<br />
civic engagement and employability (skills acquisition<br />
from volunteering) due to the “work first!” perspective.<br />
Because the affected population group is<br />
placed under a bureaucratic regime of restricted civil<br />
liberties (time and control regime), workfare acts as<br />
negative “civic education” and causes volunteering<br />
for the common good to become permanently obsolete<br />
for them (motto: “Why should I do anything for<br />
a society which treats me in this way?”). In addition,<br />
full citizenship is again linked to gainful employment,<br />
therefore making a departure from the objective of<br />
the most inclusive social citizenship (T. H. Marshall)<br />
of the post-war era – and social participation denied.<br />
For many of those concerned, labour market activation<br />
based on constraint results in general passivity and<br />
depression – living on Hartz IV means in other words<br />
living in “open prison” (Götz Werner). It is therefore<br />
not surprising that this practice does not produce any<br />
mobilising consequences towards civic engagement.<br />
This also applies equally however for those groups<br />
on the training and labour market who adopt the<br />
perspectives of activating labour market policy and<br />
consequently make their employability the sole focus<br />
of their life. From this point of view, volunteering is<br />
an unnecessary luxury, which is believed to be unaffordable<br />
in view of the labour market constraints.<br />
The new workfare job opportunities are likely to<br />
displace civic engagement, because they are fo-<br />
52<br />
cused significantly on the non-profit sector, and<br />
must not come into competition with the primary<br />
labour market. Civic work etc. also raises displacement<br />
fears amongst full-time employees, because<br />
it can fill those gaps in the service organisations<br />
that are left behind by the increasingly self-centred<br />
volunteers. The obstinacy of volunteering thus also<br />
threatens those who are not themselves exposed<br />
to the activation regime (motto: Why should I do<br />
something for free when others get paid for it?).<br />
Volunteering thus threatens to become a pseudolabour<br />
market.<br />
Further mixing of civic engagement and labour increases<br />
the danger of overturning civic culture –<br />
above all in the former East Germany. Findings from<br />
Sachsen-Anhalt, a pioneer in the field of civic work,<br />
suggest that an image collapse of civic engagement<br />
could be one of the non-intended consequences<br />
of the extensive application of civic work. Even the<br />
successful transitions from unemployment into<br />
the extended low-wage sector could rather hinder<br />
than promote volunteering, if its special structural<br />
characteristics (availability, compulsion to mobility,<br />
insecure employment etc.) are taken into account.<br />
4. the research reQuireMent and<br />
sOciO-pOlitical OptiOns<br />
Whether an activating labour market policy builds a<br />
bridge to volunteering or acts as a deterrent to volunteering<br />
cannot be decided without further empirical<br />
research, because ultimately, the obstinacy of<br />
those involved and the continuing attractiveness of<br />
volunteering must be taken into account. The volunteer<br />
surveys provide evidence of both interpretations,<br />
even if they give greater support to the negative<br />
expectations.<br />
Irrespective of this, the social profile of volunteering<br />
argues in favour of a socio-political guarantee<br />
or for significantly greater security of livelihood of<br />
low-paid people in precarious employment and the<br />
unemployed. Otherwise the situation remains that<br />
we will have to be able to afford such volunteering.<br />
The democratic and human rights costs of workfare<br />
are also reason enough for incentives for gainful employment<br />
above and beyond bureaucratic coercion.
Das Forum beschäftigte sich mit dem Dritten Sektor<br />
und seinen Organisationen als Arbeitsmarkt. In<br />
Deutschland hat die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse<br />
in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen.<br />
Ebenfalls zugenommen hat in diesem<br />
Zeitraum das freiwillige Engagement in diesen Organisationen<br />
beispielsweise durch Mitgliedschaften<br />
oder ehrenamtliches Engagement.<br />
Welche Wechselwirkungen ergeben sich daraus? Wie<br />
kann der Eigensinn des Engagements im beruflichen<br />
Umfeld von Dritt-Sektor-Organisationen gewahrt werden?<br />
Welches Potential für die Schaffung regulärer Arbeitsplätze<br />
ergibt sich aus dem Engagement heraus?<br />
Welche Dynamiken der Verdrängung von Erwerbsarbeit<br />
im Dritten Sektor durch Engagement gibt es? Wie<br />
ist dies zu bewerten und welche Maßnahmen können<br />
dagegen getroffen werden? Wie haben sich das Ausmaß<br />
und die Formen der Beschäftigung im Dritten<br />
Sektor in den letzten Jahren entwickelt? Wie sind die<br />
entstandenen Beschäftigungsverhältnisse qualitativ<br />
zu charakterisieren? Welche besonderen Arbeitsbedingungen<br />
herrschen vor und welche Tendenzen der<br />
Prekarisierung sind zu beobachten? Wie stellt sich die<br />
Situation in den verschiedenen sozialen Handlungsfeldern<br />
dar, gibt es hier Unterschiede? Ist die Situation<br />
in Deutschland mit der in anderen europäischen Ländern<br />
vergleichbar?<br />
Dr. Eckhard Priller<br />
VOM jObMOtOr zu prekärer<br />
beschäftigung? entwicklung iM<br />
drittEn sEktor<br />
1. zuM arbeitsMarktpOlitischen<br />
stellenwert des dritten sektOrs<br />
Eine Reihe von Untersuchungen wie jene des Johns<br />
Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project 1 haben<br />
1 Das international vergleichende Projekt wurde von<br />
der Johns Hopkins-Universität in Baltimore (USA) initiiert und<br />
seit 1990 koordiniert. Es erfasst den Dritten Sektor in ausge-<br />
fOruM 2<br />
ErwErbsarbEit im drittEn sEktor und EngagEmEnt<br />
die arbeitsmarktpolitische Relevanz des Dritten Sektors<br />
in Deutschland auf der volkswirtschaftlichen Ebene<br />
aufgezeigt. Besonders in engem Zusammenhang<br />
mit der Einbindung in die staatliche sozialpolitische<br />
Aufgabenrealisierung wird dabei eine zunehmende<br />
arbeitsmarktpolitische Bedeutung des Dritten Sektors<br />
konstatiert (Zimmer/Priller 2007), die auf einer<br />
insgesamt positiven Beschäftigungsentwicklung basiert.<br />
Während 1990 rund 1.018.000 Beschäftigte in<br />
Vollzeitäquivalenten gezählt wurden, waren es 1995<br />
rund 1.441.000. Insgesamt waren im Jahr 1995 im<br />
deutschen Dritten Sektor rund 2,1 Millionen Personen<br />
sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Für die zweite<br />
Hälfte der 1990er Jahre wurde in den meisten Untersuchungen<br />
ein unvermindert hohes Wachstum des<br />
Sektors in Deutschland angenommen und bis zum Jahr<br />
2000 mit fast drei Millionen beschäftigten Personen in<br />
den gemeinnützigen Organisationen gerechnet.<br />
Gleichwohl liegen zur Gesamtzahl der Beschäftigten<br />
unterschiedliche Ergebnisse vor. Nach Hochrechnungen<br />
mit den Daten des IAB-Betriebspanels<br />
schwankt die Zahl der sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten im Dritten Sektor im Zeitraum von<br />
1996 bis 2008 zwischen 1,7 und 1,9 Millionen. Dabei<br />
hat sich der Anteil des Dritten Sektors an den sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigten von sechs auf<br />
sieben Prozent erhöht. Werden zudem freie Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, geringfügig Beschäftigte,<br />
Praktikantinnen und Praktikanten und Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer an „Arbeitsgelegenheiten<br />
mit Mehraufwandsentschädigung“ (sogenannte<br />
Ein-Euro-Jobber) mitgezählt, waren 2008 nach den<br />
Angaben des IAB-Betriebspanels etwa 2,5 Millionen<br />
Personen im Dritten Sektor (erwerbs)tätig.<br />
Für die Entwicklung im jüngsten Zeitraum sind aber<br />
nicht nur die Anzahl der Arbeitsplätze und die Frage,<br />
wählten Ländern quantitativ in seiner ökonomischen Struktur<br />
(Beschäftigte, Ehrenamtliche, Tätigkeitsspektrum, Leistungsumfang,<br />
Finanzvolumen, Quellen und Verwendung der finanziellen<br />
Mittel) und qualitativ in seinen historischen, gesellschaftlichen<br />
und politischen Dimensionen. Die deutsche Teilstudie wurde<br />
in der zweiten Projektphase von Annette Zimmer (Universität<br />
Münster) und Eckhard Priller (WZB) geleitet.<br />
53
forum 2 | priller: Vom jobmotor zu prekärer beschäftigung? entwicklung im dritten sektor<br />
ob der Dritte Sektor weiterhin neue Arbeitsplätze<br />
schafft, von Interesse. Zunehmend Aufmerksamkeit<br />
finden Aspekte, wie die gegenwärtigen Beschäftigungsverhältnisse<br />
qualitativ zu charakterisieren sind<br />
und welche Entwicklungen sich im Verhältnis zwischen<br />
Erwerbsarbeit und Engagement im Dritten Sektor<br />
abzeichnen.<br />
2. vErändErungEn zu prEkärEn<br />
beschäftigungsVerhältnissen<br />
Während sich bei der Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse<br />
ein durchaus positiver Trend ausmachen<br />
lässt, trifft dies für deren qualitative Charakterisierung<br />
nicht zu. Es lassen sich drei Entwicklungstendenzen<br />
feststellen, die zu einer eher kritischen Bewertung<br />
führen 2 : ein überproportionaler Anstieg der<br />
Teilzeitbeschäftigung, eine zunehmende Befristungspraxis<br />
und – vor allem in Ostdeutschland – eine<br />
2 Vgl. Dietmar Dathe/Christian Hohendanner/<br />
Eckhard Priller (2009): Wenig Licht, viel Schatten – Der Dritte<br />
Sektor als arbeitsmarktpolitisches Experimentierfeld, WZBrief<br />
Arbeit 03/2009.<br />
54<br />
75<br />
72<br />
75<br />
52<br />
55<br />
76<br />
29<br />
19<br />
29<br />
38<br />
29<br />
49<br />
deutliche Verschiebung der öffentlich geförderten<br />
Beschäftigungsverhältnisse von sozialversicherungspflichtigen<br />
Maßnahmen (insbesondere Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />
(ABM)) hin zu Ein-Euro-Jobs.<br />
Von dieser Entwicklung sind insbesondere Frauen betroffen,<br />
da sie mit 76 Prozent (2008) die Mehrheit der<br />
im Dritten Sektor Beschäftigten stellen (vgl. ABB 1).<br />
Der Anstieg der sogenannten „frauentypischen“<br />
Arbeitsplätze zeigt u. a. die zunehmende Entwicklung<br />
des Dritten Sektors zu einem Dienstleistungsbereich,<br />
denn auch bei den privatwirtschaftlich erbrachten<br />
sozialen Dienstleistungen liegt eine hohe<br />
Frauenquote vor.<br />
Teilzeit, Befristung und geringfügige Beschäftigung (sogenannte<br />
Minijobs) sind Merkmale atypischer Beschäftigungsverhältnisse.<br />
Sie sind zwar nicht mit prekären<br />
Beschäftigungsverhältnissen gleichzusetzen, wohl aber<br />
ist deren Anteil an den atypischen Beschäftigungsverhältnissen<br />
sehr hoch: Nach einer Untersuchung des<br />
Statistisches Bundesamtes liegt der Verdienst jedes<br />
zweiten atypisch Beschäftigten im Niedriglohnbereich.<br />
ABB. 1: BESCHÄFTIGUNGSANTEILE – FRAUEN, TEILZEIT, BEFRISTETE BESCHÄFTIGTE, M<strong>IN</strong>I- <strong>UND</strong> E<strong>IN</strong>-<br />
EURO-JO<strong>BBE</strong>R – NACH BEREICHEN (<strong>IN</strong> PROZENT)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
43<br />
45<br />
19<br />
25<br />
3<br />
8<br />
10<br />
4<br />
19<br />
15<br />
11<br />
1312<br />
8 7 5<br />
1996 2008 1996 2008 1996 2008 2008 2008<br />
Frauen Teilzeit Befristungen Minijobs Ein-Euro-<br />
Jobs<br />
Privatwirtschaftlich erbrachte soziale Dienstleistungen<br />
Öffentlicher Dienst<br />
Dritter Sektor<br />
Gesamtbeschäftigung in Deutschland<br />
Die Bezugsgröße für die Anteile Frauen, Teilzeitbeschäftigte, Befristungen und Minijobs sind sozialversicherungspflichtig<br />
Beschäftigte; die Bezugsgröße für Ein-Euro-Jobs sind die Erwerbstätigen insgesamt. Datenbasis:<br />
IAB-Betriebspanel 1996–2008; hochgerechnete Werte.<br />
2<br />
1<br />
4<br />
1
forum 2 | priller: Vom jobmotor zu prekärer beschäftigung? entwicklung im dritten sektor<br />
Der Anteil der Teilzeitbeschäftigung hat sich im Dritten<br />
Sektor von 29 Prozent im Jahr 1996 auf 49 Prozent<br />
im Jahr 2008 erhöht (vgl. ABB. 1). Der Anstieg<br />
der Teilzeit im Dritten Sektor lässt sich nicht allein<br />
mit dem hohen Frauenanteil erklären. Frauen bevorzugen<br />
oft aus Gründen der besseren Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie Teilzeitarbeitsplätze, der Anteil<br />
der Frauen ist aber im untersuchten Bereich nur<br />
gering angestiegen. Ein anderer Erklärungsansatz<br />
für den Anstieg von Teilzeitbeschäftigung ist der zunehmende<br />
Ökonomisierungsdruck der vergangenen<br />
Jahre, der sich durch die Reduzierung öffentlicher<br />
Fördermittel verschärft hat. Die Organisationen<br />
schließen bei geringerem finanziellen Spielraum zunehmend<br />
Teilzeit- statt Vollzeitverträge ab.<br />
Eine besondere Form der Teilzeitbeschäftigung sind<br />
Minijobs: zwölf Prozent der Beschäftigten im Dritten<br />
Sektor sind 2008 geringfügig beschäftigt. Der Anteil<br />
der Mini-Jobber liegt zwar niedriger als bei den<br />
privatwirtschaftlich erbrachten sozialen Dienstleistungen<br />
(17 Prozent), aber leicht über dem Gesamtdurchschnitt<br />
(11 Prozent).<br />
Neben der Teilzeitbeschäftigung ist der hohe Anteil<br />
befristeter Arbeitsverhältnisse typisch für den Dritten<br />
Sektor (vgl. ABB. 1). 2008 waren 15 Prozent der<br />
Beschäftigungsverhältnisse im Dritten Sektor befristet,<br />
in dem vergleichbaren Teil der Privatwirtschaft<br />
liegt der Anteil bei lediglich acht Prozent. Noch dramatischer<br />
ist die Situation bei den Neueinstellungen:<br />
Etwa zwei Drittel sämtlicher Neueinstellungen im<br />
ersten Halbjahr 2008 erfolgen auf Basis eines befristeten<br />
Arbeitsvertrages. Nur im öffentlichen Dienst<br />
zeigt sich mit einem Anteil von 73 Prozent eine noch<br />
exzessivere Befristungspraxis.<br />
Die Ausweitung der befristeten Einstellungen wird<br />
durch die Abhängigkeit der Organisationen im Dritten<br />
Sektor von öffentlicher Finanzierung verursacht,<br />
die meist in Form von (befristeten) Projektfinanzierungen<br />
erfolgt. Die Finanzierung aus arbeitsmarktpolitischen<br />
Programmen trägt mit ihrer zeitlichen<br />
Beschränkung ebenfalls dazu bei.<br />
Befristungen im Dritten Sektor werden in Ost- und<br />
Westdeutschland unterschiedlich gehandhabt: Im<br />
Osten liegt der Befristungsanteil mit 22 Prozent<br />
deutlich höher als im Westen (14 Prozent). Dieser<br />
Unterschied lässt sich vor allem auf die große Bedeutung<br />
öffentlicher Beschäftigungsförderung in<br />
Ostdeutschland zurückführen.<br />
3. entgrenzung VOn bürgerschaftlicheM<br />
EngagEmEnt und ErwErbsarbEit<br />
Neben den qualitativen Veränderungen in den Beschäftigungsverhältnissen<br />
fanden in den letzten<br />
Jahren eine Reihe von Entwicklungen statt, die zu<br />
einer beschleunigten Erosion der ehemals strikten<br />
Trennung zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen<br />
von Erwerbsarbeit und bürgerschaftlichem Engagement<br />
geführt haben. Die Grenze wurde bisher entlang<br />
von Begriffspaaren wie freiwillig – unfreiwillig,<br />
einkommensorientiert – gemeinwohlorientiert,<br />
privatwirtschaftlich organisiert – im öffentlicher<br />
Raum, konkurrenzorientiert – kooperativ gezogen.<br />
Für die Erwerbsarbeit stand die Einkommenssicherung<br />
für den Lebensunterhalt im Mittelpunkt, beim<br />
Ehrenamt die uneigennützige Sorge für Andere,<br />
überwiegend auf Grundlage eines gesicherten (Erwerbs-<br />
oder Verögens)Einkommens. 3 Die Grenzen<br />
sind aus unterschiedlichen Ursachen fließender<br />
geworden. Dabei verändert sich das Engagement<br />
stärker in Richtung Erwerbsarbeit. So nähert sich<br />
das Engagement auf die Zeiten, die Orte, die Gegenstände<br />
und die Kooperationsbeziehungen an,<br />
wie sie bislang vor allem im Rahmen der Erwerbsarbeit<br />
zu finden waren. Doch auch im Kontext von<br />
Flexibilisierung und Individualisierung sind entsprechende<br />
Annäherungsprozesse auszumachen<br />
(vgl. ÜBERSICHT folgende Seite).<br />
Doch auch bei den Ein- und Umstiegen der Erwerbstätigkeit<br />
beginnt das Engagement Aufgaben<br />
zu übernehmen, für die es vor einiger Zeit kaum<br />
eine Rolle gespielt hat. Es geht dabei um die Vermischung<br />
beider Tätigkeitsformen. Sie erfolgt sowohl<br />
über die Vermittlung von außen (z. B. bei der Zuweisung<br />
gesellschaftlich notwendiger Tätigkeiten)<br />
als auch über einen mehr oder weniger selbst gewählten<br />
Mix (z. B. „kreative Klasse“, „digitale Boheme“),<br />
bei dem neben der Tätigkeit, die erwerbswirtschaftlich<br />
der Erzielung des Lebensunterhalts<br />
dient, gleichzeitig ein nicht vergüteter Anteil von<br />
Engagement vorhanden ist.<br />
Zum anderen findet gerade in den Organisationen des<br />
Dritten Sektors eine Entgrenzung durch eine Monetarisierung<br />
des Engagements statt (vgl. TAB. 1).<br />
3 Vgl. Hildebrandt, Eckart/Priller, Eckhard (2008):<br />
Entgrenzung von Bürgerschaftlichem Engagement und<br />
Erwerbsarbeit. In: Michael Bürsch (Hg.): Mut zur Verantwortung<br />
– Mut zur Einmischung. Bürgerschaftliches Engagement<br />
in Deutschland. Bonn, S. 123-131.<br />
55
forum 2 | priller: Vom jobmotor zu prekärer beschäftigung? entwicklung im dritten sektor<br />
56<br />
ÜBERSICHT: ENTGRENZUNGSTENDENZEN ZWI-<br />
SCHEN <strong>ERWERBSARBEIT</strong> <strong>UND</strong> <strong>ENGAGEMENT</strong><br />
• Entgrenzungen nach Zeit, Ort, Gegenstand<br />
der Tätigkeit, Kooperationen<br />
• Vom kollektiven Arbeitnehmer zum unternehmerischen<br />
Einzelnen („Arbeitskraftunternehmer“<br />
– Selbstkontrolle, Selbstrationalisierung,<br />
Selbstökonomisierung)<br />
• Einstiege in die Erwerbstätigkeit durch Vermittlung<br />
in gesellschaftlich notwendige Tätigkeiten<br />
durch „soziale Arbeitsgelegenheiten“, „Bürgerarbeit“,<br />
„Kommunal-Kombi“ (verpflichtend für<br />
Bezieher von Arbeitslosengeld II)<br />
• Entwicklungen, die mit Begriffen „kreative<br />
Klasse“, „digitale Boheme“, „Generation<br />
Praktikum“, „urbane Penner“, „Raumpioniere“<br />
beschrieben werden<br />
• Kompetenzerwerb im Engagement in Richtung<br />
lebenslanges Lernen (Kompetenzbilanzen,<br />
Ehrenamtspass)<br />
• Übergangsfunktion: Arbeitslosigkeit – Engagement<br />
– Erwerbstätigkeit (zumeist prekär)<br />
Wie die Daten von 1999 und 2009 zeigen, hat sich der<br />
Anteil der Engagierten, die keine Vergütung in Form<br />
von Aufwandsentschädigungen, Honoraren, geringfügiger<br />
Bezahlung oder Sachzuwendungen erhalten,<br />
im Vergleichszeitraum nur um fünf Prozent verringert.<br />
Gleichwohl wird es schwer fallen, den einmal<br />
in Gang gesetzten Prozess der Monetarisierung zu<br />
stoppen.<br />
4. fazit<br />
TAB. 1: MONETARISIERUNG DES <strong>ENGAGEMENT</strong>S 1999 <strong>UND</strong> 2009<br />
Insgesamt<br />
1999<br />
2009<br />
Alte Länder<br />
1999<br />
2009<br />
Neue Länder<br />
1999<br />
2009<br />
Aufwandsentschädigaung<br />
7%<br />
10%<br />
7%<br />
9%<br />
9%<br />
10%<br />
Honorar Geringfügige<br />
Bezahlung<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
Datenquelle: Freiwilligensurvey 1999 und 2009<br />
Der Dritte Sektor schafft heute zwar keine nennenswerte<br />
Zahl an neuen Arbeitsplätzen, ist aber auch<br />
nicht durch Arbeitsplatzverluste geprägt. Die Untersuchungen<br />
zur arbeitsmarktpolitischen Wirkung des<br />
Dritten Sektors dürfen nicht auf die unmittelbare<br />
Beschäftigungswirkung beschränkt bleiben. Qualitative<br />
Aspekte der Beschäftigung im Dritten Sektor sind<br />
künftig stärker zu berücksichtigen, um auf Faktoren<br />
wie Überlastung, schlechte Arbeitsbedingungen und<br />
geringe Entlohnung aufmerksam zu machen.<br />
Tendenzen der Zunahme atypischer Beschäftigung<br />
müssen zwar nicht mit Entwicklungen zu prekärer<br />
Beschäftigung einhergehen, auszuschließen ist ein<br />
solcher Zusammenhang aber auch im Dritten Sektor<br />
nicht. Da gerade hier die Kombination von regulärer<br />
Arbeit und freiwilligem Engagement zunimmt und die<br />
Grenzen zwischen beiden Bereichen verschwimmen,<br />
ist diesen Fragen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.<br />
4%<br />
5%<br />
4%<br />
5%<br />
5%<br />
4%<br />
Sachzuwendung<br />
6%<br />
12%<br />
6%<br />
11%<br />
6%<br />
12%<br />
Ohne Vergütung<br />
82%<br />
77%<br />
82%<br />
77%<br />
80%<br />
75%
Birgitte Brekke<br />
forum 2 | brekke: frivillighet norge – ein gemeinsames dach für den gemeinnützigen sektor<br />
friVillighet nOrge – ein geMeinsaMes<br />
dach für den geMeinnützigEn<br />
sEktor in norwEgEn<br />
Im September 2005 wurde mit Frivillighet Norge<br />
eine Art Dachverband für den gemeinnützigen Sektor<br />
in Norwegen gegründet. Ziel des Verbands ist<br />
es, den Dialog zwischen den Organisationen des gemeinnützigen<br />
Sektors mit den öffentlichen Stellen zu<br />
koordinieren und dabei wichtige Themen in der Öffentlichkeit<br />
und gegenüber den staatlichen Stellen zu<br />
benennen. Frivillighet Norge soll darüber hinaus auch<br />
ein Raum für die Zivilgesellschaft schaffen und das<br />
freiwillige Engagement insgesamt stärken. Eine weitere<br />
wichtige Aufgabe – neben Lobbying und Capacity<br />
Building – ist die Information und Beratung der Mitgliedsorganisationen.<br />
Einige der aktuellen Themen in<br />
der norwegischen Zivilgesellschaft sind die Auswirkungen<br />
der Mehrwertsteuer, ein neues öffentliches<br />
Register für norwegische NGOs, mehr Forschung über<br />
den gemeinnützigen Sektor sowie die Einbindung der<br />
Zuwanderer in die Zivilgesellschaft.<br />
Frivillighet Norge hat insgesamt 280 Mitglieder, die<br />
sich in über 50.000 Ortsverbände unterteilen. Frivilligeht<br />
Norge definiert NGOs als nicht Profit orientierte,<br />
nicht-staatliche Organisationen, deren wichtigste<br />
Ressourcen ehrenamtliche Arbeit und/oder<br />
finanzielle Mittel durch Mitgliedsbeiträge, Spenden,<br />
Lotterien und Flohmärkte usw. sind. Die Organisa-<br />
ABB. 1: WO ENGAGIEREN SICH FREIWILLIGE?<br />
tionen kommen aus verschiedensten Bereichen:<br />
Religion, Umwelt, kulturelle Aktivitäten, Sport,<br />
humanitäre Aktivitäten, Menschenrechte usw. Im<br />
Allgemeinen ist die norwegische Zivilgesellschaft –<br />
gleiches gilt für die anderen skandinavischen Staaten<br />
– sehr stark in den Bereichen Kultur und Freizeit<br />
repräsentiert, während zum Beispiel in Deutschland<br />
viele zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem<br />
sozialen Dienstleistungssektor kommen bzw. dort<br />
engagiert sind. Dies bedeutet im Umkehrschluss,<br />
dass die Organisationen der Zivilgesellschaft in Norwegen<br />
keine sozialen Dienste anbieten, sei es im öffentlichen<br />
Auftrag oder öffentlich finanziert oder in<br />
Form einer Substitution. (vgl. ABB. 1)<br />
Der gemeinnützige Sektor in Norwegen besteht aus<br />
insgesamt 115.000 NGOs und Non-Profit-Organisationen<br />
– über 40% sind im Kultur- und Freizeitbereich<br />
angesiedelt. Die Mehrheit der Organisationen sind<br />
lediglich an einem Ort vertreten, haben keine Angestellten<br />
und nur sehr geringe finanzielle Mittel. Es gibt<br />
über zehn Millionen Mitgliedschaften in NGOs und<br />
80% der Norwegerinnen und Norweger sind Mitglied<br />
in mindestens einer zivilgesellschaftlichen Organisationen.<br />
Jährlich beteiligen sich 48% der erwachsenen<br />
Bevölkerung Norwegens an ehrenamtlicher Arbeit.<br />
Dabei leisten sie in ihren Organisationen mehr als<br />
200 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr. Der Gesamtbeitrag<br />
der norwegischen Freiwilligen entspricht damit<br />
115.000 Vollzeit-Angestellten, wobei es lediglich<br />
72.000 Vollzeit-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in<br />
der Zivilgesellschaft gibt. 36% der Finanzmittel des ge-<br />
57
forum 2 | brekke: frivillighet norge – ein gemeinsames dach für den gemeinnützigen sektor<br />
meinnützigen Sektors kommen von öffentlichen Mitteln,<br />
7% werden von privaten Spendern geleistet und<br />
57% der Mittel stammen aus Mitgliedsbeiträgen und<br />
Verkäufen. 60% der Organisationen verfügen über<br />
Budgets von weniger als 6.250 Euro. Die Organisationen<br />
werden also hauptsächlich durch Mitgliedsbeiträge<br />
und nur durch etwa ein Drittel über staatliche<br />
Beiträge finanziert. Im Gegensatz dazu erhalten im<br />
europäischen Durchschnitt zwei Drittel der zivilgesellschaftlichen<br />
Organisationen ihre Finanzierung maßgeblich<br />
aus der öffentlichen Hand. Diese Tatsache<br />
führt nicht zuletzt auch zu einem höheren Grad an<br />
Unabhängigkeit in der norwegischen Zivilgesellschaft.<br />
(vgl. ABB. 2)<br />
Generell haben die zivilgesellschaftlichen Organisationen<br />
in Norwegen eine Art Kontrollfunktion gegenüber<br />
staatlichen Stellen und versuchen vor allem<br />
dem einzelnen Menschen zu ermöglichen, sich als<br />
aktiver Bürger in den demokratischen Prozess einzubringen.<br />
Freiwilligenorganisationen sollten die<br />
Fähigkeiten der Menschen erweitern und als eine<br />
Arena für Vernetzung dienen. Deshalb ist freiwilliges<br />
Engagement immer nur als eine Ergänzung zu<br />
den öffentlichen Diensten zu sehen und nie als ein<br />
Ersatz. Als Dienstleister bringen sie Freude und Lebendigkeit<br />
in lokale Gemeinschaften.<br />
Auch das Wirtschaftswachstum in der norwegischen<br />
Zivilgesellschaft ist äußerst stark. Der wirtschaftliche<br />
Wert des dritten Sektors lag im Jahr 2008 bei<br />
ABB. 2: WIE F<strong>IN</strong>ANZIEREN SICH DIE ORGANISATIONEN?<br />
58<br />
92 Milliarden NOK einschließlich freiwilliger Arbeit<br />
und 37 Milliarden NOK ohne die freiwillige Arbeit.<br />
Das Wachstum war in der Zivilgesellschaft mit 6,5%<br />
stärker als in der gesamten norwegischen Wirtschaft,<br />
die um 3,6% wuchs. Organisationen aus dem<br />
Bereich Kultur und Freizeit haben 40% der Werte zu<br />
diesem außerordentlichen Wachstum beigetragen<br />
und im Durchschnitt kommen in der norwegischen<br />
Zivilgesellschaft 1,6 Freiwillige auf jeden Vollzeit-<br />
Mitarbeiter. (vgl. ABB. 3/4/5)<br />
Die sich aus den genannten Zahlen ableitenden<br />
strukturellen Unterschiede zwischen der norwegischen<br />
und deutschen Zivilgesellschaft resultieren<br />
aus zwei Ursachen: Erstens, ist bezahltes freiwilliges<br />
Engagement, durch das die Grenzen zwischen Arbeit<br />
und Freiwilligkeit verwischt werden, in der norwegischen<br />
Zivilgesellschaft praktisch nicht vorhanden.<br />
In Norwegen gibt es keine Debatte über Monetarisierung,<br />
denn alle Tätigkeiten von Freiwilligen werden<br />
schlichtweg nicht bezahlt. In Deutschland hingegen<br />
sind gerade soziale Dienstleister ein wichtiger<br />
Bestandteil der Zivilgesellschaft und die Kombination<br />
von freiwilliger und bezahlter Arbeit ist in diesen<br />
Unternehmen oder Organisation häufig anzutreffen.<br />
Zweitens besteht das Hauptziel der norwegischen zivilgesellschaftlichen<br />
Organisationen vor allem darin,<br />
den Freiwilligen einen Raum zu schaffen, der frei von<br />
Wettbewerb und staatlichem Einfluss ist, und der<br />
sich jedem Versuch entzieht, Freiwillige für soziale<br />
Dienste zu rekrutieren.<br />
Öffentliche Zuwendungen<br />
Spenden<br />
Beiträge
ABB. 3:<br />
ABB. 4:<br />
ABB. 5:<br />
forum 2 | brekke: frivillighet norge – ein gemeinsames dach für den gemeinnützigen sektor<br />
59
fOruM 2<br />
gainful eMplOyMent in the third sectOr and VOlunteering<br />
This forum focused on the third sector and its organisations<br />
as potential employers. In Germany, the<br />
number of jobs in this sector has increased significantly<br />
in recent decades. During the same period,<br />
volunteering in these organisations (i.e. membership,<br />
honorary activities) has also increased.<br />
What interactions are possible as a consequence of<br />
these changes? How can the inner logic of volunteering<br />
be maintained in the professional environment<br />
of third-sector organisations? What potential for the<br />
creation of regular jobs can arise from volunteering?<br />
What are the dynamics of the displacement of paid<br />
work in the third sector by volunteering? How should<br />
this trend be assessed and what measures can be taken<br />
to counter it? How have the extent and forms of<br />
employment in the third sector developed in recent<br />
years? What about the quality of the jobs that have<br />
been created? What are working conditions like,<br />
and is there any tendency towards precariousness?<br />
What is the situation in the various fields of social action,<br />
and are there any differences between them?<br />
Is the situation in Germany comparable with that of<br />
other European countries?<br />
Dr. Eckhard Priller<br />
frOM labOur Market bOOster tO<br />
aMbiguOus fOrM Of eMplOyMent?<br />
third sectOr deVelOpMent<br />
1. On the iMpOrtance Of the third sectOr<br />
fOr labOur Market pOlicies<br />
A series of studies such as the Johns Hopkins Comparative<br />
Nonprofit Sector Project 1 have identified<br />
1 This international comparative study was initiated<br />
by the John Hopkins University in Baltimore (USA), where<br />
it has been co-ordinated since 1990. It collects data on the<br />
third sector in selected countries, both quantitatively, based<br />
on economic structure (employees, volunteers, range of<br />
activities, extent of service, funding volumes, sources and<br />
allocation of available funds), and qualitatively, based on its<br />
historic, social and political dimensions. In the second project<br />
60<br />
the economic relevance of the third sector for<br />
Germany‘s labour market policy. Assuming a generally<br />
positive development of employment figures,<br />
these studies have demonstrated that the third sector<br />
is increasingly influencing labour market policies,<br />
particularly in relation to integration into governmental<br />
social policy implementation (Zimmer/Priller<br />
2007). Whilst 1,018,000 third sector workers in<br />
Germany were counted as holding the equivalent of<br />
a fulltime job in 1990, this figure rose to 1,441,000 in<br />
1995, with a total of around 2.1 million third sector<br />
employees working in jobs where social insurance<br />
contributions are compulsory. Most of the studies<br />
assumed that the German sector would continue<br />
to grow at a constant rate during the second half of<br />
the 1990s; and estimated that by 2000, almost three<br />
million people would be working for community service<br />
organisations.<br />
However, the results differ as far as the total number<br />
of people working in the sector is concerned. According<br />
to projections based on data supplied by the<br />
IAB Establishment Panel, the number of third sector<br />
employees paying compulsory social insurance contributions<br />
fluctuated between 1.7 and 1.9 million in<br />
1996 to 2008, whilst the proportion of those working<br />
in the third sector and paying social insurance<br />
contributions increased from six percent to seven<br />
percent. If freelancers, low-income earners, trainees<br />
in work experience placements and so-called ‚oneeuro<br />
jobbers‘, i.e. social security claimants topping<br />
up their benefits by doing community service work,<br />
for which they receive one additional euro per hour<br />
worked, were included, the number of those employed<br />
or working in the third sector would rise to<br />
around 2.5 million people, according to information<br />
from the IAB Establishment Panel.<br />
However, the number of jobs and the question of<br />
whether the third sector will continue to create new<br />
jobs are not the only factors influencing the latest<br />
phase, the German part of the study was led by Annette Zimmer<br />
(University of Münster) and Eckhard Priller (WZB).
forum 2 | priller: from labour Market booster to ambiguous form of employment?<br />
developments. Increasingly, the focus is also on the<br />
qualitative nature of the current employment relationships,<br />
and on recent developments in the third<br />
sector with regard to the relationship between paid<br />
employment and volunteering.<br />
2. changes tO aMbiguOus eMplOyMent<br />
situations<br />
Whilst a positive trend is certainly apparent in<br />
terms of the number of jobs, this does not apply<br />
to their qualitative nature. This rather negative<br />
assessment of the situation is based on three distinguishable<br />
development trends 2 : a disproportionately<br />
high increase in part-time employment, an<br />
increased use of temporary employment contracts,<br />
and - particularly in the regions of former East Germany<br />
- an obvious shift of publicly funded jobs. Positions<br />
which would formerly have attracted social<br />
insurance contributions (including jobs subsidised<br />
by the department for employment) have now become<br />
‚one-euro jobs‘. These developments have<br />
primarily affected women, as they represent the<br />
majority (76% in 2008) of those working in the third<br />
sector (see illustration).<br />
The rise in the so-called ‚typically female jobs‘ also<br />
shows that the third sector is increasingly turning<br />
into a service provision sector, as there is also a large<br />
quota of women working in the commercially provided<br />
social services sector.<br />
Parttime positions, temporary contracts and socalled<br />
‚mini-jobs‘ (jobs where the number of hours<br />
worked or the income earned are so low that neither<br />
employees nor employers have to pay social insurance<br />
and health care contributions) are non-typical<br />
forms of employment. They are not necessarily all<br />
ambiguous forms of employment; however, the proportion<br />
of these non-typical forms of employment<br />
that must be considered ambiguous is very high<br />
indeed: according to an analysis by the German Federal<br />
Statistical Office, every second employee in a<br />
non-typical form of employment has a low income.<br />
In the third sector, the proportion of part-time workers<br />
has increased from 29 percent in 1996 to 49<br />
percent in 2008 (see illustration). This increase in<br />
2 See Dietmar Dathe/Christian Hohendanner/Eckhard<br />
Priller (2009): ‚Wenig Licht, viel Schatten – Der Dritte<br />
Sektor als arbeitsmarktpolitisches Experimentierfeld‘ WZBrief<br />
Arbeit 03/2009<br />
part-time employment cannot be solely attributed<br />
to the high proportion of female employees in this<br />
sector. Women frequently prefer to work part-time<br />
on account of their family commitments; however,<br />
the proportion of women has only increased slightly<br />
in the area analysed. Another attempt at an explanation<br />
for the increase in part-time positions is<br />
the pressure to economise, which has increased in<br />
recent years due to reductions in public funding. In<br />
view of their reduced financial scope, the organisations<br />
are increasingly offering part-time, rather than<br />
full-time, contracts.<br />
So-called mini-jobs are a particular form of part-time<br />
work : 12 percent of those working the third sector in<br />
2008 were ‚mini-jobbers‘. Although the proportion of<br />
mini-jobbers is lower than the proportion in the commercially<br />
provided social services sector (17 percent),<br />
it is still slightly above the total average (11 percent).<br />
Besides part-time employment, the high proportion<br />
of temporary contracts is also typical of the third<br />
sector (see illustration). In 2008, 15 percent of third<br />
sector employment contracts were temporary, in<br />
the comparable element of the commercial sector,<br />
their share was only eight percent. The recruitment<br />
situation is even more dramatic: in the first half of<br />
2008, around two-thirds of all new employees were<br />
taken on on the basis of a temporary contract. With<br />
a proportion of 73%, only the public sector took on<br />
more temporary employees.<br />
This increase in temporary contracts is the consequence<br />
of the dependence on public funding of organisations<br />
in the third sector, which is usually granted<br />
in the form of (short-term) project financing.<br />
Short-term funding on the strength of labour market<br />
policy initiatives also contributes to this effect.<br />
There are marked differences with regard to temporary<br />
contracts in the third sector between eastern<br />
Germany (22 percent) and the former West Germany<br />
(14 percent). This difference is primarily the result<br />
of the high importance of publicly funded back-towork<br />
measures in former East Germany.<br />
3. breaking dOwn the bOundaries<br />
between ciVic engageMent and gainful<br />
eMplOyMent<br />
Besides the qualitative changes to employment relationships,<br />
several other developments have occur-<br />
61
forum 2 | priller: from labour Market booster to ambiguous form of employment?<br />
red in recent years. These have led to an accelerated<br />
erosion of the formerly strict division between volunteering<br />
and paid work. Until recently, the boundaries<br />
ran along the lines of opposites such as voluntary and<br />
compulsory, income-oriented and community-oriented,<br />
commercial and public service, competitive and<br />
co-operative. The focus of paid employment was earning<br />
an income to secure your livelihood, whilst voluntary<br />
work was a form of altruism, generally made<br />
possible through having a steady income (from either<br />
paid work or assets). 3 For various reasons, these<br />
boundaries have become more blurred, with volunteering<br />
veering increasingly towards gainful employment,<br />
in this way slowly getting closer to the times,<br />
places, subjects and co-operative relationships which<br />
up to now were predominantly found within the<br />
scope of paid employment. However, correspondingly,<br />
this can also be noted in the context of flexibilisation<br />
and individualisation (see OVERVIEW).<br />
Yet volunteering has recently also started to play a<br />
role as a stepping stone into paid employment or for<br />
a career change, something we have not seen before.<br />
This involves a combination of both forms of activity,<br />
which can occur either through external interference<br />
(e.g. allocation to socially necessary activities), or by<br />
way of a mix that is more or less self-determined (e.g.<br />
‚creative class‘, ‚digital bohemians‘), in which case there<br />
is a non-remunerated element of civic engagement<br />
alongside a paid activity that secures a livelihood.<br />
3 See Hildebrandt, Eckart/Priller, Eckhard (2008):<br />
‚Entgrenzung von Bürgerschaftlichem Engagement und<br />
Erwerbsarbeit.‘ In: Michael Bürsch (ed.): ‚Mut zur Verantwortung<br />
– Mut zur Einmischung. Bürgerschaftliches Engagement<br />
in Deutschland.‘ Bonn, p.123-131.<br />
62<br />
Particularly in third sector organisations, however,<br />
the boundaries are becoming blurred through the<br />
monetarisation of volunteering (see TAB. 1).<br />
As the data from 1999 and 2009 shows, the proportion<br />
of volunteers who do not receive a remuneration<br />
in the form of reimbursements, honorariums,<br />
nominal payments or benefits in kind for their work<br />
has gone down by only five percent in the comparison<br />
period. Nevertheless, now it has started, the<br />
monetarisation process will be difficult to stop.<br />
TAB. 1: MONETARIZATION OF VOLUNTEER<strong>IN</strong>G BETWEEN 1999 AND 2009<br />
reimbursement honorariums nominal payments benefit in kind without remuneration<br />
Total<br />
1999<br />
2009<br />
Old Länder<br />
1999<br />
2009<br />
New Länder<br />
1999<br />
2009<br />
7%<br />
10%<br />
7%<br />
9%<br />
9%<br />
10%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
2%<br />
Source: Freiwilligensurvey 1999 und 2009<br />
4%<br />
5%<br />
4%<br />
5%<br />
5%<br />
4%<br />
OVERVIEW: BREAK<strong>IN</strong>G DOWN THE BO<strong>UND</strong>ARI-<br />
ES BETWEEN CIVIC <strong>ENGAGEMENT</strong> AND GA<strong>IN</strong>-<br />
FUL EMPLOYMENT<br />
• breaking down the boundaries of time, place,<br />
activities, cooperation<br />
• from the employees‘ collective to individual<br />
business (self-control, self-rationalizing, selfcommodification)<br />
• labour market integration through „social<br />
work opportunities“, „civic work“, local combo<br />
(mandatory for recipients of unemployment<br />
benefit II)<br />
• developments, which are described by terms<br />
„creative class“ or „digital bohemians“<br />
• Acquiring Skills in commitment towards lifelong<br />
learning (skills assessments, volunteering<br />
passport)<br />
• Stepping stone: Unemployment - Volunteering<br />
- Employment (often precarious)<br />
6%<br />
12%<br />
6%<br />
11%<br />
6%<br />
12%<br />
82%<br />
77%<br />
82%<br />
77%<br />
80%<br />
75%
4. cOnclusiOn<br />
Currently, the third sector does not create a significant<br />
number of new jobs, however, it is also not<br />
an area typically affected by job losses. Any analyses<br />
of the third sector‘s effects on labour market policy<br />
must not be limited to its immediate impact on<br />
employment. In future, there must be a stronger<br />
focus on the qualitative aspects of employment in<br />
the third sector in order to highlight factors such<br />
as overwork, bad working conditions and low pay.<br />
Trends in the increase of non-typical forms of employment<br />
are not necessarily a sign that they are ambiguous,<br />
although this can also not be excluded in<br />
the third sector. As the combination of regular paid<br />
employment and civic engagement is on the increase<br />
in this sector, and the boundaries between the<br />
two areas are becoming increasingly blurred, these<br />
issues deserve more attention.<br />
Birgitte Brekke<br />
friVillighet nOrge – the assOciatiOn<br />
Of ngOs in nOrway<br />
The Association of NGOs in Norway (Frivillighet Norge),<br />
founded in September 2005, is an umbrella for<br />
the voluntary sector in Norway. The mission of the<br />
association is to coordinate the voluntary sector’s<br />
FIG. 1<br />
forum 2 | brekke: frivillighet norge – the association of ngOs in norway<br />
dialogue with the authorities on issues that are common<br />
to the voluntary sector, and to voice the voluntary<br />
sector’s opinions to the public and the authorities.<br />
Frivillighet Norge also aims to create space for<br />
civil society and improve voluntarism. Another important<br />
task - besides lobbying and capacity building<br />
– is to inform and advice the member organizations.<br />
Some of the current issues in the Norwegian voluntary<br />
sector are the impact of VAT, a new public register<br />
for Norwegian NGOs, more research on the voluntary<br />
sector, as well as inclusion of the immigrant<br />
population in the voluntary sector.<br />
Frivillighet Norge has 280 members divided in<br />
50 000 local chapters. Frivilligeht Norge defines<br />
NGOs as non-profit, non-governmental organizations<br />
which main resources are voluntary work<br />
and/or funds achieved through membership fees,<br />
gifts, lotteries, jumblesales etc. This includes all<br />
sorts of activities: religion, environment preservation,<br />
cultural activities, sports, humanitarian<br />
activies, human rights, etc. Generally the Norwegian<br />
civil society – like those in other Scandinavian<br />
countries – is very strong in culture and leisure,<br />
whereas for example in Germany many civil socitey<br />
organizations are from the social services<br />
sector. That means that civil society organizations<br />
in Norway do not provide social service either by<br />
order of and financed by the government or as a<br />
substitute. (vgl. FIG. 1)<br />
63
forum 2 | brekke: frivillighet norge – the association of ngOs in norway<br />
The voluntary sector in Norway consists of 115 000<br />
non-governmental and non-profit organizations -<br />
over 40% are cultural and leisure organization. The<br />
majority of organizations are based locally, have no<br />
employees and very small financial means. There are<br />
10 million memberships in NGOs and 80 % of the Norwegians<br />
are members of one or more organization(s).<br />
48 % of the grown-up Norwegian population participates<br />
in voluntary work annually. They work more<br />
than 200 million hours annually in their organizations.<br />
The total contribution of Norwegian volunteers is<br />
equivalent to 115 000 full time employees and there<br />
are 72 000 full time employees in the sector. 36 % of<br />
the funding of the voluntary sector comes from central<br />
and local governments, 7 % comes from private<br />
donors, and 57 % of the funding comes from membership<br />
fees and sales. 60% of the organizations have<br />
budgets of less than 6 250 Euros. The organizations<br />
are mainly funded through fees and only by one third<br />
through governmental contributions. In contrary to<br />
that in the European average two thirds of the civil society<br />
organizations income is paid by the government.<br />
That fact also leads to more independence from the<br />
government in Norway. (vgl. FIG. 2)<br />
Generally, the functions of civil society organizations<br />
are to act as watch dog, teaching people to be part<br />
of democratic processes and become an active citizens.<br />
Volunteer organizations should teach people<br />
new skills, they are an arena for networking,<br />
FIG. 2<br />
64<br />
bridging. Therefore volunteers are a supplement to<br />
the public services and never a replacement. Nongovernmental<br />
organizations are also service providers<br />
and nevertheless they bring fun and action into<br />
people`s lives and into local communities.<br />
The economic growth in Norwegian civil society is<br />
very strong. The value of the third sector was 92 billion<br />
NoK including voluntary work and 37 billion NoK<br />
without voluntary work. There was a growth of 6.5%<br />
in civil society compared to an overall of 3.6% in the<br />
Norwegian GNP in that year. Culture and leisuretime<br />
organizations are responsible for 40% of the values<br />
created and on an average there are 1.6 volunteers<br />
behind every full time employee. (vgl. FIG. 3/4/5)<br />
There are two main reasons that cause structural differences<br />
between the Norwegian and German civil society:<br />
Firstly, paid voluntary work, that blur the boundaries<br />
between employment and volunteering is uncommon<br />
in the Norwegian third sector. In Norway there is no<br />
debate on monetization, because all work provided by<br />
volunteers is not paid. On the contrary in Germany the<br />
welfare service providers are an important part of the<br />
civil society and the combination of voluntary and paid<br />
work is very common in those companies. Secondly it’s<br />
the major goal of Norwegian civil society organizations<br />
to provide space for volunteers; a space that is free of<br />
market competition, of governmental influence and of<br />
any attempt to recruit volunteers for welfare services.<br />
public funding<br />
donations<br />
fees
FIG. 3<br />
FIG. 4<br />
FIG. 5<br />
forum 2 | brekke: frivillighet norge – the association of ngOs in norway<br />
65
Forum 3<br />
engagement im Kontext der PersonalentwicKlung von unternehmen<br />
Das Engagement bietet vielfältige Gelegenheiten für<br />
informelles Lernen und für den Erhalt und den Erwerb<br />
von Kompetenzen, die als Schlüsselkompetenzen auch<br />
für Unternehmen interessant sind. Dieses Potential<br />
des Engagements wird von Unternehmen zunehmend<br />
erkannt und im Rahmen der Personalentwicklung genutzt.<br />
Gleichzeitig kommt es in den meisten Unternehmen<br />
zur immer stärkeren Verdichtung und Entgrenzung<br />
von Arbeit. Dies und der beginnende Fachkräftemangel<br />
in vielen Bereichen kann den Spielraum von Unternehmen<br />
einschränken, Freiräume für das Engagement von<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ermöglichen.<br />
Welchen Stellenwert hat das bürgerschaftliche Engagement<br />
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für<br />
die Unternehmen? Welche aktive Unterstützung gibt<br />
es von Seiten der Unternehmen? Gibt es spezifische<br />
Unternehmensprogramme und was ist die Motivation<br />
der Unternehmen dafür? Wie werden das Engagement<br />
und die dabei erworbenen Kompetenzen<br />
konkret bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter genutzt? Welche Bedeutung haben<br />
in diesem Zusammenhang Kompetenznachweise?<br />
Gibt es Freistellungen für engagierte Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter? Inwieweit schränken die<br />
zunehmende Arbeitsverdichtung und der Fachkräftemangel<br />
die Bereitschaft von Unternehmen ein,<br />
solche Freistellungen zu gewähren? Welche Modelle<br />
gibt es hier in anderen europäischen Ländern?<br />
Piotr Sadowski<br />
Freiwilliges engagement im Kontext<br />
der PersonalentwicKlung<br />
die aKtuelle situation in euroPe<br />
• Die Bankenkrise hat in der Beziehung zwischen<br />
der Privatwirtschaft und dem Freiwilligensektor<br />
ihre Spuren hinterlassen. In der Vergangenheit<br />
wurde die Zusammenarbeit als eine Einbahnstraße<br />
angesehen, wobei dem Freiwilligensektor die<br />
Rolle des Almosenempfängers zukam – ein dank-<br />
66<br />
barer Nutznießer der von der Privatwirtschaft<br />
hervorgebrachten Effizienzstandards.<br />
• Nun wird den privaten Unternehmen zunehmend<br />
klar, dass ihre Gewinne davon abhängen, das Vertrauen<br />
der Verbraucher zurückzugewinnen.<br />
• In Großbritannien sind heute drei Viertel der<br />
Öffentlichkeit der Überzeugung, dass es sehr<br />
wichtig oder absolut unumgänglich ist, dass Unternehmen<br />
in einer sozial verantwortungsvollen<br />
Weise handeln.<br />
• Im Zuge der Kreditkrise und unter dem auf den<br />
Organisationen lastenden Druck, Kosten zu senken<br />
und die Effektivität zu maximieren, werden<br />
Schulungsmaßnahmen, die einstmals belächelt<br />
oder als nebensächlich angesehen wurden, in<br />
einem neuen Licht betrachtet.<br />
• Damit einher geht die Entwicklung von CSR sowie<br />
die Einbettung von CSR-Programmen in Organisationen.<br />
• Vorausschauende Unternehmen befassen sich<br />
intensiver mit der Frage, wie sich freiwilliges Engagement<br />
in die eigene Geschäftstätigkeit einbinden<br />
lässt, um den Nutzen für die Kommune<br />
und für die Organisation selbst zu maximieren.<br />
• Es ist also ein guter Zeitpunkt, um das freiwillige<br />
Mitarbeiter-Engagement neu zu definieren<br />
und expliziter mit der Entwicklung von Kompetenzen<br />
im Rahmen der Personalentwicklung zu<br />
verknüpfen.<br />
das argument hinter dem Freiwilligen<br />
Mitarbeiter-engageMent (FMe)<br />
• FME-Programme sollten nicht als eine kostenfreie<br />
Alternative zur formalen Weiterbildung und<br />
Personalentwicklung angesehen werden. Sie<br />
können allerdings durchaus kosteneffektiv sein<br />
und unterschiedlichste Qualifikationen fördern.<br />
Außerdem bringen sie die verschiedenen Sektoren<br />
zusammen.<br />
• Wenn sie effektiv sind, sind sie ein Beispiel echter<br />
CSR – und nicht nur ein Hochglanzmagazin mit<br />
einer Aufzählung der Summen, die an Wohltätigkeitsorganisationen<br />
gespendet wurden usw.
Forum 3 | Sadowski: Freiwilliges Engagement im Kontext der Personalentwicklung<br />
• Es gibt klare Hinweise darauf, dass die Entwicklung<br />
und Unterstützung von Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern, die mit FME-Programmen<br />
erreicht werden, nicht nur deren Qualifikation<br />
zugute kommt, was ein wichtiges unternehmerisches<br />
Argument zugunsten des freiwilligen<br />
Mitarbeiter-Engagements ist. Forschungen<br />
haben auch gezeigt, dass FME-Programme die<br />
Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
steigern, die Krankenstände senken und<br />
Fähigkeiten wie Teamarbeit, Kommunikation,<br />
Coaching und Mentoring ausbauen können.<br />
• Hinsichtlich der beruflichen Entwicklung<br />
kommt die Points of Light Foundation in den<br />
USA zusammen mit dem Volunteer Centre National<br />
Network zu dem Ergebnis, dass es überzeugende<br />
Beweise für die These gibt, dass FME<br />
die beruflichen Fertigkeiten weiterentwickelt.<br />
Gemeinsam mit Deloitte stellten sie fest, dass<br />
über 60% der Befragten angaben, freiwilliges<br />
Engagement habe einen positiven Einfluss auf<br />
ihren Berufsweg.<br />
• Im Hinblick auf die Personalbeschaffung gibt es<br />
ebenfalls Forschungsergebnisse, die belegen,<br />
dass es einen Zusammenhang zwischen FME-<br />
Programmen und der Wahl des Arbeitsplatzes<br />
gibt. Immer mehr Menschen (in den USA sind<br />
es etwa 75% der erwerbsfähigen Bevölkerung)<br />
beziehen das soziale Engagement von Unternehmen<br />
in ihre Entscheidung ein, bei wem sie<br />
sich bewerben wollen.<br />
• Im Zusammenhang mit der Frage, wie FME Arbeitsmoral<br />
und Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber<br />
fördert, gibt es noch viel mehr Unternehmen,<br />
und gewiss unzählige Belege in<br />
Großbritannien sowie in ganz Europa, die zeigen,<br />
dass Mitarbeiter, deren Arbeitgeber das gemeinnützige<br />
Engagement ihrer Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter fördern, viel zufriedener mit ihrem<br />
Job sind. Solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach<br />
stärker am Arbeitsplatz einbringen und beim Unternehmen<br />
bleiben.<br />
FallbEiSPiElE nationalEr und intErnationalEr<br />
untErnEhmEn in GroSSbritanniEn<br />
• Bei Community Service Volunteers (CSV) gibt<br />
es eine spezielle Abteilung, die sich ausschließlich<br />
mit FME und der Unterstützung ihrer Klienten<br />
befasst (zu denen die Deutsche Bank,<br />
Deloitte, KPMG, das britische Finanzministeri-<br />
um und eine große Zahl weiterer Organisationen<br />
und Institutionen gehören), um sinnvolle<br />
FME-Programme zu realisieren.<br />
• Give & Gain ist der einzige landesweit begangene<br />
Tag des FME in Großbritannien. Gemanagt<br />
wird er durch BITC. Dieses Jahr wurde<br />
Give & Gain zu einem internationalen Ereignis:<br />
Der Tag wurde in 16 Ländern auf der ganzen<br />
Welt begangen und führte dazu, dass 535 Organisationen<br />
Unterstützung im Wert von über<br />
£3 Millionen für die bedürftigsten Kommunen<br />
erbrachten. 27.530 freiwillige Mitarbeiter beteiligten<br />
sich an 422 Projekten, mit denen 330.000<br />
Menschen geholfen wurde.<br />
• British Telecom (BT) – Jeder Mitarbeiter erhält<br />
an mindestens drei Tagen die Gelegenheit,<br />
während der Arbeitszeit freiwillig für eine<br />
Wohlfahrts- oder sonstige Organisation seiner<br />
Wahl tätig zu sein. Das Unternehmen ist darauf<br />
bedacht, sein FME-Programm als ein Kernstück<br />
seiner Geschäftsphilosophie zu etablieren.<br />
Darum entwickelt BT auch eine Reihe bedeutender,<br />
vom Unternehmen gesponserter Programme,<br />
von denen zum Beispiel eines darauf<br />
abzielt, den Übergang junger Menschen von<br />
der Ausbildung ins Erwerbsleben zu unterstützen.<br />
Es werden praktische Berufsbeispiele von<br />
BT-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herangezogen,<br />
um den jungen Menschen den Einstieg<br />
in die Arbeitswelt zu demonstrieren, während<br />
gleichzeitig eine Coaching- und Mentoring-<br />
Kompetenz entwickelt wird, die dem Unternehmen<br />
ebenfalls zugutekommt.<br />
• Aviva – Der fünftgrößte Versicherungskonzern<br />
der Welt und der größte in Großbritannien.<br />
Jedes Jahr beteiligen sich immer mehr Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter – derzeit etwa<br />
2.500 – an gemeinnütziger Tätigkeit während<br />
der Arbeitszeit. Aviva hat drei landesweite Programme<br />
ins Leben gerufen: Den Global Action<br />
Plan, der die Zusammenarbeit mit Grundschulen<br />
bei Umweltfragen zum Inhalt hat; die Citizenship<br />
Foundation, die Unterrichtsmodule<br />
zum Thema „Bürgerschaft“ durch Freiwillige<br />
vermittelt und sich vor allem mit Wirtschaft und<br />
Finanzen befasst; und die Thrive Initiative, mit<br />
der Flüchtlinge und Vertriebene in Geld- und<br />
Sozialleistungsfragen beraten werden.<br />
• KPMG Europe ist in 14 Ländern aktiv und beschäftigt<br />
mehr als 33.000 Mitarbeiter. Das<br />
Unternehmen hat fast 60.000 Stunden Freiwilligentätigkeit<br />
und unbezahlter Arbeit in den<br />
67
forum 3 | sadowski: freiwilliges engagement im kontext der personalentwicklung<br />
Kommunen geleistet und mehr als €15 Millionen<br />
an Geld- und Sachspenden für die von ihm<br />
unterstützten Projekte erbracht.<br />
• FSA – eine unabhängige, nicht-staatliche Körperschaft.<br />
Ihre Freiwilligenprogramme erstrecken<br />
sich über drei Bereiche: Bildung, Vermittelbarkeit<br />
auf dem Arbeitsmarkt und Erholung. Die<br />
Mitarbeiter können im Jahr bis zu 20 bezahlte<br />
freie Tage nehmen, um freiwillige Tätigkeit zu<br />
leisten, sowie weitere 7 Tage für Teamwettbewerbe.<br />
Ungefähr 20 % der 3.000 Mitarbeiter<br />
der Organisation sind gemeinnützig engagiert.<br />
Sie arbeitet mit Tower Hamlets Education Business<br />
Partnership zusammen und konzentriert<br />
ihr freiwilliges Engagement auf eine Reihe örtlicher<br />
Schulen. Die Projekte im Rahmen dieser<br />
Freiwilligentätigkeit reichen dabei von der Aufklärung<br />
in Finanzfragen über Hilfestellung beim<br />
Verfassen eines Lebenslaufs bis zum Mentoring.<br />
• Santander – der internationale Bankenkonzern.<br />
In der Londoner Zentrale werden gemeinnützig<br />
engagierte Mitarbeiter durch einen abgestimmten<br />
Dienstplan unterstützt, der im Jahr bis zu 35<br />
Stunden bezahlter Arbeitszeit gewährt, damit<br />
Mitarbeiter den von ihnen gewählten gemeinnützigen<br />
Zwecken nachgehen können. Zu den Möglichkeiten<br />
eines solchen freiwilligen Engagements<br />
gehören Mentoring, Expertenvorträge und Aufklärung<br />
von Schülern über die Führung eines Unternehmens<br />
und die Arbeitswelt im Allgemeinen.<br />
wie kann Man freiwilliges MitarbeiterengageMent<br />
als eine fOrM der persOnalentwicklung<br />
pOpulär Machen?<br />
• Wir müssen den Unterschied zwischen Weiterbildung<br />
und freiwilligem Engagement klar<br />
stellen. Weiterbildung ist oft Pflicht, während<br />
freiwilliges Engagement seiner inneren Logik<br />
nach eine Tätigkeit ist, der man sich aus freien<br />
Stücken widmet. Weiterbildung besteht oft aus<br />
einzelnen Einheiten, während freiwilliges Engagement<br />
ein fließender Prozess sein kann. Es<br />
besteht die Gefahr, dass das Erlebnis der Freiwilligkeit<br />
verwässert wird, wenn es zu stark an<br />
eine Weiterbildungsmaßnahme geknüpft ist,<br />
mit dem Ausfüllen von Fragebögen einhergeht<br />
oder bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen.<br />
• Es besteht jedoch kein Zweifel, dass die Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten von Mitarbeitern entwickelt<br />
werden können. Es muss begründet<br />
werden, warum und wie freiwilliges Mitarbei-<br />
68<br />
ter-Engagement für ein Unternehmen attraktiv<br />
ist. Unabhängig davon, ob es intern gemanagt<br />
oder extern in die Hände spezialisierter Employee<br />
Volunteering Broker (ein solcher ist CSV in<br />
Großbritannien) gelegt wird – die Zeit für die<br />
Planung und Verwaltung effektiver FME-Programme<br />
und -Tätigkeiten, einschließlich der<br />
Organisierung geeigneter Möglichkeiten für ein<br />
freiwilliges Engagement, der Zusammenarbeit<br />
mit Freiwilligenorganisationen bei der Koordinierung<br />
der Tätigkeit und der Unterweisung der<br />
Freiwilligen, ist von ausschlaggebender Bedeutung<br />
und bedarf der finanziellen Absicherung.<br />
Darum dürfen FME-Programme, die auf die Entwicklung<br />
der Fähigkeiten und Fertigkeiten der<br />
Mitarbeiter abzielen, nicht als eine kostenlose<br />
Alternative zur formalen beruflichen Weiterbildung<br />
angesehen werden.<br />
• Wenn Weiterbildung und Entwicklung und freiwilliges<br />
Engagement miteinander verknüpft<br />
werden, so kann der Beitrag der Freiwilligentätigkeit<br />
auch in den formalen Leistungsmanagementsystemen<br />
vermerkt werden. Denn dies ist<br />
der Rahmen, den Unternehmen zur Anerkennung<br />
und Messung der Entwicklung und der<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Mitarbeiter<br />
verwenden. Darum ist dies eine Form des Nachweises<br />
für die Weiterbildung und Entwicklung<br />
von Mitarbeitern durch freiwilliges Mitarbeiter-<br />
Engagement. Das heißt, wenn Mitarbeiter, die<br />
sich an gemeinnütziger Arbeit beteiligen, durch<br />
ihre Unterstützung der Gemeinschaft zusätzlich<br />
ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln,<br />
so wird diese Tätigkeit im Leistungsmanagement<br />
vermerkt.<br />
hindernisse für freiwilliges Mitarbeiter-<br />
EngagEmEnt<br />
• Auf dem Arbeitsmarkt und am Arbeitsplatz<br />
vollzieht sich ein überaus dynamischer Veränderungsprozess,<br />
da Organisationen oft rasch<br />
auf sich verändernde Märkte reagieren und sich<br />
entsprechend anpassen müssen.<br />
• Zeit selbst kann ein Hindernis sein. CSV hat durch<br />
eine Befragung den Mangel an Zeit als eine Ursache<br />
identifiziert. Es zeigte sich, dass zwei von<br />
drei Personen Zeitdruck als den Hauptgrund für<br />
ihr fehlendes Engagement empfanden. Darin<br />
spiegeln sich zunehmende Schwierigkeiten wider<br />
beim Ausgleich zwischen beruflichen, gesellschaftlichen<br />
und familiären Pflichten.
forum 3 | koch: erfolgsfaktoren für personalentwicklung durch gesellschaftliches engagement<br />
• Die Verbesserung der Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
ihrer Belegschaft kann viele Arbeitgeber<br />
vor Herausforderungen stellen, für die sie<br />
nicht genügend ausgerüstet sind. Arbeiter, die<br />
neue Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben,<br />
brauchen möglicherweise eine neu definierte<br />
Tätigkeit. Denn wenn neue Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
nicht genutzt werden, so kann sich bei<br />
der Arbeitsnehmerin und beim Arbeitnehmer<br />
Langeweile und Lustlosigkeit einstellen, während<br />
andererseits der Arbeitgeber nichts von<br />
der neu erworbenen Qualifikation seiner Mitarbeiterin<br />
und seines Mitarbeiters hat.<br />
• Mitarbeiter, die um ihren Arbeitsplatz oder um<br />
das Ergebnis ihrer Leistungsbeurteilung fürchten,<br />
kann ein freiwilliges Engagement während der Arbeitszeit<br />
als ein zu riskanter Schritt erscheinen.<br />
was kann getan werden, uM das kOnzept<br />
des fMe weiter zu entwickeln?<br />
• Vor dem Hintergrund des Europäischen Jahres<br />
der Freiwilligentätigkeit und des PAVE-Dokuments<br />
ist dies für die EYV 2011-Allianz mit Sicherheit<br />
etwas sehr Bedeutsames. Das bisherige<br />
Erbe muss auf jeden Fall gewahrt bleiben.<br />
• Es bedarf einer besseren Unterstützung der<br />
Unternehmensführungen, um ein effektives<br />
und flexibles Management zu ermöglichen. Die<br />
Schulung von Managern ist sehr unvollkommen.<br />
Zum Beispiel geben britische Organisationen im<br />
Jahr weniger für die Schulung von Managern<br />
aus als die meisten Wettbewerber, darunter die<br />
USA, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Frankreich<br />
und Spanien. Besser geschulte Manager<br />
wären in der Lage, die Arbeit so zu organisieren<br />
und Jobs so zu gestalten, dass die Fähigkeiten,<br />
Fertigkeiten und Kompetenzen ihrer Belegschaft<br />
in vollem Umfang ausgeschöpft werden.<br />
• Wenn Zeit der Hinderungsgrund ist, so könnten<br />
für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexible<br />
Arbeitszeiten eingeführt werden. Im Moment<br />
werden flexible Arbeitszeiten in erster<br />
Linie als ein Mittel gesehen, Personen, die Pflege-<br />
oder Betreuungspflichten nachkommen<br />
müssen, die Möglichkeit zu geben, in einer bezahlten<br />
Anstellung zu bleiben. In Großbritannien<br />
hat die Kommission für Chancengleichheit<br />
und Menschenrechte jedoch unlängst festgestellt,<br />
dass es für ein Unternehmen von Vorteil<br />
ist, für alle Mitarbeiter innen und Mitarbeiter<br />
flexible Arbeitszeiten einzurichten. Außerdem<br />
hilft es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern,<br />
ein nachhaltigeres Berufsleben zu führen.<br />
• Als Nächstes müssen Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
offiziell und formal aufgezeichnet werden.<br />
Wenn solche Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
in einer Weise aufgezeichnet werden, dass Arbeitgeber<br />
sie verstehen und nutzen können,<br />
so würden sie bei Kolleginnen und Kollegen<br />
und Vorgesetzten höher gewürdigt werden. Es<br />
könnten einfache Hilfsmittel entwickelt werden,<br />
mit deren Hilfe die Freiwilligenorganisationen,<br />
die mit den Freiwilligen arbeiten, die Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten, die von den Freiwilligen<br />
entwickelt und eingesetzt werden, benennen<br />
und bewerten könnten, um diese Informationen<br />
anschließend an die Arbeitgeber der Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zu übermitteln.<br />
• Die regierungsverantwortlichen Stellen auf zentraler<br />
und lokaler Ebene können eine positive<br />
Rolle bei der Veränderung der Einstellung gegenüber<br />
dem FME spielen. Dies könnte in der Funktion<br />
als Arbeitgeber geschehen, um eine kulturelle<br />
Führungsrolle im Bereich der Beschäftigungspraxis<br />
zu übernehmen. Der Staat ist dadurch in der<br />
vorteilhaften Position, zur positiven Wahrnehmung<br />
des FME beitragen zu können.<br />
Stephan Koch<br />
erfOlgsfaktOren für persOnalentwicklung<br />
durch gesellschaftliches<br />
EngagEmEnt 1<br />
Betrachtet man das gesellschaftliche Engagement<br />
von Unternehmensangehörigen durch die Brille<br />
„Personalentwicklung“, sollten zwei verschiedene<br />
Engagementformen unterschieden werden: zum<br />
einen das freiwillige bürgerschaftliche Engagement<br />
von Mitarbeitern, das vom Unternehmen durch<br />
Freistellungsregelungen oder systematische Volunteering-Programme<br />
ermöglicht und gefördert<br />
wird (Corporate oder Employee Volunteering). Zum<br />
anderen gibt es systematische Organisations- und<br />
Personalentwicklungsmaßnahmen, die auf eine Entwicklung<br />
von Unternehmenskultur oder Mitarbeiterkompetenzen<br />
abzielen – und dafür gezielt gesell-<br />
1 Der Beitrag erschien zuerst in: F.A.Z.-Institut & Am-<br />
Cham Germany (Hrsg.) (2011): Jahrbuch Corporate Responsibility<br />
2011. Corporate Volunteering - Freiwilliges Engagement<br />
von Unternehmen und Gesellschaft. Frankfurt am Main. Der<br />
Text ist abrufbar unter: http://tinyurl.com/engagementlernen<br />
69
forum 3 | koch: erfolgsfaktoren für personalentwicklung durch gesellschaftliches engagement<br />
ABB. 1<br />
schaftliches Engagement nutzen. Die beiden Formen<br />
ergänzen sich und können zugleich Bestandteil einer<br />
Corporate-Citizenship-Strategie sein. In der internen<br />
und externen Kommunikation sollten beide Engagementformen<br />
möglichst nicht vermischt werden.<br />
eMplOyee VOlunteering fördert<br />
handlungskOMpetenzen<br />
Studien aus den USA und Großbritannien belegen,<br />
dass zahlreiche Unternehmen Employee Volunteering<br />
zur Entwicklung bestimmter Kompetenzen und<br />
Fertigkeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
nutzen. Eine aktuelle Studie aus Großbritannien<br />
untersucht langfristige Mitarbeiterengagements<br />
im Bildungskontext (City of London 2010). Sie zeigt<br />
die positiven Wirkungen des Engagements auf den<br />
Mitarbeiterstolz, die Motivation, die Zufriedenheit<br />
und auf die Bindung der engagierten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter an das Unternehmen. Darüber<br />
hinaus vergleicht sie die Wahrnehmung der<br />
engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und<br />
die ihrer Vorgesetzten hinsichtlich ihrer Kompetenzentwicklung<br />
durch das Engagement. Beide Gruppen<br />
bescheinigen dem Employee Volunteering eine positive<br />
Wirkung auf die Kompetenzen der engagierten<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (vgl. ABB 2)<br />
70<br />
Der wahrgenommene Kompetenzzuwachs variiert<br />
je nach konkretem Volunteering-Programm.<br />
So hatten in der Studie weniger zeitintensive<br />
Engagementformen wie Lesepatenschaften einen<br />
geringeren Einfluss auf die Kompetenzen als<br />
aufwendigere Engagementformen. Soweit das<br />
Employee-Volunteering-Programm die Kompetenzentwicklung<br />
der Mitarbeiter zum Ziel hat,<br />
sollten Engagementprogramme entwickelt werden,<br />
die den Mitarbeitern ausreichend Gelegenheit<br />
für die gewünschten Lernerfahrungen bieten.<br />
Basis der positiven Effekte ist informelles Lernen,<br />
das zunehmend auch in den Fokus der Personalentwicklung<br />
gerät. Diese Lernform ist in Bezug<br />
auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung nicht<br />
strukturiert. Zwar kann sie zielgerichtet sein,<br />
in den meisten Fällen erfolgt das Lernen jedoch<br />
nicht-intentional und beiläufig.<br />
gezielte persOnalentwicklung:<br />
„engageMent lernen“<br />
Die Basis dazu bilden explizit formulierte Lernziele,<br />
an denen ein Programmdesign – inklusive eines gezielten<br />
Methodeneinsatzes zur Lernunterstützung<br />
– ausgerichtet wird. So wird der Anteil an Reflexion<br />
und bewusstem Lernen erhöht. Die Methode
ABB. 2<br />
forum 3 | koch: erfolgsfaktoren für personalentwicklung durch gesellschaftliches engagement<br />
„Engagementlernen“ baut eine Brücke zwischen informellem<br />
und formellem Lernen, wodurch die mit<br />
den jeweiligen Lernformen verbundenen positiven<br />
Effekte fokussiert und verstärkt werden.<br />
Im Unterschied zu den meisten Employee-Volunteering-Programmen<br />
zeichnet sich „Engagementlernen“<br />
durch explizit formulierte Lernziele, ein<br />
lernzielbezogenes Design, eine Einbindung in Personalentwicklungsprogramme<br />
sowie eine professionelle<br />
Trainerbegleitung aus. Die Methode bietet einen<br />
unterstützenden Einsatz von Lernmethoden und<br />
lässt sich gezielt auf den Arbeitsalltag übertragen.<br />
„Engagementlernen“ basiert auf dem Konzept „Lernen<br />
in fremden Lebenswelten“. Dieses von der Agentur<br />
Mehrwert entwickelte Konzept geht davon aus,<br />
dass „durch den Kontakt mit Menschen in besonderen<br />
Lebensumständen und durch die Herausforderung,<br />
sich unvorhersehbaren Situationen auszusetzen, die<br />
personale und soziale Kompetenz von Menschen<br />
gefördert werden kann“ (Bartsch 2000). Unter dem<br />
Begriff „Service Learning“ gibt es inzwischen auch<br />
zunehmend Schulen und Hochschulen, die gesellschaftliches<br />
Engagement und Lernen verbinden. Bei<br />
„Service Learning“ geht es um die Anwendung theoretischen<br />
Wissens durch die Schüler/Studierenden,<br />
das heißt um die Verbindung von fachlichem Lernen<br />
mit gesellschaftlichem Engagement. (vgl. ABB. 3)<br />
ABB. 3<br />
71
Forum 3 | Koch: Erfolgsfaktoren für Personalentwicklung durch gesellschaftliches Engagement<br />
„Engagementlernen“ bietet Anknüpfungspunkte<br />
für alle Zielgruppen der Personalentwicklung. Dazu<br />
gehören Auszubildende, Fachkräfte und Fachkräftenachwuchs,<br />
Führungskräfte und Führungskräftenachwuchs,<br />
Potentialträger (High Potentials). „Engagementlernen“<br />
bildet die ganze Bandbreite der<br />
Handlungsfelder in der Personalentwicklung ab. Dazu<br />
gehören Organisationsentwicklung, Team Building<br />
und Teamentwicklung sowie Kompetenzentwicklung<br />
(personale und soziale Kompetenz, Fach-, Methoden<br />
und Führungskompetenz). Die Zielgruppen und die<br />
Handlungsfelder bilden die Grundlagen für die Systematisierung<br />
der Trainingsmaßnahmen nach der Methode<br />
„Engagementlernen“ (vgl. ABB. 4).<br />
So kann beispielsweise ein Aktivtag mit moderierter<br />
Auswertung dazu genutzt werden, interne<br />
Multiplikatoren an das Thema CSR heranzuführen.<br />
Team mit Entwicklungsbedarf kann anstatt eines<br />
Outdoortrainings einen sorgfältig konzipierten und<br />
trainerbegleiteten Engagementeinsatz durchführen.<br />
Methodische und fachliche Inhalte eines Führungskräftenachwuchsprogramms<br />
können durch<br />
gecoachte Projekte vertieft werden, in deren Verlauf<br />
beispielsweise gemeinnützige Partnerinnen<br />
und Partner betriebswirtschaftlich beraten werden.<br />
Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können<br />
ABB. 4<br />
72<br />
durch gezielte Abordnungen oder Patenschaften<br />
sinnstiftende Perspektiven für den Ruhestand entwickeln.<br />
Die Beispiele sind vielfältig. Die Evaluationsergebnisse<br />
von zahlreichen Projekten belegen<br />
die Effektivität der Methode. Jede Maßnahme muss<br />
individuell auf die jeweiligen Entwicklungsziele zugeschnitten<br />
und im Kontext der jeweiligen CSR bzw.<br />
Corporate-Citizenship-Strategie entwickelt werden.<br />
ErfolgsfaktorEn bEachtEn<br />
Die Methode darf nicht als bloße Folie für Personalentwicklungsprojekte<br />
missverstanden werden. Die<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer bemerken, wenn<br />
die Trainings ausschließlich aus Unternehmens- oder<br />
Trainerperspektive konzipiert wurden. Dann wird<br />
kein echter Bedarf bedient, oder es entsteht kein<br />
tatsächlicher Nutzen für die Partnerin und den Partner<br />
im Gemeinwesen. Motivation und Sinnstiftung<br />
verkehren sich dann ins Gegenteil.<br />
Auch die Partner im Gemeinwesen reagieren – zu<br />
Recht – sehr empfindlich, wenn man ihnen nicht<br />
auf Augenhöhe begegnet, sondern sie als „Folie“<br />
oder „Austragungsort“ missbraucht. Eine enge Abstimmung<br />
mit der Partnerin und mit dem Partner<br />
im Gemeinwesen und die gleichrangige Beachtung
forum 3 | koch: erfolgsfaktoren für personalentwicklung durch gesellschaftliches engagement<br />
ihrer Ziele und Rahmenbedingungen sind daher essenziell.<br />
In vielen Fällen ist es notwendig, nicht nur<br />
das Unternehmen und die Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter, sondern auch den Partner innen und<br />
Partnern vor und während des Projektes adäquat zu<br />
begleiten. Daher sind Mittlerkompetenzen und -erfahrungen<br />
für Konzeption und Durchführung solcher<br />
Projekte von grundlegender Bedeutung.<br />
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten mit der<br />
intensiven und ganzheitlichen Lernerfahrung nicht<br />
allein gelassen werden. Sie brauchen eine sensible<br />
und systematische Unterstützung bei der Reflexion<br />
und Bearbeitung der Erlebnisse und Erfahrungen,<br />
bei der methodischen Aufbereitung des Gelernten<br />
und beim gezielten Transfer in den Arbeitsalltag.<br />
Mögliche Vorbehalte von Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
sollten Sie schon im Vorfeld sehr ernst nehmen.<br />
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verlassen<br />
in den Trainings ihre Komfortzone. Dadurch können<br />
vorab Befürchtungen und Ängste ausgelöst werden,<br />
die bereits im Vorfeld adressiert werden sollten.<br />
gesellschaftliches engageMent fördert<br />
mitarbEitErEngagEmEnt<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich bürgerschaftlich<br />
engagieren, sind stolz auf ihr Unternehmen,<br />
motiviert, zufrieden und fühlen sich letztendlich an ihr<br />
Unternehmen gebunden. Freiwilliges bürgerschaftliches<br />
Engagement wirkt positiv auf die engagierten<br />
Mitarbeiter, die dabei beiläufig und informell ihre<br />
Handlungskompetenz erweitern. Jedes Engagement<br />
wirkt dabei anders, abhängig von seinen konkreten<br />
Rahmenbedingungen. Systematische Personalentwicklungsmaßnahmen<br />
nach der Methode „Engagementlernen“<br />
sind eine effektive Alternative zu traditionellen<br />
Trainingsmethoden. Sie wirken gezielt auf<br />
die Handlungsfelder der Personalentwicklung und<br />
können zielgruppenadäquat gestaltet werden. Ihre<br />
positive Wirkung erzielen sie jedoch nur, wenn ihnen<br />
ein echtes, ehrliches Engagement zugrunde liegt, das<br />
die Partnerinnen und Partner im Gemeinwesen nicht<br />
als Lernschablonen benutzt.<br />
weiterführende literatur<br />
• Bartsch, G. (2000): Lernen in fremden Lebenswelten.<br />
Personalentwicklung als Einstieg in das<br />
bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen“,<br />
Arbeitspapier der Bundesinitiative UPJ,<br />
Hamburg.<br />
• City of London (Hrsg.) (2010):Volunteering – The<br />
Business Case. The benefits of Employee Volunteering<br />
programms in education, London.<br />
• Chartered Management Institute (2006): Valuing<br />
Volunteering: a route to professional development:<br />
views from VSO volunteers and managers,<br />
London.<br />
• Deloitte (2005): Volunteer IMPACT Survey.<br />
• LBG Associates (2004): Measuring Corporate<br />
Volunteerism, LBG Associates.<br />
• Points of Light Foundation and Allstate Foundation<br />
(2000): The Corporate Volunteer Program<br />
as a Strategic Resource. The Link Grows Stronger,<br />
Washington, D.C.<br />
• Seifert, A. & Zentner, S. (2010): Service-Learning<br />
– Lernen durch Engagement. Methode, Qualität,<br />
Beispiele und ausgewählte Schwerpunkte.<br />
Eine Publikationdes Netzwerks Lernen durch<br />
Engagement, Weinheim.<br />
• Pinter, A. (2006): Employee Volunteering in der<br />
Personalarbeit: ein strategischer Ansatz zur<br />
Kombination von Gemeinwohl und Unternehmensinteresse?<br />
Centre for Sustainability Management,<br />
Lüneburg.<br />
73
fOruM 3<br />
VOlunteering in the cOntext Of huMan resOurces deVelOpMent<br />
in cOMpanies<br />
Volunteering provides many opportunities for<br />
informal learning as well as for the maintenance<br />
and acquisition of skills that are also of interest to<br />
companies as key competencies. This potential of<br />
volunteering is being increasingly recognised and<br />
used by companies as part of their HR development<br />
measures. At the same time, workloads in<br />
most companies are becoming heavier, and the<br />
scope of individual jobs is broadening. Together<br />
with the incipient shortage of skilled workers in<br />
many areas, this may limit the scope of companies<br />
to provide space for their employees’ voluntary<br />
commitment.<br />
How important is employee civic commitment for<br />
companies? What active support do companies provide?<br />
Are there any specific corporate programmes<br />
in this connection, and what might motivate companies<br />
to develop them? How are volunteering and the<br />
skills acquired through volunteering used specifically<br />
in the context of recruitment of new employees?<br />
How important is proof of competence in this context?<br />
Do employees receive time off for their civic<br />
engagement? What models are there in other European<br />
countries?<br />
Piotr Sadowski<br />
VOlunteering in the cOntext Of<br />
huMan resOurces deVelOpMent<br />
the cOntext Of where we are nOw in eurOpe<br />
• The banking crisis has certainly affected the relationship<br />
between the private and the voluntary<br />
sectors; in the past the collaboration was<br />
seen as a one-way street, with the voluntary<br />
sector being treated as the “charity” case, a<br />
grateful beneficiary of private sector standards<br />
of efficiency.<br />
• Now, private companies are increasingly recognizing<br />
that their profits depend on re-building<br />
the trust of the consumers.<br />
74<br />
• In the UK, for example, ¾ of the public now believe<br />
it is very important or absolutely essential for<br />
companies to act in a socially responsible way.<br />
• With the credit crisis and organisations under<br />
budgetary pressures to reduce costs and maximise<br />
impact, training that may once have been<br />
something nice to have or considered non-essential<br />
is being reviewed.<br />
• Coupled with this is the evolution of CSR and<br />
embedding CSR programmes in organisations.<br />
• Forward-looking companies are focusing more<br />
attention on how to leverage volunteering to<br />
maximise the benefit to both the local community<br />
and the organisation itself.<br />
• So it is a very opportune time to re-shape and<br />
more explicitly link employee volunteering with<br />
the development of skills in human resources.<br />
the arguMent behind eMplOyee<br />
VOlunteering (eV)<br />
• Employee volunteering programmes should not<br />
be seen as a no-cost alternative to formal skills<br />
training and development of staff. They can be<br />
however cost effective and develop a wide range<br />
of skills. They also bring the different sectors<br />
together.<br />
• f effective, they are a manifestation of real CSR<br />
– not just a glossy magazine every year with<br />
numbers on funds donated to charities, etc.<br />
• There is evidence that the human resources<br />
development and support achieved through<br />
employee volunteering programmes is not only<br />
beneficial to skills, which strengthens the business<br />
case for employee volunteering. Research<br />
shows that volunteering schemes can also increase<br />
employee satisfaction, reduce sickness<br />
levels and improve skills such as teamwork,<br />
communication, coaching and mentoring.<br />
• In terms of professional development, the<br />
Points of Light Foundation in the US, together<br />
with the Volunteer Centre National Network,<br />
finds that there is compelling evidence that<br />
supports the concept that employee voluntee-
forum 3 | sadowski: Volunteering in the context of human resources development<br />
ring develops workplace skills. Together with<br />
Deloitte, they found that over 60% of the respondents<br />
to their study on this reported that<br />
volunteering had had a positive effect on their<br />
careers.<br />
• In terms of the recruitment of human resources,<br />
there is also research that shows that there<br />
is a link between employee volunteering programmes<br />
and recruitment: More and more people<br />
(in the US it is around 75% of people of working<br />
age) consider a company’s commitment to<br />
social issues when deciding where to work.<br />
• In terms of how employee volunteering supports<br />
morale and retention, there are many<br />
more companies and certainly plenty of evidence<br />
exists in the UK, as well as across Europe,<br />
which shows that individuals whose employers<br />
support employee-community engagement experience<br />
greater workplace satisfaction. Employees<br />
are more likely to be engaged at work and<br />
stay with a company.<br />
case studies frOM the uk and beyOnd<br />
• Community Service Volunteers (CSV) has a specialist<br />
department focusing specifically on employee<br />
volunteering and supporting its clients,<br />
which include Deutsche Bank, Deloitte, KPMG,<br />
the Treasury and a host of other organisations<br />
and institutions, to implement meaningful employee<br />
volunteering programmes.<br />
• Give & Gain is the UK’s only national day of<br />
employee volunteering, managed by BITC.<br />
This year Give & Gain went international,<br />
with the activity taking place in 16 countries<br />
throughout the world, resulting in 535 organisations<br />
providing over £3 million worth of<br />
support going to communities most in need.<br />
There were 27,530 employee volunteers<br />
who worked on 422 projects to support over<br />
330,000 individuals<br />
• BT – each employee is given a minimum of three<br />
days during work time to volunteer for a charity<br />
or organisation they are passionate about.<br />
The company is keen for its volunteering programme<br />
to grow at the heart of the business<br />
so it is also developing several large company<br />
sponsored programmes, for example, one of<br />
which aims to support the transition of young<br />
people from education into work, using BT employees<br />
career stories to open up the world of<br />
work to young people, whilst developing coa-<br />
ching and mentoring skills which also benefit<br />
the business.<br />
• Aviva – the world’s fifth largest insurance group<br />
and the largest in the UK. Every year increasing<br />
numbers of employees, currently around 2,500,<br />
are involved in community activity in working<br />
time. It has three national programmes, including<br />
the Global Action Plan, working with primary<br />
schools on environmental issues; the Citizenship<br />
Foundation, created by developing teaching modules<br />
on citizenship with a focus on economics<br />
and finance, which are delivered by volunteers;<br />
and the Thrive Initiative, which involves educating<br />
displaced adults about money and benefits.<br />
• KPMG Europe is comprised in 14 countries and<br />
employs more than 33,000 people. It contributes<br />
nearly 60,000 hours of volunteering and<br />
pro bono work in their local communities, with<br />
over €15 million donated to the causes supported<br />
in cash or in kind.<br />
• FSA – an independent non-governmental<br />
body. Its volunteering programmes cover<br />
three areas: education, employability and<br />
regeneration. Employees are able to take up<br />
to 20 days paid leave a year to volunteer, as<br />
well as an additional 7 days for team challenge<br />
events. Approximately 20% of the<br />
organisation’s 3,000 workforce are involved<br />
in volunteering. It works with Tower Hamlets<br />
Education Business Partnership and focuses<br />
its volunteering efforts on a range of local<br />
schools, with volunteering projects ranging<br />
from financial literacy lessons to help with CV<br />
writing and mentoring.<br />
• Santander – the international banking group,<br />
in the London head office staff volunteering<br />
is supported through a matched time scheme<br />
where it gives up to 35 hours a year of paid work<br />
time to enable employees to help their favourite<br />
causes. Volunteering opportunities include<br />
mentoring, guru lectures and helping pupils to<br />
understand more about running a business and<br />
the world of work.<br />
what can be dOne tO prOMOte eMplOyee<br />
VOlunteering as a fOrM Of huMan<br />
resOurces deVelOpMent?<br />
• We need to clarify the distinction between training<br />
and volunteering. Training is often compulsory<br />
while volunteering by its nature is an<br />
activity that should be entered into voluntarily.<br />
75
forum 3 | sadowski: Volunteering in the context of human resources development<br />
Training is often structured while volunteering<br />
can be more fluid. There is a danger of dilution<br />
of the volunteering experience if it is tied too<br />
closely to training, ticking boxes and meeting<br />
certain criteria.<br />
• However, there is no denying that employees’<br />
skills can be developed. It is necessary to clarify<br />
the business case for employee volunteering.<br />
Whether it is managed in-house or outsourced<br />
to specialist employee volunteering brokers<br />
(of which CSV is one in the UK), the time taken<br />
to plan and manage effective employee<br />
volunteering schemes and activity including<br />
sourcing suitable volunteering opportunities,<br />
liaising with volunteer-involving organisations<br />
to coordinate the activity and briefing volunteers<br />
is substantial and needs funding. Therefore<br />
employee volunteering programmes that<br />
aim to develop human resources skills should<br />
not be seen as a no-cost alternative to formal<br />
skills training.<br />
• If learning and development and volunteering<br />
are inter-linked, the contributions of volunteering<br />
activities can also be recorded in the<br />
formal performance management systems.<br />
This is because it is the framework businesses<br />
use to recognise and measure the development<br />
and the skills of their people. Therefore<br />
this is a form of evidencing the potential for<br />
learning and development of human resources<br />
through employee volunteering. Thus, if<br />
by helping the community staff engaged in<br />
employee volunteering are also improving<br />
their skills, then CSR will be recorded in performance<br />
management.<br />
barriers tO eMplOyee VOlunteering<br />
• There is a very dynamic process of change on<br />
the labour market and within the workplace, as<br />
organisations have to often rapidly react and<br />
adapt to changing markets.<br />
• Time in itself can be a barrier. The lack of time<br />
is something that CSV found through a research<br />
that showed that two out of three people feel<br />
pressure of time was the prime reason for their<br />
lack of involvement. This reflects increased difficulties<br />
in balancing work, social and family responsibilities.<br />
• For a lot of employers improving the skills of<br />
the workforce can create demands they are not<br />
equipped to deal with. Workers who acquire<br />
76<br />
new skills may need their job redesigned, otherwise<br />
if new skills are not used, employees can<br />
become bored and disengaged, while employers<br />
on the other hand will not see the return<br />
on investment.<br />
• For employees uncertain of their job security<br />
or performance measures, volunteering during<br />
work time might seem like a risk too far.<br />
what can be dOne tO take eMplOyee<br />
VOlunteering further?<br />
• Certainly for the EYV 2011 Alliance this is something<br />
very important, in the light of the Year and<br />
the PAVE document. The legacy is crucial.<br />
• Better support for managers to manage effectively<br />
and flexibly is needed. There is a considerable<br />
gap in training for managers. For example,<br />
UK organisations spend less per year on<br />
management training than most competitors,<br />
including the US, Germany, Denmark, Norway,<br />
France and Spain. More skilled managers<br />
would be able to organise work and design<br />
jobs to fully utilise their workforces’ skills and<br />
capabilities.<br />
• With time being the barrier, flexible working<br />
could be extended to all employees; at the moment,<br />
flexible working is primarily seen as a means<br />
of enabling those with caring responsibilities<br />
to continue in paid employment. In the UK,<br />
the Equality and Human Rights Commission has<br />
however recently argued that allowing all people<br />
to work flexibly has benefits for business as<br />
well as helping people to have more sustainable<br />
working lives.<br />
• Next thing – official, formal recording of skills<br />
acquired. Such skills, if recorded in a way that<br />
employers can understand and use, would<br />
mean their greater appreciation by staff and the<br />
employer. Simple toolkits could be developed,<br />
where the voluntary organisations receiving the<br />
volunteers could identify and grade the skills<br />
developed and used by volunteers, and then<br />
pass on this information to the employers of<br />
the staff.<br />
• Government at both central and local level<br />
can play a positive role in changing attitudes<br />
towards employee volunteering. This could be<br />
done as an employer – to offer cultural leadership<br />
in employment practices. There is an advantage<br />
which the government has to raise the<br />
profile of employee volunteering.
Stephan Koch<br />
forum 3 | koch: success factors for human resource development through civic engagement<br />
success factOrs fOr huMan<br />
resOurce deVelOpMent thrOugh<br />
ciVic engageMent<br />
We should differentiate between two forms of volunteering<br />
when considering civic engagement by<br />
company employees from a ‚human resource development‘<br />
perspective: one is employee volunteering,<br />
made possible and supported by companies<br />
through release agreements or systematic corporate<br />
volunteering programmes, the other the targeted<br />
use of civic engagement for systematic organisational<br />
and human resource development measures<br />
aimed at developing the corporate culture or improving<br />
employee skills. Both types complement each<br />
other and can also form part of a corporate citizenship<br />
strategy. Wherever possible, these two types of<br />
volunteering should not be mixed up in internal and<br />
external communications.<br />
eMplOyee VOlunteering builds ManageMent<br />
skills<br />
Studies from the USA and Great Britain show that<br />
many companies use employee volunteering to<br />
develop certain employee skills and competencies.<br />
A current British study is looking at long-term<br />
employee volunteering in an educational context<br />
(City of London 2010). It demonstrates the positive<br />
effects volunteering has on employee pride,<br />
motivation, satisfaction and the level of loyalty<br />
volunteers have towards the company. It also<br />
compares how these employees and their supervisors<br />
respectively view the impact of volunteering<br />
on skills development. Both groups confirm that<br />
employee volunteering has a positive effect on<br />
the volunteers‘ skills.<br />
The perceived level of additional skills gained varies<br />
according to the specific volunteering programme.<br />
In the study, less time-consuming forms<br />
of civic engagement such as volunteer reading<br />
partnerships had less effect on the skill level of<br />
volunteers than forms of engagement requiring<br />
more effort. If the primary aim of the employee<br />
volunteering programme is to develop the skills<br />
of the employees, then the programme should be<br />
designed to provide them with adequate opportunities<br />
for learning the desired skills. The positive<br />
effects are based on informal learning, an aspect<br />
increasingly focused on in human resource development.<br />
This form of learning is unstructured in<br />
terms of educational objectives, times or support.<br />
And although they may well be specific, learning<br />
objectives are usually introduced in an unintentional<br />
and incidental manner.<br />
targeted persOnnel deVelOpMent:<br />
‚engageMent lernen‘<br />
The basis for this is a programme which is designed to<br />
meet certain explicitly formulated learning objectives<br />
and includes the targeted use of specific methods to<br />
encourage learning. This in turn increases the amount<br />
of reflective and conscious learning. The ‚Engagement<br />
Lernen‘ method forms a link between informal<br />
and formal learning, thereby focusing and increasing<br />
the positive effects of both forms of learning.<br />
In contrast to most employee volunteering programmes,<br />
‚Engagement Lernen‘ is characterised by<br />
a design based on explicitly formulated learning, its<br />
integration into human resource development programmes<br />
and support by professional trainers. This<br />
method includes the application of supportive learning<br />
methods and can be systematically applied to<br />
everyday work.<br />
‚Engagement Lernen‘ is based on the concept of<br />
‚learning in an unfamiliar environment‘. This concept,<br />
developed by the Mehrwert agency, assumes<br />
that ‚people‘s personal and social skills can be improved<br />
through contact with people living in unusual<br />
circumstances and the challenge of facing unpredictable<br />
situations‘ (Bartsch 2000). The term<br />
‚service learning‘ is used when referring to the increasing<br />
number of schools and universities combining<br />
learning and civic engagement. ‚Service learning‘<br />
is about pupils/students applying their theoretical<br />
knowledge, i.e. about a combination of professional<br />
education and civic engagement.<br />
‚Engagement Lernen‘ offers something for all human<br />
resource development target groups, including<br />
trainees, professionals and young professionals, managers<br />
and future managers, and ‚high potentials‘.<br />
‚Engagement Lernen‘ reflects the entire sphere of<br />
activity in human resource development, including<br />
organisational development, team building and<br />
team development and skills development (personal<br />
and social skills, professional methods and leadership<br />
skills). The target groups and the sphere of<br />
77
forum 3 | koch: success factors for human resource development through civic engagement<br />
activity provide the basis for the systemisation of<br />
training measures in line with the ‚Engagement Lernen‘<br />
method.<br />
For example, an activity day with moderated evaluation<br />
can be used to introduce the topic of CSR<br />
to internal disseminators. Led by a trainer, a team<br />
with development needs can take part in a carefully<br />
designed volunteering exercise, rather than<br />
taking part in outdoor training. The method and<br />
professional content of a junior management programme<br />
can be consolidated through coached projects<br />
in which, for instance, non-profit partner organisations<br />
are given business management advice.<br />
Older members of staff can explore meaningful options<br />
for their retirement through targeted deployment<br />
or mentoring placements. There are diverse<br />
examples. The evaluation results of numerous<br />
projects prove the effectiveness of this method.<br />
Each measure must be individually tailored to the<br />
respective development goals and developed within<br />
the context of the respective CSR or corporate<br />
citizenship strategy.<br />
pay attentiOn tO success factOrs<br />
The method must not be seen as a mere foil for<br />
human resource development projects. The participants<br />
soon notice if training measures have been<br />
designed exclusively from a corporate or trainer perspective.<br />
This does not meet any real need, or is of<br />
no real use to the partner non-profit organisations.<br />
It would have the reverse effect on motivation and<br />
the whole point of the exercise.<br />
The partners in the community also react - justifiably<br />
- sensitively if they are not treated as an equal, but<br />
rather used as a mere ‚foil‘ or ‚venue‘. It is therefore<br />
essential to co-operate closely with the partners in<br />
the community, and to acknowledge their aims and<br />
framework conditions as being of equal importance.<br />
In many cases, it is not only necessary to offer adequate<br />
support to the company and its employees<br />
before and during the project, but also to the partner<br />
organisation. Mediation skills and experience<br />
are therefore vital for the conception and realisation<br />
of such projects.<br />
The participants should not be left alone with this intensive<br />
and holistic learning experience. They need<br />
sensitive and systematic support when dealing with<br />
and reflecting on what they have undertaken and ex-<br />
78<br />
perienced, when methodically reviewing what they<br />
have learnt and when systematically transferring<br />
it to their daily work. You should take any reservations<br />
voiced by the participants prior to the project<br />
very seriously indeed, as they will be leaving their<br />
comfort-zone during the training, which may lead to<br />
apprehension and anxiety. This should be addressed<br />
in advance.<br />
sOcial engageMent prOMOtes eMplOyee<br />
EngagEmEnt<br />
Employees who volunteer are proud of their company,<br />
motivated, and satisfied. Ultimately, they also<br />
feel bound to their company. Voluntary civic engagement<br />
has a positive effect on the employees<br />
involved, increasing their management skills in an<br />
informal and incidental way. Each engagement has<br />
a different effect, depending on its specific framework<br />
conditions. Systematic human resource development<br />
measures according to the ‚Engagement<br />
Lernen‘ method are an effective alternative to traditional<br />
training methods. They can have a specific<br />
influence on the scope for action in human resource<br />
development and can be designed for a specific target<br />
group. However, they can only have a positive<br />
effect if they are based on true, honest commitment<br />
and do not merely use the partner non-profit organisations<br />
as an educational template.
Dr. Stephan Grohs, Lehrstuhl für vergleichende Policy-Forschung und Verwaltungswissenschaft; Universität Konstanz<br />
1. einleitung 1<br />
„sOcial entrepreneurship“ und sOziale<br />
VerantwOrtung VOn unternehMen<br />
schlussfOlgerungen zu bedeutung, funktiOn und grenzen des<br />
bürgerschaftlichen engageMents<br />
Die internationale Debatte um „Social Entrepreneurship“<br />
(SE) ist mittlerweile auch in Deutschland angekommen.<br />
Angeregt und finanziell unterstützt durch<br />
Stiftungen (z. B. Stiftung Mercator, Vodafone-Stiftung,<br />
Siemens-Stiftung) und Mittlerorganisationen<br />
(Ashoka, Schwab) erregt der Begriff vermehrt die<br />
Aufmerksamkeit in Fachmedien, sozialwissenschaftlichen<br />
Veröffentlichungen (z.B. Empter/Hackenberg<br />
2011; Jähnke et al. 2011) und neuerdings auch der<br />
Politik. 2 Mittlerweile verfestigt sich mit der Schaffung<br />
einer „Social Entrepreneurship Akademie“<br />
als Kooperation der Münchener Hochschulen auch<br />
die universitäre Anbindung. Jenseits dieses offensichtlichen<br />
Hypes stellen sich die Fragen, welchen<br />
zusätzlichen Mehrwert diese „neuen“ Formen sozialer<br />
Aktivitäten für die Strukturen der Wohlfahrtsproduktion<br />
bringen und wie sich die empirische Bedeutung<br />
und organisatorische Ausgestaltung dieser<br />
neuen Spieler darstellt. Für das bürgerschaftliche<br />
Engagement stellt sich die Frage, ob die neuen SEs<br />
die bestehenden Initiativen sinnvoll ergänzen oder<br />
eher in Konkurrenz mit ihnen (um Engagierte, insbesondere<br />
aber Aufmerksamkeit und Fördermittel und<br />
Spenden) treten.<br />
Im Folgenden sollen daher folgende Fragen behandelt<br />
werden:<br />
• Welche Wandlungen im Verhältnis von Unternehmen<br />
bzw. Unternehmertum und „dem Sozialen“<br />
sind zu beobachten?<br />
1 Der Beitrag entstand im Rahmen des von der Stiftung<br />
Mercator geförderten Projektes „Social Entrepreneurship<br />
im etablierten Wohlfahrtsstaat: Lückenbüßer oder Innovationsinkubator“.<br />
Das Projekt ist im Forschungsverbund „Innovatives<br />
Soziales Handeln: Social Entrepreneurship“ angesiedelt und<br />
wird von Martin Burgi, Rolf G. Heinze, Stephan Grohs, Katrin<br />
Schneiders und Anna-Lena Schönauer bearbeitet. Der Beitrag<br />
greift in Teilen auf Passagen aus Heinze/Schneiders/Grohs 2011<br />
und Schneiders/Grohs 2011 zurück.<br />
2 Am 29.6.2011 fand im Unterausschuss „Bürgerschaftliches<br />
Engagement“ des Deutschen Bundestages ein<br />
Expertengespräch zu „Social Entrepreneurs als Problemlöser“<br />
statt.<br />
• Entsteht eine „neue Konkurrenz zwischen Unternehmen,<br />
Staat und Zivilgesellschaft?<br />
• Welche Konsequenzen hat dies für bürgerschaftliches<br />
Engagement und das Verhältnis von Erwerbsarbeit<br />
und Ehrenamt?<br />
Dazu sollen zunächst zentrale Begriffe geklärt werden<br />
(2.) und die Bedeutung „Sozialen Unternehmertums“<br />
in Deutschland dargestellt werden (3.). Auf Grundlage<br />
dieser Evidenz soll abschließend die Frage diskutiert<br />
werden, ob wir es mit einer neuen Konkurrenz zwischen<br />
Staat, Bürgerschaft und Unternehmern zu tun<br />
haben, und welche Folgerungen für das bürgerschaftliche<br />
Engagement gezogen werden können (4.).<br />
2. „sOcial entrepreneurship“:<br />
kOnturen eines schillernden begriffs<br />
Nach dem Motto „Everyone can change the world“<br />
(Bornstein 2007) wird „Social Entrepreneurship“ zunehmend<br />
zum Hoffnungsträger einer Reaktivierung<br />
des Sozialen, einer Versöhnung von Unternehmertum<br />
und Gemeinwohl stilisiert. Diskursgeschichtlich stellt<br />
es das aktuellste „Gegenmodell“ zu den als defizitär<br />
und verkrustet dargestellten etablierten Strukturen<br />
der Wohlfahrtsproduktion dar. 3 Nachdem die Begeisterung<br />
für die Bürgergesellschaft in der Diskussion<br />
mittlerweile abgeflaut ist, tritt mit SE ein neuer Topos<br />
auf den akademischen Markt. Im Mittelpunkt stehen<br />
nicht die brachliegenden Ressourcen der Gesellschaft,<br />
sondern die Innovationskraft und das Engagement von<br />
Einzelpersönlichkeiten. Ausgewählte Gründerpersönlichkeiten<br />
werden insbesondere von den Mittlerorganisationen<br />
Ashoka und Schwab-Foundation in Szene<br />
gesetzt und von einer mittlerweile ansehnlichen Zahl<br />
von (semi)wissenschaftlichen Beiträgen, die eher dem<br />
Genre der sympathisierenden Bewegungsliteratur zu-<br />
3 Man könnte hier leicht die Diskurskonjunkturen<br />
einer Kritik der „etablierten Strukturen“, meist verstanden<br />
als bürokratisch vermachtetes Ensemble aus öffentlichen<br />
Trägern und den großen Wohlfahrtsverbänden seit den 1980er<br />
Jahren, nachzeichnen: Stichworte wären „Neue Subsidiaritiät“,<br />
„Management“; „Wohlfahrtspluralismus“ und „Wohlfahrtsmix“;<br />
„Markt“ und „Wettbewerb“, „bürgerschaftliches Engagement“<br />
(vgl. als Überblick Grohs 2010: 60ff.).<br />
79
grohs: „social entrepreneurship“ und soziale Verantwortung von unternehmen<br />
zurechnen sind, diskutiert (vgl. die zahlreichen Beiträge<br />
in Empter/Hackenberg 2011; Jähnke et al. 2011).<br />
Bislang hat sich in Deutschland keine einheitliche<br />
Definition des aus dem angelsächsischen Bereich<br />
stammenden Begriffs des „Social Entrepreneurship“<br />
durchsetzen können. Die simple Übersetzung<br />
aus dem Englischen („Sozialunternehmertum“) ist<br />
ebenso wenig eindeutig wie die häufig anzutreffende<br />
Gleichsetzung des Begriffs mit (vermeintlich)<br />
philanthropischen Gründerpersönlichkeiten. Neben<br />
der Abhängigkeit vom jeweiligen institutionellen<br />
Kontext variieren die Interpretationen dessen, was<br />
unter SE zu verstehen ist, mit der wissenschaftlichen<br />
Disziplin, aber auch mit der Motivation, Message<br />
oder Handlungsorientierung des den Begriff<br />
verwendenden Autors. Daher soll der schillernde<br />
Begriff zunächst von ähnlichen Begrifflichkeiten abgegrenzt<br />
werden und im institutionellen Kontext des<br />
deutschen Systems der Wohlfahrtsproduktion verortet<br />
werden.<br />
2.1 social entrepreneurship im kontext<br />
Zunächst sind hier die eher im französischen und europäischen<br />
Kontext diskutierte „Economie Sociale“,<br />
häufig als „Sozialwirtschaft“ übersetzt, und das<br />
Konzept des „Dritten Sektors“ zu nennen, die gewissermaßen<br />
als Dachkonzepte dienen können, um die<br />
Vielzahl von Organisationstypen zu ordnen, die den<br />
nicht-staatlichen Sektor der Wohlfahrtsproduktion<br />
bevölkern. Dabei ist hervorzuheben, dass wir in Europa<br />
sehr unterschiedliche Traditionen und Modelle<br />
der Zusammenarbeit zwischen Staat, dem Non-<br />
Profit-Bereich, teils mit gewissem Profit arbeitenden<br />
„mutualistischen“ Genossenschaftsmodellen und<br />
schließlich gewinnorientierten Unternehmen vorfinden<br />
(vgl. Evers/Laville 2004). Während Deutschland<br />
eine Tradition dominant korporatistischer Zusammenarbeit<br />
zwischen öffentlichem Sektor und den in<br />
den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege<br />
organisierten Wohlfahrtsverbänden aufweist, dominieren<br />
beispielsweise in Frankreich am Gedanken<br />
der „mutualité“ orientierte Organisationen. In<br />
Großbritannien finden wir hingegen eine individualistische<br />
Tradition der „charities“, die aus philanthropischen<br />
Motiven gewissermaßen „gegen den Staat“<br />
gegründet wurden. Während in Deutschland „Subsidiarität“<br />
zentrales Leitmotiv darstellt, ist dies in<br />
Frankreich „solidarité“ und in Großbritannien „philanthropy“.<br />
Diese hier nur skizzenhaft angeführten<br />
Unterschiede werden bedeutend bei der Anpassung<br />
80<br />
von Konzepten wie dem angelsächsischen „social<br />
entrepreneurship“-Begriff auf andere Kontexte (s. u.).<br />
Sowohl das Konzept der „Economie Sociale“ als<br />
auch das des „Dritten Sektors“ gehen von einem<br />
Spannungsfeld zwischen den zentralen Polen Staat,<br />
Markt und Gemeinschaft aus, in dem sich Organisationen<br />
mit unterschiedlichen Mischungsverhältnissen<br />
der Orientierung an den jeweiligen Rationalitätsprinzipien<br />
finden lassen. Diese „Hybridität“ spiegelt<br />
sich auch beim Versuch einer Definition von „Social<br />
Entrepreneurship“ wieder. Hier muss zunächst eine<br />
Abgrenzung von anderen „Unternehmen“ im sozialen<br />
Bereich erfolgen. Zu unterscheiden sind zunächst<br />
privatwirtschaftliche Unternehmen, die sich<br />
im „Sozialmarkt“ mit gewinnorientierten Modellen<br />
etabliert haben. Diese finden sich beispielsweise<br />
im Bereich der stationären und ambulanten Pflege<br />
mittlerweile in großer Zahl (vgl. Schneiders 2010).<br />
In diesem Fall wird unter marktlichen Produktionsbedingungen<br />
ein Produkt erstellt, das sich marktlich<br />
konstitutiert, auch wenn es als soziale Aufgabe<br />
wahrgenommen wird. Demgegenüber werden mit<br />
dem Begriff „Soziale Unternehmen“ Organisationen<br />
bezeichnet, die z. B. Problemgruppen des Arbeitsmarktes<br />
eine Beschäftigungsperspektive bieten<br />
(Defourny/Nyssens 2010). Soziale Unternehmen bewegen<br />
sich am Markt insofern, als sie Produkte und<br />
Dienstleistungen anbieten, die Produktionsbedingungen<br />
sind aber an sozialen Zielen orientiert und<br />
müssen sich nicht tatsächlich am Markt behaupten.<br />
In der Regel werden die Sozialen Unternehmen im<br />
Rahmen arbeitsmarktpolitischer Förderprogramme<br />
durch die öffentliche Hand subventioniert.<br />
2.2 definitionsversuche: enges versus weites<br />
begriffsverständnis<br />
Der Begriff des „Social Entrepreneurship“ zeichnet<br />
sich durch eine ihm eigene Hybridität aus. Vielfach<br />
fokussiert SE auf die Erfassung des einzelnen, förderungswürdigen<br />
SEs. Dieses Verständnis ist geprägt<br />
von einer starken Fokussierung auf die einzelne<br />
Initiatorin und den einzelnen Initiator bzw. Handelnde<br />
und Handelnden. Entweder hat dieser die<br />
Erschließung eines neuen Handlungsfelds initiiert<br />
oder eine neue, den herausragenden Erfolg der Organisation<br />
begründende Herangehensweise an ein<br />
gesellschaftliches Problem eingeführt. Der in diesem<br />
Sinne verstandene „Social Entrepreneur“ findet<br />
seine Motivation in dem Willen, eine drängende gesellschaftliche<br />
Frage zu bearbeiten. Ein solches Ver-
ständnis wird beispielsweise dem Verständnis von<br />
Ashoka zugrunde gelegt (Ashoka 2010), der zufolge<br />
sich SE durch die Bearbeitung neuer oder bislang<br />
nicht behandelter Probleme, eine innovative und<br />
kreative Herangehensweise und insbesondere unternehmerisches<br />
Handeln auszeichnet. Unter unternehmerischem<br />
Handeln wird explizit kein gewinnerzielungsorientiertes<br />
Handeln, sondern das Auslösen<br />
gesellschaftlichen Wandelns mit unternehmerischen<br />
Mitteln verstanden.<br />
In der Literatur zu SE lassen sich zwei wesentliche<br />
Perspektiven identifizieren: Während „Essentialisten“<br />
auf SE als eigenen Typus fokussieren und sie<br />
in einem engen Sinne gemäß dem Mainstream-SE-<br />
Diskurs als distinktes Phänomen identifizieren, betrachten<br />
„Subsumisten“ SE als Sonderfall von Organisationen<br />
der sozialen Leistungsproduktion, die sich<br />
durch verschiedene Mischungsverhältnisse der Spezifika<br />
von Markt, Gemeinschaft und Staat auszeichnen<br />
und sich eher durch ein „mehr und weniger“<br />
als ein „entweder-oder“ auszeichnen (vgl. Heinze/<br />
Schneiders/Grohs 2011). Aus letzterer Perspektive<br />
interessieren eher spezifische Mischungsverhältnisse<br />
und die Einbettung in das Ensemble anderer<br />
Träger der Wohlfahrtsproduktion. Dies wird umso<br />
relevanter, möchte man den SE-Begriff im internationalen<br />
Vergleich nutzbar machen. Hier darf nicht<br />
vergessen werden, dass der SE-Diskurs sich zuerst in<br />
Entwicklungsländern etablierte, später auf die „defizitären“/„defekten“<br />
Wohlfahrtsstaaten des angelsächsischen<br />
Raumes ausbreitete (vgl. Nicholls 2006;<br />
Defourny/Nyssens 2010). Eine Übertragung des Konzepts<br />
auf die hinsichtlich sozialer Dienste „dichter<br />
besiedelten“ kontinentaleuropäischen oder gar die<br />
skandinavischen Verhältnisse muss daher vorhandene<br />
Strukturen und Akteure berücksichtigen.<br />
Ausgehend von den Teilbegriffen „Social“ und „Entrepreneurship“<br />
umfasst Social Entrepreneuship<br />
in Deutschland u. E. jedoch ein sehr viel weiteres<br />
Akteursspektrum und ein breites Angebotsfeld. So<br />
lässt sich im Weiteren eine Arbeitsdefinition von SE<br />
in einem „weiteren“ Sinne entwickeln der auf folgende<br />
Dimensionen Bezug nimmt: Eine erste Unterscheidung<br />
betrifft den Innovationsgrad: Stellen die<br />
Angebote tatsächlich an professionellen Standards<br />
orientiert „neue“ Dienstleistungen zur Verfügung<br />
oder werden nur etablierte Verfahren in neuem organisatorischen<br />
Rahmen durchgeführt. Zum zweiten<br />
betrachten wir den Impuls: Werden die Organisationen<br />
von außen neu gegründet („Entrepreneurs“)<br />
Grohs: „Social Entrepreneurship“ und soziale Verantwortung von Unternehmen<br />
oder entwickeln sie sich aus etablierten Institutionen<br />
heraus („Intrapreneurs“). Damit verbunden<br />
ist die dritte Dimension: Entsprechen die realen SEs<br />
dem in der euphorischen SE-Literatur häufig kolportierten<br />
Einzelkämpfer (z. B. Elkington/Hartigan<br />
2008) oder bewegen sie sich innerhalb etablierter<br />
Netzwerke. Viertens betrachten wir die internen<br />
Prozesse der Organisationen: Orientiert sich die<br />
Steuerung der Organisationen eher im Bereich bürokratischer<br />
Routinen oder an Prinzipien eines strategisch<br />
orientierten Managements?<br />
3. DiE BEDEUtUnG SozialEn UntErnEhmErtUmS:<br />
ErStE EmpiriSchE hinwEiSE<br />
Zur Verbreitung sozialen Unternehmertums liegen<br />
bislang noch kaum belastbare Daten vor. Nimmt man<br />
aber die skizzierte „weite“ Definition ernst, ist davon<br />
auszugehen, dass der hier interessierende Sektor<br />
des „Social Entrepreneurship“ in Deutschland um<br />
ein Vielfaches größer sein wird, als die bei den beiden<br />
Organisationen Ashoka und Schwab Foundation<br />
akkreditierten rd. 40 bzw. acht Fellows bzw. „Social<br />
Entrepreneurs“. In oben genanntem Forschungsprojekt<br />
haben wir versucht, in zwei Feldern – der kultursensiblen<br />
Altenhilfe und den Integrationsangeboten<br />
für Schüler mit Migrationshintergrund – durch<br />
bundesweite Erhebungen einen Einblick in das Ausmaß<br />
und die Verbreitung von SE zu gewinnen. Ohne<br />
an dieser Stelle auf technische Details eingehen zu<br />
können (vgl. Schneiders/Grohs 2011), seien hier folgende<br />
Ergebnisse genannt: Der Anteil reiner SEs,<br />
die der engen Definition entsprechen, ist in beiden<br />
Sektoren sehr gering. Allenfalls im Bereich der kultursensiblen<br />
Altenhilfe findet sich ein gewisser Anteil<br />
sozialer Unternehmer in diesem Sinne.<br />
Die von uns identifizierten Projekte entsprechen<br />
wenig dem in der SE-Literatur gefeierten philanthropischen<br />
Unternehmertypus, der mit etablierten<br />
Strukturen bricht, Neues auf die Beine stellt und<br />
durch die Diffusion seines Ansatzes den deutschen<br />
Sozialstaat transformiert. Vielmehr handelt es sich<br />
in der Regel um Projekte, die sich aus bestehenden<br />
Strukturen heraus entwickeln (Intrapreneurship)<br />
und von konkreten Problemlagen angestoßen werden.<br />
Innovation entsteht dort, wo etablierte Akteure<br />
zusammenarbeiten, gemeinsame Lösungen<br />
erarbeiten und dabei neue Organisationsstrukturen<br />
entwickeln, die über die traditionellen hinausgehen.<br />
Wir gehen davon aus, dass trotz der methodischen<br />
Probleme unsere Ergebnisse einen realistischen<br />
81
grohs: „social entrepreneurship“ und soziale Verantwortung von unternehmen<br />
Einblick in die deutsche SE-Szene ermöglichen. Das<br />
Phänomen des aus dem angelsächsischen Raum<br />
importierten „Social Entrepreneurships“ spielt in<br />
einem durch etablierte und vernetzte Strukturen gekennzeichneten<br />
Wohlfahrtsstaat eine weniger ausgeprägte<br />
Rolle. Die Lücken sind nicht groß genug,<br />
um ausreichende Profilierungsmöglichkeiten für Einzelpersönlichkeiten<br />
zu bieten. Kontrastiert man dieses<br />
ernüchternde Bild mit der diskursiven Prominenz<br />
von SE, ist fraglich, ob sich ein neuer „Gegendiskurs“<br />
tatsächlich verfestigen wird. Es ist unbestritten, dass<br />
das Konzept des SE aufgrund seines vermeintlichen<br />
visionären Charakters eine hohe Attraktivität aufweist.<br />
Hier eröffnet sich (scheinbar) ein Ausweg aus<br />
dem Dilemma der wachsenden sozialen Aufgaben<br />
bei stagnierenden öffentlichen Finanzen. Zudem<br />
wird ein qualitativer Mehrwert durch das persönliche<br />
Engagement der „Unternehmer“ im Bereich<br />
der sozialen Dienstleistungen erwartet.<br />
Die Ausführungen zu den Begrifflichkeiten sowie<br />
die Darstellung der „Produktionsbedingungen“ im<br />
deutschen sozialen Dienstleistungssektor haben jedoch<br />
gezeigt, dass die Übertragung eines Modells<br />
aus dem angelsächsischen Raum auf die deutsche<br />
„Wohlfahrtsstaatswirklichkeit“ nur begrenzt möglich<br />
ist. Vielmehr müssen zunächst Begrifflichkeiten<br />
und Konzepte an das jeweilige wohlfahrtsstaatliche<br />
Regime angepasst werden und die jeweiligen institutionellen<br />
Kontexte einbezogen werden.<br />
Die spezifischen „Andockprobleme“ für SE in<br />
Deutschland lassen sich stichpunktartig wie folgt<br />
umreißen: Neben der – bei allen bekannten Lücken<br />
und Defiziten – vergleichsweise breit ausgebauten<br />
Wohlfahrtsstaatlichkeit führt die Tradition des Subsidiaritätsprinzips<br />
im internationalen Vergleich zu<br />
relativ professionellen nicht-staatliche Strukturen der<br />
Leistungserbringung. Diese wurden in der Vergangenheit<br />
nicht ohne Grund als verkrustet und dilettantisch<br />
dargestellt (vgl. Grohs/Bogumil 2011: 300). Bei<br />
aller Kritik sollten jedoch auch die Reformen der vergangen<br />
Jahrzehnte nicht übergangen werden, die die<br />
etablierten Verbände zu erheblichen Umstrukturierungen<br />
und der Übernahme privatgewerblicher Managementmethoden<br />
gezwungen haben. Diese Strukturen<br />
haben sich zudem aus Sicht der Akteure vor Ort<br />
bewährt, so dass „Neuen Spielern“ teils erhebliches<br />
Misstrauen entgegenschlägt (vgl. Grohs 2010).<br />
Auf der anderen Seite fehlen in Deutschland zwei<br />
wesentliche Elemente, die im angelsächsischen Kon-<br />
82<br />
text ein aus meiner Sicht notwendiges Komplement<br />
für SE darstellen: Eine philanthropische Kultur privater<br />
Mäzene und eine Gründungskultur (die auch<br />
das Risiko des Scheiterns umfasst). Diese beiden<br />
Bausteine des neuerdings als „Philanthrocapitalism“<br />
(Bishop/Green 2010) bezeichneten angelsächsischen<br />
Phänomens sind in Deutschland deutlich schwächer<br />
ausgeprägt. Neben diesen systemische Gründen<br />
muss aber auch eine etwas naive Herangehensweise<br />
von SEs an etablierte Strukturen in Politik und Verwaltung<br />
konstatiert werden, die Hand in Hand mit<br />
einer fehlenden Vernetzung vor Ort gehen. Aus der<br />
Perspektive vieler sozialpolitischer Akteure vor Ort<br />
gelten eben nicht unbearbeitete Probleme, sondern<br />
mangelnde Koordination in der Problembearbeitung<br />
als das Hauptproblem (vgl. Grohs/Reiter 2012); SEs<br />
als Einzelkämpfer können hier wenig zur Problemlösung<br />
beitragen.<br />
4. fazit: schlussfOlgerungen für das<br />
bürgerschaftliche engageMent<br />
Aus zahlreichen Studien wissen wir, dass sich ca.<br />
ein Drittel der Bevölkerung in sozialen Netzwerken<br />
engagiert, d. h. sie leisten Unterstützung bei<br />
Nachbarn, Verwandten und Bekannten sowie in<br />
ehrenamtlichen Tätigkeiten. Dieses freiwillige Engagement<br />
wird allerdings immer weniger über die<br />
Wohlfahrtsverbände organisiert. Zeitlich befristetes<br />
und „nicht-gebundenes“ Engagement weitet sich<br />
eher aus. SEs bieten in diesem Kontext z. T. neue Ansätze,<br />
indem sie bislang engagementferne Gruppen<br />
gezielt ansprechen (z. B. Schülerinnen und Schüler<br />
mit Migrationshintergrund im IBFS – Chancenwerk)<br />
oder bewusst auf „hippe“ Organisationsformen setzen<br />
(z. B. „Rock your life“). Insofern bieten neue innovative<br />
Projekte das Potential, neues Engagement<br />
zu generieren. Nicht zuletzt dürfte der überwiegende<br />
Teil der sich als SEs bezeichnenden Projekte<br />
aus privatem Engagement entstanden sein, so dass<br />
sich hier – nicht unvergleichbar mit der Institutionalisierung<br />
der Selbsthilfebewegung der 1970er und<br />
1980er Jahre – eine Institutionalisierung von Engagement<br />
vollzieht. In diesem Kontext sollte aber auch<br />
gefragt werden, ob solche (teils entlohnten) Formen<br />
von Engagement in prekäre Formen der Beschäftigung<br />
umschlagen (Start-Up-Syndrom).<br />
Tatsächliche Konkurrenz zwischen etablierten Formen<br />
des Engagements und den neuen Initiativen<br />
des „Social Entrepreneurship“ um Engagierte und<br />
Arbeitskräfte sollte sich derzeit – auch angesichts
des noch bescheidenen Ausmaßes und unterschiedlicher<br />
Zielgruppen von SE – nicht ergeben. Allerdings<br />
könnte die gegenwärtige Aufmerksamkeit für SEs,<br />
die nicht zuletzt durch nicht unerheblichen Aufwand<br />
von Mittlerorganisationen geschaffen wird, zu zwei<br />
nicht intendierten, aber problematischen Effekten<br />
führen. Angesichts der medialen Präsenz ist zu befürchten,<br />
dass Initiativen „altmodischen“ Zuschnitts<br />
in der neuen Aufmerksamkeitsökonomie einen geringeren<br />
Anteil des Kuchens am Aufkommen von<br />
Spenden und Fördermitteln abbekommen könnten<br />
bzw. gezwungen werden, mit ähnlichen medialem<br />
Aufwand um diese zu werben – was zu einer Verschiebung<br />
ihres Arbeitsfokus weg von der eigentlichen<br />
Problemlösung hin zu Vermarktung führt.<br />
Dies schließt die Gefahr des „Rosinenpickens“ hinsichtlich<br />
der Zielgruppen ein, so dass die Aufmerksamkeit<br />
auf Gruppen verschoben wird, bei denen<br />
leichter medial vermittelbare Erfolge erzielt werden<br />
können.<br />
Zum zweiten etablieren sich gegenwärtig neue SEnahe<br />
Formen von „Rating-Agenturen“ für Sozialprojekte,<br />
die potentiellen Mäzenen Handreichungen für<br />
„Social Investments“ bereitstellen (z. T. mit erheblichen<br />
Kosten). Die sich etablierenden Systeme der<br />
Wirkungsmessung laufen relativ unverbunden mit der<br />
schon lange anhaltenden Debatte um Wirkungsorientierung<br />
in der sozialen Arbeit und dem öffentlichen<br />
Sektor, so dass hier die Gefahr besteht, dass eine sehr<br />
spezifische, weitgehend nicht öffentlich gesetzte Perspektive<br />
über die Verteilung von Mitteln bestimmt.<br />
Viel dringlicher als diese potentiellen Probleme ist<br />
allerdings die Koordination zwischen Angeboten: Kooperation,<br />
Vernetzung sowie mehr Wettbewerb und<br />
Management sind die Schlüsselfragen im Bereich<br />
sozialer Dienstleistungen. Die bisher nebeneinander<br />
stehenden Einrichtungen müssen „neu“ vernetzt<br />
werden, so dass Reibungsverluste verhindert und<br />
Ressourcen gebündelt werden in Richtung des Aufbaus<br />
einer lokalen sozialen Infrastruktur. Die neuen<br />
Akteure im Sozialsektor (SEs) sollten hier beachtet,<br />
aber (nach den bisher vorliegenden Befunden) nicht<br />
überschätzt werden. SEs können als Innovationsinkubator<br />
fungieren, aber es ist wahrscheinlich, dass<br />
eine „Eingemeindung“ erfolgreicher Ansätze in etablierte<br />
Strukturen (Stetigkeit und verlässliche Förderstrukturen)<br />
erfolgen wird, so dass nicht „Change“<br />
(im Sinne weitreichenden Strukturwandels), sondern<br />
das Setzen kleiner feiner Unterschiede das Ziel<br />
von „Social Entrepreneurship“ sein kann.<br />
grohs: „social entrepreneurship“ und soziale Verantwortung von unternehmen<br />
83
Dr. Stephan Grohs<br />
sOcial entrepreneurship and cOrpOrate respOnsibility<br />
cOnclusiOns On the iMpOrtance, functiOn and liMits Of ciVic engageMent<br />
1. intrOductiOn<br />
The international debate on social entrepreneurship<br />
(SE) has now also reached Germany. Initiated and<br />
financially supported by foundations (e.g. Stiftung<br />
Mercator, Vodafone-Stiftung, Siemens-Stiftung) and<br />
intermediary associations (Ashoka, Schwab), the<br />
term has been mentioned with increasing frequency<br />
in professional journals and social science publications<br />
(e.g. Empter/Hackenberg 2011; Jähnke et al.<br />
2011) and, most recently, also in the political arena.<br />
With the establishment of a ‚Social Entrepreneurship<br />
Academy‘ in co-operation with the Munich universities,<br />
a link to the academic world has now also<br />
been secured beyond the obvious hype, questions<br />
arise regarding the extra added value these ‚new‘<br />
forms of social activities bring to the structures of<br />
the welfare industry, and how the empirical significance<br />
and organisational structure of these new<br />
players presents itself. In terms of civic engagement,<br />
this poses the question of whether these new SEs<br />
are a sensible addition to the present initiatives, or<br />
tend to compete with them (for volunteers, but above<br />
all for attention, funding and donations).<br />
This text will therefore address the following issues:<br />
• What changes can be observed in the relationship<br />
between enterprises, or entrepreneurs, and<br />
‚the social sector‘?<br />
• Is a new ‚competition‘ emerging between businesses,<br />
the state and civic society?<br />
• What consequences does this have for civic engagement<br />
and the relationship between paid<br />
employment and volunteering?<br />
In order to address these issues, it is necessary to<br />
first define some key terms (2.), and to illustrate the<br />
meaning of ‚social entrepreneurship‘ in Germany<br />
(3.). In conclusion, the question of whether, on the<br />
basis of this evidence, we are dealing with a new level<br />
of competition between state, citizens and entrepreneurs,<br />
and the effect this may have on civic<br />
engagement, will be discussed (4.).<br />
84<br />
2. ‚sOcial entrepreneurship‘:<br />
Outlining a buzzwOrd<br />
According to the motto ‚Everyone can change the<br />
world‘ (Bornstein 2007), ‚social entrepreneurship‘<br />
is increasingly stylised as the great white hope for<br />
reactivating the social sector, for a reconciliation<br />
between entrepreneurship and public welfare. In<br />
terms of discourse history, it represents the latest<br />
antithesis to the established welfare industry structures,<br />
depicted as deficient and embarnacled. Now<br />
that the civic society‘s interest in the discussion has<br />
waned, SE has become a new topic for the academic<br />
market. At its centre are not society‘s untapped resources,<br />
but the innovative power and commitment<br />
of individuals. Particularly the intermediary associations<br />
Ashoka and the Schwab Foundation tend to put<br />
selected founders into the spotlight, who are then<br />
discussed in a by now not inconsiderable number of<br />
(semi-) scientific articles that essentially belong to<br />
the genre of movement-defining literature penned<br />
by sympathisers (cf. the numerous contributions in<br />
Empter/Hackenberg 2011; Jähnke et al. 2011).<br />
So far, no uniform definition for the English term<br />
‚social entrepreneurship‘ has been agreed in Germany.<br />
The literal translation (‚Sozialunternehmertum‘)<br />
is just as ambiguous as the frequently encountered<br />
equation of the term with (supposedly) philanthropic<br />
founder personalities. Besides the dependence<br />
on the respective institutional context, the interpretations<br />
of what SE stands for vary according to<br />
scientific discipline, but also in line with the motivation,<br />
message or action orientation of the author<br />
using the term. This buzzword should therefore initially<br />
be separated from similar terms and positioned<br />
in the institutional context of the German welfare<br />
industry‘s system.<br />
2.1 social entrepreneurship in context<br />
First of all, it is important to mention the ‚Economie<br />
Sociale‘, often translated as ‚social economy‘,<br />
which tends to be more frequently discussed in a
French and European context, as well as the concept<br />
of the ‚third sector‘, which could to some extent<br />
serve as umbrella concepts in order to categorise<br />
the great number of organisation types that<br />
make up the non government sector of the welfare<br />
industry. It should be noted that extremely varying<br />
traditions and models of co-operation between<br />
state, non profit sector, ‚mutualistic‘ co-operative<br />
societies in part operating to achieve a certain level<br />
of profit and, last but not least, profit-oriented<br />
enterprises can be found in Europe (cf. Evers/Laville<br />
2004). Whilst Germany exhibits a tradition of<br />
dominant corporative co-operation between the<br />
public sector and welfare societies organised under<br />
the umbrella organisations of independent welfare<br />
services, the prevalent organisations in France, for<br />
instance, are guided by the principle of ‚mutualité‘.<br />
In Great Britain, on the other hand, we find a tradition<br />
of individualistic charities essentially founded,<br />
in a manner of speaking, ‚in opposition to the state‘<br />
based on philanthropic motives. Whilst ‚subsidiarity‘<br />
is the central leitmotif in Germany, it is ‚solidarité‘<br />
in France, and ‚philanthropy‘ in Great Britain.<br />
These briefly outlined differences become significant<br />
when it comes to applying concepts such as<br />
the English term ‚social entrepreneurship‘ to different<br />
contexts (see below).<br />
Both the concept of ‚Economie Sociale‘ and that of<br />
the ‚third sector‘ assume an area of conflicting interests<br />
between the central poles of state, market<br />
and community, in which organisations with different<br />
mix ratios with regard to their orientation<br />
towards to respective rationality principles can be<br />
found. This ‚hybridity‘ is also reflected in the attempt<br />
to define ‚social entrepreneurship‘. It must<br />
initially be discriminated from other ‚enterprises‘ in<br />
the social sector. First to be distinguished are private<br />
sector commercial enterprises that have established<br />
themselves on the ‚social market‘ with profitoriented<br />
business models. These can now be found<br />
in significant numbers, for instance, in the residential<br />
and home care sector (cf. Schneiders 2010). In<br />
this case, a product is being produced under market<br />
conditions and establishes itself on the market, even<br />
though it is perceived as a social service. The term<br />
‚social enterprises‘, on the other hand, is used to<br />
refer to organisations which, for example, offer employment<br />
prospects to groups of people who have<br />
problems competing on the labour market (Defourny/Nyssens<br />
2010). Social enterprises move on the<br />
market in as far as they offer products and services;<br />
grohs: social entrepreneurship and corporate responsibility<br />
however, the production conditions are guided by<br />
social objectives and must not really be able to withstand<br />
market pressure. Usually, social enterprises<br />
are subsidised by public funding programmes based<br />
on labour market policy.<br />
2.2 interpretation of the term - definition<br />
attempts: narrow vs. wide<br />
The term ‚social entrepreneurship‘ is characterised<br />
by its own hybridity. SE often focuses on the<br />
inclusion of an individual SE worthy of funding. This<br />
interpretation is defined by a strong focus on the<br />
individual initiator or actor who has either initiated<br />
the opening up of a new sphere of activity or introduced<br />
a new approach to a social problem on<br />
which the extraordinary success of the organisation<br />
is based. According to this interpretation, the<br />
social entrepreneur is motivated by the desire to<br />
address a pressing social issue. The perception of<br />
Ashoka, for example, is based on this kind of interpretation<br />
(Ashoka 2010), according to which the SE<br />
distinguishes itself by addressing new problematic<br />
issues, or issues which have so far been ignored,<br />
with an innovative and creative approach and, in<br />
particular, entrepreneurial activities. Entrepreneurial<br />
activities is explicitly not understood as profitoriented<br />
activities, but as the triggering of social<br />
change with entrepreneurial resources.<br />
In the literature on social entrepreneurship, two<br />
main perspectives can be identified: whilst ‚essentialists‘<br />
focus on SE as an independent type and<br />
narrowly identify it as a distinct phenomenon in accordance<br />
with the mainstream discourse on SE, the<br />
‚subsumists‘ view SE as exceptional organisations for<br />
the production of social services, characterised by<br />
different mixture ratios between market specifications,<br />
community and state and a tendency towards<br />
‚more and less‘, rather than ‚either-or‘ (cf. Heinze/<br />
Schneiders/Grohs 2011). Form the latter perspective,<br />
the specific mixture ratios and the embedding<br />
of SEs into the ensemble of other welfare industry<br />
stakeholder are particularly interesting . This becomes<br />
even more relevant if the term SE is to be applied<br />
in international comparisons. In this respect, it<br />
must not be forgotten that the SE discourse initially<br />
established itself in developing countries and later<br />
spread to the ‚deficient‘/‚defect‘ welfare states of<br />
English-speaking countries (cf. Nicholls 2006; Defourny/Nyssens<br />
2010). A transfer of the concept to<br />
the, in terms of social services, ‚more densely popu-<br />
85
grohs: social entrepreneurship and corporate responsibility<br />
lated‘ areas of continental Europe or even Scandinavia<br />
must therefore be able to take existing structures<br />
and actors into account.<br />
If the terms ‚social‘ and ‚entrepreneurship‘ are considered<br />
separately, however, social entrepreneurship<br />
covers a much broader spectrum of actors and<br />
a wider range offers in Germany and mainland Europe.<br />
This allows a working definition of SE in a ‚wider‘<br />
sense to be developed as follows with respect to the<br />
following aspects: the first distinction concerns the<br />
level of innovation: do the offers actually provide<br />
‚new‘, professional standards based services or are<br />
they merely established processes in the guise of a<br />
new organisational structure. The second aspect to<br />
be examined is the impulse: have the organisations<br />
been newly founded by external agents (‚entrepreneurs‘),<br />
or did they emerge from established institutions<br />
(‚intrapreneurs‘). A third dimension is linked<br />
to this: do the genuine SEs correspond to the lone<br />
warrior much lauded in euphoric SE literature (e.g.<br />
Elkington/Hartigan 2008) or do they move within<br />
established networks. Fourthly we must examine<br />
the internal processes of the organisations: does the<br />
organisation management tend to be guided by bureaucratic<br />
routines, or by the principles of a strategically<br />
oriented management?<br />
3. the iMpOrtance Of cOrpOrate<br />
respOnsibility: first eMpirical clues<br />
So far, there is no truly reliable data on the prevalence<br />
of social entrepreneurship. However, if the<br />
term is understood in wider terms according to the<br />
outlined definitions, it must be assumed that the<br />
social entrepreneurship sector we are interested in<br />
here is considerably larger than quoted by the two<br />
organisations Ashoka and Schwab Foundation (approx.<br />
40 and 8 fellows or social entrepreneurs respectively<br />
in Germany). In the course of the above<br />
mentioned research project we attempted to gain<br />
an insight into the dimensions and prevalence of SEs<br />
in two fields – cultural competence in caring for the<br />
elderly and integration programmes for pupils from<br />
immigrant families. As this is hardly the place to elaborate<br />
on the technical details (cf. Schneiders/Grohs<br />
2011), the following results are worth mentioning:<br />
the quota of pure SEs corresponding to the narrower<br />
interpretation is extremely low in both sectors. At<br />
best, a certain quota of social entrepreneurs in this<br />
sense can be found in the area of cultural competence<br />
in caring for the elderly.<br />
86<br />
The projects identified by us have little in common<br />
with the philanthropic kind of entrepreneur so lauded<br />
in SE literature, who eschews the established<br />
structures, initiates something new and transforms<br />
the German social welfare state through the diffusion<br />
of his or her approach. In fact, these are usually<br />
projects which have emerged from existing structures<br />
(intrapreneurship), and whose establishment<br />
was motivated by specific problem areas. Innovation<br />
comes about when established actors work together<br />
to develop solutions and new organisational structures<br />
which exceed the scope of traditional models.<br />
We assume that despite the methodical problems,<br />
our results provide a realistic insight into the German<br />
SE arena. The imported phenomenon of ‚social<br />
entrepreneurship‘ has a far less important role to<br />
play in a welfare state characterised by established<br />
and interconnected structures. The gaps are<br />
not wide enough to offer sufficient opportunities<br />
for individual personalities to gain a profile. If this<br />
sobering picture is contrasted with the discursive<br />
prominence of SE, it is doubtful whether a new ‚antidiscourse‘<br />
can in fact gain a foothold. Undoubtedly,<br />
the concept of SE is extremely attractive due to its<br />
supposedly visionary character. It is an (apparent)<br />
way out of the dilemma of increasing social welfare<br />
burdens and stagnant public finances. Moreover,<br />
a qualitative added value is expected through the<br />
personal commitment of the ‚entrepreneurs‘ in the<br />
social services sector.<br />
However, the elaborations on the terms and the illustration<br />
of the ‚production conditions‘ in the German<br />
social service sector have shown that the transferring<br />
of a model from regions with Anglo-Saxon<br />
values to the German ‚welfare state reality‘ is only<br />
possible to a limited extent. In fact, the terms and<br />
concepts must first be adapted to the respective<br />
welfare state regime, and the respective institutional<br />
contexts must be included.<br />
The specific ‚docking issues‘ with regard to SE in<br />
Germany can be outlined as follows: besides the –<br />
despite the known gaps and deficits – comparatively<br />
extensive welfare statehood, the subsidiarity principle<br />
tradition leads to relatively professional nongovernmental<br />
structures of service provision in an<br />
international comparison. In the past, these were<br />
portrayed as embarnacled and amateurish, a not<br />
entirely unfounded claim (cf. Grohs/Bogumil 2011:<br />
300). However, despite this criticism, the reforms of
the past decades should not be completely ignored.<br />
The established organisations were forced to considerably<br />
restructure themselves and to apply the<br />
same management methods as the private commercial<br />
sector. These structures were also successful<br />
from the point of view of local actors, meaning that<br />
‚new players‘ are sometimes met with considerable<br />
mistrust (cf. Grohs 2010).<br />
On the other hand, Germany lacks two major elements<br />
found in other countries, which in my view<br />
are essential for SE: a culture of philanthropy and<br />
private sponsors and a culture of enterprise formation<br />
(that also accepts the risk of failure). These<br />
two pillars of a phenomenon apparent in countries<br />
with Anglo-Saxon values, recently also referred to<br />
as ‚philanthrocapitalism‘ (Bishop/Green 2010), are<br />
considerably less pronounced in Germany. Besides<br />
these systemic reasons, however, the somewhat naive<br />
approach of SEs towards established political and<br />
administrative structures, which goes hand in hand<br />
with a failure to network locally, must not go unmentioned.<br />
For a great number of socio-political actors<br />
at a local level, the main issue is not the fact that<br />
there are problems which have not been addressed,<br />
but the fact that there is a lack of co-ordination in<br />
dealing with these problems (cf. Grohs/Reiter 2012);<br />
as lone warriors, SEs can hardly contribute to solving<br />
this particular problem.<br />
4. cOnclusiOn: cOnseQuences fOr ciVic<br />
EngagEmEnt<br />
Numerous studies have shown that approx. a third<br />
of the population is actively involved in social networks,<br />
i.e. they support neighbours, relatives and<br />
acquaintances, or engage in voluntary work. However,<br />
ever fewer of these voluntary commitments,<br />
are organised through welfare organisations. Temporary<br />
and ‚non-committal‘ volunteering tends to<br />
be on the increase. In this context, some SEs offer<br />
new approaches by specifically addressing groups<br />
which have so far not considered volunteering<br />
(e.g. pupils with an immigrant background in the<br />
IBFS – Chancenwerk project) or consciously rely on<br />
‚trendy‘ organisations (e.g. ‚Rock your life‘). In this<br />
respect, new innovative projects offer the potential<br />
for attracting additional volunteers. Not least,<br />
the majority of the projects calling themselves SEs<br />
are bound to have been founded on the strength of<br />
private commitment, it therefore safe to say that in<br />
this respect, civic commitment is undergoing an in-<br />
grohs: social entrepreneurship and corporate responsibility<br />
stitutionalisation – not unlike the institutionalisation<br />
of the self-help movement in the 1970s and 1980s.<br />
However, in this context, it should also be examined<br />
whether such (in part remunerated) forms of volunteering<br />
can soon turn into precarious forms of employment<br />
(start-up syndrome).<br />
Real competition between established forms of volunteering<br />
and new ‚social entrepreneurship‘ initiatives<br />
for volunteers and manpower currently seems<br />
unlikely, not least in view of the presently still rather<br />
moderate extent of these initiatives, and their<br />
different target groups. However, the attention SEs<br />
currently attract – not least due to the not inconsiderable<br />
efforts on the part of the intermediary associations<br />
– could lead to two unintentional but problematic<br />
effects. In view of the media presence, it is<br />
a worrying aspect that in our new attention economy,<br />
the ‚old-fashioned‘ initiatives might get a smaller<br />
slice of the donations-and-grants pie, or rather,<br />
that they might be forced to vie for these by staging<br />
a similar media circus – which would lead to a shift<br />
in the focus of their work, away from the actual problem-solving<br />
towards marketing. This includes the<br />
risk of ‚cherry picking‘ in terms of the target groups,<br />
so the attention might shift towards groups where it<br />
is easier to achieve media-communicable successes.<br />
Secondly, new kinds of ‚rating agencies‘ for social<br />
projects are currently establishing themselves, these<br />
are close to SEs and provide potential sponsors<br />
with tips for ‚social investments‘ (sometimes accompanied<br />
by considerable costs). The emerging efficiency<br />
benchmarking systems are operating relatively<br />
independent of the long-term debate on efficiency<br />
orientation in social work and the public sector,<br />
in consequence, this harbours the risk that a very<br />
specific perspective, generally not intended public<br />
knowledge, determines the distribution of funds.<br />
However, a far more urgent issue than these potential<br />
problems is the co-ordination between offers: cooperation,<br />
networking and more competition and<br />
management are the key issue in the social services<br />
sector. Institutions which are currently parallel must<br />
be connected differently to avoid potential losses of<br />
momentum and consolidate resources with the aim<br />
of expanding the local social infrastructure. The new<br />
actors in the social sector (SEs) should be taken into<br />
account here, but not be overestimated (according<br />
to current indications). SRs can function as innovation<br />
incubators, although it is probable that we will<br />
87
grohs: social entrepreneurship and corporate responsibility<br />
see an ‚annexation‘ of their successful approaches<br />
by the established structures (continuity and reliable<br />
funding structures); so that ‚making a small but<br />
vital difference‘ rather than ‚change‘ (in the sense of<br />
an extensive structural change) can be the aim of social<br />
entrepreneurship.<br />
literature<br />
• Bishop, Matthew/Green, Michael (2010): Philanthrocapitalism.<br />
How Giving Can Save the<br />
World. London: A & C. Black.<br />
• Defourny, Jacques/Nyssens, Marthe (2010):<br />
Conceptions of Social Enterprise and Social Entrepreneurship<br />
in Europe and the United States:<br />
Convergences and Divergences, in: Journal of<br />
Social Entrepreneurship, Vol. 1, No., 1, pp. 32-53<br />
• Elkington, John/Hartigan Pamela (2008): The<br />
Power of Unreasonable People: How Social<br />
Entrepreneurs Create Markets That Change<br />
the World, Boston: Harvard Business School<br />
Publishing.<br />
• Empter, Stefan/Hackenberg, Helga (Hg.) (2011):<br />
Social Entrepreneurship – Social Business: Für<br />
die Gesellschaft unternehmen. Wiesbaden: VS-<br />
Verlag.<br />
• Evers, Adalbert/Laville, Jean-Louis (2004): The<br />
Third Sector in Europe. Cheltenham: Edward<br />
Elgar.<br />
• Grohs, Stephan (2010): Modernisierung kommunaler<br />
Sozialpolitik. Anpassungsstrategien<br />
im Wohlfahrtskorporatismus. Wiesbaden: VS-<br />
Verlag.<br />
• Grohs, Stephan/Bogumil, Jörg (2011): Management<br />
sozialer Dienste. In: Evers, Adalbert/Heinze,<br />
Rolf G./Olk, Thomas (Hg.): Handbuch<br />
Soziale Dienste. Wiesbaden: VS-Verlag,<br />
S. 219-314.<br />
• Grohs, Stephan/Reiter,Renate (2012): Kommunale<br />
Sozialpolitik in der Haushaltskrise:<br />
Handlungsfelder und Handlungsstrategien.<br />
Erscheint in: Haus, Michael/Kuhlmann, Sabine<br />
(Hg.). Lokale Politik(forschung) in der Krise?<br />
Wiesbaden: VS.<br />
• Heinze, Rolf G./Schneiders, Katrin/Grohs, Stephan<br />
(2011): Social Entrepreneurship im deutschen<br />
Wohlfahrtsstaat - Hybride Organisationen<br />
zwischen Markt, Staat und Gemeinschaft,<br />
in: Hackenberg, Helga/Empter, Stefan (Hrsg.):<br />
Social Entrepreneurship - Social Business: Für<br />
die Gesellschaft unternehmen, Wiesbaden, VS<br />
Verlag, S. 86 - 102.<br />
88<br />
• Jähnke, Petra/Christman, Gabriela/Balgar,<br />
Karsten (Hrsg.) (2011): Social Entrepreneurship:<br />
Perspektiven für die Raumentwicklung. Wiesbaden<br />
: VS Verlag<br />
• Nicholls, Alex (Hg.) (2006): Social Entrepreneurship:<br />
New Models of Sustainable Social Change.<br />
Oxford: Oxford University Press.<br />
• Schneiders, Katrin (2010): Vom Altenheim zum<br />
Seniorenservice. Institutioneller Wandel und<br />
Akteurkonstellationen im sozialen Dienstleistungssektor,<br />
Baden-Baden: Nomos Verlag.<br />
• Schneiders, Katrin/Grohs, Stephan (2011): „Social<br />
Entrepreneurship“ in Deutschland: eine neue<br />
Organisationsform für die Produktion sozialer<br />
Dienstleistungen? Beitrag zur Jahrestagung der<br />
Sektion Sozialpolitik der Deutschen Gesellschaft<br />
für Soziologie, 6. – 7. Oktober 2011, Universität<br />
Kassel „Infrastrukturwandel im Wohlfahrtsstaat:<br />
Formen, Prozesse, Konsequenzen“.
Das Forum griff Aspekte aus Forum 1 auf und richtete<br />
den Blick auf die Ebene der relevanten Akteure<br />
und die Ebene der Kooperation. Von Interesse waren<br />
vergleichende europäische Erfahrungen und<br />
Konzepte zum Miteinander bzw. zum Spannungsfeld<br />
von Arbeitsmarkt-/Beschäftigungspolitik und Engagementförderung.<br />
Welche praktischen Kooperationsformen gibt es bereits<br />
und welche innovativen Formen sind künftig<br />
zu entwickeln? Wie und unter welchen Rahmenbedingungen<br />
können aus dem Engagement heraus reguläre<br />
Arbeitsplätze entstehen? Wie können solche<br />
Prozesse aktiv unterstützt werden? Welche Folgen<br />
hätte es für die bestehende Landschaft der Arbeitsmarkt-<br />
und Beschäftigungspolitik, wenn künftig Infrastruktureinrichtungen<br />
der Engagementförderung,<br />
z. B. Freiwilligenagenturen, systematisch beschäftigungspolitische<br />
Programme und damit verbundene<br />
Fortbildungsangebote auf Basis von Engagement und<br />
Freiwilligkeit durchführen würden? Welche Formen<br />
der Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen mit zivilgesellschaftlichen<br />
Akteuren gibt es? Welche Kooperationen<br />
mit Infrastruktureinrichtungen des Engagements<br />
sind wünschenswert und zu entwickeln?<br />
ABB. 1<br />
Dr. Rosario Costa-Schott<br />
fOruM 4<br />
akteure der engageMentförderung und beschäftigungspOlitik<br />
akteure der engageMentförderung<br />
und beschäftigungspOlitik<br />
Vor dem Hintergrund der Pluralisierung von Erwerbsformen,<br />
die mit Entgrenzungsprozessen der Erwerbsarbeit<br />
verbunden sind, 1 haben sich die Rollen, die<br />
Aufgaben und die Handlungslogiken der Akteure in<br />
Deutschland verändert und ineinander verschränkt.<br />
Anhand von zwei konkreten Beispielen (Modell „Bürgerarbeit“<br />
und Bundesfreiwilligendienst) werden<br />
unterschiedliche beschäftigungs- bzw. engagementpolitische<br />
Interessen deutlich. Es stellt sich somit die<br />
zentrale Frage, ob denn das überstrapazierte „Bürgerschaftliche<br />
Engagement als Kitt der Gesellschaft“<br />
in der Lage ist, einen Konsens zwischen den Akteuren<br />
zu schaffen.<br />
1 Mutz, Gerd: Der souveräne Arbeitsgestalter in der<br />
zivilen Arbeitsgesellschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,<br />
Heft B 21, S. 14-24, Bonn 2001<br />
Staat Markt 3.Sektor<br />
Arbeitsmarktpolitik<br />
Ordnungspolitik<br />
Rahmenbedingungen<br />
Beschäftigungspolitik<br />
weit mehr als<br />
Förderungsgegenstand<br />
Engagement als<br />
Förderungsgegenstand<br />
Finanzieren<br />
Organisieren<br />
Legitimieren<br />
Professionalisieren<br />
Arbeit als<br />
Produktionsfaktor<br />
Personalpolitik<br />
Arbeitnehmervertretung/-mitbestimmung<br />
Unternehmerischer<br />
Nutzen und Image<br />
Sponsoring<br />
Spenden<br />
Stiftungen<br />
lOgik Logik der der kOOrdinierung Koordinierung („sOzialpaket“)<br />
(„Sozialpakt“)<br />
Es gelten zunehmend<br />
Marktregeln<br />
Professionalisierung<br />
sozialer<br />
Dienstleistungen<br />
Wohlfahrtsverbände<br />
Kirchen<br />
Vereine<br />
Erwerbsarbeit Engagement<br />
89
forum 4 | costa-schott: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
VOn der lOgik der kOOrdinierung zu<br />
Verschiedenen kOOperatiOnslOgiken<br />
Staat, Markt und Dritter Sektor agierten in den Anfängen<br />
der Bundesrepublik Deutschland in Parallelwelten.<br />
Engagement, oder damals Ehrenamt, war<br />
aus Sicht des Staates ein Förderungsgegenstand 2<br />
mit festen, in korporativen Strukturen organisierten<br />
Ansprechpartnern im Sozialwesen – Wohlfahrtsverbände,<br />
Kirchen – sowie den Vereinen im Sport- und<br />
Kulturbereich (vgl. ABB. 1).<br />
Der „Markt“ konzentrierte sich auf die finanzielle Förderung<br />
von Ehrenamt in Form von Spenden, Sponsoring<br />
oder Stiftungen. Der unternehmerische Nutzen,<br />
insbesondere die Steigerung des sozialen Ansehens,<br />
stand hierbei im Vordergrund. Der Dritte Sektor<br />
agierte indes mit einer Schar von Ehrenamtlichen unter<br />
Bezugnahme auf intrinsische Wertvorstellungen,<br />
wie Solidarität und Gemeinwohl, und mit einem<br />
starken Akzent auf das Gesundheitswesen und den<br />
sozialen Bereich. Mit steigendem Wohlstand und verändertem<br />
Qualitätsanspruch wurden soziale Dienstleistungen<br />
zunehmend professionalisiert und soziale<br />
Einrichtungen nach der Logik des Marktes geführt.<br />
2 Hummel, Konrad: Die Bürgerschaftlichkeit unserer<br />
Städte, in: Planung und Organisation 6, S. 11, Berlin 2009<br />
ABB. 2<br />
90<br />
selbstbestimmt, innovativ fremdestimmt, starr<br />
Parallel zur Professionalisierung und Ökonomisierung<br />
im Dritten Sektor ergriff der Staat zudem umfangreiche<br />
Einsparungsmaßnahmen, da viele soziale<br />
Leistungen nicht mehr finanzierbar waren. Es<br />
erfolgte eine Veränderung in der Handlungslogik<br />
des Staates. Sie umfasste etwa die unilaterale Kooperation<br />
mit Unternehmen in Form von Übertragung<br />
staatlicher Sozialleistungen auf private Träger,<br />
z.B. im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege,<br />
aber auch bilaterale Kooperationen mit Unternehmen<br />
(public-private-partnership). Der Dritte Sektor<br />
übernahm dabei den inhaltlichen, organisatorischen<br />
Part mit ehrenamtlichen und zunehmend hauptamtlichen<br />
Anteilen seitens der Wohlfahrtsverbände.<br />
Diese Kooperationslogik kennzeichnet einen trisektoralen<br />
Wohlfahrtstaat, in dem der öffentliche Sektor<br />
einerseits die zivilgeellschaftlichen Kräfte stärkt<br />
und Strukturen außerhalb der großen Verbände<br />
unterstützt (Freiwilligenagenturen, Selbsthilfe- und<br />
Agenda-Gruppen), andererseits Aufgaben der Daseinsfürsorge<br />
privatisiert.<br />
Die Kooperationslogik erforderte sowohl fließende<br />
Übergänge von der öffentlichen Hand zum privaten<br />
Sektor als auch von zivilgesellschaftlichen Initiativen<br />
zum hierarchischen Staatsapparat oder zu den Organisationsstrukturen<br />
der Wirtschaft (vgl. ABB. 2).<br />
öffentlich privat
forum 4 | costa-schott: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Die Akteure bewegen sich oft in der Schnittmenge<br />
zweier Sphären und müssen nach zweierlei Logiken<br />
agieren. So haben sich Wohlfahrtsverbände einerseits<br />
den Werten Solidarität und Gemeinwohl verschrieben,<br />
agieren in ihren Einrichtungen und Diensten jedoch<br />
nach der Logik eines Wirtschaftsunternehmens.<br />
beschäftigungspOlitische MassnahMen<br />
aus sicht der engageMentförderung<br />
Wie sind nun beschäftigungspolitische Maßnahmen<br />
aus der Sicht verschiedener Akteure der Engagementförderung<br />
am Beispiel „Bürgerarbeit“ zu beurteilen<br />
oder Engagement fördernde Maßnahmen am<br />
Beispiel des Bundesfreiwilligendienstes aus der Sicht<br />
verschiedener Akteure der Beschäftigungspolitik?<br />
Das Modell „Bürgerarbeit“, 3 ist eine beschäftigungspolitische<br />
Maßnahme des Staates, die auf die Rückkehr<br />
von Langzeitarbeitslosen nach verschiedenen<br />
(erfolglosen) Phasen der Wiedereingliederung durch<br />
Kompetenzerwerb und soziale Integration abzielt.<br />
Bürgerarbeit ist dann besonders erfolgreich, wenn<br />
sie vorzeitig beendet werden kann, da eine Arbeitsaufnahme<br />
in den allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgen<br />
kann“ 4 . Da die Tätigkeit gemeinnützig sein muss und<br />
keine regulären Jobs verdrängen darf, ist der Kompetenzerwerb<br />
limitiert auf die soziale Integration<br />
der „Bürgerarbeiter“. Das Modellprojekt hat mit<br />
dem von Ulrich Beck vorgeschlagenen Konzept von<br />
„Bürgerarbeit als organisiertem, schöpferischen<br />
Ungehorsam“ 5 nichts gemeinsam: Die Arbeit ist weder<br />
freiwillig noch unentgeltlich.<br />
Aus der Perspektive des Staates besteht nicht nur<br />
die Annahme, dass einige Arbeitslose durch „Bürgerarbeit“<br />
in den ersten Arbeitsmarkt zurückkommen,<br />
sondern auch die Erwartung, dass wiederum andere<br />
– zum Beispiel nicht einzugliedernde Langzeitarbeitslose<br />
6 – weiterhin gemeinnützig tätig bleiben.<br />
3 vgl. Fachforum 1 „Aktivierende Arbeitsmarktpolitik<br />
und Engagement“, Input von Roland Roth<br />
4 BMAS, Modellprojekt „Bürgerarbeit“, Fragen und<br />
Antworten, Stand Juli 2011 unter http://www.bmas.de/DE/<br />
Service/Presse/Pressemitteilungen/buergerarbeit.html<br />
5 Onlinequelle: Demokratiezentrum.org - www.<br />
demokratiezentrum.org Printquelle: Beck, Ulrich (Hg.): Die<br />
Zukunft von Arbeit und Demokratie. Suhrkamp, Frankfurt am<br />
Main 2000, S. 416-447, http://www.demokratiezentrum.org/<br />
fileadmin/media/pdf/beck1.pdf<br />
6 BMFSFJ, Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009<br />
- Zivilgesellschaft, soziales Kapital und freiwilliges Engagement<br />
in Deutschland 1999-2004-2009, S. 43 u. S. 267ff.<br />
Aus der Perspektive der Wirtschaft wird eine Weiterqualifizierung<br />
von Arbeitskräften einstimmig begrüßt;<br />
inwiefern „Bürgerarbeiter“ nach (oder während)<br />
einem Einsatz in den ersten Arbeitsmarkt durch zusätzliche<br />
Kompetenzen übernommen werden, steht<br />
noch offen. Ein tatsächlicher Kompetenzerwerb erfolgt<br />
jedoch vor allem „on-the-job“, was die strikte<br />
Trennung zu regulären Arbeitsplätzen nicht erlaubt.<br />
Aus Sicht der Akteure der Zivilgesellschaft, beispielsweise<br />
einer sozialen Einrichtung, ist dieses Modell<br />
mit dem Manko behaftet, dass „Bürgerarbeiter“ zwischen<br />
Freiwilligen (ohne selbst freiwillig dort zu sein)<br />
und Hauptamtlichen (aber ohne Fachkompetenz)<br />
stehen. Gemeinnützige Einrichtungen sehen sich so<br />
zunehmend als Experimentierfeld für arbeitsmarktpolitische<br />
Programme 7 , sind jedoch in erster Linie<br />
für das Wohl der ihnen zur Betreuung anvertrauten<br />
Menschen verantwortlich.<br />
engageMentpOlitische MassnahMen aus<br />
arbeitsMarktpOlitischer sicht<br />
Mit dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) schuf die Politik<br />
zunächst eine Alternative zum Zivildienst, der als<br />
Ersatz für den Wehrdienst nie zum klassischen freiwilligen<br />
Engagement zählte. Der BFD erfüllt Merkmale<br />
des Zivilengagements: Er ist freiwillig, gemeinwohlorientiert<br />
und, abgesehen von einer Aufwandsentschädigung,<br />
unentgeltlich. Das Kriterium, selbstbestimmt<br />
tätig zu sein, gilt hinsichtlich der freien Wahl des Tätigkeitsbereiches<br />
und/oder des Einsatzortes, nicht jedoch<br />
hinsichtlich der Zeitsouveränität des Freiwilligen. Es ist<br />
im Prinzip eine Ganztagsbeschäftigung (mindestens 20<br />
Wochenstunden), die in der Regel zwölf Monate dauert,<br />
mindestens jedoch sechs Monate. Auch sind die<br />
Engagierten fest in Arbeitsabläufe eingebunden.<br />
Auch von diesem zeitlich begrenzten Engagement<br />
erwartet der Staat einen „Klebeeffekt“. Analog zu<br />
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gilt aber auch<br />
hier die Einschränkung, dass Engagement eher aus<br />
einer gesicherten als aus einer prekären Existenz<br />
erfolgt. Zudem bleibt die Frage offen, ob der zeitintensive<br />
Bundesfreiwilligendienst tatsächlich eine<br />
echte Option für Senioren bzw. für den beruflichen<br />
Anschluss nach der Familienphase ist. Außerdem<br />
muss das Freiwilligenmanagement im BFD neu ge-<br />
7 vgl. Dathe, Dietmar/Hohendanner, Christian/Priller,<br />
Eckhard: Wenig Licht, viel Schatten – der Dritte Sektor als<br />
arbeitsmarktpolitisches Experimentierfeld, in: WZ Brief Arbeit,<br />
03/09, Berlin 2009<br />
91
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
staltet werden, da unterschiedliche Generationen<br />
mit unterschiedlichen Ansprüchen und Erfahrungen<br />
differenziert begleitet werden müssen.<br />
Für die Wirtschaft ist der Bundesfreiwilligendienst,<br />
ähnlich wie früher der Zivildienst, eine Möglichkeit<br />
des Kompetenzerwerbs von Schülererinnen und<br />
Schülern über die formale Bildung hinaus. Inwieweit<br />
sich dieser arbeitsmarktpolitische Effekt bei älteren<br />
Engagierten nach Erziehungszeiten oder nach Arbeitslosigkeit<br />
einstellt, bleibt abzuwarten.<br />
Kann bürgerschaftliches Engagement die verschiedenen<br />
Logiken der Kooperation verzahnen?<br />
Alle Akteure müssen sich um die Schnittstellen der<br />
Arenen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft kümmern,<br />
wo unterschiedliche Haltungen und Handlungsmaximen<br />
aufeinander treffen, denn hier liegt<br />
der Schlüssel: Neue soziale Partnerschaften als gemeinsame<br />
Schnittmenge aller drei Sphären.<br />
Den ersten Schritt in Richtung Schnittstelle zur Wirtschaft<br />
und insbesondere zur Zivilgesellschaft machte<br />
bereits der Staat mit der nationalen Engagementstrategie<br />
unter Beteiligung vieler Akteure.<br />
Zusammen mit der Wirtschaft muss nun die Politik<br />
für „gute Arbeit“ sorgen – auch im Dritten Sektor –<br />
sowie für die gleichwertige Anerkennung von Kompetenzprofilen<br />
aus dem Zivilengagement mit formalen<br />
Bildungsabschlüssen.<br />
Auch Beispiele aus anderen europäischen Ländern<br />
zeigen: Sozialunternehmer sind keine Utopie, gerade<br />
neue Formen der Erwerbsarbeit schaffen gute<br />
Voraussetzungen für profit- und sozialorientiertes<br />
Unternehmertum.<br />
Und welche Rolle spielte die Zivilgesellschaft? Verkommt<br />
sie zur Spielwiese der Politik und der Wirtschaft,<br />
zur Empfängerin von staatlichen Transferleistungen<br />
oder zur folgsamen Nachahmerin<br />
unternehmerischer Entscheidungslogik – die angesichts<br />
der Anhäufung von Wirtschaftskrisen kritisch<br />
hinterfragt werden müsste?<br />
Die Stärke der Zivilgesellschaft liegt genau darin, sehr<br />
rasch und unkonventionell auf Problemsituationen<br />
zu reagieren. Dies war auch der Handlungsimpuls der<br />
Wohlfahrtsverbände: „Die großen Aufgaben der Gegenwart<br />
verlangen, dass man sie begreift, sich mit ih-<br />
92<br />
nen auseinandersetzt und dabei sofort mit Lösungsversuchen<br />
beginnt.“ 18 Partizipation stärken, Plattformen<br />
für Initiativen bieten, professionelles Freiwilligen-Management<br />
sicherstellen und Kompetenzen über die<br />
formale Bildung hinaus fördern sind die Zutaten für die<br />
Garküche gesellschaftlicher Prozesse.<br />
Bernhard Jirku<br />
akteure der engageMentförderung<br />
und beschäftigungspOlitik<br />
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Spannungsfeld<br />
Engagement- und Arbeitsmarktpolitik aus Sicht der<br />
beteiligten Akteure. Er basiert auf dem im Forum 3<br />
gehaltenen Impulsvortrag und fasst dessen zentrale<br />
Aspekte thesenartig zusammen.<br />
Zunächst wird der Kontext, in dem sich Engagement-<br />
und Arbeitsmarktpolitik heute bewegen, anhand<br />
einiger zentraler Begriffe beschrieben: Beschäftigungsförderungspolitik<br />
ist in internationale Kontexte<br />
eingebunden. Eine wichtige Rolle spielen die EU und<br />
ihre Mitgliedsstaaten. Die deutsche Arbeitsmarkt- und<br />
Beschäftigungspolitik ist mit der Arbeitsmarkt- und<br />
Beschäftigungspolitik in der EU und den OECD-Staaten<br />
verknüpft. Mit dem Vertrag von Amsterdam verpflichteten<br />
sich die EU-Staaten 1997 parallel zur Einführung<br />
des Euro, über die Wirtschaft hinaus auch die Beschäftigung<br />
zu fördern. Dies wurde später auch mit der<br />
Lissabon-Strategie (2000-2010) verknüpft. In Deutschland<br />
wurde vor diesem Hintergrund – durchaus im<br />
Gegensatz zu Konzeptionen in vielen anderen Staaten<br />
– 2002 die so genannte Hartz-Agenda (Hartz-Gesetze,<br />
Agenda 2010) eingeleitet. Im Ergebnis wurde damit Arbeit<br />
unsicherer bzw. prekärer.<br />
Langfristig gesehen wächst Beschäftigung hauptsächlich<br />
bei den sozialen Dienstleistungen, kaum<br />
aber noch in der Industrie. Wir benötigen daher neben<br />
der Industriepolitik eine Dienstleistungspolitik,<br />
deren Ziel es sein muss, mehr und bessere Arbeit<br />
zu schaffen. Die Anzahl der beschäftigten Personen<br />
ist im Ergebnis von 2000 bis 2010 zwar gestiegen.<br />
Jedoch wurde dabei existenzsichernde Vollzeitbeschäftigung<br />
abgebaut und durch prekäre Beschäftigung<br />
(u.a. Teilzeit, Mini-Jobs und Leiharbeit) ersetzt<br />
[siehe die nachfolgenden FOLIEN].<br />
8 Juchacz, Marie, in: Neue Kraft aus der Erfahrung,<br />
Beiträge von Marie Juchacz und Lotte Lemke (1949), hrsg. vom<br />
AWO Bundesverband e.V., Berlin 2009, S.13
FOLIE 1<br />
38 621<br />
38 059<br />
37 555 37 516 37 601 37 498 37 463<br />
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Entwicklung der Erwerbstätigkeit 1991 - 2010<br />
37 911<br />
38 424<br />
39 316<br />
39 144 39 096<br />
38 880 39 075<br />
38 726 38 835<br />
39 724<br />
40 276<br />
40 483<br />
40 271<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt<br />
FOLIE 2<br />
-2.550.000<br />
Mehr Beschäftigung - aber was für welche?<br />
Veränderung der Erwerbstätigenzahlen von 2000 bis 2010<br />
500.000<br />
310.000<br />
770.000<br />
470.000<br />
1.340.000<br />
1.830.000<br />
Erwerbstätige<br />
(Solo-) Selbstständige<br />
1-Euro-Jobs u.a. Arbeitsgelegenheiten<br />
Mini-Jobs u.a. geringfügige Beschäftigung<br />
herkömmliche Teilzeit<br />
Leiharbeit<br />
Quelle: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, auf 10.000 gerundet (Stand: Februar 2011)<br />
Vollzeit ohne Leiharbeit<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
93
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
FOLIE 3<br />
135<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
94<br />
95<br />
90<br />
85<br />
FOLIE 4<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
Beschäftigungsentwicklung in Deutschland 2000 - 2010<br />
Prognose<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
beschäftigte in leiharbeit<br />
frauenanteil von knapp 20 auf gut 30 prozent gestiegen<br />
Frauen<br />
Männer<br />
1995: 162.000,<br />
davon 18,5 %<br />
Frauen<br />
2000: 338.000,<br />
davon 23,4 %<br />
Frauen<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
Teilzeitbeschäftigte<br />
Selbstständige<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
preisbereinigt<br />
Erwerbstätige<br />
Arbeitsvolumen<br />
Vollzeitbeschäftigte<br />
Quelle: Institut<br />
für Arbeitsmarktund<br />
Berufsforschung,<br />
eigene Berechnungen<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, jeweils Dezemberwerte; 2010: Meldungen der Zeitarbeitsunternehmen, eigene Schätzung<br />
2007: 721.000,<br />
davon 26,1 %<br />
Frauen<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
2010: 1.000.000,<br />
2009: 31,1 % Frauen
FOLIE 5<br />
in Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse<br />
% 10 %<br />
9 %<br />
8 %<br />
7 %<br />
6 %<br />
5 %<br />
4 %<br />
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Immer mehr befristete Jobs<br />
Manner<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, März 2009 (Ergebnisse der Mikrozensen 1991 bis 2008)<br />
FOLIE 6<br />
780.000<br />
402.000<br />
104.000<br />
268.000<br />
arbeitslosengeld ii als kombilohn<br />
Erwerbstätige, die zusätzlich ALG II beziehen<br />
Frauen<br />
selbständige<br />
geringfügig beschäftigte<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
insgesamt<br />
(2008: 2,7 Mill.)<br />
sozialversicherte teilzeitbeschäftigte<br />
Vollzeitbeschäftigte<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
1.383.000<br />
126.000<br />
695.000<br />
228.000<br />
344.000<br />
2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Quelle: Bundesagentur für Arbeit<br />
95
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
FOLIE 7<br />
FOLIE 8<br />
96<br />
140%<br />
135%<br />
130%<br />
125%<br />
120%<br />
115%<br />
110%<br />
105%<br />
100%<br />
95%<br />
Löhne stagnieren - Gewinne explodieren<br />
preisbereinigte Entwicklung 2000 - 2012<br />
Unternehmens- und<br />
Vermögenseinkommen<br />
Bruttolöhne und -gehälter<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, DIW-Wochenbericht 1-2/2011, eigene Berechnungen<br />
Prognose
FOLIE 9<br />
-2,8%<br />
5,8%<br />
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Schlusslicht Deutschland<br />
Veränderung der Reallöhne pro Kopf 2009 gegenüber 2000<br />
6,3% 6,8% 7,6% 8,6% 9,2% 9,3% 9,7%<br />
17,1%<br />
14,7% 14,9%<br />
13,1% 18,3%<br />
Quelle: Europäische Kommission: Ameco-Datenbank (Deflator: privater Konsum), Stand: Dezember 2010<br />
FOLIE 10<br />
-3 %<br />
3 %<br />
9 %<br />
10 %<br />
zwangsdiät lohnt sich nicht<br />
5 %<br />
13 %<br />
Veränderung 2000 bis 2010<br />
Reallöhne Beschäftigung Wachstum<br />
6 %<br />
7 %<br />
12 %<br />
6 %<br />
9 %<br />
16 %<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
23,2% 24,1%<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
Deutschland Frankreich Eurozone Österreich Spanien<br />
9 %<br />
14 %<br />
23 %<br />
29,6%<br />
Quelle: EU-Kommisson, Ameco Datenbank<br />
97
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Die Grafiken verdeutlichen den Wandel der Qualität<br />
von Beschäftigung in den letzten zehn Jahren. Mit<br />
der Ausweitung von prekärer Beschäftigung und der<br />
Verarmung in unteren und mittleren Lohngruppen<br />
stieg die Zahl der Personen bzw. Familien, die ergänzende<br />
Sozialleistungen (Hartz IV bzw. Arbeitslosengeld<br />
II) in Anspruch nehmen müssen.<br />
Parallel zur Ausweitung der prekären Beschäftigung<br />
sind einerseits die Löhne und Gehälter real bzw.<br />
inflationsbereinigt gesunken (besonders in den unteren<br />
und mittleren Vergütungsgruppen); andererseits<br />
sind die Einkommen aus Gewinnen und Vermögen<br />
sehr stark gestiegen.<br />
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass sich die deutsche<br />
Hartz-Agenda weder gesamtwirtschaftlich<br />
noch beschäftigungspolitisch bewährt hat. So haben<br />
andere EU-Staaten beim Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum<br />
mit einer anderen Politik wesentlich<br />
besser abgeschnitten. Wie schon eingangs<br />
festgestellt, wächst die Beschäftigung seit einigen<br />
Jahrzehnten insbesondere bei den Dienstleistungen.<br />
Die Hartz-Agenda hat nicht nur in den unteren Einkommensschichten<br />
zu einer breiten Verarmung<br />
geführt, sie hat sich auch in der Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
2008-2010 nicht bewährt. Vielmehr<br />
hat sie zur schnellen Vertiefung der Krise beigetragen<br />
(Entlassungen Leiharbeit, Auflösung befristeter<br />
Beschäftigungsverhältnisse usw.). Bewährt<br />
haben sich stattdessen traditionelle Instrumente<br />
wie Kurzarbeit, Arbeitszeitkonten, Beschäftigungssicherungstarifverträge<br />
und das Konjunkturpaket.<br />
Während der Krise ging die Beschäftigung insbesondere<br />
in der Industrie zurück. Bei den Dienstleistungen<br />
gab es sogar leichte Zuwächse, insbesondere<br />
bei den personennahen bzw. den sozialen<br />
Dienstleistungen.<br />
Aus diesen Erfahrungen heraus stellt sich die Frage,<br />
welche Beschäftigungspolitik zu mehr und besserer<br />
Arbeit führt, insbesondere im wachsenden Dienstleistungsbereich.<br />
Mit der Hartz-Agenda verbindet<br />
sich die Devise „Jobs-Jobs-Jobs“: Arbeit um jeden<br />
Preis, Arbeit zu jedem Preis – das führt, wie gezeigt,<br />
zu prekärer Arbeit. Die Gewerkschaften treten dagegen<br />
für „Mehr und bessere Arbeit!“ ein und orientieren<br />
sich damit zum Beispiel am Vorbild der skandinavischen<br />
Länder. Im Zusammenhang mit dem Ausbau<br />
von Dienstleistungen, also dort wo Beschäftigung<br />
langfristig wächst, gilt es mehr und bessere Arbeit zu<br />
98<br />
entwickeln. Fachkräfte fehlen heute schon vor allem<br />
bei den personenbezogenen Dienstleistungen, zum<br />
Beispiel in der Pflege und Erziehung.<br />
Die sozialen Dienstleistungen haben eine lange Geschichte<br />
und eine komplexe Gegenwart. Ursprünglich<br />
durch Familie und Sippe bereitgestellt, später<br />
dann im Mittelalter im Rahmen der Kirche verbunden<br />
mit der Idee von Barmherzigkeit, gingen sie mit<br />
zunehmender Säkularisierung als Armenversorgung<br />
über zu den Kommunen und den Wohlfahrtsverbänden<br />
und im Rahmen der Industrialisierung zu den<br />
Sozialversicherungen. Heute tragen neben den traditionellen<br />
Formen (Familie, Kirche, Wohlfahrtsverbände)<br />
insbesondere die Sozialversicherungen und<br />
der Staat (Kommunen, Länder, Bund) aus Steuern<br />
und Sozialversicherungsbeiträgen die Finanzierung<br />
der sozialen Dienstleistungen. In diesem Kontext<br />
stellt sich die Frage nach der Zukunft sozialer bzw.<br />
personenbezogener Dienstleistungen und den Arbeits-<br />
und Lebensbedingungen der dort tätigen<br />
Menschen. Ein Aspekt ist dabei das Verhältnis von<br />
bürgerschaftlichem Engagement und Erwerbsarbeit.<br />
das Verhältnis von bürgerschaftlichem engagement<br />
und erwerbsarbeit<br />
Das bürgerschaftliche Engagement zeigt sich nicht<br />
nur in politischen Parteien und Verbänden, es ist<br />
vor allem auch in den sozialen Diensten präsent.<br />
Dabei sind die Existenzgrundlagen der engagierten<br />
Menschen höchst unterschiedlich und die Folgen<br />
der Hartz-Agenda für die Beschäftigungspolitik besonders<br />
gravierend: Während immer weniger Menschen<br />
hinreichend Geld haben und es sich leisten<br />
können, wohltätig aktiv zu werden, sind immer mehr<br />
Personen zumindest auf die Erstattung von Mehraufwendungen<br />
angewiesen. Gerade in Deutschland<br />
und vor allem im Dienstleistungsbereich kam es in<br />
den letzten Jahren zu einer Präkarisierung der Erwerbsarbeit.<br />
Für den betroffenen Personenkreis gilt,<br />
dass ihr Engagement damit nicht mehr auf einem<br />
ausreichend gesicherten Einkommensfundament<br />
erfolgen kann. Indes gibt es einen steigenden Bedarf<br />
an sozialen Dienstleistungen, der aber nicht hinreichend<br />
finanziert wird.<br />
Hinsichtlich möglicher Kooperationen im Bereich Engagement<br />
und Erwerbsarbeit scheint es zwar durchaus<br />
Annäherungen zwischen Staat, Wirtschaft und<br />
Drittem Sektor zu geben. Diese Kooperationen werden<br />
jedoch unterminiert durch Dilemmata innerhalb
der Sektoren – beispielsweise durch eine stärkere<br />
ökonomische Rationalisierung im Dienstleistungssektor.<br />
Zudem greifen im Rahmen der Arbeitsmarkt-<br />
und Beschäftigungspolitik die Instrumente der<br />
Arbeitsförderung in die sozialen Dienste ein – ihre<br />
Zielgruppe sind gleichsam die einkommensarmen<br />
Engagierten. Zu nennen sind bestimmte Arbeitsmarktinstrumente<br />
in der „Entgeltvariante“ (wie<br />
ABM, Job-Perspektive, Kommunal-Kombi, Bürgerarbeit)<br />
oder die „Mehraufwandsvariante“ (wie 1-Euro-<br />
Jobs). Problematische Wirkungen haben in diesem<br />
Kontext auch die Aufwandspauschale von 175 Euro<br />
und die Mini-Jobs entfaltet. Im Ergebnis wird einerseits<br />
reguläre Beschäftigung verdrängt und andererseits<br />
dem Nachwuchs der Weg in existenzsichernde<br />
Arbeitsverhältnisse erschwert.<br />
An die Dienstleistungen der Zukunft sind dagegen<br />
folgende Anforderungen zu stellen: Soziale Dienste<br />
müssen eine Aufwertung erfahren. Sie müssen eine<br />
solide Finanzierung aus Sozialversicherungsbeiträgen<br />
und Steuern aufweisen. Spenden und Stiftungen<br />
sind hochgradig konjunktur- bzw. marktabhängig<br />
FOLIE 11<br />
47,6% 47,6%<br />
46,4%<br />
44,7% 44,4% 44,5%<br />
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Sozialstaat in der Krise<br />
Anteil von Staat und Sozialversicherungen am Bruttoinlandsprodukt<br />
48,1%<br />
Einnahmen<br />
48,5%<br />
47,1%<br />
46,8%<br />
43,3%<br />
43,5% 43,7%<br />
– sie versiegen gerade dann, wenn sie besonders<br />
gebraucht werden. Die derzeitige Steuer- und Fiskalpolitik<br />
hat eine große Schlagseite: Es wird zu wenig<br />
für die Einnahmeseite getan und die Ausgabenbegrenzung<br />
steht zu sehr im Vordergrund. Verbesserte<br />
Einnahmen sind nicht nur möglich (z. B. per Vermögenssteuer),<br />
sondern auch für eine stabile Entwicklung<br />
der sozialen Dienstleistungen und einen ausgewogeneren<br />
Konjunkturverlauf notwendig.<br />
Dienstleistungen sind mit hochwertiger Beschäftigung<br />
verbunden und benötigen eine stabile Finanzierung.<br />
Fachkräfte müssen für attraktive Berufe ausgebildet<br />
werden; sie benötigen gesicherte Einkommen, die auch<br />
Räume für bürgerschaftliches Engagement eröffnen.<br />
Ein Umdenken und Umschwenken in der Steuer-<br />
und Abgabenpolitik macht sowohl sozial als auch<br />
ökonomisch einen Sinn. Eine Gesellschaft mit ausreichender<br />
Finanzierung von hochwertigen Dienstleistungen<br />
und existenzsichernden Erwerbseinkommen<br />
schafft gute Voraussetzungen für ein lebendiges<br />
bürgerschaftliches Engagement.<br />
Ausgaben<br />
45,4%<br />
43,9%<br />
43,7%<br />
43,7%<br />
47,6%<br />
44,4%<br />
48,0%<br />
42,5%<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
47,0%<br />
46,0%<br />
45,0%<br />
Projektion der Bundesregierung<br />
42,0% 42,0% 42,0%<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt 2009 und Bundesregierung, Deutsches Stabilitätsprogramm, Januar 2010<br />
99
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
FOLIE 12<br />
Steuereinnahmen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
100<br />
25<br />
24<br />
23<br />
22<br />
21<br />
20<br />
19<br />
Steuerquote in Deutschland<br />
Quelle: Bundesfinanzministerium, ab 2008 Steuerschätzung vom Nov 2009<br />
FOLIE 13<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
-50<br />
-60<br />
-0,6<br />
-4 Mrd.€<br />
Einnahmeausfälle für Bund, Länder und Gemeinden<br />
durch Steuerrechtsänderungen seit 1998<br />
-3,1<br />
-30 Mrd.€<br />
-1,4<br />
-24 Mrd.€<br />
-2,7<br />
-31 Mrd.€<br />
-1,6<br />
-2,6<br />
Bund Gemeinden Länder<br />
-1,6<br />
-2,3<br />
-3,6<br />
-5,7<br />
-8,1<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
2009 und 2010<br />
Schätzung<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Quelle: BMF, Berechnungen Eicker-Wolf/Truger<br />
-35 Mrd.€<br />
-43 Mrd.€<br />
-40 Mrd.€<br />
-20 Mrd.€<br />
-36 Mrd.€<br />
-8,6<br />
-7,7<br />
-51 Mrd.€ -52 Mrd.€<br />
-56 Mrd.€<br />
-6,5<br />
-48<br />
Mrd.€
FOLIE 14<br />
-0,2 %<br />
Quelle: EU/IMK<br />
0,2 %<br />
forum 4 | jirku: akteure der engagementförderung und beschäftigungspolitik<br />
Vize-weltmeister in sparsamer ausgabenpolitik<br />
Entwicklung der realen Staatsausgaben<br />
Durchschnitt der jährlichen Veränderung 1998 bis 2010<br />
1,4 % 1,4 %<br />
2,0 %<br />
3,8 %<br />
4,5 %<br />
ver.di Bundesvorstand<br />
Bereich Wirtschaftspolitik<br />
1,8 %<br />
1,5 %<br />
101
fOruM 4<br />
stakehOlders in the prOMOtiOn Of VOlunteering and eMplOyMent pOlicy<br />
This forum looked at the various stakeholders and<br />
levels of cooperation. It presented comparative European<br />
experiences and approaches to the interaction<br />
or field of tension between labour market policy/<br />
employment policy and the encouragement of volunteering.<br />
How do other European countries view the<br />
relationship between the aims of these two areas?<br />
What practical forms of cooperation are there, and<br />
what innovative forms should be developed in the future?<br />
How and under what conditions can volunteering result<br />
in regular jobs? How can such processes be actively<br />
supported? What consequences would there be for the<br />
existing landscape of labour market and employment<br />
policy if infrastructure institutions such as volunteer<br />
agencies were to systematically carry out employment<br />
programmes and offer related training opportunities<br />
that were based on volunteer commitment? What<br />
forms of cooperation are there between job centres<br />
and civil-society stakeholders? What partnerships with<br />
infrastructure facilities that operate on a volunteer basis<br />
are desirable and should be developed?<br />
FIG. 1<br />
102<br />
Dr. Rosario Costa-Schott<br />
lOgic Of cOOrdinatiOn<br />
VOlunteering prOMOtiOn and<br />
labOur pOlicy stakehOlders<br />
Against the background of the pluralisation of<br />
forms of employment, along with the blurring of the<br />
boundaries of gainful employment, 1 the roles, responsibilities<br />
and rationales of German stakeholders<br />
have changed and become intertwined.<br />
Two specific examples (the ‚Bürgerarbeit‘ civic work<br />
model and the ‚Bundesfreiwilligendienst‘ national<br />
volunteering service) serve to illustrate the different<br />
interests of labour and volunteering policies. This<br />
poses the central question of whether volunteering,<br />
overstrained in its role as the glue holding society together,<br />
can achieve a consensus between stakeholders.<br />
1 Mutz, Gerd: Der souveräne Arbeitsgestalter in der<br />
zivilen Arbeitsgesellschaft, in: Aus Politik und Zeitgeschichte,<br />
Heft B 21, S. 14-24, Bonn 2001<br />
VOlunteering eMplOyeMent
frOM the lOgic Of cOOrdinatiOn tO<br />
different cOOperatiOn ratiOnales<br />
In the early days of the Federal Republic of Germany,<br />
the activities of the state, the market and the third<br />
sector took place in parallel worlds. From the state‘s<br />
perspective, volunteering, or what was then often<br />
referred to as charitable work 2 , was something to be<br />
funded, involving partner organisations with fixed<br />
corporate structures, such as sports and cultural associations<br />
or those inherently involved in social welfare,<br />
like churches or charities. (vgl. ABB. 1)<br />
This ‚market‘ focused on providing financial support<br />
for volunteering, in the form of donations, sponsorship<br />
or foundations. The core interest was the commercial<br />
benefit, particularly the image-boosting aspect. Meanwhile,<br />
the third sector involved a host of volunteers,<br />
motivated by intrinsic values such as solidarity and the<br />
common good, with a distinctive focus on health care<br />
and social services. Rising affluence and changing expectations<br />
of quality led to the increasing professionalisation<br />
of social services, with social institutions being<br />
run according to market rationale.<br />
Parallel to the professionalisation and economisation<br />
of the third sector, the state carried out extensive<br />
austerity measures, as many social services could no<br />
longer be financed. This resulted in a changed state<br />
rationale, mostly comprising unilateral cooperation<br />
with businesses through the transfer of state social<br />
services to private sector enterprises, e.g. in health<br />
care or care of the elderly, but also involving some<br />
bilateral partnerships with businesses (public-private<br />
partnerships). Here, the third sector took on the content-focused,<br />
organisational role with the aid of volunteers<br />
and, increasingly, paid staff employed by the<br />
welfare associations themselves. This rationale of cooperation<br />
marks a trisectoral welfare state in which<br />
the public sector on the one hand supports civic society<br />
institutions and structures beyond those of the<br />
major associations (volunteering agencies, self-help<br />
and agenda groups), but on the other hand privatises<br />
some of its welfare services.<br />
The rationale of cooperation calls for a seamless transition<br />
from public to private sector, and also from civic<br />
initiative to hierarchical state apparatus, or to the<br />
organisational structures of the economic system.<br />
(vgl. ABB. 2)<br />
2 Hummel, Konrad: Die Bürgerschaftlichkeit unserer<br />
Städte, in: Planung und Organisation 6, S. 11, Berlin 2009<br />
forum 4 | costa-schott: Volunteering promotion and labour policy stakeholders<br />
The stakeholders frequently move in an area where<br />
two spheres intersect, and must act according to two<br />
rationales. Although the welfare associations are still<br />
committed to the values of solidarity and the common<br />
good, their institutions and services are run<br />
according to the rationale of a commercial enterprise.<br />
labOur pOlicy Measures frOM the<br />
perspectiVe Of prOMOting VOlunteering<br />
How should we therefore judge employment policy<br />
measures from the perspective of those involved in<br />
promoting volunteering, in the case of the ‚civic work‘<br />
example, or measures for promoting volunteering,<br />
such as our national volunteering service example<br />
from the perspective of various employment policy<br />
stakeholders?<br />
The ‚civic work‘ model 3 is a state-run employment<br />
policy measure aimed at easing the return to work<br />
for the long-term unemployed after various (unsuccessful)<br />
reintegration phases through skills acquisition<br />
and social integration. ‚Civic work‘ is therefore<br />
more successful the sooner it finishes, i.e. once the<br />
participant is ready to take on a job on the general<br />
labour market. 4 As the work must be in the community<br />
and the respective job must not replace a<br />
regular position, the acquisition of skills is limited<br />
to the social integration of the ‚civic workers‘. The<br />
pilot project has little in common with Ulrich Beck‘s<br />
concept of ‚civic work as organised, creative disobedience‘<br />
5 : the employment is neither voluntary nor<br />
unpaid.<br />
The state does not only presume that a few unemployed<br />
people will return to the regular labour market<br />
on the strength of their ‚civic work‘, but also expects<br />
that some others – for example those long-term unemployed<br />
who cannot be reintegrated 6 – will continue<br />
to work in the community.<br />
3 vgl. Fachforum 1 „Aktivierende Arbeitsmarktpolitik<br />
und Engagement“, Input von Roland Roth<br />
4 BMAS, Modellprojekt „Bürgerarbeit“, Fragen und<br />
Antworten, Stand Juli 2011 unter http://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Pressemitteilungen/buergerarbeit.html<br />
5 Onlinequelle: Demokratiezentrum.org - www.<br />
demokratiezentrum.org Printquelle: Beck, Ulrich (Hg.): Die<br />
Zukunft von Arbeit und Demokratie. Suhrkamp, Frankfurt am<br />
Main 2000, S. 416-447, http://www.demokratiezentrum.org/<br />
fileadmin/media/pdf/beck1.pdf<br />
6 BMFSFJ, Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009<br />
– Zivilgesellschaft, soziales Kapital und freiwilliges Engagement<br />
in Deutschland 1999-2004-2009, S. 43 u. S. 267ff<br />
103
forum 4 | costa-schott: Volunteering promotion and labour policy stakeholders<br />
FIG. 2<br />
In the economy‘s view, any kind of further qualification<br />
of the workforce is generally to be welcomed;<br />
however, it is not clear as yet to what extent these<br />
‚civic workers‘ make the transition to the regular<br />
labour market during or subsequent to their ‚civic<br />
work‘ on the basis of the additional skills acquired.<br />
Any real acquisition of skills, however, mainly occurs<br />
‚on the job‘, preventing a strict separation between<br />
‚civic workers‘ and the regular workforce.<br />
From the perspective of the civil society stakeholders,<br />
for instance a social institution, this model<br />
has the drawback that these ‚civic workers‘ are something<br />
between a volunteer (although they are<br />
not there on a voluntary basis) and a paid-up member<br />
of staff (but without any professional skills).<br />
Non-profit institutions therefore increasingly see<br />
themselves as a testing ground for labour market<br />
policy programmes 7 , even though their primary responsibility<br />
is the welfare of the people entrusted<br />
in their care.<br />
7 vgl. Dathe, Dietmar/Hohendanner, Christian/Priller,<br />
Eckhard: Wenig Licht, viel Schatten – der Dritte Sektor als arbeitsmarktpolitisches<br />
Experimentierfeld, in: WZ Brief Arbeit,<br />
03/09, Berlin 2009<br />
104<br />
self-determined, flexible directed, inflexible<br />
public private<br />
VOlunteering pOlicy Measures frOM a<br />
labOur Market pOlicy perspectiVe<br />
Initially, policy-makers established the national volunteering<br />
service (Bundesfreiwilligendienst, BFD) as<br />
an alternative to compulsory civilian service, which,<br />
as an alternative to national service, was never considered<br />
a voluntary service in the traditional sense.<br />
The BFD does have some of the characteristics of<br />
civic engagement: it is voluntary, community welfare<br />
oriented and unpaid, apart from expenses. The<br />
criterion of being able to control your own employment<br />
applies in as far as the field of activity and/or<br />
its location are a matter of free choice, but not with<br />
regard to the ‚time sovereignty‘ of volunteers. It is<br />
basi-cally a fulltime job (at least 20 hours a week),<br />
usually for 12 months or, at the very least, for 6<br />
months. The volunteers are also firmly integrated<br />
into the operations of the institutions.<br />
Again, the state expects these temporary volunteering<br />
placements to lead to some volunteers being<br />
of-fered permanent jobs. However, as with labour<br />
market policy measures, the fact that volunteers gener-ally<br />
have a stable livelihood and are not looking<br />
to secure their income is a limitation here. Moreo-
ver, the question as to whether a time-consuming<br />
national volunteering service placement is a genuine<br />
option for senior citizens or those rejoining the<br />
workforce after having a family remains open. In addition,<br />
the way in which BFD volunteering is managed<br />
needs to be reviewed, as different generations<br />
with varying expec-tations and experiences each<br />
require a different kind of support.<br />
For the economy, the national volunteering service,<br />
like the former civilian service, represents an opportunity<br />
for school leavers to acquire skills not covered<br />
by the formal education system. To what extent this<br />
labour market policy inspired effect takes hold in<br />
terms of older volunteers returning to work after paren-tal<br />
leave or a period of unemployment remains<br />
to be seen.<br />
Can CiviC EngagEmEnt fusE thE<br />
various CoopEration rationalEs?<br />
All stakeholders must consider the points where the<br />
spheres of policy-making, the economy and civic society<br />
overlap, where different morals and rationales<br />
are at odds with each other, because this is the key:<br />
new social partnerships as a common ground between<br />
all three spheres.<br />
With the national volunteering strategy, which involves<br />
a great number of stakeholders, the state has<br />
already taken a first step towards establishing this<br />
common ground with the economy and, in particular,<br />
with civic society.<br />
Together with the economy, policy-makers must<br />
now ensure that they are doing ‚a good job‘ – including<br />
in the third sector – and that skill profiles acquired<br />
through civic engagement receive the same<br />
recogni-tion as formal educational qualifications.<br />
Moreover, precedents from other European countries<br />
also prove that social entrepreneurship is no longer a<br />
pipe dream, these new forms of gainful employment in<br />
particular create good preconditions for an entrepreneurship<br />
that is both profit and community-oriented.<br />
So what role does civic society play? Is it in danger of<br />
being turned into nothing more than a testing ground<br />
for political and economic strategies, or into a mere<br />
recipient of state benefits, or is it just obediently<br />
aping a commercially-minded decision-making rationale<br />
– which, in view of the recent conglomera-tion of<br />
Forum 4 | Jirku: Actors of commitment promotion and employment policy<br />
economic crises, may well deserve a critical review?<br />
The civic society‘s strength lies precisely in its rapid<br />
and unconventional response to problem situations.<br />
This was also the welfare associations‘ driving force:<br />
‚The major challenges of the present demand that<br />
we grasp them, address them and start attempting<br />
to solve them straight away 1 : 1 increasing participation,<br />
providing platforms for initiatives, ensuring professional<br />
volunteer management and promoting the<br />
acquisition of skills beyond formal education are the<br />
ingredients that keep the stew of ongoing social processes<br />
bubbling.<br />
Bernhard Jirku<br />
aCtors of CommitmEnt promotion<br />
and EmploymEnt poliCy<br />
This article deals with the conflict between volunteering<br />
and labour market policy from the perspective<br />
of the actors involved. It is based on the motivational<br />
presentation given in Forum 3 and summarizes<br />
the central aspects of the presentation.<br />
First of all, the context in which volunteering and labour<br />
market policy today move and have their being<br />
is described by means of some central terms: Employment<br />
policy is integrated into international contexts.<br />
The EU and its member states play an important role<br />
in this respect. The German labour market and employment<br />
policy is linked to the labour market and<br />
employment policy in the EU and the OECD countries.<br />
With the Treaty of Amsterdam, the EU in 1997 also<br />
committed itself, parallel to the introduction of the<br />
Euro, to promote employment beyond the economy.<br />
This was also later linked with the Lisbon Strategy<br />
(2000 - 2010). Against this background, and in contrast<br />
to concepts in many other countries, Germany<br />
in 2002 introduced the so-called Hartz Agenda (Hartz<br />
laws, Agenda 2010). As a result, employment became<br />
more insecure, and jobs more precarious.<br />
Seen in the long term, employment is growing mainly<br />
in the social services, but hardly at all in industry.<br />
In addition to an industrial policy, we therefore need<br />
a services policy whose aim must be to create more<br />
and better employment. Although the number of<br />
persons in employment has as a result increased<br />
1 Juchacz, Marie, in: Neue Kraft aus der Erfahrung,<br />
Beiträge von Marie Juchacz und Lotte Lemke (1949), ed. by<br />
AWO Bundesverband e.V., Berlin 2009, S.13<br />
105
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
SLIDE 1<br />
38 621<br />
106<br />
38 059<br />
Employment in Germany 1991-2010<br />
37 555 37 601<br />
37 516 37 498<br />
37 463<br />
37 911<br />
38 424<br />
39 316<br />
39 144 39 096<br />
38 726<br />
38 880<br />
38 835<br />
39 075<br />
39 724<br />
40 276<br />
40 483<br />
40 271<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Source: Statistisches Bundesamt<br />
SLIDE 2<br />
- 2.550.000<br />
More jobs – But what kind of?<br />
Changes in working population 2000 - 2010<br />
500.000<br />
310.000<br />
770.000<br />
470.000<br />
1.340.000<br />
1.830.000<br />
Source: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, rounded off (February 2010)<br />
employees<br />
self employed<br />
1 - Euro -job<br />
marginal employment<br />
part-time employment<br />
temporary employment<br />
full-time without temporary employment
SLIDE 3<br />
135<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
SLIDE 4<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
Employment in Germany 2000 - 2010<br />
projection<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
0<br />
women<br />
men<br />
1995: 162.000,<br />
women 18,5 %<br />
Temporary employment<br />
2000: 338.000,<br />
women 23,4 %<br />
part-time<br />
self employed<br />
GDP (adjusted)<br />
employees<br />
volume of work<br />
full-time<br />
Source: Institut<br />
für Arbeitsmarkt -<br />
und Berufsforschung,<br />
Own calculation<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Source: Bundesagentur für Arbeit , notifications of temporary employment agencies; own estimation<br />
2007: 721.000,<br />
women: 26,1 %<br />
2010: 1.000.000,<br />
2009: 31,1 % women<br />
107
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
SLIDE 5<br />
108<br />
% 10 %<br />
9 %<br />
8 %<br />
7 %<br />
6 %<br />
5 %<br />
in Prozent aller B esch äftigung sverh ältni sse<br />
4 %<br />
SLIDE 6<br />
780.000<br />
402.000<br />
104.000<br />
268.000<br />
1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
Source: Statistisches Bundesamt, March 2009 ( Census 1991 – 2008)<br />
Unemployment benefits as income supplementation<br />
People in paid work who get supplementary social benefits<br />
2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Source: Bundesagentur für Arbeit<br />
More and more short-term jobs<br />
men<br />
women<br />
Self employed<br />
Marginal employment<br />
Social insured part-time employees<br />
Full-time employees<br />
total<br />
(2008: 2,7 Mio.)<br />
1.383.000<br />
126.000<br />
695.000<br />
228.000<br />
344.000
from 2000 to 2010, full-time employment which<br />
provides a living wage has declined, and has been<br />
replaced by precarious employment (e.g. part-time<br />
work, mini-jobs and temporary work) [see the subsequent<br />
slides].<br />
The graphics illustrate the change in the quality of<br />
employment over the last ten years. With the expansion<br />
of precarious employment and impoverishment<br />
in lower- and middle-wage groups, the number of<br />
persons or families who are forced to claim supplementary<br />
social benefits (Hartz IV and Unemployment<br />
Benefit II) has increased accordingly.<br />
In parallel with the increase in precarious employment,<br />
wages and salaries have on the one hand decreased<br />
in real terms after adjustment for inflation<br />
(especially in the lower- and middle-wage groups);<br />
on the other hand, the revenues from profits and assets<br />
have increased sharply.<br />
As a result, it can be said that the German Hartz<br />
Agenda has failed to prove itself either in terms of<br />
the overall economy or employment policy. Other<br />
EU countries have performed much better in terms<br />
of economic and employment growth with other<br />
policies. As already stated above, employment has<br />
been growing for several decades particularly in social<br />
services.<br />
The Hartz Agenda has not only resulted in widespread<br />
impoverishment in the lower income brackets,<br />
but also failed to prove itself in the financial<br />
and economic crisis of 2008 - 2010. Instead, it rather<br />
contributed to the rapid deepening of the crisis<br />
(layoff of temporary workers, termination of limited<br />
employment contracts, etc.). Resort was taken<br />
instead to traditional instruments such as reduced<br />
working hours, working time accounts, employment<br />
security wage agreements and the economic<br />
recovery package. Employment in industry in particular<br />
declined during the crisis. In services, there<br />
were even slight increases, especially in personal<br />
and social services.<br />
These experiences give rise to the question of which<br />
employment policy leads to more and better jobs,<br />
particularly in the growing service sector. The motto<br />
of “Jobs Jobs Jobs” is connected to the Hartz Agenda:<br />
Jobs for any price, jobs at any price – which as demonstrated<br />
leads only to insecure jobs. The unions<br />
on the other hand call for “More and better work!”,<br />
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
hoping for example to follow the model of the Scandinavian<br />
countries. In connection with the expansion<br />
of services, i.e. where employment is growing in<br />
the long term, the aim must be to develop more and<br />
better jobs. Specialists are today already in short<br />
supply, particularly in personal services, for example<br />
in care and education.<br />
Social services have a long history and a complex<br />
present. Provided originally by family and tribe, then<br />
later in the Middle Ages by the Church in association<br />
with the idea of charity, they were passed on<br />
with increasing secularisation to communities and<br />
charitable associations as care of the poor, and with<br />
industrialisation to social security. In addition to<br />
the traditional forms (family, Church, charities), it is<br />
today social security and the state (municipalities,<br />
states, central government) in particular which provide<br />
the funding of social services from tax revenue<br />
and social security contributions. In this context,<br />
the question arises of the future of social or personal<br />
services and the working and living conditions<br />
of people employed in these sectors. One aspect is<br />
the relationship between civic involvement and paid<br />
employment.<br />
the relatiOnship between ciVic<br />
inVOlVeMent and paid eMplOyMent<br />
Civic involvement manifests itself not only in political<br />
parties and associations, but is present in<br />
particular in the social services. The livelihoods of<br />
the people involved are extremely varied in nature,<br />
and the consequences of the Hartz Agenda particularly<br />
significant for employment policy: While<br />
fewer and fewer people have sufficient money, and<br />
can afford to be charitably active, more and more<br />
people are becoming dependent on at least the<br />
reimbursement of additional expenses. In Germany<br />
especially, and in particular in the services sector,<br />
paid employment has become much more precarious<br />
over recent years. For the group of people<br />
concerned, this means that their involvement is no<br />
longer founded on a sufficiently secure income basis.<br />
At the same time, there is an increasing demand<br />
for social services, which however is not adequately<br />
funded.<br />
With regard to possible cooperations in the field of<br />
involvement and paid employment, there does seem<br />
to be some rapprochement between the state, the<br />
economy and the third sector. These cooperations<br />
109
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
SLIDE 7<br />
SLIDE 8<br />
110<br />
140 %<br />
135 %<br />
130 %<br />
125 %<br />
120 %<br />
115 %<br />
110 %<br />
105 %<br />
100 %<br />
95 %<br />
Same income – maximized profits<br />
Changes between 2000 – 2012 (adjusted for prices)<br />
Corporate profits and<br />
capital gains yield<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012<br />
Source: Statistisches Bundesamt, DIW Wochenbericht 1-2/2011; own calculation<br />
Pre-tax wages and income<br />
prediction
SLIDE 9<br />
however are being undermined by dilemmas within<br />
the sectors - for example by greater economic rationalisation<br />
in the services sector. As a side effect of<br />
labour market and employment policy, the instruments<br />
of employment promotion are also making<br />
inroads into social services – whose target group<br />
is simultaneously the low-income group involved.<br />
These include certain labour market instruments in<br />
the “wage variant” (such as ABM, Job Perspectives,<br />
Communal-combi, civic work) or the “Extra cost<br />
variant” (such as 1-Euro jobs). The fixed allowance<br />
of € 175 and the mini-jobs have also created problematic<br />
effects in this context. As a result, regular<br />
employment is supplanted on the one hand, and on<br />
the other hand, it becomes more difficult for young<br />
people to obtain a job which provides a reasonable<br />
living wage.<br />
Conversely the following requirements must be<br />
placed on the services of the future: social services<br />
must undergo an enhancement. They must<br />
have sound financing from social security con-<br />
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
tributions and taxes. Donations and foundations<br />
depend heavily on economic buoyancy and the<br />
market – they dry up just when they are most needed.<br />
The current tax and fiscal policy has a major<br />
problem: too little is done on the revenue side and<br />
too much emphasis is placed on limiting expenditure.<br />
Improved revenues are not only possible<br />
(e.g. through asset tax), but essential for stable<br />
development of social services and balanced economic<br />
development.<br />
Services are associated with high-quality employment<br />
and need stable financing. Specialists must<br />
be trained for attractive professions; they need a<br />
secure income, which also opens up capacity for<br />
volunteering.<br />
A rethinking and shift in taxation and contributions<br />
policy makes sense both economically and socially. A<br />
society with adequate financing of high-quality services<br />
and living incomes creates good conditions for<br />
lively civic engagement.<br />
111
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
SLIDE 10<br />
46 , 4 %<br />
112<br />
- 3 %<br />
SLIDE 11<br />
3 %<br />
47 , 6 % 47 , 6 %<br />
44 , 7 %<br />
9 %<br />
48 , 1 %<br />
income<br />
10 %<br />
48 , 5 %<br />
44 , 4 % 44 , 5 %<br />
Low wages don’t pay off<br />
5 %<br />
13 %<br />
47 , 1 % 46 , 8 %<br />
Changes 2000 till 2010<br />
Real wages employment growth<br />
Welfare state under pressure<br />
Share of state and social security in GDP<br />
43 , 3 % 43 , 5 % 43 , 7 %<br />
expenditure<br />
45 , 4 %<br />
43 , 9 %<br />
43 , 7 %<br />
43 , 7 %<br />
47 , 6 %<br />
44 , 4 %<br />
48 , 0 %<br />
42 , 5 %<br />
47 , 0 %<br />
46 , 0 %<br />
45 , 0 %<br />
42 , 0 % 42 , 0 % 42 , 0 %<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Source: Statistisches Bundesamt, 2009 and Federal Government, „Deutsches Stabilitätsprogramm“, January 2010<br />
6 %<br />
Germany France Euro area Austria Spain<br />
7 %<br />
12 %<br />
6 %<br />
9 %<br />
16 %<br />
9 %<br />
14 %<br />
23 %<br />
Source: EU - Kommisson, Ameco Database<br />
federal government estimation
SLIDE 12<br />
25<br />
24<br />
23<br />
22<br />
21<br />
20<br />
19<br />
Steuereinnahmen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
Tax quota in Germany<br />
Source: Bundesfinanzministerium, 2008 Tax estimation Nov 2009<br />
SLIDE 13<br />
0<br />
- 10<br />
- 20<br />
- 30<br />
- 40<br />
- 50<br />
- 60<br />
- 0,6<br />
- 4 bn €<br />
- 3,1<br />
- 1,4<br />
- 2,7<br />
- 1,6<br />
- 2,6<br />
- 1,6<br />
- 2,3<br />
- 3,6<br />
- 5,7<br />
- 8,1<br />
2009 and 2010<br />
estimation<br />
Lost revenue for federal government, Länder and municipalities<br />
due to changes in tax laws since 1998<br />
- 30 bn €<br />
- 24 bn €<br />
federal<br />
government<br />
- 31 bn €<br />
municipalities Länder<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Source: BMF, Calculations by Eicker - Wolf/Truger<br />
- 35 bn €<br />
- 43 bn €<br />
- 40 bn €<br />
- 20 bn €<br />
- 36 bn €<br />
- 51 bn €<br />
- 8,6<br />
- 56 bn €<br />
- 7,7<br />
- 52 bn €<br />
- 6,5<br />
- 48<br />
bn €<br />
113
forum 4 | jirku: actors of commitment promotion and employment policy<br />
SLIDE 14<br />
114<br />
- 0,2 %<br />
Source: EU/IMK<br />
Rigid fiscal policy<br />
Changes in public expenditure<br />
Average in yearly changes 1998 till 2010<br />
0,2 %<br />
1,4 % 1,4 %<br />
2,0 %<br />
3,8 %<br />
4,5 %<br />
1,8 %<br />
Japan Germany Austria Sweden France USA Great Britain EU<br />
15 EU 27<br />
1,5 %
Das Forum richtete den Blick auf die Ebene der sozialwirtschaftlichen<br />
Organisationen und Unternehmen<br />
des Dritten Sektors. Im Fokus stand die Frage, wie<br />
aus der Perspektive der Sozialunternehmen das Verhältnis<br />
zwischen Engagement und Erwerbsarbeit systematisch<br />
organisiert und weiterentwickelt werden<br />
kann und sollte. Sozialunternehmertum wurde dabei<br />
in einem umfassenden Sinne verstanden.<br />
Was sind die zentralen Punkte für ein gemeinsames<br />
Verständnis des Begriffs des Sozialunternehmertums?<br />
Wie lässt sich das besondere Verhältnis zwischen Engagement<br />
und Erwerbsarbeit in Sozialunternehmen<br />
beschreiben? Welche Spielräume zur Gestaltung des<br />
Verhältnisses von Erwerbsarbeit und Engagement bieten<br />
gerade Sozialunternehmen? Wie sollten rechtliche<br />
und ökonomische Rahmenbedingungen für Sozialunternehmen<br />
fortentwickelt werden, damit diese über ihre<br />
Funktion der Erbringung sozialwirtschaftlicher Leistungen<br />
hinaus als Orte zivilgesellschaftlicher Tätigkeiten/<br />
bürgerschaftlichen Engagements gestärkt werden?<br />
Wie organisieren Sozialunternehmen das Mit- und Nebeneinander<br />
von Haupt- und Ehrenamtlichen, auf welchen<br />
Ebenen tun sie dies? Welche Entwicklungen der<br />
Verberuflichung und Entberuflichung sind festzustellen?<br />
Welche Monetarisierungstendenzen im Engagement<br />
gibt es in Sozialunternehmen? Können Formen des „bezahlten<br />
Engagements“ gezielt entwickelt und angewandt<br />
werden? Wie grenzt sich entgoltenes Engagement zum<br />
Niedriglohnbereich ab? Nach welchen Kriterien soll hier<br />
zwischen den unterschiedlichen Formen differenziert<br />
werden? Mit welchen qualitativen Tätigkeitsmerkmalen<br />
wäre der Eigensinn des Engagements zu bewahren?<br />
Phillipp Stemmer<br />
Das Verhältnis Von engagement<br />
unD erwerbsarbeit aus Der PersPektiVe<br />
Der sozialunternehmen<br />
Der vorliegende Beitrag widmet sich dem Phänomen<br />
der Monetarisierung freiwilligen Engagements<br />
forum 5<br />
Das Verhältnis Von engagement unD erwerbsarbeit aus Der PersPektiVe<br />
Der sozialunternehmen<br />
in klassischen Sozialunternehmen der freien Wohlfahrtspflege.<br />
Das Spannungsfeld zwischen Staat,<br />
Markt und Zivilgesellschaft, in dem sich Wohlfahrtsverbände<br />
als hybride Organisationen bewegen, spiegelt<br />
sich auch in der Art und Weise wieder, wie freiwilliges<br />
Engagement gefördert bzw. organisiert wird.<br />
Über die Schaffung von finanziellen Anreizen für freiwillig<br />
Engagierte oder die Erbringung bezahlter sozialer<br />
Leistungen mit Hilfe von Ehrenamtlichen gerät<br />
auch das Engagement in ein Spannungsfeld aus teils<br />
widersprüchlichen marktlichen und zivilgesellschaftlichen<br />
Handlungslogiken. In Folge dessen entstehen<br />
vermehrt Tätigkeiten in einer Grauzone zwischen Engagement<br />
und Erwerbsarbeit.<br />
1. Zu Beginn eine Feststellung: Die Spielarten des Einsatzes<br />
ökonomischer Anreize für Engagierte im breiten<br />
Feld freiwilligen Engagements sind vielfältig und<br />
Überschneidungen von unbezahlter und bezahlter<br />
Arbeit weit verbreitet (vgl. ABB. 1).<br />
Dem Freiwilligensurvey zufolge machen freiwillig Engagierte,<br />
die „eine gewisse Vergütung“ jenseits des<br />
reinen Auslagenersatzes erhalten, im sozialen Bereich<br />
etwa 17% aus (vgl. ABB. 2).<br />
Ein besonders anschauliches Feld für die Formenvielfalt<br />
und die Verschränkungen monetarisierter und unentgeltlicher<br />
Tätigkeiten Ehrenamtlicher und freiwillig<br />
Engagierter zeigt sich im Bereich der Pflege. Der hier<br />
2010 beschlossene Mindestlohn (8,50€ West/7,50€<br />
Ost) birgt ein besonderes Konfliktpotential, wenn dieser<br />
durch sogenannte „Übungsleiterdienste“, im Sinne<br />
einer Nebentätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 26 EStG, unterlaufen<br />
werden kann (vgl. ABB. 3).<br />
2. Wir haben es rund um das Phänomen der Monetarisierung<br />
mit semantisch vieldeutigen Begriffen zu tun.<br />
Sie behindern nicht nur eine Transparenz über das Wesen<br />
der ausgeübten Tätigkeiten, sie erschweren auch<br />
die Diskussion darüber. Diese Vieldeutigkeit bezieht<br />
sich sowohl auf die Bezeichnungen der Geldzahlungen<br />
als auch auf die Namen der im Zwischenbereich von<br />
Engagement und Erwerbsarbeit angesiedelten Tätig-<br />
115
forum 5 | stemmer: das Verhältnis von engagement und erwerbsarbeit<br />
ABB. 1<br />
ABB. 2<br />
116<br />
Der der Anteil anteil freiwillig engagierter Tätigkeit tätigkeit „mit mit einer gewissen<br />
Vergütung“ ist in in Deutschland deutschland kaum gewachsen<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 2<br />
der anteil ehrenamtlicher tätigkeiten „mit einer gewissen<br />
Vergütung“ variiert nach engagementfeld<br />
Sport und Bewegung<br />
Kultur und Musik<br />
Freizeit und Geselligkeit<br />
Sozialer Bereich<br />
Schule und Kindergarten<br />
Außerschulische<br />
Jugendbildung<br />
Umwelt/Naturschutz<br />
Politik, Polit<br />
Interessenvertretung<br />
Berufliche<br />
Interessenvertretung<br />
Kirchlich religiöser Bereich<br />
Unfall-/Rettungsdieste, Frw<br />
Feuerwehr<br />
Sonst. Bürgerschaftliche<br />
Aktivität<br />
87 86 86<br />
13 14 14<br />
1999 2004 2009<br />
6<br />
6<br />
7<br />
9<br />
10<br />
13<br />
17<br />
17<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 1<br />
22<br />
24<br />
Quelle: Freiwilligensurvey 1999-2004,<br />
Länderspezifische Auswertung für BW<br />
Angaben in Prozent<br />
30<br />
38<br />
Quelle: Freiwilligensurvey 1999-2004,<br />
angaben in prozent
ABB.3<br />
forum 5 | stemmer: das Verhältnis von engagement und erwerbsarbeit<br />
förderinstrumente für die unterstützung und begleitung von<br />
Menschen mit pflegebedarf<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 4<br />
keiten. Wenn beispielsweise von „Aufwandsentschädigung“<br />
gesprochen wird, so ist nicht erkennbar, was<br />
der zu entschädigende Aufwand eigentlich ist. Handelt<br />
es sich um den Ersatz von finanziellen Auslagen<br />
oder ist die aufgebrachte Zeit gemeint? (vgl. ABB. 4)<br />
3. Die Grauzone im Zwischenbereich von Engagement<br />
und Erwerbsarbeit hat eine hohe Funktionalität<br />
für Engagierte, Sozialunternehmen und das Gemeinwesen<br />
bzw. den Staat (vgl. ABB. 5).<br />
4. Freiwilliges Engagement – ob bezahlt oder nicht<br />
– steht in unterschiedlicher Weise im Spannungsfeld<br />
verschiedenartiger Nutzenskalküle. Geld ist nur<br />
ein „Tauschwert“ unter vielen anderen. Aus diesem<br />
Grund wird eine moralisierende Verkürzung des<br />
Problems à la „Engagement als Ausdruck von Altruismus“<br />
versus „bezahltem Engagement als Egoismus“<br />
den komplexen Motivationslagen von freiwillig<br />
Engagierten nicht gerecht. Gleichwohl rückt die<br />
Zahlung von Geld freiwilliges Engagement stärker in<br />
ökonomische Abwägungszusammenhänge: Auf der<br />
individuellen Ebene der Engagierten stellt sich die<br />
Frage nach dem finanziellen Vorteil. Auf der staatlichen<br />
Ebene stellt sich die Frage nach Einsparungen<br />
und fiskalischen Kalkülen. Auf Ebene der Sozialunternehmen<br />
stellt sich die Frage nach Kosteneffizienz<br />
und Wettbewerb um Kunden und Freiwillige.<br />
5. Allerdings sollte festgehalten werden, dass<br />
nicht jede Form der Geldzahlung als Ausdruck einer<br />
fortschreitenden Ökonomisierung freiwilligen<br />
Engagements zu werten ist. Das in diesem Zusammenhang<br />
gezahlte Geld oder der eingeräumte geldwerte<br />
Nutzen hat für die engagierten Bürgerinnen<br />
und Bürger, aber auch für die Institutionen, in denen<br />
freiwilliges Engagement stattfindet, einen je<br />
unterschiedlichen Sitz im Leben: Sie reichen von<br />
Existenzsicherung über Würdigung bis hin zur verzichtbaren<br />
Gratifikationsform.<br />
Erstes Fazit: Die Diskussion um die Förderung freiwilligen<br />
Engagements, die in den letzten Jahren bundesweit<br />
Konjunktur hat, ist eingebettet in eine Neuverteilung<br />
gesellschaftlicher Aufgaben zwischen Familie,<br />
Markt, Staat und Dritten Sektor: Die Veränderung der<br />
Familienbeziehungen und -strukturen machen im so<br />
genannten „Care-Sektor“ neue Formen der Unterstützung<br />
notwendig. Der Zuwachs öffentlicher Aufgaben<br />
auf der kommunalen Ebene bei gleichzeitiger Limitie-<br />
117
forum 5 | stemmer: das Verhältnis von engagement und erwerbsarbeit<br />
ABB.4<br />
ABB. 5<br />
118<br />
„entgeltung“ kennt unterschiedliche materielle tauschformen<br />
„Aufwandsentschädigung“<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 5<br />
die grauzone zwischen ehrenamt und erwerbsarbeit hat eine hohe<br />
funktionalität<br />
>> Organisation<br />
• zusätzlicher anreiz im rahmen einer rekrutierungsstrategie<br />
• schaffung einer kostengünstigen personellen ressource (die<br />
es ermöglicht, kostengünstige Leistungen zu erbringen)<br />
• arbeitsökonomisch effiziente form der anerkennung<br />
• steuerungswirkung von geld: Ansprüche an die Engagierten<br />
lassen sich monetär legitimieren und in dessen Folge eine<br />
bessere Planbarkeit ehrenamtlicher personeller Ressourcen<br />
>> engagierte<br />
• anerkennung des engagements<br />
• einkommen: Frei verfügbares Budget im Familieneinkommen,<br />
das nicht zur Existenzsicherung beiträgt („Taschengeld“) oder<br />
Beitrag zur Existenzsicherung<br />
• „richtige arbeit“: annäherung an biographischen entwurf<br />
über „Quasi-Erwerbsarbeit“ und symbolische aufwertung des<br />
sozialen status in der Kommunikation gegenüber Dritten.<br />
>> gemeinwesen<br />
• gemeinwohlorientierte dienstleistungen<br />
trotz knapper öffentlicher kassen<br />
>> leistungsempfänger/innen<br />
• zugang zu bezahlbaren dienstleistungen, die<br />
einen Beitrag zur Bewahrung von Würde und<br />
Autonomie leisten.<br />
• ausbalancierung beziehung zwischen<br />
helfer/in – hilfeempfänger/in. Vermeidung<br />
von moralischer Dankbarkeitspflicht.<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 6
ung öffentlicher Haushalte verlangt nach neuen Formen<br />
der Vergesellschaftung. Die Strukturprobleme auf<br />
dem Arbeitsmarkt haben zur Etablierung eines zweiten<br />
Arbeitsmarkts beigetragen, der sich auch und gerade<br />
in dem Bereich öffentlicher und gemeinwohlorientierter<br />
Aufgaben entfaltet. Die Förderung freiwilligen<br />
Engagements trifft auf diese Kontexte und bleibt von<br />
ihnen nicht unberührt. Eine Auflösung der Grauzone<br />
bzw. das Postulat einer reinen Lehre von unbezahltem<br />
Engagement auf der einen und auf der anderen Seite<br />
die Forderung nach einer klar abgrenzbaren regulären<br />
Beschäftigung erscheint mir deshalb als realitätsfern.<br />
Gleichwohl ist das gegenwärtige „Durcheinander“ auf<br />
Dauer sowohl für die Zukunft der Erwerbsarbeit als<br />
auch für die Kultur freiwilligen oder bürgerschaftlichen<br />
Engagements schädlich.<br />
ABB. 6<br />
Forum 5 | Stemmer: Das Verhältnis von Engagement und Erwerbsarbeit<br />
Tätigkeitsform Tauschwert Beispiel<br />
Berufliche Tätigkeitsformen<br />
mit Gemeinwohlbezug<br />
Nebenberufliche Tätigkeit mit<br />
Gemeinwohlbezug<br />
Qualifizierende<br />
gemeinwohlbezogene<br />
Tätigkeiten<br />
Ehrenamtliche Tätigkeit mit<br />
Entschädigung<br />
Genossenschaftliche und<br />
gemeinwirtschaftliche<br />
Tätigkeiten<br />
Freiwilliges Engagement<br />
Gehalt<br />
Vergütungen (im<br />
Rahmen von Minijobs,<br />
Übungsleiterpauschale)<br />
Taschengeld<br />
Verdienstausfall,<br />
Auslagen, Tagegelder<br />
Vergünstigungen,<br />
Tausch<br />
Immateriell, Nur<br />
Erstattung von Auslagen<br />
Zweites Fazit: Es gibt unterschiedliche Arten und<br />
Weisen, sich für das Gemeinwohl zu betätigen: entgeltlich<br />
und unentgeltlich. Freiwilliges Engagement<br />
und Ehrenamt eignen sich nicht als Oberbegriffe<br />
für alle gemeinwohlorientierten Tätigkeiten. Dafür<br />
wird eine neue Terminologie und Kategorisierung<br />
empfohlen. Bei der Festlegung auf eine neue Terminologie<br />
geht es nicht um eine Abwertung bezahlter<br />
Tätigkeiten mit Gemeinwohlbezug gegenüber freiwilligem<br />
Engagement. Vielmehr sollen die jeweiligen<br />
Tätigkeitsformen kenntlich gemacht werden – mit<br />
ihren spezifischen Funktionslogiken, Potentialen<br />
und Risiken für Engagierte, Organisationen und Zielgruppen<br />
des Engagements. So kann ein sinnvoller<br />
Umgang mit Monetarisierung gefördert werden (vgl.<br />
ABB. 6)<br />
Hauptamtlich Tätige<br />
Nachbarschaftshilfe,<br />
Übungsleiter/innen im Sport<br />
etc.<br />
Freiwilliges Soziales Jahr<br />
Schöffen, Wahlhelfer,<br />
Freiwillige Feuerwehr,<br />
Rettungsdienste<br />
Dienstleistungsgenossenschaften,Seniorengenossenschaften<br />
Freiwillig Engagierte in allen<br />
Bereichen der Gesellschaft<br />
© zze Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung 2011 7<br />
119
forum 5 | höll: engagement und erwerbsarbeit bei social entrepreneurs<br />
Rainer Höll<br />
EngagEmEnt und ErwErbsarbEit<br />
bei sOcial entrepreneurs<br />
was sind sOcial entrepreneurs?<br />
Social Entrepreneurs (oder auch „Sozialunternehmer“)<br />
sind Bürgerinnen und Bürger, die mit unternehmerischen<br />
Mitteln an innovativen Lösungen für<br />
soziale Probleme arbeiten. Sie sind sozial, indem sie<br />
die drängendsten Probleme der Gesellschaft angehen<br />
und als oberstes Ziel nicht eigenen finanziellen<br />
Gewinn, sondern die Lösung eines sozialen Problems<br />
anstreben. Unternehmerisch sind Social Entrepreneurs<br />
vor allem im Schumpeterschen Sinn: Ihre Lösungen<br />
sind nicht nur neuartig, sondern „disruptiv“,<br />
haben also das Potential, Paradigmenwechsel und<br />
grundlegenden Kulturwandel in einem gesellschaftlichen<br />
Bereich herbeizuführen. Um diese umkrempelnde<br />
Wirkung zu erreichen, denken und handeln sie<br />
als Personen selbstverantwortlich, unabhängig, tief<br />
überzeugt, pragmatisch, kreativ und risikobereit.<br />
sind sOcial entrepreneurs engagiert Oder<br />
erwerbstätig?<br />
Diese Frage lässt sich am besten durch ein Beispiel<br />
beantworten: Frank Hoffmann ist Gynäkologe in<br />
Duisburg. Lange war er unzufrieden damit, dass es für<br />
Frauen unter 50 in Deutschland keine richtige Früherkennungsmethode<br />
für Brustkrebs gibt. Und das<br />
obwohl in Deutschland daran 100.000 Frauen jährlich<br />
erkranken und Brustkrebs die häufigste Todesursache<br />
für Frauen zwischen 40 und 44 ist. Für Frauen unter<br />
50 ist jedoch die präventive Mammographie nicht<br />
erlaubt, und für eine adäquate Tastuntersuchung der<br />
Brust gibt es weder eine strukturierte Ausbildung,<br />
noch haben Ärzte in der Routinesprechstunde genügend<br />
Zeit dafür – meist nur ein paar Minuten.<br />
120<br />
Frank Hoffmann schaute sich um nach anderen Lösungsmöglichkeiten<br />
und stieß auf – blinde Frauen. Sie<br />
haben ein herausragendes Tastgefühl und gleichzeitig<br />
nur wenige berufliche Möglichkeiten. Als privates Engagement<br />
begann er, gemeinsam mit Berufsförderwerken<br />
die Ausbildung zur sogenannten „Medizinischen<br />
Tastuntersucherin“ (MTU) zu entwickeln. Heute gibt es<br />
16 MTUs, die mit 21 Ärzten zusammenarbeiten und in<br />
deren Praxen die Tastuntersuchungen durchführen. Sie<br />
haben bereits 8000 Frauen in Deutschland untersucht<br />
und bei knapp 500 davon Tastbefunde als verdächtig<br />
eingestuft, die dem Arzt nicht aufgefallen wären. Sie<br />
können sich außerdem für die intime Untersuchung<br />
eine halbe Stunde Zeit nehmen – eine Re-Humanisierung<br />
von Medizin. Und nebenbei zeigt Frank Hoffmann,<br />
dass Blinde Talente und Begabungen haben, auf<br />
die wir nicht verzichten können.<br />
Frank Hoffmann ist ein Social Entrepreneur. Als engagierter<br />
Bürger hat er eine innovative Lösung für<br />
ein soziales Problem entwickelt, deren Wert für die<br />
Gesellschaft enorm ist, und die er so schnell wie<br />
möglich verbreiten möchte. Für sein Unternehmen<br />
– es heißt „Discovering Hands“ 1 – stellt dabei die Maximierung<br />
des finanziellen Gewinns kein Ziel dar.<br />
Eine ernsthafte Verbreitung dieser Idee lässt sich im<br />
Teilzeitengagement nicht mehr leisten. Frank Hoffmann<br />
müsste – wie jeder Unternehmensgründer –<br />
zum Vollzeitengagierten für seine Innovation werden.<br />
Doch an einer Unterstützung für genau diese Menschen<br />
mangelt es in Deutschland erheblich. Ashoka,<br />
die größte und älteste Förderorganisation für Social<br />
Entrepreneurs, versucht genau diese Lücke zu füllen:<br />
Ashoka sucht in Deutschland jedes Jahr aus über 300<br />
nominierten Kandidaten ca. fünf bis acht Menschen<br />
wir Frank Hoffmann aus. Als „Ashoka Fellows“ 2 stellt<br />
1 Siehe www.discovering-hands.de<br />
2 Die Liste der derzeitig 39 Ashoka Fellows in<br />
Deutschland mit individuellen Beschreibungen und Kurzvideos<br />
findet sich auf der Ashoka-Website unter http://germany.<br />
ashoka.org
Ashoka ihnen dann alles notwendige zur Verfügung,<br />
damit sie sich zu 100% auf die Verbreitung ihrer Idee<br />
konzentrieren und eine erfolgreiche Organisation<br />
gründen können: Ein Lebenshaltungsstipendium für<br />
drei Jahre, Strategie-, Rechts- und Kommunikationsberatung<br />
durch Pro-Bono-Unternehmenspartner,<br />
Kontaktanbahnung mit potentiell interessierten Stiftungen,<br />
Investoren, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern<br />
sowie die Vernetzung mit anderen<br />
Ashoka Fellows in Deutschland und international.<br />
Ashoka hat Frank Hoffmann 2010 zum Ashoka Fellow<br />
gewählt. Er stellt nun Discovering Hands beruflich<br />
in den Mittelpunkt.<br />
Social Entrepreneurs und insbesondere Ashoka<br />
Fellows sind also Bürgerinnen und Bürger die das<br />
unternehmerische Engagement für eine innovative<br />
Idee zum Beruf machen. Sie sind als Vollengagierte<br />
erwerbstätig.<br />
wie arbeiten sOcial entrepreneurs Mit<br />
engagierten?<br />
Social Entrepreneurs ersetzen dadurch aber nicht<br />
bürgerschaftliches Engagement. Im Gegenteil: In<br />
den allermeisten Fällen stiften sie geradezu dazu<br />
an. Social Entrepreneurs betrachten Engagierte ausdrücklich<br />
nicht als günstige Hilfspersonen, sondern<br />
als Träger von „Empowerment“. Für sie sind Betroffene<br />
nicht nur Empfänger einer besseren Versorgung.<br />
Betroffene erbringen die Leistung mit, entwickeln<br />
dadurch neues Selbstbewusstsein und tragen<br />
zum angestrebten Paradigmenwechsel bei.<br />
Ein Beispiel: Der Ashoka Fellow Murat Vural gründete<br />
2004 den heutigen Chancenwerk e.V. 3 , um sozial<br />
benachteiligte Kinder und Jugendliche auf ihrem Bildungsweg<br />
zu fördern. Er hat, mittlerweile an 29 Schulen<br />
in zwölf Städten in Deutschland und Österreich,<br />
ein pfiffiges System für Nachhilfe namens SHS2 („Studenten<br />
helfen Schülern – Schüler helfen Schülern“)<br />
entwickelt, das nach dem Motto „Hilfe nehmen und<br />
geben“ funktioniert. Oberstufenschüler oder Schüler<br />
der Abschlussjahrgänge an Gymnasien, Real-, Gesamt-<br />
und Hauptschulen erhalten einmal wöchentlich<br />
für 90 Minuten intensive Lernunterstützung durch<br />
einen Studierenden. Die Studentinnen und Studenten<br />
werden durch regionale Hochschulen ausgesucht und<br />
durch Chancenwerk bezahlt. Die älteren Schülerinnen<br />
3 Siehe www.chancenwerk.de<br />
forum 5 | höll: engagement und erwerbsarbeit bei social entrepreneurs<br />
und Schüler wiederum verpflichten sich – anstatt für<br />
die Nachhilfe zu bezahlen – ihr Wissen unter Anleitung<br />
eines qualifizierten Nachhilfe-Coachs an zwei<br />
Schüler der unteren Jahrgänge weiterzugeben und sie<br />
beim Lernen zu unterstützen. Die Eltern der Unterstufenschüler<br />
bezahlen dafür einen geringen Betrag an<br />
das Chancenwerk (von dem dieses wiederum teilweise<br />
die Studenten bezahlen).<br />
An diesem Modell ist nicht nur der nachhaltige Finanzierungskreislauf<br />
besonders. Sondern vor allem<br />
die Tatsache, dass vielen der älteren Schülerinnen<br />
und Schüler zum ersten Mal in ihrem Leben eine Verantwortungsrolle<br />
zugetraut wird, dass sie erleben,<br />
dass sie etwas zur Gesellschaft beitragen können,<br />
dass bürgerschaftliches Engagement Spaß macht.<br />
Unter Ashoka Fellows gibt es viele Beispiele für dieses<br />
Anstiften zur Verantwortung: Ashoka Fellow<br />
Raul Krauthausen gibt mit Wheelmap.org erstmals<br />
Rollstuhlfahrern über eine Onlinekarte eine aktive<br />
Rolle dabei, rollstuhlgerechte Orte in ihrer Stadt zu<br />
markieren. Ashoka Fellow Katja Urbatsch verleiht<br />
mit Arbeiterkind.de Kindern aus Nichtakademikerhaushalten<br />
eine Identität und Stimme, hat über<br />
2000 davon an 80 Standorten zu einem Netzwerk<br />
organisiert und ermuntert mit ihnen zahllose Schüler<br />
zu einem Hochschulstudium.<br />
wie arbeiten engagierte Mit sOcial<br />
entrepreneurs?<br />
Social Entrepreneurship erschließt noch weitere neue<br />
Engagementpotentiale in Deutschland: Viele hochqualifizierte<br />
Fachkräfte sind es bislang – aus privatem<br />
Antrieb oder auch durch „Corporate Volunteering“-<br />
Angebote – gewohnt, dass soziales Engagement außerhalb<br />
der beruflichen Expertise stattfindet. Bank-<br />
121
Forum 5 | Höll: Engagement und Erwerbsarbeit bei Social Entrepreneurs<br />
angestellte und Anwälte, die am Wochenende eine<br />
Schule streichen, sind hier fast schon sprichwörtlich.<br />
So wertvoll dieses Engagement für sozialen Zusammenhalt<br />
ist, so wahr ist es auch, dass immer mehr<br />
Menschen die Sphären von Arbeit und Engagement<br />
nicht mehr trennen möchten. Sie möchten mit ihrer<br />
Fachlichkeit Sinnhaftes und Gutes tun können.<br />
Social Entrepreneurs – so zeigt es die lange Pro-<br />
Bono-Unterstützerliste von Ashoka – motivieren mit<br />
ihrem professionellen Selbstverständnis viele Fachkräfte<br />
und Unternehmen dazu, sich mit ihrer beruflichen<br />
Fachexpertise zu engagieren. Oft zum ersten<br />
Mal unterstützen sie jemanden als Unternehmensberater<br />
bei der Strategieentwicklung, als Jurist bei<br />
Rechtsfragen, als Kommunikationsberater zu Marketing.<br />
Und genau diese Kompetenzen werden bei<br />
Social Entrepreneurs dringend gebraucht.<br />
Der Wunsch nach Einheit von eigener Fachlichkeit<br />
und Einsatz für die Gesellschaft geht bei vielen Hochqualifizierten<br />
noch weiter: Sie nehmen erstmals Social<br />
Entrepreneurs als einen sinnstiftenden zukünftigen<br />
Arbeitgeber wahr. Noch trauen sich allerdings<br />
nicht viele Fachkräfte, den hochdotierten und sicheren<br />
Job in einem Unternehmen gegen die Arbeit<br />
in einem kleinen sozialen Gründerteam zu tauschen.<br />
Hier fehlen bislang noch professionelle Vermittlungsstrukturen.<br />
Ashoka hat hier mit Talent4Good<br />
eine erste Initiative mit angestoßen. 4<br />
4 Diese Talentinitiative ist einer von sechs Ansätzen<br />
für schnellere soziale Innovation in Deutschland, die Ashoka<br />
2011 im Rahmen einer Studie vorgeschlagen hat, siehe http://<br />
germany.ashoka.org/sechs-ansaetze-zur-verbreitung-sozialerinnovation-deutschland.<br />
122<br />
Fazit<br />
Social Entrepreneurship ist eine besondere Form<br />
des bürgerschaftlichen Engagements, das als eine<br />
Art Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Gesellschaft<br />
wirken kann. Die vier Beobachtungen zum<br />
Thema Engagement seien hier gleich mit Empfehlungen<br />
verbunden:<br />
1. Social Entrepreneurs sind als Engagierte erwerbstätig.<br />
Wir brauchen für diese Form von Unternehmertum<br />
bessere Startbedingungen: eine Anerkennungskultur,<br />
mehr Vorbilder, Finanzierungsformen etc.<br />
2. Ehrenamtliche sind bei Social Entrepreneurs typischerweise<br />
nicht Hilfspersonen, sondern Träger<br />
von „Empowerment“. Wir brauchen mehr von dieser<br />
phantasievollen Freiwilligeneinbindung, die die<br />
persönliche Stärkung der Engagierten mitdenkt und<br />
ausgegrenzte Randgruppen dazu anregt, sich selbst<br />
in die Mitte der Gesellschaft zurückzuholen.<br />
3. Social Entrepreneurs motivieren zu mehr Pro-Bono-Engagement<br />
mit Fachexpertise durch Arbeitnehmer<br />
und Unternehmen. Wir brauchen dafür noch<br />
mehr Mut und Offenheit von Unternehmen für neue<br />
Formen von „Corporate Social Responsibility“ und<br />
„Corporate Volunteering“.<br />
4. Social Entrepreneurs sind sinnstiftende Arbeitgeber,<br />
aber vielen als Karriereoption noch nicht<br />
bekannt. Wir brauchen attraktivere Übergänge und<br />
Vermittler von Engagement als Freizeitbeschäftigung<br />
zu Engagement als Vollzeitjob.
fOruM 5<br />
the relatiOnship between VOlunteering and paid wOrk frOM the<br />
perspectiVe Of sOcial enterprises<br />
This forum looked at socio-economic organisations<br />
and companies of the third sector. It focused on how<br />
the relationship between volunteering and paid work<br />
can and should be systematically organised and developed<br />
from the perspective of social enterprises. Social<br />
entrepreneurship will be interpreted in a broad sense.<br />
What are the key points for a common understanding<br />
of the concept of social entrepreneurship? How<br />
can we describe the special relationship between<br />
volunteering and paid work in social enterprises?<br />
What special scope do social enterprises offer to<br />
shape the relationship between paid work and volunteering?<br />
How can the legal and economic framework<br />
of social enterprises be improved so that these<br />
enterprises can grow beyond their role as providers<br />
of social and economic benefits and become places<br />
for civil society activities/civic commitment?<br />
How do social enterprises organise the existence<br />
and cooperation of both regular employees and volunteers,<br />
and at what levels do they do this? What<br />
developments can be observed in terms of professionalisation<br />
or de-professionalisation? What trends<br />
are there in social enterprises with regard to transforming<br />
volunteering into paid jobs? Might it be possible<br />
to specifically develop and implement forms of “paid<br />
volunteering”? Where are the boundaries between<br />
remunerated volunteering and low-wage jobs? What<br />
criteria should be used to differentiate between the<br />
various forms? What qualitative features would be<br />
required to preserve the inner logic of volunteering?<br />
Phillipp Stemmer<br />
the relatiOnship between VOluntary<br />
wOrk and gainful eMplOyMent frOM a<br />
sOcial enterprise perspectiVe<br />
This contribution addresses the phenomenon of the<br />
monetarisation of voluntary work in the social enterprises<br />
run by the classic independent welfare organisations.<br />
The area of tension between state, market<br />
and civic society, in which welfare organisations move<br />
as hybrids, is also reflected in the manner in which voluntary<br />
work is supported or organised. Through the<br />
creation of financial incentives for volunteers or the<br />
provision of paid social services with the aid of volunteers,<br />
civic engagement also enters an arena of contradictory<br />
action logic that is part market-driven and part<br />
social commitment. As a consequence, such activities<br />
increasingly find themselves in a grey area somewhere<br />
between volunteering and gainful employment.<br />
1. To start with a given fact: different types of volunteers<br />
performing a wide range of voluntary activities<br />
are being offered financial incentives and there is a<br />
widespread overlap between paid and unpaid work.<br />
According to the volunteering survey, around 17% of<br />
social service volunteers receive ‚a certain remuneration‘<br />
over and above the reimbursement of expenses.<br />
The care sector in particular illustrates the wide range<br />
of monetarised and non-paid volunteering activities<br />
and the blurred boundaries between them.<br />
The minimum wage for carers agreed in 2010 (€ 8.50<br />
in former West Germany/€ 7.50 in the former East)<br />
harbours a particular potential for conflict as it can<br />
be side-stepped by referring to the provision of care<br />
as so-called part-time ‚Übungsleiterdienste‘ (‚exercise<br />
instructor services‘) in accordance with § 3 Section<br />
26 of the EStG, the German income tax law.<br />
2. The entire phenomenon of monetarisation features<br />
a host of semantically ambiguous terms. They not only<br />
prevent transparency with regard to the services actually<br />
performed, they are also stumbling stones when<br />
it comes to discussing them. This ambiguity applies to<br />
both the terminology used to refer to the remuneration<br />
and the definitions of the activities that lie somewhere<br />
between voluntary work and gainful employment.<br />
If, for example, there is talk of ‚reimbursement‘,<br />
it is not clear what this reimbursement is actually for.<br />
Is it a reimbursement of expenses, or will there be a<br />
reimbursement paid for the actual time invested?<br />
123
forum 5 | höll: Volunteering and work amongst social entrepreneurs<br />
3. The grey area between voluntary work and gainful<br />
employment has a high level of practical significance<br />
for volunteers, social enterprises and the community,<br />
or rather, the state. Regarding recruiting organizations<br />
have additional financial incentives. Volunteering<br />
is a cost-saving resource since the common<br />
form of payment is recognition. Further there can<br />
be a control effect through allowances in order to<br />
plan the use of volunteering in an organization. The<br />
volunteer himself mainly gains through recognition.<br />
Nevertheless allowances could be used for securing<br />
one‘s livelihood or just to raise one’s budget. Also,<br />
the own status could be enhanced. The community<br />
gets social services without paying for it. And beneficiaries<br />
get access to affordable services, that save<br />
dignity and self-determination. On the other hand<br />
allowances for volunteers could balance the relation<br />
between the volunteer and the beneficiary in a moral<br />
way as there is no more need for gratitude.<br />
4. Voluntary work – whether paid or unpaid – occupies<br />
a unique position in the tense environment between<br />
various conflicting types of calculated interest.<br />
Money is just one of many ‚tradeable values‘. For this<br />
reason, reducing the problem down to a moralising<br />
‚volunteering is an expression of altruism‘ versus<br />
‚paid voluntary work is egoistic‘ does not do justice<br />
to the complex motivational situation of volunteers.<br />
Nevertheless, the payment of money for voluntary<br />
work brings volunteering that bit further into the<br />
context of economic considerations: at an individual<br />
level, volunteers are confronted with the issue of<br />
financial gain. At state level, there is the question of<br />
potential savings and fiscal considerations. At social<br />
enterprise level, it highlights the issue of cost efficiency<br />
and competing for customers and volunteers.<br />
5. However, it should be noted that not every form<br />
of monetary payment is to be seen as a sign of the<br />
advancing economisation of volunteering. The money<br />
paid in this context, or any benefits received<br />
in kind, is valued differently by each of the various<br />
citizens engaged in voluntary work, as well as by<br />
the institutions enjoying the support of the volunteers:<br />
ranging from securing the livelihood of the<br />
volunteers to being taken as a sign of appreciation<br />
to being considered a dispensable form of gratuity.<br />
First conclusion: the discussion on the promotion of<br />
volunteering, which has gained momentum over the<br />
past few years in Germany, is embedded in the redistribution<br />
of societal tasks between family, market, state<br />
and the third sector: changing family relationships and<br />
124<br />
structures call for new forms of support in the ‚care<br />
industry‘. The increase of public services expected to<br />
be supplied at local government level, accompanied by<br />
the restrictions on public spending, calls for new forms<br />
of collectivisation. The structural problems on the labour<br />
market have contributed to the establishment of<br />
a second labour market which is also, and particularly,<br />
developing in the area of public and community welfare<br />
services. Any promotion of volunteering touches on<br />
these issues and does not remain unaffected by them.<br />
I therefore consider doing away with this grey area or<br />
the postulate of a pure doctrine of unpaid voluntary<br />
work on the one hand and the call for a clear line<br />
between regular employment and volunteering on the<br />
other as unrealistic. At the same time, the present jumbled<br />
state is in the long run harmful to both the future<br />
of gainful employment and the culture of volunteering<br />
or voluntary civic engagement.<br />
Second conclusion: there are different ways and means<br />
of getting actively involved in the community: either<br />
with or without payment. Voluntary work and volunteering<br />
are not suitable generic terms to be used<br />
for all community welfare oriented activities. A new<br />
terminology and categorisation is to be recommended<br />
here. The determination of a new terminology is<br />
not about the devaluation of paid community service<br />
related activities in comparison with voluntary work.<br />
Rather, the respective activities should be clearly<br />
defined – each with their specific, practical logic systems,<br />
opportunities and risks for volunteers, organisations<br />
and volunteering target groups. This encourages<br />
a responsible approach to montarisation:<br />
Rainer Höll<br />
VOlunteering and wOrk aMOngst<br />
sOcial entrepreneurs<br />
what are sOcial entrepreneurs?<br />
Social entrepreneurs are people who work with entrepreneurial<br />
resources on innovative solutions to<br />
social problems. They are social, in that they address<br />
the most pressing problems of society and strive as<br />
a priority not for their own financial gain, but the solution<br />
to a social problem. They are entrepreneurial<br />
above all in the Schumpeterian sense: Their solutions<br />
are not only novel, but “disruptive”, and therefore<br />
have the potential to bring about paradigm<br />
shift and fundamental cultural change in an area of
society. To achieve this radical effect, they think and<br />
act as persons with self-responsibility, independently,<br />
deeply committed, pragmatic, creative and prepared<br />
to take risks.<br />
are sOcial entrepreneurs VOlunteers Or<br />
in paid eMplOyMent?<br />
This question can best be answered by an example:<br />
Frank Hoffmann is a gynaecologist in Duisburg. For a<br />
long time he was dissatisfied that there is no proper<br />
method of screening for breast cancer for women<br />
under 50 in Germany, even though 100,000 women<br />
each year develop breast cancer in Germany, and<br />
breast cancer is the leading cause of death for<br />
women between 40 and 44. Preventative mammography<br />
however is not allowed for women under 50,<br />
while there is no structured training for an adequate<br />
palpation of the breast, nor do doctors have enough<br />
time for this during a routine consultation – which<br />
usually lasts only a few minutes.<br />
Frank Hoffmann looked around for other solutions<br />
and came up with – blind women. They have excellent<br />
tactile sensitivity and at the same time<br />
only few employment opportunities. As a private<br />
initiative, together with the professional development<br />
agencies, he began to develop the training to<br />
become a so-called “Medical Palpation Specialist”<br />
(MPS). Today there are 16 MPSs, who work with 21<br />
doctors and carry out the palpations in their practices.<br />
They have already examined 8,000 women<br />
in Germany, and in almost 500 found palpation results<br />
which they classified as suspicious classified,<br />
and which would have been discovered by the doctor.<br />
They can also take half an hour time for this<br />
intimate examination – a re-humanisation of medicine.<br />
And Frank Hoffmann has incidentally shown<br />
that blind people have talents and abilities which<br />
we cannot do without.<br />
forum 5 | höll: Volunteering and work amongst social entrepreneurs<br />
Frank Hoffmann is a social entrepreneur. As a committed<br />
citizen he has developed an innovative solution<br />
to a social problem, whose value to society is<br />
enormous, and which he would like to disseminate<br />
as quickly as possible. For his company, which is called<br />
“Discovering Hands” 1 , the maximisation of the<br />
financial profit is not an objective.<br />
A serious dissemination of this idea can no longer<br />
be achieved with only part-time involvement. Like<br />
every company founder, Frank Hoffmann had to<br />
dedicate himself full-time to his innovation. There<br />
is however a great lack of support for such people<br />
in Germany. Ashoka, the largest and oldest support<br />
organisation for social entrepreneurs, tries to fill exactly<br />
this gap: From over 300 nominated candidates,<br />
Ashoka every year seeks out in Germany about 5-8<br />
people like Frank Hoffmann. As “Ashoka Fellows” 2 ,<br />
Ashoka then provides them with everything they<br />
need to allow them to focus 100% on the dissemination<br />
of their idea and set up a successful organisation:<br />
A subsistence grant for three years, strategy,<br />
legal and communications consultation by pro-bono<br />
corporate partners, establishment of contacts with<br />
potentially interested foundations, investors, corporations<br />
and political decision-makers, as well as<br />
networking with other Ashoka Fellows in Germany<br />
and internationally.<br />
Ashoka elected Frank Hoffmann an Ashoka Fellow in<br />
2010. His professional work now focuses entirely on<br />
Discovering Hands.<br />
Social entrepreneurs and Ashoka Fellows in particular<br />
are citizens who make the entrepreneurial commitment<br />
to an innovative idea into their profession.<br />
They are therefore employed on a full-time basis.<br />
1 See www.discovering-hands.de<br />
2 The list of the current 39 Ashoka Fellows in Germany<br />
with individual descriptions and short videos can be<br />
found on the Ashoka website at http://germany.ashoka.org<br />
125
forum 5 | höll: Volunteering and work amongst social entrepreneurs<br />
hOw dO sOcial entrepreneurs wOrk with<br />
Other cOMMitted peOple?<br />
Social entrepreneurs do not however thereby replace<br />
civic engagement. On the contrary: In most cases<br />
they instigate and encourage it. Social entrepreneurs<br />
consider other committed citizens expressly not as<br />
low-cost assistants, but as disseminators of “empowerment”.<br />
For them, those affected are not only recipients<br />
of better care. Those affected bring with them<br />
capability, thereby developing new self-confidence<br />
and contributing to the desired paradigm shift.<br />
An example: The Ashoka fellow Murat Vural founded<br />
the present Chancenwerk e.V. 3 in 2004 in order<br />
to support socially disadvantaged children and<br />
young people in their education. At 29 schools in<br />
twelve cities in Germany and Austria, he has now<br />
developed an ingenious system for tutoring called<br />
SHS2 (“Studenten helfen Schülern – Schüler helfen<br />
Schülern” (Students help Pupils – Pupils help Pupils)),<br />
which functions according to the motto “Receiving<br />
and giving help”. Highschool pupils or pupils<br />
in their final year at grammar schools, secondary<br />
schools and comprehensive schools receive intensive<br />
learning support from a student for 90 minutes<br />
every week. The students are selected by regional<br />
universities and paid by Chancenwerk. The older pupils<br />
in turn undertake – instead of having to pay for<br />
the tutoring – to pass on their knowledge under the<br />
guidance of a qualified tuition coach to two pupils of<br />
the lower years and to assist them in learning. The<br />
parents of the junior pupils pay a small amount to<br />
Chancenwerk (which in turn uses part of this sum to<br />
pay the students).<br />
3 See www.chancenwerk.de<br />
126<br />
The special feature of this model is not only the sustainable<br />
financing cycle, but above all the fact that<br />
many of the older students are for the first time in<br />
their lives given a responsible role to play, that they<br />
experience that they can contribute something to<br />
society, and that volunteering can be fun.<br />
There are many examples amongst Ashoka Fellows<br />
of this promotion of responsibility: With Wheelmap.<br />
org, Ashoka Fellow Raul Krauthausen is for the first<br />
time giving wheelchair users an active role via an online<br />
map in marking locations in their city suitable<br />
for wheelchair users. With Arbeiterkind.de, Ashoka<br />
Fellow Katja Urbatsch is giving children from nonacademic<br />
households an identity and a voice, organising<br />
over 2,000 of them at 80 locations into a network,<br />
and thereby encouraging countless students<br />
to enter higher education.<br />
hOw dO Other cOMMitted peOple wOrk<br />
with sOcial entrepreneurs?<br />
Social entrepreneurship opens up other new volunteering<br />
potential in Germany: many highly qualified<br />
professionals have so far been accustomed – by<br />
private initiative or also through “corporate volunteering”<br />
facilities – to becoming socially involved<br />
outside their field of professional expertise. Bank<br />
employees and lawyers who spend their weekend<br />
painting a school are the prime popular example.<br />
As valuable as this commitment to social cohesion<br />
may be, it is nevertheless true that more and more<br />
people do not want to separate the spheres of work<br />
and social commitment. They want to be able to do<br />
something meaningful and good with their special<br />
skills.<br />
Social entrepreneurs – as shown by the long probono<br />
support list of Ashoka – motivate many specialists<br />
and companies with their professional selfimage<br />
to become volunteers with their professional,<br />
specialist expertise. Often for the first time, they<br />
support someone as a management consultant in<br />
strategy development, as a lawyer in legal issues, as<br />
a communications consultant in marketing. And it is<br />
exactly these skills which are urgently needed in social<br />
entrepreneurs.<br />
The desire for combination of their own expertise<br />
and commitment to society goes even further in<br />
many such people: they are coming to perceive social<br />
entrepreneurs as meaningful future employers.
Few such specialists however are prepared to exchange<br />
a highly-paid and secure job in a company<br />
for work in a small social founder team. Professional<br />
recruitment structures for this purpose have so far<br />
been lacking, although Ashoka has launched a first<br />
initiative with “Talent4Good”. 4<br />
suMMary<br />
Social entrepreneurship is a special form of civic<br />
engagement that can act as a sort of research and<br />
development department of society. The four observations<br />
on the subject of civic engagement are<br />
associated with the following recommendations:<br />
1. Social entrepreneurs are committed, but in paid<br />
employment. We need better starting conditions for<br />
4 This talent initiative is one of six approaches for<br />
faster social innovation in Germany, which were proposed by<br />
Ashoka in 2011 as the result of a study, see http://germany.<br />
ashoka.org/sechs-ansaetze-zur-verbreitung-sozialer-innovation-deutschland.<br />
forum 5 | höll: Volunteering and work amongst social entrepreneurs<br />
this form of entrepreneurship: a recognition culture,<br />
more role models, forms of financing, etc.<br />
2. Volunteers are not typically just helpers for social<br />
entrepreneurs, but promoters of “Empowerment”.<br />
We need more of this imaginative voluntary<br />
participation, which thinks in terms of the personal<br />
strengthening of those committed, and stimulates<br />
socially marginalised groups, to return themselves<br />
to the heart of society.<br />
3. Social entrepreneurs motivate others to more<br />
volunteering with specialist expertise of employees<br />
and companies. For this we need more courage and<br />
openness from companies for new forms of CSR and<br />
“corporate volunteering”.<br />
4. Social entrepreneurs are meaningful employers,<br />
but not yet known to many as a career option. We<br />
need more attractive transitions and transformers<br />
of volunteering as a pastime to volunteering as a<br />
fulltime job.<br />
127
forum 6<br />
engagement und die gestaltung biographisCher übergÄnge<br />
In diesem Forum wurde praxisbezogen diskutiert,<br />
wie biographische Übergänge zwischen Schule und<br />
Beruf oder zwischen Berufstätigkeit und Nacherwerbsphase<br />
mit geeigneten Engagementangeboten<br />
gezielt gestaltet werden können. Welche Formen<br />
des Engagements sind in welcher biographischen<br />
Übergangsphase besonders geeignet? Wie können<br />
im Übergang Schule – Beruf mit Engagementangeboten<br />
gezielt benachteiligte Jugendliche gefördert<br />
werden? Welche Modelle gibt es hier bereits? Welche<br />
Anforderungen an die Jugendberufshilfe ergeben<br />
sich daraus und welche rechtlichen Rahmungen<br />
sind erforderlich?<br />
Welche besonderen Unterstützungsbedarfe haben<br />
ältere Menschen im Übergang in die nachberufliche<br />
Phase? Welchen Beitrag können dabei die Unternehmen<br />
leisten; worin liegt ihr besonderes Interesse?<br />
Welche Modelle gibt es für einen durch Engagementangebote<br />
begleiteten biographischen Übergang in<br />
die Nacherwerbsphase? Wie können dabei die Erfahrungen<br />
und beruflichen Qualifikationen der Älteren<br />
für Engagementkontexte genutzt werden?<br />
Jonathan Przybylski<br />
Vom ErwErbslEbEn in diE rEntE –<br />
eine ChanCe für bürgersChaftliChes<br />
engagement?<br />
Mittlerweile gehört der Begriff des demographischen<br />
Wandels zur Alltagssprache. Dabei ist auch klar, dass<br />
die damit gemeinte Veränderung der Altersstruktur<br />
die Gesellschaft vor große Herausforderungen stellt<br />
– und das nicht nur in Bezug auf die sozialen Sicherungssysteme.<br />
2030 werden in Deutschland über<br />
30% mehr Menschen über 65 Jahre alt sein als 2011 1 .<br />
Damit gehen Veränderungen für die Arbeitsmärkte,<br />
aber auch für den solidarischen Zusammenhalt der<br />
Gesellschaft einher.<br />
1 Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2011<br />
128<br />
Ältere und engagement<br />
Gerade beim Übergang vom Erwerbsleben in die nachberufliche<br />
Phase wird diese Dynamik deutlich. Zum Plus<br />
an Freizeit gesellen sich der Verlust kollegialer Netze<br />
oder der Wegfall des strukturierten Tagesablaufs. Das<br />
Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden – verbunden<br />
mit dem Verlust von Status und Anerkennung –, verstärkt<br />
das Bewusstsein, einen neuen Lebensabschnitt<br />
zu beginnen, der auch mit der Suche nach einem neuen<br />
Sinn, einer neuen „Identität“, verbunden ist.<br />
Diese individuelle Suche nach einer sinnstiftenden Aufgabe<br />
ist eine große Chance für das bürgerschaftliche<br />
Engagement. Die Kompetenzen und Ressourcen der<br />
älteren Generation werden dringend gebraucht – sei<br />
es um den wachsenden Bedarf an Unterstützungsleistungen<br />
für Ältere zu decken oder wegbrechendes Engagement<br />
Jüngerer zu kompensieren. Das Potenzial ist<br />
da: Über acht Millionen Menschen über 55 Jahre engagieren<br />
sich bereits ehrenamtlich und bringen dabei (zu<br />
28% 2 ) ihre Berufserfahrungen mit ein. Sie wollen mitgestalten<br />
und nicht nur gesellschaftliche Pflicht erfüllen.<br />
Daneben darf aber nicht verschwiegen werden, dass<br />
es in zunehmendem Maße auch andere Motive für<br />
Ältere gibt, sich bürgerschaftlich zu engagieren: So<br />
kann zum Beispiel die Übungsleiterpauschale einen<br />
lebensnotwendigen Zuverdienst für Langzeitarbeitslose<br />
oder Rentner mit geringen Altersrenten darstellen.<br />
Ebenso erhofft sich der eine oder andere eine<br />
Brücke zurück in den ersten Arbeitsmarkt. Auch wenn<br />
Altersarmut noch kein flächendeckendes Problem ist,<br />
so werden in Zukunft immer mehr Menschen aus diesen<br />
Gründen ins Engagement drängen.<br />
WelChe rollen spielen unternehmen beim<br />
engagement Älterer?<br />
Unternehmen können insgesamt einen wichtigen<br />
Nährboden für bürgerschaftliches Engagement schaffen:<br />
Mitarbeiter, die von ihrem Arbeitgeber in ih-<br />
2 Freiwilligensurvey 2009
em Engagement unterstützt werden, zum Beispiel<br />
durch Freistellungen oder Spenden, engagieren sich<br />
stärker (im Durchschnitt 19 Stunden pro Monat) als<br />
Arbeitnehmer, die eine solche Unterstützung nicht<br />
erfahren (13 Stunden pro Monat). 3 Darüber hinaus<br />
nehmen die Unternehmen gerade in der Übergangsphase<br />
in den nachberuflichen Lebensabschnitt eine<br />
Schlüsselposition ein. Der Renteneintritt findet heute<br />
zwischen 58 und 64 Jahren statt. Die persönliche<br />
Auseinandersetzung mit der Frage, was im dritten<br />
Lebensabschnitt passieren soll, beginnt in der Regel<br />
bereits in den letzten Berufsjahren.<br />
Auch die Wirtschaft hat die Bedeutung des demographischen<br />
Wandels erkannt. Die im letzten Jahrzehnt<br />
rapide angestiegene Beschäftigungsquote<br />
der Generation 55+ zeigt, dass es im Interesse der<br />
Unternehmen liegt, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
länger in Arbeit zu halten. Die Sicherung der<br />
Beschäftigungsfähigkeit steht dabei ebenso im Fokus<br />
wie der Umgang mit alternden Belegschaften,<br />
Fragen des Wissenstransfers oder der Erhalt hoher<br />
Produktivität im Alter. Die existierenden Ansätze in<br />
diesem Bereich fokussieren Fragen zur Gesundheit,<br />
Arbeitsgestaltung oder Flexibilisierung von Arbeitszeiten.<br />
Nachholbedarf gibt es hingegen noch bei<br />
der Gestaltung alternativer Ausstiegsmodelle für<br />
einen flexiblen Eintritt in die Nacherwerbsphase<br />
(Stichwort Altersteilzeit), bei der Gestaltung von<br />
Wissensmanagementprozessen sowie bei ganzheitlich<br />
angelegten Ansätzen des Alternsmanagements.<br />
Angebote des bürgerschaftlichen Engagements sind<br />
dabei nur eine von vielen Optionen für den Ausstieg.<br />
Obwohl das Personalmanagement die Bedeutung<br />
bürgerschaftlichen Engagements mehr und mehr erkennt<br />
und – beispielsweise über Corporate Volunteering<br />
– in den Unternehmenskontext implementiert,<br />
werden Ältere von diesen Entwicklungen eher selten<br />
berührt. So sind nach einer Studie von AmCham und<br />
Roland Berger nicht einmal 5% der Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer an Corporate Volunteering-Maßnahmen<br />
über 50 Jahre alt 4 Auch wenn die Repräsentativität<br />
dieser Zahlen mit Vorsicht zu genießen ist, lässt<br />
sich ein Trend erkennen: Unternehmen sehen einen<br />
Nutzen des bürgerschaftlichen Engagements für<br />
Teambuilding, Lernen von Sozialkompetenzen oder<br />
für Reputationseffekte eher bei jüngeren Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern oder Auszubildenden.<br />
3 Freiwilligensurvey 2009<br />
4 AmCham/Roland Berger 2011<br />
forum 6 | przybylski: Vom erwerbsleben in die rente<br />
Das Ziel von Unternehmen, ihre Mitarbeiter so lange<br />
wie möglich fit und motiviert im Betrieb zu halten,<br />
kollidiert also mit der Rolle, die sie als Förderer bürgerschaftlichen<br />
Engagements einnehmen könnten.<br />
Ohne einen „business case“ wird es daher für zivilgesellschaftliche<br />
Akteure schwierig, Unternehmen<br />
als Partner hierfür zu gewinnen.<br />
Mit „business cases“ überzeugen<br />
Dabei lohnt sich die Förderung des Engagements älterer<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gestaltung<br />
des Übergangs in die nachberufliche Phase<br />
– auch für Unternehmen: Zunächst natürlich aus dem<br />
Aspekt der Verantwortungsübernahme für Personal<br />
und Standort heraus. Das Vertrauen und die Bindung,<br />
die damit aufgebaut werden, lassen sich darüber hinaus<br />
auch als Argumente für Rekrutierungs- und Bindungsstrategien<br />
gegenüber Jüngeren verwenden. Der<br />
Aufbau von Alumni-Netzwerken oder Pensionärsclubs<br />
steigert zusätzlich den Reputationseffekt. Der „Klassiker“<br />
in dieser Hinsicht ist sicherlich die Firma Henkel,<br />
die mit ihrer MIT-Initiative (Miteinander im Team) bereits<br />
vorhandenes Engagement der Belegschaft durch<br />
finanzielle Mittel fördert und dabei explizit die Pensionäre<br />
mit berücksichtigt. Immer wichtiger – gerade für<br />
Klein- und Mittelständische Unternehmen – wird der<br />
Aufbau einer „stillen Reserve“ an Pensionären, die<br />
mit ihrem Fachwissen Spitzenbelastungen im Betrieb<br />
durch zeitlich befristete Einsätze abfangen können.<br />
In Zeiten, in denen Beförderungen und Senioritätsentlohnung<br />
keine Automatismen mehr darstellen, ist das<br />
Aufzeigen neuer Aufgabenfelder und Perspektiven für<br />
ältere Beschäftigte elementar, um Motivationslücken<br />
füllen zu können. Das bürgerschaftliche Engagement<br />
kann hier sinnstiftende Tätigkeiten bereitstellen.<br />
angebOte geMeinnütziger OrganisatiOnen<br />
Auch zivilgesellschaftliche Organisationen versuchen,<br />
ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Menschen,<br />
die gerade den neuen Lebensabschnitt begonnen<br />
haben, für ehrenamtliche Aufgaben zu gewinnen<br />
– und nutzen dazu unterschiedliche Ansätze.<br />
Vor allem Freiwilligenagenturen bieten Vermittlungen<br />
ins Engagement an. So sollen Projekte wie „Zeit für<br />
Neues“ (Köln) oder „Ehrenamt 55plus“ (Essen) Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter bereits im Unternehmen<br />
ansprechen und für ein Engagement begeistern. Ähnlich<br />
verfährt der Verein Ceno & Die Paten (ebenfalls Köln).<br />
129
forum 6 | przybylski: Vom erwerbsleben in die rente<br />
Das Erfahrungswissen der älteren Generation wird explizit<br />
in zahlreichen weiteren Projekten angesprochen.<br />
Die berufsspezifischen Kompetenzen gut ausgebildeter<br />
und im Beruf erfolgreicher Menschen unterstützen so<br />
den gemeinnützigen Bereich mit Management-Professionalität.<br />
Die landesnahe „Stiftung Partner für Schule<br />
in NRW“ vermittelt zum Beispiel sehr erfolgreich<br />
Coaches an Schulleitungen, der SeniorExpertService<br />
Hochqualifizierte in ausländische gemeinnützige Projekte,<br />
zum Beispiel in der Entwicklungshilfe.<br />
Auch im Bereich der Hilfe zur Selbsthilfe oder in der<br />
Weiterbildung gibt es zahlreiche Projekte. So fördert<br />
ZWAR (Zwischen Arbeit und Ruhestand) die Selbstorganisation<br />
von älteren Menschen, die gemeinsam<br />
soziale Projekte durchführen.<br />
stOlpersteine auf deM weg<br />
Obwohl die Zivilgesellschaft den Übergang als wichtiges<br />
Thema an Unternehmen heranträgt, findet sie<br />
dort nur selten Gehör. Das liegt zum einen daran, dass<br />
nicht alle Unternehmen sich dem demographischen<br />
Wandel aktiv stellen (müssen) und auch nicht alle die<br />
Potenziale der Älteren für den Betrieb stärker nutzen<br />
wollen. Wenn sich Unternehmen mit Älteren befassen,<br />
dann vor allem, weil sie ihre Beschäftigungsfähigkeit<br />
sichern wollen. Die Zielgruppe, die Gemeinnützige<br />
erreichen könnten, ist dementsprechend klein.<br />
Singuläre Angebote von Gemeinnützigen, welche die<br />
Vielfalt der Optionen beim Übergang in die nachberufliche<br />
Phase nicht berücksichtigen, werden wenig Erfolg<br />
haben, Unternehmen von ihrer Notwendigkeit zu überzeugen.<br />
Kooperationen oder die Einbettung in Orientierungsseminare<br />
sind hier vielversprechender. Es fehlen<br />
ganzheitliche Ansätze, die von der Logik und den Wünschen<br />
der Zielgruppen – der älteren Arbeitsnehmer,<br />
aber auch der Unternehmen – ausgehen. Gemeinnützige<br />
und Unternehmen sollten sich dabei bewusst machen,<br />
wer für die Übernahme eines Engagements überhaupt<br />
angesprochen werden kann und soll – und welche<br />
Formen des Engagements dafür in Frage kommen.<br />
Dabei gilt es auch, die Skepsis vieler Arbeitnehmer<br />
zu berücksichtigen. Die Konfrontation mit dem Ende<br />
der Berufslaufbahn erfordert die aktive Auseinandersetzung<br />
mit einer tiefgreifenden Veränderung.<br />
Das ist nicht immer einfach. Ein weiteres Problem ist<br />
die richtige Ansprache: Niemand – erst recht nicht<br />
vor der Rente – fühlt sich von der Zielgruppe „Ältere“<br />
angesprochen und schon gar nicht ihr zugehörig.<br />
130<br />
Letztlich stellt auch die Verblockung der Altersteilzeit<br />
ein Hindernis dar. Der intendierte Effekt, nämlich<br />
die Weitergabe von Wissen und das langsame<br />
Hinausgleiten aus dem Job, greift nicht, wenn das<br />
Instrument der Altersteilzeit lediglich dazu benutzt<br />
wird, den Renteneintritt vorzuverlagern.<br />
fazit<br />
Der Übergang vom Erwerbsleben zur nachberuflichen<br />
Phase hat für die Gewinnung ehrenamtlicher Kräfte<br />
für das bürgerschaftliche Engagement eine große Bedeutung.<br />
Aus zivilgesellschaftlicher Sicht macht es daher<br />
Sinn, dieser Schwelle mehr Beachtung als bisher<br />
zu schenken und über Möglichkeiten nachzudenken,<br />
den Menschen bereits in den Betrieben den Weg in<br />
das Engagement zu ebnen. Dabei sollten sich aber<br />
zivilgesellschaftliche Akteure darüber bewusst sein,<br />
dass bürgerschaftliches Engagement nur eine Facette<br />
der Gestaltung der dritten Lebensphase darstellt,<br />
und dementsprechend versuchen, die Angebote mit<br />
anderen Themenbereichen zu verknüpfen.<br />
So sinnvoll die Ansprache der Beschäftigten im Unternehmen<br />
auch ist – so schwierig ist es, hierfür ein<br />
entsprechendes Interesse seitens der Unternehmen<br />
herzustellen. Der Fokus liegt dort verstärkt auf der<br />
Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter mit dem Ziel, diese<br />
möglichst lange in die betrieblichen Arbeitsprozesse<br />
einzubeziehen. Der Übergang in, ja auch nur die Beschäftigung<br />
mit der nachberuflichen Phase steht damit<br />
in Konkurrenz zur beruflichen Einbindung.<br />
Vielleicht kann ein Blick ins Ausland helfen: In Dänemark<br />
wird das aktive Altern durch die Säulen Erwerbsarbeit<br />
und bürgerschaftliches Engagement<br />
geprägt. Dabei wird die notwendige Infrastruktur<br />
zur Freiwilligenarbeit vom Staat finanziert. Oder die<br />
Idee des „phased-retirements“ aus Großbritannien:<br />
Mit zunehmendem Alter wird den Arbeitnehmern<br />
immer mehr Arbeitszeit für Corporate Volunteering-Maßnahmen<br />
zur Verfügung gestellt – von anfänglich<br />
einem halben Tag pro Woche bis zu einem<br />
vollständigen Übergang bei Renteneintritt. Natürlich<br />
flankiert von „pre-retirement-courses“, den Orientierungsseminaren,<br />
zur Vorbereitung auf die nachberufliche<br />
Phase.<br />
Weitere Informationen unter http://www.phineo.<br />
org/themenreports/veroeffentlichte-reports/engagement55plus/
Susana Szabo<br />
freiwilliges engageMent: ein katalysatOr<br />
für die berufliche und<br />
persönliche weiterentwicklung<br />
einleitung<br />
Ich möchte an den Beginn meiner Ausführungen<br />
den Begriff des „Altruismus“ stellen, der als eines<br />
der wesentlichen Merkmale des freiwilligen Engagements<br />
gilt. Im Gegensatz zur gängigen Auffassung<br />
sind Handlungen, die durch Altruismus motiviert<br />
sind, keine reinen Handlungen des großzügigen<br />
Gebens ganz ohne Gegenleistung. Altruismus ist<br />
vielmehr ein Dialog, ein Austausch. Der erste, der<br />
darauf hinwies, war ein französischer Anthropologe,<br />
Marcel Mauss, der im Jahr 1923 in einem Buch<br />
mit dem Titel „Essai sur le don”, ein Essay über das<br />
Geben in Urgesellschaften, die Theorie aufstellte,<br />
dass „Geben” kein einseitiger wirtschaftlicher Akt<br />
sei, sondern ein Austausch, der nicht nur eine Auswirkung<br />
auf das Wohlergehen des Individuums hat,<br />
sondern auch auf das gute Funktionieren der Gesellschaft<br />
als Ganzes.<br />
Freiwillige, die ihre Zeit und ihre Energie aus freien<br />
Stücken zur Verfügung stellen, ohne eine finanzielle<br />
Gegenleistung zu erhalten, bestätigen im Allgemeinen<br />
Marcel Mauss Theorie. Freiwillige sagen oft:<br />
„Ich habe viel gegeben, aber auch viel bekommen”,<br />
oder sogar: „Je mehr ich gebe, desto mehr erhalte<br />
ich zurück”. Was aber sind diese symbolischen,<br />
nicht-finanziellen Gaben, die der Freiwillige als Gegenleistung<br />
für sein Engagement erhält? Je nach der<br />
Motivation des einzelnen Freiwilligen gibt es auf diese<br />
Frage unzählige Antworten, aber man kann generell<br />
zwei Kategorien unterscheiden:<br />
• Freiwilliges Engagement kann dem Einzelnen helfen,<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten zu entwickeln.<br />
• Freiwilliges Engagement kann die Selbsterkenntnis<br />
fördern und die Herausbildung einer<br />
persönlichen Identität unterstützen.<br />
Es gibt natürlich noch andere Arten des Lohnes für<br />
freiwilliges Engagement: das Gefühl, ein nützliches<br />
Mitglied der Gesellschaft zu sein; Spaß zu haben,<br />
indem man Dinge gemeinsam mit anderen unternimmt;<br />
zu einer Gruppe Gleichgesinnter zu gehören;<br />
etwas gegen seine Einsamkeit zu tun und so weiter.<br />
Aber diese Faktoren können auch als Elemente für<br />
forum 6 | szabo: freiwilliges engagement ...<br />
die Schaffung, Umformung oder Neubildung einer<br />
persönlichen Identität angesehen werden.<br />
Ich möchte ganz kurz bei dem Begriff der Identität<br />
verweilen, und wie freiwilliges Engagement durch<br />
den Nutzen, den der Freiwillige aus seiner freiwilligen<br />
Tätigkeit zieht, zu ihrer Schaffung beitragen<br />
kann. Es gibt viele verschiedene soziologische oder<br />
psychologische Ansätze zur Erklärung des Begriffes<br />
der Identität (Identität, die durch eine berufliche<br />
Tätigkeit, durch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe<br />
usw. definiert wird). Aber wie auch immer die Erklärung<br />
ausfällt – es herrscht Einigkeit darüber, dass<br />
die Schaffung einer Identität, wie zum Beispiel beim<br />
freiwilligen Engagement, ein Prozess ist, der in zwei<br />
Richtungen verläuft: Einerseits bedeutet es, uns als<br />
Individuen zu erkennen, die ihre eigene Singularität<br />
unter Beweis stellen. Andererseits wird unsere Identität<br />
auch stark durch die Art und Weise bestimmt,<br />
wie wir von anderen wahrgenommen werden, durch<br />
das Bild, das zu uns zurückgeworfen wird, durch die<br />
Augen der anderen.<br />
Es gibt jedoch drei besondere Momente im Leben, in<br />
denen die Frage der Identität und somit der Erkenntnis<br />
von besonderer Bedeutung ist:<br />
• wenn wir aufwachsen, in unseren Jugendjahren,<br />
wo unsere Identität geprägt wird,<br />
• wenn Menschen ihre Arbeit verlieren und von<br />
staatlicher Unterstützung leben, wenn sie auch<br />
das Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten verlieren<br />
und sich eine neue Identität erarbeiten<br />
müssen,<br />
• wenn wir ins Rentenalter kommen, wenn wir<br />
unseren Alltag neu organisieren und eine<br />
neue Vorstellung von uns selbst gewinnen<br />
müssen.<br />
In diesen drei Fällen kann freiwilliges Engagement<br />
ein Katalysator und ein besonders nützliches Hilfsmittel<br />
sein, das Menschen in die Lage versetzt, den<br />
notwendigen Übergang in einen neuen Lebensabschnitt<br />
zu vollziehen. Ich möchte darum diese drei<br />
verschiedenen „Hintergründe des freiwilligen Engagements”<br />
sowie France Bénévolats Antwort auf ihre<br />
Erfordernisse beschreiben.<br />
freiwilliges engageMent junger Menschen<br />
Im Gegensatz zu einigen Vorurteilen über junge<br />
Menschen sind diese nicht so egoistisch und indivi-<br />
131
forum 6 | szabo: freiwilliges engagement ...<br />
dualistisch, wie es häufig dargestellt wird. Sie sind<br />
nicht weniger fähig zur Übernahme von Verpflichtungen<br />
oder zum Widerstand gegen Ungerechtigkeit<br />
als frühere Generationen es waren. Nur ihre<br />
Sichtweise auf das Engagement und ihre Art der<br />
Umsetzung haben sich geändert. Gestützt auf eine<br />
Reihe von Untersuchungen und unsere eigenen Erfahrungswerte<br />
ergibt sich folgendes Bild vom Engagement<br />
junger Menschen:<br />
• sie besitzen die gleiche Empörungsfähigkeit wie<br />
frühere Generationen<br />
• doch sie brauchen konkrete Handlungen und<br />
Projekte mit messbaren Ergebnissen, die ihnen<br />
das Gefühl der Nützlichkeit geben<br />
• sie bevorzugen kollektives Handeln in Gruppen<br />
aus Gleichgesinnten (Gruppenzugehörigkeit<br />
und Identifikationsfähigkeit sind ein wichtiger<br />
Faktor bei der Herausbildung einer Identität)<br />
• Misstrauen gegen ideologische Debatten<br />
• sie wollen konkrete und rasche Ergebnisse und<br />
haben darum eine Abneigung gegen langfristige<br />
Verpflichtungen<br />
• angesichts des schwierigen Eintritts in den Arbeitsmarkt<br />
muss ihr Engagement ihnen auch<br />
einen persönlichen Nutzen im Hinblick auf ihre<br />
berufliche Vermittlungsfähigkeit verschaffen.<br />
Organisationen, die mit Freiwilligen arbeiten, können<br />
jungen Menschen helfen, Fähigkeiten zu entwickeln,<br />
ihre Identität zu unterstreichen und ihre Tauglichkeit<br />
für den Arbeitsmarkt zu verbessern. Doch<br />
sie müssen sich auch auf die neuen Bedürfnisse<br />
der Freiwilligen einstellen. Sie müssen ihre pädagogische<br />
Sichtweise erneuern und gewissermaßen<br />
„neu erfinden“, um für junge Menschen attraktiv zu<br />
sein und ihnen beim Erwachsenwerden und bei der<br />
Integration in ein aktives Leben behilflich zu sein.<br />
Diese neue Pädagogik muss:<br />
• die Wünsche junger Menschen berücksichtigen<br />
und auf den Aktivitäten aufbauen, die sie möglicherweise<br />
spontan begonnen haben. Dafür<br />
muss man lernen, ihnen zuzuhören und ihren<br />
sozialen Rhythmus zu respektieren.<br />
• Projekte oder Aufgaben ermitteln, die speziell<br />
einer Gruppe Jugendlicher anvertraut werden<br />
könnten. Wir haben die Erfahrung gemacht,<br />
dass junge Menschen sich lieber in Projekten<br />
oder für Aufgaben engagieren, die ausdrücklich<br />
für eine Gruppe junger Menschen gemacht<br />
132<br />
sind, als sich Projekten von allgemeiner Art zu<br />
widmen. Diese Herangehensweise kann noch<br />
durch ein System aus Lernbeispielen oder anderen<br />
Formen der generationsübergreifenden<br />
Zusammenarbeit unterstützt werden.<br />
• die Erfahrungen und Kompetenzen anerkennen,<br />
die während des freiwilligen Engagements gewonnen<br />
und erworben wurden.<br />
Bei France Bénévolat haben wir vor mehr als vier<br />
Jahren ein besonderes Begleitelement entwickelt:<br />
Den „Freiwilligenpass”. In ihm sind die Projekte,<br />
an denen der Freiwillige teilgenommen hat, seine<br />
gewonnenen Erfahrungen und erworbenen Fertigkeiten<br />
verzeichnet. Er kann als wertvolle Komponente<br />
des eigenen Lebenslaufs dienen, als Nachweis<br />
beruflicher Leistungen verwendet werden oder die<br />
berufliche Orientierung oder Neuorientierung unterstützen.<br />
Er ist ein Selbsteinschätzungsdokument,<br />
das gemeinsam mit der Organisation ausgefüllt werden<br />
sollte, in der die Projekte durchgeführt wurden.<br />
Es gibt noch andere solcher Hilfsmittel in Frankreich,<br />
aber auch in ganz Europa. Die Europäische Kommission<br />
hat unlängst die Einführung eines Europäischen<br />
Qualifikationspasses angekündigt, der auf<br />
den gleichen Prinzipien basiert und eine transnationale<br />
Anerkennung erlaubt.<br />
freiwilliges engageMent und arbeitssuche<br />
Freiwilliges Engagement kann Arbeitssuchenden in<br />
vielerlei Weise helfen. Doch unseren Erfahrungen<br />
nach lassen sich vier wesentliche Ergebnisse ausmachen,<br />
auch wenn sie entsprechend dem Profil<br />
(Alter, Dauer der Arbeitslosigkeit usw.) und der Persönlichkeit<br />
des betreffenden Freiwilligen variieren<br />
können.<br />
1) Eine Aufwertung der persönlichen Selbstwahrnehmung<br />
(„Wenigstens tue ich etwas Sinnvolles”<br />
und „Ich bekomme etwas zustande!”); ebenso ein<br />
Gefühl des Gebrauchtwerdens, ein Ausstieg aus der<br />
Einsamkeit und Isolation, weniger häusliche Spannungen<br />
usw., die allesamt wichtige Elemente für die<br />
Umgestaltung einer Identität sind.<br />
2) Das Knüpfen oder Auffrischen sozialer Beziehungen<br />
oder die Schaffung eines neuen Netzes hilfreicher<br />
Kontakte.<br />
3) Die Orientierung auf neue berufliche Felder dank<br />
ähnlicher oder artverwandter Freiwilligentätigkeiten.
4) Die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten,<br />
wie in jedem Fall, wo eigenverantwortliche Aktivitäten<br />
unternommen werden.<br />
Wir müssen aber bedenken, dass freiwilliges Engagement<br />
zwar durchaus die Lage des Arbeitslosen verbessern<br />
kann, weil es seine Vermittlungsfähigkeit erhöht,<br />
aber keinesfalls das Problem der Arbeitslosigkeit an<br />
sich zu lösen vermag. Wir sollten freiwilliges Engagement<br />
um seiner intrinsischen Qualitäten willen schätzen<br />
und nicht als einen Politik-Ersatz ansehen.<br />
France Bénévolat empfiehlt Organisationen, die mit<br />
Freiwilligen arbeiten, besonders aufmerksam zu<br />
sein, wenn sie Projekte für Freiwillige in die Hände<br />
von Arbeitssuchenden legen. Sie sollten darauf achten,<br />
dass die Projekte:<br />
• für den arbeitslosen Freiwilligen nutzbringend<br />
und motivierend sind.<br />
• auch für die Organisation von Nutzen sind. Oder<br />
anders ausgedrückt: Vermeiden Sie es, diesen<br />
Freiwilligen Aufgaben anzutragen, nur damit sie<br />
etwas zu tun haben.<br />
• die Arbeitssuche wirkungsvoll unterstützen.<br />
• ohne Weiteres an andere Personen übertragen<br />
werden können, wenn ein arbeitsloser Freiwilliger<br />
eine Arbeit findet. In diesem Sinne sind die<br />
besten Aufgaben im Rahmen freiwilligen Engagements<br />
solche Projekte, die zeitlich begrenzt<br />
sind, oder Projekte, an denen ein ganzes Team<br />
beteiligt ist.<br />
freiwilliges engageMent für ruheständler<br />
Dies ist der dritte Bereich, in dem freiwilliges Engagement<br />
den Übergang ins Senioren-Leben erleichtern<br />
kann, ohne dabei die einzige Lösung sein zu wollen, die<br />
einen erfüllten Ruhestand garantieren kann. Der Übergang<br />
aus dem aktiven Erwerbsleben in den Ruhestand<br />
ist eine gewaltige Umstellung und darum ein recht<br />
komplexer Prozess. Die bloßen Worte, die mit „Ruhestand“<br />
zu tun haben, können völlig gegensätzliche<br />
Emotionen auslösen: Arbeit kann „sozialen Erfolg” bedeuten,<br />
aber auch „Stress”; Ruhestand kann „Freiheit“<br />
bedeuten, aber auch „Verlust sozialer Identität”. Viel<br />
hängt von der Situation des Einzelnen ab; davon, ob<br />
die letzten Erwerbsjahre von Erfolg oder von Niederlagen<br />
geprägt waren; ob der Betreffende noch andere<br />
Interessen oder soziale Beziehungen hatte als die, die<br />
sich aus der beruflichen Tätigkeit selbst ergaben; ob ein<br />
Plan für die Zukunft vorliegt oder nicht.<br />
forum 6 | szabo: freiwilliges engagement ...<br />
Beim Übergang ins Ruhestandsleben sind die individuellen<br />
Umstände und die Bedingungen, unter denen<br />
der Betreffende das Arbeitsleben verlassen hat, die<br />
wichtigsten Faktoren. Viele Ruheständler erleben ein<br />
Gefühl der „Nutzlosigkeit“, des Zurückgelassenwerdens,<br />
während das Leben ohne sie weitergeht. Selbst<br />
wenn der Ruhestand in positiver Weise wahrgenommen<br />
wird, bedarf es einer Phase der Akklimatisierung,<br />
ähnlich dem Prozess des Trauerns. Ein Leben, das im<br />
Verlauf von 40 Jahren durch Arbeit geprägt war, das<br />
durch den Rhythmus des Erwerbslebens, durch die<br />
sozialen Kontakte des Arbeitsumfeldes bestimmt<br />
wurde, braucht Zeit und im Allgemeinen auch Unterstützung,<br />
um sich an die veränderten Umstände<br />
anzupassen. Diese Unterstützung steht heute nicht<br />
systematisch zur Verfügung.<br />
Freiwilliges Engagement ist eine mögliche Antwort<br />
in diesem Anpassungsprozess, doch es kann nicht<br />
als alleinige Erfolgsgarantie angesehen werden.<br />
Im Gegenteil: Es muss Teil eines viel umfassenderen<br />
Übergangsprozesses sein, eine Komponente in<br />
einem ganzen System aus Hilfestellungen, die dem<br />
Einzelnen helfen, ihr Leben neu zu definieren, und<br />
ihm einen neuen Sinn geben. Senioren, die diesen<br />
Prozess nicht durchleben und sich eilig in ein freiwilliges<br />
Engagement stürzen, nur um ein Vakuum zu<br />
füllen und ihrem Leben etwas Sinn zu geben, sind<br />
in der Regel am Ende enttäuscht – und enttäuschen<br />
auch die Organisationen, denen sie doch eigentlich<br />
helfen wollten.<br />
Laut einer Flash Barometer-Umfrage, die im Jahr<br />
2008 in Europa durchgeführt wurde, erklärten 75%<br />
der Älteren, die vor dem Ruhestand befragt wurden,<br />
sich später sozial oder auf sonstige Weise freiwillig<br />
engagieren zu wollen. Tatsächlich aber realisierten<br />
nur 44% dieses Vorhaben, nachdem sie in den Ruhestand<br />
gegangen waren. Unsere Erfahrung bestätigt<br />
diese Tendenz. Es besteht eine starke theoretische<br />
Motivation, sich zu engagieren und für die Gesellschaft<br />
von Nutzen zu sein, aber es gibt auch eine<br />
gewisse Furcht und Zurückhaltung, wenn es dann<br />
um die praktische Umsetzung geht. Hinter dieser<br />
Zurückhaltung stehen oft familiäre Umstände: verschiedene<br />
Zeitpunkte des Eintritts in den Ruhestand<br />
zwischen den Ehepartnern, gemeinsame oder getrennte<br />
Projekte für Ruhestandsaktivitäten, Zeit für<br />
die Enkel usw.<br />
In der Praxis bedeutet das, dass Möglichkeiten für<br />
ein freiwilliges Engagement für Senioren auf die Be-<br />
133
forum 6 | schlimbach: „engagierte jugendliche“<br />
dürfnisse des Einzelnen abgestimmt werden müssen.<br />
Es müssen unterschiedliche Wege gegangen<br />
werden für diejenigen, die bereits während ihres<br />
Berufslebens in Freiwilligenorganisationen mitgewirkt<br />
haben, und für diejenigen, die freiwilliges Engagement<br />
und Freiwilligenorganisationen erst nach<br />
ihrem Eintritt in den Ruhestand entdecken.<br />
Wir wissen auch, dass Ruheständler sehr stark im<br />
Freiwilligensektor vertreten sind; insbesondere in<br />
der Leitung und Führung von Freiwilligenorganisationen.<br />
Das ist gut, denn die Organisation kommt so<br />
in den Genuss der Erfahrungen eines langen Berufslebens.<br />
Das kann sich aber auch als Handicap erweisen,<br />
wenn keine Erneuerung garantiert ist.<br />
Darum vertreten wir bei France Bénévolat die Auffassung,<br />
dass es von überragender Bedeutung ist,<br />
eine generationsübergreifende Sichtweise auf Freiwilligenprogramme<br />
für Senioren zu pflegen, die die<br />
Weitergabe von Wissen garantiert, aber ebenso den<br />
Wechsel und die Erneuerung von Verantwortlichkeiten<br />
beinhaltet.<br />
Tabea Schlimbach<br />
„engagierte jugendliche“ – die<br />
rOlle des freiwilligen engage-<br />
Ments iM übergang schule–beruf<br />
Neben der enormen gesellschaftlichen Relevanz<br />
ehrenamtlichen Engagements ist in den letzten<br />
Jahrzehnten zunehmend auch der Eigenwert für<br />
die freiwillig Engagierten selbst in den Fokus geraten.<br />
Vor allem Jugendliche, die an der Schwelle<br />
zum Berufsleben stehen, verbinden mit einer ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit verstärkt die Hoffnung, den<br />
eigenen Berufseinstieg zu erleichtern. Auf politischer<br />
und fachpraktischer Ebene wird überlegt,<br />
wie Freiwilligendienste stärker für benachteiligte<br />
Jugendliche geöffnet werden können. Gerade für<br />
diese Gruppe kann das Lernfeld „Ehrenamt“ eine<br />
wichtige Ergänzung und Kompensation schulischen<br />
Lernens darstellen.<br />
Die Qualifizierung für einen geeigneten Beruf als<br />
Grundlage für die eigenständige Existenzsicherung<br />
ist eine der vier von Hurrelmann formulierten<br />
zentralen Entwicklungsaufgaben im Jugendalter<br />
(Hurrelmann 2007: 26ff.). Diese Aufgabe stellt Jugendliche<br />
heute vor große Herausforderungen.<br />
134<br />
Auf der Suche nach Orientierung finden sie keinen<br />
„goldenen“ Weg mehr, der den erfolgreichen Einstieg<br />
in einen bestimmten Beruf garantiert, sondern<br />
eine Vielzahl von Bildungs- und Ausbildungswegen,<br />
deren berufliche Wirkung für Jugendliche schlecht<br />
abschätzbar ist. Eine Konsequenz dessen ist eine<br />
Ausweitung der Übergangsphasen. Davon sind zum<br />
einen niedrigqualifizierte Jugendliche betroffen, die<br />
im Wettbewerb um Ausbildungs- und Arbeitsstellen<br />
nicht erfolgreich waren, zum anderen aber auch Jugendliche,<br />
die sich mit der Wahl eines Berufsweges<br />
noch etwas Zeit lassen und sich ausprobieren wollen.<br />
Letztere verfügen oft über hohes soziales Kapital<br />
und Bildungskapital mit einer günstigen Prognose<br />
für den weiteren Berufsverlauf. Hingegen sind vor<br />
allem Jugendliche mit maximal einem Hauptschulabschluss<br />
und Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
einem erhöhten Prekaritätsrisiko (Ausbildungslosigkeit,<br />
Brüche) ausgesetzt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung<br />
2010).<br />
Das Übergangspanel des Deutschen Jugendinstituts<br />
(Reißig/Gaupp/Lex 2008) zeigt, dass zwar 50%<br />
der befragten Hauptschulabsolventen gleich nach<br />
der Schule eine Ausbildung beginnen wollen. Dies<br />
gelingt jedoch nur einem Viertel. Viele Jugendliche<br />
nehmen zur Überbrückung an den Maßnahmen des<br />
sogenannten Übergangssystems teil, das allerdings<br />
wegen der Inkohärenz und Intransparenz seiner<br />
Maßnahmen und wegen seiner unzureichenden und<br />
teilweise sogar negativen Wirkungen auf den Berufseinstieg<br />
in der Kritik steht. Demgegenüber wird<br />
Engagement als wichtiges Lernfeld für Jugendliche<br />
verstanden und kommt auch vielen jugendlichen<br />
Bedürfnissen (Gemeinschaft, Austausch, Qualifikationsmöglichkeiten)<br />
entgegen.<br />
Wie können diese Übergänge nun durch Ehrenamt<br />
mitgestaltet bzw. beeinflusst werden? Dafür sind<br />
zunächst die Zahlen des Freiwilligensurveys interessant:<br />
Sie zeigen, dass Jugendliche einerseits eine sehr<br />
aktive Gruppe mit hohem Wachstumspotenzial an<br />
freiwilligem Engagement sind, und dass Engagement<br />
bei ihnen großes Ansehen genießt. Andererseits<br />
ist das tatsächliche Engagement leicht, aber kontinuierlich<br />
rückläufig – aufgrund anderer wichtiger<br />
Aufgaben (und dazu zählt auch der Übergang Schule–Beruf),<br />
aber auch aufgrund einer intensiveren<br />
Nutzung neuer Medien. Unter den verschiedenen<br />
Altersgruppen der Engagierten sind es vor allem die<br />
Jugendlichen, die mit einem Engagement auch einen<br />
konkreten Nutzen für den eigenen Berufseinstieg
verbinden. Dies bedeutet nicht, dass altruistische<br />
Motive keine Rolle spielen, sondern ist vielmehr als<br />
Antwort auf immer höhere Anforderungen auf dem<br />
Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu deuten.<br />
Wie profitieren Jugendliche aber nun konkret vom<br />
Ehrenamt? Dazu sind verschiedene Evaluationen<br />
von Freiwilligendiensten sowie Studien zur Kompetenzerfassung<br />
aussagekräftig. Das Institut für Sozialforschung<br />
und Gesellschaftspolitik (ISG) bescheinigt<br />
den Freiwilligendiensten (FD), ein wichtiger berufsrelevanter<br />
Lern- und Orientierungsort zu sein (ISG<br />
2006). Die Teilnehmenden beurteilen<br />
• zu 70%, dass sich die beruflichen Chancen durch<br />
den FD verbessert haben,<br />
• zu 40%, dass die FD zur beruflichen Entwicklung<br />
beigetragen haben (dieser Effekt wird von den<br />
Hauptschülern besonders stark genannt) und<br />
• zu 50%, dass sie relevante Kompetenzen erwerben<br />
konnten.<br />
Welche Kompetenzen konkret im Ehrenamt erworben<br />
werden, wird eindrucksvoll in einer Arbeit<br />
von Wiebken Düx gezeigt. Hier wird deutlich, dass<br />
Lerneffekte im freiwilligen Engagement sich auf alle<br />
Kompetenzbereiche beziehen (Düx 2006).<br />
Auf die positiven beruflichen Effekte der FD verweisen<br />
auch die Verbleibsquoten. Demnach befinden<br />
sich 80% der Teilnehmer sechs Monate nach Abschluss<br />
des FD in Ausbildung oder Studium. Allerdings<br />
haben viele der FD-Teilnehmer einen höheren Schulabschluss.<br />
Unter denen, die nach dem FD arbeitslos<br />
sind, ist die Gruppe der Hauptschulabsolventen mit<br />
14% (gegenüber 6% derer mit Realschulabschluss<br />
und 2% derer mit Abitur) deutlich überrepräsentiert.<br />
Sie profitieren insgesamt weniger von den Vorteilen<br />
des FD (Anrechnung als Vorpraktikum, Wartesemester<br />
oder Qualifikationsbaustein).<br />
Einflüsse des Engagements auf die Berufswege Jugendlicher<br />
zeigen sich nicht nur in der Erhöhung von<br />
Einstiegschancen und in Übergangszahlen, sondern<br />
auch in den beruflichen Plänen Jugendlicher nach<br />
dem FD. Gut drei Viertel der im Rahmen der bereits<br />
erwähnten Evaluation der FD durch das ISG befragten<br />
Jugendlichen werden in ihrem Berufswunsch<br />
direkt vom Freiwilligendienst beeinflusst, wobei ein<br />
Drittel (bei den Jugendlichen mit Hauptschulabschluss<br />
sogar 50%) einen ähnlichen Beruf und 50%<br />
einen Beruf mit inhaltlicher Verbindung planen.<br />
forum 6 | schlimbach: „engagierte jugendliche“<br />
Auf langfristige Zusammenhänge zwischen Ehrenamt<br />
und beruflichem Fortkommen weist eine Studie<br />
zum Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement<br />
am DJI hin (Düx/Prein/Sass/Tully 2008). Demnach<br />
haben engagierte Jugendliche als Erwachsene mehr<br />
Kompetenzen als Nicht-Engagierte (vor allem in<br />
Bezug auf Organisations- und Leitungsaufgaben),<br />
erreichen höhere Ausbildungsabschlüsse als Nicht-<br />
Engagierte und sind als Erwachsene gesellschaftlich<br />
besser integriert und beruflich erfolgreicher.<br />
Der Zugang zum freiwilligen Engagement ist, wie an<br />
anderer Stelle schon angedeutet wurde, stark an die<br />
sozialen Ressourcen und kulturellen Interessen im<br />
Elternhaus sowie die eigene schulische Qualifikation<br />
geknüpft. Ein Blick in den Bildungsbericht 2010<br />
zeigt, dass nur 10% der Hauptschülerinnen und<br />
-schüler einen Freiwilligendienst absolvieren und<br />
damit gegenüber Realschülerinnen und- schülern<br />
und ganz besonders Abiturienten deutlich unterrepräsentiert<br />
sind (Autorengruppe Bildungsberichterstattung<br />
2010). Die Öffnung von FD ist seit über<br />
zehn Jahren Gegenstand verschiedener politischer<br />
Aktivitäten. Daraus sind Gesetzesänderungen, verstärkte<br />
Förderung benachteiligter Jugendlicher in<br />
bestehenden FD sowie spezifische, auf die Bedarfe<br />
benachteiligter Jugendlicher zugeschnittene Modelle<br />
von freiwilligen Diensten hervorgegangen. Prominente<br />
Beispiele sind die bundesweiten Programme<br />
Freiwilliges Soziales Trainingsjahr (mit einer 50%igen<br />
Erfolgsquote für das Ziel soziale und berufliche<br />
Integration, siehe Braun/Förster/Kuhnke u.a. 2005)<br />
und die Freiwilligendienste machen kompetent, in<br />
denen Kompetenzvermittlung in Praxiseinsätzen mit<br />
Qualifizierungsbausteinen und sozialpädagogischer<br />
Betreuung kombiniert werden. Auf Landesebene<br />
können exemplarisch das FSJ plus (zum Nachholen<br />
des RS-Abschlusses) und das FSJ Focus (zur beruflichen<br />
Neuorientierung und zur Personalakquise für<br />
sozialpflegerische Berufe) in Baden-Württemberg<br />
genannt werden. Das Design des Europäischen Freiwilligendienstes<br />
sieht keine Mindestqualifikation<br />
sowie die ausdrückliche Förderpriorität für Jugendliche<br />
mit besonderem Förderbedarf vor.<br />
Einen interessanten Blick auf benachteiligte Jugendliche<br />
in FD ermöglicht das Übergangspanel<br />
des DJI (Reißig/Gaupp/Lex 2008). Nur 2,4% des ausgewählten<br />
Samples (dabei handelt es sich um eine<br />
nicht-repräsentative Stichprobe von Hauptschülerinnen<br />
und -schülern aus integrierten Bildungsgängen<br />
und z.T. Schulmüdenprojekten) haben einen FD<br />
135
forum 6 | schlimbach: „engagierte jugendliche“<br />
absolviert, wobei 53% auf eigenen Wunsch zum FD<br />
gekommen sind und 32% diesen Weg als Notlösung<br />
in Ermangelung einer anderen beruflichen Perspektive<br />
gewählt haben. Über 2/3 beurteilen rückblickend,<br />
dass ihnen der FD „sehr viel gebracht“ hat, nur 2%<br />
sehen keine positiven Effekte. Die Anschlussperspektiven<br />
dieser Jugendlichen waren im Vergleich<br />
zum gesamten Sample bezüglich des Übergangs in<br />
Ausbildung oder Arbeit deutlich positiver: 45% der<br />
Jugendlichen haben eine Ausbildung begonnen und<br />
12% sind in Arbeit gemündet. Allerdings hatten 14%<br />
keine Anschlussperspektive.<br />
Resümierend kann gesagt werden, dass ehrenamtliches<br />
Engagement einerseits hohe Potenziale für die<br />
Berufsorientierung, den Erwerb von Kompetenzen<br />
und den Übergang in die Arbeitswelt birgt, die sich<br />
insbesondere für Jugendliche mit niedrigen schulischen<br />
Qualifikationen auszahlen können. Andererseits<br />
kann das Lernen im Ehrenamt bisher nicht als<br />
Kompensation von sozialer Ungleichheit verstanden<br />
werden, sondern verstärkt sie durch unterschiedliche<br />
Zugangschancen tendenziell noch.<br />
Bei der Herausforderung, wie man einerseits FD stärker<br />
für benachteiligte Jugendliche und andererseits<br />
benachteiligte Jugendlicher stärker für freiwilliges<br />
Engagement öffnen kann, müssen sowohl Barrieren<br />
wie Altersbegrenzungen, der Wegfall von bestehenden<br />
Hilfebezügen bei Aufnahme eines FD, „Zeitverluste“<br />
(Ehrenamt als weitere „Schleife“ im Übergang<br />
Schule–Beruf) und Zugangsbeschränkungen, als<br />
auch Fragen der richtigen Ansprache benachteiligter<br />
Jugendlicher vor dem Hintergrund von Selbstselektionsprozessen,<br />
Desinteresse und Bewältigungsängsten<br />
(angesichts der hohen Anforderungen an<br />
Jugendliche in FD) adressiert werden. Gleichzeitig<br />
darf in der Diskussion um die Nutzbarmachung von<br />
Engagement für den erfolgreichen Berufseinstieg<br />
auch die kritische Auseinandersetzung mit dem „Eigenwert“<br />
von Ehrenamt nicht fehlen. Nicht zuletzt<br />
spielen die Erwartungen der Einsatzstellen und<br />
die Kenntnisse von Berufsberatern bezüglich spezifischer<br />
freiwilliger Tätigkeiten für benachteiligte<br />
Jugendliche eine entscheidende Rolle in der erfolgreichen<br />
Steigerung der Beteiligung benachteiligter<br />
Jugendlicher an FD.<br />
literatur<br />
• Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010):<br />
Bildung in Deutschland 2010. Bielefeld.<br />
136<br />
• Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend (2009): Hauptbericht des Freiwilligensurveys<br />
2009. Online verfügbar unter http://<br />
www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/3._20Freiwilligensurvey-Haupt<br />
bericht,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,<br />
rwb=true.pdf (letzter Zugriff November 2011).<br />
• Braun, F./Förster, H./Kuhnke, R. (2005): Abschlussbericht<br />
zum Modellprogramm Freiwilliges Soziales<br />
Trainingsjahr. München.<br />
• Düx, W. (2006): Zum Kompetenzerwerb Jugendlicher<br />
im Freiwilligen Engagement. In: Rauschenbach,<br />
T./Düx, W./Sass, E.: Informelles Lernen im<br />
Jugendalter. München.<br />
• Düx, W./Prein, G./Sass, E/Tully, C.J. (2008):<br />
Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement.<br />
München.<br />
• Hurrelmann, K. (2007): Lebensphase Jugend.<br />
Weinheim.<br />
• ISG (2006): Ergebnisse der Evaluation des FSJ<br />
und FÖJ. Köln/Berlin.<br />
• Reißig, B., Gaupp, N., Lex, T. (2008): Hauptschüler<br />
auf dem Weg von der Schule in die Arbeitswelt.<br />
Übergänge in Arbeit, Band 9. München.
fOruM 6<br />
VOlunteering and the planning Of biOgraphical transitiOns<br />
This forum discussed in a very practical manner how<br />
the transition from school to work or between work<br />
and post-employment can be specifically organised<br />
with the offer of appropriate opportunities for volunteering.<br />
What forms of volunteering are suitable in<br />
what transitional phases? How can the transition from<br />
school to work be facilitated with volunteering offers<br />
specifically targeted at disadvantaged young people?<br />
What models are already in place? What should youth<br />
employment assistance schemes provide as a result,<br />
and what legal frameworks are needed?<br />
What specific support do older people need in their<br />
transition to the post-employment stage? What<br />
contributions can companies make, and what is<br />
their specific interest in this issue? What models are<br />
available for a transition to post-employment accompanied<br />
by volunteering offers? How might we draw<br />
on the experience and qualifications of the elderly in<br />
volunteering contexts?<br />
Jonathan Przybylski<br />
frOM wOrking life intO retire-<br />
Ment – an OppOrtunity fOr ciVic<br />
engageMent?<br />
The term ‚demographic change‘ has now become part<br />
of our everyday language. The term refers to changes<br />
in the structure of the age pyramid which are clearly<br />
putting a huge strain on society – and not only in<br />
terms of the social security systems. In 2030, there will<br />
be over 30% more people aged 65+ living in Germany<br />
than in 2011. This will affect the labour markets, as<br />
well as the solidarity and cohesion in society.<br />
Older peOple and VOlunteering<br />
These dynamics become particularly apparent during<br />
the transition from working life to retirement.<br />
The gain in leisure time is accompanied by the loss of<br />
collegial networks and a structured daily routine. The<br />
feeling of being surplus to requirements – combined<br />
with a loss of status and recognition – brings home the<br />
fact that a new phase of life is beginning, where a new<br />
sense of purpose, a new ‚identity‘ must be found.<br />
This individual quest a worthwhile occupation is a<br />
wonderful opportunity for civic engagement. The older<br />
generation‘s skills and resources are urgently required<br />
– whether to meet the growing demand for<br />
support services for the elderly or in order to compensate<br />
for younger people giving up their voluntary<br />
commitments. The potential is there: more than eight<br />
million people aged over 55 already do voluntary work<br />
and (28% ) draw on their professional experiences to<br />
do so. They want to do more than just fulfil their civic<br />
duty, they want to be actively involved in the process.<br />
On the other hand, it must also be mentioned that increasingly,<br />
older people in Germany also have other<br />
motives for volunteering: for example the ‚Übungsleiterpauschale‘,<br />
meaning that income from voluntary<br />
work is taxfree up to a certain limit. This can represent<br />
vital additional earnings for the longterm unemployed<br />
or for pensioners on a low pension. A few might also<br />
hope to gain reentry into the regular labour market.<br />
Even though old age poverty is not yet a common<br />
problem; in future, this will motivate an increasing<br />
number of people to take up volunteering.<br />
what is the rOle Of businesses with<br />
regard tO Older VOlunteers?<br />
Businesses can in general create an all-important fertile<br />
ground for civic engagement: employees who are<br />
supported in their voluntary work by their employer,<br />
for example by giving them time off or through donations,<br />
tend to invest more time in volunteering (on<br />
average 19 hours a month) than employees who do<br />
not enjoy such support (13 hours a month ). Moreover,<br />
businesses play a key role in the transition from<br />
employment into retirement. Today, people retire<br />
aged between 58 and 64 years old. Usually, people<br />
already begun thinking about what they would like<br />
to do in this third stage of life during their last few<br />
years at work.<br />
137
forum 6: | przybylski: from working life into retirement – an Opportunity for civic engagement?<br />
The economy has also recognised the significance of<br />
demographic change. In the past decade, the employment<br />
quota amongst people aged 55+ has rapidly<br />
increased, showing that it is in a company‘s own interest<br />
to retain their employees for longer. Safeguarding<br />
employability is as much a focus here as how<br />
to deal with an ageing workforce, the issue of knowledge<br />
transfer, or maintaining the productivity level<br />
of older employees. Present approaches in this area<br />
are concentrated on health issues, job descriptions<br />
or the flexibility of working hours. In contrast, a lot<br />
remains to be done with respect to designing alternative<br />
models to allow a more gradual retirement<br />
(for example by working parttime only), developing<br />
knowledge management processes and holistic approaches<br />
to managing ageing. Volunteering represents<br />
just one of many options for easing the way<br />
into retirement.<br />
Although human resource management is increasingly<br />
taking heed of the import of civic engagement<br />
and implementing it in a corporate context – for instance<br />
through corporate volunteering – these developments<br />
seldom affect older employees. According<br />
to a study by AmCham and Roland Berger, not even<br />
5% of participants in corporate volunteering schemes<br />
are over 50 . Even through these figures should not<br />
be taken for gospel in terms of representativeness,<br />
they do illustrate a trend: businesses tend to regard<br />
civic engagement as a useful exercise for team building<br />
or to gain social skills, or as a way to enhance<br />
the company‘s reputation, although this is primarily<br />
aimed at younger employees or trainees.<br />
The corporate aim of keeping their employees fit<br />
and motivated for as long as possible collides with<br />
the role which they could play as supporters of civic<br />
engagement. Without a ‚business case‘, it therefore<br />
becomes difficult for civic society stakeholders to<br />
gain commercial enterprises as partners.<br />
cOnVincing with ‚business cases‘<br />
At the same time, however, there are huge benefits<br />
to be gained from the promotion of voluntary work<br />
among older employees and from facilitating their<br />
transition into retirement – including for the companies<br />
themselves: primarily, of course, in terms of<br />
their responsibility for their staff and their immediate<br />
locality. Moreover, the trust and loyalty this<br />
inspires can also be used as arguments in recruitment<br />
drives and young employee commitment stra-<br />
138<br />
tegies. Setting up alumni networks or retirees‘ clubs<br />
also increases a company‘s reputation. A ‚classic‘<br />
example in this respect is certainly the Henkel company,<br />
which supports existing civic volunteering<br />
engagement amongst its workforce with the MIT<br />
(Miteinander im Team, ‚together as a team‘) initiative<br />
through financial contributions and explicitly<br />
also includes the retirees in this. Building up a ‚hidden<br />
reserve‘ of retirees to temporarily support the<br />
company with their expertise at peak times is also<br />
becoming increasingly important – particularly for<br />
small and medium-sized businesses.<br />
In times when internal promotion and pay rises<br />
according to seniority can no longer be taken for<br />
granted, it is essential to identify new perspectives<br />
and additional areas of responsibility for older employees<br />
to fill gaps in motivation. Civic engagement<br />
can offer worthwhile alternatives here.<br />
Offers frOM charities<br />
Civic society organisations are also targeting older<br />
employees or people who have just retired for voluntary<br />
work – using various approaches to do so:<br />
Volunteering agencies in particular help them to find<br />
suitable voluntary positions. Projects such as ‚Zeit<br />
für Neues‘ (Cologne) or ‚Ehrenamt 55 plus‘ (Essen),<br />
for instance, are designed to appeal to people prior<br />
to their retirement in order to get them interested<br />
in volunteering. The association ‚Ceno & Die Paten‘<br />
(also in Cologne) uses a similar approach.<br />
Many other projects explicitly appeal to the older<br />
generation‘s knowledge and experience. In this<br />
way, the volunteering sector benefits from the<br />
skills of well-trained and qualified, professionally<br />
successful people through professional management.<br />
The regional foundation ‚Stiftung Partner<br />
für Schule‘ in NRW, which works closely together<br />
with the local government, has for example been<br />
very successful in placing coaches with school leadership<br />
teams and the ‚SeniorExpertService‘ in<br />
matching highly-qualified professionals with volunteering<br />
positions abroad, for instance development<br />
aid projects.<br />
There are also numerous projects in the area of selfhelp<br />
or further education. For example, ZWAR (‚Zwischen<br />
Arbeit und Ruhestand‘, between work and<br />
retirement), promotes the selforganisation of older<br />
people who cooperate in running social projects.
stuMbling stOnes alOng the way<br />
forum 6 | szabo: Volunteering, a catalyst for professional and personal transitions<br />
Despite the fact that civic society has highlighted<br />
transition as an important issue, businesses sel-dom<br />
take heed. One reason for this is that not all companies<br />
are affected by the consequences of demographic<br />
change, or are not forced to respond to it,<br />
neither are all of them prepared to tap the older<br />
employees‘ potential for their business. If companies<br />
do concern themselves with their older employees,<br />
they do so primarily in order to ensure their continued<br />
employability. Accord-ingly, the target group<br />
charities could reach is small.<br />
Individual approaches by charities which do not<br />
take the variety of different options available for<br />
the transition into retirement into account are not<br />
likely to be able to convince companies of their<br />
necessity. In this respect, co-operative projects or<br />
incorporation into orientation seminars are more<br />
promising. There are no holistic approaches based<br />
on the views and wishes of the target groups – the<br />
older employees, but also the companies. Charitable<br />
organisations and businesses should consider<br />
who could and should actually be approached as a<br />
potential volunteer – and which forms of civic engagement<br />
are suitable for this.<br />
The sceptical view of a large number of employers<br />
must also be taken into consideration. Being confronted<br />
with the end of one‘s career means actively<br />
facing up to a profound change. That is not always<br />
easy. Another problem is how to correctly address<br />
these employees: no-one – certainly no-one pre-retirement<br />
– finds a target group called ‚older people‘<br />
appealing and most certainly no-one thinks it applies<br />
to themselves, they are therefore not likely to respond<br />
to respective cam-paigns.<br />
And finally, the concept of working part-time before<br />
full retirement has run aground. It cannot have the<br />
intended effect, i.e. the passing on of knowledge<br />
and a gradual transition into retire-ment, if it is only<br />
offered in the hope of encouraging people to retire<br />
early, and must therefore be considered as yet another<br />
hurdle to be overcome.<br />
cOnclusiOn<br />
The transition from working life into retirement is<br />
highly significant for civic engagement and the acquisition<br />
of volunteers. From a civic society perspective<br />
it therefore makes sense to give this threshold more<br />
consideration then before, and to conceive ways of<br />
paving the way to volunteer-ing in retirement whilst<br />
people are still at work. However, in doing so, the civic<br />
society stake-holders should bear in mind that civic<br />
engagement is only one way of shaping the third<br />
life stage; accordingly, they should attempt to link<br />
their offers with other topics and spheres of activity.<br />
It is worth approaching a company‘s employees,<br />
even though it may at first be difficult to spark the<br />
company‘s interest in a respective scheme. Businesses<br />
are increasingly focused on ensuring the employability<br />
of older employees with the aim of including<br />
them in the company‘s operations for as long<br />
as possible. A gradual transition towards volunteering<br />
after retirement, or even just beginning to think<br />
about it, is therefore incompatible with professional<br />
integration.<br />
Maybe we can take our inspiration from abroad: in<br />
Denmark, active ageing is characterised by the pillars<br />
of paid employment and civic engagement. The requisite<br />
infrastructure for voluntary work is financed<br />
by the state. Or the British concept of ‚phased retirement‘:<br />
as they get older, employ-ees increasingly<br />
spend more of their working hours in corporate volunteering<br />
schemes – starting from half a day a week<br />
to being with to a full-time transition upon retiring,<br />
of course supported by pre-retirement courses to<br />
ease the transition into this next stage of their lives.<br />
More information at http://www.phineo.org/themenreports/veroeffentlichte-reports/engagement-<br />
55plus/<br />
Susana Szabo<br />
VOlunteering, a catalyst fOr prOfessiOnal<br />
and persOnal transitiOns<br />
intrOductiOn<br />
I would like to take as a starting point of this presentation<br />
the notion of “altruism”, considered to be one<br />
of the essential features of volunteering.<br />
Contrary to general belief, actions motivated by altruism<br />
are not just “one way” actions consisting of<br />
giving generously without any return. Altruism is rather<br />
a two way process, an exchange.<br />
139
forum 6 | szabo: Volunteering, a catalyst for professional and personal transitions<br />
The first to point this out was a French anthropologist,<br />
Marcel Mauss, who in 1923 in a book called “Essai<br />
sur le don”, an essay on giving in primitive societies,<br />
put forward the theory that “giving” was not an<br />
unilateral economic act, but an exchange that had an<br />
incidence not only on the well-being of the individual<br />
but had also an incidence on the good functioning of<br />
society as a whole.<br />
Volunteers, who give their time and energy freely,<br />
without monetary compensation tend to corroborate<br />
Marcel Mauss‘s theory. Volunteers often say “I<br />
have given a lot, but I have also received a lot”, or<br />
even “The more I give, the more I get in return”.<br />
But what are these symbolic, non-monetary gifts that<br />
volunteers receive in return for their commitment?<br />
They vary enormously, according to the motivations<br />
of individual volunteers, but fall roughly speaking<br />
into two main categories:<br />
• Volunteering can help individuals develop competences<br />
and capacities<br />
• Volunteering can enhance self knowledge and<br />
help to construct individual identity.<br />
They are of course other gratifications for volunteering:<br />
feeling useful in society, having fun by doing<br />
things together with others, belong to a network,<br />
fight loneliness etc. But these factors too can be considered<br />
as elements for the construction, reconstruction,<br />
or re-organization of personal identities.<br />
I would like to dwell very briefly on the notion of<br />
identity and how volunteering can contribute to<br />
its construction via the benefits that the volunteer<br />
draws from his or her volunteer activity. There are<br />
many different sociological or psychological approaches<br />
used to define the notion of identity (identity<br />
determined by a job, by belonging to a group,<br />
etc.). But whatever the definition, there is agreement<br />
that the construction of an identity, just as for<br />
volunteering, is a two way process: On the one hand<br />
it means to recognize ourselves as individuals asserting<br />
our own singularity. On the other hand, our<br />
identity is also very much determined by the way in<br />
which others perceive us, by the image that is mirrored<br />
back, through the eyes of others.<br />
However, there are three particular moments in life<br />
in which this issue of identity and therefore of recognition<br />
is particularly important:<br />
140<br />
• When growing up, in our teens, when our identity<br />
is being fashioned<br />
• When people have lost their job and are on the<br />
dole, loosing also confidence in their capacities<br />
and in need of reconstructing a new identity<br />
• When reaching retirement, having to reorganize<br />
their activities and adopt a new vision of themselves.<br />
In these three cases volunteering can be a catalyst<br />
and a particularly useful tool empowering people for<br />
the necessary transitions towards a new stage in life.<br />
I will therefore describe these three different “volunteer<br />
situations” and France Benevolat‘s response to<br />
their needs.<br />
yOuth VOlunteering<br />
Contrary to some prejudices concerning young people,<br />
they are not as selfish and individualistic as often<br />
presented. They are just as capable of commitments<br />
and stand up against injustices as previous<br />
generations were. But their approach towards engagement<br />
and their modus operandi has changed.<br />
Based on a series of studies and our own empirical<br />
results, the following picture emerges as regards<br />
youth engagement:<br />
• as strong a capacity for indignation as in previous<br />
generations<br />
• but a need for concrete action and projects with<br />
a measurable impact in which they can feel useful<br />
• a preference for collective action within peer<br />
groups ( belonging to a group and being able to<br />
identify to it is an important factor for the identity<br />
construction process)<br />
• mistrust towards ideological debates<br />
• need for concrete and quick results leading to a<br />
reluctance to undertake long term commitments<br />
• Engagement needs be also useful to them in<br />
terms of employability, given the difficulties they<br />
encounter in acceding to the labour market.<br />
•<br />
Volunteer involving organizations can help young<br />
people build capacities, affirm their identity and increase<br />
their employability, but have to adapt to their<br />
new demands. They need to renew, and as it were,<br />
“re-invent” their pedagogical approach in order to attract<br />
the young and help them both in the transition<br />
to adulthood and in the integration into active life.
This new pedagogy should:<br />
forum 6 | szabo: Volunteering, a catalyst for professional and personal transitions<br />
• take into account the desires of the young and<br />
build on the activities they may have started<br />
spontaneously. For this, it is necessary to learn<br />
to listen to them, to respect their social rhythms<br />
• Identify specific projects or missions that could<br />
be entrusted to a group of youngsters. In our<br />
experience, young people prefer to engage<br />
more on projects or missions specifically entrusted<br />
to a group of young people, rather than<br />
engage individually on general projects. This<br />
approach can also be reinforced by a system<br />
of tutorials, or other forms of intergenerational<br />
cooperation.<br />
• Recognize the experiences and competences<br />
gained through volunteering<br />
As far as France Bénévolat is concerned, it has developed<br />
a specific tool, a “Volunteer Passport” more<br />
than 4 years ago. It records the missions accomplished<br />
by the volunteer, the experiences gained and<br />
capacities acquired. It can be used to enhance a CV,<br />
asses professional achievements or professional orientation<br />
or re-orientation. It is a self-evaluation document<br />
that should be completed together with the<br />
organization in which the volunteer mission has been<br />
accomplished. Other similar tools exist in France, but<br />
also all over Europe. The European Commission has<br />
recently announced the creation of an European<br />
Skills Pass based on the same principles and allowing<br />
transnational recognition.<br />
VOlunteering and eMplOyMent seekers<br />
Volunteering can help employment seekers in many<br />
ways, but in our experience we can see four major<br />
results, although they can vary according to the profile<br />
(age, length of time on the dole etc) and the personality<br />
of the volunteer in question.<br />
1) An improvement of personal self-perception (”at<br />
last I am doing something” and “I am capable of<br />
doing something!”) Also a feeling of usefulness, diminishing<br />
solitude and isolation, family tensions. all<br />
necessary elements for reconstructing an identity.<br />
2) Creating or recreating a network of relationship or<br />
establishing a new network of support<br />
3) Orientation towards new professional fields thanks<br />
to similar or related volunteer activities<br />
4) Development of skills and competences as is always<br />
the case when practicing any empowering activity.<br />
But we must keep in mind that volunteering while<br />
it can contribute to improve the condition of the<br />
unemployed by increasing their employability, it<br />
cannot solve the problem of unemployment. Volunteering<br />
should be valued by its intrinsic qualities and<br />
not used as an instrument in replacement of public<br />
policies.<br />
France Benevolat recommends to volunteer involving<br />
organizations to be particularly careful when<br />
entrusting volunteer missions to employment seekers.<br />
They should ensure that:<br />
• the unemployed volunteer<br />
• They are useful also for the organization. In<br />
other words, avoid proposing useless missions<br />
to these volunteer just to keep them busy.<br />
• they are compatible with the search for a job<br />
• Missions should be easily transferable to other<br />
persons, should the unemployed volunteer find<br />
a job. In this sense the best volunteering missions<br />
are projects limited in time or missions involving<br />
team work.<br />
VOlunteering fOr the retired<br />
This is the third area in which Volunteering can facilitate<br />
transition in the lives of seniors without being<br />
the unique solution ensuring a successful retirement.<br />
Transition from active life to retirement is a major<br />
change and therefore quite complex process. The<br />
very words linked to retirement recall contrasting<br />
emotions: work can mean “social success” but it can<br />
also mean “suffering”, retirement can mean “freedom”<br />
but also “loss of social identity”. Much depends<br />
on individual situations, on whether the last years in<br />
activity were successful or not, whether the persons<br />
had others interest and networks than just the ones<br />
provided by the job itself, whether the person has<br />
devised a project for the future or not.<br />
In the transition towards retirement, individual circumstances<br />
and the conditions in which the person<br />
had left work are the most important factors. Many<br />
retired persons experience a feeling of “uselessness”,<br />
of being left behind while life goes on without<br />
them. Even if retirement is perceived in a positive<br />
way, there is a need for period of adjustment, similar<br />
141
forum 6 | schlimbach: ‚youth Volunteers‘<br />
to a process of mourning. Lives structured during 40<br />
years by work, by the rhythms imposed by employment,<br />
by the social contacts work has provided, need<br />
time and generally also support to adjust to changed<br />
circumstances. This support is not systematically<br />
available today.<br />
Volunteering can be one answer in this adjustmentprocess,<br />
but cannot be considered as the unique tool<br />
guaranteeing success. On the contrary, it has to be<br />
part of a more global transition process, one particular<br />
tool in a series of an overall support system that<br />
helps individuals to “re-define and give a new sense<br />
to their lives”. Seniors, who do not go through this<br />
process and jump into volunteering just in order to<br />
fill in a void and give some sense to their lives end up<br />
usually disappointed, disappointing also the organizations<br />
that they were trying to help.<br />
A Flash Barometer survey carried out in Europe in<br />
2008, revealed that 75% of elderly people questioned<br />
before retirement said that they planned to<br />
participate in community or volunteer work. In fact<br />
only 44% did engage in such activities after retirement.<br />
Our experience confirms this tendency. There<br />
is a strong theoretical motivation to engage and be<br />
useful to society, but there is also some fear and reticence<br />
towards engagement. Family circumstances<br />
are often behind this reticence: different retirement<br />
periods for husband and wife, having joint or separate<br />
projects for retirement activities, needing time<br />
to look after grandchildren, etc.<br />
In practical terms, volunteering opportunities for seniors<br />
have to be adapted to the needs of the individual:<br />
Different approaches are necessary for those who<br />
were already engaged in volunteer organizations while<br />
in activity, and for those who discover volunteering<br />
and Volunteer- organizations just after retirement.<br />
We also know that the presence of retired people in<br />
the volunteer sector is quite strong, particularly in<br />
the governance of volunteer organizations. This is a<br />
good thing as the organization can thus benefit from<br />
their experience. Yet this could also become a handicap<br />
if the renewal is not ensured.<br />
So at France Bénévolat we feel that it is most important<br />
to foster an “inter generational” approach in senior<br />
volunteer programs, that ensure transmission<br />
of knowledge but ensure also a turn-over and the<br />
renewal of responsibilities.<br />
142<br />
Tabea Schlimbach<br />
‚yOuth VOlunteers‘: the rOle Of<br />
VOlunteering during the transitiOn<br />
frOM schOOl tO career<br />
In the past decades, besides the huge social relevance<br />
of civic engagement, the focus has also increasingly<br />
shifted to what the volunteers themselves gain<br />
from voluntary work. Above all, young people on the<br />
verge of their professional lives increasingly see voluntary<br />
work as a way of easing the transition. It is<br />
being considered on both a political and a practical<br />
level how volunteering activities can be made more<br />
accessible for young people with fewer opportunities.<br />
For this group in particular, the ‚volunteering‘<br />
learning environment can be an important addition<br />
to formal schooling, or even compensate for it.<br />
The right professional qualification in order to be able<br />
to earn a living and support yourself is one of the four<br />
central development objectives for young people formulated<br />
by Hurrelmann (Hurrelmann 2007: 26 ff.). In<br />
order to achieve this, young people today are faced with<br />
a number of difficult challenges. They can no longer simply<br />
follow a prescribed ‚golden path‘ that guarantees the<br />
successful entry into a certain profession; instead, they<br />
are faced with a multitude of educational and vocational<br />
qualification options whose impact on their future<br />
career is difficult to gauge at their age. In consequence,<br />
the transitionary phases become more extended. On the<br />
one hand, this affects less qualified young people who<br />
have not been successful in the fierce competition for<br />
traineeships, apprenticeships or jobs; on the other, this<br />
also applies to young people wanting to take a bit more<br />
time before settling on a profession, to get to know their<br />
own strengths and weaknesses. The latter often have<br />
high social and educational capital at their disposal, and<br />
generally positive career prospects. In contrast, above<br />
all young people whose educational level does not go<br />
beyond a basic school leaving certificate and young people<br />
from an immigrant background tend to be in a more<br />
precarious situation (risk of lack of qualifications, gaps)<br />
(Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010).<br />
The Deutsche Jugendinstitut panel on transition (Reißig/Gaupp/Lex<br />
2008) has shown that 50% of those with<br />
a basic school leaving certificate hope to start vocational<br />
training immediately after leaving school. However,<br />
only a quarter are successful. Many young people take<br />
part in so-called Übergangssystem interim measures to<br />
bridge the gap, although it must be said that this has
attracted some criticism due to the measures‘ incoherence<br />
and lack of transparency and the fact that they<br />
have little, or sometimes even an adverse effect on<br />
career entry. On the other hand, volunteering is seen<br />
as an important learning environment for young people,<br />
not least because it also meets many of the needs<br />
young people have (a sense of community, interaction,<br />
opportunities to gain qualifications).<br />
So how can volunteering contribute to and have an<br />
influence on these transitions? In order to answer<br />
this question, we should first look at the results of the<br />
‘Freiwilligen Survey’ (volunteering survey): for one<br />
thing, they show that young people are a very active<br />
group with a high growth potential in terms of voluntary<br />
work and a high regard for volunteering. The actual<br />
level of voluntary work carried out by this group,<br />
on the other hand, is slowly but surely declining – due<br />
to other important commitments (including the transition<br />
from school to career), but also due to a heightened<br />
use of new media. However, of the various<br />
volunteer age groups, it is particularly young people<br />
who also see volunteering as having clear benefits for<br />
their own career progression. This does not mean that<br />
altruistic motives are completely irrelevant, on the<br />
contrary, it is simply a response to the ever higher demands<br />
of the vocational training and labour market.<br />
So, how do young people actually benefit from volunteering?<br />
A series of voluntary service assessments<br />
and skills monitoring studies provide some helpful<br />
answers. The German Institute for Social Research<br />
(ISG) has confirmed that volunteering is an important,<br />
career-relevant environment for learning and<br />
orientation (ISG 2006). Results have shown that:<br />
• 70% of participants think that volunteering has<br />
improved their career prospects,<br />
• 40 % think that their voluntary work has contributed<br />
to their professional development (particularly<br />
amongst those who only have a basic<br />
school leaving certificate), and<br />
• 50% think that it enabled them to acquire career-relevant<br />
skills.<br />
A study by Wiebken Düx clearly illustrates the range of<br />
skills volunteers can acquire through their activities. It becomes<br />
obvious that voluntary work has an effect on the<br />
acquisition of skills in all competency areas (Düx 2006).<br />
The statistics regarding post-volunteering career development<br />
also demonstrate the positive effect that vo-<br />
forum 6 | schlimbach: ‚youth Volunteers‘<br />
lunteering has on career prospects. According to these,<br />
six months after the completion of their volunteering<br />
activities, 80% of former volunteers are either at university<br />
or on a vocational training course. However, many<br />
young people who volunteer are qualified beyond a<br />
basic school leaving certificate, either to an intermediate<br />
level (a ‚Realschulabschluss‘) or for university entry.<br />
At 14% (compared to 6% of those with a Realschulabschluss<br />
and 2% of those educated to university entrance<br />
level), the group of those holding a basic school leaving<br />
certificate who are unemployed following a voluntary<br />
placement is significantly overrepresented. They generally<br />
benefit less from the advantages volunteering offers<br />
(accreditation as a pre-university work placement,<br />
official gap year placement or qualification module).<br />
The positive impact volunteering has on young people‘s<br />
career paths is reflected not only in the increased career<br />
prospects and the number of young people continuing<br />
their education or entering professional or vocational<br />
training afterwards, but also in the career choices<br />
young people make after volunteering. A good threequarters<br />
of the young people interviewed in the course<br />
of the ISG study mentioned previously stated that their<br />
voluntary work had directly influenced their career<br />
choice. A third of these (or as many as 50% with a basic<br />
school leaving certificate only) said that they have even<br />
chosen a very similar future profession, and 50% said<br />
that their chosen future profession was in some way<br />
related to the field they had volunteered in.<br />
A study by the Deutsches Jugendinstitut (DJI, German<br />
youth research institute) on skills acquisition<br />
through voluntary work indicates that volunteering<br />
does have a long-term effect on successful career<br />
progression (Düx/Prein/Sass/Tully 2008). According<br />
to the study, young people who have done some<br />
form of voluntary work have a broader range of skills<br />
than non-volunteers in later life (particularly with regard<br />
to organisational and management skills), and<br />
achieve a higher level of education than non-volunteers.<br />
As adults, they are socially better integrated<br />
and more successful in their profession.<br />
Access to volunteering is, as already noted above, strongly<br />
linked to the social resources and cultural stimulation<br />
available in the parental home as well as the individual‘s<br />
personal level of education/qualification. A glance at<br />
the Bildungsbericht 2010, the national report on education,<br />
shows that only 10% of those with a basic school<br />
leaving certificate volunteer. They are therefore significantly<br />
underrepresented in comparison to those with<br />
143
forum 6 | schlimbach: ‚youth Volunteers‘<br />
a Realschulabschluss, and particularly those with a university<br />
entrance certificate (Autorengruppe Bildungsberichterstattung<br />
2010). For more than a decade, various<br />
political initiatives have focused on improving access to<br />
volunteering opportunities. This has resulted in legislative<br />
changes, the increased promotion of young people<br />
with fewer opportunities in existing volunteering organisations<br />
and specific volunteering models which take the<br />
particular needs of young people with fewer opportunities<br />
into account. Prominent examples include the national<br />
programmes Freiwilliges Soziales Trainingsjahr (voluntary<br />
social training year with a success rate of 50% in<br />
terms of social and professional integration, see Braun/<br />
Förster/Kuhnke et al, 2005), and Freiwilligendienste machen<br />
kompetent (‚Get qualified by volunteering‘) which<br />
combine skills teaching with practical work and qualification<br />
modules, as well as social educational support.<br />
Further examples at regional level are the FSJ plus (giving<br />
participants a second chance to gain a Realschulabschluss<br />
certificate whilst volunteering) and the FSJ Focus<br />
(serving professional reorientation and the acquisition<br />
of future social care personnel) programmes in Baden-<br />
Württemberg. The European Voluntary Service actively<br />
pursues a strategy of inclusion and explicitly encourages<br />
young people needing particular support.<br />
The DJI transition panel offers an interesting insight into<br />
the inclusion of young people with fewer opportunities<br />
in volunteering (Reißig/Gaupp/Lex 2008). Only 2.4% of<br />
the respective sample (which consists of a non-representative<br />
group of young people with basic school leaving<br />
certificates from integrated educational courses and,<br />
in part, projects working with those who have dropped<br />
out of school altogether) have done some voluntary<br />
work; 53% of these volunteered of their own accord, and<br />
32% chose this path because they had no other career<br />
prospects. Looking back, more than two-thirds of these<br />
stated that volunteering ‚has done a lot for me‘, only 2%<br />
said that it did not have any positive effects. In comparison<br />
with the sample total, these young people had much<br />
better prospects of starting a vocational training course<br />
or finding employment: 45% of them have started a vocational<br />
training course or apprenticeship, and 12% are<br />
in employment. However, it must also be noted that 14%<br />
of participants had not improved their career prospects.<br />
To summarise, it can be said that on the one hand,<br />
volunteering is potentially very useful for making a career<br />
choice, the acquisition of skills and the transition<br />
into employment; particularly for less qualified young<br />
people. On the other hand, learning in a volunteering<br />
environment must not be viewed as compensation for<br />
144<br />
social inequality; on the contrary, it may even increase<br />
social inequality due to differing access opportunities.<br />
The challenge of providing better access to volunteering<br />
for young people with fewer opportunities whilst also<br />
encouraging this group to consider volunteering more<br />
must be dealt with by removing social barriers such as<br />
age limits and addressing the fact that existing social security<br />
benefits are affected by volunteering, the issue of<br />
‚time wasting‘ (i.e. volunteering as just another way of<br />
filling the transitionary period between leaving school<br />
and starting work) and access restrictions, as well as by<br />
focussing on the best way of approaching disadvantaged<br />
young people, in light of self-selection processes, disinterest<br />
and fears that they would not be able to cope (with<br />
the high demands volunteering places on young people).<br />
At the same time, the discussion on turning volunteering<br />
into a successful career entry tool must also include a<br />
debate on the value of volunteering ‚for volunteering‘s<br />
sake‘. Last, but not least, the expectations of the various<br />
places of assignment and the knowledge of careers advisors<br />
with regard to specific voluntary activities for young<br />
people with fewer opportunities also play a decisive role<br />
in successfully increasing the number of disadvantaged<br />
young people who volunteer.<br />
literature<br />
• Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010):<br />
Bildung in Deutschland 2010. Bielefeld.<br />
• Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend (2009): Hauptbericht des Freiwilligensurveys<br />
2009. Online verfügbar unter http://<br />
www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/3._20Freiwilligensurvey-Haupt<br />
bericht,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,<br />
rwb=true.pdf (letzter Zugriff November 2011).<br />
• Braun, F./Förster, H./Kuhnke, R. (2005): Abschlussbericht<br />
zum Modellprogramm Freiwilliges Soziales<br />
Trainingsjahr. München.<br />
• Düx, W. (2006): Zum Kompetenzerwerb Jugendlicher<br />
im Freiwilligen Engagement. In: Rauschenbach,<br />
T./Düx, W./Sass, E.: Informelles Lernen im<br />
Jugendalter. München.<br />
• Düx, W./Prein, G./Sass, E/Tully, C.J. (2008): Kompetenzerwerb<br />
im freiwilligen Engagement. München.<br />
• Hurrelmann, K. (2007): Lebensphase Jugend. Weinheim.<br />
• ISG (2006): Ergebnisse der Evaluation des FSJ<br />
und FÖJ. Köln/Berlin.<br />
• Reißig, B., Gaupp, N., Lex, T. (2008): Hauptschüler<br />
auf dem Weg von der Schule in die Arbeitswelt.<br />
Übergänge in Arbeit, Band 9. München.
teilnehMerinnen und teilnehMer:<br />
• Annette Riedel (Deutschland Radio Kultur)<br />
• Dr. Heide Mertens (Abteilungsleiterin Politik und<br />
Gesellschaft bei der Katholischen Frauengemeinschaft<br />
Deutschlands, kfd)<br />
• Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg-<br />
Stendal, FB Sozial- und Gesundheitswesen, sachverständiges<br />
Mitglied der Enquete-Kommission<br />
„Bürgerschaftliches Engagement“ des Deutschen<br />
Bundestages 1999-2002)<br />
• PD Dr. Ansgar Klein (Geschäftsführer des <strong>BBE</strong>,<br />
Privatdozent für Politikwissenschaften an der<br />
Humboldt-Universität zu Berlin)<br />
Annette Riedel:<br />
Grauzonen, Vielfalt, Überlappung und Grenzverwischung:<br />
Diese Motive zogen sich durch alle Vorträge,<br />
Arbeitsgruppen und Diskussionen. Folgt daraus, dass<br />
wir eine klarere Definition innerhalb dieser Grauzonen<br />
brauchen und dass dem dann ein klarerer gesetzlicher<br />
Rahmen gegeben werden muss? Oder leben<br />
wir mit den Grauzonen?<br />
Heide Mertens:<br />
Uns bleibt mit Sicherheit nicht viel anderes übrig<br />
als mit der Vielfalt von Biografien und Lebenslagen<br />
zu leben. Aber man sollte die Dinge bewerten und<br />
beim Namen nennen. In der Arbeitsgruppe 7 des <strong>BBE</strong><br />
„Sozialstaat der Zukunft und bürgerschaftliches Engagement“,<br />
wird zurzeit ein Monetarisierungspapier<br />
diskutiert, in dem versucht wird, deutliche Kriterien<br />
der Unterscheidung von Erwerbsarbeit und Engagement<br />
zu benennen. Dabei spielen der Eigensinn des<br />
Engagements, aber auch Fragen wie „kann ich mir BE<br />
leisten?“ oder „bin ich auf eine Entschädigung angewiesen?“<br />
oder auch „darf ich mitbestimmen?“ eine<br />
Rolle. Diese Kriterien führen dazu, dass entschieden<br />
werden kann, ob es sich bei einer Tätigkeit um Engagement/Ehrenamt<br />
handelt oder um Erwerbsarbeit.<br />
So würde auch klarer, ob wir es bei bestimmten Förderprogrammen<br />
mit Engagementförderung oder mit<br />
Beschäftigungspolitik zu tun haben.<br />
abschlusspOdiuM<br />
Annette Riedel:<br />
Reicht denn eine präzisere Benennung?<br />
Roland Roth:<br />
Nein, das wäre Begriffsidealismus. Ordentliche Definitionen<br />
bestimmen nicht die Verhältnisse. Wir müssen<br />
damit rechnen, dass es noch bunter wird und wir<br />
noch mehr riskante Chancen bekommen, getrieben<br />
durch die EU, durch Globalisierungsprozesse, durch<br />
Krisen in öffentlichen Haushalten. Es wird noch viel<br />
bunter werden.<br />
Annette Riedel:<br />
Was folgt daraus für Sie?<br />
Roland Roth:<br />
Wir müssen in der Auseinandersetzung darauf schauen,<br />
wie verändert sich das Verhältnis der verschiedenen<br />
Sektoren – Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Staat – zueinander.<br />
Dabei ist zwischen für Zivilgesellschaft und Engagement<br />
hilfreichen und unterstützenden Einflüssen<br />
und destruktiven Einflüssen zu unterscheiden.<br />
Annette Riedel:<br />
Ist eher die Gesellschaft oder der Gesetzgeber gefragt,<br />
die destruktiven Einflüsse einzufangen und die<br />
konstruktiven zu verstärken?<br />
Roland Roth:<br />
Wir können die positiven Einflüsse stärken, indem wir<br />
mehr Demokratie wagen. Das Demokratie-Thema ist<br />
zentral für die weitere Gestaltung: Es gilt die Perspektiven<br />
und Motive der Engagierten ernst zu nehmen.<br />
Die Engagierten müssen die Chance haben, in ihren<br />
Einsatzorten, Einrichtungen und Projekten etwas aktiv<br />
zu gestalten. Wir wissen aus den Freiwilligensurveys:<br />
Das stärkste Motiv der Engagierten ist, zumindest<br />
im Kleinen, die Gesellschaft gestalten zu können. Das<br />
ist ein genuines Demokratiemotiv. Die Einrichtungen,<br />
in denen Engagierte tätig sind, müssen dafür einen<br />
Raum geben. Hier stellt sich die Demokratiefrage im<br />
Engagementfeld, aber auch für Sozialunternehmen.<br />
Wer vertritt eigentlich die Betroffenen, denen wir<br />
Gutes tun wollen, z. B. im sozialen Bereich? Gibt es<br />
145
Abschlusspodium<br />
genügend Formen der Selbstorganisation? Wissen<br />
wir wirklich, was Betroffene brauchen, oder handeln<br />
die Verbände vor allem bedarfsgerecht im Sinne ihrer<br />
Organisationsinteressen?<br />
Wir sollten uns ein wenig am dänischen Vorbild orientieren.<br />
Programme zur Förderung von Engagement<br />
sollten gleichzeitig einen gewissen Anteil der<br />
Mittel zur Selbstorganisation zur Verfügung stellen<br />
und die demokratische Mitwirkung der Betroffenen<br />
und Engagierten zu einem Qualitätsmerkmal in Einrichtungen<br />
entwickeln. Nur so werden aus den Risiken<br />
Chancen. Was für mich vielleicht eine Chance<br />
ist, ist für den Betroffenen ein Risiko. In dem Sinne<br />
müssen wir es neu aushandeln. Dafür braucht es<br />
nicht nur eine individuelle Flexibilität, sondern auch<br />
flexible Institutionen.<br />
Annette Riedel:<br />
Aus den Freiwilligensurveys geht eindeutig hervor,<br />
dass die entscheidende Forderung sowohl an die<br />
Politik als auch an die Organisationen ist: Gebt uns<br />
Raum, um uns zu organisieren und gebt uns Begleitung<br />
und Expertise, die uns stärkt! Herr Klein, was<br />
sind aus ihrer Sicht Forderungen an die Politik und<br />
an die Organisationen?<br />
Ansgar Klein:<br />
Die Beteiligung von Engagierten in ihren Einrichtungen<br />
ist ein wichtiger Punkt und die Kriterien der Unterscheidung<br />
von Erwerbsarbeit und Engagement, die<br />
Frau Mertens genannt hat, sollten nicht nur rhetorischer<br />
Art sein, sondern auch verbindlich werden. Die<br />
Grauzonen zwischen Erwerbsarbeit und Engagement<br />
sind allerdings eine Realität, die wir nicht weg definieren<br />
können. Freiwilligkeit und ein Bezug auf öffentliche<br />
Angelegenheiten sind als Kriterien des Engagements<br />
unstrittig, aber vor allem die Unentgeltlichkeit ist für<br />
die Einordnung einer Tätigkeit als Erwerbsarbeit oder<br />
Engagement zunehmend in der Diskussion. In diesem<br />
Zusammenhang stellt sich vor allem die Frage einer sozialen<br />
Grundsicherung der Engagierten.<br />
Ein Beispiel dafür, wie freiwillig gewählte kreative<br />
Arbeit mit geringer Bezahlung dennoch mit hinreichender<br />
sozialer Absicherung verbunden werden<br />
kann, ist die Künstlersozialkasse (KSK): Die KSK,<br />
die allerdings nur für bestimmte Bereiche künstlerischen<br />
und publizistischen Handelns in Anspruch<br />
genommen werden kann, ist für Kreativ-Berufe ein<br />
Ausweg aus dem Problem, mit der selbst gewählten<br />
zeitintensiven Tätigkeit zu wenig Geld zu verdienen,<br />
146<br />
um sich z. B. eine Krankenversicherung leisten zu<br />
können. Für selbst gewähltes zeitintensives Engagement<br />
in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen<br />
gibt es nur die Grundsicherung nach Hartz IV. Müssen<br />
wir uns nicht die Frage stellen, ob wir für freiwillige<br />
Tätigkeiten in der Grauzone zwischen Erwerbsarbeit<br />
und Engagement hinsichtlich von Fragen<br />
sozialer Absicherung Handlungsbedarf haben? Diese<br />
Frage stelle ich als langjährig mit Fragen des Engagements<br />
befasster Experte und verlasse damit – das<br />
ist mir durchaus bewusst – den im Bundesnetzwerk<br />
Bürgerschaftliches Engagement (<strong>BBE</strong>) inhaltlich definierten<br />
Handlungskorridor. Die folgenden Überlegungen<br />
sind daher ausschließlich meiner privaten<br />
fachlichen Perspektive geschuldet.<br />
Bei uns ist der Dritte Sektor längst sehr stark durch<br />
ökonomische Imperative geprägt. Fast alle Wohlfahrtsverbände<br />
nehmen die für sie als Zwangslage<br />
erscheinenden Rahmenbedingungen der Ökonomisierung<br />
auf, z. B. wenn Übungsleiterpauschalen<br />
und 400-Euro-Jobs als „Steuersparmodell“ kombiniert<br />
werden. Dienstleistungen, die ganz normal<br />
am Markt bezahlt werden müssten, werden ersetzt<br />
durch neue Modelle. Das ist aus meiner Sicht aber<br />
der falsche Weg. Die umgekehrte Linie wäre, die<br />
Motive der Engagierten ernst zu nehmen, ihnen die<br />
Spielräume geben, ihnen die Mitentscheidung innerbetrieblich<br />
zu ermöglichen.<br />
Der von mir jetzt neu ergänzte Gedanke gilt der Frage,<br />
ob wir nicht bei zeitintensiven Formen des Engagements<br />
den gesetzlichen Rahmen etwa durch<br />
fortentwickelte Versicherungslösungen anpassen<br />
sollten. Bei der KSK z. B. versuchen viele neue Berufsgruppen<br />
vergeblich anerkannt zu werden. In der<br />
Gesellschaft der Zukunft dürfte aber die durch die<br />
KSK im Bereich der Kultur ermöglichte soziale Absicherung<br />
frei gewählter kreativer Arbeit bei prekärer<br />
Finanzierung immer mehr zu einem realen Bestandteil<br />
des Lebens vieler Menschen werden. Wäre das<br />
Modell KSK vielleicht ein Lösungsansatz für Formen<br />
zeitintensiven Engagements?<br />
Wenn wir die Beschäftigungspolitik von Sanktionen<br />
befreien, könnten wir auch zu neuen Bündnissen mit<br />
der Engagementförderung kommen. Dafür braucht<br />
es allerdings eine neue Grundsatzdebatte über die<br />
sozialen Bürgerrechte als Bedingung der Möglichkeit<br />
zivilgesellschaftlicher Aktivitäten. Diese Diskussion<br />
können wir uns nicht ersparen. Man kann nicht<br />
einfach nur proklamieren: „Zivilgesellschaft ist das
Reich der Freiheit und der Autonomie!“ Es muss<br />
auch die Diskussion über die Voraussetzung, Autonomie<br />
wahrnehmen zu können, geführt werden. Da<br />
sind wir dann bei sozialen Bürgerrechten als Voraussetzung<br />
des Engagements. Diese Perspektive sollte<br />
verstärkt ein Thema des zivilgesellschaftlichen Diskurses<br />
werden.<br />
Annette Riedel:<br />
Ich destilliere mal eine Forderung an die Politik heraus.<br />
Versicherungsvarianten müssen so geregelt<br />
sein, dass sie Engagement fördern und nicht im Einzelfall<br />
verhindern?<br />
Heide Mertens:<br />
In unserem Verband, der kfd als dem größten deutschen<br />
Frauenverband, trifft vieles zu, was Prof.<br />
Evers gesagt hat. Wenn man Erwerbstätigkeit von<br />
Frauen in Deutschland kennt, versteht frau, dass<br />
das Thema Rente und Engagement das Hauptthema<br />
unserer Ehrenamtlichen ist. Wir vertreten<br />
in der kfd daher auch ein anderes Rentenmodell,<br />
dass eine „Sockelrente“ als einen ersten Schritt<br />
in Richtung Grundsicherung vorsieht. Bei dem Sockelmodell<br />
handelt es sich um eine grundständige<br />
soziale Sicherheit, vor deren Hintergrund sich die<br />
Engagierten erst frei engagieren können und nicht<br />
sehen müssen, ob sie noch eine Minijobvariante<br />
hin bekommen, damit sie wenigstens ein Zubrot<br />
haben. Wenn ich Eigensinn im Engagement haben<br />
will, brauche ich diese Freiheit im Rücken, die mir<br />
eine gewisse soziale Sicherheit gibt. Für Frauen in<br />
Deutschland war das lange Zeit traditionell über<br />
die Ehe gewährleistet. Gleichstellung von Männern<br />
und Frauen im Lebensverlauf beinhaltet eben<br />
auch eine soziale Sicherheit bei zeitintensivem Engagement<br />
oder in anderen sozialen Tätigkeiten,<br />
wie etwa Familie, Pflege etc. Es darf kein Nachteil<br />
daraus entstehen, wenn ich nicht in regulärer Erwerbsarbeit<br />
meine Existenz sichere und zugleich<br />
mich viele Stunden in der Woche engagiere.<br />
Annette Riedel:<br />
Was ist mit einer veränderten Steuergesetzgebung?<br />
Spielt die in diesem Zusammenhang eine Rolle?<br />
Ansgar Klein:<br />
Wenn wir die steuerrechtliche Lage rund ums Engagement<br />
betrachten, dann gibt es in der Einkommenssteuer<br />
für das Engagement eine interessante<br />
systematische Ausnahme: die so genannte „Übungsleiterpauschale“.<br />
Sie wurde als einkommenssteuer-<br />
abschlusspodium<br />
freie unechte Aufwandspauschale (es wird nicht real<br />
nachgewiesener Aufwand erstattet, sondern eine<br />
Geldpauschale für Zeitaufwand im Engagement gebildet)<br />
bereits dreimal erhöht und liegt mittlerweile bei<br />
2100,- Euro pro Jahr. Erzieltes Einkommen wird hier<br />
also nicht versteuert – ein starker individueller monetärer<br />
Engagementanreiz. Interessanterweise wird bei<br />
Menschen in Hartz IV diese Pauschale teilweise wieder<br />
von den Transferzahlungen der sozialen Grundsicherung<br />
abgezogen, also ausgerechnet dort, wo monetäre<br />
Anreize besonders wirksam werden können.<br />
Die Trägerorganisationen des Engagements sollten<br />
sich ihrerseits die Frage stellen, ob Verbesserungen<br />
(etwa im Bereich der Umsatzsteuer) erforderlich<br />
sind: Da durch Engagement ein ergänzender Beitrag<br />
zur Qualitätsverbesserung öffentlicher Daseinsvorsorge<br />
erfolgt, wäre hier zu prüfen, ob veränderte<br />
steuerliche Rahmenbedingungen bei den Wohlfahrtsverbänden<br />
diesen helfen könnten, verstärkt<br />
als zivilgesellschaftliche Akteure und weniger als<br />
Wirtschaftakteure zu agieren? Welche Bedingungen<br />
müssen für solche auch ökonomisch handelnden Akteure<br />
erfüllt sein, damit sie in die Lage versetzt werden,<br />
gute Träger von Engagement zu sein und den<br />
Eigensinn des Engagements zu wahren? Auch bei<br />
den Vereinen wäre die Frage zu stellen, ob sie bei<br />
wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne ihrer gemeinnützigen<br />
Ziele bessere Rahmenbedingungen benötigen.<br />
Der aktuelle Diskurs über „Sozialunternehmen“<br />
weist auf produktive Zusammenhänge von ökonomischem<br />
Handeln und Gemeingüterproduktion hin.<br />
Es wäre zu prüfen, ob diese Diskussion Hinweise zu<br />
Veränderungsbedarfen etwa in den steuerlichen<br />
Rahmenbedingungen bei Wohlfahrtsverbänden und<br />
Vereinen erbringt.<br />
Annette Riedel:<br />
In Ungarn gibt es die Möglichkeit, die Unternehmenssteuer<br />
bis zu einem bestimmten Prozentsatz<br />
direkt an eine gemeinnützige Organisation zu leisten.<br />
Wäre das auch eine Option?<br />
Roland Roth:<br />
Nicht nur für Unternehmen, sondern auch für mich<br />
als Individuum! Ich würde mir auch wünschen, dass<br />
ich mit einem Teil meiner Steuer Organisationen,<br />
die ich für gesellschaftlich sinnvoll halte, direkt unterstützen<br />
kann. Das Thema hat zwei Seiten. Wir<br />
sind gerade Zeugen der Probleme, die dadurch entstehen,<br />
dass es bei den Steuerquoten ein „race to<br />
the bottom“ gibt, einen ruinösen Wettbewerb in der<br />
147
abschlusspodium<br />
Absenkung der Steuerlast von Vermögen, hohen<br />
Einkommen, Unternehmenssteuer etc. Diese Entwicklung<br />
führt zu einer außerordentlich prekären<br />
Situation, die als Staatsverschuldung und als „Leben<br />
über die Verhältnisse“ diskutiert wird. Mit einer<br />
minimalen Steuererhöhung in einem bestimmten<br />
Bereich könnte man die Probleme aller vom Tisch<br />
schaffen. Es muss über die Einnahmenseite der öffentlichen<br />
Hand ernsthaft nachgedacht werden.<br />
Steuern und die Ausgestaltung der Einnahmen- und<br />
Ausgabenseite müsste als monetarisierte Sicht auf<br />
die Gesellschaft gesehen werden. Dahinter verbirgt<br />
sich die Grundsatzfrage: Welche Gesellschaft wollen<br />
wir eigentlich? Da heute nicht mehr alles über den<br />
Staat geregelt wird, sondern Eigeninitiative, eigenes<br />
Engagement oder soziale Unternehmerschaft eine<br />
steigende Bedeutung einnehmen, sollten entsprechend<br />
auch Teile des Erwerbseinkommens direkter<br />
diesen zivilgesellschaftlichen Aktivitäten steuerlich<br />
gewidmet werden können. Das gehört zu einer demokratischen<br />
Konzeption des Steuerstaats dazu.<br />
Wieso soll übrigens ein Finanzbeamter entscheiden,<br />
was gemeinnützig ist? Es muss einen Sektor geben,<br />
in dem nicht-staatliche Akteure mit verantwortlich<br />
sind für die Verteilung dieser Art steuerlicher Vergünstigungen,<br />
etwa über eine unabhängige Kommission<br />
wie in England. Beim Gemeinnützigkeitsrecht<br />
zeigt sich der Modernisierungsbedarf hin zu mehr<br />
zivilgesellschaftlicher Autonomie überdeutlich.<br />
Heide Mertens:<br />
In Bezug ganz konkret auf die Förderung von Ehrenamt<br />
sind die Menschen nicht mehr sozial abgesichert.<br />
Da ist vor allem unsere Sozialgesetzgebung<br />
von Bedeutung. Wenn ich die Renten- oder Krankenversicherung<br />
sehe, gibt es eine Teilung in private<br />
und gesetzliche Versicherungslösungen bei einer<br />
insgesamt abnehmenden sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigung. D. h. wenn ich dafür sorge, dass<br />
über Beiträge von allen Erwerbstätigen zu den Sozialversicherungssystemen<br />
für alle ein Existenzminimum<br />
garantiert werden kann – nicht nur für die<br />
Vollerwerbstätigen, sondern auch für die, die Kinder<br />
erziehen, die pflegen, und auch für die, die freiwillig<br />
tätig sind –, bin ich auf einer guten Seite und habe<br />
freie, abgesicherte Bürgerinnen und Bürger.<br />
Aber auch die zuwendungsrechtliche Förderung der<br />
Verbände und Vereine als Träger- und Infrastrukturen<br />
des Engagements ist verbesserungswürdig.<br />
Zurzeit haben wir eine Förderung, die zweck- und<br />
projektgebunden über einen Zeitraum von weni-<br />
148<br />
gen Jahren geht. Große Vereinen und Verbände, die<br />
nachweislich gute Arbeit leisten, bekommen nichts<br />
mehr pauschal gefördert (z. B. für ihre verbandliche<br />
Bildungsarbeit). Wir könnten viel innovativer<br />
agieren, wenn beispielsweise unsere Bildungsarbeit<br />
pauschal gefördert würde. Aber das geschieht<br />
nicht mehr. Förderkriterium ist vor allem, ob das<br />
zuständige Ministerium einen Mehrwert durch die<br />
Förderung erkennen kann. Warum wird, ein anderes<br />
Beispiel, das Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches<br />
Engagement, in dem sich die Verbände nach ihren<br />
Interessen vernetzen können, nicht zumindest<br />
grundständig dabei gefördert, diese wichtige Vernetzungsarbeit<br />
zu leisten, sondern die Förderung an<br />
wie immer geartete politische Klippen geknüpft?<br />
Ansgar Klein:<br />
Wir sprechen jetzt einerseits über Sozial- und Steuerpolitik<br />
und andererseits über Infrastrukturpolitik.<br />
Es wurde in mehreren Workshops dieser Tagung die<br />
Steuerpolitik erörtert. Im Rahmen des Gemeinnützigkeitsrechts<br />
als Steuerprivileg haben wir historisch<br />
gewachsene Privilegien. Den staatlichen Einzug von<br />
Steuerbeträgen, die auf Wunsch der betroffenen Steuerzahler<br />
an eine bestimmte Organisation gehen, finden<br />
wir in Europa etwa in Ungarn oder in Polen. In Deutschland<br />
kennen wir diese Praxis begrenzt auf den Rahmen<br />
der Kirchensteuer. Eine Möglichkeit wäre: Wer keine<br />
Kirchensteuer zahlen möchte, zahlt einen entsprechenden<br />
Beitrag an gemeinnützige Organisationen.<br />
Die Frage, die sich mit Blick auf das Thema Sozialunternehmen<br />
steuerrechtlich stellt, ist: Sollte es über die<br />
Gemeinnützigkeit weitere Erleichterungen der Arbeit<br />
für wirtschaftlich handelnde gemeinnützige Akteure<br />
geben, die deren Trägerfunktion für das Engagement<br />
stärken? Die Frage sollte man durchaus auch ökonomisch<br />
und betriebswirtschaftlich erörtern, aber am<br />
Ende eher soziologisch und gesellschaftspolitisch unter<br />
Anerkennung der Unterschiede zwischen Profitorientierung<br />
und Nonprofit-Aktivitäten beantworten.<br />
Da dürfte es aus der Wirtschaft sofort Kritik geben.<br />
Jedes Privileg wird dort ausschließlich nach ökonomischen<br />
Standards bewertet. Die Frage ist, ob es gelingt,<br />
einen sozialunternehmerischen Bestandteil der<br />
Ökonomie eher der Zivilgesellschaft zuzuordnen und<br />
dessen Rahmenbedingungen fortzuentwickeln.<br />
Annette Riedel:<br />
Ein schönes Stichwort aus den Arbeitsgruppen war,<br />
dass bürgerschaftliches Engagement letztendlich die<br />
Schnittmenge sein kann zwischen den drei Sektoren
Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Es wurde<br />
aus einer Arbeitsgruppe aber auch formuliert, dass<br />
es hier keine Schnittmenge gibt, sondern bloß ein<br />
Trümmerfeld. Was kann Politik, was können die Akteure<br />
und die Organisationen aus Ihrer Sicht leisten,<br />
dass aus dem Trümmerfeld eine Begegnungsmöglichkeit,<br />
eine echte produktive Schnittmenge wird?<br />
Roland Roth:<br />
Es gibt ein paar Grundforderungen, die man in der<br />
Auseinandersetzung mit der sogenannten „nationalen<br />
Engagementstrategie“ deutlich artikuliert hat.<br />
1. Es gibt eine Missachtung des Eigensinns dieser Zivilgesellschaft<br />
von außen. Die Politik hält das für einen<br />
Verschiebebahnhof, mit dem man instrumentell<br />
umgehen kann, wie man will. Bestimmte Gruppen<br />
werden privilegiert, Ansätze werden hervor gehoben<br />
und andere haben keine Chance. Ergebnis ist<br />
eine staatlich administrierte Zivilgesellschaft, die in<br />
der Kritik am britischen „Dritten Weg“ unter New Labour<br />
„manufactured civil society“ genannt wurde.<br />
2. Die Zivilgesellschaft selbst hat offensichtlich ein nur<br />
sehr begrenztes Interesse an gemeinsamen Organisationen<br />
und gemeinsamer Artikulation und ist wenig<br />
organisationsfähig jenseits der korporatistischen Beteiligungsnetzwerke,<br />
die aber auch nicht mehr sonderlich<br />
erfolgreich sind. Diese Selbstorganisationsschwäche<br />
der Zivilgesellschaft gilt es zu überwinden.<br />
Anette Riedel:<br />
Ist das eine Schwäche?<br />
Roland Roth:<br />
Natürlich! Ich bin selber Mitglied im <strong>BBE</strong>! Diese trisektorale<br />
Phantasie ist aus meiner Sicht eher eine<br />
Schwäche. Wir brauchen einen eigenständigen zivilgesellschaftlichen<br />
Sektor mit eigener Stimme. Ich<br />
verstehe nicht, warum man nicht genug Geld zusammen<br />
bekommt, um eine Lobby der Zivilgesellschaft<br />
zu gründen, um Leute zu finanzieren. Alle Akteure<br />
der Zivilgesellschaft müssten ein Interesse haben,<br />
ein Sprachrohr zu stützen, das unabhängig sein kann<br />
und nicht nach dem Gutdünken eines ministeriellen<br />
Referatsleiters bezahlt oder nicht bezahlt wird. Das<br />
ist kein Vorwurf an das <strong>BBE</strong>, sondern ein Vorwurf an<br />
uns, die wir das Zivilgesellschaftliche so hoch halten,<br />
dass wir uns da viel zu wenig zutrauen. Wir sind viel<br />
zu lange und viel zu stark Kostgänger staatlicher Vergünstigungen<br />
oder Benachteiligungen. Das ist ein<br />
Teil des mangelnden Selbstbewusstseins. Wir sorgen<br />
abschlusspodium<br />
zu wenig dafür, dass die Kraft, die in den Engagierten<br />
steckt, politisch wirksam wird. Da braucht man mehr<br />
Protest, mehr Initiative und Selbstorganisation, als<br />
wir gegenwärtig haben.<br />
Annette Riedel:<br />
Vom Trümmerfeld zur Schnittmenge?<br />
Heide Mertens:<br />
Der Eigensinn und die Leidenschaft treibt die Engagierten<br />
um. Im ersten Moment interessiert sie auch<br />
gar nicht, ob sie dafür eine Förderung oder später<br />
einen Job bekommen. Entsprechende Nachweise im<br />
Ehrenamt hat die kfd immer befürwortet, auch wenn<br />
sie teilweise politisch darauf zielen, Menschen ohne<br />
Chancen am Arbeitsmarkt in den Arbeitsmarkt zu integrieren.<br />
Es geht nicht darum, eine leidenschaftlich<br />
oder lebenslang Engagierte im Rahmen eines 400-Euro-Jobs<br />
als Hilfserzieherin bei der Nachmittagsbetreuung<br />
in den Grundschulen einzusetzen, wie dies zurzeit<br />
in NRW geschieht. Es sollte vielmehr den Engagierten<br />
ermöglicht werden, bei veralteter Berufausbildung<br />
durch Nachqualifikationen beruflich auch eine Ebene<br />
höher einzusteigen, z. B. als Leiterin eines Mehrgenerationenhauses,<br />
als Pflegedienstleiterin etc. und nicht<br />
immer ganz unten. Im Dienstleistungsbereich werden<br />
Frauen aber leider dort gerne gesehen. Es muss ein<br />
echter Übergang geschaffen werden zwischen Zivilgesellschaft<br />
und privatem Sektor, der das Engagement<br />
auch anerkennt und letztendlich auch für Qualifikation<br />
bezahlt.<br />
Ansgar Klein:<br />
Zum einen ist die Frage spannend, wo wir mit unserer<br />
zivilgesellschaftlichen Kooperationskultur in<br />
Deutschland stehen. Instruktiv dafür sind Erfahrungen<br />
aus dem Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches<br />
Engagement. Das <strong>BBE</strong> hatte 2010 Austritte einiger<br />
großer Verbände. Dabei wurde von einem Verband<br />
intern das Argument vorgetragen, dass das <strong>BBE</strong> „zu<br />
gut“ arbeite. Aus dieser Sicht hat das <strong>BBE</strong> bereits<br />
zu viel Einfluss gewonnen. Das ist für einige große<br />
Verbandsakteure schon deswegen irritierend, weil<br />
in einem Netzwerk jede Organisation, ob groß oder<br />
klein, nur eine Stimme hat. Ein anderer der ausgetretenen<br />
Verbände argumentiert, dass gewählte<br />
Gremien in einem Netzwerk generell nicht akzeptabel<br />
seien. Hier stellt sich unmittelbar die Gegenfrage<br />
nach der Vernetzungs- und Kooperationsbereitschaft.<br />
Natürlich muss darauf hingewiesen werden,<br />
dass ein Netzwerk wie das <strong>BBE</strong> insbesondere eine<br />
Kooperations- und Fachplattform ist und dass große<br />
149
abschlusspodium<br />
Verbände ihre eigenen Interessen natürlich weiterhin<br />
vertreten müssen. Es ist aus meiner Sicht allerdings<br />
ein deutlicher Mehrwert, wenn gemeinsame<br />
Problemstellungen, aber auch gemeinsam tragfähige<br />
Lösungen für Probleme in solchen Vernetzungsstrukturen<br />
sondiert und vorbereitet werden können.<br />
Das Beispiel macht allerdings auch deutlich, dass zivilgesellschaftliche<br />
Vernetzung nicht in macht- und<br />
interessenfreien Räumen erfolgt. Der Einbezug von<br />
Staat/Kommunen und Unternehmen/Gewerkschaften<br />
in eine solche Vernetzung macht – wie auch die<br />
Diskussion dieser Veranstaltung deutlich macht –<br />
aus meiner Sicht durchaus Sinn. Mit dem „Bündnis<br />
für Gemeinnützigkeit“ gibt es in Deutschland den<br />
Versuch, den großen Dachverbänden des Dritten<br />
Sektors eine gemeinsame Lobby-Plattform zu geben.<br />
Doch das dort angewandte Einstimmigkeitsprinzip<br />
von Entscheidungen hat bislang den Einfluss dieser<br />
Plattform erheblich beschränkt. Die Regeln und die<br />
Praxis der Kooperationskultur zu verbessern, ist eine<br />
erst begonnene Aufgabe.<br />
Für den möglichen welfare-mix der Zukunft ist es<br />
sicher von großer Bedeutung, dass hierzulande der<br />
Dritte Sektor von einer zunehmenden Engführung<br />
auf ökonomische Imperative befreit und wieder<br />
stärker für eine zivilgesellschaftliche Handlungslogik<br />
geöffnet wird. Wenn verschiedene Handlungslogiken<br />
im welfare-mix aufeinandertreffen, so müssen<br />
sie dennoch in ihrer eigenständigen Bedeutung erkennbar<br />
bleiben. Wenn die Mischung im Dritten Sektor<br />
vom Markt dominiert wird, ist diese Missachtung<br />
bitter für die Zivilgesellschaft.<br />
Annette Riedel:<br />
Lässt sich diese Entwicklung aufhalten?<br />
Ansgar Klein:<br />
Dass es Grenzen der Marktlogik gibt, ist eine Feststellung,<br />
die in Zeiten der aktuellen Weltfinanzkrise<br />
nicht mehr so stark begründungswürdig ist, wie sie<br />
es zu Hochzeiten der neoliberalen Idee war. Jede<br />
Idee einer Grenze der Marktlogik galt noch bis vor<br />
kurzem als verdächtig. Jetzt hält der Finanzmarkt<br />
nach 20 Jahren solcher Ideenverbreitung, bei uns<br />
Steuerbürgern die Hand auf, um von uns und den<br />
Staaten riesige Beträge zur Absicherung ihrer spekulativen<br />
Defizite zu verlangen. Diese Situation<br />
erfordert es, nicht nur Grenzen der Marktlogik anzuerkennen,<br />
sondern zugleich auch die Rolle der<br />
zivilgesellschaftlichen Handlungslogik neu zu würdigen.<br />
Als Transfer- und Bindeglied gilt es in diesem<br />
150<br />
Zusammenhang auch das Thema der sozialen Bürgerrechte<br />
neu zu definieren.<br />
Es geht um Diskurse mit mittel- und langfristiger<br />
Perspektive. Ohne das Zwischenstück der sozialen<br />
Bürgerrechte und der Grundsicherung werden wir<br />
die Verbindung zwischen Zivilgesellschafts-, Markt-,<br />
und Staatslogik auf Dauer nicht herstellen können.<br />
Der Staat muss für die sozialen Bürgerrechte sorgen.<br />
Dann sind die Bürger auch in der Lage, sich<br />
ohne monetäre Interessen zu engagieren. Dann<br />
können wir auch gute Mischungen stärker ins Feld<br />
bringen, die nicht nur von der Not diktiert sind, die<br />
auf echter Freiwilligkeit basieren und nicht aus der<br />
Not oder Sanktionen entstehen. Davon müssen wir<br />
wegkommen! Das ist letztlich eine große Herausforderung<br />
auch für die europäische Politik. Europa hat<br />
das Potenzial für eine europäische Engagement- und<br />
Zivilgesellschaftspolitik. Die angesprochenen Fragen<br />
spielen dort hinein.<br />
Annette Riedel:<br />
Nicht der Staat muss für die sozialen Bürgerrechte<br />
sorgen, sondern die Bürger! Die Stichworte „Zugang<br />
ermöglichen“ und „Raum schaffen“ möchte ich noch<br />
mal aufgreifen. Engagement wird ermöglicht, wenn<br />
bestimmte Voraussetzungen vorhanden sind. Ein Jugendlicher,<br />
der sich engagieren will, wird Wege finden.<br />
Aber wer ist da in der Pflicht, um Jugendliche<br />
auf die Idee zu bringen, sich zu engagieren?<br />
Roland Roth:<br />
Die Idee, sich zu engagieren, ist bei den Kindern und<br />
Jugendlichen durchaus zu finden. Wir haben für ZDF-<br />
Logo eine Studie gemacht, die zeigt, dass wir aktuell<br />
zu 60 bis 65 Prozent Verhandlungsfamilien haben.<br />
Kinder und Jugendliche wachsen heute in Familien<br />
auf, die ihnen zu zwei Dritteln vermitteln und erfahrbar<br />
machen, dass sie was zu sagen haben und mitgestalten<br />
können. Das ist eine Mitgift des sozialen<br />
Wandels. Wir haben nicht mehr überwiegend autoritäre<br />
Familienstrukturen. Die gibt es noch stark am<br />
unteren und oberen Ende der sozialen Skala, aber<br />
nicht mehr so stark in der großen Breite. Wir wissen<br />
genau, dass diese Kinder und Jugendliche gerne<br />
mitreden würden im Kindergarten, in der Schule und<br />
später in der Gemeinde. Dazu bekommen sie aber<br />
noch zu wenig Angebote und zu wenig Chancen. Die<br />
Schulen müssen sich beispielsweise für Partizipation<br />
viel stärker öffnen. Wir haben immer noch viel<br />
zu viele Anstaltsschulen mit einer Belehrungskultur!<br />
Das ist anachronistisch.
Annette Riedel:<br />
Wie können sich die Schulen auch zeitlich mehr für<br />
Engagement öffnen, ohne das die Kinder und Jugendlichen<br />
dann zehn Stunden in der Schule sind?<br />
Roland Roth:<br />
Wir haben noch keine repräsentativen empirischen<br />
Studien darüber, wie die Konzeption Ganztagsschule<br />
insgesamt umgesetzt wurde. Aber wir haben<br />
Schulen, die sich geöffnet haben für Vereine und<br />
Initiativen und die am Nachmittag vieles machen.<br />
Es gibt die Chance, dass sich Schulen für lokale Bildungslandschaften<br />
öffnen. Man kann auch aus Problemschulen<br />
in Problemquartieren wunderbare<br />
Einrichtungen machen. Das zeigt dasen Beispiel „Ein<br />
Quadratkilometer Bildung“ in Neukölln, ein Projekt,<br />
das u. a. aus der brüchtigten Rütlischule eine Vorzeigeeinrichtung<br />
gemacht hat. Die sind aber leider<br />
die Ausnahme. Zehn Prozent der befragten Schüler<br />
gaben an, die Erfahrung in der Schule gemacht zu<br />
haben, etwas zu sagen zu haben. Eigentlich wollen<br />
Schülerinnen und Schüler aber zu achtzig Prozent etwas<br />
zu sagen haben.<br />
Heide Mertens:<br />
Deutschland befindet sich in einem Umbruch, der<br />
in Frankreich oder Schweden schon passiert ist, im<br />
Umbruch zur Ganztagsschule. Gleichzeitig wird die<br />
Erkenntnis durch die Freiwilligensurveys gestützt,<br />
dass ein entscheidendes Kriterium für ein lebenslanges<br />
Engagement das Engagement in der Jugend<br />
ist. Die heutige Jugend ist hierzulande im starkem<br />
Maße im religiösen Bereich engagiert, z. B. als<br />
Messdiener. Die Jugendlichen haben in der Ganztagsschule<br />
kaum noch Zeit, um an außerschulischen<br />
Nachmittagsveranstaltungen teilzunehmen, weil sie<br />
in der Schule sind. Wie das aufgebrochen werden<br />
kann, muss man sich noch überlegen. Lebenslanges<br />
Engagement hängt schon auch mit der Bindung an<br />
Vereine und Verbände zusammen, auch wenn sich<br />
die Bindung im Laufe des Lebens ändert.<br />
Aus dem Publikum: Prof. Theo Wehner, TH Zürich:<br />
Ich würde gerne noch einmal auf die beiden Begriffe<br />
des Tagungsmottos zurück kommen, nämlich auf Engagement<br />
und Erwerbsarbeit. Wir haben uns viel mit<br />
dem Engagement beschäftigt und dem Reflex auf die<br />
Erwerbsarbeit. Das ist letztlich das Spannungsfeld.<br />
Was sagt uns die Engagementförderung, egal ob sie<br />
vermarktlicht oder verberuflicht wird, für die Neugestaltung,<br />
für eine Rehumanisierung des Arbeitslebens?<br />
Dazu habe ich in den Diskussionen wenig bis<br />
abschlusspodium<br />
nichts gehört. Deshalb würde ich gerne in die Utopie<br />
ausweichen. Frau Mertens hat gesagt, notwendig<br />
für das Engagement ist soziale Absicherung, die sie<br />
eigentlich in einer Grundrente sieht. In der Schweiz<br />
gibt es das unter dem Begriff „erste Säule“. Das ist<br />
eine gute Voraussetzung. Wenn man diesen Gedanken<br />
weiter führt, dann kommt man zu einem Kulturimpuls<br />
des bedingungslosen Grundeinkommens.<br />
Wenn wir das mit einem Rekurs auf die Erwerbsarbeitsgesellschaft<br />
machen, dann können wir über<br />
Steuererleichterungen und Sozialkassen nachdenken.<br />
Aber ich würde immer auch nach vorne denken<br />
wollen. Seit Thomas Morus gibt es die Idee des bedingungslosen<br />
Grundeinkommens. Wir bekommen<br />
auch die Bürgerrechte umsonst und warum nicht<br />
auch ein Existenzrecht. Wir sollten über die Abwertung<br />
des bedingungslosen Grundeinkommens durch<br />
die Politik und viele Bürger nachdenken. Wir wissen<br />
aus der Engagementforschung und -gestaltung, dass<br />
die Bürger gerade nicht alle in der Hängematte liegen<br />
würden. Sie würden gerne arbeiten und sich zudem<br />
noch engagieren. Wie sehen Sie das?<br />
Annette Riedel:<br />
Brauchen wir ein bedingungsloses Grundeinkommen?<br />
Roland Roth:<br />
Ich bin seit den 1980er Jahren ein glühender Verfechter<br />
dieser Idee. Der Teufel steckt jedoch in den<br />
Details der Ausgestaltung, nicht zuletzt in der Höhe<br />
des Grundeinkommens. Ich wollte noch mal auf die<br />
Anmerkung reagieren, dass soziale Bürgerschaft<br />
sich die Bürger untereinander gewähren und nicht<br />
der Staat. Die Situation ist, dass der Staat von der<br />
Bürgerschaft finanziert wird, also nichts aus eigener<br />
Kraft tut, sondern Aufgaben im Auftrag der Bürger<br />
erledigen soll. Die Grundüberlegung sozialer<br />
Bürgerschaft ist, wie wir die soziale Teilhabe aller<br />
garantieren können und was wir dafür bereit sind<br />
zu tun.<br />
Soziale Inklusion war der zentrale Ausgangspunkt<br />
des Nachkriegssozialstaatsmodells. Wie können wir<br />
dies heute angesichts all der Unsicherheiten und Risiken<br />
garantieren? Was sollten wir uns wechselseitig<br />
als Bürger garantieren? Es gibt große Widerstände<br />
von der Seite, die sagt, „work first!“: Nur wenn<br />
man arbeitet, bekommt man auch diese Garantie.<br />
Die unternehmerische Seite möchte eine solche<br />
Grundsicherung vermeiden, weil sonst der Druck<br />
und die Arbeitsanreize weg fallen. Für mich sind das<br />
vorsintflutliche Einwände. Die Leute wollen ganz<br />
151
abschlusspodium<br />
überwiegend arbeiten, sich engagieren und haben<br />
Perspektiven. Wir müssen wieder über etwas ganz<br />
Altmodisches nachdenken: über Wirtschaftsdemokratie.<br />
Wie kann Wirtschaft so organisiert sein,<br />
dass die vorhandenen Engagementmotive auch die<br />
Chance haben, in der Arbeit gelebt zu werden. Welche<br />
Art von Wirtschaftsverfassung in den Betrieben<br />
brauchen wir dazu? Kluge weltweite Unternehmen<br />
versuchen mit ganz interessanten Modellen, die Initiativen,<br />
Ideen und das Engagement ihrer Beschäftigten<br />
zum Zuge kommen zu lassen.<br />
Ansgar Klein:<br />
Viele haben in dieser Veranstaltung auch über bedingungsloses<br />
Grundeinkommen insofern nachgedacht,<br />
dass die Wegnahme der Sanktionen aus der<br />
Arbeitsmarktpolitik den Raum für freiwilliges und<br />
motiviertes Engagement öffnen würde. Das wäre<br />
dann bereits eine bedingungslose Grundeinkommenssituation.<br />
Die Sanktionen werden nur mit der<br />
Philosophie begründet, das „work first“ der Fall sein<br />
muss. Da wäre eine wahrlich bedeutende Debatte zu<br />
führen. Ich halte diesen Schritt für erforderlich.<br />
Annette Riedel:<br />
Das könnte auch ein Signal sein, dass von dieser Konferenz<br />
ausgeht: Weg mit den Sanktionen aus der Arbeitsmarktpolitik?<br />
aus deM publikuM:<br />
Bernhard Jirku, verdi<br />
Der Existenzsicherungsbedarf eines Kindes liegt je<br />
nach Wohnsituation und je nach Mehrbedarfen zwischen<br />
400,- und 1000,- Euro. Hinzukommen die Kosten<br />
der Gesundheitsvorsorge und -versorgung, der<br />
öffentlichen Daseinsvorsorge und der Infrastruktur,<br />
wie Kitas und Schulen. Je nach Bundesland betragen<br />
diese Kosten 1000,- bis 3000.- Euro. Es handelt sich<br />
also um eine weit gefächerte, sehr differenzierte<br />
Landschaft, die nicht pauschaliert dargestellt werden<br />
sollte.<br />
Ein Mehrbedarf an Kitas muss über Steuermittel<br />
finanziert werden. Aber Deutschland ist ein Niedrigsteuerstaat.<br />
Wir brauchen professionell ausgebildete<br />
Erzieher,innen und Erzieher die gute Elternarbeit<br />
und gute Arbeit in den Kitas leisten. Das Gleiche<br />
gilt für die Ganztagsschulen. Es ist überhaupt nicht<br />
einzusehen, das Musik- oder Kunstlehrerinnen und<br />
-lehrer, die nachmittags an den Schulen unterrichten<br />
und eine gute und professionelle Arbeit mit den Kin-<br />
152<br />
dern machen, nicht anständig bezahlt werden. Das<br />
Gleiche gilt für die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse<br />
im Bereich der sozialen Dienstleistungen<br />
unter dem Titel „ehrenamtliches Engagement“. Wir<br />
brauchen gute und bessere soziale Dienstleistungen,<br />
die angemessen bezahlt werden. Dafür werden Einnahmen<br />
gebraucht. Das Problem ist, dass wir immer<br />
weniger Einnahmen haben. Deswegen frisst sich diese<br />
graue Zone überall herein. In den normalen Arbeitsmärkten<br />
haben wir prekäre Arbeitsverhältnisse<br />
und nennen sie „graue Zone“. Das kann nur gelöst<br />
werden über Mehreinnahmen, die in soziale Dienstleistungen<br />
investiert werden.<br />
Annette Riedel:<br />
Konferenzen wie diese könnten dazu dienen, dass<br />
man sich über solche Lebensentwürfe in ihrem Facettenreichtum<br />
austauscht. Ich wünsche mir, dass<br />
diese Themen und der Austausch noch stärker von<br />
Vertreterinnen und Vertretern der drei Sektoren<br />
unserer Gesellschaft diskutiert werden, damit man<br />
nicht nur unter sich bleibt.<br />
Ansgar Klein:<br />
Einen Befund würde ich gerne noch einbringen. In<br />
einem neu erschienen Artikel hat Thomas Olk im<br />
„Handbuch bürgerschaftliches Engagement“ zum<br />
Begriff Bürgerschaftliches Engagement nicht nur<br />
die politische Dimension bürgerschaftlichen Engagement<br />
stark gemacht, sondern auch die auf Gemeingüter<br />
und öffentliche Güter bezogene Dimension.<br />
Welche öffentlichen Güter braucht unsere<br />
Gesellschaft als gute Gesellschaft und wie können<br />
die Sektoren jeweils dazu beitragen? Gemeingüter<br />
als Orientierungspunkt für bürgerschaftliches Engagement,<br />
für den welfare-mix und für Kooperationen<br />
der Sektoren miteinander – das ist eine tiefgründige<br />
Fragestellung, die weiterer Diskussionen<br />
bedarf.<br />
Am Ende unserer Diskussion und der gesamten Veranstaltung<br />
angelangt, sage ich im Namen der Veranstalter<br />
Danke. Danke, dass sie uns mit ihren Diskussionen<br />
bereichert haben! Die Diskussionen können<br />
hier nicht zu Ende sein. Wir haben gestern und heute<br />
an einem Schnittstellenthema gearbeitet, das für die<br />
Zukunft der Gesellschaften, für gute Engagementförderung<br />
und für ihr Verhältnis zur Arbeitsmarkt- und<br />
Beschäftigungspolitik von zentraler Bedeutung ist.<br />
Ich hoffe, dass diese Veranstaltung einen Beitrag<br />
zumindest zur Präzisierung wichtiger Fragen hat leisten<br />
können.
participants:<br />
• Annette Riedel (Deutschland Radio Kultur)<br />
• Dr. Heide Mertens (Abteilungsleiterin Politik<br />
und Gesellschaft bei der Katholischen Frauengemeinschaft<br />
Deutschlands, kfd)<br />
• Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg-<br />
Stendal, FB Sozial- und Gesundheitswesen,<br />
sachverständiges Mitglied der Enquete-Kommission<br />
„Bürgerschaftliches Engagement“ des<br />
Deutschen Bundestages 1999-2002)<br />
• PD Dr. Ansgar Klein (Geschäftsführer des <strong>BBE</strong>,<br />
Privatdozent für Politikwissenschaften an der<br />
Humboldt-Universität zu Berlin)<br />
Grey areas, diversity, overlapping and blurring of<br />
boundaries: These subjects ran like a continuous<br />
thread through all the presentations, working groups<br />
and discussions of the conference. The concluding<br />
podium took up the positive and negative aspects<br />
of the overlapping and blurring of boundaries between<br />
volunteering and paid work, and on this basis<br />
discussed further questions: What does this mean<br />
for labour market and employment policy? What<br />
demands must be made on the policy? How must<br />
civil organisations and networks and social enterprises<br />
organise themselves in order to shape the participation<br />
potential with regard to volunteering and<br />
gainful employment? Must the legal frameworks be<br />
developed further?<br />
From the given range of biographies and life situations,<br />
it would be almost essential to identify clear<br />
criteria for the distinction between paid work and<br />
volunteering. Such criteria would also have a political<br />
implication, because it would be clearer whether<br />
certain funding programmes are aimed at volunteering<br />
or constitute employment policy measures. For<br />
the volunteering policy, it was also important to take<br />
the perspectives and motives of involved people seriously.<br />
Those involved must have the opportunity<br />
to take an active part in the organisation and design<br />
of their locations, facilities and projects.<br />
cOncluding pOdiuM<br />
On the basis of this general assessment, the problems<br />
of the political and economic conditions of<br />
the third sector were identified and discussed. The<br />
third sector has long very strongly influenced by<br />
economic imperatives. Almost all welfare associations<br />
would accept that economizing conditions<br />
of their predicament, for example if trainers’ allowances<br />
and € 400 jobs are combined as a “taxsaving<br />
model”. Services that would normally have<br />
to be paid for on the market would be replaced by<br />
new hybrid models. The focus should be placed instead<br />
on the motives of those involved. Problems<br />
raised in this context included those involved in<br />
social security, as well as the tax conditions for<br />
sponsor organisations. Since such voluntary work<br />
resulted in an additional contribution to improving<br />
the quality of public services of general interest,<br />
incentives should also be created here, so that the<br />
welfare associations could act more like civil actors<br />
and less like economic actors. Overall, this would<br />
require a fundamental debate on social civil rights<br />
as a condition for the possibility of civil society activities,<br />
especially in view of an increasingly punitive<br />
employment policy. In this sense, it would require<br />
an independent civil society sector with its own<br />
voice. All actors of this civil society would have to<br />
have an interest in supporting a umbrella organisation<br />
which can be independent and is not dependent<br />
on political goodwill. Improving the rules and<br />
the practice of the cooperation culture was a task<br />
which had only just been started.<br />
With regard to the readiness for volunteering, the<br />
participants pointed out that the idea of becoming a<br />
volunteer is very popular among children and young<br />
people. Children and young people wanted to shape<br />
their future, although they still had too little facilities<br />
and opportunities to do so. Schools for example<br />
would have to open themselves up much more for<br />
participation and integrate themselves into the local<br />
educational environment.<br />
Finally it was discussed to what extent an unconditional<br />
basic income would open the way for voluntary<br />
153
concluding podium<br />
and motivated commitment. Subject to the condition<br />
of an active working society, consideration was<br />
given to tax concessions and social funds. Over the<br />
course of the entire conference, it was repeatedly<br />
emphasised that more comprehensive social support<br />
was necessary for such volunteering, together<br />
154<br />
with the removal of sanctions from labour market<br />
policy. This in turn would be an unconditional basic<br />
income situation. It was also known from volunteering<br />
research and planning that most citizens would<br />
in this case not simply sit back and relax, but would<br />
be happy to work and also become a volunteer.
anhang/attachMent<br />
155
autOrinnen und autOren/cOntributOrs<br />
autorinnEn und autorEn<br />
Dr. Henning Arp, Leiter der Regionalvertretung der<br />
Europäischen Kommission in München.<br />
Birgitte Brekke studierte Rechtswissenschaften und<br />
ist seit 2006 Generalsekretärin von Frivillighet Norge,<br />
dem Zusammenschluss von NGOs in Norwegen. Zuvor<br />
war sie im norwegischen Justizministerium, in der norwegischen<br />
Agentur für Entwicklungshilfe und Kooperation<br />
(NORAD) sowie für eine Gewerkschaft tätig.<br />
Dr. Rosario Costa-Schott ist zertifizierte Freiwilligenmanagerin<br />
und Dipl.-Wirtschaftsgeographin, gründete<br />
und leitet die „FreiWilligenManagement ConSult<br />
Beratung & Fortbildung & Projektmanagement” in<br />
München und ist freiberuflich tätig.<br />
Prof. Dr. Adalbert Evers ist Professor für vergleichende<br />
Gesundheits- und Sozialpolitik an der Justus-<br />
Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte<br />
sind u.a. Theorie des Sozialstaates und der<br />
Sozialpolitik, Dritter Sektor und Zivilgesellschaft, persönliche<br />
soziale Dienstleistungen im internationalen<br />
Vergleich, Governance-Konzepte, Partizipation und<br />
bürgerschaftliches Engagement.<br />
Dr. Stephan Grohs ist als wissenschaftlicher Assistent<br />
am Lehrstuhl für vergleichende Policy-Forschung und<br />
Verwaltungswissenschaft an der Universität Konstanz<br />
tätig. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre<br />
sind kommunale Sozialpolitik und Dritte-Sektor-Forschung,<br />
Verwaltungsmodernisierung und vergleichende<br />
Verwaltungswissenschaft.<br />
Rainer Höll leitet seit 2010 die Fellow-Entwicklung bei<br />
Ashoka Deutschland. Er berät dort Social Entrepreneurs<br />
zu Wachstumsstrategien, Finanzierungsmöglichkeiten<br />
und Wirkungsmessung.<br />
Marc-Axel Hornfeck, Leiter des Referats 311 im BM-<br />
FSFJ. Der Aufgabenbereich des Referats umfasst<br />
Grundsatzfragen der Engagementpolitik, Stärkung<br />
der Zivilgesellschaft, Freiwilligensurvey.<br />
156<br />
Bernhard Jirku ist Wirtschafts- und Sozialhistoriker<br />
und bei ver.di auf der Bundesebene für Erwerbslosenarbeit<br />
zuständig. Er hat sich für die IG Medien in<br />
den 1990er Jahren in Berlin-Brandenburg mit Wirtschafts-,<br />
Struktur- und Arbeitsmarktpolitik befasst,<br />
u.a. vertrat er von 1993 bis 1996 die Gewerkschaften<br />
im Verwaltungs- und ABM-Ausschuss des Arbeitsamts<br />
Berlin-Südwest.<br />
Henk Kinds hat 1994 Community Partnership Consultants<br />
(CPC) gegründet, ein internationales Beratungsbüro<br />
mit dem Sitz in Deventer, Niederlande. Der<br />
Tätigkeitsschwerpunkt von CPC liegt im bürgerschaftlichen<br />
Engagement und Partnerschaften zwischen<br />
dem Profit- und dem Non-Profitsektor. Seit 2011 ist<br />
Henk Kinds zugleich Geschäftsführer des Sozialunternehmens<br />
Parolo in Deventer.<br />
Stephan Koch leitet bei UPJ, dem Netzwerk engagierter<br />
Unternehmen und gemeinnütziger Mittlerorganisationen<br />
in Deutschland, den Bereich Beratung<br />
& Training. Er unterstützt Unternehmen im Rahmen<br />
der Entwicklung von CSR-, Corporate Citizenship- und<br />
Corporate Volunteering-Strategien, -Konzepten und<br />
deren Umsetzung.<br />
Dr. Eckhard Priller ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung<br />
(WZB) und Leiter der Projektgruppe Zivilengagement.<br />
Seine Forschungsschwerpunkte sind Dritte-Sektor-<br />
Forschung, zivilgesellschaftliches Engagement und<br />
die Spendenthematik.<br />
Jonathan Przybylski, PH<strong>IN</strong>EO gAG, Berlin, ist dort im<br />
Bereich Analyse & Forschung beschäftigt. In seinen<br />
derzeitigen Zuständigkeitsbereich fallen insbesondere<br />
der Themenreport „Erfahrungssache – Engagement<br />
55+ wirkt!“ sowie alle Themen, die sich mit<br />
der Schnittstelle von Erwerbsarbeit und Engagement<br />
beschäftigen.<br />
Conny Reuter ist Generalsekretär des europäischen<br />
Netzwerks SOLIDAR und gewählter Präsident der Social<br />
Platform. SOLIDAR vertritt 56 nationale Organisationen
aus 25 Ländern, die sich in den Bereichen Soziales, Internationale<br />
Zusammenarbeit und lebenslanges Lernen<br />
engagieren. Die Social Platform ist ein Netzwerk<br />
von 46 europäischen Sozial-NGO-Dachverbänden.<br />
Prof. Dr. Roland Roth ist seit 1993 Professor für Politikwissenschaft<br />
am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen<br />
der Hochschule Magdeburg-Stendal. Er<br />
arbeitete als Research Fellow an der University of California<br />
in Santa Cruz (UCSC) und am Wissenschaftszentrum<br />
Berlin (WZB) sowie als Gastprofessor an der<br />
Universität Wien. Sein wissenschaftliches und politisches<br />
Interesse gilt vor allem den Themenfeldern<br />
Demokratie, soziale Bewegungen, Bürger- und Menschenrechte.<br />
Piotr Sadowski arbeitet im Generalsekretariat von Volunteurope<br />
und ist European Development Manager<br />
bei Community Service Volunteers in Großbritannien.<br />
Tabea Schlimbach ist Wissenschaftlerin am Forschungsschwerpunkt<br />
„Übergänge im Jugendalter“<br />
des Deutschen Jugendinstituts und arbeitet dort in<br />
verschiedenen Projekten, unter anderem als Koordinatorin<br />
eines EU- Projekts zur Unterstützung des<br />
Übergangs junger Menschen in den Beruf durch den<br />
Einsatz neuer Technologien.<br />
Philipp Stemmer ist seit 2003 am Zentrum für zivilgesellschaftliche<br />
Entwicklung als wissenschaftliche<br />
Mitarbeiter tätig. Seine aktuellen Arbeitsschwerpunkte<br />
sind die Themen Engagement und Erwerbsarbeit,<br />
Freiwilligendienste sowie Engagement und<br />
Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Wichtige<br />
Projekte sind derzeit die Evaluation der Freiwilligendienste<br />
aller Generationen und die wissenschaftliche<br />
Begleitung des FSJplus.<br />
Susana Szabo ist tätig bei France Bénévolat, sie ist<br />
Mitglied des CEV Board of Directors und dort als<br />
Vize-Präsidentin für die Entwicklung internationaler<br />
Beziehungen zuständig.<br />
Franz Wölfl, Leiter der Abteilung III „Generationenpolitik<br />
und Sozialversicherung“ im bayerischen<br />
Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie<br />
und Frauen.<br />
cOntributOrs<br />
autorinnen und autoren/ contributors<br />
Dr. Henning Arp, European Commission Representation<br />
in Munich/Germany.<br />
Birgitte Brekke graduated from law-school in 1992.<br />
Since 2006 she is the secretary general of the Association<br />
of NGOs in Norway. Her previous workexperience<br />
includes the Ministry of Justice, the Norwegian<br />
agency for development and aid cooperation<br />
(NORAD) and a trade union.<br />
Dr. Rosario Costa-Schott is a certified volunteer manager<br />
and economic geographer, founded and directs<br />
the „FreiWilligenManagement ConSult Beratung &<br />
Fortbildung & Projektmanagement” consulting company<br />
in Munich and also works as a freelancer.<br />
Prof. Dr. Adalbert Evers is professor for comparative<br />
health and social policy at the Justus-Liebig-University<br />
Giessen. His research interests include theory of<br />
the welfare state and social policy, third sector and<br />
civil society, personal social services in international<br />
comparison, governance approaches, participation<br />
and civic engagement.<br />
Dr. Stephan Grohs is assistant professor at the Chair<br />
of Comparative Public Policy and Administration at<br />
the University of Konstanz. His focus in research and<br />
teaching are community-based social policy and the<br />
third sector, administration modernization and comparative<br />
administrative science.<br />
Rainer Höll is Head of Fellow Development at Ashoka<br />
Germany. He advises there social entrepreneurs in<br />
growth strategies, financing and impact measurement.<br />
Marc-Axel Hornfeck, German Federal Ministry for<br />
Family Affairs, Senior Citizens, Women and Youth.<br />
Bernhard Jirku studied economic and social history<br />
and works for the ver.di trade union in the field of<br />
labor market and employment policy as well as unemployment<br />
policy.<br />
Henk Kinds founded Community Partnership Consultants<br />
(CPC) in 1994, an international consulting<br />
company based in Deventer, Netherlands. The main<br />
focus of CPC is on civic engagement and partnerships<br />
between the profit and the nonprofit sector.<br />
Since 2011 Henk Kinds is also managing director of<br />
the social enterprise Parolo in Deventer.<br />
157
Stephan Koch is head of Consulting & Training at UPJ,<br />
the network of committed companies and non-profit<br />
intermediary organizations in Germany. He assists<br />
companies in the development of CSR-, corporate<br />
citizenship- and corporate volunteering-strategies,<br />
concepts and their implementation.<br />
Dr. Eckhard Priller is a research associate at the<br />
Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) and head of<br />
the project group “Zivilengagement” (civil commitment).<br />
His research focuses on third sector, civic engagement<br />
and donation/funding.<br />
Jonathan Przybylski, PH<strong>IN</strong>EO gAG, Berlin, works in<br />
analysis and research, mainly on issues at the interface<br />
of voluntary and paid work. One of his current<br />
projects is the report „Erfahrungssache – Engagement<br />
55+ wirkt!“ on volunteering of older people.<br />
Conny Reuter is the general secretary of the European<br />
Network SOLIDAR and elected president of the<br />
Social Platform. SOLIDAR represents 56 national organizations<br />
from 25 countries active in the fields of<br />
social affairs, international cooperation and lifelong<br />
learning. The Social Platform is a network of 46 European<br />
social or NGO umbrella organizations.<br />
Prof. Dr. Roland Roth is Professor of Political Science<br />
at the Department of Social and Health at the University<br />
of Magdeburg-Stendal. He worked as a research<br />
fellow at the University of California at Santa<br />
Cruz (UCSC) and at the Wissenschaftszentrum Berlin<br />
(WZB) and as visiting professor at the University of<br />
Vienna. His scientific and political interests are mainly<br />
the areas of democracy, social movements, civil<br />
and human rights.<br />
Piotr Sadowski works at the General Secretary of Volonteurope<br />
and is European Development Manager<br />
of Community Service Volunteers, GB.<br />
Tabea Schlimbach is scientist at Deutsches Jugendinstituts<br />
(German Youth Institute) with focus on<br />
transitions in adolescence. She works on various<br />
projects, including the coordination of an EU project<br />
to support the transition of young people into work<br />
through the use of new technologies.<br />
Philipp Stemmer is research assistant at the Zentrum<br />
für zivilgesellschaftliche Entwicklung (Center for Civil<br />
Society Development). His current work focuses<br />
on the issues of commitment and work, volunteer<br />
service and commitment and participation of people<br />
158<br />
with disabilities. Major current projects are the evaluation<br />
of the Freiwilligendienste aller Generationen<br />
(Volunteer services for all generations) and the scientific<br />
monitoring of FSJplus.<br />
Susana Szabo works for France Bénévolat and is a<br />
member of the director‘s board and in charge of the<br />
Development of International Relations as a Vice President<br />
of the European Volunteer Centre, Brussels.<br />
Franz Wölfl, Bavarian State Ministry for Employment<br />
and Social Affairs.
iss-kurzprOfil/iss-shOrt prOfile<br />
Das institut für sozialarbeit und sozialpädagogik<br />
e.V. (ISS-Frankfurt a. M.) wurde im Jahr 1974 vom<br />
Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt e. V. gegründet<br />
und ist seit 1991 als rechtlich selbständiger gemeinnütziger<br />
Verein organisiert. Der Hauptsitz liegt<br />
in Frankfurt a. M.<br />
Das ISS-Frankfurt a. M. beobachtet, analysiert, begleitet<br />
und gestaltet Entwicklungsprozesse der Sozialen<br />
Arbeit und erbringt wissenschaftliche Dienstleistungen<br />
für Ministerien, Kommunen, Wohlfahrtsverbände und<br />
Einrichtungsträger. Das Institut erhält eine Projektförderung<br />
durch das Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend (BMFSFJ). Seit 1998 ist Hans-<br />
Georg Weigel Direktor des Instituts.<br />
• Das Leistungsprofil des ISS-Frankfurt a. M. steht<br />
als wissenschaftsbasiertes Fachinstitut für Praxisberatung,<br />
Praxisbegleitung und Praxisentwicklung<br />
an der Schnittstelle von Praxis, Politik<br />
und Wissenschaft der Sozialen Arbeit und gewährleistet<br />
damit einen optimalen Transfer.<br />
• Zum Aufgabenspektrum gehören wissenschaftsbasierte<br />
Dienstleistungen und Beratung auf den<br />
Ebenen von Kommunen, Ländern, Bund und der<br />
Europäischen Union sowie der Transfer von Wissen<br />
in die Praxis der Sozialen Arbeit und in die<br />
Fachöffentlichkeit.<br />
• Die Arbeitsstruktur ist geprägt von praxiserfahrenen<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern,<br />
häufig mit Doppelqualifikationen, die ein<br />
breites Spektrum von Themenfeldern in interdisziplinären<br />
Teams bearbeiten. Dadurch ist das<br />
Institut in der Lage, flexibel auf Veränderungen<br />
in Gesellschaft und Sozialer Arbeit sowie die daraus<br />
abgeleiteten Handlungsanforderungen für<br />
Dienstleister, Verwaltung und Politik einzugehen.<br />
• Auf der ISS-Website finden Sie u.a. Arbeitsberichte,<br />
Gutachten und Expertisen zum Download<br />
wie auch die Beschreibung der einzelnen Projekte.<br />
Weitere Informationen zum ISS-Frankfurt<br />
a.M. und zu dessen Kooperationen erhalten Sie<br />
auf dieser Website www.iss-ffm.de.<br />
the institute for social work and social education<br />
(ISS-Frankfurt a. M.) was founded in 1974 by the Federal<br />
Workers’ Welfare Association (Arbeiterwohlfahrt,<br />
AWO). Since 1991 it has been a legally independent<br />
non-profit organisation with its headquarters in<br />
Frankfurt am Main. The ISS-Frankfurt a. M. has additional<br />
office in Berlin.<br />
The ISS-Frankfurt a. M. monitors and analyses developments<br />
in social work. Its employers include governmental<br />
departments, municipalities, charitable<br />
organisations, and social service providers. The institute<br />
is supported by the Federal Ministry for Family<br />
Affairs, Senior Citizens, Women and Youth (BMFSFJ).<br />
Since 1998, Hans-Georg Weigel has been the director<br />
of the Institute.<br />
• The ISS-Frankfurt a. M. provides scientifically<br />
based research in the field of social work. The Institute<br />
acts as an interface between policy, academic<br />
research and practice. It ensures a smooth<br />
interaction between research and practice by offering<br />
practical advice and support.<br />
• The range of duties includes scientifically based<br />
services and consultations for the European<br />
Union as well as for federal, state and local governments,<br />
and the transfer of findings into the<br />
scientific community and the practice of social<br />
work.<br />
• The working structure is characterised by experienced<br />
scientists, often with double qualifications,<br />
who work on a broad spectrum of topics<br />
as part of interdisciplinary teams. Thus, the Institute<br />
is able to flexibly respond to changes in<br />
society and social work and to the hence resulting<br />
action requirements for service providers,<br />
administration and politics.<br />
• On the ISS-website you will find, e.g., work reports<br />
and expert opinions for download as well<br />
as brief descriptions of every project. Please refer<br />
to the ISS-website (www.iss-ffm.de) for further<br />
information about the institute and its cooperations.<br />
159
e-kurzprOfil/bbe-shOrt prOfile<br />
Das bundesnetzwerk bürgerschaftliches engagement<br />
(<strong>BBE</strong>) ist ein Zusammenschluss von Organisationen<br />
aus Bürgergesellschaft, Staat und Wirtschaft. Das<br />
übergeordnete Ziel des Netzwerks ist die nachhaltige<br />
Förderung von Bürgergesellschaft und bürgerschaftlichem<br />
Engagement in allen Gesellschafts- und<br />
Politikbereichen.<br />
Das <strong>BBE</strong> sieht Engagementförderung als eine gesellschaftspolitische<br />
Aufgabe an, die sich nicht auf einzelne<br />
Engagementfelder beschränkt, sondern sämtliche<br />
Gesellschafts- und Politikbereiche umfasst.<br />
Dabei geht es sowohl darum, Eigenverantwortung,<br />
Partizipation und Selbstgestaltung der Bürgerinnen<br />
und Bürger zu stärken als auch neue Formen und<br />
Verfahren für gesellschaftliches Mitentscheiden und<br />
Mitgestalten zu entwickeln. Hierzu gehört der Abbau<br />
bürokratischer Hemmnisse ebenso wie die Fortentwicklung<br />
engagementfreundlicher Bedingungen in<br />
Organisationen und Institutionen.<br />
Das <strong>BBE</strong> beschäftigt sich mit einem breiten Spektrum<br />
von Themen und Anliegen. Dazu zählen insbesondere<br />
die rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen<br />
des bürgerschaftlichen Engagements, die<br />
Weiterentwicklung der lokalen Bürgergesellschaft,<br />
die Zukunft der Freiwilligendienste, die Rolle des<br />
bürgerschaftlichen Engagements bei der Reform des<br />
Sozialstaates, das Engagement von Migrantinnen und<br />
Migranten, Fragen der Bildung und Qualifizierung von<br />
bürgerschaftlichem Engagement, demografischer<br />
Wandel und Engagement, Corporate Citizenship, die<br />
Koordination von Bedarfen der Engagement- und<br />
Partizipationsforschung, die Entwicklung einer verbesserten<br />
Anerkennungskultur sowie nicht zuletzt<br />
Fragen der Vernetzung nationaler Bürgergesellschaften<br />
zu einer europäischen Bürgergesellschaft.<br />
Das <strong>BBE</strong> wurde am 5. Juni 2002 auf Empfehlung der<br />
Bundestags-Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen<br />
Engagements von den 31 Mitgliedern<br />
des Nationalen Beirats des »Internationalen Jahrs der<br />
Freiwilligen« (IJF) gegründet! Das <strong>BBE</strong> hat inzwischen<br />
fast 250 Mitglieder. Die Mitgliedsorganisationen des<br />
160<br />
<strong>BBE</strong> repräsentieren den Großteil der Förder- und Trägerorganisationen<br />
von 23 Millionen Menschen, die<br />
sich in Deutschland engagieren.<br />
The national network for civil society (<strong>BBE</strong>) is a nationwide<br />
network linking organizations and associations<br />
from the third sector (non-profit organizations) and<br />
civil society, from business and work life and federal<br />
and community institutions. The cooperation within<br />
the network is based on mutual trust and partnership,<br />
relying primarily on dialogue, cooperation and practical<br />
stimuli for the promotion of commitment and civic<br />
involvement. Everyone involved benefits from the cooperation<br />
and moves closer to the common goal.<br />
This common goal is the strengthening of civil society<br />
and of civic involvement. The key objective is the improvement<br />
of the general legal, organizational and institutional<br />
conditions for civic involvement. We want<br />
to encourage and support concrete projects for actual<br />
practice in civil society, the state and business as well<br />
as raise and activate political awareness.<br />
The <strong>BBE</strong> was founded by the National Council of the<br />
International Year of Volunteers (IYV 2001) on 5 June<br />
2002. Meanwhile, the <strong>BBE</strong> has 250 member organizations<br />
representing millions of members.
publikatiOnen der Veranstalter zuM theMa/<br />
publicatiOns Of the Organizers On the subject<br />
Veröffentlichungen des instituts für sOzialarbeit und sOzialpädagOgik (iss) e.V./<br />
publications of the institute fOr sOcial wOrk and sOcial educatiOn (iss)<br />
(Download/Bestellung: http://www.iss-ffm.de/veroeffentlichungen.html)<br />
engageMent-arbeit-zeit. freiwilliges engageMent und erwerbsarbeit<br />
Fachtagungsdokumentation. November 2011.<br />
bürgerschaftliches engageMent in der eurOpäischen uniOn<br />
Rahmenbedingungen schaffen – Freiwillige gewinnen.<br />
Fachtagungsdokumentation. November 2010.<br />
Veröffentlichungen des bundesnetzwerks bürgerschaftliches engageMent/<br />
publications of the natiOnal netwOrt fOr ciVil sOciety<br />
(Download: http://www.b-b-e.de/index.php?id=publikationen)<br />
EngagEmEnt und ErwErbsarbEit<br />
Bürgerschaftliches Engagement, Erwerbsarbeit, Arbeitsmarktpolitik und neue<br />
Rahmenbedingungen: Herausforderungen und Wechselwirkungen.<br />
Expertise erstellt i. R. des Nationalen Forums für Engagement und Partizipation. 2010.<br />
EngagEmEnt und ErwErbsarbEit<br />
Monetarisierung von Engagement. Gestaltungsbedarf im Schnittfeld von<br />
Arbeitsmarktpolitik und Engagementförderung. Übergänge und Grauzonen zwischen<br />
Erwerbsarbeit und Engagement in ausgewählten Engagementfeldern.<br />
Fachtagungsdokumentation. 2007.<br />
161
iMpressuM/imprint<br />
herausgeber/publisher:<br />
institut für sozialarbeit und<br />
sozialpädagogik e.V.<br />
Hausanschrift/Address: Zeilweg 42<br />
60439 Frankfurt a. M.<br />
Postanschrift/Postal Address: Postfach (P.O. Box) 50 01 51<br />
D-60391 Frankfurt a. M.<br />
Tel.:+49 (0)69 - 95 78 9-0<br />
Fax: +49 (0)69 - 95 789 190<br />
http://www.iss-ffm.de<br />
bundesnetzwerk bürgerschaftliches<br />
engagement (bbe)<br />
Michaelkirchstr. 17/18<br />
10179 Berlin<br />
Tel.: +49 (0)30 – 62 98 0-110<br />
Fax: +49 (0)30 – 62 98 0-151<br />
http://www.b-b-e.de<br />
Diese Publikation ist eine gemeinsame Veröffentlichung<br />
des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik<br />
(ISS) e.V. und des Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches<br />
Engagement (<strong>BBE</strong>) mit Förderung<br />
durch das Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend (BMFSFJ). Sie wird kostenlos abgegeben<br />
und ist nicht für den Verkauf bestimmt. Die<br />
Verantwortung für den Inhalt obliegt dem Herausgeber<br />
bzw. dem/der jeweiligen Autor/in.<br />
Alle Rechte vorbehalten. Abdruck oder vergleichbare<br />
Verwendung ist auch in Auszügen nur mit vorheriger<br />
schriftlicher Genehmigung gestattet.<br />
Diese Veröffentlichung ist nur als PDF verfügbar.<br />
162<br />
This publication is a joint publication of the Institute<br />
for Social Work and Social Education (ISS) and the<br />
National Network for Civil Society (<strong>BBE</strong>) with funding<br />
from the Federal Ministry for Family Affairs, Senior<br />
Citizens, Women and Youth (BMFSFJ). It is distributed<br />
free of charge and is not intended for sale. The<br />
responsibility for the content lies with the editor or<br />
the respective author.<br />
All rights reserved. Printing or similar use is also in<br />
part only permitted with permission.<br />
This publication is available only in PDF format.<br />
redaktiOn/editOrs:<br />
V.i.S.d.P.: PD Dr. Ansgar Klein (legally responsible for<br />
content), Björn Schulz<br />
Graphische Gestaltung/Layout:<br />
Regina Vierkant, Sevenminds<br />
Erscheinungsdatum/Date of Issue:<br />
Februar 2012/February 2012<br />
isbn: 978-3-9814731-1-7