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TITEL<br />
22 BONUSSYSTEME<br />
individuellen Anteil am Bonus. Der fi el<br />
dann teilweise niedriger aus, obwohl<br />
die individuellen Ziele erreicht waren.<br />
personalmagazin: Wie gingen Sie die<br />
vorhin angesprochene Führungsproblematik<br />
an?<br />
Marquardt: Hier haben wir <strong>de</strong>n Zielkatalog<br />
für unsere Führungskräfte so erweitert,<br />
d<strong>as</strong>s sie mehr Unterstützung bei<br />
<strong>de</strong>r Bewertung erhalten. Die positive<br />
Ten<strong>de</strong>nz haben wir dadurch aber auch<br />
nicht merkbar beeinfl usst.<br />
personalmagazin: Herr Kramarsch, Wie<br />
müssten <strong>de</strong>nn Ziele gestaltet sein,<br />
damit sie tatsächlich im Bonussystem<br />
effektiv angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n können?<br />
Kramarsch: Individuelle Ziele müssen relevant,<br />
individuell nachvollziehbar und<br />
messbar sein. Zu<strong>de</strong>m sollte <strong>de</strong>r Prozess<br />
<strong>de</strong>s individuellen Performance Managements<br />
mit Gesprächen zu Zielvereinbarung<br />
und -messung abgesteckt sein.<br />
personalmagazin: Warum haben die Justierungen<br />
im System bei Infi neon Ihres<br />
Erachtens nicht geholfen?<br />
Kramarsch: Natürlich kann man Skalen<br />
in <strong>de</strong>r Bewertung verän<strong>de</strong>rn, die<br />
Gewichtung von Zielkategorien o<strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>re technische Systemparameter<br />
modifi zieren. Aber d<strong>as</strong> än<strong>de</strong>rt nichts<br />
am generellen Problem, d<strong>as</strong>s es meist<br />
eine prozessuale und kulturelle Lösung<br />
braucht. Und diese läuft im Kern darauf<br />
hinaus, d<strong>as</strong>s sich Führungskräfte nicht<br />
vor Führung scheuen und hinter einem<br />
Vergütungssystem verstecken dürfen.<br />
personalmagazin: Sind Probleme in einem<br />
Bonussystem also immer eine Führungsfrage?<br />
Kramarsch: Oft, aber nicht immer. Man<br />
muss unterschei<strong>de</strong>n, w<strong>as</strong> genau<br />
hinter <strong>de</strong>n beobachteten Problemen<br />
steckt: Erzielt <strong>de</strong>r Bonus nicht mehr<br />
die gewünschte Motivationsfunktion?<br />
Dann muss man die Führungs- und<br />
Leistungskultur über<strong>de</strong>nken. O<strong>de</strong>r sind<br />
die Bonuskosten nicht variabel? Dann<br />
personalmagazin 11 / 11<br />
ist d<strong>as</strong> Vergütungssystem zu än<strong>de</strong>rn.<br />
Meines Erachtens wird aber viel zu oft<br />
an <strong>de</strong>n Systemen herumgeschraubt und<br />
die Führungskultur vernachlässigt.<br />
personalmagazin: Wie hat Infi neon jetzt<br />
d<strong>as</strong> neue Bonusmo<strong>de</strong>ll aufgebaut, um<br />
bei<strong>de</strong> Ebenen <strong>de</strong>s Problems lösen zu<br />
können?<br />
Marquardt: Wir haben <strong>de</strong>n individuellen<br />
und <strong>de</strong>n Teambonus abgeschafft.<br />
Dadurch ersparen wir uns enorme administrative<br />
Kosten. Als Bonus erhalten<br />
die Mitarbeiter die Gewinnbeteiligung,<br />
damit halten wir die Kosten fl exibel und<br />
sie stehen im direkten Zusammenhang<br />
mit <strong>de</strong>m Unternehmenserfolg.<br />
Kramarsch: Hier muss ich einmal kritisch<br />
einhaken. Sich lediglich am Unternehmenserfolg<br />
zu orientieren, löst bei<br />
großen Unternehmen vielleicht die<br />
Frage <strong>de</strong>r Finanzierung, nicht aber die<br />
<strong>de</strong>s Performance Managements.<br />
Marquardt: Da bin ich ganz an<strong>de</strong>rer Meinung.<br />
Bei uns war gera<strong>de</strong> die Verbesserung<br />
<strong>de</strong>s Performance Managements<br />
ein Anliegen im neuen Bonussystem.<br />
Ich bin davon überzeugt, d<strong>as</strong>s wir ein<br />
besseres Performance Management<br />
leisten können, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Bonus im<br />
Feedbackgespräch nun keine Rolle<br />
mehr spielt. Davon erhoffen wir uns<br />
mehr Ehrlichkeit. Der Fokus wird wie<strong>de</strong>r<br />
stärker auf die Entwicklungsmöglichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter gelegt.<br />
personalmagazin: Sie gehen also grundsätzlich<br />
davon aus, d<strong>as</strong>s die Leistung<br />
<strong>de</strong>r Mitarbeiter nicht über <strong>de</strong>n individuellen<br />
Bonus geregelt wer<strong>de</strong>n kann?<br />
Marquardt: Nein, d<strong>as</strong> muss ich einschränken.<br />
Wir <strong>de</strong>nken, d<strong>as</strong>s <strong>de</strong>r Grundsatz<br />
„Pay for Performance“ besser bei <strong>de</strong>r<br />
Gehaltsentwicklung angewen<strong>de</strong>t wer-<br />
Bei Fragen wen<strong>de</strong>n Sie sich bitte an kristina.en<strong>de</strong>rle@personalmagazin.<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n kann. Bei <strong>de</strong>r Gruppe <strong>de</strong>r Vertriebsmitarbeiter<br />
haben wir <strong>de</strong>n individuellen<br />
Anteil am Bonus allerdings beibehalten.<br />
Dort gehört er dazu, um d<strong>as</strong> Gehalt<br />
wettbewerbsfähig zu gestalten.<br />
personalmagazin: Haben Sie auch dafür<br />
gesorgt, d<strong>as</strong>s d<strong>as</strong> Gehalt an<strong>de</strong>rer Mitarbeitergruppen<br />
bei Infi neon wettbewerbsfähig<br />
ist?<br />
Marquardt: Ja, haben wir. Zwar verzichten<br />
wir auf <strong>de</strong>n individuellen Bonus,<br />
dafür ist d<strong>as</strong> Fixgehalt höher. In guten<br />
Zeiten erhalten die Mitarbeiter in <strong>de</strong>r<br />
Summe sogar mehr Gehalt als früher.<br />
„Ohne <strong>de</strong>n individuellen Bonus können wir ein<br />
besseres Performance Management leisten.“<br />
Dr. Thom<strong>as</strong> Marquardt, Head of Human Resources, Infi neon Technologies AG<br />
personalmagazin: In schlechten Zeiten<br />
aber auch weniger als vorher. Haben Sie<br />
nicht Angst vor Motivationsverlusten?<br />
Marquardt: Nein, wie gesagt, wir stärken<br />
mit unserem neuen Mo<strong>de</strong>ll d<strong>as</strong><br />
Performance Management, in<strong>de</strong>m wir<br />
mehr Personalentwicklung betreiben<br />
können. Son<strong>de</strong>rzahlungen für außergewöhnliche<br />
Leistungen sind nach wie<br />
vor möglich. Diese wer<strong>de</strong>n allerdings<br />
nicht an eine Zielsetzung im Vorfeld<br />
geknüpft, son<strong>de</strong>rn nur im Nachhinein<br />
als echte Belohnung ausgezahlt.<br />
personalmagazin: Dann haben Sie wohl<br />
d<strong>as</strong> i<strong>de</strong>ale Mo<strong>de</strong>ll gefun<strong>de</strong>n.<br />
Marquardt: Zumin<strong>de</strong>st d<strong>as</strong> i<strong>de</strong>ale Mo<strong>de</strong>ll<br />
für Infi neon. Es gibt kein Patentrezept<br />
für ein Vergütungsmo<strong>de</strong>ll. Dieses p<strong>as</strong>st<br />
auf unsere Bedürfnisse. An<strong>de</strong>re Unternehmen<br />
müssen ihren Weg fi n<strong>de</strong>n. An<br />
unserem Beispiel sieht man aber, d<strong>as</strong>s<br />
man d<strong>as</strong> Bonussystem in je<strong>de</strong>m Fall<br />
über<strong>de</strong>nken muss, wenn es nicht <strong>de</strong>n<br />
gewünschten Effekt hat o<strong>de</strong>r zu aufwendig<br />
ist. Man sollte nicht einfach an alten<br />
System festhalten.<br />
D<strong>as</strong> Interview führte Kristina En<strong>de</strong>rle da Silva.