Erinnerung und Wirklichkeit Das Ungarnbild von Konrad Adenauer ...

ÖT KONTINENS, az Új- és Jelenkori Egyetemes Történeti Tanszék tudományos közleményei, N o 2011/1.
ELTE, BUDAPEST, 2012.
über die Zeit vor 1945 nur ein Plan geblieben, genauso, wie die ursprünglich
geplante Beilage: eine Dokumentations-Sammlung.
Es ist wichtig zu wissen, dass Adenauer nie Dokumente gesammelt hat um
seine Erinnerungen zu schreiben, und auch keine Notizen gemacht hat. Er hat die
Ereignisse retrospektiv, anhand seiner Erinnerungen und gesammelten Quellen
rekonstruiert. Wir können hinzufügen, dass dies die Wahrscheinlichkeit auf Fehler
und Ungenauigkeiten gesteigert hat, auch wenn er von Anfang an mit der Kritik
rechnete und deshalb – seiner eigenen Aussage nach – danach strebte so objektiv
wie möglich zu bleiben und seine Aussagen durch Mitteilen zeitgerechter Quellen
zu unterstützen. Dies ist in seinen Memoiren übrigens so dominant, dass nur ca.
20-25% des ganzen Textes eigene Schriften von Adenauer sind, der restliche Text
besteht aus Zitaten aus anderen Dokumenten. Dementsprechend ist der Inhalt
weniger persönlich, in seiner Struktur jedoch recht subjektiv, denn er stellt die
individuelle Leitung eines Politikers aus einer individuellen Perspektive dar. 6
Wir können auch sagen, dass das Werk zu geringerem Teil Lebenslauf und zum
größeren Teil Publizistik ist. Trotzdem ist das Werk Erinnerungen eine bedeutende
Quelle, und was die frühe Geschichte der BRD betrifft, bis heute eine
Grundlektüre.
Das Ziel der Ausgabe dieser Memoiren hat Adenauer noch zu seiner Lebenszeit
mitgeteilt: er wollte seine Erfahrungen für die zukünftige Politik verwendbar
machen, seine Zielsetzungen in solchen Fragen wie die europäische Integration,
das französisch-deutsche Verhältnis oder gerade die Wiedervereinigung
Deutschlands klarstellen. 7 Dieses streben ist in seinem Werk ständig zu erkennen:
er betrachtet nicht nur die Geschehnisse der Vergangenheit, und legitimiert nicht
nur seine Entscheidungen, sondern verwendet dieses Werk quasi als Lehrstoff, als
Hilfsmittel für die Schule der politischen Kultur. Er hielt es offensichtlich auch für
wichtig seinen Standpunkt solchen Meinungen gegenüber festzustellen, mit denen
er als – oft einziger – genauer Kenner der Ereignisse sich nicht identifizieren
konnte. Dadurch strebte er auch danach, das über ihn als Kanzler entstandene Bild
ins positive Licht zu rücken. Dass er in seinem Werk das ganze deutsche Volk
anspricht wird durch seine Widmung „Für mein Vaterland”, die in allen vier
Bändern zu sehen ist, eindeutig. 8
Das Ungarnbild von Adenauer anhand seiner Memoiren
Aus Hinsicht unserer Analyse ist die Untersuchung des Ungarnbildes von
Konrad Adenauer besonders wichtig und interessant. Die Analyse können wir
deshalb durchführen, weil auf den Seiten der „Erinnerungen“ Ungarn sehr oft
vorkommt.
6 KÜSTERS, H.J., Die „Erinnerungen” Konrad Adenauers. IN: F. Bosbach/M. Brechtken: Politische
Memoiren in deutscher und britischer Perspektive (2005), 133-157.
7 RECKER, 100.
8 KÜSTERS, 133-157.
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