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35523_KOA%2012.033_17_001%20anonymisiert
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Faktum sei, dass es zwei dargestellte Sachverhalte gebe: einerseits die Schilderung des<br />
Beschwerdeführers über einen Terrorangriff, bei dem eine schwer bewaffnete Frau während<br />
seines Besuches in Israel getötet worden sei, andererseits die (auch in der Beschwerde)<br />
vorgelegten Medienberichte, denen zur Folge eine geistig verwirrte Frau angeschossen und<br />
leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht worden sei. Um die Aussagen des<br />
Beschwerdeführers zu hinterfragen, sei zu diesen bei den israelischen Behörden<br />
nachrecherchiert worden. Die in der Beschwerde angeführten Zeitungsartikel hätten sohin<br />
nichts mit dem geschilderten Vorfall des Beschwerdeführers zu tun. Unter den Aspekten der<br />
Objektivität (Nachrichten und Berichte sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen), sei es<br />
daher angebracht gewesen, die Aussagen des Beschwerdeführers zu hinterfragen, zumal<br />
kein einziges Medium zu diesem Zeitpunkt über einen Terrorakt in Jerusalem berichtet hätte.<br />
Ob der vom Beschwerdeführer geschilderte Vorgang tatsächlich stattgefunden habe oder<br />
nicht, habe weder in der Sendung, noch sonst irgendwo geklärt werden können.<br />
In der Beschwerde sei ebenfalls inkriminiert worden, dass der Beschwerdeführer nicht<br />
„rechtzeitig vor der Sendung darauf hingewiesen“ worden sei, dass er mit dem von ihm<br />
geschilderten Terrorakt am Tempelberg konfrontiert werden würde. Völlig unklar sei, wo in<br />
diesem Punkt die Objektivitätsverletzung liegen solle. Objektiv berichten bedeute,<br />
Nachrichten und Berichte sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen. Wie der<br />
Beschwerdegegner schon dargelegt habe, beziehe sich das Objektivitätsgebot auf sämtliche<br />
zulässigen Darbietungen des Beschwerdegegners, sohin nicht nur auf selbst recherchiertes<br />
Material, sondern selbstverständlich auch auf Aussagen, die in (Live-)Sendungen (von<br />
dritten Personen, hier aber wie z.B. auch vom Beschwerdeführer) gemacht würden. Diese<br />
völlig unkritisch stehen zu lassen, ohne Aussagen von Interviewten oder<br />
Diskussionsteilnehmern zu hinterfragen, liege wohl nicht nur in einem gewissen<br />
Spannungsverhältnis mit dem Objektivitätsgebot, sondern entbehre jeder journalistischen<br />
Grundlage. Der offensichtliche „Wunsch“ des Beschwerdeführers, Interviews<br />
vorabzusprechen, sei weder gesetzlich vorgesehen, noch mit der Aufgabe von Medien als<br />
„public watchdog“, noch mit dem Grundsatz der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 10 EMRK)<br />
vereinbar.<br />
Zuletzt werde in der Beschwerde noch versucht, die Moderation als unobjektiv darzustellen.<br />
Diesfalls seien es nicht nur einzelne Formulierungen, sondern auch der Moderationsstil bzw.<br />
bestimmte „Stilmittel“ die inkriminiert würden. Das Recht der Meinungsäußerungsfreiheit<br />
komme sowohl dem Beschwerdegegner als Medienunternehmen, als auch den dort tätigen<br />
Journalistinnen und Journalisten zu. Die Meinungsäußerungsfreiheit des Art. 10 Abs. 1<br />
EMRK werde in Abs. 2 durch einen Gesetzesvorbehalt eingeschränkt. Als solche<br />
Gesetzesvorbehalte seien sowohl das BVG-Rundfunk aber auch die Bestimmungen des<br />
ORF-Gesetzes über die Ausgewogenheit anzusehen. Der VfGH habe dazu bereits 1989<br />
festgestellt, dass sich die Aufgabe des Interviewers im Allgemeinen „freilich nicht in der<br />
Beisteuerung neutraler Stichworte für Statements des Interviewten erschöpfen“ müsse.<br />
„Vielmehr können in alle gewählten Fragen – aus berechtigtem Interesse an offener<br />
Wechselrede – durchaus auch scharf ausgeprägte Standpunkte und provokant kritische<br />
Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben<br />
vertretenen Meinungen“ im Sinne des ORF-G einfließen, weil der Befragte dazu sogleich in<br />
freier Antwort selbst Stellung nehmen könne. Der „Meinungsvielfalt“, dann der<br />
„Ausgewogenheit“ der Sendung als Ganzes und so auch dem Objektivitätsgebot, wie in Art. l<br />
Abs. 2 BVG-Rundfunk iVm § 4 ORF-G umschrieben und postuliert, werde auf solche Weise<br />
vollauf Rechnung getragen (vgl. VfSlg 12.086/1989).<br />
Da die inkriminierte Sendung als Live-Sendung völlig ungekürzt ausgestrahlt worden sei, sei<br />
nach Ansicht des VfGH schon aus diesem Grund in der Gesamtschau kein einseitig<br />
verzeichnetes [gemeint wohl: verzerrtes] Bild geboten worden, vielmehr kämen so Pro- und<br />
Contra-Standpunkte regelmäßig voll zur Geltung.<br />
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