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Martin R. Textor Bildung im Kindergarten - von Ingeborg Becker ...

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Schon bei Kleinkindern ist das Wissen „domänenspezifisch“ organisiert,<br />

also nach Gebieten strukturiert, die Erwachsene z.B. als „Physik“,<br />

„Biologie“ oder „Psychologie“ bezeichnen würden. Begriffe und<br />

Informationen werden nicht „wirr“ oder unzusammenhängend in<br />

diesen Domänen „abgelegt“, sondern in „intuitive Theorien“<br />

eingefügt. So schreibt Gardner (1996) über fünf- bis sechsjährige<br />

Kinder: „Durch die normale aktive Erforschung der Welt erreichen<br />

sie, was wir intuitive Arten des Verständnisses der Welt genannt<br />

haben. Kleine Kinder bringen es fertig, über die Objekte, Ereignisse<br />

und Personen ihrer Umwelt auf logisch zusammenhängende<br />

Weise nachzudenken... In der Welt der physikalischen Objekte<br />

haben sie sich eine Theorie der Materie zurechtgebastelt; in der<br />

Welt der lebenden Organismen haben sie eine Theorie des Lebens<br />

entwickelt; und in der Welt der Menschen haben sie eine<br />

Theorie des Denkens entworfen, in der eine Theorie des Selbst<br />

enthalten ist“ (S. 111). Aus neueren entwicklungspsychologischen<br />

Forschungsergebnissen ist zu schließen, dass sich diese domänenspezifisch<br />

organisierten Theorien auf einem viel höheren Niveau<br />

befinden, als z.B. noch Piaget für möglich gehalten hat. Sie ähneln<br />

laut Sodian (2002) wissenschaftlichen Theorien: „Intuitive<br />

wie wissenschaftliche Theorien sind gekennzeichnet durch einen<br />

Phänomenbereich, ein System <strong>von</strong> Kernbegriffen sowie ein System<br />

<strong>von</strong> Erklärungsprinzipien“ (S. 449).<br />

Während man früher nach fundamentalen Unterschieden zwischen<br />

(Klein-) Kindern und Erwachsenen hinsichtlich des Verständnisses<br />

<strong>von</strong> Begriffen suchte, interessieren sich Entwicklungspsychologen<br />

heute mehr für domänenspezifische Begriffssysteme<br />

und deren Veränderung <strong>im</strong> Laufe der Zeit. So wird die<br />

kognitive Entwicklung als Prozess des Erwerbs <strong>von</strong> Expertise über die<br />

verschiedenen Domänen hinweg verstanden, wobei der Fortschritt in der<br />

jeweiligen Domäne <strong>von</strong> der Verfügbarkeit entsprechenden Wissens,<br />

der Gelegenheit zum Üben und natürlich den allgemeinen<br />

Informationsverarbeitungsfähigkeiten abhängt. Neuer Input und<br />

neue Erfahrungen führen zu einer Evaluation und eventuell zu<br />

einer Revision <strong>von</strong> (Kern-) Begriffen und Erklärungsprinzipien in<br />

der jeweiligen intuitiven Theorie. Zumeist kommt es zu einer<br />

graduellen Bereicherung vorhandenen Wissens, manchmal aber<br />

auch zu radikalen Restrukturierungen (z.B. wenn <strong>im</strong> Grundschulalter<br />

eine rein biologische aus der frühkindlichen biologisch-<br />

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