Martin R. Textor Bildung im Kindergarten - von Ingeborg Becker ...
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Entwicklungsniveau des Kindes werden. Wenn wir also untersuchen,<br />
wozu das Kind selbständig fähig ist, untersuchen wir den<br />
gestrigen Tag. Erkunden wir jedoch, was das Kind in Zusammenarbeit<br />
zu leisten vermag, dann ermitteln wir damit seine morgige<br />
Entwicklung“ (S. 83). Nur wenn man das aktuelle und das<br />
potenzielle Entwicklungsstadium erfasst, bekommt man einen<br />
umfassenden Eindruck <strong>von</strong> den Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
des jeweiligen Kindes.<br />
Für Erzieher/innen bedeutet dies, dass erzieherische und bildende<br />
Maßnahmen nur sinnvoll und Erfolg versprechend sind, wenn<br />
sie in die Zone der nächsten Entwicklung des jeweiligen Kindes<br />
fallen – liegen sie auf dem aktuellen Entwicklungsniveau, lernt<br />
das Kind nichts hinzu, liegen sie oberhalb der Zone der nächsten<br />
Entwicklung, ist das Kind überfordert und frustriert. Eine gute<br />
Erziehung, Anleitung und <strong>Bildung</strong> sind also <strong>im</strong>mer der kindlichen Entwicklung<br />
ein wenig voraus. So wird das Kind herausgefordert, ist es motiviert<br />
zu lernen.<br />
Bei Wygotski spielen Erzieher/innen eine weitaus größere Rolle<br />
hinsichtlich der Erziehung und <strong>Bildung</strong> <strong>von</strong> (Klein-) Kindern als<br />
in anderen frühpädagogischen Ansätzen. Sie haben einen sehr<br />
großen Einfluss auf die Entwicklung <strong>von</strong> Kindern, wenn sie alle<br />
Chancen nutzen, deren Lernen zu st<strong>im</strong>ulieren und zu fördern. Da<br />
der pädagogischen Arbeit in der Zone der nächsten Entwicklung<br />
eine so große Bedeutung beigemessen wird, müssen die Fachkräfte<br />
zum einen die einzelnen Kinder sehr gut kennen – deren Kenntnisse,<br />
Fähigkeiten, Einstellungen, Werte, Interessen usw. Sie sollen sich<br />
durch Beobachtung ein umfassendes Bild <strong>von</strong> jedem Individuum<br />
erarbeiten, <strong>von</strong> seinem Entwicklungsstand und -fortschritt. Zum<br />
anderen müssen sie sich intensiv mit den einzelnen Kindern oder mit<br />
Kleingruppen beschäftigen. Da Kinder nur mit Hilfe <strong>von</strong> Anleitung<br />
und Unterweisung in der jeweiligen Zone der nächsten Entwicklung<br />
vorankommen, spielen Interaktionen zwischen ihnen und<br />
den Fachkräften, gezielte Beschäftigungen und Aktivitäten eine<br />
große Rolle. Für Wygotski heißt die Reihenfolge nicht „kindliche<br />
Entwicklung – selbsttätiges Lernen – Unterstützung durch Erzieher/innen“,<br />
sondern vielmehr „Erziehung und <strong>Bildung</strong> durch<br />
Fachkräfte in der Zone der nächsten Entwicklung – neues Lernen<br />
– Weiterentwicklung des Kindes“.<br />
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