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Martin R. Textor Bildung im Kindergarten - von Ingeborg Becker ...

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1.4.6 <strong>Bildung</strong> als Ko-Konstruktion 3<br />

Wygotski (1971, 1987) vertritt die Auffassung, dass nahezu alle<br />

psychischen Strukturen und kognitiven Fähigkeiten auf soziale<br />

Phänomene zurückgehen, ursprünglich in Interaktionen mit<br />

anderen (kompetenteren) Personen auftraten und dann <strong>von</strong> dem<br />

jeweiligen Kind internalisiert wurden. Die ontogenetische Entwicklung<br />

ist somit das gemeinsame Werk des jeweiligen Kindes, <strong>von</strong> Erwachsenen<br />

und anderen Kindern – eine Ko-Konstruktion.<br />

Besonders interessierte sich Wygotski (1971) für die Entwicklung<br />

des Sprechens und Denkens bei Kindern. Seiner Auffassung nach<br />

eignet sich das (Klein-) Kind in der Interaktion mit Erwachsenen<br />

und anderen (älteren) Kindern die Kultur seiner Gesellschaft an –<br />

die Sprache, Zahlen und Zählweisen, Schriftzeichen, Symbole,<br />

Wissensbestände, Werte, Denkweisen, Problemlösungsstrategien<br />

usw. Durch die in sozialen Beziehungen erfolgende „Interiorisation“<br />

solcher Inhalte bzw. durch deren „Internalisierung“ in das<br />

kindliche Bewusstsein wird die psychische Aktivität angeregt,<br />

werden kognitive Strukturen und Prozesse ausgebildet. Das Kind<br />

kann also letztlich nur dadurch zu einem denkenden Wesen werden,<br />

indem es sich in der Interaktion mit kompetenteren Personen die<br />

„Werkzeuge“ des Denkens aneignet und sie dann solange selbst<br />

ausprobiert, bis es sie schließlich selbständig und effektiv anwenden<br />

kann. Dies ist jedoch kein einseitiger Prozess, bei dem das<br />

Kind nur aufn<strong>im</strong>mt. Vielmehr ist seine kognitive Entwicklung<br />

eine „gemeinsame Konstruktion“ des Kindes und seiner sozialen<br />

Welt, werden kulturelle Wissensbestände rekonstruiert sowie auf<br />

aktive und kreative Weise transformiert.<br />

Im Vorschulalter ist das Spiel die vorherrschende Aktivität bei<br />

Kindern – und die für ihre Entwicklung wichtigste. So werden <strong>im</strong><br />

Spiel höhere psychische Funktionen wie Denken, Abstrahieren,<br />

Erinnern und Kreativität ausgebildet. Wygotski analysierte in<br />

3 Der folgende Text wurde weitgehend dem Kapitel „Lew Wygotski“<br />

<strong>von</strong> <strong>Martin</strong> R. <strong>Textor</strong> aus dem Buch „Pädagogische Ansätze <strong>im</strong> <strong>Kindergarten</strong>“<br />

(herausgegeben <strong>von</strong> Wassilios E. Fthenakis und <strong>Martin</strong> R. <strong>Textor</strong>, Weinhe<strong>im</strong>,<br />

Basel: Beltz Verlag 2000, S. 71-83) entnommen. Leicht veränderte<br />

Fassung; mit Genehmigung des Verlages.<br />

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