Martin R. Textor Bildung im Kindergarten - von Ingeborg Becker ...
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ligungen zu vermeiden oder abzubauen“, es vor Gefahren für sein Wohl schützen und für es positive Lebensbedingungen schaffen (vgl. § 1 Abs. 3 SGB VIII). Hier geht es nicht um eine genau definierbare Dienstleistung, für die man einen bestimmten Geldbetrag einfordern kann. Hier geht es um mehr, als in einer kurzfristigen Dienstleister-Kunden-Beziehung passiert. Hier geht es um Erziehung und Bildung innerhalb einer auf mehrere Jahre hin angelegten pädagogischen Beziehung! 1.4.1 Der Bildungsbegriff In der wissenschaftlichen Pädagogik spielt der Betreuungsbegriff keine nennenswerte und der Dienstleistungsbegriff überhaupt keine Rolle. Dafür wurden Hunderttausende von Seiten über Bildung und Erziehung gefüllt. Was heißt nun aber für den Kindergarten „Bildung“? Was umfasst sie? Was sollte sie beinhalten? Diese Fragen können in Deutschland nicht zufrieden stellend beantwortet werden. Es ist in der Frühpädagogik noch nicht einmal der Bildungsbegriff annähernd geklärt, geschweige denn der Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Auch fehlten bis 2003 Curricula, in denen Bildungsziele, -inhalte und - methoden festgelegt sind. Das bedeutet, dass in Deutschland Bildung in das Belieben der einzelnen Erzieherin gestellt war – es gab für sie keine Richtlinien, an denen sie sich orientieren kann, und für die Gesellschaft keinen Maßstab, mit dem sie die bildende Leistung von Kindertagesstätten messen kann. Erst im Jahr 2000 erschien ein Buch für Erzieher/innen, in dem „Bildung“ Teil des Titels ist: Burtschers „Mehr Spielraum für Bildung. Kindertagesstätten als Bildungseinrichtungen der Zukunft“. Zunächst konstatiert die Autorin, dass Bildung im Elementarbereich nichts mit schulischer Wissensvermittlung zu tun habe. Vielmehr soll sie einen Beitrag zur Entwicklung von Persönlichkeit, Identität und Selbstbewusstsein leisten, „Lebensführungshaltungen“, Einstellungen zum Lernen, soziale Umgangsformen, Schlüsselqualifikationen, Denkgewohnheiten, Wissensgrundlagen, Weltverständnis, Lebenssinn u.v.a.m. vermitteln. Dabei muss 20
vom „frühkindlichen Lerncharakter“ ausgegangen werden, der durch Neugier und vielfältige Interessen geprägt sei. Auch sollte die frühkindliche Wahrnehmungs- und Fantasiewelt berücksichtigt werden. Dann listet Burtscher kindgemäße Bildungsinhalte aus den Bereichen Naturwissenschaften, Arbeitsleben, Kunst und Gesellschaft auf. Ferner stellt sie dar, wie Erzieher/innen auf den Bildungserfahrungen der Kinder in ihren Familien aufbauen können. Jedoch wird der Begriff „Bildung“ nicht definiert, fehlt eine Systematik der Bildungsziele und -inhalte (Didaktik), wird die Methodik kaum thematisiert. Inzwischen gibt es einige eher wissenschaftlich fundierte Ansätze, die vielleicht bei der Bestimmung eines frühpädagogischen Bildungsbegriffs und -auftrags weiterhelfen. Sie sollen im Folgenden kurz skizziert werden. 1.4.2 Der historische Ansatz In einer früheren Publikation habe ich die Bildungsbegriffe berühmter und zumeist längst verstorbener Pädagog/innen analysiert und die folgenden zentralen Aspekte gefunden (Textor 1999): 1. Bildung umfasst sowohl die Entwicklung und Schulung „innerer Kräfte“ (formale Bildung) als auch die Aneignung von Kenntnissen und Erschließung der Welt (materiale Bildung). 2. Bildung beinhaltet sowohl Selbstbildung, einen Prozess der Selbstgestaltung und Eigenaktivität (der sich über das ganze Leben erstrecken kann), als auch einen Prozess der Bildung und Wissensvermittlung durch Dritte (insbesondere durch planmäßigen Unterricht; zumeist auf die ersten zwei oder drei Lebensjahrzehnte beschränkt). 3. Bildung ist sowohl die Übernahme und der Erwerb von Bildungsgütern wie Sprache, Kulturtechniken, (Natur- und Geistes-) Wissenschaft, Technik (einschließlich neuer Informationstechnologien) und Kunst als auch die kritische 21
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vom „frühkindlichen Lerncharakter“ ausgegangen werden, der<br />
durch Neugier und vielfältige Interessen geprägt sei. Auch sollte<br />
die frühkindliche Wahrnehmungs- und Fantasiewelt berücksichtigt<br />
werden. Dann listet Burtscher kindgemäße <strong>Bildung</strong>sinhalte<br />
aus den Bereichen Naturwissenschaften, Arbeitsleben, Kunst und<br />
Gesellschaft auf. Ferner stellt sie dar, wie Erzieher/innen auf den<br />
<strong>Bildung</strong>serfahrungen der Kinder in ihren Familien aufbauen<br />
können. Jedoch wird der Begriff „<strong>Bildung</strong>“ nicht definiert, fehlt<br />
eine Systematik der <strong>Bildung</strong>sziele und -inhalte (Didaktik), wird die<br />
Methodik kaum thematisiert.<br />
Inzwischen gibt es einige eher wissenschaftlich fundierte Ansätze,<br />
die vielleicht bei der Best<strong>im</strong>mung eines frühpädagogischen <strong>Bildung</strong>sbegriffs<br />
und -auftrags weiterhelfen. Sie sollen <strong>im</strong> Folgenden<br />
kurz skizziert werden.<br />
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In einer früheren Publikation habe ich die <strong>Bildung</strong>sbegriffe berühmter<br />
und zumeist längst verstorbener Pädagog/innen analysiert<br />
und die folgenden zentralen Aspekte gefunden (<strong>Textor</strong><br />
1999):<br />
1. <strong>Bildung</strong> umfasst sowohl die Entwicklung und Schulung „innerer<br />
Kräfte“ (formale <strong>Bildung</strong>) als auch die Aneignung <strong>von</strong><br />
Kenntnissen und Erschließung der Welt (materiale <strong>Bildung</strong>).<br />
2. <strong>Bildung</strong> beinhaltet sowohl Selbstbildung, einen Prozess der<br />
Selbstgestaltung und Eigenaktivität (der sich über das ganze<br />
Leben erstrecken kann), als auch einen Prozess der <strong>Bildung</strong><br />
und Wissensvermittlung durch Dritte (insbesondere<br />
durch planmäßigen Unterricht; zumeist auf die ersten zwei<br />
oder drei Lebensjahrzehnte beschränkt).<br />
3. <strong>Bildung</strong> ist sowohl die Übernahme und der Erwerb <strong>von</strong> <strong>Bildung</strong>sgütern<br />
wie Sprache, Kulturtechniken, (Natur- und<br />
Geistes-) Wissenschaft, Technik (einschließlich neuer Informationstechnologien)<br />
und Kunst als auch die kritische<br />
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