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Vorbemerkung<br />
<strong>Horoskop</strong>e sollen eine gewisse Richtschnur sein. Vielleicht sogar<br />
hilfreich, wenn man daran glaubt.<br />
Die Frage ist: Inwiefern beeinflusst eine solche Vorhersage unser<br />
Handeln?<br />
Copyright: G.v.Tetzeli<br />
Cover: G.v.Tetzeli<br />
Internet:<br />
www.welpenweste.de
<strong>Das</strong> <strong>Horoskop</strong><br />
Meine Holde ist leider unverbesserlich. Sie verschlingt in diversen<br />
Zeitschriften immer die <strong>Horoskop</strong>e. <strong>Das</strong> saugt sie auf. Immer wieder<br />
weist sie mich darauf hin, dass ausgerechnet mein Sternzeichen schwierig<br />
wäre. Der Zwilling. Zwei Wesen würden unter meiner Haut<br />
herumgeistern. <strong>Das</strong> ist natürlich Quark! Wenn ich in den Spiegel schaue,<br />
dann fühle ich mich als Zwilling nur insoweit bestätigt, dass ich nämlich<br />
doppelt so schön bin, wie „Normalos“.<br />
Meine Holde bricht auf, zum Friseur, wie sie sagt. In Wirklichkeit hat sie<br />
dann unter der Trockenhaube genügend Muße in den angebotenen<br />
Trivial-Blättchen <strong>Horoskop</strong>e zu verschlingen.<br />
Und noch im Weggehen raunt sie mir zu, dass es gerade heute für mich<br />
nicht gut aussähe, wegen Venus und Merkur.<br />
Sie faselt.<br />
Als sie weg ist, widme ich mich der Tageszeitung. Aktuelles, Wirtschaft,<br />
Politik überblättere ich, weil ich zum Sportteil kommen muss. Ich<br />
interessiere mich eben für Fakten. Doch halt, da gibt es eine ausführliche<br />
Seite: Ihr persönliches <strong>Horoskop</strong>.<br />
Man kann ja mal reinschauen, bevor ich mich erkundige, ob Jogi Löw<br />
seine Blase an der großen Zehe endlich auskuriert hat.<br />
Einige Zeichnungen gibt es, die irgendwelche Sternkonstellationen<br />
beschreiben und irgendwo entdecke ich „Heutiger Problemfall:<br />
Zwilling“.<br />
Liebe: Sie strahlen von innen heraus. <strong>Das</strong> zieht andere Menschen<br />
magisch an.<br />
Na, also!<br />
Geld und Beruf: Jupiter blockt. Bitte keine Transaktionen durchführen.
Habe eh kein Geld, ist also Wurst.<br />
Gesundheit: Heute droht echte Gefahr. Vermeiden sie außer Haus zu<br />
gehen. Heute sollten sie vor allem nach oben sehen. Es könnte eine<br />
unliebsame Überraschung auf sie einwirken. Es muss nicht sein, aber ein<br />
Unfall ist durch ihre mangelnde Lebenskraft nicht wahrscheinlich. Sie<br />
sind stressgeplagt. Versuchen sie sich innerlich zu ordnen.<br />
Was für ein Geschmier.<br />
Bevor ich mich Jogi Löw befasse, gehe ich in die Küche und gieße mir<br />
einen Tee auf. Hopsala, da hätte ich mich beinahe verbrüht! Aufpassen,<br />
Günter!<br />
Zurück im Wohnzimmer höre ich aus dem Radio: Wetterwarnung. Es<br />
wurde Sturmwarnung ausgerufen! Ich würgte ab<br />
Irgendwie fühle ich mich nicht so wohl. Was ist, wenn die Kastanie<br />
hinter dem Haus abknickt und auf unser Flachdach stürzt? Und was<br />
würde dann mit mir passieren? Ach herrje! Sagte das <strong>Horoskop</strong> nicht<br />
von oben?<br />
Ich rief bei einem Baumspezialisten an. Nach der Beschreibung solle ich<br />
mir keinerlei Sorgen machen. Ich mache mir keine Sorgen, schrie ich<br />
erregt zurück. Hier geht es nur um eine Info. Schließlich ist Sturm<br />
angesagt. <strong>Das</strong> laue Lüftchen hält der locker aus. Ich warf das Handy zu.<br />
Blödmann! Es drohte Gefahr! Ich konnte doch nicht einfach<br />
herumsitzen und auf das Schicksal warten. Du bist selbst deines Glückes<br />
Koch, oder so.<br />
Zweieinhalb Stunden später klingelte es an der Haustüre. Ängstlich<br />
fragte über die Sprechanlage: Sind die Verwüstungen durch den Sturm<br />
schlimm? Ich kann nicht rauskommen, zu gefährlich!<br />
Da lachte der Andere. „Welche Verwüstungen? Schönster Sonnenschein.<br />
Nein, hier ist die Post. Ich habe einen Brief von der Lotterie, sie<br />
Glücklicher! Und außerdem habe ich die Stehlampe dabei, auf die ihre<br />
Frau schon sehnlichst wartet.“ „Ach so.“ „Ich wollte schon gar nicht
klingeln, weil ich dachte sie wären im Urlaub, so wie alle Fenster mit<br />
Brettern vernagelt sind. Wenn das mit der Lotterie nicht gewesen<br />
wäre…“<br />
„Einen Moment, ich komme gleich. Einen Augenblick bitte!“<br />
Schnell hatte ich den Hammer zur Hand und riss mühsam die<br />
eingedübelten Bretter heraus, die quer über die Türrahmen den<br />
Eingangsbereich verstärkt hatten. Es dauerte etwas. Schließlich lief ich<br />
nach draußen. „Danke, vielmals, vielmals, dass sie gewartet haben“,<br />
entschuldigte ich mich.<br />
Ich nahm das Schreiben entgegen, packte die Kiste und nahm die Stange<br />
der Stehlampe irgendwie unter den Arm. Jetzt aber schnell wieder rein.<br />
Am Absatz zur Eingangstüre stolperte ich und schlug mit dem Kinn auf<br />
die Paketkante. Dann hatte die Stange dabei Schwung bekommen und<br />
zog mir buchstäblich eins über den Schädel.<br />
Kurz und gut, als meine bessere Hälfte wieder eintrudelte war ich mit<br />
einem Kopfverband verziert und lag ziemlich erledigt auf der Couch.<br />
Den blöden Lottobrief hatte ich auch schon hinter mir.<br />
„Du und deine <strong>Horoskop</strong>e, vielen Dank auch“, presste ich hervor, als sie<br />
ins Blickfeld meines blauen Auges geriet.<br />
„Wieso denn das?“<br />
„Na hier“, ich klopfte mit dem Zeigefinger auf die Tageszeitung.<br />
Sie nahm sie, warf ein Blick darauf und starrte mich ungläubig an<br />
„Und?“<br />
„Grauen, Sturm, Unglück! Da steht’s!“<br />
„<strong>Das</strong> ist doch die Zeitung von gestern, du Heimkind“, lachte sie.<br />
„Aber der Wetterbericht!“<br />
„<strong>Das</strong> war für die Skifahrer wegen der Abfahrten von der Zugspitze.
Und heute“, spitzte sie süffisant die Lippen, „heute geht es dir beruflich<br />
prächtig, sagt Venus.“<br />
„Ich weiß“, murmelte ich, „wir haben 20 € im Lotto gewonnen.“