Nachrichtenblatt September 2011 - Werbegemeinschaft Geismar ...
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Die gemeine Wegwarte<br />
(Cichorium intybus)<br />
Blume des Jahres 2009<br />
Lieferant für den Kaffee-Ersatz,<br />
im Volksmund auch „Muckefuck“ genannt.<br />
Wer in den vergangenen Wochen einen Spaziergang<br />
durch die <strong>Geismar</strong>er Feldmark gemacht hat,<br />
wird am Wegesrand die blau blühende Pflanze<br />
(auch Zichorie genannt) entdeckt haben. Sie wird<br />
bis zu 50 cm hoch und gehört zur Gattung der Korbblütler. Die Blüten öffnen sich<br />
morgens in östlicher Richtung und folgen dann dem Lauf der Sonne, bis sie abends<br />
nach Westen stehen und sich wieder schließen (eine natürliche Sonnenuhr).<br />
Schon im Mittelalter wurde die Pflanze zur Arzneimittelherstellung genutzt und die<br />
Blätter zu Salat oder Gemüse verarbeitet. Die langen Pfahlwurzeln aber dienten bis<br />
ins 20. Jahrhundert zur Herstellung des Kaffee-Ersatzes.<br />
Der Anstädter Hofgärtner Timme (1698 – 1772) soll der eigentliche Erfinder des<br />
Zichorienkaffees sein. Er experimentierte mit den Wurzeln, die getrocknet, geröstet,<br />
gemahlen und anschließend aufgegossen an den Geschmack von Kaffee erinnerten.<br />
Bereits 1769 wurde die erste Zichorienfabrik eröffnet, um den Kaffee-Ersatz herstellen<br />
zu können.<br />
Während der napoleonischen Kontinentalsperre im Jahre 1806 empfahl Friedrich der<br />
Große von Preußen seinen Untertanen, aus den Wurzeln das Getränk herzustellen,<br />
bzw. dem aus gerösteten Roggen oder Gerste aufgebrühten „Kaffee“ beizufügen.<br />
Das Surrogat enthält Bitterstoffe und gibt dem Getränk eine dunkle Farbe. Der Ersatzkaffee<br />
wurde zum wichtigsten nichtalkoholischen Getränk der Deutschen.<br />
In Kombination mit Brot und Kartoffeln bildete es bis in die 1950iger Jahre die<br />
Ernährungsgrundlage der Unter-<br />
und Mittelschicht.<br />
Im Nienburger Raum wurde die<br />
Wegwarte sogar feldmäßig angebaut<br />
und dann die Wurzeln an die<br />
Zichorienfabriken verkauft.<br />
Der gebräuchliche Name „Muckefuck“<br />
für den Ersatzkaffee soll sich<br />
ableiten von dem französischen<br />
Wort „Mocca faux“ für „falscher<br />
Kaffee“.<br />
Zu den alten Berufen in Niedersachsen<br />
zählt auch der Zichorienbrenner,<br />
der in dieser Ausgabe auf S. 42 vorgestellt wird.<br />
(Text: Ortsheimatpflegerin Vera Lenz, Fotos: Gunter Sokolowsky)<br />
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