Geschäftsbericht 2001 - Die Schweizerische Post

Gelbe Kredite von Postfinance
Am 15. Februar 2002 hat Postfinance die Kooperation mit der
UBS im Kreditgeschäft der Öffentlichkeit vorgestellt. Diese
Zusammenarbeit mit der grössten Schweizer Bank als Partnerin
hat ein klares Ziel: Das Aktivgeschäft als neue Sparte soll das
Angebot vervollständigen und Postfinance zu einer umfassenden
Finanzdienstleisterin im Retailbereich machen. Alles aus
einer Hand, heisst die Devise.
Ab Mai 2003 sollen die neuen gelben Kreditprodukte auf dem
Markt sein. Postfinance übernimmt dabei die Definition und
das Pricing, das Marketing, den Verkauf und die ganze Verarbeitung.
Bei der UBS bleiben das Risiko- und Kapitalmanagement
und die Refinanzierung. Die Kreditentscheide werden gemeinsam
vorbereitet, den Entscheid trifft die UBS.
Postfinance will mit möglichst wenigen, einfachen Produkten
für einen klar definierten Kundenkreis ins Aktivgeschäft einsteigen.
Wenig und einfach heisst, dass ab nächstem Jahr Privatpersonen
Hypotheken angeboten werden, kleinen und mittleren
Unternehmen (KMU) und öffentlich-rechtlichen Körperschaften
feste Vorschüsse und Kontokorrentkredite. Es werden also –
Postfinance weiter auf dem Weg zur Bank
Zahlen, Anlegen, Vorsorgen, Sparen: Mit diesen vier Säulen hat sich
Postfinance nun schon fast als vollständige Finanzdienstleisterin
etabliert. Noch fehlte aber eine Sparte, die jedermann von einer
Bank erwartet: Kredite. Denn die Kundinnen und Kunden wollen
über ein Finanzinstitut nicht nur Geld transferieren und beiseite legen,
sie wollen von ihm auch Geld ausleihen. Nur wer das kann, ist
ein vollwertiger Partner in Sachen Geld.
Die Herausforderung war, dass ohne umfassendes Angebot, also
ohne Kredite, ein Teil der Kundengelder vom Gelben Konto abzuwandern
drohte. Denn Private und Unternehmen, die von einer
Bank eine Hypothek oder einen Kontokorrentkredit erhalten,
wickeln auch ihren Zahlungsverkehr und ihre Anlagegelder über dieses
Institut ab. Postfinance musste also diese Lücke schliessen.
Mit einem finanziellen Gesamtangebot die Kunden zu binden war
der eine Grund für das Projekt Postbank. Es ging auch darum,
den Ertrag für den Mutterkonzern zu sichern. Die Post braucht die
Gewinne von Postfinance – nicht zuletzt, um den Service public
gewährleisten zu können.
Doch um Geld in Form von Krediten ausleihen zu können, braucht
es eine Bankenlizenz von der Eidgenössischen Bankenkommission.
Und es braucht, im Fall von Postfinance, auch einen politischen
Prozess. Denn laut Postgesetz ist der Post und ihren Betrieben das
Kreditgeschäft untersagt. So arbeitete der Bundesrat eine Vorlage
aus, um die juristischen Grundlagen für den neuen Postfinance-
Geschäftsbereich zu schaffen.
Der Vorschlag ging vor einem Jahr in die Vernehmlassung. Parteien,
Kantone, Verbände und die künftige Konkurrenz reagierten ungehalten.
Die Schweiz sei «overbanked», hiess es etwa. Und eine
staatlich kontrollierte Bank brauche es in der Schweiz nicht. Kein
Musikgehör also für eine Postfinance mit Bankenstatus.
Finanzdienstleistungen 31
mindestens vorläufig – von Postfinance keine Privatkredite
und keine Investitionskredite und Hypotheken für Firmen zu
haben sein. Das Kundensegment umfasst die traditionelle
Postfinance-Kundschaft.
Für private Liegenschaftsbesitzer sind die gelben Hypotheken
gedacht, mit variablem oder festem Zinssatz. Diese Kredite sind
beschränkt auf selbstbewohntes Wohneigentum und Ferienobjekte.
Zur Finanzierung der laufenden Rechnung, dem Umlaufvermögen
von kleinen und mittleren Schweizer Unternehmen
gibts den gelben Kontokorrentkredit. Zudem ist ein fester Vorschuss
mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr möglich. Dieser
Vorschuss ist ein Festkredit mit einem fixen Betrag, einer fixen
Laufzeit und einem fixen Zinssatz.
Öffentlich-rechtliche Körperschaften, zum Beispiel Gemeinden
und Kantone, können ebenfalls Kontokorrentkredite und
feste Vorschüsse von Postfinance beziehen. Mit solchen Vorschüssen,
die auch mehrjährig sein können, werden häufig
grössere Bauvorhaben finanziert, wie zum Beispiel Schulhäuser.
Unbestritten war hingegen, sogar
bei den direkten Konkurrenten,
dass Postfinance die
Möglichkeit haben müsse, ihr
Geschäftsfeld zu erweitern und
mehr Geld zu verdienen. Wenn
nicht allein, dann halt in einer
Kooperation.
So dachte an der Berner Engehaldenstrasse,
dem Hauptsitz
von Postfinance, auch nach
dieser eindeutigen Abfuhr für
das Projekt Postbank auf
dem politischen Parkett niemand
ans Aufgeben. Ein Projektteam
machte sich intensiv
auf die Suche nach einer Partnerin.
Nur vier Monate nach
dem bundesrätlichen Entscheid,
dass keine Postbank geschaffen
werden sollte, präsentierte
Postfinance am vergangenen
15. Februar bereits die Partnerschaft:
Die UBS unterstützt
Postfinance fortan im Kreditgeschäft.
Ab Mai 2003 werden
Hypotheken, feste Vorschüsse
und Kontokorrentkredite angeboten
– alle in Form von gelben
Produkten (siehe Kasten).
Zahlen, Anlegen, Sparen, Vorsorgen,
Finanzieren: Postfinance
kann nun also alle Dienstleistungen
einer Retailbank anbieten.
Eines bleibt auch nach dem
rasanten Ausbau im Zentrum:
das Gelbe Konto. Denn wo
landet das Geld für den Hauskauf,
wenn der Hypothekarkredit
gesprochen ist? Auf
dem Postkonto natürlich. Und
auf welchem Weg werden die
Hypozinsen bezahlt? Selbstverständlich
übers Gelbe Konto.