Albmagazin_Kispel_2_2016
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Ausgabe 2 / Juli <strong>2016</strong><br />
logo Print GmbH<br />
REGION KISPEL - LAUTER<br />
Ein Pferd für alle Eventualitäten<br />
Das Altwürttemberger Pferd<br />
Lina Schrade – humorvoll und geistig topfit<br />
Älteste Einwohnerin von Gomadingen<br />
Mitternachtsturnier Holzelfingen<br />
128 Mannschaften waren dabei<br />
50 Jahre Hammelessen auf dem Eppenzill<br />
Vom Geheimtipp zum Kult: Hammelessen auf dem Eppenzill – Seite 18 – 20<br />
Entschleunigung auf feucht-kalter Sohle<br />
Ein Besuch bei Rita Goller und ihren Rietheimer Albschnecken – Seite 6 – 8<br />
1816 – das Jahr ohne Sommer<br />
Ein Vulkanausbruch mit weitreichenden Folgen – Seite 10 – 13
Inhaltsverzeichnis<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Editorial<br />
Seite 3<br />
Ein Pferd für alle Eventualitäten<br />
Seite 4 – 5<br />
Entschleunigung auf feucht-kalter Sohle<br />
Seite 6 – 8<br />
Landgasthof Failenschmid in Gächingen<br />
Seite 9<br />
1816 – das Jahr ohne Sommer<br />
Seite 10 – 13<br />
Mitternachtsturnier Holzelfingen<br />
Seite 14 – 17<br />
50 Jahre Hammelessen auf dem Eppenzill<br />
Seite 18 – 20<br />
Ein Wappen ganz wie die Schwäbische Alb<br />
Seite 21<br />
Humorvoll und geistig topfit<br />
Seite 22 – 23<br />
Volksbank Ermstal-Alb eG<br />
Seite 24<br />
AlbThermen in Bad Urach<br />
Seite 25<br />
Vieltausendfache Blütenpracht<br />
Seite 26 – 28<br />
Firma HS-Teigwarenherstellung<br />
Seite 29<br />
Veranstaltungskalender / Impressum<br />
Seite 30 – 31<br />
Titelfotografie: Thomas Blank<br />
Rückseite: Helmknabenkraut,<br />
fotografiert von Eva-Maria Pulvermüller<br />
Seite 10 – 13 Seite 6 – 8<br />
Seite 26 – 28<br />
Seite 18 – 20<br />
Seite 21<br />
2
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser<br />
des Alb-Magazins,<br />
Der Sommer ist wieder da. Sonne, Wärme<br />
und abends einmal draußen gemütlich im<br />
Garten sitzen. Fast das ganze Frühjahr war<br />
dieses so auf der Alb schlecht möglich: Zu<br />
kalt, zu nass, zu windig. Dann zogen Unwetter<br />
über die Region. Manche Keller liefen auch<br />
auf der Alb voll, die Feuerwehr musste ausrücken,<br />
um das Schlimmste zu verhindern.<br />
Haben Sie schon einmal ein so verregnetes<br />
Frühjahr erlebt? So manche Einwohner, die<br />
schon über 80 Sommer erlebt haben, können<br />
sich an so ein Wetter nicht erinnern. Manche<br />
glaubten schon, das sei es für dieses Jahr.<br />
Aber wie immer gibt es auch eine Kehrseite<br />
dieser Wetterlage. Unsere Naturfotografin<br />
Eva-Maria Pulvermüller aus Gomadingen hat<br />
die positive Seite des Regens in dieser Ausgabe<br />
beschrieben und auch wieder einmal unglaublich<br />
schöne Fotos gemacht. Die Rede ist<br />
von den heimischen Orchideen. Für die war<br />
es ein geradezu geniales Jahr. Wo sonst 5<br />
Pflanzen blühten, waren es in diesem Jahr 50<br />
und mehr. Und so hat alles eben zwei Seiten.<br />
Allerdings passt zum schlechten Wetter auch<br />
ein trauriges Jubiläum, über das wir in dieser<br />
Ausgabe berichten: Das Jahr ohne Sommer<br />
im Jahre 1816. Damals, durch einen Vulkanausbruch<br />
ausgelöst, schneite es im Sommer<br />
und es gab keine Sonne, keine Ernte. Dieses<br />
Ereignis veränderte das Leben damals in der<br />
Region grundlegend. Das Alb-Magazin ist auf<br />
Spurensuche gegangen und berichtet von<br />
diesem Naturereignis, das auch unsere Region<br />
auf der Alb vor rund 200 Jahren technologisch<br />
und sozial grundlegend verändert hat.<br />
Ein Jubiläum feierte in diesem Jahr auch ein<br />
ganz besonderes Fest auf der Alb: Das Hammelessen<br />
auf dem Eppenzill. 50 Jahre Hammellauf<br />
in diesem Jahr mit rund 200 Helfern,<br />
die schon eine Woche vorher mit den Vorbereitungen<br />
begannen. Ehrenamtlich versteht<br />
sich und das verdient Respekt! Das aber<br />
macht dieses Fest mit tausenden Besuchern<br />
erst möglich. Perfekt bis ins Detail organisiert<br />
vom Musikverein Upfingen.<br />
Bereits am Tag vor dem Hammellauf ist, mit<br />
rund 2000 meist jungen Besuchern, das<br />
Zelt voll besetzt. Auf die Frage, welche Band<br />
denn heute spiele, sagte mir eine Besucherin:<br />
“Ist egal, hier trifft man sich. Hier treffe<br />
ich Leute, die ich oft ein Jahr nicht gesehen<br />
habe”. Wenn ein Fest auch bei jungen Leuten<br />
diesen Kultstatus erreicht hat, können die<br />
Organisatoren zurecht mächtig stolz sein. Der<br />
Hammellauf, einen Tag später, war bei strahlendem<br />
Sonnenschein ebenfalls prächtig besucht.<br />
Beim Hammellauf selber gibt es immer<br />
noch einen Hammel zu gewinnen, allerdings<br />
mit der Änderung, dass landwirtschaftlicher<br />
Sachverstand nachweisbar sein muss, um<br />
den Hammel auch wirklich mit nach Hause<br />
nehmen zu können, Alternativ gibt es einen<br />
Gutschein für Leckereien rund um den Hammel.<br />
Glückwunsch an Upfingen und eine Region,<br />
die hier eine tolle Zusammenarbeit zeigt,<br />
wie sie wohl nur noch auf der Alb zu finden ist.<br />
Wie viele wissen, bin ich in Erkenbrechtsweiler<br />
auf der Vorderen Alb, der Region Heidengraben,<br />
geboren und lebe seither in dieser<br />
schönen Gemeinde. Ein Älbler mit Herz und<br />
Seele. Jeden Tag, wenn ich mit meinen Hunden<br />
auf die tägliche Runde gehe, denke ich,<br />
dass hier auf der Albhochfläche doch der<br />
schönste Platz zum Leben ist, ob bei Regen<br />
oder bei strahlendem Sonnenschein.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Spaß<br />
mit der neuen Ausgabe des Alb-Magazins und<br />
noch einen schönen Sommer.<br />
Ihr Thomas Blank<br />
Redaktionsleitung<br />
3
Ein Pferd für alle Eventualitäten<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Das Altwürttemberger Pferd –<br />
eine Geschichte von Aufstieg, Fall und einer kleinen Wiedergeburt<br />
Anspruchslos, bodenständig, ruhig, kräftig und ausdauernd sollte es sein. „Kalibrig“, robust, zugstark und willig, gleichermaßen<br />
im Geschirr wie unter dem Sattel. Ein Pferd „mit der Härte eines Artilleriestangenpferdes“, geeignet, den<br />
Pflug und die Kutsche zu ziehen – so „furchtlos und treu“ wie die zweibeinigen Einwohner des Königreichs Württemberg<br />
sich selbst sahen, gemäß der Devise, welche sich man hierzulande wenige Jahre zuvor selbst gegeben hatte. Das war das<br />
angestrebte Zuchtziel, als man 1867 begann in Württemberg ein schweres Warmblutpferd zu züchten, das sowohl als<br />
Wirtschafts- wie auch als Zugpferd eingesetzt werden sollte.<br />
Mütterlicherseits waren es zunächst ostpreußische<br />
Stuten und Landstuten mit<br />
hohem Araberanteil, die man auswählte,<br />
um den gewünschten Pferdetyp hervorzubringen.<br />
Väterlicherseits kamen u. a. Araberhengste<br />
des Königlichen Gestüts Weil,<br />
Hannoveraner, Ostpreußen und vor allem<br />
aus der Normandie stammende Hengste<br />
zum Einsatz. Zwanzig Jahre lang unternahm<br />
man mit diesen Pferderassen mehr<br />
oder weniger erfolgreiche Deckversuche,<br />
da ging im Jahr 1888 ein wahrer Stern am<br />
Vererber-Himmel auf. „Faust“ hieß er, war<br />
ein Franzose – Anglo-Normanne, um genau<br />
zu sein – und solch ein Ausnahmepferd,<br />
dass er fortan alle andern Deckhengste in<br />
den Schatten stellte. Mit ihm als Stammvater<br />
gelang in nur wenigen Jahrzehnten<br />
die Zucht eines schweren Warmblutpferdetyps,<br />
der nicht nur bei der Feld- und<br />
Waldarbeit, sondern gleichermaßen als<br />
Kutsch- und Reitpferd seine Tauglichkeit<br />
und seine vorzüglichen Exterieurs und Interieurs<br />
unter Beweis stellte. Nicht nur, dass<br />
er dem Altwürttemberger Pferdetyp die gewünschte<br />
Vielseitigkeit bescherte, Faust<br />
brachte auch Nervenstärke bei gleichzeitig<br />
vorhandenem lebhaftem Temperament ins<br />
Spiel. „Herr und Bauer“ wurde der Altwürttemberger<br />
alsbald landläufig genannt – als<br />
ein Pferd, das man sonntags vor der Kutsche<br />
und werktags auf dem Acker antraf.<br />
Beinahe 100 Jahre lang waren die Nachfahren<br />
des legendären Faust erwünscht<br />
und begehrt und vererbten ihre liebenswerten<br />
Charaktereigenschaften und ihre<br />
körperliche Tüchtigkeit zuverlässig weiter,<br />
ehe sie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren<br />
plötzlich und unverdientermaßen aufs<br />
Abstellgleis gerieten.<br />
Plötzlich nicht mehr gefragt<br />
In die Landwirtschaft hatte die Technik Einzug<br />
gehalten: Wer es sich leisten konnte,<br />
tauschte die vierhufige gegen eine vierrädrige<br />
Zugmaschine namens Traktor ein,<br />
welche nur dann „Futter“ verlangte, wenn<br />
sie in Betrieb war – und die sonntägliche<br />
Kutsche gegen eine Blechkarosse, die mit<br />
mehr als nur einer Pferdestärke aufwarten<br />
konnte. Diejenigen aber, die nach wie<br />
vor aufs Pferd setzten, hatten mit diesem<br />
plötzlich eine andere Verwendung im Sinn<br />
– und folglich einen ganz neuen Pferdetyp<br />
vor dem geistigen Auge. Sport- und Freizeitpartner<br />
sollte das Württemberger Pferd<br />
von nun an vor allem sein, Artilleriestangenpferde-Eigenschaften<br />
und Kalibrigkeit<br />
waren nicht mehr gefragt. Fast hätte dieser<br />
Sinneswandel der „Kundschaft“ für<br />
die gesamte Württemberger-Zucht des<br />
Haupt- und Landgestüts Marbach das Aus<br />
bedeutet, denn mit der Umzüchtung des<br />
Württembergers vom Arbeits- zum Freizeitpferd<br />
wollte es zunächst nicht so recht vorangehen.<br />
Da kam 1960 als Retter in der<br />
Not der Ostpreuße Julmond ins Spiel, ein<br />
seinerseits bereits ins Abseits geratener<br />
Trakehner aus Ostpreußen, der noch mit<br />
dem großen Treck im Krieg in den Westen<br />
gekommen war. Mehr durch Zufall<br />
kam er zwanzigjährig ins Gestüt Marbach,<br />
hinterließ nach nur fünfjähriger Beschälertätigkeit<br />
140 Fohlen, die dazu taugten,<br />
die Zucht des Württemberger Pferdes auf<br />
Zwei "alte Hasen" unter den Altwürttemberger Beschälern im Haupt- und Landgestüt Marbach: Ehrmann (links) und Sorano (rechts)<br />
4
neue, schmalere Beine zu stellen, und verstarb<br />
nach getaner Arbeit 1965 jäh und<br />
unerwartet an einem Herzinfarkt. Nun war<br />
zwar der Fortbestand der Zucht des Württemberger<br />
Pferdes insgesamt gesichert,<br />
das schwere Altwürttemberger Warmblutpferd<br />
allerdings war dabei vollends unter<br />
die Räder gekommen. Der letzte noch<br />
übrig gebliebene Vertreter der Rasse auf<br />
einer Deckstation war im Jahr 1969 der<br />
Hengst Freisohn.<br />
Vom Aussterben bedroht<br />
In den darauffolgenden zwanzig Jahren<br />
verlor die einst so beliebte Rasse so stark<br />
an Bedeutung, dass bis Ende der Achtzigerjahre<br />
nur noch eine Handvoll reine<br />
Altwürttemberger Stuten aufzufinden war.<br />
Noch schlimmer sah es um den Hengstbestand<br />
aus. Hier musste man froh sein,<br />
überhaupt noch Tiere zu finden, die einen<br />
Altwürttemberger Genanteil aufwiesen,<br />
von Reinblütigkeit konnte keine Rede<br />
mehr sein. Als sich dann im Jahr 1988 –<br />
genau 100 Jahre nach der Entdeckung des<br />
legendären Faust und quasi fünf Minuten<br />
vor zwölf – der Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger<br />
Pferdes gründete, war man<br />
zunächst darauf angewiesen, Hengste des<br />
Sächsischen Schweren Warmbluts einzukreuzen.<br />
Bald jedoch konnte man aus den<br />
noch vorhandenen Stuten mit hohem Prozentsatz<br />
an Altwürttemberger Blutanteil eigene<br />
Hengste ziehen. Nachdem es im Jahr<br />
2002 die 14 im Zuchtbuch registrierten<br />
Stutfohlen immerhin auf einen Altwürttemberger<br />
Blutanteil zwischen 17 und 61 Prozent<br />
brachten, wurden ab 2008 nur noch<br />
solche Stuten ins Zuchtbuch aufgenommen,<br />
deren Altwürttemberger Blutanteil<br />
über 12,5 Prozent lag. Für das Jahr <strong>2016</strong><br />
sind 45 Stuten und 8 Hengste im Land<br />
Baden-Württemberg zuchtaktiv, die als Altwürttemberger<br />
„laufen dürfen“, sechs Fohlen<br />
haben sie in diesem Jahr bisher hervorgebracht.<br />
Diese Zahlen brachten dem<br />
Altwürttemberger den Status einer „extrem<br />
gefährdeten“ Tierart auf der Roten Liste<br />
der Gesellschaft für aussterbende Haustierrassen<br />
(GEH) ein. Dennoch: Schon im<br />
Jahr 2013 konnte das Zuchtbuch für diese<br />
Pferderasse geschlossen werden. Daraufhin<br />
befragt, was dies bedeute, erklärt Dr.<br />
Carina Krumbiegel, Zuchtleiterin für das<br />
Altwürttemberger Pferd beim Pferdezuchtverband<br />
Baden-Württemberg, dass vorerst<br />
Der neue Hoffnungsträger der Altwürttemberger-Zucht ist derzeit der Cob-Normand-Hengst Ulysse de Prés, genannt<br />
Uli<br />
auf eine Einkreuzung fremder Rassen verzichtet<br />
wird, da genügend Pferde mit ausreichend<br />
hohen Blutanteilen vorhanden<br />
sind, um mit diesen weiterzuzüchten und<br />
die Rasse zu stabilisieren. Eine Ausnahme,<br />
die eigentlich keine ist, bildet dabei der<br />
vielversprechende Cob-Normand-Hengst<br />
Ulysse des Prés, kurz Uli genannt, der seit<br />
2011 im Haupt- und Landgestüt Marbach<br />
im Zuchtversuch deckt und die beiden<br />
Hengste Ehrmann und Sorano unterstützt,<br />
die schon ein paar Jährchen länger „im<br />
Geschäft sind“. Seit <strong>2016</strong> ist überdies der<br />
dreizehnjährige Hengst Sadie in Marbach<br />
und bei einigen Privathengstaltern stehen<br />
weitere Hengste für die Zucht zur Verfügung.<br />
Ein jetzt zweijähriger Hengst kann<br />
die Hengstriege nächstes Jahr möglicherweise<br />
ergänzen.<br />
Einige Hengstfohlen von hoher Qualität<br />
hat Cob-Normand-Hengst Uli bereits hervorgebracht<br />
und mit LVV Umberto hat er<br />
bereits einen gekörten Sohn. Er darf sich<br />
übrigens ganz ohne schlechtes Gewissen<br />
als Altwürttemberger fühlen, gehört<br />
er doch genau jener Pferderasse an, die<br />
einst im ausgehenden 19. Jahrhundert<br />
die Zucht dieser Rasse mit begründete.<br />
Und so schließt sich der Kreis: Für den<br />
Versuch, diese schöne alte Mehrnutzungs-<br />
Pferderasse in letzter Minute zu retten, ist<br />
also – neben anderen – nun erneut ein<br />
Normannenhengst gefunden worden wie<br />
seinerzeit. Wenn das kein gutes Omen ist!<br />
Text: Petra Zwerenz<br />
Fotografie: Archiv des Haupt- und Landgestüts<br />
Marbach<br />
Altwürttemberger Hengst Silberstrich präsentiert sich bei der Hengstparade dem Publikum<br />
5
Entschleunigung auf feucht-kalter Sohle<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Ein Besuch bei Rita Goller und ihren Rietheimer Albschnecken<br />
Es ist ein Tag Ausgangs Mai. Einer von jener Sorte Tage, denen man abends nachsagt, es habe heute nur einmal geregnet.<br />
„Chrissi“ nennen die Wetterfrösche den, der dafür verantwortlich sein soll. Eigentlich sollte er schon am Nachmittag<br />
weichen, aber er tut es nicht. Chrissi hält die Stellung. Auch auf der Schwäbischen Alb treibt er sein Unwesen,<br />
setzt Wiesen unter Wasser, bildet malerische Lachen auf Feldwegen, lässt es quietschen unter den Schuhsohlen und<br />
kriecht, weil er dazu auch noch ein kalter Hund ist, in Jacken und Hosenschenkel hinein.<br />
Schneckengärtnerin Rita Goller in ihrem Gehege<br />
Ein Wetter, von dem man eigentlich gedacht<br />
hätte, es müsste einer Schnecke gefallen.<br />
Doch weit gefehlt: Heute ergreifen<br />
sogar die Schnecken die Flucht. Das klamme,<br />
nasse Gras hinter sich lassend, arbeiten<br />
sie sich an der netzartigen Begrenzung<br />
ihres Geheges hoch und meinen offenbar,<br />
außerhalb ihrer Umzäunung fänden sie<br />
andere Zustände vor. Denn obwohl die<br />
Schnecken den Regen mögen, verursacht<br />
ihnen doch die Kälte Missbehagen. So viel<br />
sogar, dass sie, falls sie im Frühjahr zu zeitig<br />
aus ihrem Winterschlaf aufwachen, von<br />
ihr dahingerafft werden können.<br />
Die mir dies und noch viel mehr über ihre<br />
häuschentragenden Schützlinge erzählt,<br />
ist Rita Goller, „Schneckengärtnerin“ aus<br />
Rietheim, eine vielen Menschen hierzulande<br />
aus Fernsehen und Presse wohlbekannte<br />
Frau. Eigentlich ist sie in Weiler im<br />
Lautertal aufgewachsen, einer 12-Seelen-<br />
Gemeinde zwischen Gundelfingen und Indelhausen,<br />
wo sich die Häuser idyllisch um<br />
eine kleine Kapelle herum gruppieren und<br />
die Skulptur eines Schneckensammlers<br />
mit Schneckenfass und Schneckenrechen<br />
die Lauterbrücke schmückt. Familiär „vorbelastet“<br />
durch unmittelbare Verwandtschaft<br />
mit dem letzten Schneckenhändler<br />
des Ortes, einem Lukas Knupfer, verwirklichte<br />
sie sich 2009 einen Lebenstraum<br />
und legte auf einem 3000-qm-Grundstück<br />
oberhalb von Rietheim einen Schneckengarten<br />
an. Die hier auf glitschiger Sohle<br />
durchs hohe Gras schneckeln, sind nicht<br />
etwa Zuchtschnecken oder mediterrane<br />
Weinbergschnecken, wie sie andernorts<br />
auf der Alb gehalten werden, sondern<br />
waschechte Älbler – von Hand gesammelt<br />
auf den steinigen Böden der Albhochfläche<br />
und dann ins Gehege gebracht. Damit sie<br />
von dort nicht wieder entweichen, besteht<br />
ihre Umzäunung aus einem schwarzen<br />
Netz mit drei übereinander eingenähten<br />
Taschen, in denen sie sich bei ihren Flucht-<br />
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6
Ein Trio will hoch hinaus<br />
Bei Berührung Rückzug!<br />
versuchen verfangen. Geschätzte vierzigbis<br />
fünfzigtausend Tiere sind es, die sich<br />
hier tummeln, es sich an breitblättrigen<br />
Futterpflanzen wie Löwenzahn, Breitwegerich,<br />
Melisse und Klee gütlich tun, Liebespfeile<br />
aufeinander abschießen und sich<br />
munter vermehren.<br />
Auf Ulmer Schachteln donauabwärts<br />
„Geerntet“ werden Rita Gollers Schnecken<br />
frühestens im Alter von vier Jahren,<br />
also nach Erreichen der Geschlechtsreife,<br />
denn jedes Tier soll zuerst die Chance bekommen,<br />
für den Fortbestand der Schneckenpopulation<br />
zu sorgen. Sie legt überdies<br />
Wert darauf, keine wachen, sondern<br />
nur eingedeckelte und sich im Zustand<br />
der Winterstarre befindliche Tiere zu verkaufen.<br />
Begibt sich eine Schnecke im<br />
September in diesen Zustand, so betreibt<br />
sie zunächst ausgiebig Hausputz, entleert<br />
den Darm, gräbt sich in die Erde ein und<br />
verwendet den nicht mehr benötigten<br />
Schleim zur Herstellung eines Deckels,<br />
mit dem sie ihr Häuschen verschließt. Diesen<br />
verfugt sie mit den allerletzten Resten<br />
ihres Darminhalts und legt sich mit himmelwärts<br />
schauender Öffnung schlafen.<br />
In den nun folgenden fünf Monaten fährt<br />
sie ihren Stoffwechsel so weit herunter,<br />
dass sie praktisch ohne Sauerstoffzufuhr<br />
auskommt. Solcherart weggetreten und in<br />
anderen Sphären weilend, so Rita Goller,<br />
bekomme die Schnecke nichts davon mit,<br />
wenn sie im Kochtopf lande und sterbe<br />
praktisch einen Sekundentod, hat doch<br />
das Geschäft der Betäubung die Natur<br />
praktisch schon vorweggenommen. Auch<br />
ihr Vorfahr Lukas Knupfer, der bereits erwähnte<br />
Schneckenhändler aus Weiler an<br />
der Lauter, mit dem 1912 das Gewerbe<br />
ausstarb, vertrieb seine Tiere im zugedeckelten<br />
Zustand. Bis zu 300.000 Tiere soll<br />
er jährlich in der Zeit nach Jacobi (dem<br />
Von wegen glitschig und kalt - oder doch?<br />
25. Juli) in freier Wildbahn eingesammelt<br />
und bis zum Eindeckeln in großen Schneckengärten<br />
gehalten haben. Im Spätherbst<br />
grub er die ruhenden Tiere aus, verpackte<br />
sie in Fässer zu je 10.000 Stück und verfrachtete<br />
sie an Bord der sogenannten<br />
Ulmer Schachteln donauabwärts. Seine<br />
Abnehmer waren die entlang des Flusses<br />
gelegenen Klöster. Ihnen waren diese eiweißreichen<br />
Weichtiere als Fastenspeise<br />
hoch willkommen, da sie nicht zu den<br />
Fleischspeisen zählten. Und alles, was<br />
Knupfer in den Klöstern nicht verkaufen<br />
konnte, brachte er in Wien auf dem<br />
Weihnachtsmarkt unter das Volk. Lukas<br />
Knupfer war nicht der einzige Schneckenhändler<br />
im Großen Lautertal – man weiß,<br />
dass von dort aus jährlich vier Millionen<br />
Schnecken auf die Reise gingen, alle von<br />
unterhalb des Örtchens Bichishausen, wo<br />
die Grenze zwischen dem evangelischen<br />
und katholischen Teil des Lautertals verlief.<br />
Einem evangelischen Hundersinger<br />
wäre es wohl kaum in den Sinn gekommen,<br />
Schnecken zu essen, ganz im Gegenteil:<br />
„De Kadolische fresset `s Oziefer“<br />
solle es dort einst herablassend geheißen<br />
haben, erzählt Rita Goller schmunzelnd.<br />
Weiter donauwärts hingegen, in Lauterach<br />
nahe Hayingen, lässt die Faschingsmaske<br />
in Schneckenform vermuten, dass auch<br />
hier der Schneckenhandel eine nicht unbedeutende<br />
Rolle gespielt haben dürfte.<br />
Nur dass es über diese Schneckenhändler<br />
– im Gegensatz zum „Weilemer“ Lukas<br />
Knupfer – nirgendwo schriftliche Informationen<br />
gibt. Zur Erinnerung an die Tradition<br />
des Schneckenhandels im Lautertal<br />
ließ die Gemeinde Hayingen am Fuße des<br />
Kreuzweges in Weiler einen historischen<br />
Schneckengarten im Kleinformat einrichten.<br />
Er liegt direkt am Burgenweg, der<br />
von Reutlingen nach Obermarchtal führt.<br />
Anders als in Rita Gollers netzbegrenztem<br />
Schneckengehege sind hier auch noch ältere<br />
Methoden des Einzäunens zu bestaunen,<br />
die die Schnecken am Entweichen<br />
hindern sollten: Umzäunungen mit Hasengittern,<br />
Nagelreihen und überhängenden<br />
Blechen zeugen vom Einfallsreichtum der<br />
Schneckengärtner.<br />
Fressa, fressa, Häusle baua<br />
Wie aber läuft nun der Lebenszyklus unserer<br />
Weinbergschnecken weiter, wenn sie<br />
nicht in den Kochtopf wandern, sondern<br />
unbehelligt aus ihrem Winterschlaf wieder<br />
aufwachen? Zunächst, so Rita Goller, verspürten<br />
sie natürlich einen Riesenhunger<br />
und seien praktisch zehn, zwölf Tage lang<br />
mit nichts anderem als der Futtersuche<br />
und dem Fressen befasst. Ist das Tier<br />
satt, so steht die Bautätigkeit am Häusle<br />
an, eine Tatsache, die die Schnecken-Lebensart<br />
deutlich in die Nähe schwäbischer<br />
Lebensphilosophie rückt. Mithilfe ihrer Seniorengreifzange<br />
– einem bei der Schneckengärtnerei<br />
sehr dienlichen Instrument,<br />
das es ermöglicht ohne dauerndes Bücken<br />
Schnecken abzulesen – schnappt sich Rita<br />
Goller ein Beispieltier. Seine Bautätigkeit<br />
hat es in diesem Frühjahr immerhin einen<br />
guten Zentimeter vorangebracht. Und erst<br />
wenn diese geschehen sei, werde in ganz<br />
schwäbischer Manier an die Familienplanung<br />
gedacht.<br />
In diesem Punkt nun hat es die Schnecke<br />
deutlich einfacher als ein Zweibeiner, ist<br />
sie doch ein Zwitter und somit die Trefferwahrscheinlichkeit,<br />
einen Partner zu<br />
finden, automatisch hundert Prozent höher<br />
als bei diesem. Hat sie einen Partner<br />
gefunden, an dem sie Gefallen findet, wird<br />
zunächst ein Liebespfeil aus Kalk auf die-<br />
7
Entschleunigung auf feucht-kalter Sohle<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
sen abgeschossen, um ihn in Stimmung<br />
zu bringen. Bis zu 24 Stunden dauern<br />
Paarung samt Vorspiel, bei dem sich die<br />
Schnecken ausgiebig mit den Fühlern betasten,<br />
aneinander aufrichten und hin und<br />
her wiegen. Ist es demjenigen Tier, welches<br />
den Mann gespielt hat, endlich gelungen,<br />
seinem Gegenüber ein Spermapaket zu<br />
übergeben, so bohrt sich die weibliche Darstellerin<br />
des Liebesspieles nach Auffinden<br />
eines passenden Platzes Kopf voran spiralförmig<br />
in die Erde. Sie legt etwa 20 bis 30<br />
Eier in die Nestgrube und verscharrt diese<br />
anschließend. Nach etwa drei Wochen ist<br />
es so weit, dass die Jungtiere schlüpfen.<br />
Etwa halb so groß wie der Nagel eines kleinen<br />
Fingers sind sie zu dem Zeitpunkt. Unbehelligt<br />
von menschlichen und anderen<br />
„feindlichen“ Einflüssen kann es solch ein<br />
Tier laut der Wissenschaft bis zu einem Alter<br />
von 30 Jahren bringen, eine 18-jährige<br />
Schnecke hatte auch Rita Goller schon in<br />
ihrer Obhut.<br />
Falsch gewickelte Kuriositäten<br />
Ist nun aufgrund ihres Zwitterdaseins beim<br />
Fußvolk der Weinbergschnecken die Partnersuche<br />
kein großes Problem, so sieht es<br />
beim sogenannten Schneckenkönig damit<br />
ganz anders aus. Geschätzt jedes siebzigtausendste<br />
Tier entwickelt sich zu einer<br />
solchen Mutation, welche man an einem<br />
links- statt rechtsgewundenen Gehäuse<br />
erkennt. Und da bei diesem adligen Tier<br />
Die Schneckenpyramide - sind es Tiere aus Lauterach?<br />
Proben sie für den nächste Fasnetsumzug?<br />
nicht nur das Gehäuse spiegelverkehrt<br />
aussieht, sondern auch die inneren Organe<br />
einschließlich der Fortpflanzungsorgane<br />
„andersherum“ angeordnet sind, will es<br />
bei der Paarung mit Schnecken aus dem<br />
Fußvolk einfach nicht zusammengehen.<br />
Rita Goller weiß, dass sie einen Schneckenkönig<br />
unter ihren zigtausend Tieren<br />
hat, einmal ist er ihr begegnet. Allein, auch<br />
diesem fehlt es wohl an einem passenden<br />
Gegenüber. Und so bleibt die spannende<br />
Frage bis auf Weiteres unbeantwortet, was<br />
wohl dabei herauskäme, wenn zwei solche<br />
Sonderlinge aufeinanderträfen. Sollten<br />
sich dabei weitere kleine Prinzessinnen<br />
Netze mit eingenähten Taschen hindern die Schnecken<br />
am Entkommen aus dem Schneckengehege<br />
entwickeln, wäre es allemal ein lukratives<br />
Geschäft, werden unter Sammlern für das<br />
Haus eines Schneckenkönigs doch immerhin<br />
1.000 Euro geboten. Doch selbst die<br />
Wissenschaft, die sonst doch immer alles<br />
weiß, scheint hierzu noch keine Untersuchungen<br />
angestellt zu haben. Eine der letzten<br />
ungeklärten Fragen der Menschheit<br />
also. Möge sie uns als solche noch lange<br />
erhalten bleiben.<br />
Text: Petra Zwerenz<br />
Fotografie: Thomas Blank<br />
8
Anzeige – Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Landgasthof Failenschmid in Gächingen<br />
Vielfältiger Geschmack der Schwäbischen Alb<br />
Der Landgasthof Failenschmid in Gächingen ist ein Betrieb mit Weitblick. Seine Wertschätzung gegenüber Familientradition,<br />
Region, Menschen und Tieren hat ihn zu einem der gefragtesten Restaurants auf der Alb gemacht. Hier ist der Gast<br />
noch König. Er darf nicht nur einen zuvorkommenden Service genießen, sondern vor allem Gourmetspeisen aus der Region.<br />
Katja Failenschmid (rechts) führt das Restaurant<br />
gemeinsam mit 10 bis 15 Mitarbeiterinnen<br />
Der Landgasthof Failenschmid geht auf<br />
eine über 260-jährige Familientradition zurück.<br />
Schon damals wurde – was in der<br />
Vergangenheit Gang und Gebe war - der<br />
Gasthof Hirsch parallel zur angeschlossenen<br />
Metzgerei geführt. Heute ist dies<br />
selten geworden. Und doch ist es genau<br />
das, was die Kunden zu schätzen wissen.<br />
Sie nehmen zum Teil weite Anfahrtswege in<br />
Kauf, um hier einzukaufen und vor allem zu<br />
speisen. Das Fleisch aus eigener Schlachtung<br />
von Tieren aus der Region wird vom<br />
Köcheteam zu leckeren Gerichten verarbeitet<br />
und landet direkt auf dem Teller des<br />
Gastes. Zahlreiche Geheimrezepte wurden<br />
von Generation zu Generation weitergegeben<br />
und verwöhnen heute so gut wie vor<br />
Jahrzehnten die Gaumen der Genießer.<br />
So wie die legendären Maultaschen, für<br />
die der Landgasthof Failenschmid bis über<br />
die Region hinaus berühmt ist. „Die gibt es<br />
bei uns klassisch im großen Suppentopf in<br />
der Fleischbrühe. Dazu selbstgemachten<br />
Kartoffelsalat, der täglich frisch zubereitet<br />
wird“, erzählt Katja Failenschmid stolz. Sie<br />
leitet den Landgasthof und ist für 10 bis<br />
15 Servicemitarbeiter und das 11-köpfige<br />
Küchenteam zuständig. Jeden Donnerstag<br />
werden 8.000 bis 10.000 Maultaschen in<br />
der Metzgerei hergestellt: „Von Hand gewickelt,<br />
mit Flügeln rechts und links“, lacht<br />
die Chefin. Mittlerweile sei man an Kapazitätsgrenzen<br />
gestoßen und man stelle<br />
Überlegungen an, ob die Maultaschenproduktion<br />
auf einen weiteren Tag ausge-<br />
dehnt werden soll. Besonders beliebt sind<br />
auch die „Albbüffelgöschle“ – also Maultauschen<br />
mit Fleisch vom Albbüffel. Denn<br />
auf den hat sich der Betrieb Failenschmid<br />
spezialisiert. „Zum einen verkaufen wir<br />
das Fleisch in der Metzgerei, zum anderen<br />
servieren wir daraus köstliche Braten,<br />
aber auch Zunge und Leber“. Zwei bis drei<br />
Albbüffel vom Betrieb Willi Wolf aus Meidelstetten<br />
werden wöchentlich von Ludwig<br />
Failenschmid geschlachtet, dann verkauft<br />
oder weiterverarbeitet. Auch bei diesem<br />
Fleisch gilt derselbe Grundsatz wie beim<br />
Rind- oder Schweinefleisch: „Wir wollen<br />
Chefkoch Kay Kahlau kreiert Büffelhaxenfleisch<br />
und Albbüffelgöschle<br />
das ganze Tier vermarkten“. So finden sich<br />
auf der Speisekarte neben Steaks- und<br />
Schnitzelvariationen auch Hirnsuppe, Kutteln,<br />
Braten, Innereien und Schlachtplatte.<br />
„Der Kunde schätzt unsere Bodenständigkeit<br />
und unseren Bezug zur Region“, weiß<br />
Katja Failenschmid. Das Fleisch kommt<br />
aus der eigenen Hausschlachtung, die<br />
meisten anderen Zutaten vom Bauer des<br />
Vertrauens nebenan. Getreu dem Motto<br />
„Wer Lebensmittel produziert, muss auch<br />
Verantwortung übernehmen“ nimmt der<br />
Landgasthof Failenschmid sein Qualitätsversprechen<br />
sehr genau. Seit Juni 2014<br />
ist er Mitglied bei „Schmeck den Süden“<br />
und wurde mit der höchsten Auszeichnung<br />
– den drei Löwen – zertifiziert. Darüber<br />
hinaus gehört die Gaststätte dem Haus<br />
der Baden-Württemberger Weine an und<br />
trägt das Stufe-1-Zertifikat „Servicequalität<br />
Deutschland“. „Wir glauben an die<br />
regionale Vielfalt und die Stärke der Region.<br />
Deshalb kommt bei uns das Eis vom<br />
Lautertal, die Pilze sind aus Ehestetten<br />
und die Fische aus Honau“, berichtet die<br />
Chefin. Zum ersten Mal erwähnt wurde der<br />
Landgasthof 1740. Seither wurde er stetig<br />
ausgebaut und weiterentwickelt. Denn<br />
nicht nur auf die Qualität der Speisen wird<br />
höchsten Wert gelegt, sondern auch auf<br />
ein gemütliches und ansprechendes Ambiente,<br />
das kontinuierlich dem Trend der<br />
Zeit angepasst wird. Vor 13 Jahren fand<br />
eine komplette Innenrenovierung statt. Die<br />
Terrasse wurde überbaut und bietet heute<br />
mit der St. Georg-Stube für kleine Festlichkeiten<br />
den idealen Rahmen. Derzeit<br />
werden im gesamten Gastraum Gardinen<br />
und Polster erneuert, zum Teil sogar mit<br />
Albbüffelleder bezogen. Viele Stammkunden<br />
kommen seit Jahrzehnten hierher, sie<br />
schätzen es, wenn der Landgasthof mit<br />
der Zeit geht und trotzdem seiner Tradition<br />
und seinem Qualitätsversprechen treu<br />
bleibt.<br />
Text und Fotografie:<br />
Maria Bloching<br />
Informationen<br />
Failenschmid GmbH<br />
Landgasthof „Hirsch“ und Metzgerei<br />
Parkstrasse 2<br />
72813 St. Johann-Gächingen<br />
Telefon: 07122 / 8287-0<br />
Telefax: 07122 / 8287-11<br />
E-Mail: info@failenschmid.de<br />
Mittwochs Ruhetag<br />
9
1816 – das Jahr ohne Sommer<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Ein Vulkanausbruch mit weitreichenden Folgen<br />
Der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien im April 1815 verursachte weltweit Wetteranomalien. Sie führten<br />
im Jahr 1816 in Teilen Europas und Nordamerikas zum sogenannten Jahr ohne Sommer mit katastrophalen Missernten.<br />
Im damaligen Königreich Württemberg führte dies zu einer Hungersnot und einer Auswanderungswelle. Die Folge war<br />
jedoch auch ein tiefgreifender politischer und ökonomischer Wandel einer feudalistischen Gesellschaft.<br />
Menschen. Der vorher rund 4300 Meter<br />
hohe Tambora misst nur noch 2900 Meter.<br />
In Europa bleibt dies unbeachtet. Doch bereits<br />
zum Jahresbeginn 1816 deutet sich<br />
die Fernwirkung des Vulkanausbruchs an,<br />
die in Teilen Nordamerikas und Europas<br />
katastrophale Folgen nach sich ziehen<br />
sollte. Neben der kolossalen Menge von<br />
etwa 150 Kubikkilometern Gestein, Asche<br />
und Staub wird bei der Explosion sehr viel<br />
Schwefeloxid mehr als 20 Kilometer hoch<br />
in die Stratosphäre geschleudert. Dort<br />
bilden sich sogenannte Aerosole, winzige<br />
Tröpfchen aus Schwefelsäure und Wasser,<br />
die einen Teil der Sonnenwärme schlucken<br />
und sich sehr schnell um die Erde verteilen.<br />
Unter diesem Schleier wird es merklich<br />
kühler.<br />
Eine Gouache von Gottlob Johann Edinger illustriert den Volksauflauf und das Freudenfest, als im Jahr 1817 die<br />
ersten beladenen Erntewagen in die Stadt Ravensburg einfahren<br />
Im April des Jahres 1815 bricht der Vulkan<br />
Tambora auf der Insel Sumbawa im heutigen<br />
Indonesien aus. Eine gewaltige Explosion,<br />
die zwei Tage lang andauert und<br />
noch auf der 2600 Kilometer entfernten<br />
Insel Sumatra zu hören ist, erschüttert den<br />
Berg. Die unmittelbaren Folgen sind verheerend.<br />
Allein auf Sumbawa werden fast<br />
alle der 10 000 Einwohner getötet, in der<br />
gesamten Region sterben bis zu 90 000<br />
Kälte, Regen, Hagelschlag<br />
Insbesondere in der Schweiz, Teilen Bayerns,<br />
im Elsass und in Württemberg nimmt<br />
das Wetter einen anormalen Verlauf.<br />
Schnee und außergewöhnlich viel Regen<br />
bestimmen die ersten Wochen des Jahres,<br />
kurzzeitige grimmige Kälte wird schnell<br />
wieder von Wolkenbrüchen abgelöst. Zeit-<br />
10
die Wintervorräte verbraucht, Nutztiere<br />
sterben oder müssen wegen des Futtermangels<br />
geschlachtet werden. Auch in den<br />
Städten wird die Not spürbar und führt zu<br />
massiven Preissteigerungen. Wucher und<br />
Spekulationen mit Grundnahrungsmitteln<br />
nehmen zu und auch das alte Feindbild<br />
des „Kornjuden“, des jüdischen Getreidespekulanten,<br />
erlebt eine Renaissance.<br />
Eine Hungerkrise enormen Ausmaßes<br />
zeichnet sich ab.<br />
Eine weitere schwarze Wolkenwand kündigt neues Unheil an<br />
genössische Berichte aus der Schweiz,<br />
aus Franken und Schwaben erzählen von<br />
Überschwemmungen, Erdrutschen, Gewittern<br />
und zerstörerischen Hagelschlägen.<br />
Es ist der Beginn des sogenannten Jahrs<br />
ohne Sommer.<br />
Die Ernte verfault<br />
Das außergewöhnliche Wetter mit Dauerregen<br />
und niedrigen Temperaturen nimmt<br />
im Verlauf des Jahres seinen Fortgang,<br />
Schönwetterperioden bleiben aus. Vielerorts<br />
verfaulen die Saaten und das Heu,<br />
das Getreide gedeiht so schlecht, dass<br />
es oft nur noch als Viehfutter taugt. Chronisten<br />
notieren die schlechte Qualität der<br />
wenigen Kartoffeln, die aus dem Boden<br />
geholt werden. Zur Erntezeit in der zweiten<br />
Jahreshälfte sind in höheren Lagen wie der<br />
Alb die Felder manchmal schneebedeckt,<br />
in Weinbaugebieten erfrieren die im Oktober<br />
teils noch grünen Trauben.<br />
Die verheerenden Folgen deuten sich bereits<br />
früh an. Besonders hart trifft es dabei<br />
die Landbevölkerung. Wegen der Missernte<br />
werden bereits ab Mitte des Jahres<br />
Erste Reformen<br />
Das Königreich Württemberg ist zu der<br />
Zeit nicht in der Lage, mit der Situation<br />
umzugehen. In der Folge der nach-napoleonischen<br />
politischen Neuordnung Mitteleuropas<br />
hat Württemberg zwar erhebliche<br />
territoriale Zuwächse erlebt, doch durch<br />
die voran gegangenen Kriege ist es verarmt,<br />
ökonomisch und politisch verharrt<br />
das Land in feudalistischer Vormoderne.<br />
Dies ändert sich mit der Regierungsübernahme<br />
durch König Wilhelm I. im November<br />
1816. Angesichts der Krise und<br />
drohender Unruhen bringen Wilhelm I.<br />
und seine Frau Katharina in rascher Folge<br />
einige tiefgreifende Reformen auf den<br />
Weg. Noch im Dezember 1816 wird eine<br />
„Zentralleitung der Wohltätigkeitsvereine“<br />
in Stuttgart gegründet, ab Januar 1817<br />
werden in allen Oberämtern solche Vereine<br />
installiert, um mit der Verteilung von<br />
Lebensmitteln und Brennmaterial, später<br />
11
1816 – das Jahr ohne Sommer<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
auch Saatgut, die schlimmste Not zu lindern.<br />
Überdies werden Zollschranken für<br />
die Ausfuhr von Getreide errichtet und der<br />
Handel staatlich reglementiert.<br />
Gras, Rosskastanien, Sägemehl<br />
Dennoch steigen die Lebensmittelpreise<br />
ins Astronomische, zeitgenössische Aufzeichnungen<br />
sprechen von Preissteigerungen<br />
von bis zu 500 Prozent für Getreide,<br />
Brot oder Kartoffeln. Teilweise abenteuerlich<br />
anmutende Rezepte für Brotersatz aus<br />
gemahlenen Wurzeln und Rüben oder aus<br />
Mehl mit allerlei Streckmitteln wie Erbsen,<br />
Rosskastanien und Sägemehl kommen auf<br />
den Markt. Die Landbevölkerung versucht<br />
währenddessen, sich mit allem am Leben<br />
zu erhalten, was Wald und Feld noch hergeben.<br />
Von Suppen aus Gras, Kartoffeln<br />
und Klee wird berichtet, auch Hunde, Ratten<br />
und Mäuse werden verspeist.<br />
Die Hungerkrise setzt sich im Folgejahr<br />
fort. Um das schiere Überleben zu sichern,<br />
verkaufen die Bauern teilweise sogar ihre<br />
wenigen kleinen Felder, und dies zu jedem<br />
Preis, der geboten wird. Mancher große<br />
Grundbesitz in Württemberg hat in der<br />
Zeit seinen Ursprung. Angesichts der Nahrungsmittelpreise<br />
führt der Verkauf der<br />
meisten Güter aber schnell zu völliger Verarmung.<br />
In der Stadt Laichingen beträgt<br />
der Anteil der Armen im Frühjahr 1817<br />
rund 80 Prozent.<br />
Die große Auswanderung<br />
Hunger, Armut und Ausweglosigkeit bewirken<br />
eine große Auswanderungswelle. Während<br />
die Menschen in den Einzugsgebieten<br />
des Neckars und des Rheins hauptsächlich<br />
nach Amerika auswandern, fahren die<br />
Armen von der Alb und aus Oberschwaben,<br />
oft auch angelockt durch Werber, von Ulm<br />
aus auf der Donau in Richtung Russland.<br />
Rund 17 500 Württemberger wandern<br />
während der Krise 1816/1817 aus, etwa<br />
53 Prozent von ihnen nach Bessarabien,<br />
etliche auch weiter zum Kaukasus. Dort<br />
erhalten die Auswanderer weitgehende<br />
Freiheiten – verbunden mit der Erwartung,<br />
dass die Siedler helfen, den russischen<br />
Territorialanspruch auf diese Gebiete zu<br />
festigen.<br />
Die Wende zum Besseren zeichnet sich<br />
etwa zur Mitte des Jahres 1817 ab, als klar<br />
wird, dass eine gute Ernte zu erwarten ist.<br />
Als dann die ersten hoch beladenen Erntewagen<br />
in die Städte fahren, werden spontane<br />
Freudenfeste gefeiert. Im ländlichen<br />
Raum werden zur Erinnerung an die große<br />
Not in den Dörfern oder auch an Wegkreuzungen<br />
auf freiem Feld Hungerlinden gepflanzt.<br />
Zur Erinnerung an die Hungersnot werden im Jahr 1817 an Wegkreuzungen Linden gepflanzt<br />
12
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Frankensteins Geburt<br />
Auch in der Literatur hinterlässt diese<br />
Zeit ihre Spuren. So sitzen die englischen<br />
Schriftsteller Lord George Byron, John William<br />
Polidori, Percy Shelley und seine künftige<br />
Ehefrau Mary Wollstonecraft Godwin<br />
im Sommer 1816 in einer Villa am Genfer<br />
See und versuchen, sich ihren gemeinsamen<br />
Urlaub nicht durch Kälte und Dauerregen<br />
verderben zu lassen. Inspiriert von<br />
Gespenstererzählungen und den Naturereignissen<br />
ringsum treten sie mit Schauergeschichten<br />
in einen literarischen Wettstreit.<br />
Byron verarbeitet das Geschehen<br />
mit dunkler Poesie, Shelley schreibt „The<br />
Vampyre“, auch Polidori legt eine Vampir-<br />
Erzählung vor, Mary Wollstonecraft entwickelt<br />
die Geschichte von Frankenstein und<br />
seinem unglücklichen Monster. Es ist die<br />
Geburtszeit der modernen Horrorliteratur.<br />
Vulkanischer Feinstaub, der in der Atmosphäre<br />
treibt, ist noch viele Jahre später<br />
verantwortlich für außergewöhnlich<br />
prachtvolle Sonnenuntergänge in Rot-,<br />
Orange- und Grünschattierungen. Dies<br />
prägt die Landschaftsmalerei der Folgejahre<br />
und findet sich eindrücklich in den<br />
Werken etwa von Carl Spitzweg oder William<br />
Turner wieder.<br />
Der Weg in die Moderne<br />
Das Jahr ohne Sommer und die Hungersnot<br />
bewirken in Württemberg einen tiefgreifenden<br />
sozialen und technologischen<br />
Wandel. Neben der Etablierung der Wohltätigkeitsvereine<br />
wird im Jahr 1817 eine<br />
Agrarreform auf den Weg gebracht, die<br />
Leibeigenschaft und die Feudalabgaben<br />
werden abgeschafft. Beschäftigungsprogramme<br />
werden aufgelegt, Werkschulen<br />
für Kinder und Jugendliche eingerichtet.<br />
1818 stiftet der württembergische König<br />
„zu Kannstatt“ ein landwirtschaftliches<br />
Fest mit Leistungsschau und Volksbelustigungen,<br />
aus dem das Cannstatter Volksfest<br />
hervorgeht, in diesem Herbst wird<br />
auch eine landwirtschaftliche Unterrichts-,<br />
Versuchs- und Musteranstalt, die spätere<br />
Universität Hohenheim, gegründet. Im selben<br />
Jahr wird die „Württembergische Spar-<br />
Casse“ als „Spar-Casse zum Besten der<br />
ärmeren Volks-Classe“ für die Notgroschen<br />
der Bauern und Arbeiter eingerichtet. Der<br />
Karlsruher Forstmeister Karl Drais arbeitet<br />
unter dem Eindruck des großen Mangels<br />
an Zugtieren ab dem Jahr 1817 an der<br />
Entwicklung und am Bau von pferdelosen<br />
Fahrzeugen mit vier oder zwei Rädern. Auf<br />
diese „Draisinen“ gehen sowohl das Fahrrad<br />
wie auch, einige Jahrzehnte später,<br />
maschinenbetriebene Fahrzeuge zurück.<br />
Der Ausbruch des Tambora und die Krise<br />
der Folgejahre können somit auch als Anschub<br />
für den Weg in die Moderne betrachtet<br />
werden.<br />
Text: Peter Stotz<br />
Fotografie: Thomas Blank, Peter Stotz<br />
Die Abbildung der Gouache „Einzug der<br />
Erntewagen in Ravensburg 1817“ von<br />
Gottlob Johann Edinger wird mit freundlicher<br />
Genehmigung des Stadtarchivs Ravensburg<br />
veröffentlicht.<br />
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13
Mitternachtsturnier Holzelfingen<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
128 Mannschaften am Start in Holzelfingen<br />
Bereits zum zwölften Mal veranstaltete der TSV Holzelfingen in diesem Jahr das traditionelle Nachtelfmeterturnier, am<br />
ersten Freitag im Juli, auf dem Sportgelände am Burgstein. In diesem Jahr waren 128 Mannschaften auf dem Sportplatz<br />
am Start. Die Idee eines solchen Events, ist mit dem Vereinsjubiläum im Jahr 2005 entstanden und wird seither jährlich<br />
veranstaltet. Der Sportverein war hier Vorreiter in der Region. Inzwischen gibt es einige Turniere dieser Art, aber das in<br />
Holzelfingen hat Kultstatus erreicht, mit immer zahlreicheren Zuschauer und Fans. Welch ein Erfolg für die Ideengeber<br />
und Macher dieses Turniers.<br />
Der sportliche Teil beginnt erst in einer gelosten<br />
Gruppe, um dann im K.O. System die<br />
Siegermannschaft zu ermitteln, die dann<br />
nach Mitternacht den Pokal und das Preis-<br />
geld für die beste Männermannschaft und<br />
die beste Frauenmannschaft bekommt.<br />
Gespielt wurde auf 9 Tore, die im Halbkreis<br />
angeordnet wurden. Lustige Namen waren<br />
bei den Teams verteten. So gab es Lazio<br />
Koma, Knallverein, 1899 besoffen sein<br />
oder die Sannibois. Alle hatten ihren Spaß<br />
in dieser warmen Sommernacht. Das Wet-<br />
14
ter meinte es gut mit dem TSV und seinen<br />
Teilnehmern, das war in diesem Jahr nicht<br />
selbstverständlich.<br />
Das Festzelt wurde später dann noch von<br />
DJ Brause bespielt und das eine oder andere<br />
Siegerbierchen getrunken.<br />
Auch in diesem Jahr waren über 50 Helfer<br />
rund um das Turnier im Einsatz. Solche Veranstaltungen<br />
sind ohne die ehrenamtlichen<br />
Vereinsmitglieder und Freunde des Turniers<br />
nicht machbar. Es ist einfach schön,<br />
daß es in der heutigen Zeit noch Menschen<br />
gibt, die sich engagieren. Schwäbische Alb,<br />
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17
50 Jahre Hammelessen auf dem Eppenzill<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Vom Geheimtipp zum Kult: Hammelessen auf dem Eppenzill<br />
Das Hammelessen ist Kult. Auch Anfang Mai pilgerten wieder unzählige Besucher am Vorabend des Vatertags und an<br />
Himmelfahrt selbst auf den Eppenzill. Sie setzten damit eine Festtradition fort, die mittlerweile auf eine 50-jährige Geschichte<br />
zurückblickt.<br />
dem Eppenzill Wurstbüchsen zu verkaufen.<br />
Wohl um mehr Kunden anzulocken,<br />
beschloss er am 27. Mai 1967 ein Fest auf<br />
die Beine zu stellen, dem es an Vorbildern,<br />
nicht aber an Einzigartigkeit mangelt. Anfangs<br />
noch in Zusammenarbeit mit dem<br />
Schwäbischen Albverein, wurden damals<br />
14 Hammel, die im damaligen Gasthaus<br />
Krone geschlachtet wurden, auf Spießen<br />
über dem Feuer von Hand gegrillt und an<br />
die Festgemeinde verkauft. Schon damals<br />
spielte der Musikverein Upfingen auf. Und<br />
das, nicht zu knapp: An den beiden Festtagen<br />
insgesamt über 15 Stunden lang.<br />
Das idyllisch gelegene Festgelände lockt jedes Jahr aufs Neue zahlreiche Besucher auf den Eppenzill<br />
Was den Bad Urachern ihr Schäferlauf ist, Blasmusikkapellen den Taktstock am Folgetag.<br />
Christi Himmelfahrt, auch bekannt<br />
ist denn St. Johannern und speziell den<br />
Upfingern das Hammelessen: Ein Volksfest<br />
im wahrsten Sinne des Wortes und ein eines Fests, das auf eine lange Historie zu-<br />
als Vatertag, ist seit 1969 der Haupttag<br />
nicht wegzudenkender Bestandteil des regionalen<br />
Festlebens. Auch in diesem Jahr gewöhnlichen Namens weithin bekannt ist.<br />
rückblickt und nicht nur wegen seines un-<br />
strömten am Vorabend des Vatertags vor<br />
allem junge Menschen auf das abseitig Schuld sind Wurstbüchsen<br />
und idyllisch gelegene Gelände am Eppenzill.<br />
War dort im großen Festzelt Party und F. Schiller zu verdanken ist. Er hatte<br />
Ein Name, der nicht von Ungefähr kommt<br />
von Anzeige_Stoß_AlbMagazin:Layout und mit X-Plosive, übernahmen 1 die 17.03.2014 es sich einst 7:25 zur Uhr Aufgabe Seite gemacht, 1 auf<br />
Auch wenn die Lagerfeuerromantik heute<br />
passé ist, müssen die Besucher nicht auf<br />
den besonderen Fleischgenuss verzichten.<br />
Der küchenfertige Lammrollbraten<br />
wird heute allerdings durch Schäfer Stotz<br />
aus Münsingen geliefert. Und noch etwas<br />
hat sich geändert: die Zahl der Besucher.<br />
Längst hat das Fest den Status Geheimtipp<br />
hinter sich gelassen und wird vom Musikvereins<br />
Upfingen organisiert. Auch musste<br />
es im Laufe seiner Geschichte mehrmals<br />
aufgestockt werden, um die Besuchermassen<br />
empfangen zu können. Inzwischen<br />
fasst das große Festzelt rund 2000 Gäste.<br />
Unsere Backwarenspezialitäten wie Bauernbrot,<br />
Seelen, Brezeln, Hefezopf werden mit regionalem<br />
Albkornmehl hergestellt.<br />
Zu unserem Kundenservice<br />
gehört der mobile Verkauf in<br />
Bleichstetten, Gächingen,<br />
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18
Seit den Anfangstagen dabei: der traditionelle Hammellauf. Der Hauptgewinn ist ein lebender Hammel<br />
Während die Blasmusik zünftig aufspielt...<br />
50 Jahre Hammellauf<br />
Immer mehr Besucher wurden so auch<br />
Zeugen einer Tradition, die seit der ersten<br />
Auflage des Fests Bestandteil ist: Der<br />
Hammellauf. Ziel ist es dabei, ähnlich der<br />
‚Reise nach Jerusalem‘, auf der höchsten<br />
Stufe einer der beiden Treppe zu stehen,<br />
wenn die Kapelle plötzlich abbricht. Die<br />
beiden Paare, die es geschafft haben<br />
winkt der Hauptgewinn: ein Hammel. Für<br />
landwirtschaftlich Ungeübte, wahlweise<br />
19
50 Jahre Hammelessen auf dem Eppenzill<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
...kümmern sich viele Helfer um das Wohl der Gäste<br />
auch Schafswolle, - fleisch oder -wurst.<br />
Im Laufe seiner Geschichte hat das Fest<br />
einige Veränderungen erlebt. Nach dem<br />
Erfolg der Erstauflage wurde es auf drei<br />
Tage ausgedehnt. Von 1984 bis 1987<br />
schrumpfte die Veranstaltung auf nur einen<br />
Tag. Seit dem findet es in gewohnter<br />
Länge statt und lockte im Jahr 1994 gar<br />
Informationen<br />
Musikverein Upfingen e.V.<br />
Organisatorisch zuständig für das<br />
Hammelessen: Markus Nau<br />
www.Musikverein-Upfingen.de<br />
die Kastelruther Spatzen auf die abgelegene<br />
Wiese, mitten auf der Alb.<br />
Buntes Völkchen am Start<br />
Trotz der Veränderungen, die das Fest im<br />
Laufe der Jahrzehnte erlebte, eines blieb<br />
stets gleich: Die Hingabe der Organisatoren<br />
und der Wunsch der mittlerweile<br />
rund 200 Helfer, den Besuchern eine aufgeschlossene<br />
und fröhliche Atmosphäre<br />
zu bieten. Und die hat sich mittlerweile<br />
weit über die Alb hinaus herumgesprochen.<br />
Wie auch dieses Jahr Anfang Mai,<br />
lockte die Jubiläumsausgabe des Hammelessens<br />
Fahrrad- und Motorradfahrer, Familien<br />
und Gruppen jeden Alters, Väter mit<br />
Bollerwagen und Frauen, die auch ohne<br />
Männer ihren Spaß hatten.<br />
Damals wie heute steht der besondere Genuss im Fokus<br />
Jedes Jahr aufs Neue ist es ein buntes<br />
Völkchen, das sich zum Feiern auf der Wiese<br />
trifft. Also eigentlich gar nicht so sehr<br />
viel anders, als vor 50 Jahren. Nur das sich<br />
der Status des Fests mittlerweile von Geheimtipp<br />
in Kult gewandelt hat.<br />
Text: Simon Wagner<br />
Was vor 50 Jahren im kleinen Rahmen begann...<br />
...hat sich zu einem regionalen Highlight entwickelt<br />
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Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Ein Wappen ganz wie die Schwäbische Alb<br />
Von der Entstehung des Ohnastetter Gemeindewappens<br />
Einfach und klar gestaltet, überschaubar in der Anzahl der Farben und abgebildeten Formen und auf weite Entfernung gut<br />
erkennbar, so – dies bestimmen die Regel der Heraldik – soll ein Wappen aufgebaut sein. Dabei sollten die abgebildeten<br />
Gegenstände nicht naturalistisch und detailgetreu, sondern typisiert dargestellt werden. Auch ist gewünscht, dass man<br />
sich bei der Farbgebung auf die sechs heraldischen Tinkturen Rot, Blau, Grün, Schwarz, Silber (Weiß) und Gold (Gelb)<br />
beschränkt und keine Mischfarben wie verwendet. Diese und weitere heraldische Regeln – ausführlich dargestellt von Rolf<br />
Bidlingmaier im Wappenbuch des Landkreises Reutlingen – sollen eine exakte Wappenbeschreibung (heraldisch gesprochen:<br />
„Blasonierung“) möglich machen. Wappen soll nachgezeichnet werden können, ohne dass man es gesehen hat.<br />
Diese Vorschriften hatten ursprünglich einen<br />
anderen, viel lebensnäheren – wenn<br />
nicht gar überlebenswichtigen – Hintergrund.<br />
Denn die Wappenkunde oder Heraldik<br />
hat ihren Ursprung im mittelalterlichen<br />
Rittertum. Hannelore Meisch-Künstner,<br />
Inhaberin einer Reutlinger Glasmalerwerkstatt<br />
und selbst oft mit dem Zeichnen<br />
von Wappen beauftragt, bringt die Sache<br />
mit deutlich verständlichen Worten so<br />
zum Ausdruck: Die Zugehörigkeit eines<br />
Ritters – versteckt, wie dieser in seiner<br />
„Blechbüchse“ aus Rüstung und Helm gewesen<br />
sei – musste schon aus der Ferne zu<br />
erkennen sein, damit man in jenen rauen<br />
Zeiten wusste, wen man zu schützen und<br />
wen man „aufs Hirn zu schlagen“ hatte.<br />
Kleinteilige Figuren und filigrane Elemente<br />
waren da weder hilfreich noch gewünscht.<br />
Und so zierten die ersten Wappenschilder<br />
klar abgegrenzte geometrische Figuren wie<br />
Quer- und Schrägbalken oder Kreuze und<br />
Teilungen, indes lebende Wesen, Fabelwesen<br />
oder Gegenstände erst in späteren<br />
Zeiten in Wappen auftauchten.<br />
Wappen für die Albgemeinden<br />
Bereits im 13. Jahrhundert weitete sich<br />
das Wappenwesen über die enggesteckten<br />
Grenzen des Adels hinaus aus und weltliche<br />
oder geistliche Institutionen, Bürgerliche,<br />
Handwerker, Bauern, ja ganze Städte, verwendeten<br />
Wappen zur Repräsentation ihrer<br />
selbst. Nichtstädtische Landgemeinden<br />
wie die z. B. Ortschaften der Schwäbischen<br />
Alb dagegen benutzten nur Fleckensiegel,<br />
ein Wappen jedoch führte bis 1945 kaum<br />
eine von ihnen. Zu einer wahren Welle der<br />
Wappenfindung der Albgemeinden kam es<br />
erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Der bis<br />
dahin im Amtssiegel geführte Reichsadler<br />
– durch die zurückliegenden Ereignisse<br />
schwer in Schräglage gekommen – konnte<br />
ja nicht mehr verwendet werden. In ungezählten<br />
Gemeinderatssitzungen der verschiedensten<br />
Albgemeinden befasste man<br />
sich folglich in den Jahren nach 1947 intensivst<br />
mit Fragen der Wappengestaltung.<br />
Im Februar des Jahres 1952 beschloss<br />
auch der Gemeinderat der damals noch<br />
selbstständigen Ortschaft Ohnastetten,<br />
sich ein Gemeindewappen zuzulegen. Beauftragt<br />
wurde das Wappenarchiv Dochtermann<br />
in Stuttgart, welches innerhalb<br />
kürzester Zeit einen Entwurf präsentierte.<br />
Ins Zentrum des Wappenschilds rückten<br />
die Stuttgarter Heraldiker die Silberdistel<br />
– als Zeichen der Zugehörigkeit der Gemeinde<br />
zur Schwäbischen Alb mit ihren<br />
Karstgebieten und teils fast mediterran<br />
anmutenden Trockengebieten. Besonders<br />
auf den von Schafen regelmäßig beweideten<br />
Magerrasenlandschaften, wie es sie<br />
auch in Ohnastetten gibt, scheint es dieser<br />
stacheligen Pflanze zu gefallen. Ein solches<br />
Gebiet, stark zerklüftet, mit zahlreichen Dolinen<br />
und Sandgruben und für Fußgänger<br />
nur schlecht zugänglich, ist der Große Bühl<br />
rechter Hand von der Straße nach Holzelfingen,<br />
ein anderes sind die gegenüber davon<br />
liegenden „Föllgruben“. Man dürfte „bloß<br />
nohlanga“, so viele seien es mancherorts,<br />
erzählt der Ohnastetter Jörg Gmeiner. Seine<br />
Erklärung dafür: Wenn es bei den Schafen<br />
mit der „Gosch“ so sei, wie er vermute,<br />
so würden sie wohl um eine Silberdistel<br />
eher „dromromfressa“, sodass dieselbe<br />
an Schafweiden mehr Gefallen finde als an<br />
Wiesen, die gemäht werden.<br />
In den Farben der Grafen von Achalm<br />
Diese Pflanze also, in der Hochsprache<br />
weiblichen Geschlechts, bei den Schwaben<br />
aber eindeutig ein „Er“, also „der Silberdi-stel“,<br />
präsentiert sich mit silberner<br />
Blüte und goldenen Blättern raumfüllend<br />
und selbstbewusst im Zentrum des Ohnastetter<br />
Ortswappens. 1952 muss der Entwurf<br />
bald schon die Zustimmung der Ohnastetter<br />
Gemeinderäte gefunden haben,<br />
denn das Wappen wurde der Gemeinde<br />
bereits am 30. Juni 1952 vom Innenminister<br />
verliehen. Bei der Frage, ob das Wappensymbol<br />
von gemeindlicher Seite oder<br />
vom Wappengestalter Alfred Dochtermann<br />
ausgewählt wurde, bewege man sich im<br />
Bereich der Spekulationen, meint Ortsvorsteher<br />
Michael Früh. Auch er war ja noch<br />
nicht mit von der Partie, als man sich 1952<br />
in Ohnastetten mit dieser Frage beschäftigte.<br />
Bei den Farben hingegen orientierte<br />
man sich mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
an den Grafen von Achalm, deren Wappen<br />
goldene Schrägbalken und Sterne auf<br />
grünem Grund zeigte. Dass die Ortschaft<br />
als Teil der „Pfandschaft Achalm“ im Dreißigjährigen<br />
Krieg für zwölf Jahre „an Österreich<br />
gezogen“ wurde, deutet nämlich darauf<br />
hin, dass die Grafen von Achalm auch<br />
schon in früheren Jahrhunderten Rechte in<br />
Ohnastetten besaßen. Urheberschaft hin<br />
oder her: Bei den ortsansässigen Vereinen<br />
scheint die Silberdistel auf alle Fälle auf<br />
Gegenliebe gestoßen sein. Und so schuf<br />
Jörg Greiners Vater in seiner Eigenschaft<br />
als Holzschnitzer für den Ohnastetter<br />
Schützenverein ein Vereinstäfelchen mit<br />
Silberdistel, das heute noch verwendet<br />
wird. Solch ein Täfelchen wurde vom sogenannten<br />
„Däfelesbua“ bei Festumzügen<br />
dem Verein vorausgetragen. Eine ehrenund<br />
verantwortungsvolle Aufgabe, auf die<br />
man sich als Heranwachsender gewiss etwas<br />
einbilden durfte.<br />
Text: Petra Zwerenz<br />
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Humorvoll und geistig topfit<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Lina Schrade, älteste Einwohnerin von Gomadingen<br />
Auf ein erfülltes und arbeitsreiches Leben blickt Frau Lina Schrade, derzeit älteste Bürgerin der Albgemeinde Gomadingen,<br />
zurück. Zu einhundert Prozent geistig fit und zudem mit einem außergewöhnlich präzisen Gedächtnis gesegnet,<br />
gewährt die liebenswerte, knapp hundertjährige Seniorin den Lesern von Alb-Magazin einen Einblick in ihre Biografie.<br />
Eine Postkarte aus dem Jahr 1905 zeigt die neue<br />
Strecke<br />
Lina Schrade einen Monat vor ihrem hundertsten Geburtstag<br />
Zehn Geschwister und Einschulung<br />
mit gerade einmal fünfeinhalb Jahren<br />
Als neuntes von insgesamt elf Geschwistern<br />
– sechs Mädchen und fünf Buben –<br />
erblickte Lina Schrade am 24. Juli 1916 in<br />
Gomadingen das Licht der Welt. Genauer<br />
gesagt, sie wurde auf demselben Anwesen<br />
geboren, auf dem sie heute noch lebt.<br />
„Hausgeburten waren damals die Regel“,<br />
erzählt sie und fügt schmunzelnd hinzu,<br />
dass die hart in der Landwirtschaft arbeitenden<br />
Frauen damals „doch nicht etwa<br />
wegen einer Kindsgeburt ins Krankenhaus“<br />
gekommen wären.<br />
Fünf Jahre später, als die ein Jahr ältere<br />
Freundin Klara Strobel eingeschult werden<br />
sollte, wollte die aufgeweckte 5-jährige<br />
Lina unbedingt mit ihr zusammen zur Schule<br />
gehen. Und so kam es, dass sie schon<br />
mit fünfeinhalb Jahren die Gomadinger<br />
Volksschule besuchte, die sie trotz ihres<br />
jungen Alters problemlos meisterte. Die<br />
sogenannte Unterschule dauerte 4 Jahre,<br />
ab der 5. Klasse besuchten die Kinder die<br />
Oberschule. Die Schüler beider Altersstufen<br />
wurden von jeweils einem Lehrer in<br />
allen Fächern unterrichtet. „Die Schulzeit<br />
dauerte damals nur sieben Jahre“, erinnert<br />
sich Frau Schrade.<br />
Alle Schulmädchen von der fünften Klasse<br />
aufwärts waren angehalten, sich als Kindsmägde<br />
zu verdingen. Das heißt, sie mussten<br />
die Kleinkinder der Landfrauen hüten<br />
und versorgen, während diese ihrer Arbeit<br />
auf den Höfen, beziehungsweise Feldern<br />
nachgingen. Wenn die Kleinen schliefen,<br />
war man angehalten, sich im Haushalt<br />
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22
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„Bloß net oifach so rumsitza“<br />
lautete die Anweisung, die keinen Widerspruch<br />
zuließ. Als Lohn erhielt die fleißige<br />
Kindsmagd die sogenannte „Einschlauf“<br />
– Hemden, Kleiderstoffe, Strümpfe und<br />
Schuhe.<br />
Bei gutem Wetter bekamen die Kinder<br />
schulfrei: 2 Wochen während der Getreideernte,<br />
1,5 Wochen zur Heuernte und zur<br />
Kartoffelernte „a mühselige Plackerei“<br />
gab’s gleich 3 Wochen. Kamen Regentage<br />
dazwischen, lief die Schule wieder an um<br />
weitere Schönwettertage als schulfrei nutzen<br />
zu können.<br />
„Mensch, lauf doch net so laut“<br />
Im Laufe des Gesprächs fallen Lina Schrade<br />
immer mehr Anekdoten ihrer Kindheit<br />
ein. Ihr erstes Stadt-Erlebnis zum Beispiel:<br />
Als 5-jähriges Mädchen durfte sie mit dem<br />
älteren Bruder August mit dem Zug nach<br />
Ulm fahren um einen weiteren Bruder,<br />
Fritz, der dort als Soldat stationiert war, zu<br />
besuchen. Die Zugfahrt an sich war schon<br />
ein Erlebnis und schien ewig zu dauern,<br />
doch als man sich schließlich zu Fuß vom<br />
Ulmer Bahnhof in Richtung Kaserne auf<br />
den Weg machte, klapperten die genagelten<br />
Schuhsohlen der kleinen Lina so laut<br />
auf dem städtischen Pflaster, dass sie von<br />
ihrem Bruder mehrmals ermahnt wurde<br />
„Mensch, lauf doch net so laut“. Also versuchte<br />
das gehorsame Kind, den größten<br />
Teil der Strecke auf Zehenspitzen zu gehen.<br />
Am 17.03.1929 wurde Lina Schrade vom<br />
damaligen Gomadinger Pfarrer Geißer<br />
konfirmiert. Nach Verlassen der Schule<br />
arbeitete die gerade mal Dreizehnjährige<br />
ein Jahr lang in der elterlichen Landwirtschaft<br />
mit. Diese stützte sich hauptsächlich<br />
auf die Milchwirtschaft. Man hatte drei<br />
Kühe im Stall, von denen die beiden, die<br />
am besten zu Fuß waren, paarweise vor<br />
die Ackergeräte oder den Leiterwagen gespannt<br />
wurden. Wie auf der Mittleren Alb<br />
üblich, wurden zusätzlich zur Viehhaltung<br />
noch Getreide und Kartoffeln angebaut,<br />
Heu gemacht und ein Gemüsegarten bewirtschaftet.<br />
Als Vierzehnjährige hinaus ins<br />
Leben „in Stellung“<br />
Mit nur 14 Jahren kam Lina Schrade zum<br />
ersten Mal in einen Bäckereibetrieb nach<br />
Bad Urach „in Stellung“ um, wie damals für<br />
Mädchen üblich, Hausarbeit zu erlernen.<br />
Vier Jahre lebte und arbeitete sie dort.<br />
Im Anschluss daran war sie fünf Jahre lang<br />
in einem Haushalt in Ebingen tätig, musste<br />
diese Stellung jedoch aufgeben, nachdem<br />
sich ihre Mutter Emilie eine Hand gebrochen<br />
hatte und auf die Mithilfe der Tochter<br />
auf dem elterlichen Hof angewiesen war.<br />
Gegen Kriegsende wurde Frau Schrade für<br />
ein knappes Jahr zum Arbeitsdienst in der<br />
Gaststätte Schützen in Auingen kriegsverpflichtet,<br />
wo in den Abendstunden, zusätzlich<br />
zum normalen Gast-Betrieb, hungrige<br />
Soldaten mit Bratkartoffeln und allerlei<br />
Fleischereiwaren verköstigt wurden. Sehr<br />
turbulent sei es dort zugegangen, erzählt<br />
sie und verzieht das Gesicht.<br />
Nachdem der Krieg vorüber war, betrieb<br />
Lina Schrade zusammen mit ihren beiden<br />
Geschwistern Luise und Emilie die<br />
heimische Landwirtschaft. Die Eltern, zu<br />
diesem Zeitpunkt beide noch am Leben,<br />
hätten den Knochenjob alleine nicht mehr<br />
bewältigen können. Im Jahre 1953 nahm<br />
Frau Schrade zusätzlich eine berufstätige<br />
Arbeit bei der Gomadinger Kleiderfabrik<br />
Zapf auf, wo sie 28 Jahre lang bis zu ihrem<br />
Renteneintritt als Lageristin tätig war.<br />
Nachdem beide Eltern innerhalb eines Jahres<br />
verstorben waren, wurde die Landwirtschaft<br />
anno 1963 aufgelöst. Dies war wohl<br />
ein echter Wendepunkt im Leben der drei<br />
Schwestern, denn während Lina Schrade<br />
von der Aufgabe der Milchwirtschaft erzählt,<br />
strahlt sie übers ganze Gesicht. „Danach<br />
haben wir ein richtig schönes Leben<br />
gehabt“ schwärmt sie. Äußerst anstrengend<br />
seien die Jahre davor gewesen, kaum<br />
von der Arbeit daheim, hätte sie sich umziehen<br />
und zum Melken in den Stall müssen.<br />
Und dennoch - beklagt habe sie sich<br />
nie. „I habs halt ällaweil g’schafft“ fasst sie<br />
das arbeitsreiche Landleben in schönstem<br />
Schwäbisch zusammen.<br />
In den Jahren 1965 und 1966 wurde das<br />
marode Stallgebäude abgerissen und das<br />
heutige Wohnhaus erbaut, in welchem die<br />
drei Schwestern zusammen mit ihrem ledigen<br />
Bruder Christian fortan lebten.<br />
Liebevoll umsorgt - beschaulicher<br />
Lebensabend im eigenen Haus<br />
Nachdem zwischenzeitlich all ihre Geschwister<br />
verstorben sind, die beiden<br />
Schwestern, mit denen sie das Haus teilte,<br />
wurden (Emilie) 86 Jahre und (Luise) 96<br />
Jahre alt, lebt Lina Schrade nun schon 14<br />
Jahre lang alleine in ihrem gemütlichen<br />
Heim. Ein eigenständiger Hausteil wird von<br />
ihrer Schwägerin bewohnt, die jederzeit<br />
nach dem Rechten schauen kann. Regelmäßig<br />
kommen Nichten und Neffen vorbei,<br />
mähen Rasen, leisten Gesellschaft.<br />
Wenn Nichte Angelika sehr viel um die<br />
Ohren hat, nennt sie der fast hundertjährigen<br />
Tante auch schon mal einen wichtigen<br />
Termin, weil sie sich bombenfest auf deren<br />
phänomenales Gedächtnis verlassen<br />
kann.<br />
Die beiden Sätze „I bin sehr zufrieda“ und<br />
„ha ja, i ben guat versorgt“ fallen mehrmals<br />
während des Gesprächs. Dreimal<br />
am Tag kommen die netten und sehr engagierten<br />
Mitarbeiter des ambulanten<br />
Pflegedienstes APM vorbei. Das Essen auf<br />
Rädern und eine Putzfrau, die im Haushalt<br />
hilft, sind ein großer Segen, so die rüstige<br />
Rentnerin. Eigentlich würde sie Garten und<br />
Haushalt noch so gerne selbst bewältigen,<br />
doch aufgrund einer zu spät behandelten<br />
Augenentzündung hat sie fast ihr<br />
gesamtes Augenlicht verloren, ist seit 2<br />
Jahren stark sehbehindert. Die Einschränkung<br />
beim Sehen ist freilich nicht immer<br />
leicht zu akzeptieren, insbesondere, wenn<br />
man solch ein eigenständiges und arbeitsreiches<br />
Leben gewohnt war. Am meisten<br />
vermisst sie die ausgiebige Lektüre der<br />
Tageszeitung. Doch die adrett gekleidete,<br />
zierliche Dame trägt ihr Schicksal mit großer<br />
Würde und Gelassenheit und vor allem<br />
mit einer gehörigen Portion Humor. Als ich<br />
sie am Schluss des Interviews nach ihrem<br />
Rezept für ihr langes und offensichtlich<br />
glückliches Leben frage, lächelt sie und<br />
antwortet „schaffa erhält jung“. Auf die<br />
Frage nach ihrem Familienstand lacht sie<br />
übers ganze Gesicht und sagt „i hätt könna<br />
heirata, hab aber net wella - jedafall ben i<br />
deswäga so jung blieba“.<br />
Text und Fotografie:<br />
Eva-Maria Pulvermüller<br />
23
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Vieltausendfache Blütenpracht<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Orchideen-Rekordjahr <strong>2016</strong><br />
Kühle Temperaturen und wochenlanger Dauerregen im Frühling bereiteten, und dies im eigentlichen Sinne des Wortes,<br />
den Boden für ein seltenes Naturphänomen - die Massenblüte heimischer Orchideen auf der Schwäbischen Alb. Als hätten<br />
die Orchis-Gewächse, Wüstenpflanzen oder Pilzen gleich, jahrelang nur auf das Übermaß an lebensspendendem Nass<br />
gewartet, explodieren die Bestände seit Mitte Mai regelrecht. Selbst Ragwurz-Arten, die normalerweise nur äußerst<br />
filigran und beileibe nicht jedes Jahr erblühen, produzierten im Spätfrühling geradezu paradiesische Blütenmengen und<br />
Wuchsgrößen.<br />
Bienen-Ragwurz Ophrys apifera<br />
Temperaturanstieg und Regenmenge<br />
als Regulativ für einen Neophyten<br />
Hochgewachsen und stolz steht sie vor<br />
mir, die Orchidee mit dem ungewöhnlichen<br />
Namen Bocks-Riemenzunge. Als<br />
wäre sie sich ihres erhabenen Standorts<br />
mit Premium-Blick auf die mäandrierende<br />
Bocks-Riemenzunge Himantoglossum hircinum<br />
Lauter bewusst, reckt sie ihren, aus über<br />
50 Einzelblüten bestehenden Blütenstand<br />
der Sonne entgegen. Dabei ist sie ein botanischer<br />
Neuling auf der Alb. Zweifelsohne<br />
eine Nutznießerin des Klimawandels,<br />
ist sie aus mediterranen Gefilden nach<br />
Deutschland eingewandert und befindet<br />
sich seit einigen Jahren gewaltig auf dem<br />
Vormarsch in Richtung Norden. An den<br />
Süd-Lagen der Tübinger Weinberge, den<br />
sonnenverwöhnten Steilhängen des Großen<br />
Lautertals und auf Magerwiesen in der<br />
Nähe von Eningen und Ohnastetten ist sie<br />
zwischenzeitlich zu finden. Wer das streng<br />
nach Ziegenbock müffelnde Gewächs<br />
(daher auch der Name) gerne bewundern<br />
möchte, sollte sich ab Ende Mai bis Mitte<br />
Juni auf die Wander-Socken machen und<br />
besonderen Augenmerk auf sonnenbeschienene<br />
Steilhänge mit Süd- oder West-<br />
Ausrichtung legen. Auch Nicht-Pflanzenkundige<br />
entdecken die bis zu einem Meter<br />
aufragende Bocks-Orchis ohne Mühe.<br />
Andere Arten hingegen sind nicht so leicht<br />
zu bestimmen und aufgrund ihrer Kleinheit<br />
schwer zu entdecken.<br />
Einmalige Vielfalt an Arten und<br />
Bedürfnissen heimischer Orchideen<br />
Kaum eine Pflanzenfamilie gliedert sich in<br />
so viele, in ihren Ansprüchen unterschiedliche<br />
Unterarten, wie die der Orchideen.<br />
Die meisten haben sich perfekt an ein be-<br />
26
Großes Zweiblatt Listera ovata<br />
Braunrote Stendelwurz Epipactis atrorubens<br />
Fliegen-Ragwurz Ophrys insectifera<br />
stimmtes Habitat angepasst: Sumpf-Stendelwurze<br />
beispielsweise besiedeln Feuchtgebiete<br />
und Quellmoore, kommen deshalb<br />
auf der Mittleren Alb nicht vor. Schmarotzer-Orchideen<br />
wie die Vogel-Nestwurz, die<br />
fast ohne Chlorophyll auskommt und deshalb<br />
statt der blattgrünen Farbe nur ein<br />
blasses Beige aufweist, leben häufig in<br />
Wäldern. Die meisten Stendelwurz-Arten<br />
vertragen keine Sonne und sind deshalb<br />
oft am Waldrand, im Schatten großer<br />
Bäume oder auch in den Alb-typischen<br />
Dolomit-Sandlöchern aufzufinden. Auch<br />
das Große Zweiblatt (hier sind sämtliche<br />
Pflanzenteile, einschließlich der Blüten,<br />
grün gefärbt) liebt schattige Orte und ist<br />
an geeigneten Stellen massenhaft anzutreffen.<br />
Andere Orchis-Vertreter, wie das<br />
hübsche Brand-Knabenkraut hingegen,<br />
sind wahre Sonnenanbeter und gedeihen<br />
im Frühjahr auf trockenen, kalkreichen Böden.<br />
Einige Arten sind zum einen extrem<br />
selten und andererseits winzig klein, und<br />
deshalb in ihrem Wiesen-Lebensraum nur<br />
schwer auszumachen. So zum Beispiel die<br />
Einknollige Honig-Orchis, die einen betö-<br />
Spinnen-Ragwurz Ophrys sphegodes<br />
Brand-Knabenkraut Orchis ustulata<br />
27
Vieltausendfache Blütenpracht<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Vogel-Nestwurz Neottia nidus-avis<br />
Kugelorchis Traunsteinera globosa<br />
Korallenwurz Corallorrhiza trifida<br />
renden Honigduft verströmt. Die kleinste<br />
Waldbewohnerin ist die unscheinbare Korallenwurz,<br />
deren Blüten gerade mal 5 mm<br />
messen, die Größte und Bekannteste ist<br />
der Frauenschuh.<br />
Eine hohe Diversität heimischer Orchideen<br />
findet sich auf den sogenannten Einmähdern,<br />
Flächen, die niemals gedüngt und<br />
nur einmal im Jahr abgemäht werden, wie<br />
zum Beispiel im knapp 70 Hektar großen<br />
Naturschutzgebiet „Hochwiesen-Pfullinger<br />
Berg“, erreichbar über die Landesstraße<br />
L 382 Pfullingen - Sonnenbühl. Im Zeitraum<br />
von April bis Juli kommen dort nacheinander<br />
verschiedene Knabenkraut-Gewächse,<br />
Waldhyazinthen, die seltene Rosa Kugelorchis<br />
sowie diverse Ragwurz-, Händelwurz<br />
-und Sommerwurz-Arten zur Blüte.<br />
In Sachen Wegegebot<br />
Und nun noch der obligatorische Satz am<br />
Schluss: Für alle Naturliebhaber, die sich<br />
an den streng geschützten Gewächsen mit<br />
den klangvollen Namen erfreuen möchten,<br />
gilt die Devise, in Naturschutzgebieten auf<br />
den Wegen zu bleiben, Orchideen-Blüten<br />
keineswegs zu pflücken oder die Pflanzen<br />
gar auszugraben. Damit sich auch unsere<br />
Kinder und Enkel noch auf der Schwäbischen<br />
Alb auf Orchis-Blüten-Exkursion<br />
begeben können.<br />
Text und Fotografie:<br />
Eva-Maria Pulvermüller<br />
28
Anzeige – Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Firma HS-Teigwarenherstellung<br />
Biosphären-Köstlichkeit: Dinkelnudeln<br />
Nicht nur Gastronomen, Metzgereien und Hofläden gehören zum festen Kundenstamm des Gächinger Familienbetriebs.<br />
Auch die private Kundschaft schätzt die Qualität und Sortenvielfalt der hausgemachten Teigwaren. Ob nun der häusliche<br />
Nudelvorrat für die nächsten Monate aufgestockt werden soll oder vielleicht ein liebevoll gestalteter Geschenkkorb als<br />
tolles Mitbringsel bei Verwandtschaftsbesuchen und Geburtstagsfeiern benötigt wird – ein Besuch im Verkaufsraum der<br />
Gächinger Nudel-Macher lohnt auf jeden Fall.<br />
Liebevoll dekorierte Geschenkkörbe in vielen Variationen<br />
Nudelherstellung ist seine Leidenschaft: Geschäftsinhaber Helmut Stoß<br />
Goldgelbe Nudelpracht - schmackhafte Albnudeln warten auf ihre Käufer<br />
Die Idee zweier Enthusiasten<br />
entpuppte sich als echter Renner<br />
Acht Jahre ist es her, dass Erwin Luz, Inhaber<br />
der gleichnamigen Buttenhausener<br />
Getreidemühle, den Entschluss fasste,<br />
eigenen Dinkelgries herzustellen. Als<br />
er Helmut Stoß von seinem technisch<br />
ziemlich kniffligen Vorhaben berichtete,<br />
stieß er bei diesem sofort auf offene<br />
Ohren. Es reifte der gemeinsame Plan, besonders<br />
schmackhafte Dinkelnudeln zu<br />
produzieren, die sich qualitativ von den<br />
im Handel erhältlichen Vergleichsprodukten<br />
abheben sollten. Dinkel ist eine<br />
uralte Getreidesorte. Er wurde hierzulande<br />
bereits in der Jungsteinzeit angebaut<br />
und ist in den vergangenen Jahren wieder<br />
zunehmend in Mode gekommen. Das<br />
Getreide, aus welchem der Gries für die<br />
Gächinger Dinkelnudeln hergestellt wird,<br />
stammt ausschließlich aus dem Biosphärengebiet.<br />
Frischer Dinkelnudel-Teig<br />
auf Vorbestellung<br />
Wer sich und seinen Lieben den Genuss<br />
frisch zubereiteter Teigwaren gönnen<br />
möchte, kann bei Familie Stoß frischen Nudelteig<br />
kaufen. Dieser ist, 500-grammweise<br />
aromaverpackt, fünf Wochen lang im<br />
Kühlschrank haltbar. Dinkelnudelteig sowie<br />
veganer Nudelteig wird auf Bestellung<br />
mit rund 1 Woche Vorlauf hergestellt. Herkömmlicher<br />
Nudelteig aus Weizengries ist<br />
immer vorrätig. Was bei einem Einkaufsbummel<br />
bei HS-Teigwarenherstellung<br />
immer bleibt, ist die Qual der Wahl unter<br />
den vielen leckeren Sorten. Soll man eher<br />
Knoblauch- und Gemüsenudeln probieren<br />
oder vielleicht die beliebten Bärlauchnudeln?<br />
Auf jeden Fall können sich große und<br />
kleine Pasta-Fans nach getanem Einkauf<br />
in den siebten Nudel-Himmel schlemmen.<br />
Text und Fotografie:<br />
Eva-Maria Pulvermüller<br />
Informationen<br />
Helmut Stoß<br />
HS-Teigwarenherstellung<br />
Heubergstr. 13<br />
72813 St. Johann<br />
Telefon: 07122 / 1339<br />
Telefax: 07122 / 827733<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag + Donnerstag<br />
14.00 – 18.00 Uhr,<br />
Samstag 8.00 – 12.00 Uhr<br />
29
Veranstaltungskalender<br />
Alb-Magazin Ausgabe 2/<strong>2016</strong><br />
Juli<br />
Sa. 23.07. – So. 24.07.<strong>2016</strong><br />
Backhaushock<br />
Ortsmitte St. Johann-Upfingen<br />
Do. 28.07.<strong>2016</strong><br />
Dorfabend<br />
Rathaus Gomadingen<br />
August<br />
Do. 04.08. – Fr. 05.08.<strong>2016</strong><br />
Filmnacht Kinder/Erwachsene<br />
Skihütte Kohlwald, Skizunft St. Johann<br />
Sa. 06.08. – So. 07.08.<strong>2016</strong><br />
Dorfhock mit Gottesdienst<br />
Ortsmitte St. Johann-Bleichstetten<br />
So. 07.08.<strong>2016</strong><br />
Badminton-Hobbyturnier mit Turnierhock<br />
Dorfgemeinschaftshaus Sirchingen<br />
Sportverein Sirchingen<br />
Sa. 13.08. – So. 14.08.<strong>2016</strong><br />
Gächinger Dorfhock<br />
Ortsmitte St. Johann-Gächingen<br />
Sa. 20.08. – So. 21.08.<strong>2016</strong><br />
Genussmarkt in Dapfen<br />
Lagerhaus an der Lauter – E. Laepple<br />
Sa. 20.08. – So. 21.08.<strong>2016</strong><br />
Holzelfinger Dorfhockete<br />
ARGE Holzelfingen<br />
Sa. 27.08. – So. 28.08.<strong>2016</strong><br />
Herbstgold-Auftakt<br />
Hoffest der Lautertalwirte, Marbach<br />
Sa. 27.08.– So. 03.09.<strong>2016</strong><br />
Wanderpokal- und Preisschießen<br />
Schützenhaus St. Johann-Gächingen<br />
September<br />
So. 04.09.<strong>2016</strong><br />
Bier-Express-Veranstaltung –<br />
500 Jahre Reinheitsgebot<br />
Schwäbische Albbahn und Brauereien<br />
Mo. 05.09.<strong>2016</strong><br />
Krämermarkt<br />
Ortsmitte Gächingen<br />
So. 11.09.<strong>2016</strong><br />
Hock am Spritzenhaus<br />
Feuerwehr Gomadingen<br />
Wir suchen Austräger<br />
für das Alb-Magazin auf 450,- Euro Basis.<br />
Bei Interesse melden Sie sich bei Fa. LogoPrint GmbH<br />
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30
Mi. 07.09.<strong>2016</strong><br />
20. Kartoffelfest<br />
Gestütshof St. Johann<br />
Fr. 16.09. – So. 18.09.<strong>2016</strong><br />
Schlachtfest<br />
Festplatz Dapfen<br />
So. 25.09.<strong>2016</strong><br />
Hengstparade<br />
Haupt- und Landesgestüt Marbach<br />
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So. 11.09.<strong>2016</strong>, 11.30 Uhr<br />
Dorfgruppenfoto<br />
Ohnastetten<br />
Bild: Dorfgruppe Upfingen<br />
Oktober<br />
So. 02.10. – Mo. 03.10.<strong>2016</strong><br />
Hengstparade<br />
Haupt- und Landesgestüt Marbach<br />
Sa. 08.10. – So. 09.10.<strong>2016</strong><br />
Weinherbst<br />
Sternberghalle Gomadingen<br />
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Redaktion:<br />
Kerstin Dannath<br />
Peter Stotz<br />
Petra Zwerenz<br />
Eva-Maria Pulvermüller<br />
Simon Wagner<br />
Maria Bloching<br />
Erscheinungsweise:<br />
viermal im Jahr<br />
Allgemeine Hinweise:<br />
Die Inhalte wurden mit größter Sorgfalt erstellt (Stand<br />
6/<strong>2016</strong>). Wir bitten jedoch um Verständnis, dass wir für<br />
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