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4 - Kulturnews

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April 2011 // Nr. 246 // kulturnews.de<br />

Foto: Christoph Köstlin<br />

Der Stilpirat<br />

Clueso<br />

kino //<br />

„Winter’s Bone“<br />

von Debra Granik<br />

musik //<br />

Mike & The Mechanics<br />

Hotel Bossa Nova<br />

Bruce Cockburn<br />

Emmylou Harris<br />

Joe Bonamassa<br />

Guano Apes<br />

Paul Simon<br />

40 Seiten magazin // platten // bücher // kino // dvds // tourtipps // citymag


14.06. MÜNCHEN · OLYMPIAHALLE<br />

17.06. LEIPZIG · VÖLKERSCHLACHTDENKMAL<br />

18.06. BERLIN · O2 WORLD<br />

19.06. KÖLN · LANXESS ARENA<br />

21.06. HANNOVER·TUIARENA<br />

22.06. MANNHEIM · SAP ARENA<br />

01.07. FREIBURG · MESSE OPEN AIR<br />

rock dust l ght star tour<br />

06.04. Stuttgart - Porsche Arena<br />

08.04.Berlin-O2World<br />

12.04. Oberhausen - König Pilsener Arena<br />

HEARTS&MINDS TOUR 2011<br />

07.04. Köln 12.04. Hannover<br />

08.04. Oberhausen 13.04. Münster<br />

10.04. Berlin 14.04. Frankfurt<br />

11.04. Hamburg 16.04. Stuttgart<br />

www.sethlakeman.com<br />

25.04. LEIPZIG<br />

26.04. BERLIN<br />

THE<br />

SERIOUS ART<br />

OF PROMOTION<br />

27.04. MÜNCHEN 29.04. HAMBURG<br />

28.04. KÖLN WWW.CHIKINKI.CO.UK<br />

Greatest Hits live<br />

ZUSATZSHOWS:<br />

13.07. Straubing - Jazz an der Donau<br />

14.07. Mainz - Nordmole/Zollhafen<br />

17.07. Ulm-Radio7MünsterplatzOpenAir<br />

WWW.PRKNET.DE<br />

www.jamiroquai.com<br />

28.04. München<br />

29.04. Freiburg<br />

30.04. Stuttgart<br />

01.05. Köln<br />

02.05. Hamburg<br />

04.05. Berlin<br />

05.05. Dresden<br />

06.05. Heidelberg<br />

07.05. Münster<br />

www.gusblack.com<br />

SADE<br />

Live<br />

03.05. HAMBURG O 2 WORLD<br />

04.05. OBERHAUSEN KÖNIG-PILSENER-ARENA<br />

07.05. STUTTGART SCHLEYER-HALLE<br />

12.05. FRANKFURT FESTHALLE<br />

13.05. BERLIN O 2 WORLD<br />

19.05. MÜNCHEN OLYMPIAHALLE<br />

21.05. KÖLN LANXESS ARENA www.sade.com<br />

PHILIPP POISEL<br />

BISNACHTOULOUSE<br />

WINTER-TOUR:<br />

ausverkauft<br />

with Special guest<br />

Orchestral Manœuvres in the Dark<br />

27.5. HANNOVER NDR PLAZA-FESTIVAL<br />

22.6. ERFURT THÜRINGENHALLE<br />

23.6. LEIPZIG PARKBÜHNE<br />

26.6. DRESDEN ELBUFER<br />

29.8. BOCHUM ZELTFESTIVAL RUHR<br />

19. APRIL 2011<br />

PRIVATCLUB BERLIN<br />

WWW.MYSPACE.COM/THEGOODNATURED<br />

HistoryofModern–PartII<br />

1.9. KÖLN TANZBRUNNEN<br />

2.9. HAMBURG STADTPARK<br />

5.9. BERLIN IFA SOMMERGARTEN<br />

6.9. SCHWERIN FREILICHTBÜHNE<br />

SOMMER-TOUR:<br />

Daten unter www.prknet.de<br />

DieTourgehtweiter…<br />

Nähere Infos zu Terminen und Spielstätten<br />

gibt es unter www.prknet.de sowie www.alincoen.com


Tickets, News und das komplette Kinoprogramm: www.kulturnews.de<br />

musik //<br />

6 Clueso<br />

In die Tiefe<br />

8 Guano Apes<br />

Nie mehr dicke Eier<br />

10 Mike & The Mechanics<br />

Eine Nase tankt Super<br />

12 Joe Bonamassa<br />

Schluss mit bluesig<br />

13 Emmylou Harris<br />

Alles aus Gram<br />

14 Bruce Cockburn<br />

Das Richtige tun<br />

15 Duran Duran<br />

Zurück auf dem Platz<br />

16 Paul Simon<br />

Das Trampeln der Gnus<br />

17 Foo Fighters<br />

Unter Strom<br />

18 Hotel Bossa Nova<br />

Die Balance des Lebens<br />

news //<br />

4 Thomas D<br />

Cassandra Steen<br />

Sven Regener<br />

Jason Statham<br />

Jennifer & Michael Ehnert<br />

Signa<br />

Michel Houellebecq<br />

aktion //<br />

23 Axe:<br />

Date mit einem Engel<br />

26 Django Asül:<br />

5 DVDs<br />

82 I AM X, Tyler, Yucca:<br />

jeweils 5 CDs<br />

Foto: Jack Spencer<br />

kulturnews 4/11 // inhalt 3<br />

Foto: Steve Gullick<br />

Foto: Daniel Cramer<br />

live //<br />

20 Auf Tour<br />

Tipps und Interviews<br />

27 citymag<br />

Programm-Magazin Tipps und Termine<br />

platten //<br />

59–71 Pop, Rock + Dance<br />

Penguin Prison<br />

Architecture In Helsinki<br />

Bena & Ptaszek<br />

… und viele andere mehr<br />

Jazz + Classics<br />

Tied & Tickled Trio<br />

Amarcord Wien<br />

Ebo Taylor<br />

bücher //<br />

72–75 Thomas Glavinic:<br />

Wovon der Autor träumt<br />

kino //<br />

Dave Eggers<br />

Daniel Woodrell<br />

Steve Stern<br />

Mo Hayder<br />

Philip Roth<br />

76–78 „Winter’s Bone“<br />

„Unter Dir die Stadt“<br />

„Alles, was wir geben mussten“<br />

„The Fighter“<br />

dvds //<br />

79–81 „In ihren Augen“<br />

„The Kids are all right“<br />

Boxsets<br />

„Pedro Almodóvar“<br />

„Scrubs: Die Anfänger“<br />

81 Abo<br />

82 Impressum<br />

earMUSIC PRESENTS<br />

DURAN<br />

DURAN<br />

ALL YOU<br />

NEED<br />

IS NOW<br />

DAS NEUE<br />

ALBUM<br />

AB 18.03.<br />

IM HANDEL<br />

ERHÄLTLICH ALS STANDARD VERSION UND<br />

DELUXE EDITION MIT BONUSTRACKS<br />

WWW.EAR-MUSIC.NET · WWW.DURANDURAN.COM


4 news //<br />

„Ich hab’s nicht so<br />

mit dem Austausch.<br />

Wenn die Leute ihn<br />

wollen, findet er statt.<br />

Wenn nicht, nicht.“<br />

Sven Regener hat fünf Jahre lang gebloggt und seine Posts nun als Buch veröffentlicht<br />

– mehr dazu auf S. 73. Das Zitat entnahmen wir Regeners erstem<br />

Twitterinterview, geführt von der Zeitschrift uMag.<br />

Nach solo<br />

kommt allein<br />

Kaum gemerkt habe sie es, sagt<br />

Cassandra Steen, aber: Ihr neues<br />

Album kommt ganz ohne Duette<br />

aus, und die sanfte Soulriesin<br />

findet das auch gut so. Ihr<br />

Mentor Xavier Naidoo, dem sie<br />

bei gemeinsamen Auftritten<br />

schon so oft ihre schöne Stimme<br />

lieh, war trotzdem mit an Bord.<br />

Auch Adel Tawil von Ich & Ich<br />

und Glashaus-Exkollege Moses Pelham wirkten mit an „Mir so nah“, das<br />

Ende April erscheint. Aber immer schön im Hintergrund! Duette will<br />

Cassandra Steen aber weiterhin singen – wenn es „die besten“ sind.<br />

Nachdem aber schon die Tour zum Album wegen Steens vollem Terminkalender<br />

erst im Herbst stattfinden kann, müssen sich potenzielle<br />

Duettpartner wohl ganz weit hinten anstellen. (kab)<br />

WHERE BLUES MEETS ROCK<br />

Vö.: 01. APRIL<br />

DAS ZWEITE ALBUM DER NIEDERLÄNDISCHEN<br />

ALTERNATIVE-SENSATION ERSCHEINT IN DEUTSCHLAND<br />

AM 1. APRIL 2011 ALS DIGIBOOK CD VERSION MIT 64<br />

SEITIGEM BOOKLET UND AUF VINYL.<br />

ON TOUR:<br />

04.05. Oberhausen - Zentrum Altenberg<br />

09.05. München - Backstage Club<br />

10.05. Berlin - Crystal Club<br />

11.05. Hamburg - Hafenklang<br />

12.05. Frankfurt - Nachtleben<br />

13.05. Bremen - MS Treue<br />

26.05. Köln - Underground Club<br />

Foto: Alexander Gnaedinger/Universal Music<br />

COOL GREEN RECORDINGS<br />

Foto: Charlotte Goltermann<br />

Thomas D<br />

Fanta-4-Rapper Thomas D wärmt ein altes<br />

Album auf – im wahrsten Sinn des Wortes.<br />

kulturnews: Thomas, Alfred Hitchcock hat seinen<br />

Film „Der Mann, der zuviel wusste“ 22 Jahre<br />

später noch mal gedreht, in Farbe und besser.<br />

Was war an deinem Soloalbum „Lektionen in<br />

Demut“ von 2001 nicht gut genug, dass du es<br />

generalüberholen musstest?<br />

Thomas D: So ziemlich dasselbe wie bei „Der<br />

Mann, der zuviel wusste“: zu viel Schwarz, zu<br />

wenig Farbe.<br />

kulturnews: Sollte man seine Kraft nicht besser<br />

in etwas Neues stecken, anstatt zurückzublicken?<br />

Thomas D: Völlig richtig. Und siehe da, ich besaß die Fähigkeit, beides zu tun.<br />

Um genau zu sein, habe ich nicht das ganze Jahr an „Lektionen in Demut 11.0“<br />

gearbeitet. Denn die Texte – die nehmen ja bekanntlich die meiste Zeit in Anspruch<br />

– sind ja schon vor 10 Jahren entstanden. Trotzdem ist die Geschichte es<br />

wert, noch mal erzählt zu werden. Im Geheimen arbeite ich natürlich schon an<br />

meinem übernächsten Soloalbum.<br />

kulturnews: Deine Kunstfigur Reflektor Falke ist eine Art schlechtes Gewissen der<br />

Menschheit, die ihre eigene Lebensgrundlage zerstört. Durch die neuen Arrangements<br />

wirkt das Album milder, wärmer, versöhnlicher. Schöpft der Falke etwa<br />

Hoffnung?<br />

Thomas D: Es ist ein schönes Zusammenspiel von Text und Musik entstanden. Die<br />

Musik nimmt dich in den Arm, während dir der Text das Gehirn wäscht. Vielleicht<br />

hilft es, getröstet zu werden, während dir jemand sagt, dass die Welt am Arsch ist.<br />

kulturnews: Du bist Vegetarier und lebst in einer Landkommune nach dem<br />

Lohas-Prinzip, das auf Nachhaltigkeit setzt. Wenn wir auf einen Schlag alle so<br />

leben würden: Was wäre die krasseste Folge für unser Land?<br />

Thomas D: Tierische Überbevölkerung und eine kollektive Massenerleichterung!<br />

Interview: Matthias Wagner<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 29. 4. Hamburg, 30. 4. Berlin, 1. 5. Köln, 2. 5. Frankfurt. Außerdem spielt Thomas D im<br />

Rahmen der Telekom Street Gigs am 3. Mai im Nicolaus-Copernicus-Planetarium in Nürnberg.<br />

Lektionen in Demut 11.0 erscheint Mitte April.<br />

OUT NOW<br />

DAS VON KEVIN SHIRLEY<br />

(IRON MAIDEN) PRODUZIERTE<br />

ZWÖLFTE WERK VON<br />

JOE BONAMASSA<br />

“DUST BOWL”<br />

ERSCHEINT ALS STANDARD CD,<br />

STRENG LIMITIERTE DELUXE CD<br />

UND AUF VINYL.<br />

ALS GÄSTE SIND U.A. GLENN HUGHES,<br />

BETH HART UND JOHN HIATT MIT DABEI.<br />

Foto: Boris Breuer<br />

Vö.: 01. APRIL<br />

DIE GRAMMY GEWINNER<br />

AUS AMERIKA GELTEN<br />

HIERZULANDE IMMER<br />

NOCH ALS ABSOLUTER<br />

GEHEIMTIPP.<br />

DAS WIRD SICH MIT<br />

IHREM NEUEN ALBUM<br />

‘ROCKPANGO’ ÄNDERN.<br />

EXKLUSIV SIND<br />

DIE 3 TEXANER<br />

AM 03.05. IN HAMBURG<br />

UND 05.05. IN KÖLN<br />

AUCH LIVE ZU SEHEN!<br />

DISTRIBUTION: ROUGH TRADE<br />

WWW.PROVOGUERECORDS.COM<br />

WWW.MASCOTRECORDS.COM


Schlag schön!<br />

Lieber Jason Statham, vor zehn Jahren, als wir dich in „Snatch“ gesehen hatten,<br />

dachten wir noch: Da ist er ja endlich, der lässige Eastwood fürs neue Jahrtausend,<br />

der genauso trocken zuschlägt wie er Sprüche macht. Aber seitdem müssen<br />

wir festellen, dass Sie es mit der Sprache doch nicht so haben. Schauspielerisch<br />

verziehen Sie dabei weniger Muskeln im Gesicht als in Ihrem Oberarm, wenn<br />

sie wieder einmal einen Gegner zu Brei kloppen oder den Abzug einer<br />

Waffe drücken. „Transporter 1–3“, „Crank 1 + 2“, „Death Race“, „The<br />

Expendables“, jetzt „The Mechanic“: Als stumpfe Kampfmaschine<br />

sind Sie, Jason Statham, zu einem Stallone der 10er-Jahre<br />

verkommen. Klar, wir wissen, dass Sie auf Kampfsport stehen.<br />

Aber machen Sie das doch einfach in einem Trainingszentrum<br />

statt im Kino. Sonst werden Sie noch der<br />

Chuck Norris der Zukunft. Halbherzlichst, Ihr (vs)<br />

Bürokratiehölle<br />

Das Performanceduo Signa bastelt kleine Höllen<br />

fürs Theater, bei denen es plötzlich keine Bühne<br />

mehr gibt und keinen Zuschauerraum. Am 19. 4.<br />

feiert die dritte Signa-Arbeit Premiere fürs Schauspiel<br />

Köln: „Die Hundsprozesse“, eine Auseinandersetzung<br />

mit Bürokratie.<br />

88697866372<br />

Skandalautor<br />

Michel Houellebecq kommt für zwei Lesungen<br />

nach Deutschland, um seinen neuen Roman<br />

„Karte und Gebiet“ vorzustellen, mit dem der<br />

Franzose auf neue Weise schockiert – die üblichen<br />

Provokationen fehlen nämlich diesmal.<br />

Termine: 6. 4. Berlin, 7. 4. Stuttgart.<br />

2CDs<br />

Pärchenkabarett<br />

// news 5<br />

„Küss langsam!“ heißt das Kabarettprogramm, mit<br />

dem Jennifer und Michael Ehnert bundesweit auf<br />

Tour gehen – Slogan: „Billiger als Paartherapie!“.<br />

Während Jennifer Ehnert noch ein unbeschriebenes<br />

Blatt ist, ist ihr Gatte in der Kabarettszene ein bunter<br />

Hund.<br />

� Tagesaktuelle News gibt es auf kulturnews.de<br />

Bar Classics ist die Erfolgsserie für entspannte Barmusik<br />

mit dem Besten aus Jazz und Klassik für späte Stunden.<br />

Die neue Doppel-CD Bar Classics Latin bringt auf der Jazz CD einige<br />

der großen Musiker Südamerikas (Mercedes Sosa, Astrud Gilberto,<br />

Baden Powell), Jazztitanen wie Dave Brubeck und Charlie Byrd und<br />

europäische Künstler (Lyambiko, Misia, Klazz Brothers) zusammen.<br />

Auf der Klassik CD finden sich Werke von Manuel de Falla, Heitor<br />

Villa-Lobos, Enrique Granados in Top-Interpretationen von u.a.<br />

Yo-Yo Ma, Leonard Bernstein, John Williams und Marcelo Alvarez.<br />

Hörproben, Bar-Tipps und weitere Informationen unter<br />

www.barclassics.de<br />

www.sonymusicclassical.de<br />

Foto: Kinowelt


6 musik // Deutschpop<br />

Clueso<br />

In die Tiefe<br />

Der Erfurter Sänger Clueso wurde nicht plötzlich, sondern ganz allmählich<br />

zum Star. Eins seiner Erfolgsgeheimnisse: Selbstzweifel.<br />

kulturnews: Clueso, du hast von deinem letzten Album „So sehr dabei“ 240 000<br />

Stück verkauft, im Vorprogramm von Herbert Grönemeyer gespielt und für die<br />

kommende Tournee bereits 70 000 Tickets abgesetzt. Bist du jetzt ein Stadionrocker?<br />

Clueso: Ich bin jetzt auf jeden Fall ein größerer Künstler. Das wird mir gerade<br />

bewusst. Während man im Studio ist, rennt man ja im Schlafanzug durch die<br />

Gegend und lässt sich einen Bart wachsen. Doch nun kommt man raus und<br />

merkt, dass die Leute gucken und die Aufmerksamkeit groß ist.<br />

kulturnews: Deine Songs sind trotzdem noch eher still und introvertiert.<br />

Clueso: Richtig. Ich möchte keine Musik machen, die „Hier bin ich!“ brüllt. Ohnehin<br />

mag ich lieber Bands, die keine für große Hallen oder Stadien konzipierte<br />

Musik spielen. Ich fand „Parachute“, das erste Album von Coldplay damals<br />

wahnsinnig toll, weil die Platte Größe und Privatheit zusammenbrachte. Später<br />

fand ich die Band zu kalkuliert, auch wenn streckenweise immer noch aufblitzt,<br />

wer diese Typen eigentlich wirklich sind.<br />

kulturnews 4/11<br />

kulturnews: Und du machst kleine Lieder für die große Bühne?<br />

Clueso: Ja. Meine Musik ist wahnsinnig intim. Aber da wir die Lieder live nie<br />

so umsetzen, wie sie auf dem Album sind, hätte ich keine Angst davor, ins<br />

Stadion zu gehen. Wir sind im Juni beim Hurricane- und Southside-Festival<br />

die letzte Band neben den Foo Fighters. Wenn die fertig sind, werden alle zu<br />

uns rüberkommen. Das Schöne und Interessante an uns finde ich ja, dass wir<br />

ganz allmählich in diese Position reingewachsen sind. Ich mache das jetzt seit<br />

zehn Jahren und werde nicht vergessen, wie wir als ganz kleine Band bei Radiosendern<br />

auf dem Hof gespielt haben oder in uralten Autos auf Tour unterwegs<br />

waren. Jetzt haben wir drei Busse, doch die Atmosphäre ist immer noch<br />

so wie früher: Wir sind ein Riesenteam von Freunden und fühlen uns wie auf<br />

Klassenfahrt.<br />

kulturnews: Was ist der Grund für deinen Erfolg?<br />

Clueso: Es gab glücklicherweise nicht dieses eine Ereignis, woraufhin es plötzlich<br />

abgegangen wäre. Es gab auch nicht den einen Megahit. Wir haben auf<br />

großen Plattformen getanzt – Grönemeyer, Bundesvision –, aber daran möchte<br />

ich nicht gemessen werden. Ich glaube vielmehr, dass sich meine Musik kommuniziert<br />

hat. Ich höre oft von Leuten, dass meine CDs quasi in die Familien einziehen.<br />

Ich setze ja stark auf Inhalt, Text und Konzentration in meinen Songs,<br />

ich provoziere nicht, es gibt wenig Effekte. Sprich: Immer mehr Eltern entdecken<br />

meine Musik. Dann kommen also 50-Jährige zu mir und sagen: „Ich<br />

habe deine Platte von meiner Tochter geklaut und finde sie super.“ Das ist<br />

schön und auch ein Ziel gewesen.<br />

kulturnews: Du willst bewusst ältere Hörer ansprechen?<br />

Clueso: Beim Musikmachen denke ich schon an Leute mit einer gewissen<br />

Reife und Lebenserfahrung. Also an Menschen, die in die Tiefe gehen.<br />

Foto: Christoph Ko?stlin


kulturnews: Du wirst Anfang April 31. Wie erwachsen bist du denn selbst?<br />

Clueso: Ich habe mit vielen Kreativmenschen zu tun, da spielt das Alter keine<br />

Rolle. In meinem Umfeld gibt es Leute zwischen 14 und Ende 40. Ich war ein<br />

hyperaktives Kind, meine Eltern haben immer wahnsinnig mit mir zu kämpfen<br />

gehabt. Ich habe vieles angefangen und alles abgebrochen.<br />

kulturnews: Hast du eigentlich Angst davor, abzuheben und zu einem dieser<br />

blöden Popstars zu werden, die man bescheuert findet?<br />

Clueso: Speziell diese Angst habe ich nicht. Andererseits bin ich nicht mehr<br />

derselbe, alle haben sich verändert. Wir gehen sehr spaßig mit diesen vermeintlichen<br />

Popstarallüren um. Mein Leben hat sich durchaus verändert, ich<br />

stehe massiv in der Öffentlichkeit, und wenn ich weggehe, werde ich jedesmal<br />

massiv zugetextet. Das ist schon ein Unterschied. Früher konnte ich mich<br />

benehmen, wie ich wollte, und brauchte nicht gucken, wer mich dabei beobachtet.<br />

Allerdings raten mir andere berühmte Freunde, da überhaupt keine<br />

Rücksicht drauf zu nehmen. Denn sonst wirkt man ängstlich und gehemmt,<br />

und das ist ungesund.<br />

kulturnews: Deine Texte beinhalten ein gewisses Grundzweifeln. In „Ich bin<br />

fürs Rollen“ zum Beispiel singst du über eine Beziehung den Satz „Lass uns<br />

nicht sicher sein“. Ist das deine Lebenseinstellung?<br />

Clueso: Ich sehe das eher von einer ganz anderen Seite. „Rollen“ ist für mich<br />

einer der positivsten Songs, die ich je gemacht habe. Ich mag dieses Unsichere.<br />

Das ist etwas Schönes für mich. Nur so hat etwas Neues eine Chance<br />

zu wachsen und nicht erstickt zu werden von zu großen Hoffnungen und<br />

Ängsten. Ich kann das auf alle Bereiche beziehen – Liebe, Arbeit, Freunde, das<br />

gilt immer. Unsicherheiten können sehr schön sein, wenn man sie zu genießen<br />

weiß. Das hat mir vielleicht das Reisen gezeigt, ich war in Sri Lanka, Malaysia,<br />

Thailand unterwegs. Die Leute schlafen dort längst nicht so weich wie wir.<br />

kulturnews: Wenn du ein Problem mit Unsicherheit hättest, wärst du wahrscheinlich<br />

auch nicht Musiker geworden.<br />

Clueso: Das weiß ich gar nicht. Ich habe immer in die Musik, in die Strukturen<br />

investiert, nie etwas übriggelassen von dem Geld. Ich habe einfach<br />

keine Existenzangst. Auf der anderen Seite hatte ich immer Prüfungsangst.<br />

Bis heute kann ich vor großen Sachen oder Ereignissen nicht schlafen.<br />

kulturnews: Du hast vor ein paar Jahren gesagt: „In der Liebe bin ich spätpubertär“.<br />

Gilt das immer noch? Legst du dich nicht fest?<br />

Clueso: Das ist mit Sicherheit so. Was daran liegt, dass meine größte und<br />

erste Liebe immer die Musik ist. Da muss schon jemand die Spitzhacke und<br />

die Schaufel nehmen, um Freiräume zu buddeln und einfach zu akzeptieren,<br />

wie es ist mit einem Typen wie mir.<br />

kulturnews: Man hält es also nicht so leicht mit dir aus?<br />

Cluerso: Nein. Und für mich selbst ist es auch schwierig. Ich wüsste auch<br />

nicht, wer von meinen Musikerkollegen das richtig gut hinbekommt.<br />

kulturnews: Deine Songs wirken oft wehmütig. Bist du ein Romantiker?<br />

Clueso: Ich glaube schon, selbst wenn ich privat bestimmt fröhlicher bin, als<br />

ich in meiner Musik oft wirke. Ich habe eine romantische Vorstellung, auf<br />

die ich zuarbeite. Auf gut Deutsch: Ich kann mir gut vorstellen, irgendwann<br />

ein Haus und eine Familie zu haben.<br />

kulturnews: Und die Frau dazu wäre schon da?<br />

Clueso: Eventuell …<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 3. 4. Krefeld, 13. 4. Erfurt, 15. 4. Oberhausen, 16. 4. Bremen, 17. 4. Münster,<br />

18. 4. Frankfurt, 20. 4. Berlin, 21. 4. Hamburg, 28. 4. München, 29. 4. Dresden,<br />

30. 4. Stuttgart<br />

(Tour wird im Oktober fortgesetzt.)<br />

An und für sich ist Ende März erschienen.<br />

Die Rezension zum Album steht im Musikteil ab S. 59.<br />

Deutschpop // musik 7<br />

kulturnews 4/11<br />

DIE BESTEN BANDS,<br />

WO SIE KEINER ERWARTET!<br />

ALLE TICKETS<br />

KOSTENLOS!<br />

THOMAS D<br />

PRÄSENTIERT<br />

REFLEKTOR FALKE –<br />

LEKTIONEN IN DEMUT 11.0<br />

NICOLAUS-COPERNICUS<br />

PLANETARIUM<br />

NÜRNBERG 3. MAI 2011<br />

WWW.TELEKOM-STREETGIGS.DE<br />

powered by


8 musik // Alternative<br />

Guano Apes<br />

Nie mehr dicke Eier<br />

Die Guano Apes haben alles durch: große Hits, eine schmutzige<br />

Trennung, musikalische Belanglosigkeit. Nun nimmt die Band einen<br />

zweiten Anlauf. Eine Coming-of-Age-Geschichte.<br />

Die Sargnägel waren eigentlich schon eingeschlagen, der Grabstein aufgestellt.<br />

Doch die Guano Apes scheinen Vampirblut in sich zu haben. Die ehemaligen<br />

Aushängeschilder des deutschen Crossover sind zurück. Dabei sah<br />

es vor fünf Jahren überhaupt nicht so aus, als ob es mit dieser Band jemals<br />

wieder etwas werden könnte. Nach drei erfolgreichen Alben und Jahren des<br />

exzessiven Tourens hatten sich Sandra Nasiç, Henning Rümenapp, Dennis<br />

Poschwatta und Stefan Ude getrennt, inklusive öffentlicher Schuldzuwei–<br />

sungen. Die Bandmitglieder versuchten es danach auf eigene Faust – heraus<br />

kamen das Projekt Tamoto, die Band iO und ein Soloalbum von Sandra Nasiç.<br />

Doch alle Platten blieben hinter den Erwartungen zurück. Um erfolgreich<br />

zu sein, braucht es anscheinend die Konstellation dieser vier Charaktere.<br />

Dabei war gerade der Erfolg das eigentliche Problem. Kaum Privatleben,<br />

ständige Tourneen, hoher Erwartungsdruck: Man kann sich vorstellen, wie<br />

schnell da aus Knatsch hartnäckiger Streit werden kann. „Wir haben mit 18,<br />

19 angefangen, da waren wir grade aus der Schule oder der Ausbildung<br />

raus“, versucht Gitarrist Henning Rümenapp eine Erklärung. „Das ging dann<br />

gut zehn Jahre lang, 250 Tage im Jahr. Und irgendwann geht man sich ein<br />

bisschen auf den Wecker.“ Fast schon abgeklärt kommt das inzwischen rüber,<br />

auch Sängerin Sandra Nasiç nickt.<br />

Der Erfolg kam damals fast über Nacht. Ende der 90er lösten die Guano<br />

Apes mit ihrem Debütalbum „Proud like a God“ einen regelrechten Hype aus,<br />

kulturnews 4/11<br />

die Singles „Open your Eyes“ und „Lords of the Boards“ liefen auf MTV-Dauerrotation,<br />

die Band heimste reihenweise Preise ein. Es folgten ausgedehnte<br />

Tourneen durch Europa und die USA, das Alphaville-Cover „Big in Japan“ sowie<br />

die populäre Zusammenarbeit mit Edelkomiker Michael Mittermeier, mit<br />

dem sie den Jugendfreizeitklassiker „Kumbaya“ soundtechnisch frisierten. Die<br />

Latte lag fortan hoch, nur war die Band irgendwann nicht mehr willens zu<br />

springen.<br />

„Die Trennung war ein heilsamer Prozess, auch wenn sie schmerzhaft<br />

war“, sagt Rümenapp. „Doch sie hat uns geholfen, uns heute anders wertzuschätzen,<br />

sowohl menschlich wie auch kreativ. Wir sind jetzt konzentrierter,<br />

aber auch relaxter. “ Das hört man dem neuen Album „Bel Air“ durchaus an.<br />

Die Zeiten des pumpenden Crossover sind vorbei, jetzt ist schwungvoller<br />

Alternative Rock angesagt, tanzbar, kraftvoll, melodisch. „Es hat nicht mehr<br />

diese dicken Eier wie früher“, fasst es Sandra Nasiç zusammen, und<br />

Rümenapp ergänzt: „Wir haben gemerkt, dass wir die Leute früher teilweise<br />

mit unserem Sound erschlagen haben.“<br />

Mit dem Neuanfang wollte die Band keinesfalls fahrlässig umgehen. Wenn,<br />

dann sollte es funktionieren – und zwar nach ihren eigenen Spielregeln. Ein<br />

softer Wiedereinstieg mit ein paar neuen Songs und einem Best-of-Album,<br />

wie ihn die ewigen Konkurrenten Skunk Anansie kürzlich hingelegt haben,<br />

wäre für die Guano Apes nicht in Frage gekommen. Es gab nur alles oder<br />

nichts. In Verhandlungen mit Plattenfirmen ging das Quartett erst, als schon<br />

drei Viertel der Songs fertig waren, um erst gar keinen Zeitdruck aufkommen<br />

zu lassen. Und auch jetzt sind alle vier sehr darauf bedacht, sich nicht den<br />

kompletten Terminplan mit Interviews, Promoterminen und Konzerten zuballern<br />

zu lassen.<br />

Letztlich ist jedoch vor allem die neue musikalische Ausrichtung – und<br />

damit die klare Absage an Erwartungen der Fans – ein Schritt weg von früheren<br />

Zwängen. Sandra Nasiç sieht das pragmatisch: „Man muss als Musiker<br />

auch die Neugier haben wollen, neue Sachen auszuprobieren. Wenn<br />

man sich selber langweilt, dann langweilst du auch andere.“ Nach trotzig vor<br />

der Brust verschränkten Armen klingt das. Und vielleicht ist diese neue<br />

Selbstbestimmung für die Guano Apes tatsächlich der Weg zur (musikalischen)<br />

Glückseligkeit. Ellen Stickel<br />

Bel Air ist seit Anfang April im Handel.<br />

On-off-on: die Guano Apes mit Sängerin Sandra Nasiç<br />

Foto: Daniel Cramer


GUITAR HEAVEN<br />

IN STORES NOW<br />

ERSATZTERMINE<br />

VERLEGT VON MÄRZ<br />

Neues Album „Hands All Over“ im Handel!<br />

TRIPLE M ENTERTAINMENT PRESENTS<br />

Marek Lieberberg & Mario Mendrzycki present<br />

24.6. LEIPZIG - ARENA<br />

25.6. NEUSTADT - SCHÜTZENPLATZ<br />

26.6. JÜCHEN - POLODROM<br />

28.6. HANNOVER - PARKBÜHNE<br />

SANTANA.COM FACEBOOK.COM/CARLOSSANTANA<br />

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3.12. Hamburg 4.12. Berlin 6.12. München<br />

www.maroon5.com · www.twitter.com/maroon5<br />

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3.5. Hamburg 5.5. Köln<br />

www.loslonelyboys.com<br />

presented by Marek Lieberberg & Mario Mendrzycki<br />

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PLUS<br />

SPECIAL<br />

GUEST<br />

presented by Marek Lieberberg & Mario Mendrzycki<br />

13.5. Essen<br />

14.5. Herford<br />

15.5. Bremen<br />

16.5. Dresden<br />

ZUSATZTERMINE<br />

18.5. Frankfurt<br />

19.5. Ulm www.maxmutzke.de<br />

20.5. Augsburg<br />

21.5. Waldshutingen<br />

presented by Neuland Concerts, Marek Lieberberg & Mario Mendrzycki<br />

Tickets: 01805 - 57 00 00 [14 Ct./Min., Mobilfunkpreise max. 42 Ct./Min.] · eventim.de und bei den bekannten Vorverkaufsstellen. www.tmeweb.com<br />

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WWW.MILOW.COM


17.04.11 Nürnberg - Club Planet<br />

25.04.11 Berlin - Admiralspalast<br />

26.04.11 Hamburg - Gr. Freiheit<br />

27.04.11 Offenbach - Capitol<br />

28.04.11 Köln - Live Music Hall<br />

30.06.11 Stuttgart - Killesberg<br />

01.07.11 Offenbach - Stadthalle<br />

02.07.11 Leipzig - Parkbühne<br />

04.07.11 München - Zenith<br />

05.07.11 Berlin - Zitadelle<br />

06.07.11 Hamburg - Stadtpark<br />

Photo Credit: Rob Shanahan<br />

RICK DERRINGER RICHARD PAGE WALLY PALMAR<br />

EDGAR WINTER GARY WRIGHT GREGG BISONETTE<br />

07.07.11 Hamburg - Stadtpark<br />

10.07.11 Düsseldorf - Philipshalle<br />

12.07.11 Berlin - Tempodrom<br />

13.07.11 München - Circus Krone<br />

16.07.11 Franfkurt - Jahrhunderthalle<br />

10 musik // Rockpop<br />

Mike & The Mechanics<br />

Eine Nase<br />

tankt Super<br />

Im Gegensatz zu einem berühmten Genesis-<br />

Kollegen will Mike Rutherford (60) sich noch nicht<br />

aufs Altenteil zurückziehen. Im Gegenteil.<br />

kulturnews: Mike, du hast deine Mechanics nach sechs<br />

Jahren Pause neu aufgestellt. Mit Andrew Roachford, der<br />

in den 90ern einige große Hits wie „Cuddly Toy“ hatte<br />

und dem relativ unbekannten Tim Howar sind zwei neue<br />

Sänger dabei. Wie kam es zu den Umbesetzungen?<br />

Mike Rutherford: Unser Sänger Paul Young starb bereits<br />

2000 an Herzversagen, und Paul Carrack möchte sich<br />

auf seine Solokarriere konzentrieren. Nach Youngs Tod<br />

waren die Mechanics irgendwie am Ende angekommen,<br />

die Geschichte schien mir auserzählt zu sein. Wir haben<br />

kulturnews 4/11<br />

noch ein weiteres Album („Rewired“, 2004, d. Red.) mit<br />

anderen Sängern gemacht, aber das war es dann. Freunde<br />

von mir ermutigten mich schließlich, es wieder zu<br />

probieren. Ich habe zunächst Lieder geschrieben, ohne<br />

zu wissen, wer sie letztlich singen würde. Wichtig bei<br />

den Mechanics ist die Balance zwischen einer souligen<br />

und einer rockigen Stimme. Der Soulsänger ist Andrew,<br />

mit dem ich, als er zugesagt hatte, auch gleich mehrere<br />

Stücke verfasst habe.<br />

kulturnews: Und der Rocker ist Tim Howar. Was hat der<br />

bislang gemacht?<br />

Rutherford: Am bekanntesten ist er wahrscheinlich durch<br />

seine Rolle am Londoner West End. Er hat im Musical<br />

„Tonight’s the Night“ Rod Stewart verkörpert.<br />

kulturnews: Das neue Album heißt „The Road“, auf dem<br />

CD-Cover schraubt ein Mann unter einem Wagen herum.<br />

Was für ein Auto fährst du selbst?<br />

Rutherford: Einen Range Rover. Allerdings muss ich dich<br />

enttäuschen, wenn du in mir einen Autofreak erwartest.<br />

Von der ganzen Technik verstehe ich nichts. Ich könnte<br />

ein Rad wechseln, viel mehr aber auch nicht.<br />

kulturnews: Also nennst du auch keine Sammlung wertvoller<br />

Karossen dein Eigen?<br />

Rutherford: Nein. Ich sammele keine Autos. Meine Frau<br />

und ich, wir sind Pferdefanatiker. Wir leben auf einer<br />

Farm, wir betreiben hier eine richtige Zucht. Früher war


ich auch ein sehr leidenschaftlicher Polospieler.<br />

Damit habe ich allerdings aufgehört. Ich bin jetzt<br />

60, und Polo ist ein Sport für junge Männer.<br />

kulturnews: Dein Freund und Genesis-Kollege Phil<br />

Collins hat gerade verkündet, dass er in Rente<br />

gehen will. Kannst du Phil verstehen?<br />

Rutherford: Ich war kürzlich in Genf und habe ihn<br />

besucht. Er hat zwei kleine Jungs und möchte so<br />

viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen. An<br />

seiner Stelle würde ich es genauso machen. Bei<br />

mir ist das etwas anders. Meine Tochter ist Anfang<br />

30, meine beiden Söhne in den Zwanzigern.<br />

kulturnews: Also keine Frührente?<br />

Rutherford: Ich bin gerne daheim, doch ich möchte<br />

meine Arbeit nicht missen. Phil sagt, er will<br />

weiter Songs schreiben, bloß das Drumherum<br />

mag er nicht mehr. Auch ich bin immer noch<br />

süchtig danach, neue Lieder zu komponieren, mir<br />

etwas einfallen zu lassen. Ich habe den Vorteil,<br />

dass bei mir alles eine Nummer kleiner abläuft.<br />

Hinter Mike & The Mechanics steckt keine große<br />

Maschinerie. Wir sind eine sehr flexible, kleine<br />

Einheit. Ein Schnellboot.<br />

kulturnews: Wird der Tanker Genesis noch mal in<br />

See stechen?<br />

Rutherford: Ich habe in diesem Geschäft gelernt,<br />

Rockpop // musik 11<br />

Neustart nach Runderneuerung: Mike Rutherford (M.) mit Andrew Roachford (l.) und Tim Howar<br />

niemals nie zu sagen. Ich halte auch nichts von<br />

definitiven Statements, was die Zukunft angeht.<br />

Mal gucken.<br />

kulturnews: Noch mal zurück zum Musical „Tonight’s<br />

the Night“: Wer sollte denn Mike Rutherford<br />

am besten spielen?<br />

Rutherford: Eindeutig Pete Townshend! Wir sind<br />

beide groß und haben Riesennasen.<br />

kulturnews: Apropos Nase: Mechanics-Songs laufen<br />

seit jeher gut im Radio. Hast du einen Riecher<br />

für die Bedürfnisse von Sendern und Hörern?<br />

Rutherford: Nein. Wenn du meinst, ich sei im<br />

Besitz von bestimmten Geheimkräutern oder<br />

Gewürzen für meine Lieder, mit denen sie garantiert<br />

erfolgreich werden, dann muss ich dich enttäuschen.<br />

Man weiß es vorher nie. Wirklich nie.<br />

Sonst wäre es ja auch langweilig.<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 1. 6. Duisburg, 2. 6. Karlsruhe, 4. 6. Leipzig,<br />

5. 6. Berlin, 6. 6. Hamburg, 8. 6. Niedernhausen,<br />

9. 6. München<br />

The Road erscheint am 8. April.<br />

Foto: Paddy Balls<br />

kulturnews 4/11


12 musik // Bluesrock<br />

Joe Bonamassa<br />

Schluss mit bluesig<br />

Der New Yorker Bluesrocker Joe Bonamassa legt bereits das fünfte<br />

Album in nur drei Jahren vor – und alle verwandeln sich in Gold.<br />

Eigentlich kein Grund aufzuhören …<br />

kulturnews: Mr. Bonamassa, Sie bringen den Kindern in den USA mit ihrem<br />

Blues-in-the-Schools-Programm (BITS) den Blues ins Klassenzimmer. Was<br />

war die beste Frage, die Sie da gestellt bekamen?<br />

Joe Bonamassa: Ein neunjähriger Junge hat mich gefragt, ob meine Musik<br />

wirklich so laut gespielt werden müsse. Das fand ich eine wirklich angemessene<br />

Frage! Ich hab sie verneint. Er sagte Danke, setzte sich hin und schrieb<br />

das auf. Süß, wirklich.<br />

kulturnews: Was genau versuchen Sie zu vermitteln?<br />

Bonamassa: Ich gehe an Schulen und Universitäten, spiele dort und rede mit<br />

den Kindern und Jugendlichen über den Blues. Die meisten wissen gar nicht,<br />

dass er die Basis für viele populäre Stile ist. Wenn wir der jungen Generation<br />

diese Musik nicht zeigen, wird es in 50 Jahren keinen mehr geben, der<br />

unser kulturelles Erbe weitergibt. Ich mache das gerne, schließlich hat der<br />

Blues mein Leben verändert: Ich spiele heute in großen Hallen, davon habe<br />

ich jahrelang nur geträumt. Ich bin vor Jahren mit einem klapprigen Lieferwagen<br />

losgefahren, und heute habe ich zwei Trucks, zwei Tourbusse, eine<br />

große Crew und einen Koch, der mir täglich leckere Sachen kocht. Ich staune<br />

noch immer – und bin sehr dankbar, dass ich so ein Leben führen darf.<br />

kulturnews: Können Sie eigentlich auch innehalten und genießen?<br />

Bonamassa: Ja, ich hebe trotzdem nicht ab. Ich will bessere Platten machen,<br />

bessere Konzerte spielen! Mehr Konzerte spielen!<br />

kulturnews: Fünf Alben in drei Jahren, 250 Shows pro Jahr: Was muss man<br />

tun, um so ein Leben auf der Überholspur durchzuhalten?<br />

Bonamassa: Wenn ich zurückschaue, weiß ich es selbst nicht. Es war ein<br />

ziemlicher Marathon, gerade die letzten drei Jahre. Ich habe das neue Album<br />

„Dust Bowl“ während meiner Tour in verschiedenen Städten aufgenommen,<br />

kulturnews 4/11<br />

habe parallel mit Black Country Communion an unserem zweiten Album gearbeitet,<br />

dazu kamen Sessions mit anderen Künstlern. Aber dies wird vorerst<br />

mein letztes Album sein.<br />

kulturnews: Ach ja …?<br />

Bonamassa: Ja. Ich brauche dringend mal Zeit für mich. Ich hab gerade die<br />

Nase voll davon, mein Leben in Aufnahmestudios zu verbringen. Ich erinnere<br />

mich nicht mal mehr, wann ich zuletzt einen Tag komplett frei hatte.<br />

kulturnews: Was würden Sie denn mit so viel Freizeit anfangen?<br />

Bonamassa: Hm … Gitarre spielen! Ich verbringe so viel Zeit mit meinem Job,<br />

dass ich mir einfach nichts anderes vorstellen kann. Klingt verrückt, ist aber<br />

so.<br />

kulturnews: Sie teilen das Geburtsdatum mit Blueslegende Robert Johnson.<br />

Der hatte ja angeblich einen Pakt mit dem Teufel und deshalb so großen<br />

Erfolg. Haben Sie auch einen Deal …?<br />

Bonamassa: Nee. Auf jede Aktion folgt eine entsprechende Reaktion, das ist<br />

ein Naturgesetz. Da ich eine Menge positiver Reaktionen bekomme, muss ich<br />

irgendetwas richtig gemacht haben, oder? Aber das zu erkennen ist nicht<br />

leicht. Und was ist schon Erfolg? Als Künstler lebst du in einer Art künstlichen<br />

Blase. Und dort ist es besser, nicht allen Schlagzeilen zu glauben.<br />

kulturnews: Was ist mit dieser: Eric Clapton hat mal wieder eine Wohltätigkeitsauktion<br />

anberaumt, bei der er seine Instrumente zugunsten seiner Rehaklinik<br />

versteigert, und Sie sollen einige Gitarren gespendet haben.<br />

Bonamassa: Ja. Ich habe Eric unter anderem eine meiner Lieblingsgitarren<br />

gegeben, meine goldene Stratocaster, die ich 2005 bei euch im Rockpalast<br />

gespielt habe.<br />

kulturnews: Haben Sie selbst auch etwas ersteigert?<br />

Bonamassa: Ja, eine Gitarre, von der ich seit langem geträumt habe: Erics<br />

blaue Stratocaster, die er als Gast bei meinem Konzert in der Royal Albert<br />

Hall gespielt hat. Bei der Auktion sind wirklich absurde Summen gezahlt<br />

worden – was für den Zweck natürlich toll ist. Aber das ist ein Spiel für Superreiche,<br />

und nicht für den kleinen Joe Bonamassa.<br />

Interview: Stefan Woldach<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour mit Black Country Communion 30. 6. Stuttgart, 1. 7. Frankfurt, 2. 7. Leipzig,<br />

4. 7. München, 5. 7. Berlin, 6. 7. Hamburg<br />

Dust Bowl ist seit kurzem im Handel. Die Rezension zum Album steht im Musikteil ab S. 59.<br />

Foto: Paul Bergen


Emmylou Harris<br />

Alles aus Gram<br />

Emmylou Harris ist eine der erfolgreichsten<br />

Countrysängerinnen der Welt – dank eines<br />

Mannes, der seit 38 Jahren nicht mehr lebt.<br />

kulturnews: Ms. Harris, Ihre CD „Hard Bargain“ wirkt<br />

auf mich wie eine Rückschau.<br />

Emmylou Harris: Stimmt auch. Ich wollte verschiedene<br />

Stationen meines Lebens Revue passieren<br />

lassen. Einige Lieder beschäftigen sich mit der<br />

jüngeren Vergangenheit, mit anderen blicke ich<br />

ganz weit zurück. So wie „The Road“, das ich<br />

meinem Mentor Gram Parsons gewidmet habe.<br />

Unsere Begegnung war für mich geradezu<br />

schicksalhaft.<br />

kulturnews: Klingt ziemlich pathetisch.<br />

Harris: Trotzdem ist es wahr. Als wir uns 1971<br />

begegnet sind, stand ich an einem Tiefpunkt. Ich<br />

hatte weder einen Collegeabschluss noch eine<br />

Ausbildung. Als alleinerziehende Mutter musste<br />

ich mich in New York durchschlagen, mit ein paar<br />

Auftritten hier und da. Ich war kurz davor, die<br />

Musik aufzugeben. Und dann ist plötzlich Gram<br />

aufgetaucht und hat mich als Backgroundsängerin<br />

engagiert.<br />

kulturnews: Wie war denn das Tourleben mit ihm?<br />

Harris: Ungewohnt, verrückt, ein Riesenspaß für<br />

mich. Obwohl es wenig Luxus gab: Unser Tourbus<br />

hatte nicht mal Kojen. Wir mussten im<br />

Sitzen schlafen, einige haben auf dem Fußboden<br />

gelegen. Dummerweise war dann oft der Weg<br />

Countrypop // musik 13<br />

zur Toilette blockiert. Aber unsere Auftritte haben<br />

mich für all das entschädigt. Die Energie des<br />

Publikums hat mich förmlich mitgerissen.<br />

kulturnews: Dabei waren Sie nicht mal die Hauptakteurin.<br />

Harris: Ich habe es genossen, in der zweiten Reihe<br />

zu stehen, Gitarre zu spielen, ein bisschen zu<br />

singen. Der schnelle Ruhm ist in meinem Weltbild<br />

überhaupt nicht vorgekommen. Möglicherweise<br />

wäre ich daran zerbrochen, wie so viele<br />

andere. Schließlich war ich damals ein naives<br />

Mädchen, das meist still in einer Ecke gehockt<br />

und gestrickt hat.<br />

kulturnews: Haben Ihnen Parsons’ Exzesse Angst<br />

gemacht?<br />

Harris: Natürlich hatte Gram ein Drogen- und Alkoholproblem.<br />

Aber er hat sich redlich bemüht,<br />

clean zu werden. Während der Tournee gab es keine<br />

großartigen Abstürze. Er schien sich ziemlich<br />

gut unter Kontrolle zu haben. Doch wenig später<br />

ist er gestorben, mit 26. Das war ein schwerer<br />

Schock für mich.<br />

kulturnews: Mussten Sie danach wieder bei null<br />

anfangen?<br />

Harris: Nein. Grams Manager hat mir meinen ersten<br />

Plattenvertrag vermittelt. Mein Debütalbum<br />

war recht erfolgreich, sogar in Europa. All das verdanke<br />

ich Gram. Ohne ihn hätte ich Country womöglich<br />

nie für mich entdeckt – sondern wäre eine<br />

mittelmäßige Möchtegern-Joan-Baez geblieben.<br />

Interview: Dagmar Leischow<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour 5. 6. München, 6. 6. Frankfurt, 8. 6. Berlin<br />

Hard Bargain erscheint am 21. April.<br />

Foto: Jack Spencer<br />

kulturnews 4/11<br />

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+special<br />

guest<br />

Album ab 15.04.2011<br />

im Handel erhältlich!<br />

30.04.11 FRANKFURT / 02.05.11 MÜNCHEN<br />

03.05.11 KÖLN / 05.05.11 BIELEFELD<br />

07.05.11 HAMBURG / 09.05.11 BERLIN<br />

18.10.11 Passau / 19.10.11 Fulda / 21.10.11 Kiel<br />

22.10.11 Lingen / 24.10.11 Rostock / 25.10.11 Chemnitz<br />

27.10.11 Limburg / 28.10.11 Bayreuth / 29.10.11 Bielefeld<br />

31.10.11 Heilbronn / 01.11.11 Karlsruhe / 02.11.11 Siegburg<br />

KLAUS BÖNISCH FÜR KBK GMBH PRÄSENTIERT<br />

www.kb-k.com<br />

31.10.11 FRANKFURT / 01.11.11 HANNOVER<br />

03.11.11 HAMBURG / 04.11.11 DORTMUND<br />

05.11.11 KÖLN / 07.11.11 DRESDEN<br />

08.11.11 BERLIN / 09.11.11 ERFURT<br />

10.11.11 TRIER / 19.11.11 MÜNCHEN


14 musik // Singer/Songwriter<br />

Bruce Cockburn<br />

Das Richtige tun<br />

Seit 40 Jahren lässt sich der Songwriter Bruce Cockburn (65)<br />

von der Ungerechtigkeit der Welt inspirieren. Aber hat er sie auch<br />

besser gemacht?<br />

kulturnews: Mr. Cockburn, werden Sie langsam altersmilde, oder sind Sie nach<br />

wie vor in der Lage, sich über Dinge zu ereifern?<br />

Bruce Cockburn: Ich glaube, ich bin im Wesentlichen derselbe geblieben. Aber<br />

ich habe in den letzten Jahren eher eine noch stärkere Leidenschaft in mir<br />

entdeckt. Es gibt vieles, was mich aufregt, und das wird durch die Lebenserfahrung,<br />

die man sammelt, eher noch mehr.<br />

kulturnews: Sie haben sich über die Jahre immer wieder für Menschen am<br />

Rand der Gesellschaft eingesetzt, ob es nun um Minenopfer in Mosambik oder<br />

um die arme Landbevölkerung in Nepal ging. Ist es nicht frustrierend mitanzusehen,<br />

dass trotz aller Bemühungen die Welt kein besserer Ort geworden ist?<br />

Cockburn: Wenn man die Entscheidung trifft, sich irgendwo zu engagieren,<br />

ist es ganz wichtig, dass man sich gleich davon verabschiedet, sofort Ergebnisse<br />

sehen zu wollen. Selbst wenn die Arbeit erfolgreich sein sollte, trägt sie<br />

wahrscheinlich erst Früchte, wenn man selbst längst tot ist. Bei allem Herzblut,<br />

das drinsteckt: Man darf sich davon nicht emotional abhängig machen.<br />

kulturnews: Sie sprechen gleich im ersten Stück Ihres neuen Albums die Erderwärmung<br />

an – auch so ein Thema, das ein Einzelner nicht mal eben lösen<br />

kann …<br />

Cockburn: Richtig. Die Erderwärmung stünde auch auf der globalen Agenda,<br />

wenn ich nicht darüber singen würde – deswegen ist das Lied auch mit recht<br />

viel Ironie versehen. Aber es gibt haufenweise Dinge, die eben nicht genug<br />

Beachtung finden. Da kann ich für ein gewisses Maß an Publicity sorgen. Ich<br />

kann aber die Leute nur bewundern, die sich hauptberuflich für einen guten<br />

kulturnews 4/11<br />

Zweck einsetzen – allein schon, weil man immer hoffnungslos in der Unterzahl<br />

sein wird, wenn man zu denen gehört, die versuchen, das Richtige zu tun.<br />

kulturnews: Sie leben in Kanada. Ist das Land ein sicherer Hafen, wo man die<br />

Probleme, die die Welt beherrschen, nicht ganz so intensiv spürt?<br />

Cockburn: Kanada ist genauso von den weltweiten Entwicklungen betroffen wie<br />

jedes andere Land auch. Um nur ein Beispiel zu nennen: Es kämpfen und<br />

sterben in Afghanistan auch kanadische Soldaten. Ich bin zutiefst überzeugt,<br />

dass es in einer globalisierten Welt keine sicheren Häfen gibt.<br />

kulturnews: Jetzt haben wir schon wieder die ganze Zeit über Weltpolitik und<br />

Megatrends gesprochen. Dabei steckt in ihren Songs auch sehr viel sarkastischer<br />

Humor wie etwa in der Bluegrassparodie „Called me back“. Sehen Sie<br />

sich als humorvollen Menschen?<br />

Cockburn: Ich neige eigentlich nicht dazu, dauernd über mich selbst nachzudenken.<br />

Ich sehe es als meinen Job an, Lieder über das Leben zu schreiben.<br />

Und der Humor, der darin steckt, ist der Tatsache zu verdanken, dass das Leben<br />

immer wieder voller Absurditäten ist.<br />

kulturnews: Nach 40 Jahren und 31 Alben: Gibt es noch Ziele, die Sie erreichen<br />

möchten?<br />

Cockburn: Ich habe mich eigentlich noch nie an bestimmten Zielen orientiert.<br />

Das Meiste hat sich einfach so ergeben. Meine Songs folgen keiner bestimmten<br />

Agenda, sondern spiegeln das wieder, was ich erlebt oder worüber ich nachgedacht<br />

habe – im kosmischen Sinn ist das alles eher zufällig. Abgesehen<br />

davon, finde ich es schon einen Wert an sich, einfach weiterzumachen.<br />

kulturnews: Ist Musik für Sie gleichzeitig Beruf und Freitzeitbeschäftigung –<br />

oder brauchen Sie manchmal auch etwas völlig anderes, um neue Kreativität<br />

zu tanken?<br />

Cockburn: Ich bin gern draußen. Ich fahre in letzter Zeit viel Ski, was ich als<br />

junger Mann oft getan und erst kürzlich wiederentdeckt habe. Davor war mein<br />

Ausgleichssport Scheibenschießen, und bis in die 90er war ich leidenschaftlicher<br />

Springreiter, auch wenn ich nie an Turnieren teilgenommen habe. Bei<br />

solchen Dingen ist es genau wie beim Songschreiben: Ich lasse mich von<br />

meiner Neugier treiben – und schaue, was sich ergibt.<br />

Small Source of Comfort ist Ende März erschienen.<br />

Foto: Kevin Kelly<br />

Interview: Rolf von der Reith


Duran Duran<br />

Zurück auf<br />

dem Platz<br />

Duran Duran wollen mehr als ein Comeback.<br />

Nämlich die Marktführerschaft.<br />

„Wir waren vor 25 Jahren die größte Band der Welt“,<br />

krächzt der schwer erkältete Simon Le Bon. „Doch das<br />

bedeutet gar nichts. Entscheidend ist das Jetzt, nicht das<br />

Gestern.“ Duran Duran sind sozusagen der HSV des Pop.<br />

Sie hatten ihre erfolgreichste Zeit in den frühen 80ern;<br />

mit dem Album „Rio“ eroberten sie seinerzeit den Globus.<br />

Es gab weitere Hits, 1985 noch den Titelsong zum<br />

James-Bond-Film „A View to a Kill“ – doch danach war<br />

Dümpeln angesagt.<br />

Immer mal wieder flackerte bei den Engländern zwar<br />

die einstige Klasse auf („Ordinary World“, 1993), es fehlte<br />

jedoch an Konstanz und manchmal auch am richtigen<br />

Konzept. Ein 2007 von Timbaland produziertes R’n’B-<br />

Album zum Beispiel „war unseren Fans leider nicht zu<br />

vermitteln“, wie Le Bon es ausdrückt. Jetzt also geht es<br />

zurück zu den Wurzeln und – das wünscht sich zumindest<br />

die Band – zum alten Erfolg. „All you need is now“<br />

ist kein unmodernes Album, aber doch eines, bei dem<br />

Nostalgiker frohlocken dürften. Duran Duran machen<br />

wieder Pop. Das Album bietet dynamische Songs wie<br />

das Titellied, gelegentlich einen Hauch alter Hysterie<br />

Elektropop // musik 15<br />

Angriffslustig: Roger Taylor, Simon Le Bon, James Taylor und Nick Rhodes<br />

(„Girl Panic“) und einige dunklere Stücke. Die Ballade<br />

„Leave a Light on“ etwa erinnert stark an „Save a<br />

Prayer“, selbst wenn Le Bon, inzwischen 52 und bärtig,<br />

diesem Vergleich nicht zustimmt.<br />

Als Produzent ist niemand Geringeres als Mark Ronson<br />

mit dabei – ein echter Fan. „Als ich seine Mutter und<br />

seinen Stiefvater, den Foreigner-Gitarristen Mick Jones,<br />

kennenlernte, war Mark auch dabei“, erinnert sich Le<br />

Bon. Er war zehn, total süß und schüchtern und bat mich<br />

um ein Autogramm. Hätte keiner gedacht, dass aus diesem<br />

Bürschchen mal einer der einflussreichsten Produzenten<br />

seiner Generation werden würde.“ Ronson habe eine<br />

klare Vision für seine Arbeit mit Duran Duran gehabt,<br />

sagt Le Bon. „Klar, es wird immer Leute geben, die Musik<br />

mit einem Nagel und einer Tabakdose machen. Aber<br />

innerhalb der Grenzen des heutigen kommerziellen Pop<br />

wollten wir eine relativ gewagte, frische und avantgardistische<br />

Platte aufnehmen.“<br />

Bloc Party, die Killers oder Franz Ferdinand, glaubt der<br />

Sänger, seien allesamt Bands, die heute auf dem Platz<br />

sitzen, der einst für Duran Duran reserviert war. „Dort wollen<br />

wir wieder hin“, krächzt er forsch, „wir wollen wieder<br />

mit den coolen Kindern spielen.“<br />

Killers & Co. sollten sich schon mal warm anziehen.<br />

All you need is now ist Ende März erschienen.<br />

Die Rezension zum Album steht im Musikteil ab S. 59.<br />

Foto: Stephanie Pistel<br />

Steffen Rüth<br />

kulturnews 4/11<br />

Pam Ann<br />

'You F'Coffee' European Tour 2011<br />

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Chippendales ® Special 2011<br />

The Ultimate Girls Night Out! ®<br />

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Emmylou Harris<br />

Emmylou Harris & Her Red Dirt Boys<br />

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The Pogues<br />

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Cyndi Lauper<br />

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Sérgio Mendes<br />

The Celebration Tour<br />

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Texas<br />

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Chippendales ® 2011<br />

Most Wanted 2011<br />

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Yes<br />

Live 2011<br />

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Al Jarreau<br />

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16 musik // Songwriterpop<br />

Paul Simon<br />

Das Trampeln der Gnus<br />

Auf seinem neuen Album bietet Folklegende Paul Simon (69) einen<br />

Querschnitt der Stile, die er seit Jahrzehnten verfolgt. Nicht nur für<br />

„Graceland“-Verehrer ist das eine gute Nachricht.<br />

„Wenn du Paul Simon dazu bewegen kannst, einen Song über dich zu schreiben,<br />

nimm die Gelegenheit wahr. Weil er das einfach brillant beherrscht“,<br />

schrieb die Hollywood-Schauspielerin Carrie „Prinzessin Leia“ Fisher in ihrer<br />

Autobiografie. Sie muss es wissen: Immerhin war sie Anfang der 80er für<br />

einige Monate seine zweite Ehefrau, und Simon nahm in zahlreichen Songs<br />

wie „Hearts and Bones“, „Allergies“ und „Graceland“ Bezug auf die turbulente<br />

Beziehung. Auch in einigen Songs seines formidablen Albums „Still crazy<br />

after all these Years“ von 1975 ging es um Trennung, damals von seiner ersten<br />

Gattin. Es scheint, als könne Simon gar nicht anders. Er muss sich über seine<br />

Songs mitteilen, muss intime Details preisgeben, manchmal böse, manchmal<br />

nüchtern, häufig humorvoll. Die alte Songwriting-als-Therapie-Formel.<br />

Damit ist er zu einem der ganz großen US-Songwriter geworden. Als Teil des<br />

Duos Simon & Garfunkel prägte er den Pop der 60er und verfasste zahlreiche<br />

Klassiker wie „The Sound of Silence“, „Homeward bound“ und „The Boxer“. Unter<br />

dem Namen Tom & Jerry hatten die beiden bereits 1958 mit „Hey Schoolgirl!“<br />

ihren ersten Top-50-Hit in den USA gelandet. Nach der Veröffentlichung seines<br />

erfolgreichsten Albums „Bridge over troubled Water“ trennte sich das Duo 1970,<br />

um später nach den Gesetzen einer innigen Hassliebe immer mal wieder gemeinsam<br />

aufzutreten, etwa 2010 beim Jazz & Heritage Festival in New Orleans.<br />

Als Solokünstler brillierte Simon in den 70ern und 80ern mit Hits wie „50 Ways<br />

to leave your Lover“. Doch sobald er sich vom Songwriting entfernte und sich<br />

kulturnews 4/11<br />

in anderen künstlerischen Bereichen versuchte, scheiterte er gründlich. Sein<br />

Film „One Trick Pony“ von 1980 war ein Flop, ebenso sein Broadwaymusical<br />

„The Capeman“, das 1998 nach nur 68 Vorstellungen abgesetzt wurde.<br />

Nach jedem Rückschlag aber bekam Simon auch wieder die Kurve. 1986<br />

überraschte er mit seinem bis heute erfolgreichsten Soloalbum „Graceland“.<br />

Sein Songwriting hatte einen neuen Ansatz gefunden, indem er den Rhythmus<br />

an den Anfang des Entstehungsprozesses stellte. Eine Arbeitsweise, die Simon<br />

lange beibehielt und erst beim aktuellen Album „So beautiful or so what“ zumindest<br />

teilweise wieder aufgab. Drei Balladen hat er auf die herkömmliche<br />

Singer/Songwriter-Weise allein mit seiner Gitarre geschrieben. Doch auch<br />

Fans des Rhythmus-verliebten Paul Simon kommen auf diesem Album nicht<br />

zu kurz. Geschickt lässt er Afro- und Socabeats, Blues und Rock, sogar ein<br />

paar dezente elektronische Effekte und Samples in seine Musik einfließen.<br />

Paul Simon liebt es, mit Sounds zu experimentieren. Im ersten Stück verarbeitet<br />

er den Klang einer Dampfmaschine, in „The Afterlife“ unterlegt er eine<br />

Snaredrum mit dem Nachhall eines tibetischen Gongs, durch ein anderes Stück<br />

trampelt eine Herde Gnus. „Einige dieser Effekte funktionieren sehr gut“, sagt<br />

der 69-Jährige, der seit 1992 mit der Folksängerin Edie Brickell verheiratet ist<br />

und drei Kinder hat. „Wir waren mit der ganzen Familie in Afrika und haben die<br />

Migration der Tiere beobachtet. Das war zwischen Juli und August, wenn Tausende<br />

von Tieren von Kenia über die Grenze und den Fluss nach Tansania<br />

ziehen. Das haben wir natürlich gefilmt, aber Edie hat auch die Klänge mit einem<br />

kleinen digitalen Aufnahmegerät aufgezeichnet. Und einer dieser Klänge war das<br />

Dröhnen von Tausenden Gnus. Gegen diesen Klang habe ich die Gitarre gestellt.“<br />

Auf diese Weise hat sich auch Edie Brickell auf einem Paul-Simon-Album<br />

verewigt – und kommt damit besser weg als manch andere seiner Verflossenen.<br />

Michael Schubarth<br />

So beautiful or so what ist ab 8. April im Handel. Außerdem werden diverse Duo- und<br />

Soloalben demnächst remastert wiederveröffentlicht, darunter auch eine 40-Jahre-<br />

Edition von „Bridge over troubled Water“.<br />

Foto: Concord/Universal


Foto: Steve Gullick<br />

Foo Fighters<br />

Unter Strom<br />

Wer bei den Foo Fighters an Groupies, Suff und<br />

Drogen denkt, liegt falsch. Nein, zu Hause spielt<br />

die Musik – mit elektrisierendem Ergebnis.<br />

„Es soll ein Garagenalbum werden“, grinst Dave Grohl<br />

in die Kamera. Sie begleitet den Bandboss durch seine<br />

Villa in Los Angeles, hinaus in die Garage. Das Filmchen<br />

flankiert die Veröffentlichung des neuen Foo-Fighters-<br />

Albums „Wasting Light“. Man sieht den Hausherrn, wie<br />

er den künftigen Ort des Geschehens von Krempel und<br />

Kinderspielzeug befreit, um Platz zu schaffen für Band<br />

und Equipment. Doch Grohl lädt nicht nur die Band,<br />

sondern auch deren Familien zu sich nach Hause. Aufgenommen<br />

wird zwischen Grillfete, Planschen im Pool<br />

und Kuscheln mit den Kids.<br />

Das siebte Studiowerk der Foo Fighters ist Sinnbild<br />

eines Familientreffens. Gilt auch für den Produzenten<br />

Butch Vig: Der schob schon die Regler für Nirvana.<br />

Auch der unkaputtbare Nirvana-Sideman Pat Smear hat<br />

wieder die Gitarre umgeschnallt, und sogar der damalige<br />

Bassist Krist Novoselic ist an Bord, sinnigerweise bei<br />

der reflektiven Selbsttherapie „I should have known“.<br />

Damit will Grohl endgültig die Dämonen von 1994 vertreiben.<br />

„Ein Song“, sagt er, „den ich schon viel früher<br />

hätte schreiben sollen.“<br />

Alternative Rock // musik 17<br />

Eine Familie: Dave Grohl (2. v. l.) mit Bandkollegen<br />

13 weitere Stücke probte die Band zwischen Wohnzimmer<br />

und Windelwechsel, elf schafften es schließlich<br />

aufs Album. „Wir wollten es diesmal anders machen“,<br />

freut sich Grohl, „und wir haben unsere Hausaufgaben<br />

gemacht.“ Zunächst geben er und Drummer Taylor<br />

Hawkins in der Garage Gas, um auszuloten, „ob wir<br />

parallel ticken.“ Sie tickten prima. Dann tickten die<br />

anderen mit – Bassist Mendel und die Gitarristen<br />

Shiflett und Smear. Alle in einem Raum, keine<br />

Kompromisse, keine Gefangenen. Das ist kein Poprock,<br />

kein „Learn to fly“ oder „My Hero“, das ist wuchtiger<br />

Rock’n’Roll, rhythmisch punktiert, mit feinen Details.<br />

Vor allem mit Vollgas.<br />

Faszinierend, mit welch – im wörtlichen Sinne –<br />

spielerischer Lust Grohl & Co. dem Album Kontur<br />

geben. Kaum zu glauben, dass Schlagwerker Hawkins<br />

2001 beinahe an einer Überdosis Heroin gestorben<br />

wäre, Bassist Mendel einst unbedingt weg wollte und<br />

Grohl selbst beinahe zu den Queens Of The Stone Age<br />

geflohen wäre. Hier herrscht eitel Sonnenschein am<br />

Garagentor. „Wir haben früher für drei Monate Studiozeit<br />

eine Million Dollar rausgeschmissen, um am Ende alles<br />

in meinem Heimstudio noch mal neu und ganz<br />

umsonst einzuspielen“, seufzt Grohl. „Diesmal haben<br />

wir es gleich ganz bei mir daheim gemacht.“<br />

Und eins wird dabei sehr deutlich: Grohls Garage hat<br />

Starkstromanschluss.<br />

Stefan Woldach<br />

Wasting Light ist ab 8. April erhältlich.<br />

kulturnews 4/11<br />

WYCLEF JEAN<br />

JIMMY CLIFF<br />

YOUSSOU N‘DOUR<br />

ZIGGY MARLEY<br />

PATRICE<br />

TWO OPEN AIR STAGES<br />

DANCEHALL ARENA ★ BAZAR<br />

CHILLOUT ZONE ★ & ORLEANS AVENUE<br />

AND MORE<br />

CIRCUS CHANGHIGH<br />

PROGRAMMINFO UND TICKETS:<br />

SUMMERJAM.DE<br />

1. - 3. JULI 2011<br />

KÖLN - FÜHLINGER SEE<br />

LIVE ON TOUR<br />

& THE SUPOWERS<br />

TARRUS RILEY<br />

BUSY SIGNAL<br />

ANTHONY B<br />

CULCHA CANDELA<br />

MADCON ★ DUB INC.<br />

SAMY DELUXE<br />

IRIE RÉVOLTÉS<br />

LEE ´SCRATCH´ PERRY<br />

MAX ROMEO ★ CÉCILE<br />

MARTERIA ★ SOJA<br />

THE CONGOS ★ AYO.<br />

BEN L´ONCLE SOUL<br />

MUTABARUKA<br />

& SKOOL BAND<br />

KARAMELO SANTO<br />

ZIGGI RECADO<br />

I-FIRE ★ IRIEPATHIE<br />

CHE SUDAKA<br />

ATMOSPHERE<br />

CHRISTOPHER MARTIN<br />

TROMBONE SHORTY<br />

EASY STAR ALL-STARS<br />

Mi. 22.06. Tübingen ★ Sudhaus<br />

Do. 23.06. Weinheim ★ Cafe Central<br />

ZIGGY MARLEY<br />

Di. 05.07. Darmstadt ★ Centralstation<br />

Tickets an allen bekannten VVK-Stellen<br />

Tickethotline 0711 - 238 50 50 sowie unter<br />

www.contour-music.de / www.summerjam.de


18 musik // Weltmusik<br />

Auf der Sonnenseite des Bossa Nova: Liza da Costa mit (v. l.) Wolfgang Stamm (dr), Alex Sonntag (b) und Tilmann Höhn (g)<br />

Hotel Bossa Nova<br />

Die Balance<br />

des Lebens<br />

Die Wiesbadener Band Hotel Bossa Nova<br />

macht den Brasiljazz fit für eine globalisierte<br />

Welt. Sängerin Liza da Costa über Melancholie,<br />

Chillout und die richtige Inselplatte.<br />

kulturnews: Liza, ihr interpretiert den Bossa Nova<br />

quirliger, lebendiger als einst die Originale, ihr<br />

vermischt ihn sogar mit afrikanischen Einflüssen,<br />

mit Fado und Flamenco. Geratet ihr bei so viel Experimentierlust<br />

nicht irgendwann in einen ernsten<br />

Konflikt mit eurem Bandnamen …?<br />

Liza da Costa: Wir empfinden uns nicht als klassische<br />

Bossa-Nova-Band, daher gibt es auch keinen<br />

Konflikt mit dem Namen. Für uns ist Bossa<br />

Nova eher eine Stimmung als ein Musikstil, die<br />

man mithilfe vieler verschiedener Einflüsse und<br />

Stilistiken ausdrücken kann.<br />

kulturnews: Bossa Nova gilt als tanzbare Melancholie.<br />

Ihr scheint ihm die hintergründige Traurigkeit<br />

austreiben zu wollen. Aber ist sie nicht das<br />

Herzstück des Genres?<br />

Da Costa: Die Melancholie ist sicher einer der<br />

Grundbausteine. Unsere Melodien haben grundsätzlich<br />

eine leichte Melancholie, denen wir aber<br />

manchmal durch Arrangement, Akkorde, Sound<br />

oder Rhythmus ein anderes Gewand geben. Wir<br />

kulturnews 4/11<br />

loten die Grenzen dieser Musik gründlich aus,<br />

aber ein Bossa Nova darf auch happy und tanzbar<br />

rüberkommen.<br />

kulturnews: Wie konnte es eigentlich dazu kommen,<br />

dass ein Stil, der bereits Anfang der 60er<br />

an der brasilianischen Küste entstand, Jahrzehnte<br />

später zu einem prägenden Sound der Loungeund<br />

Chilloutszene wurde?<br />

Da Costa: Ich glaube, die Menschen sehnen sich<br />

nach Authentizität. Trotz aller Ablenkungen in den<br />

Medien möchten wir uns selber spüren, und das<br />

ist mit Bossa Nova möglich. Er versprüht eine<br />

gewisse Wärme und Sehnsucht, die sich relativ<br />

einfach in einem Lounge- oder Chilloutsound verarbeiten<br />

lässt.<br />

kulturnews: Jeder Stil entsteht unter bestimmten<br />

historischen Rahmenbedingungen, und meistens<br />

wirkt er irgendwann veraltet, weil die Bedingungen<br />

sich ändern. Beispiel: Ragtime. Der Bossa<br />

Nova aber scheint sich – ähnlich wie der klassische<br />

Soul – dem Altern zu verweigern. Was<br />

macht ihn so widerstandsfähig?<br />

Da Costa: Bossa Nova ist einfach eine interessante<br />

Musik, für Musiker, Musikliebhaber und Konsumenten.<br />

Die Songs sind komplex – wirken aber<br />

leicht. Er spielt mit unserer Sehnsucht nach einem<br />

Leben in Balance.<br />

kulturnews: Welche klassische Bossa-Nova-<br />

Platte sollte man auf die einsame Insel mitnehmen?<br />

Da Costa: Getz/Gilberto. Leider ist unser Album<br />

„Bossanomia“ noch kein Klassiker …<br />

Matthias Wagner<br />

kulturnews präsentiert<br />

Tour ab April. Alle Termine unter www.o-tonemusic.de<br />

Bossanomia erscheint im Mai.<br />

Foto: Reinhard Berg<br />

CARPARK NORTH<br />

“LOST” TOUR 2011<br />

21.04.11 München<br />

22.04.11 Berlin<br />

23.04.11 Frankfurt<br />

& THE<br />

RUPA APRIL FISHES<br />

TOUR 2011 17.04.11 Hamburg<br />

19.04.11 Leipzig<br />

20.04.11 Köln<br />

Aktuelles Album<br />

"Lost" (Sony)<br />

THE HOOTERS<br />

THE SILVER LINING TOUR 2011<br />

05.05.11 Ulm<br />

06.05.11 Neckarwestheim<br />

07.05.11 Bonn<br />

08.05.11 Aschaffenburg<br />

Aktuelles Album<br />

"Five by Five"<br />

(Hooters Music / NEO)<br />

10.05.11 Bochum<br />

13.05.11 Karlsruhe<br />

14.05.11 Bad Segeberg<br />

FISCHER-Z<br />

“DEAF WORD PARADISE” TOUR 2011<br />

SUPPORTED BY JOHN WATTS & THE ZEDHEADS<br />

12.04.11 Hannover<br />

13.04.11 Freiburg<br />

14.04.11 Karlsruhe<br />

17.04.11 Köln<br />

24.04.11 Hamburg<br />

25.04.11 Köln<br />

GINGER NINJA<br />

“WICKED MAP” TOUR 2011<br />

09.05.11 Hamburg<br />

10.05.11 Berlin<br />

11.05.11 Köln<br />

12.05.11 Frankfurt<br />

Aktuelles Album "Wicked Map"<br />

(Sony Music / Columbia)<br />

30.03.11 L - Ettelbruck *<br />

01.04.11 Erlangen *<br />

03.04.11 Bremen *<br />

06.04.11 Münster *<br />

07.04.11 Karlsruhe *<br />

* als Support von JULI<br />

19.04.11 Hamburg ausverkauft<br />

20.04.11 Berlin<br />

21.04.11 Hamburg Zusatzkonzert<br />

Aktuelles Album<br />

"Este Mundo"<br />

(Cumbancha / Exil Musik)


CASSANDRA STEEN<br />

“MIR SO NAH”<br />

TOUR 2011<br />

20.09.11 Recklinghausen<br />

21.09.11 Hannover<br />

23.09.11 Stuttgart<br />

24.09.11 Karlsruhe<br />

25.09.11 Krefeld<br />

27.09.11 Mannheim<br />

28.09.11 Halle<br />

29.09.11 Berlin<br />

30.09.11 Hamburg<br />

02.10.11 Bielefeld<br />

03.10.11 Köln<br />

04.10.11 Darmstadt<br />

05.10.11 München<br />

NATURALLY 7<br />

Nach dem großen Erfolg<br />

wieder im Januar 2012 auf Tournee!<br />

Alle Tourdaten unter www.assconcerts.com<br />

Aktuelles Album "Vocal Play" (AL!VE)<br />

MARLA GLEN<br />

“HUMANOLOGY”<br />

TOUR 2011<br />

02.04.11 Oldenburg<br />

03.04.11 Berlin<br />

04.04.11 Nürnberg<br />

06.04.11 A - Wien<br />

07.04.11 Stuttgart<br />

08.04.11 Hannover<br />

15.04.11 Köln<br />

17.04.11 Darmstadt<br />

18.04.11 Mannheim<br />

19.04.11 München<br />

20.04.11 Freiburg<br />

Aktuelles Album "Humanology" (BHM / ZYX)<br />

Neues Album<br />

"Mir so nah"<br />

VÖ 29.04.11<br />

(Universal / Urban)<br />

I MUVRINI<br />

LIVE 2011<br />

“ALL NATURAL” TOUR 2012<br />

Tournee im November 2011<br />

Alle Tourdaten unter<br />

www.assconcerts.com<br />

JULI<br />

29.03.11 Recklinghausen<br />

30.03.11 L - Ettelbruck<br />

01.04.11 Erlangen<br />

02.04.11 Ludwigsburg<br />

03.04.11 Bremen<br />

06.04.11 Münster<br />

07.04.11 Karlsruhe<br />

09.04.11 CH - Disentis<br />

10.04.11 Bielefeld<br />

11.04.11 Krefeld<br />

12.04.11 Lüneburg<br />

06.05.11 Wilhelmshaven<br />

08.06.11 Dresden<br />

10.06.11 Oberursel<br />

11.06.11 Vacha<br />

18.06.11 A - Kufstein<br />

22.06.11 Kiel<br />

25.06.11 Papenburg<br />

02.07.11 Grömitz<br />

07.07.11 Freiburg<br />

08.07.11 Osterburg<br />

15.07.11 Bocholt<br />

16.07.11 Minden<br />

22.07.11 Cuxhaven<br />

11.08.11 Rostock<br />

03.09.11 Vechta<br />

10.09.11 Hagen<br />

KAKI KING<br />

“IN LOVE” TOUR /<br />

FESTIVALS 2011<br />

LIVE 2011<br />

12.05.11 Köln<br />

13.05.11 Hamburg<br />

15.05.11 Berlin<br />

RON SEXSMITH<br />

LIVE 2011<br />

27.04.11 Berlin<br />

03.05.11 Köln<br />

Aktuelles Album<br />

"Long Player Late Bloomer"<br />

ANDY MCKEE<br />

“JOYLAND”<br />

TOUR 2011<br />

03.05.11 Marburg<br />

04.05.11 München<br />

05.05.11 Erlangen<br />

06.05.11 Stuttgart<br />

07.05.11 CH - Zürich<br />

08.05.11 Darmstadt<br />

10.05.11 A - Wien<br />

11.05.11 A - Linz<br />

12.05.11 A - Salzburg<br />

14.05.11 Bremen<br />

15.05.11 Köln<br />

16.05.11 Hamburg<br />

18.05.11 Köln Zusatzkonzert<br />

19.05.11 Berlin<br />

17 HIPPIES<br />

“PHANTOM” TOUR 2011<br />

29.04.11 Erlangen<br />

30.04.11 Dresden<br />

01.05.11 Leipzig<br />

03.05.11 Bielefeld<br />

04.05.11 Hamburg<br />

05.05.11 Bremen<br />

06.05.11 Hannover<br />

CHRISTINA STÜRMER<br />

“NAH DRAN” TOUR /<br />

FESTIVALS 2011<br />

29.03.11 Lichtenfels<br />

30.03.11 Dresden<br />

02.04.11 Kempten<br />

03.04.11 Karlsruhe<br />

05.04.11 CH - Pratteln<br />

06.04.11 CH - Solothurn<br />

07.04.11 Ludwigsburg<br />

09.04.11 Frankfurt<br />

10.04.11 Nürnberg<br />

11.04.11 A - Salzburg<br />

13.04.11 A - Wien<br />

14.04.11 Passau<br />

15.04.11 A - Graz<br />

29.05.11 Güstrow<br />

10.06.11 Wolfhagen<br />

11.06.11 Vacha/Eisenach<br />

01.07.11 FL - Schaan<br />

02.07.11 Baindt/Ravensb.<br />

15.07.11 Heinsberg<br />

07.05.11 Mülheim<br />

08.05.11 Köln<br />

09.05.11 Mannheim<br />

10.05.11 Stuttgart<br />

11.05.11 München<br />

12.05.11 Karlsruhe<br />

13.05.11 Magdeburg<br />

Aktuelles Album<br />

"Joyland" (Propper)<br />

Tickets gibt es unter<br />

0 18 05 - 570 060<br />

www.eventim.de<br />

14.05.11 Berlin<br />

10.06.11 Plauen<br />

11.06.11 Passau<br />

12.06.11 Speyer<br />

13.07.11 Würzburg<br />

21.08.11 Kassel<br />

02.09.11 Dülmen<br />

Aktuelles Album<br />

'Phantom Songs'<br />

(hipster records/ soulfood)<br />

www.assconcerts.com


20 live // kulturnews präsentiert<br />

Foto: Ingo Pertramer<br />

Kellermensch<br />

29. 4. // München, 59:1<br />

1. 5. // Hamburg, Knust<br />

2. 5. // Berlin, Lido<br />

Der Name könnte irritieren: Nein, Kellermensch<br />

spielen keinen Gothic. Sie sind<br />

auch nicht Deutsche, sondern nach einem<br />

Buchtitel Fjodor Dostojewskis benannt –<br />

hart geht es bei den rockenden Dänen aller-<br />

R. Kelly<br />

25. 4. // Berlin, Admiralspalast<br />

26. 4. // Hamburg, Große Freiheit 36<br />

Zugegeben, es lief zuletzt mehr als unrund<br />

für R. Kelly. Kindesmissbrauch-Vorwürfe,<br />

die penetrante Klatschpresse und<br />

dann noch eine wegen Knötchen auf den<br />

Stimmbändern abgesagte Deutschlandtour.<br />

kulturnews 4/11<br />

3. 5. // Köln, Luxor<br />

4. 5. // Osnabrück, Kleine Freiheit<br />

dings schon mal zu. Shouts sind genauso<br />

an der Tagesordnung wie die dagegen<br />

gesetzten harmonischen Parts. Eine Mischung,<br />

die abstrakt erscheint, die man aber<br />

auch nicht jeden Tag zu hören bekommt.<br />

Tyler<br />

26. 4. // Hamburg, Grüner Jäger<br />

28. 4. // Berlin, Sage-Club<br />

29. 4. // Köln, Underground<br />

27. 4. // Offenbach, Capitol Offenbach<br />

28. 4. // Köln, Live Music Hall<br />

Foto: PNG Records<br />

Ihre österreichische Herkunft in allen Ehren,<br />

aber das Trio Tyler könnte rein vom Sound<br />

her auch aus den USA oder Großbritannien<br />

kommen. „Favourite Sin“, ihr zweites Album,<br />

ist einerseits sehr radiotauglich,<br />

strotzt aber noch vor frischem Indiecharme<br />

und jungem Herzblut. Solche Nachbarn hat<br />

man gerne zu Besuch, es lohnt sich also,<br />

Tyler bei diesen intimen Shows zu sehen.<br />

Mit „Love Letter“ und neuen Terminen<br />

will er jetzt entschädigen und endlich<br />

wieder durch smoothen R’n’B von sich<br />

reden machen. Es ist an der Zeit und wird<br />

hoffentlich ein gelungener Neustart.<br />

Foto: Music Pool<br />

Frankie & The Heartstrings<br />

6. 4. // Berlin, Levee Club 8. 4. // Hamburg, Molotow<br />

Die Briten haben es irgendwie mit der<br />

Rückwärtsgewandheit. Ist ja auch nicht<br />

schlimm, wenn man Bands wie die<br />

Beatles hervorgebracht hat. An deren<br />

Sound und den blumigen 70ern orien-<br />

Jesse Sykes & The Sweet Hereafter<br />

23. 4. // Berlin, Privatclub 30. 4. // Stuttgart, Zwölfzehn<br />

Die zierliche Jesse Sykes zupft an der<br />

Gitarre und spielt feinsten Singer/Songwriter.<br />

So weit vorstellbar, aber wie passen<br />

vermummte Drone-Metaller dazu? Naja:<br />

Jesse arbeitete mit Boris und Sunn O)))<br />

tieren sich Frankie und seine Heartstrings.<br />

„Hunger“ heißt das Album, und<br />

den Appetit auf lockeren Indiepop kann<br />

man bei diesen Shows gewiss stillen.<br />

Der perfekte Frühlingssound!<br />

zusammen, von denen sie wohl nicht<br />

den Lärm, aber den Sinn für die dunklen<br />

Themen und schwierigen Seiten des Lebens<br />

übernommen hat. Denn romantisches Herumgespiele<br />

gibt es ja genug. Hier nicht.<br />

* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />

Foto: Andy Willsher<br />

Foto: Creative Talent


Foto: Sony Music<br />

Lenka<br />

1. 5. // München, Ampere<br />

6. 5. // Berlin, Frannz<br />

Für eine Australierin scheint sogar in<br />

New York immer die Sonne – zumindest,<br />

wenn sie so verliebt ist wie<br />

Songwriterin Lenka.<br />

kulturnews: Lenka, dein zweites Album<br />

bezeichnest du selbst als ein „Album<br />

voller Lovesongs“. Hatten wir etwa einen<br />

Mangel an Liebesliedern?<br />

Lenka: Bestimmt nicht. Aber ich bin gerade<br />

einfach unheimlich verliebt und<br />

wollte über das schreiben, was mich<br />

bewegt. Eigentlich ist das gar nichts für<br />

andere Leute.<br />

kulturnews: Dein Debüt hörte sich vielleicht<br />

genauso fröhlich an, war aber<br />

düsterer als „Two“. Was ist passiert?<br />

Lenka: Ich habe gerade geheiratet! Ich<br />

bin einfach nur glücklich – aber es ist<br />

eine andere Art von Glück als früher, ein<br />

stärkeres, selbstbewussteres, sichereres<br />

Gefühl. Das erste Album ist aus viel mehr<br />

Unsicherheit heraus entstanden, ich war<br />

eine Suchende, die ihren Platz in der<br />

Welt noch finden wollte.<br />

kulturnews: … und der war anscheinend<br />

nicht in Kalifornien – denn du bist vor<br />

kurzem nach New York gezogen.<br />

Lenka: Ja, nach Brooklyn. In Los Angeles<br />

haben wir uns einfach nicht mehr wohl<br />

gefühlt. Am Anfang war es toll, aber dann<br />

ist das gekippt. Ich war viel unterwegs,<br />

aber auch gemeinsam haben wir uns<br />

allein gefühlt in einer Stadt, in der du<br />

überall hin mit dem Auto fahren musst<br />

und nicht mal eben so auf der Straße jemanden<br />

triffst. Wir wollten uns den Men-<br />

9. 5. // Köln, Luxor<br />

// live 21<br />

schen näher fühlen. Und haben uns mit<br />

New York eine Stadt ausgesucht, in der<br />

die Leute buchstäblich aufeinander<br />

hocken.<br />

kulturnews: Und in der es im Winter zu<br />

kalt und im Sommer zu heiß ist und<br />

Ellbogen überlebenswichtig sind. Hält<br />

das deine Songwriterseele aus?<br />

Lenka: Naja, ein besonders entspannter<br />

Ort ist New York wirklich nicht. Schwimmen<br />

oder untergehen ist die Devise, und<br />

der ständige Lärmpegel kann manchmal<br />

richtig Kopfschmerzen verursachen.<br />

Wenn ich mich verletzlich fühle, gehe ich<br />

am besten gar nicht erst vor die Tür. Wir<br />

sind auch schon häufiger für ein paar<br />

Tage ins Umland gefahren, zum Beispiel<br />

nach Woodstock.<br />

kulturnews: Trotz all der Tourneen ist<br />

Reisen immer noch eine Leidenschaft<br />

von dir, und du versuchst auf Tour stets<br />

auch noch was von den Konzertorten zu<br />

sehen, oder?<br />

Lenka: Ja, wenn ich einen Nachmittag<br />

frei habe, versuche ich noch, ein kleines<br />

Touristenprogramm unterzubringen oder<br />

wenigstens auf einen Markt zu gehen.<br />

Märkte liebe ich – und Essen auch!<br />

Wenn die Zeit knapp ist, versuche ich<br />

wenigstens, irgendwo landestypisch<br />

Essen zu gehen, statt den Zimmerservice<br />

zu rufen.<br />

Interview: Katharina Behrendsen<br />

Die Rezension zum Album steht im<br />

Musikteil ab S. 59.<br />

kulturnews 4/11<br />

TROPFEN FUR TROPFEN,<br />

EINDEUTIG JACK.<br />

MEHR ÜBER JACK AUF JACK-LIVES-HERE.DE


22 live // kulturnews präsentiert<br />

Foto: Karsten Jahnke Konzertdirektion<br />

Chicago<br />

17. 6. // Berlin, Zitadelle Spandau<br />

18. 6. // Hamburg, Stadtpark<br />

19. 6. // Mainz, Zitadelle<br />

Unlängst feierten Chicago aus Chicago<br />

(was für ein Glück, dass die neunköpfige<br />

Truppe nicht aus Enigma im Staat Georgia<br />

kommt) ihr 40. Bandjubiläum und haben<br />

sich für das Jahr viel vorgenommen.<br />

Asien und Amerika haben sie bereits<br />

Foto: Steffen Burger<br />

Tiemo Hauer<br />

1. 5. // München, 59:1<br />

2. 5. // Leipzig, Moritzbastei<br />

5. 5. // Ostseebad Kühlungsborn,<br />

Vielmeer<br />

7. 5. // Berlin, Privatclub<br />

10. 5. // Köln, Blue Shell<br />

11. 5. // Hamburg, Stage Club<br />

13. 5. // Stuttgart, Keller Klub<br />

Dass Tiemo Hauer gerade mal 21 ist,<br />

vermutet man beim ersten Hören nicht,<br />

denn was der Stuttgarter Singer/Songwriter<br />

hervorzaubert, klingt wesentlich<br />

reifer. Anstatt sich in verstiegenen<br />

Akkorden zu verlieren, verpasst er seinen<br />

Songs die richtige Dosis Pop. Auf<br />

der „Losgelassen“-Tour hat er jetzt<br />

eine Band dabei, anstatt auf Eigenbrödler<br />

zu machen. Das verspricht<br />

einen lauschigen Abend.<br />

kulturnews 4/11<br />

20. 6. // Köln, Tanzbrunnen<br />

1. 7. // Dresden, Junge Garde<br />

2. 7. // Stuttgart, Jazz Open<br />

betourt, jetzt ist endlich auch Europa<br />

dran. Zu feiern gibt es die 22. Goldauszeichnung<br />

für ihr „Best of“. Aber auch<br />

neues Material soll es live geben – anscheinend<br />

schläft man in Chicago nicht<br />

so gerne.<br />

Fredrika Stahl<br />

4. 5. // Stuttgart, Theaterhaus<br />

5. 5. // Freiburg, Jazzhaus<br />

6. 5. // Offenburg, Reiff-Medien Dome<br />

Foto: Lisa Roze<br />

Die Einflüsse Fredrika Stahls sind breit<br />

gefächert. Aufgewachsen ist die gebürtige<br />

Schwedin in Frankreich, erhielt<br />

Klavier- und Ballettunterricht,<br />

brachte sich selbst die Gitarre bei. Von<br />

den herzigen Singer/Songwriter-Stücken<br />

abgesehen kann sie zudem auch ganz<br />

gepflegte Jazzjams hinlegen. Mit<br />

ihrem Album „Sweep me away“ wird<br />

sie uns auf Tour also mit ziemlicher<br />

Sicherheit tatsächlich wegfegen.<br />

Laura Jansen<br />

7. 6. // München, Ampere<br />

9. 6. // Hamburg, Beatlemania<br />

8. 6. // Köln, Stadtgarten (Konzertsaal) 10. 6. // Berlin, Frannz-Club<br />

Es war einmal eine amerikanisch-niederländische<br />

Sängerin namens Laura Jansen.<br />

Sie machte Songwriterpop, den sie mit<br />

sanften Melodien und heller Stimme<br />

märchenhaft garnierte. Damit war sie in<br />

den Niederlanden sehr erfolgreich. Sich<br />

Edita<br />

2. 6. // Köln, Luxor<br />

3. 6. // Hamburg, Knust<br />

Als erste Gewinnerin der deutschen<br />

Ausgabe des Castingformats „X-Factor“<br />

steht Edita eine große Aufgabe bevor.<br />

Die stimmstarke Schweizerin muss sich<br />

jetzt auf Bühnen vor zahlendem<br />

Publikum beweisen, anstatt einfach die<br />

selbst beschrieb Laura auf Twitter: „I<br />

write and sing songs. Hoping to spread<br />

world peace and own a unicorn.“ Und<br />

wenn sie nicht gestorben ist, dann tourt<br />

und singt sie noch heute.<br />

4. 6. // Berlin, Postbahnhof<br />

5. 6. // München, Ampere<br />

Zuschauer auf ihren Couchs zu bezirzen.<br />

Ihr Debütalbum „One“ steht bereit,<br />

und die Plattenfirma im Rücken wird für<br />

eine glamouröse Präsentation der<br />

schwarzhaarigen Schönheit sorgen.<br />

* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />

Foto: Heidi Ross<br />

Foto: Sebastian Schmidt


Killerpilze<br />

15. 4. // Kaiserslautern, Kammgarn<br />

16. 4. // Frankfurt, Nachtleben<br />

17. 4. // Recklinghausen, Vest Arena<br />

18. 4. // Leipzig, Moritzbastei<br />

19. 4. // Hamburg, Beatlemania<br />

20. 4. // Hannover, Musikzentrum<br />

Das Rockpunktrio Killerpilze aus Dillingen<br />

an der Donau hat den typischen<br />

Aufstieg und Fall von Kinderstars überlebt<br />

– und entwickelt sich zu einer richtigen<br />

Erwachsenenband.<br />

kulturnews: Jo, es ist kein Zuckerschlecken,<br />

als Teenieband ehrenvoll erwachsen<br />

zu werden, oder?<br />

Jo Halbig: Bestimmt nicht! Das ist keine<br />

Entwicklung, die über Nacht geht, und<br />

es gibt auch immer wieder Phasen, in<br />

denen man an sich selbst zweifelt. Die<br />

Vorurteile von manchen Menschen legen<br />

sich zudem nur sehr langsam. Aber es<br />

geht behutsam und Schritt für Schritt<br />

nach vorne. Wir haben auf jeden Fall das<br />

Zeug dazu, in der deutschen Rockbundesliga<br />

mitzuspielen.<br />

kulturnews: Du bist 21, dein Bruder Fabian<br />

18, Mäx 22. Was ist der größte<br />

Unterschied zwischen einem Killerpilze-<br />

Konzert 2004 und einem 2011?<br />

Halbig: Die Typen. Am Anfang kamen wirklich<br />

größtenteils, ja fast ausschließlich<br />

kleine Mädchen zu unseren Shows. Jetzt<br />

merkt man, dass es sich langsam unter<br />

den Jungs herumgesprochen hat, dass<br />

man ruhig zu unseren Konzerten kommen<br />

kann. Seit die Jungs in unser Alter<br />

// live 23<br />

21. 4. // Marburg, KFZ<br />

26. 4. // Köln, Werkstatt<br />

27. 4. // Berlin, Comet<br />

28. 4. // Reutlingen, Franz K<br />

29. 4. // Augsburg, Kantine<br />

30. 4. // München, 59to1<br />

Foto: David Schlichter<br />

kommen, fühlen wir uns respektierter<br />

und ernst genommen. Das tut gut.<br />

kulturnews: Zwei politische Songs fallen<br />

auf. „Wenn Blicke treffen“ ist eine Art Ode<br />

an den deutschen Wutbürger …<br />

Halbig: Das Lied ist eher ein Protestschrei<br />

gegen unsere Staatsgewalt. Die Polizei<br />

macht unglaublich viel Mist, schützt zum<br />

Beispiel eine Nazidemo in Dresden oder<br />

prügelt brutal auf harmlose „Stuttgart<br />

21“-Gegner ein. Wir finden dieses Gebaren<br />

widerlich und gefährlich.<br />

kulturnews: Mit „Morgenland“ scheint ihr<br />

euch dafür als Punk-Thilo-Sarrazins profilieren<br />

zu wollen. Der Song handelt von<br />

einem Mädchen, das einen „perversen Perser“<br />

heiraten muss und schließlich flieht.<br />

Halbig: Wir sind keine kleinen Sarrazins,<br />

aber das bedeutet nicht, dass man alles<br />

in Ordnung finden muss, was im Islam<br />

passiert. Bei Themen wie Zwangsehe oder<br />

Ehrenmord hört für uns die Toleranz auf.<br />

kulturnews: Auf Einladung des „Goethe-<br />

Instituts“ spielt ihr im April drei Konzerte<br />

in Ankara und Istanbul. Keine Angst<br />

vor der Rache der Türken?<br />

Halbig: Oh, daran habe ich noch gar nicht<br />

gedacht. „Morgenland“ spielen wir dort<br />

wohl besser nicht.<br />

Interview: Steffen Rüth<br />

kulturnews 4/11<br />

Aktion //<br />

Im Rockhimmel<br />

Engel müssen nicht zwangsläufig dicke, pausbäckige<br />

Kinder mit Trompete sein, es gibt sie auch in der sexy<br />

Variante. Seit ein paar Wochen versüßen uns die<br />

Engel aus den AXE-Spots die Werbepausen in Fernsehen<br />

und Kino. Angelockt vom neuen Duft „Excite“<br />

landet die langbeinige Schar auf der Erde und lässt<br />

dort sogar ihre Heiligenscheine links liegen, denn<br />

es duftet gar zu unwiderstehlich. Der Mann, der<br />

diesen Duft trägt, kann sich entsprechend glücklich schätzen.<br />

Damit das aber nicht nur auf der Leinwand passiert, hat sich AXE ein<br />

besonderes Schmankerl überlegt: Mit etwas Glück kann Mann jetzt ein<br />

Date mit einem von vier Engeln aus dem Spot gewinnen. Einen Abend<br />

beim WM-Kampf mit Box-Engel Sara, einen Formel-1-Besuch mit<br />

Tuning-Engel Magda, Zocken mit Casino-Engel Josipa – gewinnen<br />

kann man mithilfe eines Codes, der auf jedem AXE Excite Deo zu finden<br />

ist. Am meisten Spaß dürfte aber wohl der Abend mit Rock-Engel<br />

Frances machen. Sie entführt den Gewinner zu einem Rockkonzert ins<br />

Musikmekka London, inklusive Crowdsurfing, Stagediving und Feiern<br />

bis zum Morgengrauen.<br />

Wie man an das himmlische Treffen kommt? Einfach Codes sammeln,<br />

bis 30. April auf www.axe.de eingeben und sich für eines der Dates<br />

bewerben. Wir wünschen schon mal viel Glück!


24 live // kulturnews präsentiert<br />

Made in Germany<br />

8. 7. – 8. 7. // Osterburg, Sportzentrum<br />

Osterburg in Sachsen-Anhalt wird erneut<br />

der Schauplatz eines Events, das<br />

man dort so zuerst nicht vermutet hätte:<br />

In der idyllischen Provinz kommt das<br />

Feinste des deutschen Poprock unter<br />

Sérgio Mendes<br />

19. 7. // Stuttgart,<br />

Freilichtbühne Killesberg<br />

Der 70-jährige Brasilianer Sérgio Mendes<br />

ruht sich nicht auf alten Hits aus, wobei er<br />

das sicher könnte: Schon 1966 stürmte<br />

er mit „Mas que nada“ die Charts, das zuletzt<br />

die Black Eyed Peas coverten. Sein<br />

kulturnews 4/11<br />

Foto: Thomas Böhme/Zappanale.de<br />

freiem Himmel zusammen. Diesmal live<br />

auf der Bühne: Juli (im Bild), Madsen,<br />

Bosse, Frida Gold, Glasperlenspiel und<br />

Lysander. Die Kreissparkasse Stendal<br />

weiß eben, was gut ist.<br />

Zappanale #22<br />

17. 8. // Bad Doberan, Galopprennbahn<br />

neues Album „Bom Tempo“ versprüht<br />

wie eh und je südamerikanische Leidenschaft<br />

und Lebensfreude, die er bei sommerlichen<br />

Open Airs auch in Deutschland<br />

unter die Leute bringen wird.<br />

Foto: Moderne Welt Foto: A.S.S.<br />

Nichts gegen das lauschige Städtchen<br />

Bad Doberan an der Ostseeküste, aber wer<br />

zu den wenigen gehört, die dort schon<br />

einmal ein Konzert besucht haben, ist mit<br />

Sicherheit eines: Fan von Dada-Rocker<br />

und Universalquerkopf Frank Zappa. Dem<br />

1993 gestorbenen Kultmusiker widmen<br />

sich bei der 22. Zappanale diverse Bands.<br />

Wieder mit dabei: Zappa-Mitmusiker und<br />

Weggefährte Ike Willis (Foto).<br />

20. 7. // Bonn Museumsplatz<br />

Nigel Kennedy<br />

2. 11. // Stuttgart, Liederhalle<br />

3. 11. // München, Philharmonie<br />

8. 11. // Düsseldorf, Tonhalle<br />

10. 11. // Hamburg, Laeiszhalle<br />

Nigel Kennedy spielt Klassik, spielt Jazz,<br />

spielt Rock, spielt – ja, was eigentlich?<br />

Egal, der virtuose Geiger will sowieso<br />

nicht in eine Schublade gepresst werden.<br />

Und so interpretiert er mit seinem<br />

Reeperbahn Festival<br />

22. 9. – 24. 9. // Hamburg, Reeperbahn<br />

Zum sechsten Mal verwandelt sich eine<br />

der aufregendsten Amüsiermeilen der<br />

Welt in eine brummende Musikmetropole<br />

samt wuchtiger Künstlerdichte, die<br />

gefühlt sogar die der leichten Mädchen<br />

13. 11. // Berlin, Philharmonie<br />

16. 11. // Dortmund, Konzerthaus<br />

24. 11. // Köln, Philharmonie<br />

30. 11. // Frankfurt, Alte Oper *<br />

„Orchestra of Life“ Jimi Hendrix und<br />

Miles Davis genauso wie Bach und<br />

Vivaldi. Und bei seinen Konzerten treffen<br />

sich seit Jahren Rock- und Klassikfans<br />

einträchtig vor der Bühne. Chapeau!<br />

übersteigt. Rund um Hamburgs Reeperbahn<br />

herum gibt es 2011 wieder einen<br />

wilden Mix verschiedener Indiekünstler<br />

aus allen erdenklichen Genres, hautnah<br />

und mit Feuer unterm Bagalutenhintern.<br />

* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />

Foto: Music Pool<br />

Foto: Matias Boem


Mathias Eick<br />

2. 5. // Köln, Stadtgarten<br />

3. 5. // Darmstadt, Centralstation<br />

Norwegische Jazzer haben einen ganz<br />

eigenen Ton. Sie frönen einer Schönheit,<br />

die so karg ist, dass sie niemals kitschig<br />

werden kann. Einer jener Jazzer ist<br />

Mathias Eick, obwohl er viel mehr ist als<br />

nur das: Der Trompeter spielt zudem auch<br />

Gitarre, Vibrafon, Klavier und<br />

Kontrabass – und arbeitet tabulos mit<br />

Musikern anderer Genres zusammen,<br />

Marcin Wasilewski Trio<br />

8. 4. // Bremen, Sendesaal<br />

9. 4. // Hannover, Jazz Club<br />

10. 4. // München, Ampere<br />

11. 4. // Leipzig, Jazz Club<br />

So wie diese Drei kann man wohl nur<br />

zusammenspielen, wenn man sich<br />

schon ewig kennt. Und in der Tat sind die<br />

polnischen Musiker Marcin Wasilewski<br />

(p), Slawomir Kurkiewicz (b) und Michal<br />

Midkiewicz (dr) Sandkastenfreunde. Ein<br />

Umstand, der nicht nur das intuitive Zusammenspiel<br />

enorm erleichtert, sondern<br />

auch die Formensprache des Klaviertrios<br />

4. 5. // München, Ampere<br />

5. 5. // Berlin, Kulturbrauerei<br />

darunter Manu Katché, Thomas<br />

Dybdahl oder den Rockern von<br />

Motorpsycho. Sein neues Album „Skala“<br />

(mehr auf S. 67) aber inszeniert lustvoll<br />

und in Moll jene spröde nordische<br />

Schönheit, von der wir nie genug<br />

bekommen können. Und das wird<br />

natürlich auch auf der Bühne passieren,<br />

versprochen.<br />

13. 4. // Köln, Stadtgarten<br />

14. 4. // Berlin, A-Trane<br />

15. 4. // Stuttgart, Bix<br />

erweitert – hin zu einer Poesie des Klangs,<br />

die auf ihrem aktuellen Werk „Faithful“,<br />

das fünf Covers und fünf Eigenkompositionen<br />

enthält, aufs Strahlendste zutage<br />

tritt. Dieses Kunststück gelingt ihnen<br />

auch live, und das mit minimalistischem<br />

Aufwand: Jeder Ton sitzt, jeder Akkord<br />

beschreibt perfekt die Schönheit des<br />

Moments.<br />

Foto: ECM<br />

Foto: Tomasz Sikora/ECM<br />

Asaf Avidan<br />

30. 4. // Frankfurt, Nachtleben<br />

2. 5. // München, Ampere<br />

3. 5. // Köln, Gloria<br />

Der israelische Sänger Asaf Avidan fühlt<br />

sich beim Singen wie ein Maler – und<br />

wird in seiner Heimat ausgerechnet für<br />

seine Stilvielfalt angefeindet.<br />

kulturnews: Asaf, wie viele von dir gibt es<br />

eigentlich? Du hast ja für jede Emotion<br />

eine andere Singstimme …<br />

Asaf Avidan: Ich sehe meine Songs wie<br />

ein Maler seine Gemälde. Mir steht die<br />

gesamte Palette zur Verfügung, aus der<br />

ich intuitiv meine Farben auswähle.<br />

kulturnews: Nach deiner ersten Platte<br />

„The Reckoning“ wurdest du als Inkarnation<br />

Janis Joplins gefeiert.<br />

Avidan: Ich kann damit nichts anfangen.<br />

Die Emotionen der Songs verlangen eben<br />

nach einer bestimmten Stimme. Das<br />

sind niemals kalkulierte Entscheidungen.<br />

Es passiert einfach. Es ist wie der Soundtrack<br />

eines Films, in dem man verschiedene<br />

Zustände illustrieren muss. Die Stimme<br />

ist einfach nur eines unter vielen<br />

Instrumenten. Einen Gitarristen fragt man<br />

ja auch nicht, warum er bestimmte Akkorde<br />

und Sounds spielt.<br />

kulturnews: Hat es dir bei der Farbge–<br />

bung des Albums geholfen, dass du früher<br />

als Synchronsprecher beim Film gearbeitet<br />

hast?<br />

Avidan: Als Schauspieler habe ich meine<br />

Stimme ganz anders eingesetzt. In meinen<br />

Songs denke ich nicht über die Charaktere<br />

nach, die ich ausdrücken muss.<br />

// live 25<br />

Foto: Noa Magger<br />

5. 5. //Bielefeld, Forum<br />

7. 5. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />

9. 5. // Berlin, Frannz Club<br />

Da gehört meine Stimme mir allein. Allerdings<br />

habe ich sie bei dieser Arbeit zu<br />

einem variablen Werkzeug entwickelt.<br />

kulturnews: Ein roter Faden, der sich<br />

durch deine Songs zieht, ist Schmerz.<br />

Avidan: Meine erste EP handelte vom<br />

Ende einer Beziehung. Auf dem ersten<br />

Album habe ich mich gefragt, warum all<br />

meine Beziehungen auf dieselbe Weise<br />

enden. Offensichtlich hat das etwas mit<br />

mir zu tun. Auf der neuen Platte durchlebe<br />

ich noch einmal den Schmerz, gehe<br />

aber in mich und ziehe meine Lehren<br />

daraus. Gefühle wie Hass, Schmerz und<br />

Depression sind mir genauso wichtig wie<br />

Glück und Hoffnung. Alle Gefühle ge–<br />

meinsam machen das Leben aus.<br />

kulturnews: Diese Gefühle gibt es ja<br />

überall auf der Welt, und auch deine Musik<br />

klingt eher amerikanisch als israelisch.<br />

Avidan: Israel ist ein Einwandererland,<br />

das gerade erst seit 60 Jahren existiert.<br />

Unsere Kultur ist ein Mix von Juden aus<br />

Ost- und Westeuropa, Arabien und Nordafrika,<br />

Amerika, Äthiopien und Russland.<br />

Ich werde in meinem eigenen Land angefeindet,<br />

weil ich keine israelische Musik<br />

singe – aber kein Mensch weiß, was<br />

israelische Musik eigentlich ist.<br />

Interview: Wolf Kampmann<br />

kulturnews 4/11


26 live // Shows<br />

Nils Heinrich<br />

Weiß Bescheid // am 15. 4. Vorpremiere, Merlin, Stuttgart,<br />

dann sukzessive Deutschlandtour<br />

Es ist ja nicht so, dass er nichts mehr zu<br />

spielen hätte auf der Bühne. „Als ich ein<br />

FDJler war“ und „Die Abgründe des Nils“<br />

sind Programme, die Nils Heinrich noch<br />

lange nicht beenden will. Und trotzdem<br />

kommt mit „Weiß Bescheid“ schon die Vorpremiere<br />

seines nächsten Programms. Der<br />

Entertainer, den man nur ungern singen<br />

hört, greift gerne zur Gitarre und trägt<br />

Monika Gruber<br />

Wenn ned jetzt, wann dann! // ab 6. 4., ganz Bayern und restliches Süddeutschland<br />

Ihr neues Programm heißt „Wenn ned<br />

jetzt, wann dann!“, und wir hatten gehofft,<br />

dass es Grubers Motto für eine<br />

bundesweite Kabarettkarriere ist. Im Fernsehen<br />

ist sie durch regelmäßige Auftritte<br />

in der „Anstalt“ schon längst bundesweit<br />

bekannt, im Bayerischen Dritten hat sie<br />

seit Januar gemeinsam mit Bruno Jonas<br />

und Rick Kavanian eine monatliche Satiresendung<br />

und spielt in diversen Serien<br />

kulturnews 4/11<br />

selbstgeschriebene Songs zum Beispiel<br />

über das befreite Kundus vor. Ohne<br />

Schmerzen hingegen kann man seine<br />

gesangsfreien Kabarettparts genießen.<br />

Oder ist es Comedy? Nee, auch wenn er<br />

es selbst so nennt. Für Comedy ist der<br />

von den Stuttgartern bestens integrierte<br />

Ossi definitiv zu politisch.<br />

mit. Monika Gruber ist eine der besten<br />

Kabarettistinnen Deutschlands, sie ist<br />

intelligent, bissig und witzig. Sie füllt im<br />

Freistaat locker mehrmals hintereinander<br />

5 000er-Hallen, aber die Faktoren<br />

Zeit und Kommunikation (sie spricht<br />

Bayerisch ohne Kompromisse) werden<br />

auch in Zukunft dafür sorgen, dass „die<br />

Gruberin“ Städte nördlich von Köln<br />

schmählich vernachlässigt.<br />

Aktion //<br />

Django Asül<br />

Dass der Türke aus Niederbayern selbst mit<br />

der CSU klar kommt und 2004 von Erwin<br />

Huber gar zum Botschafter von Niederbayern<br />

gemacht wurde, zeigt, wie hervorragend<br />

Django Asül sich selbst im<br />

rückständig-ländlichen Milieu rumtreiben<br />

kann. Was ihn aber nicht davon abhält,<br />

als Kabarettist Klartext zu reden. So auch<br />

im aktuellen Programm „Fragil“, in dem<br />

Asül sich den reaktionären Ansichten<br />

Sarrazins genauso widmet wie dem<br />

„Paralleluniversum SPD“. Dass auch<br />

Django Asül machmal an seine Grenzen<br />

stößt, musste der geborene Deggendorfer<br />

mit dem bürgerlichen Namen Ugur ˘<br />

Bagislayıcı ˘ ¸ im Jahr 2007 feststellen.<br />

Beim legendären, jährlichen Derblecken<br />

auf dem Nockherberg durfte er als Nachfolger<br />

von Bruno Jonas den bayerischen<br />

Politikern nur einmal die Leviten lesen.<br />

Dann war Schluss, denn Asül war schlicht<br />

zu scharf. Diese berüchtigte Salvatorrede<br />

ist jetzt als Bonustrack auf der DVD<br />

„Fragil“ zu sehen.<br />

kulturnews verlost 5 DVDs von Django<br />

Asüls „Fragil“. Einfach bis zum 26. April<br />

unsere Gewinnhotline 0137-98 98 98 0<br />

(0,50 Euro/Anruf) anrufen und mit etwas<br />

Glück eine geballte Ladung Kabarett<br />

gewinnen!<br />

Frühlings Erwachen – A New Rock Musical<br />

26. 6.–17. 7. // Deutsches Theater München<br />

Am Off-Broadway in New York 2006 erstmals<br />

gespielt, dann ins Eugene O’Neill<br />

Theatre am Broadway gewechselt, wird<br />

das Musical „Frühlings Erwachen“ acht<br />

Tony Awards, vier Drama Desk Awards<br />

und einen Grammy später erstmals auch<br />

in Deutschland gespielt. Frank Wedekinds<br />

Gesellschaftsdrama, das der Autor während<br />

seiner zweijährigen Münchner Zeit<br />

im Jahr 1891 geschrieben hat, zeigt, zum<br />

Teil satirisch überzogen, die Selbstfindung<br />

pubertierender Jugendlicher. Im späten<br />

19. Jahrhundert als Kritik an der herrschenden<br />

Sexualmoral im Kaiserreich gedacht,<br />

muss der Ansatz von „Frühlings<br />

Erwachen“ im Jahr 2011 neu gedacht<br />

werden. Das Deutsche Theater wird dies<br />

gemeinsam mit der Bayerischen Theaterakademie<br />

August Everding tun, die<br />

„Frühlings Erwachen“ in München inszeniert.<br />

Ob das Musical auch auf Tour<br />

gehen wird, ist noch nicht bekannt.<br />

Foto: Deutsches Theater München


Platte des Monats<br />

Architecture In Helsinki<br />

Moment bends<br />

ARTPOP<br />

Kurzlebiges Musikbusiness: Natürlich<br />

hatten sie mit „Do the Whirlwind“ mal<br />

einen Indiehit, aber erinnert sich wirklich<br />

noch jemand an Architecture In Helsinki,<br />

nachdem das letzte Album vier Jahre<br />

zurückliegt? Für das australische Quintett<br />

ist das vermutlich auch ein Riesenvorteil,<br />

denn so muss es sich nicht mit dogmatischen<br />

Fans rumschlagen, die weiter nach<br />

Rasselbandenpop verlangen. Mit „Moment<br />

bends“ rehabilitieren sie Eurodance,<br />

indem sie für einen intelligenten Unterbau<br />

sorgen. Eingängige Songs wie „Escapee“<br />

und „Contact high“ schrecken auch vor<br />

den schmierigsten Synthiesounds nicht<br />

zurück, orientieren sich gesanglich an<br />

R’n’B – und anders als im Genre üblich,<br />

sind sie nicht nur für wenige Durchläufe<br />

cool. Junge Indietronicfans werden Architecture<br />

in Helsinki zusamen mit Chromeo,<br />

Miike Snow oder Passion Pit im Club<br />

abfeiern. Und sollten sich wirklich noch<br />

alte Fans erinnern, werden sie vermutlich<br />

durch Vergleiche mit Justin Timberlake<br />

dissen. Aber: Wer war noch mal Justin<br />

Timberlake …? (cs)<br />

Penguin Prison<br />

Penguin Prison<br />

ARTPOP<br />

Rough Trade<br />

In den USA formiert sich eine junge Szene,<br />

die Dancepop wieder zu universeller Schlagkraft<br />

verhilft: Ihre Songs funktionieren im Club, aber auch im Radio, und sie sind so<br />

produziert, dass selbst Indiefans nicht widerstehen können. Protagonisten dieser Bewegung<br />

sind Holy Ghost, Girl Talk und Penguin Prison alias Chris Glover. Vielleicht<br />

liegt das Geheimnis des 26-jährigen New Yorkers ja in der vielseitigen Musikbiografie:<br />

In seiner Jugend sang Glover zusammen mit Alicia Keys im Gospelchor, spielte<br />

gleichzeitig in diversen Punkbands und war später am College Teil der gefeierten<br />

Fake-Boyband The Smartest People At Bard. Weil er sogar Langweiler von Jamiroquai<br />

oder Kylie Minogue zum Hit aufmöbeln konnte, war man bereits auf ein herausragendes<br />

Debüt vorbereitet, doch mit eingängigen Tracks wie „Golden Train“ und „Fair<br />

Warning“ übertrifft Penguin Prison sogar alle Erwartungen. Man könnte ihn als Lückenschließer<br />

zwischen Justin Timberlake und Beck adeln. Doch gerade weil Glover<br />

so freimütig den Gesangsstil von Michael Jackson aufgreift und weiterentwickelt,<br />

darf das Lob ruhig noch vollmundiger ausfallen: Das ist der neue King of Pop! (cs)<br />

-Bewertung<br />

Bap<br />

Halv su wild<br />

5//<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

MUNDARTPOP<br />

Universal 4// Capitol 4//<br />

Die Kölner Urgesteine Bap existieren seit<br />

33 Jahren, Sänger Wolfgang Niedecken<br />

ist 60. Zeit für ein Resümee im geschmeidigen<br />

Poprockstil. Das Titelstück kommt<br />

uns mit Kopf-hoch-Botschaft und einer<br />

schön sphärischen Brücke, die gern länger<br />

hätte dauern dürfen. Im Verlauf des<br />

Albums spielt die Band dann – durchweg<br />

auf Kölsch – ihre ganze biografische Erfahrung<br />

aus. Niedecken vergleicht das<br />

Leben per Mitttemporocker mit einer Autobahn<br />

(„mit Staus un Kurven“), im Visier<br />

natürlich immer das Ziel. Hier wird zwar<br />

zurückgeblickt, doch nur, um Zuversicht<br />

zu schöpfen – schließlich will man weiterhin<br />

ganz Köln zum Mitrocken, -singen<br />

und (jawohl!) -moshen bewegen. Für Nichtkölner<br />

wirken Bap damit weit weniger<br />

alienartig als etwa Bläck Fööss oder Höhner<br />

– zumal die es nie hinkriegen würden,<br />

eine vor Lokalkolorit triefende Studie<br />

in Stadt- und Privatgeschichte wie „Chlodwigplatz“<br />

ausgerechnet als Reggae mit<br />

Schmatzgitarre anzulegen oder sich auf<br />

Kölsch an eine Art „Sympathy for the<br />

Devil“ zu wagen („Enn<br />

Pop, Rock + Dance // platten 59<br />

Dreiduevelsname“). Köln als Nabel der<br />

Welt: Nur Bap können das eine Stunde<br />

lang derart hymnisch simulieren, dass selbst<br />

Düsseldorfer dran glauben müssen. (mw)<br />

Bena & Ptaszek<br />

Music of the Mississippi River<br />

BLUES<br />

In-Akustik<br />

Gitarrist Lubos Bena kommt aus der Slowakei,<br />

der tschechische Straßenmusiker<br />

Metej Ptaszek bläst Harmonika und –<br />

nun ja – singt, und zwar im Falsett. Gemeinsam<br />

bilden sie das schrägste Bluesduo<br />

seit Erfindung der Baumwolle. Ihren<br />

Kanon aus 13 Standards absolvieren sie<br />

in perfekt gefälschter Authentizität; so<br />

muss die Akustische nun mal schnarren,<br />

wenn man Mississippiblues spielt. Vokal<br />

aber geschieht Skurriles. Der gute Ptaszek<br />

nämlich singt, als hätte er ein nasses Kopfkissen<br />

im Mund. Die Sprache, die dabei<br />

herauskommt, scheint Englisch zu sein,<br />

doch beschwören würde ich das nicht.<br />

Auf diese Weise gelingt es dem Duo, Songs<br />

wie „Creole Belle“ (John Hurt), „Goodnight,<br />

Irene“ (Leadbelly) oder „See that my Grave<br />

is kept clean“ von Blind Lemon Jefferson<br />

ganz neue Seiten abzugewinnen. „House<br />

of the rising Sun“ etwa scheint ein Marsmensch<br />

zu singen, der nicht die geringste<br />

Ahnung davon hat, was die einzelnen Worte<br />

bedeuten. Und das fände auch niemand<br />

je heraus, wäre der Text nicht schon bekannt.<br />

Insofern ist es eine super Entschei–<br />

dung des Duos, nur Klassiker zu covern.<br />

Ein Album, das man – nun ja – gehört<br />

haben muss, gerade als Bluesfan. (mw)<br />

Bodi Bill<br />

What?<br />

ELEKTROFOLK<br />

Rough<br />

Trade<br />

4//<br />

5//<br />

Auskenner haben Bodi Bill schon vor<br />

langer Zeit als deutsche Antwort auf Radiohead<br />

geadelt. Dieses gerne auch mal<br />

aus Ratlosigkeit verteilte Lob passt tatsächlich<br />

sehr gut, wenn man bedenkt,<br />

mit welcher Experimentierfreude die drei<br />

Berliner Elektro, Folk und Techno zusammenbringen.<br />

Nachdem im letzten Jahr<br />

eine Zusammenstellung ihrer ersten bei-<br />

den Alben für den internationalen Markt<br />

erschienen ist, steht das Trio inzwischen<br />

vor dem großen Durchbruch. Der könnte<br />

ihnen auch gelingen, denn sie haben ihre<br />

bisher eingängigsten Songs auf der Festplatte,<br />

ohne dafür weniger innovativ zu<br />

sein. „Brand new Carpet“ etwa überrascht<br />

mit einem Calypsobeat, der balladeske<br />

Titelsong bricht auch den abgeklärtesten<br />

Clubgängern das Herz, und so viel Soul<br />

wie bei „Pyramiding“ hätte man Sänger<br />

Fabian Fenk niemals zugetraut. Jemand<br />

sollte Thom Yorke dieses Album schicken,<br />

denn als Support für die kommende Radiohead-Tour<br />

wären Bodi Bill in der Tat<br />

der perfekte Support. (cs)<br />

David Lowery<br />

The Palace Guards<br />

AMERICANA<br />

Soulfood<br />

4//<br />

Wenn es um die besten Americanabands<br />

geht, fällt den meisten Leuten nur Wilco<br />

ein. Dabei müssten Cracker ebenso oft<br />

genannt werden – und somit David<br />

Lowery, der einst auch schon Camper<br />

Van Beethoven vorstand. Der Sänger und<br />

Gitarrist watet knietief in Country und<br />

Gitarrenrock, er kann Folk und Texmex –<br />

und vor allem so barmend, ergreifend<br />

und aufrichtig singen und krächzen, dass<br />

dir das Herz aufgeht, sofern du eins hast.<br />

Jetzt, mit 50, legt er sein Solodebüt vor.<br />

Doch was heißt schon solo: Familie,<br />

Freunde, Bekannte, Kollegen sind dabei,<br />

darunter auch welche von Cracker (Bassist<br />

Sal Maida; Gitarrist David Immergluck)<br />

und sogar der inzwischen verstorbene<br />

Mark Linkous von Sparklehorse. Sieben<br />

Jahre hat Lowery im eigenen Studio an<br />

den Songs getüftelt. Sie sind nicht alle<br />

auf gleich hohem Niveau, repräsentieren<br />

aber – wie erhofft – das ganze Spektrum<br />

dieses großartigen Musikers. Es gibt Countrystampfer,<br />

sphärische Balladen und<br />

Twangs, es gibt Folksongs, Fiedeln und<br />

Feedbacks, wir atmen oft die Weite der<br />

Prärie und manchmal die Enge ungelüfteter<br />

Provinzkneipen. Ein Resümee voller<br />

Reife und zugleich ungebrochener Jugend–<br />

lichkeit. Muss man erst mal hinkriegen,<br />

mit 50. (mw)<br />

... und außerdem<br />

Noch mehr Geschichten, Interviews<br />

und Porträts online unter<br />

www.kulturnews.de<br />

kulturnews 4/11


BEL AIR<br />

DIE GUANO APES<br />

SIND ZURÜCK!<br />

DasneueAlbum BEL AIR ab JETZT<br />

überall erhältlich inklusive der<br />

Hit-Single OH WHAT A NIGHT<br />

05.10.11 KÖLN E-WERK<br />

07.10.11 HAMBURG GR. FREIHEIT<br />

09.10.11 BERLIN HUXLEYS<br />

10.10.11 LEIPZIG AUENSEE<br />

18.10.11 ZÜRICH MAAG HALLE<br />

21.10.11 MÜNCHEN BACKSTAGE WERK<br />

28.01.12 STUT TGART LK A LONGHORN<br />

29.01.12 MANNHEIM MAIMARKTCLUB<br />

08.02.12 HANN OVER CAPITOL<br />

W W W . G U A N O A P E S . O R G<br />

ERHÄLTLICH ALS CD<br />

&MP3-DOWNLOADBEI:<br />

60 platten // Pop, Rock + Dance<br />

Future Fluxus<br />

Fuck the Universe and say yeah!<br />

INDIEROCK<br />

Indigo<br />

Im Vergleich zu Future Fluxus war Thorn<br />

Kastnings erste Band Kate Mosh ziemlich<br />

konventionell: Da krachte und rockte es<br />

zwar auch wüst, Strophe und Refrain waren<br />

aber noch klar voneinander zu unterscheiden.<br />

Davon hat Sänger Thorn Kastning<br />

nach der Auflösung von Kate Mosh<br />

2009 anscheinend genug. Die Pfade, auf<br />

denen er mit seiner neuen Combo wandelt,<br />

führen über harte Gitarren sogar<br />

zum Screamo. Mit harmonielosem Geschrei<br />

in „Darth Major“ oder „It’s worse<br />

than ever“ sprengen die Berliner alle Songstrukturen<br />

und suhlen sich im Chaos.<br />

Und obwohl das alles so diffus ist, bleibt<br />

man dran, wenn das Quartett die harten<br />

Beats urplötzlich von 160 Bpm auf die<br />

Hälfte runterbricht. Man kann eben auch<br />

auf verschrobene Art für Spannung sorgen.<br />

Jedenfalls für kurze Zeit. (mh)<br />

Friska Viljor<br />

The Beginning of the Beginning<br />

of the End<br />

INDIEPOP<br />

Cargo<br />

Sie sind längst in den Olymp der aktuell<br />

anbetungswürdigsten Livebands aufgestiegen,<br />

und auch wenn ihre Faszination eng<br />

mit den verschwitzten, grinsenden Gesichtern<br />

von Daniel Johansson und Joakim<br />

Sveningsson verknüpft ist, zielen die Songs<br />

der Schweden auch zu Hause schnurstracks<br />

ins Herz. Und da fressen sie sich in aller<br />

Regel fest. Auf ihrem vierten Album, das<br />

einen unheilsschwangeren Titel trägt, haben<br />

die Männer aus Göteborg zwar wieder<br />

alle Register des Spaßpops gezogen – es<br />

wird im Walzertakt gewippt, mit Countrygitarren<br />

geknödelt, und jede Menge Bläser<br />

sorgen für ordentlich Schmiss –, doch ein<br />

wenig verhalten wirkt das Ganze trotzdem.<br />

Vielleicht gab es ein paar Kommentare zu<br />

viel über die feuchtfröhlichen Anfangstage<br />

der Band. Vieleicht waren die beiden einfach<br />

auch nicht in der Stimmung für hemmungslose<br />

Albernheiten. Für den bekloppten<br />

Opener „Larionov“ muss man sie aber<br />

trotzdem liebhaben. (es)<br />

kulturnews 4/11<br />

3//<br />

3//<br />

Ja, Panik<br />

DMD KIU LIDT<br />

INDIEPOP<br />

Rough<br />

Trade<br />

So mancher dürfte mit „DMD KIU LIDT“<br />

fremdeln – nicht nur des unerklärlichen<br />

und unerklärten Titels wegen. Die groß<br />

gefeierten Hoffnungsträger der deutschen<br />

Popmusik halten nämlich nicht viel von<br />

Sollerfüllung. Aber es ist kein Zurückbleiben,<br />

sondern wieder mal ein neuer Kosmos,<br />

den Bandchef Andreas Spechtl betritt.<br />

Natürlich wird Denglisch gesprochen,<br />

natürlich hängen die Wolken der Melancholie<br />

tief. Berlin hat den Wienern Brecht<br />

eingehaucht, und das Label Indierock<br />

wird immer mehr zum Hilfskonstrukt. Zwischen<br />

Kabarettpunk und Kammerrock<br />

bleiben Ja, Panik so ehrlich uneindeutig<br />

wie ein verkaterter Morgen danach. Überheblichkeit<br />

mischt sich mit Verletzlichkeit,<br />

Angst mit Mut, Aussprechen mit Schweigen.<br />

Und zum krönenden Abschluss gibt<br />

es schon formal die Absage an jede Konformität:<br />

das 22-minütige Titelstück, ein<br />

episches Erzählstück, in dem Spechtl<br />

„danct“, bis er Antworten findet – auf Fragen,<br />

die bei Tageslicht schon wieder von<br />

neuen Fragen abgelöst werden. (kab)<br />

Los Lonely Boys<br />

Rockpango<br />

BLUESROCK<br />

Rough<br />

Trade<br />

5//<br />

5//<br />

Das Cover zeigt einen psychedelisch verfärbten<br />

Totenschädel mitten in der Wüste,<br />

doch es handelt sich nicht um ein neues<br />

Grateful-Dead-Album. Die drei Garza-Brüder<br />

Henry, Jojo und Ringo, die unter dem<br />

schönen Namen Los Lonely Boys firmieren,<br />

kommen nämlich aus Texas, nicht<br />

aus Kalifornien, und die Spitzen der Kakteen<br />

auf dem Cover zeigen Saitenwirbel<br />

wie am Ende eines Gitarrenhalses – das<br />

legt die richtige Fährte. Auf virtuose Weise<br />

mixen die drei die vertrackten Beats und<br />

Grooves von Santana mit der Gefühlstiefe<br />

des Soul, dem funkigen Furor des Sou–<br />

thern Rock und schmecken das mit einer<br />

Prise Red Hot Chili Peppers ab (paradigmatisch<br />

dafür: „Love in my Veins“). Kurz:<br />

Sie tränken den Wüstensand lustvoll mit<br />

Schweiß; kein Wunder also, dass den


Kakteen da unten in Texas Gitarrenarme<br />

wachsen. Das dürfte für wilde Konzerterlebnisse<br />

sorgen – perfekt zugeschnitten<br />

auf Leute, die Gitarrensoli, Songs über<br />

Affen und Pornostars, Tequila, markige<br />

Männer und die wohlige Erschöpfung am<br />

Ende der Nacht mögen. Anfang Mai wird<br />

man das in Köln und Hamburg überprüfen<br />

können. (mw)<br />

Low<br />

C’mon<br />

Pop, Rock + Dance // platten 61<br />

INDIEPOP<br />

Cargo<br />

5//<br />

noch wie brave Musterschüler, die beim<br />

Abschlussball zum Klammerblues aufspielen.<br />

Da bringt es auch nichts, gelegentlich<br />

mit einem unheimlich schnellen<br />

Indiepopbeat à la Those Dancing Days<br />

vorzulegen, wenn einfach kein Wumms<br />

dahintersteckt. Die 13 Songs des Debüts<br />

sind gut, sie hätten allerdings ungemein<br />

davon profitiert, wenn die alles vereinnahmende<br />

Stimme von Jesper Jacobsen runter-<br />

und dafür die Drums und Gitarren ein<br />

bisschen aufgedreht worden wären. (mh)<br />

Matt And Kim<br />

Sidewalks<br />

INDIEPOP<br />

Ohne tiefe Depressionen konnte man in<br />

den 90ern in Lows nackte Kompositionen<br />

(ein bisschen Gitarre, wenig Bass und<br />

Rough<br />

Trade 4//<br />

noch weniger Schlagzeug) kaum ganz ein- Matt And Kim wissen, wie man Aufmerksteigen.<br />

Mit den Jahren fand dann immer samkeit erregt. Im schon legendären Video<br />

mehr Folk seinen Weg in die Musik des zu „Lessons learned“ läuft das Paar aus<br />

Ehepaares Alan Sparhawk und Mimi Par- Brooklyn durch die Stadt und zieht sich<br />

ker. Seit Sparhawks seelischem Zusam- dabei peu à peu aus. Und auch zur Vormenbruch<br />

2005, den er auf „The great absingle des dritten Albums haben die<br />

Destroyer“ unter Krach und auf „Drums & beiden wieder ein Skandalfilmchen gedreht:<br />

Guns“ unter Elektronik vergrub, wirken Der „Cameras“-Clip zeigt, wie sie sich<br />

Low jetzt wieder direkter – und leichter als gegenseitig vermöbeln. Ähnlich unmittel-<br />

je zuvor. Die Harmonien zwischen Sparbar funktioniert auch ihre Musik. Nur mit<br />

hawks lakonisch-forderndem und Parkers Schlagzeug und Keyboards bauen sie sim-<br />

mütterlich-warmem Timbre sind so präple, aber ungemein eingängige Songs zwisent<br />

wie seit „Trust“ (2002) nicht mehr. schen Indietronic und Dancepop, die schon<br />

Die unergründliche Tiefe blitzt nur noch beim ersten Hören im Ohr hängen bleiben.<br />

ansatzweise durch, etwa im beschwören- Einziger Nachteil: So schnell man sich in<br />

den „Majesty/Magic“ oder dem reduzier- ihre hymnenhaften Kompositionen verliebt,<br />

ten „$20“. In der aktuellen<br />

so schnell wird man ihrer auch überdrüs-<br />

Musiklandschaft aber etwas so Reines, sig. Bis jetzt, denn das dritte Album ver-<br />

traumhaft Einfaches wie „Nightingale“ zu zögert die Ermüdung dank einer wesent-<br />

finden, ist fast unmöglich. Der Kummer lich aufwändigeren Produktion. Zwar sind<br />

mag aus ihren Stücken verschwunden neben „Cameras“ erneut einige Einweg-<br />

sein, geblieben ist pure Schönheit. (ms) hits vertreten, doch die Stimmungslage ist<br />

nicht mehr eindimensional auf Party ausgerichtet.<br />

Heimlicher Höhepunkt: das<br />

Ludwig Van<br />

nachdenkliche „Northeast“. Das kann man<br />

Home is where your House is<br />

INDIEPOP<br />

auch nächstes Jahr noch hören, ohne<br />

Matt And Kim vermöbeln zu wollen. (cs)<br />

Archive feiern eine opulente Konzert-DVD-<br />

Premiere: „Live in Athens“ (Soulfood) bietet einen<br />

130-minütigen Mitschnitt aus dem letzten Jahr<br />

Rough<br />

Trade 3//<br />

in perfekter Sound- und Bildqualität. // Concert<br />

for George (Warner) nannte sich 2002 eine<br />

Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Beatle<br />

Wenn sich der Bandname miserabel goo- George Harrison, an dem viele Weggefährten –<br />

geln lässt, ist normalerweise der halbe also lauter Weltstars – teilnahmen. Jetzt kommt<br />

Weg zur coolen Indiecombo schon ge- das Konzert erstmals auf Blu-ray auf den Markt.<br />

schafft, denn so was ist ja schon ziemlich // Johnny Cash hinterließ stapelweise Unveröffent-<br />

subversiv. Doch für die Reststrecke sind lchtes. „From Memphis to Hollywood: Bootleg Vol.<br />

Ludwig Van viel zu wenig aufrührerisch. 2“ (Sony Music) enthält nach „Personal File“ nun<br />

Selbst bei einem Refrain wie „I’m gonna weitere hochinteressante Demos, Outtakes und<br />

start a fire“ klingen die vier jungen Dänen Raritäten, vor allem aus den 50ern.<br />

kulturnews 4/11<br />

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800 800 CHF 1.19/min., Festnetztarif<br />

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62 platten // Pop, Rock + Dance<br />

Milow<br />

North and South<br />

SONGWRITER-<br />

POP<br />

Universal<br />

„Und den habe ich für 50 Cent geschrieben!“<br />

Milow grinst, bevor er die Gitarre<br />

hebt und seinen großen Hit „Ayo Technology“<br />

spielt. Der brachte ihm vor zwei Jahren<br />

den Durchbruch – aber eigentlich war<br />

es natürlich umgekehrt. Der HipHop-Kracher<br />

war dreist gemopst und gut gecovert.<br />

Sonst schreibt der Belgier seine Songs<br />

aber durchaus selbst und beweist sich<br />

auch auf „North and South“ als Garant<br />

für lauschigen Songwriterpop mit verträumten<br />

bis verschmitzten Texten. Viel<br />

Folk, manchmal fast Country und manchmal<br />

ein Anflug von Powerpop: Richtig laut<br />

wird Milow nie. Richtig böse auch nicht.<br />

Das ist schade, weil der 29-Jährige durchaus<br />

für beides das Potenzial mitbrächte.<br />

So bleibt das Album eine große, melodiesatte<br />

Nettigkeit. Schön – aber damit wird<br />

„Ayo Technology“ auch 2011 Milows größter<br />

Hit bleiben. Gut, dass er immer noch<br />

seinen eindeutigen Spaß daran hat. (kab)<br />

DAS DEBÜTALBUM<br />

»JUWEL«<br />

AB 15. APRIL<br />

4//<br />

Moon Duo<br />

Mazes<br />

KRAUTROCK<br />

Rough<br />

Trade<br />

Das Cover von „Mazes“ ziert ein verwinkeltes,<br />

schwarzweißes Labyrinth, in dem<br />

Alice im Wunderland wohl tagelang nach<br />

dem Kaninchen suchen könnte. Doch im<br />

Gegensatz zur optischen Aufbereitung<br />

ihres Debüts wirken die beiden Musiker<br />

von Moon Duo beim musikalischen Teil<br />

des Albums überhaupt nicht verwirrt. Vielmehr<br />

legen Ripley Johnson und Sanae<br />

Yamada gekonnt Soundschicht um Soundschicht<br />

aufeinander, bis eine dichte, atmosphärische<br />

Wand entsteht. Das klingt dann<br />

mal wabernd und psychedelisch, mal nach<br />

Sommer am Meer – aber immer treiben<br />

Gitarren und das straighte Schlagzeug die<br />

Sache voran. Und anders als bei ihren<br />

vorigen EPs beschränken sich die beiden<br />

Kalifornier diesmal auch mal auf Songs<br />

unter sechs Minuten, was dem Hörgenuss<br />

deutlich zugutekommt. (es)<br />

New York Dolls<br />

Dancing backward in high Heels<br />

BLUESROCK<br />

4// H’Art 4//<br />

David Johansen ist erwachsen geworden.<br />

Wenn der Sänger der New York Dolls in<br />

„Kids like you“ sinnierend erklärt: „You gonna<br />

get the blues“, dann klingt das altersweise<br />

– kein Prädikat, das man der Band<br />

in den 70ern zugeordnet hätte. Seit sie in<br />

grellen Stretchhosen als Wegbereiter des<br />

Punk- und Glamrocks unterwegs waren,<br />

hat sich viel verändert. Heute mischen sich<br />

Blues-, Rockabilly-, klassische Rock’n’-<br />

Roll- und sogar Gospeleinflüsse, die stilsicher<br />

durch Bläser und Streicher abgerundet<br />

werden. Songs, die zwischen Jukeboxtanznummern<br />

und dem Schaukelstuhl auf<br />

der Veranda pendeln, sind neu im Repertoire.<br />

Dass diese dabei wenig revolutionär<br />

und ein wenig wie aus dem Rockhandbuch<br />

wirken, verzeiht man den Altstars gern.<br />

„Dancing backward in High Heels“ mutet<br />

eher verschmitzt als verschwitzt an – und<br />

betont, dass lauter nicht unbedingt besser<br />

bedeutet. (lan)<br />

Noah And The Whale<br />

Last Night on Earth<br />

FOLKROCK<br />

Universal<br />

Zusammen mit befreundeten Musikern<br />

wie Mumford & Sons oder Laura Marling<br />

haben sie in den letzten Jahren die britische<br />

Indieszene aufgemischt. Doch mit<br />

ihrem dritten Album entsagen Noah And<br />

The Whale der NuFolk-Bewegung. Vielleicht<br />

war Charlie Fink von der Erwartbarkeit<br />

gelangweilt, vielleicht war sein Thema<br />

aber auch zu groß für rein akustischen<br />

Weltschmerz. „Last Night on Earth“ ist ein<br />

Coming-of-Age-Album, das jugendliche<br />

Allmachtsfantasien mit der Trauer über<br />

ungelebte Möglichkeiten kontrastiert. Noah<br />

And The Whale verkabeln die Gitarren<br />

und schrecken auch vor Synthieflächen<br />

nicht zurück. Und richtig dick tragen sie<br />

auf, wenn sie als Gospelsänger bei „Old<br />

Joy“ die Water Sisters engagieren, die<br />

schon Michael Jackson unterstützt haben.<br />

Songs wie das etwas reduziertere „Just<br />

before we met“ oder die Ballade „Wild<br />

Thing“ beweisen, dass Fink das Song-<br />

INKL.DER SINGLES<br />

»WOVON SOLLEN WIR TRÄUMEN«<br />

ERHÄLTLICH AB 01. APRIL<br />

& »ZEIG MIR, WIE DU TANZT«<br />

MEHR INFOS, DATEN & MERCH UNTER WWW.FRIDAGOLD.COM<br />

3//


schreiben nicht verlernt hat. Doch leider<br />

bewahrt ihn das nicht davor, mit den<br />

üppiger arrangierten Popentwürfen beim<br />

Altherrenschmonz zu landen. Vielleicht ist<br />

es mit Mitte 20 einfach zu spät für eine<br />

Coming-of-Age-Platte. (cs)<br />

Scams<br />

Rewrite Fiction<br />

INDIEROCK<br />

Indigo<br />

3//<br />

Indie mit Hitcharakter ist heutzutage<br />

Usus. Dabei hielten Banalität und<br />

Bedeutungslosigkeit Einzug ins Genre. Bei<br />

den Scams stellt sich zunächst auch die<br />

Frage: Muss man sich das wirklich anhören?<br />

Und zurück bleibt Ratlosigkeit.<br />

Gemessen an den ständig neuen hippen<br />

Rockbands, die mit erbarmungsloser Kontinuität<br />

ihren Weg von der britischen Insel<br />

aufs Festland finden, sind die Scams kein<br />

Lichtblick. Das in Hamburg aufgenommene<br />

Debüt des Quartetts aus Nordengland<br />

besitzt weder die Frechheit der frühen Libertines<br />

noch die Nonchalance der Arctic<br />

Monkeys. Die Scams liefern hingegen Indierock<br />

vom Reißbrett, leider viel zu spannungsarm<br />

und oft vorhersehbar. Doch es<br />

blitzen immer wieder Funken auf: Discostreicher<br />

zum Beispiel oder Poparrangements,<br />

die gewohnte Pfade verlassen und<br />

sich auch mal im Soul verlieren. Es wäre<br />

schön, wenn die Scams sich öfter verirren<br />

würden. (nek)<br />

Spaceman Spiff<br />

Und im Fenster immer noch Wetter<br />

SINGER/<br />

SONGWRITER<br />

Broken<br />

Silence<br />

5//<br />

Vielleicht muss man einer sein, der ausgezogen<br />

ist, um die Welt zu entdecken,<br />

wenn man diese Platte verstehen will.<br />

Dann kann man schon gar nicht mehr<br />

anders, als in Hannes Wittmer alias Spaceman<br />

Spiff einen Seelenverwandten zu<br />

sehen, wenn er in „Hamburg“ Zeilen wie<br />

„Woanders bin ich wer gewesen/hier muss<br />

ich irgendjemand sein“ singt. Oder vielleicht<br />

muss man auch einfach eine pathosliebende<br />

Gurke sein, um von Versen wie<br />

Pop, Rock + Dance // platten 63<br />

„Wenn alle Photonen der Welt das nicht<br />

erleuchten können/können alle Kanonen<br />

der Welt das nicht zerstören“ richtig tief<br />

ins Herz getroffen zu werden. Trotzdem:<br />

Mit diesem jungen Singer/Songwriter haben<br />

Gisbert zu Knyphausen, Philipp Poisel<br />

und Niels Frevert nicht nur harte textliche<br />

Konkurrenz bekommen. Wer so geschickt<br />

leichtes Gitarrenspiel mit Streichern, Synthies<br />

und Atmo auch live nahezu perfekt<br />

mischt, dürfte in Zukunft auch große Hal–<br />

len mit pathosliebenden Gurken füllen. (mh)<br />

The Human League<br />

Credo<br />

SYNTHIEPOP<br />

Rough<br />

Trade<br />

4//<br />

Als David Bowie 1979 erstmals The Human<br />

League hörte, sprach er beeindruckt<br />

vom „Sound der Zukunft“. Diese Zukunft<br />

liegt mittlerweile mehr als drei Dekaden<br />

in der Vergangenheit, und die Band um<br />

Philip Oakey, dem in die Jahre gekommenen<br />

Pionier des Elektropop, hält die Zeit<br />

reif für ein Comeback; schließlich tun das<br />

auch die Altkollegen Gang Of Four oder<br />

O.M.D. Auf „Credo“ mischen Oakey, Joanne<br />

Catherall und Susan Ann Sulley geschickt<br />

die Patina analoger Synthesizer mit<br />

digitaler Moderne, die Beats sind manchmal<br />

fast so schön bollerig straff wie anno<br />

’79, der Popappeal ist noch immer groß.<br />

Natürlich fehlt die Punkattitüde ihres Klassikers<br />

„Being boiled“, dafür haben sie<br />

sich zu gut umgehört in der Club- und<br />

Danceszene von heute. „Night People“<br />

etwa mit seinem stakkatischen Rhythmus,<br />

das sich spätestens beim Refrainmantra<br />

vorgekämpft hat zu genau jener euphorisierenden<br />

Einfachheit, die nie mehr enden<br />

dürfte: Das ist ein Song wie eine Ecstasypille.<br />

„Credo“ funktioniert perfekt als<br />

Soundtrack für Samstagnacht; es hat Hall,<br />

Weite, Kraft, Beats wie Faustschläge –<br />

und am Sonntagmorgen stinkt man kein<br />

bisschen nach Rauch. Bowie wird sagen:<br />

der Sound der Gegenwart. (mw)<br />

Robbie Robertson wirkt auf dem Cover von „How<br />

to become Clairvoyant“ (Universal) wie ein urbaner<br />

Düstermann – und in der Tat überwiegen die<br />

dunklen Texturen auf seinem mit Gaststars wie<br />

Eric Clapton und Trent Reznor gespickten Album. /<br />

Robbie Williams wird vom alten Label würdig verabschiedet<br />

– mit Wiederauflagen seiner ersten<br />

sieben Soloalben, die jeweils um eine DVD ergänzt<br />

werden. Drauf: Videos, Konzert- und TV-Auftritte.


64 platten // Pop, Rock + Dance<br />

The Kills<br />

Blood Pressures<br />

India Media Group präsentiert!<br />

GUS BLACK<br />

The Day I Realized...<br />

... eines der gelungensten<br />

Late Night Jazz Alben, die in den<br />

letzten 40 Jahren ein Popmusiker<br />

aufgenommen hat.<br />

LO-FI-ROCK<br />

Indigo<br />

5//<br />

Was soll nach dem grandiosen Vorgänger<br />

eigentlich noch kommen? Das US-britische<br />

Duo schien sich von dem Gedanken an<br />

ein viertes Kills-Album lieber ablenken zu<br />

wollen: Alison Mosshart hängte sich an<br />

Jack White und machte mit der Bluesrockband<br />

The Dead Weather ein Nebenprojekt<br />

auf, während Jamie Hince dank<br />

seiner Freundin Kate Moss mit der Klatschpresse<br />

zu tun hatte. Doch schon der Abschied<br />

von einem einzigen Dogma löst<br />

das Problem: Weniger ist mehr gilt auf<br />

„Blood Pressures“ nicht mehr. Mit einem<br />

volleren Sound geben sich The Kills experimentierfreudiger<br />

und wagen mehr Pop.<br />

Natürlich sind mit „Heart is a beating<br />

Drum“ und „Nail in my Coffin“ wieder sexyschmutzige<br />

Hymnen dabei, die es auch<br />

mit den Hits von „Midnight Boom“ aufnehmen<br />

können, doch so anschmiegsam<br />

wie etwa bei „Baby says“ hat man das<br />

Duo auf dem letzten Album nicht gehört.<br />

mit viel Tiefe und Gefühl – brillant<br />

Mit zwei ganz intimen Momenten versauen<br />

sich die beiden allerdings ihre Zukunft:<br />

Hince wagt sich für die Anderthalbminutenballade<br />

„Wild Charms“ vors Mikro, worauf<br />

Mosshart mit dem fragilen Walzer „Last<br />

Goodbye“ kontert. Wie wollen sie das mit<br />

dem fünften Album nur toppen? (cs)<br />

The Life Between<br />

Colours of your Choice<br />

sanfte Melodien mit Breitwand-Epik<br />

SONGWRITER-<br />

POP<br />

Capitol<br />

3//<br />

Für seine Frühstücksbrötchen schreibt und<br />

arrangiert Michael Zlanabitnig Musik für<br />

andere. Auf Knopfdruck, wie er selbst sagt.<br />

Den kreativen Ausgleich sucht der Österreicher<br />

mit zwei Freunden unter dem Namen<br />

The Life Between, deren klavierlastige<br />

Popsongs Assoziationen zu Scouting<br />

For Girls und Enno Bunger wecken. Dementsprechend<br />

sind die elf Popsongs des<br />

Debüts auch nicht schlecht: Radiostatio–<br />

nen können so glatt-rockige Gute-Laune-<br />

Songs wie „Take a Photograph“ oder „Lie“<br />

guten Gewissens ins Programm nehmen.<br />

PAUL CARRACK & BAND<br />

A Different Hat<br />

A DIFFERENT HIT TOUR: 5.4. Aschaffenburg Colos-Saal | 6.4. Lorsch Musiktheater Rex<br />

7.4. Lux - Dudelange Opderschmelz-Dudelange | 8.4. Winterbach Lehenbachhalle<br />

9.4. Lahr Stadthalle / Stadttheater Lahr | 3.5. Oberhausen Ebertbad | 4.5. Mainz Frankfurter Hof<br />

5.5. Paderborn Capitol | support: Lisbee Stainton | www.stahl-entertainment.de<br />

Doch zu stark werden die Popgebilde von<br />

der Perfektion überschattet, mit der der<br />

studierte Musiker Zlanabitnig sie konstruiert<br />

hat. Ohne Ecken und Kanten verschwinden<br />

sie schnell aus dem Ohr. Griffiger<br />

klingt Zlanabitnig solo auf Myspace, wo<br />

er – weitaus minimalistischer – lediglich<br />

sanfte Streicher oder flirrende Synthies<br />

neben seinem Klavierspiel zulässt. Da<br />

scheint ihm Herz wichtiger als Verstand –<br />

und so hätte sich „Colours of your Choice“<br />

auch anhören müssen. (mh)<br />

The Pains Of<br />

Being Pure At Heart<br />

Belong<br />

INDIEPOP<br />

Rough<br />

Trade<br />

5//<br />

Sie hätten mit „Belong“ im großen Stil<br />

untergehen können: Vor zwei Jahren wurden<br />

The Pains Of Being Pure At Heart al–<br />

lerorten für ihr Debüt gefeiert, weil sie<br />

verzerrten Krach und eingängigen Pop zusammengebracht<br />

haben. Plötzlich interessierten<br />

sich 20-jährige Fans für Shoegazer<br />

SETH LAKEMAN & BAND<br />

Hearts & Minds<br />

a new folk hero<br />

und Twee und kauften sich rückwärts<br />

durch den Katalog von alten Helden wie<br />

The Smiths und The Jesus And The Mary<br />

Chain. Doch dann holten die New Yorker<br />

für den Nachfolger ausgerechnet Flood<br />

und Alan Moulder ins Studio – und jetzt<br />

klingen TPOBPAH so fett wie der Katalog<br />

der beiden Starproduzenten. Gleich im<br />

Titelsong schrammeln die Gitarren wie bei<br />

den Smashing Pumpkins zu „Siamese<br />

Dreams“-Zeiten, immer wieder klingen<br />

My Bloody Valentine durch, auch Elektronik<br />

ist deutlich auszumachen. Und trotzdem<br />

haben TPOBPAH nicht ihre Seele<br />

verkauft, denn auch im neuen Gewand<br />

sind sie deutlich zu identifizieren. Vielleicht,<br />

weil sie den Teenagerschmerz rübergerettet<br />

haben. Vielleicht liegt es aber auch<br />

einfach an der Tatsache, dass ihnen erneut<br />

ein Album mit zehn potentiellen Singlehits<br />

geglückt ist. Lediglich um den Geldbeutel<br />

ihrer Fans muss man sich Sorgen<br />

machen: Sie müssen jetzt ein weiteres Kapitel<br />

der Musikgeschichte nachkaufen. (cs)<br />

The Blow Monkeys spielten in den 80ern Dandypop<br />

– und glänzen auf „Staring at the Sea“ (Soul–<br />

food) mit schwelgerischen Songs zwischen Soul<br />

und großer britischer Poptradition. Ein ganz<br />

erstaunliches Comeback.<br />

www.india-media.de<br />

28.4. München Ampere | 29.4. Freiburg Waldsee | 30.4. Stuttgart Universum | 1.5. Köln Luxor<br />

2.5. Hamburg Knust | 4.5. Berlin Lido | 5.5. Dresden Beatpol | 6.5. Heidelberg Karlstorbahnhof<br />

7.5. Münster Gleis 22 | www.prknet.de | www.popversammlung.de<br />

7.4. Köln Luxor | 8.4. Oberhausen Zentrum Altenberg | 10.4. Berlin Tempodrom<br />

11.4. Hamburg Knust | 12.4. Hannover Musikzentrum | 13.4. Münster Sputnik Café<br />

14.4. Frankfurt Brotfabrik | 15.4. CH - Schaffhausen Kammgarn | 16.4. Stuttgart Universum<br />

3.7. Rudolstadt Festival | support: Tony Furtado | www.prknet.de | www.sethlakeman.co.uk


The Vaccines<br />

What did you expect from<br />

The Vaccines?<br />

INDIEPOP<br />

Sony<br />

Music<br />

4//<br />

Wenn es nach den Engländern geht, kommt<br />

2011 Britrock zurück, und mit The Vaccines<br />

hat die Musikpresse auch schon die<br />

spannendsten Newcomer ausgemacht. Das<br />

Londoner Quartett klingt, als hätte Phil<br />

Spector eine Punkband produziert, nachdem<br />

er eine Überdosis Glasvegas abgekriegt<br />

hat. Tatsächlich haben sie neben<br />

der Vorabsinglehymne „Post break-up<br />

Sex“ noch viele weitere Hits auf ihrem<br />

Debüt zu bieten, die mitunter wie etwa<br />

„Wreckin’ Bar (Ra Ra Ra)“ in weniger als<br />

zwei Minuten auf simple, aber unmissverständliche<br />

Art und Weise zur Sache kommen.<br />

Einziges Problem sind ihre Texte,<br />

die oft üblen Bierzelt-Chauvinismus verbreiten:<br />

„Her mind’s made up, she don’t<br />

wanna go steady, she’s only 17, so she’s<br />

probably not ready.“ Aber Intelligenz war<br />

ja noch nie eine Stärke von Britrock. (cs)<br />

The Strokes<br />

Angles<br />

INDIEROCK<br />

Sony<br />

Music<br />

4//<br />

Aufs vierte Strokes-Album wartet die Welt<br />

nicht erst seit gestern. Jetzt darf man sich<br />

nur nicht von der langweiligen Vorabsingle<br />

„Under Cover of Darkness“ täuschen<br />

lassen, die klingt, als wollten die<br />

Strokes mit viel zu glatter Produktion zurück<br />

zum eigenen Debüt. Nach mehr als<br />

fünf Jahren Plattenpause haben sie nämlich<br />

doch ein paar Überraschungen im<br />

Angebot: „Macchu Picchu“ eröffnet mit<br />

Reggaedisco, bei „Two kind of Happiness“<br />

zitieren sie schmonzigen 80er-Mainstreampop<br />

à la Bryan Adams, „You’re so right“<br />

kombiniert zerschossenen Gesang mit<br />

einem Hardrockgitarrensolo, und „Games“<br />

wäre auf den letzten New-Order-Alben<br />

nicht aufgefallen. Der Rest ist zwar bekannt,<br />

trotzdem aber besser als zuletzt bei<br />

„First Impressions of Earth“. Doch wenn<br />

Julian Casablancas nicht wie Klaus Meine<br />

enden will, sollte er einen Stilberater<br />

engagieren. (cs)<br />

21.05.2011<br />

22.05.2011<br />

24.05.2011<br />

25.05.2011<br />

27.05.2011<br />

28.05.2011<br />

29.05.2011<br />

31.05.2011<br />

01.06.2011<br />

03.06.2011<br />

05.06.2011<br />

Pop, Rock + Dance // platten 65<br />

Thousands<br />

The Sound of Everything<br />

FOLK<br />

Cooperative<br />

Music<br />

Der Titel ist hier Programm: Das Duo aus<br />

Seattle, Kristian Garrard und Luke Bergman,<br />

reiste von Ort zu Ort und nahm im<br />

Freien, in alten Farmhäusern und Scheunen<br />

auf. „The Sound of Everything“: Das<br />

bedeutet hier neben Akustikgitarren und<br />

Stimmen auch Vogelgezwitscher, Wind<br />

und andere Naturgeräusche. Der Pressezettel<br />

vergleicht die simplen Folksongs der<br />

beiden mit Größen wie Simon & Garfunkel<br />

oder den Fleet Foxes, doch den Zauber<br />

deren Songs können Thousands leider<br />

nicht entfachen. Weder die Melancholie<br />

noch das Hymnische gelingt ihnen – Thousands<br />

sind, im wahrsten Sinne des Wortes,<br />

down to earth und nicht sehr spektakulär.<br />

Wer sich aber an Folk nicht satthören kann,<br />

der wird sicherlich auch an „The Sound of<br />

Everything“ seine Freude haben. (kat)<br />

Bad Segeberg<br />

Bad Segeberg<br />

Hannover<br />

Dortmund<br />

Ferropolis<br />

Berlin<br />

Magdeburg<br />

Mannheim<br />

Oberhausen<br />

Köln<br />

Bremen<br />

Tommy Emmanuel<br />

Little by little<br />

ACOUSTIC<br />

Rough<br />

Trade<br />

3// 5//<br />

16.06.2011<br />

17.06.2011<br />

18.06.2011<br />

20.06.2011<br />

21.06.2011<br />

22.06.2011<br />

24.06.2011<br />

25.06.2011<br />

Jetzt Tickets sichern!<br />

Karten unter 01805 - 969 00 00 * , www.ticketmaster.de und an allen<br />

bekannten Vorverkaufsstellen. *€0,14/Min., Mobilfunktarife max. € 0,42/Min.<br />

Fast ein wenig zu perfekt kommt Tommy<br />

Emmanuels Gitarrenspiel daher, doch<br />

seine kompromisslose Hingabe zum<br />

Instrument und zur schönen Songstruktur<br />

macht ihn zum Perfektionisten mit Seele.<br />

Von gutinformierten Gitarristen vergöttert,<br />

von der Kritik respektiert, scheint Emmanuel<br />

nur einen Makel zu haben: Er ist<br />

Australier und hat mithin ein schlechteres<br />

Standing im Geschäft, auch wenn er das<br />

„Smokey Mountain Lullaby“ lockerer aus<br />

dem Gelenk schüttelt als dessen Schöpfer<br />

Chet Atkins selbst. Emmanuels Finger<br />

tanzen souverän zwischen dem historisierenden<br />

Parloursound einer 34er Gibson<br />

Kalamazoo und dem klar definierten<br />

Klang neuer Maton- und Larriveegitarren.<br />

Und auf einmal steht die Bühne des Grand<br />

Ole Opry mitten im staubigen Outback,<br />

als hätte es Nashville nie gegeben. (ron)<br />

Wiesbaden<br />

Halle (Westf.)<br />

Ludwigslust<br />

Stuttgart<br />

München<br />

Nürnberg<br />

Erfurt<br />

Dresden<br />

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www.maffay.de<br />

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PAUL<br />

SIMON<br />

So Beautiful or So What<br />

„Dieses außergewöhnliche, wohldurchdachte, oftmals<br />

fröhliche Album vedient es, als eine von Paul Simons<br />

feinsten musikalischen Leistungen anerkannt zu<br />

werden.“<br />

ELVIS COSTELLO<br />

„... es ist locker sein bestes Album seit ‚Graceland‘.“<br />

ROBERT HILBURN, POPMUSIKKRITIKER DER<br />

LOS ANGELES TIMES<br />

CD 0888072328143 – CD/DVD 0888072328365<br />

www.paulsimon.de<br />

66 platten // Pop, Rock + Dance<br />

William Fitzsimmons<br />

Gold in the Shadow<br />

SONGWRITER-<br />

FOLK<br />

Rough<br />

Trade<br />

„My legs all felt like I haven’t stood in<br />

years“: William Fitzsimmons, singender<br />

Psychotherapeut aus Pittsburgh, weiß<br />

Seelenqualen in Songs und Sätze zu gießen,<br />

die den dunklen Punkt treffen. Nun<br />

zeigt er erstmals, dass er auch Optimist<br />

sein kann. Verarbeitete er auf dem traurigen<br />

Vorgänger noch seine Scheidung,<br />

basieren die neuen Songs auf wissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen über psychopathologische<br />

Störungen und ihrer Heilung.<br />

„Beautiful girl, you will get better“,<br />

tröstet er mit Samtstimme und filigranem<br />

Folk, „The Winter from her Leaving“ ist<br />

fast schon beschwingt für seine Verhältnisse,<br />

und die schmerzhafte Eindringlichkeit<br />

von „Psychasthenia“ wird von dezenten,<br />

elektronischen Fragmenten aufgelokkert.<br />

Diese Hoffnungsschimmer machen<br />

Fitzsimmons’ Filigranfolk noch wunderschöner.<br />

(kat)<br />

William The Contractor<br />

Tall Stories<br />

INDIEFOLK<br />

Broken<br />

Silence<br />

Er stellt gerne mal Videos online, in de–<br />

nen er sich in der Nase bohrt, und liebt<br />

schlüpfrige Songtexte – doch wenn man<br />

William The Contractor im Interview vor<br />

sich sitzen hat, wirkt er wie ein schüchterner<br />

Eigenbrötler. Markus Bergqvist zeigt<br />

auch sonst Ansätze von Schizophrenie: Er<br />

ist Multiinstrumentalist, bei den Stompin<br />

Souls schrubbte er die Gitarre, und als<br />

Drummer bei Friska Viljor treibt er den<br />

Muppetssound der Spaßtruppe voran. Als<br />

Solokünstler schlägt Bergqvist eher leisere<br />

Töne an, was vor allem daran liegt, dass<br />

er mit dem Songschreiben ernsthaft erst<br />

nach dem Tod seines Vaters anfing. Inzwischen<br />

hat er seine Mitte (wieder)gefunden.<br />

Auf seinem Debüt mischt er<br />

Akustikgitarre mit schwungvollen Chören,<br />

Banjoklänge mit Glockenspiel und melancholische<br />

Songs mit Albernheiten. Doch<br />

der Weg aus dem Schatten seiner großen<br />

Mitmusiker wird sicher kein leichter. (es)<br />

kulturnews 4/11<br />

5//<br />

4//<br />

Within Temptation<br />

The Unforgiving<br />

SYMPHONIC<br />

METAL<br />

Sony<br />

Music<br />

Within Temptation haben sich in den 15<br />

Jahren seit ihrer Gründung zu einer der<br />

erfolgreichsten Düsterbands der Niederlande<br />

entwickelt. Das Rezept dafür ist<br />

relativ simpel: eine Sängerin mit glockenheller<br />

Stimme, treibende Metalriffs, groß<br />

angelegte Harmonien und ein überbordendes<br />

(synthetisches) Orchester. Diesen<br />

eingängigen Mix pflegt das Sextett um<br />

Sharon den Adel auch auf seinem neuesten<br />

Album. Doch „The Unforgiving“ ist<br />

bei weitem nicht so rockig wie der Vorgänger<br />

„The Heart of everything“, das<br />

Gitarrist Robert Westerholt als „das perfekte<br />

Album“ beschreibt. Da man dieses<br />

nicht einfach wiederholen wollte, musste<br />

ein anderer Sound her. Statt krachenden<br />

Gitarren dominiert nun hymnischer, ex–<br />

trem dicht arrangierter Gothic Metal, me–<br />

lodramatisch bis ins Detail und mit starkem<br />

Popappeal. Eine stringente Weiterentwicklung,<br />

die den Erfolg der Holländer<br />

nur noch weiter beflügeln dürfte. (es)<br />

Yelle<br />

Safari Disco Club<br />

INDIEELECTRO<br />

Universal<br />

4//<br />

5//<br />

Als Yelle vor vier Jahren ihr Debüt veröffentlichten,<br />

interessierte sich zunächst<br />

niemand für das Elektropoptrio um Sängerin<br />

Julie Budet. Doch dann eroberte die<br />

Single „Je veux te voir“ die Clubs, man<br />

tauschte Coverversionen mit Robyn, und<br />

Budet sang auf dem Crookers-Album mit.<br />

Kein Wunder also, dass Hipster Yelles<br />

zweites Album bereits vorab zum Großereignis<br />

erklärten. Zu recht: Die Franzosen<br />

setzen erneut auf infantile Beats, eingängige<br />

Melodien und Budets niedliche<br />

Sexiness. Doch sie ruhen sich nicht auf<br />

den vielen sicheren Hits aus. Im Vergleich<br />

zum Debüt hat der Nachfolger auch dunkle<br />

Untertöne zu bieten: „Unillusion“ wird<br />

von kalten Minimalbeats unterwandert,<br />

auch bei „Mon Pays“ knistern die Synthies<br />

unheilvoll, und wer Französisch versteht,<br />

wird über die Texte stolpern, in denen es<br />

fast immer um Herzscheiße geht. (cs)


Clueso<br />

An und für sich<br />

DEUTSCHPOP<br />

Sony<br />

Music<br />

Gewöhnungsbedürftig – das ist im Musikalischen<br />

nicht zwangsläufig ein Schimpfwort,<br />

sondern oft sogar ein Qualitätsmerkmal.<br />

Cluesos vierter Streich ist auf jeden<br />

Fall gewöhnungsbedürftig. Der Erfurter Gefühlsmensch<br />

entdeckt 2011 seine elektronische<br />

Seite. Nun wird er zwar nicht zum<br />

Discopopper, doch das Sirren und Flirren<br />

in seinen Songs ist neu, die blubbernden<br />

Beats eines ewig langen Outros wie in „Die<br />

Straßen sind neu“ oder „Herz“ verwundern.<br />

Und erstaunen selbst dann noch, wenn<br />

man längst erkannt hat, wie schön und<br />

stimmig dieses Album ist. (kab)<br />

Duffhuës<br />

Among the Ruins<br />

Pop, Rock + Dance // platten 67<br />

SINGER/<br />

SONGWRITER<br />

Cargo<br />

Das Schreiben guter Songs erfordert zweierlei:<br />

musikalische Begabung und das Talent,<br />

schön zu texten. Was ersteres angeht, muss<br />

man sich um Niels Duffhuës nicht sorgen.<br />

Denn er hat traumverlorene Folksongs im<br />

Gepäck, die viel Raum für Trauer böten,<br />

aber auch für Hoffnung. Stil- und Tempowechsel<br />

hat er drauf, technisch ist „Among<br />

the ruins“ einwandfrei. Doch es fehlt das<br />

Herz. Die Texte oszillieren irgendwo zwischen<br />

sinnfrei und aus der Biografie von Tom<br />

Waits abgeschrieben, und die gelangweilte<br />

Art des Vortrags legt den Verdacht nahe,<br />

dass ihn die Phrasen selbst nicht interessie–<br />

ren. Alles wirkt fadenscheinig – auf traurig<br />

macht man eben nicht, traurig ist man. (lan)<br />

Duran Duran<br />

All you need is now<br />

SYNTHIEPOP<br />

Edel<br />

5//<br />

2//<br />

5//<br />

In den 80ern litten Duran Duran darunter,<br />

stets nur auf ihre Frisuren und Klamotten<br />

reduziert zu werden. Dabei waren sie nicht<br />

nur eine der erfolgreichsten, sondern auch<br />

musikalisch besten Bands der Dekade. Mit<br />

den 90ern begann der langsame Abstieg,<br />

und jetzt, 2011, fragt man sich: Brauchen<br />

wir wirklich ein neues Duran-Duran-Album?<br />

Die Band hat sich für diese – wie sie selber<br />

sagt – „letzte Chance“ mit dem Wunderproduzenten<br />

Mark Ronson zusammengetan.<br />

Und Ronson gelingt das Kunststück,<br />

den klassischen Sound der frühen Alben<br />

auf technisch neuesten Stand zu bringen,<br />

ohne dabei die Identität der Band zu verwässern.<br />

Dieses zweifellos beste Album<br />

seit über 20 Jahren klingt bis auf wenige<br />

Ausreißer wie eine direkte Fortsetzung der<br />

Meisterwerke „Rio“ und „Seven and the<br />

ragged Tiger“. Duran Duran zeigen, dass<br />

sie den 80er-Comebackern O.M.D.,<br />

Human League und Gang Of Four nicht<br />

kampflos das Feld überlassen wollen. Ein<br />

echtes Ausrufezeichen. (am)<br />

Howe Gelb & A Band Of Gypsies<br />

Alegrías<br />

FLAMENCO-<br />

FOLK<br />

Cargo<br />

4//<br />

Giant-Sand-Chef Howe Gelb denkt in Projekten.<br />

Zuletzt arbeitete er mit einem kanadischen<br />

Gospelchor zusammen, jetzt<br />

sind es Flamencomusiker. Erbebnis: Gelb<br />

schafft es, Songs aus unterschiedlichsten<br />

Schaffensphasen wie „Always Horses Coming“<br />

(„Ramp“, 1991), „Uneven Light of<br />

Day“ („Storm“, 1987) oder „The Hangin’<br />

Judge“ („Upside Down Home 2007 –<br />

Return to San Pedro“) in ein konzises Album<br />

zu packen. Gemeinsam mit dem Andalusier<br />

Raimundo Amador, der schon seit den<br />

80ern den Flamenco mit Jazz und Rock<br />

verschmitzt, und Fernando Vacas greift er<br />

in die Saiten und bringt die Hörer ins Grübeln:<br />

Was ist das jetzt, Desertrock, Folk,<br />

Flamenco? Allein das ursprünglich so<br />

schnelle und überschwängliche „Always<br />

Horses coming“ ist in Geschwindigkeit und<br />

Emphase so runtergedimmt, dass man es<br />

kaum wiedererkennt. Als Fazit kann man<br />

sagen: Gelb bedient sich zunehmend fremder<br />

Hilfe, um seine zum Teil genialen, aber<br />

oft rüde arrangierten Songs in bessere Kleider<br />

zu stecken. „Alegrias“ ist so nach „Sno<br />

Angel like you“ das zweite Album des Nischenmusikers,<br />

das die Nische verlässt. (jw)<br />

kulturnews 4/11<br />

30.04.11 Rust<br />

06.05.11 Rottweil<br />

07.05.11 Gronau<br />

28.05.11 Berlin<br />

OPEN AIR 2011<br />

Die Pop-Klassik Sensation<br />

19.06.11 HEPPENHEIM<br />

25.06.11 SÖGEL<br />

08.07.11 HEILBRONN<br />

16.07.11 ALZENAU<br />

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12.06.11 Eilenburg<br />

16.07.11 Salzgitter<br />

26.08.11 Nideggen<br />

27.08.11 Bochum<br />

02.06.11 KÖLN 04.06.11 BERLIN<br />

03.06.11 HAMBURG 05.06.11 MÜNCHEN<br />

Live mit Orchester und Band<br />

17.07.11 ULM<br />

12.08.11 SCHWERIN<br />

13.08.11 HALLE (SAALE)<br />

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TICKETS AN ALLEN BEKANNTEN VORVERKAUFSSTELLEN<br />

WWW.LIVE-LEGEND.DE<br />

AUSVERKAUFT!


68 platten // Pop, Rock + Dance<br />

Joe Bonamassa<br />

Dust Bowl<br />

BLUESROCK<br />

Rough<br />

Trade<br />

Ob Country, Hardrock oder Shuffle: Am<br />

Ende zählt ja doch immer die Nettospielzeit<br />

des Gitarrensolos. Je trittsicherer die<br />

Riffarbeit, umso eher verzeiht der Bluespurist<br />

seinem Saitenhelden dessen stilistischen<br />

Experimente. Neben Derek Trucks<br />

ist Joe Bonamassa sicherlich zurzeit der<br />

Gitarrist, der sich in dieser Hinsicht die<br />

größten Extravaganzen ungestraft erlauben<br />

kann. Ob das Geschredder mit Glen Hughes<br />

bei der Black Country Communion oder<br />

das Country- und Folkgeschrubbe mit John<br />

Hiatt: Bonamassa leiht locker lächelnd<br />

allen sich dafür anbietenden Stilen sein<br />

prägnantes Bluesbranding mit sattem Gain,<br />

kraftvollem Bending und ohne Scheu vor<br />

dem Spiel mit klischeebehafteten Skalen.<br />

Anspieltipp, insbesondere für Ledzepper:<br />

„Black Lung Heartache“. (ron)<br />

Lenka<br />

Two<br />

GIRLPOP<br />

Sony<br />

Music<br />

Lenka kann es einfach nicht. Also, das<br />

mit dem Unglücklichsein und Jammern.<br />

Selbst düstere Gedanken – von denen die<br />

in den USA lebende Australierin aber anscheinend<br />

ohnehin nicht übermäßig verfolgt<br />

wird – verpackt Lenka in luftiges<br />

Klingeling, in rosarote Popzuckerl. Das<br />

muss man erst mal schlucken, so viel<br />

gute Laune. Wer Pop aber auch ohne<br />

Ironie, ohne Melancholie, ohne Uneigentlichkeit<br />

verträgt, findet in „Two“ ein feines<br />

Funkelsteinchen. Musikalisch schreckt<br />

Lenka vor nichts zurück, das sich ihrem<br />

Optimismus unterwerfen lässt, ob Rock<br />

oder glitzernder Discobeat. Doch auch die<br />

Glockenspiele, der Drehorgelmann und<br />

das Klimperklavier vom Debüt dürfen dem<br />

neuen Album nicht fehlen. Für Menschen,<br />

die Kate Nash und Lili Allen auch dann<br />

noch mögen würden, wenn sie nette<br />

Mädchen wären. (kab)<br />

kulturnews 4/11<br />

4//<br />

4//<br />

The Sounds<br />

Something to die for<br />

ELEKTROROCK<br />

Cargo<br />

Ihr Credo wird bereits im ersten Stück<br />

deutlich: „You gotta seize the moment before<br />

it’s gone.“ So weit, so abgedroschen.<br />

Doch wo früher trockene Drums und Gitarren<br />

die Parolen einer postadoleszenten<br />

„Fuck you“-Attitüde begleiteten, stehen<br />

heute Türme aus Synthesizern und schaffen<br />

eine elektronische Klangwelt, die sich<br />

auf „Crossing the Rubicon“ bereits andeutete.<br />

In einer Gesellschaft zwischen Anonymität<br />

und allumfassender Vernetzung<br />

fordern The Sounds Tanz statt Rebellion<br />

und behaupten einen Hedonismus, dem<br />

es allerdings nicht gelingt, die Dynamik<br />

und Rohheit ihres grandiosen Albums<br />

„Dying to say this to you“ zu erreichen.<br />

Haben die Schweden ausrebelliert? Ausgeflucht?„Something<br />

to die for“ imitiert<br />

die große Geste – und lässt Fans der ersten<br />

Stunde mit dem unerfüllten Wunsch<br />

nach Auflehnung zurück. (lan)<br />

Zodiac Free Arts Club<br />

Floating World<br />

ELEKTRONIKA<br />

Groove<br />

Attack<br />

3//<br />

4//<br />

2010 traf der Danceproduzent Argy aus<br />

Berlin die Gitarrenlegende Manuel Göttsching<br />

(Ashra, Ash Ra Tempel), und das<br />

hatte Folgen: Seine sphärischen Schwebungen,<br />

Klangpatterns, Sequenzen und<br />

das analoge Flair greifen die Stilistik deutscher<br />

Elektronik der 70er auf – und betrachten<br />

sie mit den Augen desjenigen,<br />

der all die Clubtrends der vergangenen<br />

zehn Jahre intus hat, von Ambient bis<br />

Trance. So erleben wir lauter Déjà-vus,<br />

Manuel Göttsching, Tangerine Dream<br />

Klaus Schulze – kurz: die klassischen<br />

Helden der Krautelektronik – klingen an.<br />

Vor lauter zitierenden Verbeugungen versäumt<br />

es der 25-jährige Berliner Grieche<br />

allerdings, seine eigene Künstlerpersönlichkeit<br />

deutlicher herauszuarbeiten. Kann<br />

er nur Mimikry oder auch selbst Musik?<br />

Ein Hörvergnügen ist sein Album dennoch.<br />

(mw)


Jazzplatte des Monats<br />

Tied & Tickled Trio<br />

La Place Demon<br />

AMBIENTJAZZ<br />

Indigo<br />

Der Dämon des französischen Mathematikers Laplace, den der Albumtitel bemüht,<br />

steht für die deterministische Anschauung, dass man, wenn man die Gegenwart komplett<br />

kennen würde, eine präzise Zukunft voraussagen könnte. Dagegen stehen nicht<br />

nur Erkenntnisse der Quantenmechanik, sondern auch die Musik des Tied & Tickled<br />

Trios, deren eindringlichstes Kennzeichen die Unberechenbarkeit ist. Sämtliche Sequenzen,<br />

selbst statische Klangfelder, sind mit einem derart organischen und iro–<br />

nischen Entwicklungsfuror ausgestattet, dass allzeit alles möglich ist. Was mal nach<br />

einem gespenstischen Soundtrack klingt, kann in der nächsten Sequenz bereits Hard<br />

Bop oder Cool Jazz sein und sich schließlich im Free Jazz entladen.<br />

Spannungsgeladene Soundkonstruktionen sowie exzellente Instrumentalisten zeichnen<br />

dieses Album aus. Neben den Notwist-Machern Markus und Micha Acher wirken<br />

mit: Caspar Brandner (perc), Johannes Enders (ts), Ulrich Wangenheim (bcl)<br />

sowie als Ehrengast der Schlagzeuger Billy Hart. (jan)<br />

Mathias Eick<br />

Skala<br />

Jazz + Classics // platten 69<br />

-Bewertung<br />

POPJAZZ<br />

Universal<br />

5//<br />

Werden wir irgendwann einmal genug<br />

haben von dieser spröden Schönheit kirchentonartiger<br />

Mollskalen, die sich um<br />

klar definierte Rhythmusstrukturen winden<br />

und aufwallen und verebben in organischer<br />

Ewigkeit? Der norwegische Trompeter<br />

und Multiinstrumentalist Mathias<br />

Eick ist einer jener feinfühligen Menschen,<br />

die uns Musik schenken für Momente, in<br />

denen wir die Tür hinter der lauten Welt<br />

leise ins Schloss fallen lassen. Nicht wenn<br />

wir frustriert, melancholisch oder gestresst<br />

sind, sondern nach Tagen, an denen wir<br />

produktiv waren und im besten Sinne<br />

ausgepowert sind. Dann braucht das Herz<br />

ein gut eingestelltes Ventil, um mit der<br />

Seele in Einklang zu kommen. Jan Garbarek<br />

hat diesen therapeutischen Faktor, Terje<br />

Rypdal auch – und eben Mathias Eick, in<br />

dessen Soundkissen man sich blindlings<br />

sinken lassen kann, ohne Angst vor harten<br />

Landungen, dafür mit äußerst wohltuenden<br />

akustischen Freifallerlebnissen, die<br />

ohne jede liebesdienerische Poppeinlichkeit<br />

auskommen. Schwer, davon je genug<br />

zu haben. (ron)<br />

5//<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

Henning Sieverts<br />

Four Tenors<br />

MODERN<br />

JAZZ<br />

Rough<br />

Trade<br />

4//<br />

Die vier Tenöre, die hier gemeinsam „singen“,<br />

sind zum Glück ausgezeichnete<br />

Saxofonisten und nicht die üblichen Sangesbrüder<br />

popgängiger Klassik. Ihr CD-<br />

Titel variiert die Überschriften bekannter<br />

Jazzstandards wie „Four“ (Miles Davis),<br />

„Four Brothers“ (Woody Herman) oder<br />

„Four Mothers“ (Jimmy Giuffre), obwohl<br />

es insgesamt sieben Mitwirkende gibt. Da<br />

die vier Tenoristen Till Martin, Jason Seizer,<br />

Hugo Siegmeth und Ulrich Wangenheim<br />

auch Multiinstrumentalisten sind, entsteht<br />

eine farbenreiche, orchestral reiche Sammlung<br />

von elf Titeln, komponiert und arrangiert<br />

vom Bassisten Henning Sieverts<br />

(außer Duke Ellingtons „The Mooch“). Die<br />

zahlreichen Soli der Tenöre – man spielt<br />

auch Sopransax, Flöte, Klarinette, Bassklarinette<br />

und Cello – stehen in bester<br />

Modern-Jazz-Tradition und werden von<br />

einer ebenso traditionsbewussten Rhythmusgruppe<br />

(Christian Elsässer am Piano,<br />

Bastian Jütte am Schlagzeug) kraftvoll<br />

begleitet. (jn)<br />

kulturnews 4/11


HBlue Note<br />

Highlights<br />

WILLIE NELSON /<br />

WYNTON MARSALIS<br />

FEATURING NORAH JONES<br />

„HERE WE GO AGAIN“<br />

CELEBRATING THE GENIUS OF<br />

RAY CHARLES<br />

Drei Superstars unterschiedlichster musikalischer<br />

Herkunft setzen hier dem Genie<br />

Ray Charles gemeinsam ein wahres musikalisches<br />

Denkmal. Ein einzigartiges Konzerterlebnis!<br />

AVISHAI COHEN<br />

„SEVEN SEAS“<br />

Bestes und vielseitigstes Album des israelischen<br />

Bassisten und Soundmagiers<br />

Avishai Cohen! Nr. 1 der französischen<br />

Jazz-Charts.<br />

Konzerte: 06.04. Dortmund / 24.06. Berlin<br />

JOE LOVANO<br />

„BIRD SONGS“<br />

Joe Lovano interpretiert die Kompositionen<br />

von Charlie Parker auf seine ureigenste Art<br />

und Weise und haucht ihnen gleichzeitig<br />

neues Leben ein. Ein Meisterwerk!<br />

AMBROSE AKINMUSIRE<br />

„WHEN THE HEART EMERGES<br />

GLISTENING“ AB 29.04. IM HANDEL!<br />

Sensationelles Blue Note Debütalbum des<br />

ehemaligen Trompeters von Steve Colemans<br />

Five Elements. Featuring Jason Moran &<br />

Gerald Clayton.<br />

Konzerte: 7.5. Fribourg / 9.5. Muri / 10.5.<br />

Berlin / 11.5. Bremen / 12.5. München<br />

Immer auf dem Laufenden sein?<br />

Blue Note Newsletter Abo auf www.bluenote.de<br />

H<br />

70 platten // Jazz + Classics<br />

Wolfgang Muthspiel /<br />

Andy Scherrer /<br />

Larry Grenadier<br />

Drumfree<br />

GITARREN<br />

JAZZ<br />

Harmonia<br />

Mundi<br />

Ohne Drummer arbeitende Jazzensembles<br />

verlangen sich selbst ebenso viel ab wie<br />

ihrem Publikum: Die Musiker müssen<br />

hochkonzentriert und mit bedingungsloser<br />

Disziplin eine dynamische Spannung aufbauen,<br />

die im Ohr des nicht weniger hochkonzentrierten<br />

Zuhörers trotzdem nicht<br />

krampfen darf. Swing und Groove soll’s<br />

haben, auch ohne Besen, Beats und Becken.<br />

In Improvisationsphasen will niemand<br />

den Faden verlieren, weder am Instrument<br />

noch im Publikum. Wolfgang Muthspiel<br />

hat seine „Drumfree“-Kompositionen so<br />

kalibriert, dass selbst die Pausen noch die<br />

Dynamik stützen. Andy Scherrer changiert<br />

zwischen luftreichem, mächtigem Baritonspiel<br />

und lyrischer Sopranfinesse, die immer<br />

dann am berührendsten ist, wenn<br />

Muthspiel zum Akustikinstrument greift.<br />

Verstärkt hält der Österreicher elegant das<br />

Swingerbe von Joe Pass lebendig, wobei<br />

Larry Grenadiers Bassspiel dem Trio so viel<br />

Stütze gibt, dass hier der Drummer regelrecht<br />

fehl am Platz wäre. (ron)<br />

Vinicius Cantuária / Bill Frisell<br />

Lagrimas Mexicanas<br />

BRASILJAZZ<br />

Indigo<br />

Bill Frisell pflegt einen gänzlich anderen<br />

Blick auf die Welt als etwa Ry Cooder,<br />

dessen Name sich indes aufdrängt beim<br />

ersten Hören der „Lagrimas Mexicanas“.<br />

Was wäre wohl dabei herausgekommen,<br />

wenn der forsche Soundkolonialist Cooder<br />

mit dem Brasilianer Cantuária die Klingen<br />

gekreuzt hätte – eine Cooder-Produktion,<br />

klar. Nun hat aber zum einen Vinicius Cantuária<br />

selbst seine Fühler so weit in alle<br />

Spielarten des Pop ausgestreckt, dass er<br />

sich kaum noch von einem Übervater in<br />

ein Schema pressen ließe. Und zum anderen<br />

ist Bill Frisell ein leiser,<br />

beobachtender Partner, der seine gewohnt<br />

minimalistischen Akzente setzt und lieber<br />

einmal zwei Takte lang eine leere Saite<br />

mitschwingen lässt, als zum dicken<br />

kulturnews 4/11<br />

5//<br />

5//<br />

Akkordstempel zu greifen. Ergebnis dieser<br />

bedingungslosen Zusammenarbeit: eine<br />

bezaubernde Transparenz. Federnd leicht<br />

bearbeiten Frisell und Cantuária die traditionellen<br />

Klangtableaus des südamerikanischen<br />

Subkontinents, und Stücke wie der<br />

Titeltrack haben gar radiotaugliches<br />

Hitpotenzial. (ron)<br />

Ebo Taylor<br />

Life Stories<br />

AFROJAZZ<br />

Alive<br />

Die beiden CDs kompilieren Titel der kreativen<br />

Ära zwischen 1973 und 1980 im<br />

Leben des Gitarristen Ebo Taylor aus Ghana.<br />

Dort explodierten in den 50er- und 60er-<br />

Jahren die „Highlife“ genannten Musikstile<br />

im schicken westlichen Rock-Pop-Big-Band-<br />

Arrangement. Sie sind reich an afrikanischen,<br />

insbesondere ghanaischen Elementen,<br />

aber durchweg auch von Jazz, Soul<br />

und Funk geprägt, wie man zum Beispiel<br />

im 15-minütigen Titel „Aba Yaa“ vernehmen<br />

kann. Der hörenswerte Ausflug in die<br />

nach modernen Studiomaßstäben gelegentlich<br />

herb und verstimmt klingende afrikanische<br />

Lo-Fi-Musik der 1970er-Jahre hat<br />

hohen nostalgischen Wert, der durch die<br />

parallel erscheinende Doppel-LP noch<br />

zusätzlich betont wird. (jn)<br />

Francesco Tristano<br />

BachCage<br />

KLAVIER-<br />

KONZERT<br />

Universal<br />

Classics<br />

4//<br />

4//<br />

Der 29-jährige gebürtige Luxemburger<br />

Francesco Tristano hat eine interessante<br />

Zusammenstellung bedeutender Klavierwerke<br />

von Bach, eigenen Zwischenspielen<br />

und Werken von John Cage produziert. Cages<br />

Klavierpräparationstechnik hat Tristano<br />

durch elektronische Nachbearbeitung ersetzt.<br />

Die 1. Partita B-Dur spielt er überzeugend<br />

dynamisch und ebenso wie Bachs Duette<br />

BWV 802-805 erfrischend lebendig. Auch<br />

Cages „In A Landscape“ (1948) und „The<br />

Seasons“ (1947) werden durch einen sehr<br />

persönlichen spielerischen Eigencharakter<br />

geprägt. Wer an einer Verbindung von Alt<br />

und Neu Spaß hat, wird auf Tristanos CD<br />

interessante Entdeckungen machen. (jn)


Amarcord Wien<br />

Bon Voyage<br />

TANGOSWING<br />

Harmonia<br />

Mundi<br />

„Amarcord“ soll als altes italienisches Dialektwort<br />

„Ich erinnere mich“ bedeuten.<br />

Sebastian Gürtler (Violine, Stimme), Tommaso<br />

Huber (Akkordeon), Michael Williams<br />

(Cello) und Gerhard Muthspiel (Bass) erinnern<br />

sich in unnachahmlich swingender<br />

Weise an Wiener Lieder, Tangos und klassische<br />

Stücke von Debussy, die sie in absolut<br />

sicherer und unterschiedlichster Stilistik<br />

darbieten. Erstaunlich, wie lebendig<br />

und tanzbar alles klingt: von Gardel-Piazzolla-Tangos<br />

über jazzige Ipanema-Mädchen<br />

bis zum Schrammler „Der Herrgott<br />

und die Geig’n“, das Gürtler dichtete und<br />

komponierte. Sein Resümee: „Drum, liabe<br />

Leit, die Moral von der G’schicht: Könnt’s<br />

ihr gut geigen, so fürchtet euch nicht!<br />

HALLO!!“ Fürchten braucht man sich beim<br />

Anhören dieser CD wirklich nicht: Toll gespielte<br />

Musik – aber hallo! (jn)<br />

Nguyên Lê<br />

Songs of Freedom<br />

Jazz + Classics // platten 71<br />

WORLDJAZZ<br />

Edel<br />

5//<br />

5//<br />

Der 52-jährige Franzose hat seine vietnamesischen<br />

Wurzeln musikalisch stets betont.<br />

Diesmal ist diese exotische Färbung<br />

besonders interessant, denn Lê übt sich<br />

im Covern. Von „Eleanor Rigby“ über<br />

„Whole lotta Love“, Bob Marleys „Redemption<br />

Song“ (der den Albumtitel lieferte) bis<br />

zu „In a Gadda da Vida“ wird ein ganzer<br />

Kanon westlicher Klassiker mithilfe asiatischer<br />

Skalen und globaler Erfahrungen<br />

umgedeutet, vor allem atmosphärisch.<br />

Nguyên Lês Gitarrenton erinnert an die<br />

unterkühlte Räumlichkeit eines Terje Rypdal,<br />

hat also etwas von nordischer Strenge,<br />

nur dass er das Elegische stets schnell<br />

hinter sich lässt, um den Nuancen kristalliner<br />

Details nachzuspüren. Diverse Perkussionisten,<br />

Gaststimmen, Marimbas, Elektronik<br />

und Bässe sorgen für einen Klangraum,<br />

in dem die Gitarre gut eingehegt<br />

ist, ohne an Hall- und Freiraum einzubüßen.<br />

Und wie radikal Lê bisweilen durch<br />

seine eurasischen Neuarrangements zu<br />

neuen Songaussagen kommt, zeigt er bei<br />

Stevie Wonders „Pastime Paradise“ besonders<br />

gut: Aus dem übersprudelnden Agitpop<br />

des Originals macht er eine achtminütige<br />

Achterbahnfahrt düsterer Gefühle. (mw)<br />

Orchestre Poly-Rythmo<br />

Cotonou Club<br />

AFROJAZZ<br />

K7<br />

4//<br />

Viel ist passiert in Afrika in den letzten<br />

50 Jahren: Politisch vom Staatskolonialismus<br />

befreit und in den Konzernkolonialismus<br />

gezwungen, ökologisch verortet zwischen<br />

Nashornrettern und Öldieben, kulturell<br />

adoptiert von einer Elite, die „authentisch“<br />

ruft und immer noch „primitiv“<br />

meint. Die Gründungsmitglieder des Orchestre<br />

Poly-Rythmo können das alles beurteilen<br />

– sie spielten die fröhliche Begleitmusik<br />

zur Unabhängigkeit Benins, zur<br />

Vision eines demokratischen Marxismus-<br />

Leninismus und zur Entwicklung hin zu<br />

einem Staat, der zwar immer noch Voodoozauber<br />

kennt, aber auch Genitalverstümmelung<br />

unter Strafe stellt. Eine<br />

glückliche Fügung war das Interesse des<br />

französischen Radiojournalisten Elodie<br />

Maillot, der 2004 einen Teil der Originalbesetzung<br />

in Benin auftrieb. Und ausgerechnet<br />

in der Kapitale des einstigen Kolonialherren<br />

fand jene denkwürdige Reunion<br />

statt, die das Orchester bis ins New<br />

Yorker Lincoln Center führen sollte. Neugierig<br />

zogen die Beniner Senioren seither<br />

durch die Welt, ließen sich von Angelique<br />

Kidjo und Franz Ferdinand umwerben,<br />

ohne sich irgendwo anzubiedern. Roh<br />

und unbehauen kommt der Sound daher,<br />

wie aus einem Transistorradio, das fünf<br />

Sekunden vor dem finalen Batteriekollaps<br />

steht. Authentisch eben. (ron)<br />

Viktoria Tolstoy und Rigmor Gustafsson sind die<br />

nächsten Act-Künstler, denen je eine „Signature<br />

Edition“ (Edel) gewidmet wird. Die Doppel-CDs im<br />

Schuber enthalten von den Damen zusammengestellte<br />

Werkschauen plus Raritäten. // Shane<br />

MacGowans „Rakes, Rats, Pricks & Kicks“ (Soulfood)<br />

fasst das Schaffen des besten irischen<br />

Sängers der Gegenwart zusammen. // Greener<br />

Records ist ein Elektrolabel, dessen pseudoimpressionistischer<br />

Ambient auf „Landscapes of the<br />

Future“ (Airdrop) nicht latinesk klingt, sondern:<br />

unterkühlt, statisch, von pessimistischer Melancholie.<br />

// RMX heißt ein von Blank & Jones kuratierter<br />

Sampler, auf dem Depeche Mode Goldfrapp<br />

remixen oder O.M.D. Moby. Der Untertitel<br />

„Superstars remixed by Superstars“ ist zwar übertrieben,<br />

aber für die Clubannalen reicht’s dicke.<br />

kulturnews 4/11<br />

news from the north<br />

gefühlvoll nordischer vocal<br />

jazz mit lars danielsson<br />

und bugge wesseltoft:<br />

„wundervoll!“ (stern)<br />

caecilie norby<br />

arabesque<br />

ACT 9723-2<br />

das solo debüt des<br />

e.s.t. drummers ist<br />

„eine der berührendsten<br />

jazzrock-platten“ (welt)<br />

magnus öström<br />

thread of life<br />

ACT 9025-2<br />

„ein episches album:<br />

pohjola verlangt seinen<br />

zuhörern viel ab, gibt aber<br />

noch mehr zurück.“ (stern)<br />

verneri pohjola<br />

aurora<br />

ACT 9027-2<br />

„ein naturereignis an den<br />

tasten“ (jazzthing) mit einem<br />

meisterstück musikalischer<br />

heldenverehrung.<br />

iiro rantala<br />

lost heroes<br />

ACT 9504-2<br />

erhältlich im fachhandel und auf allen gängigen downloadportalen<br />

vertrieb: edel:kultur<br />

www.actmusic.com


Rasant,<br />

witzig und<br />

absurd<br />

Tote<br />

Finnen<br />

essen<br />

bjørn ingvaldsen<br />

keinen<br />

Fisch<br />

roman<br />

Deutsch von Christel Hildebrandt. KiWi 1206<br />

€ (D) 8,95 / € (A) 9,20 / sFr 14,50<br />

Auf der kleinen norwegischen<br />

Insel Hogna sind sich die Jung -<br />

gesellen einig: Frauen müssen her,<br />

und zwar so viele wie möglich.<br />

Ein Festival soll dabei helfen, und<br />

ein Zugpferd ist auch schnell<br />

gefunden: Robbie Williams!<br />

Der Megastar sagt tatsächlich zu,<br />

doch damit gehen die Probleme<br />

erst richtig los …<br />

www.kiwi-verlag.de<br />

72 bücher // Neue Literatur<br />

Thomas Glavinic<br />

Wovon der<br />

Autor träumt<br />

Thomas Glavinic lässt in seinem Roman<br />

„Lisa“ einen Mann über Gott und die Welt<br />

monologisieren und erzwingt die Frage:<br />

Wie viel Autor steckt darin?<br />

Seit Jahrzehnten treibt eine brutale Mörderin in ganz Europa<br />

ihr Unwesen: In Ungarn hat sie eine junge Frau mit<br />

ihren Haaren erwürgt, in Dänemark einem Lesbenpaar die<br />

Brüste mit der Kettensäge abgefräst, in Nantes einen Rentner<br />

in einem Topf gekocht. An mehr als zwanzig solcher<br />

perfiden Hinrichtungen ist die phantomhafte Mörderin vermutlich<br />

beteiligt gewesen – nun soll Tom ihr nächstes Op–<br />

fer werden.<br />

Zumindest glaubt Tom das. Denn nach einem Einbruch<br />

sind in seiner Wohnung DNA-Spuren der Unbekannten<br />

gefunden worden. In Panik flieht Tom mit seinem Sohn Alex<br />

in eine entlegene Berghütte, von wo aus er täglich per Webradio<br />

Bruchstücke seiner Geschichte erzählt. Dabei schweift<br />

er regelmäßig ab und schwingt sich auf zu Monologen über<br />

Sex, Liebe, Fußball, den Kunstbetrieb und vielem mehr, was<br />

kulturnews 4/11<br />

ihm assoziativ durch den Kopf fährt. „Ich komme mir vor<br />

wie Jack Nicholson in diesem Film, wo er durchdreht, allein<br />

im Hotel mit der Frau und dem Kind, nur dass hier<br />

heißer Sommer ist und keine Frau und ich nicht durchdrehe“,<br />

witzelt Tom und kann doch nicht verhindern, dass man<br />

zunehmend an seiner Authentizität zweifelt: Vielleicht ist<br />

der koksende und saufende Computerspieltester doch nur<br />

ein paranoider Spinner, der sich mit einer fingierten Opferstory<br />

aufspielen will …<br />

Die Spannung des Romans erwächst zum einen dadurch,<br />

dass sein österreichischer Autor Thomas Glavinic<br />

diesen Verdacht regelmäßig nährt, aber nie bestätigt. Zum<br />

anderen sind da Toms mal philosophische, mal stammtischhafte<br />

Monologe, die Glavinics achten Roman lesenswert<br />

machen. Denn in denen nimmt Glavinic immer wieder Bezug<br />

auf sich selbst, Zum Beispiel wenn Tom über Taxifah–<br />

rer lästert (Glavinic ist selbst mal einer gewesen) oder den<br />

Fußball kritisiert (Glavinic hat das in „Herr Susi“ bereits<br />

getan). Und so ist man bei „Lisa“ jederzeit versucht zu prüfen,<br />

wie viel des 38-jährigen Glavinic in Tom steckt. „Ich halte<br />

es zumindest für einigermaßen unwahrscheinlich, dass<br />

mich jemals etwas anderes als authentische Romane interessieren<br />

werden“, sagt Glavinic. „Ein Autor muss über<br />

das schreiben, was wichtig in ihm ist. Über das, wovon er<br />

schlecht träumt, über das, wovon er gern träumt, über das,<br />

wovon er gern träumen würde, über die großen Motive<br />

seines Lebens.“<br />

Wit authentisch „Lisa“ ist, will er dann aber doch nicht<br />

sagen. Macht’s nur noch spannender.<br />

Mark Heywinkel<br />

„Lisa“ ist bei Hanser erschienen.<br />

Foto: Thomas Pertramer


Sven Regener<br />

Meine Jahre mit Hamburg-Heiner<br />

Neue Literatur // bücher 73<br />

Buch des Monats<br />

TEXTE<br />

Galiani Berlin, 2011<br />

432 S.<br />

19,95 Euro<br />

Als Frontmann von Element Of Crime und<br />

Autor des Bestsellers „Herr Lehmann“ ist<br />

Sven Regener ein gern gelesener Gastschreiber:<br />

Zwischen 2005 und 2010<br />

wurde er wechselweise von Spiegel Online,<br />

der taz oder dem eigenen Promoter gebeten,<br />

seine Gedanken in Blogs festzuhalten.<br />

Und Regener machte beim öffentlichen<br />

Tagebuchführen mit, wenn auch wiederwillig:<br />

In den nun in einem Buch gesammelten<br />

Blogposts taucht immer wieder<br />

Hamburg-Heiner auf, weniger ein real existierender<br />

Bekannter Regeners als viel mehr<br />

sein Gewissen, mit dem er das Geschehen<br />

in der Blogosphäre und das eigene Geschreibe<br />

selbstironisch diskutiert. Das ist<br />

zum einen ein lustiger Zeitvertreib für<br />

zwischendurch, gewährt Regener-Anhängern<br />

gleichzeitig aber auch mit zahlreichen<br />

Illustrationen – beispielsweise von einem<br />

Dave Eggers<br />

Zeitoun<br />

SACHBUCH<br />

Aus d. Engl. v. Ulrike Wasel u. Klaus Timmermann<br />

Kiepenheuer & Witsch, 2011<br />

336 S., 19,95 Euro 5//<br />

Dave Eggers hat es wieder geschafft. Wie bereits in<br />

„Weit gegangen. Das Leben des Valentino Achak Deng“<br />

lässt er ein persönliches Schicksal von großen, umfassenden<br />

Missständen zeugen. Diesmal im Mittelpunkt:<br />

Das von Hurricane Katrina heimgesuchte New Orleans und die dort lebende syrischamerikanische<br />

Familie Zeitoun, deren Erinnerungen an die Geschehnisse die Grundlage<br />

für das Werk bilden. Der gleichermaßen arbeitsame wie sensible Familienvater<br />

Abdulrahman und seine liebevolle Frau Kathy ließen sich nichts zu Schulden kommen.<br />

Dennoch mussten sie während der Zeit der Katastrophe und ihrer Nachwirkungen<br />

sowohl von Natur- als auch von Staatsgewalt vieles erdulden. Und diese beiden Gewalten<br />

agieren ähnlich willkürlich. Ohne zu werten, ohne zu verurteilen oder künstlich<br />

zu dramatisieren, zeigt Eggers eine Stadt am Boden. Er zeigt Militär und Polizei<br />

zwischen Rat- und Gesetzlosigkeit, materielles sowie bürokratisches Chaos. Er zeigt<br />

Angst, Wut, Verzweiflung. Immer wieder flicht er retrospektive Passagen ein, die familiäre<br />

Umstände und Hintergründe erläutern und verleiht seinen Protagonisten somit<br />

große Tiefe. „Zeitoun“ ist ein Tatsachenbericht, der sich als ebenso fesselnder wie<br />

ergreifender Roman liest. Und man könnte einfach froh darüber sein – wenn nicht<br />

alles wirklich passiert wäre. (lan)<br />

-Bewertung<br />

4//<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

Bandtrip in die USA – einen intimen Einblick<br />

in das Leben des Künstlers. Konsequenterweise<br />

hätten auch die Blogkommentare<br />

mit in das Buch aufgenommen werden<br />

sollen. Doch denen hat Regener auch schon<br />

keine Beachtung geschenkt, als er noch<br />

täglich im Netz rumgehangen hat. (mh)<br />

Daniel Woodrell<br />

Winters Knochen<br />

ROMAN<br />

Aus d. Angl. v.<br />

Peter Torberg<br />

Liebeskind, 2011<br />

224 S.<br />

18,90 Euro<br />

5//<br />

Man mag gar nicht glauben, dass es so<br />

ein Leben in der westlichen Hemisphäre<br />

noch gibt: Die Wirklichkeit der im Hinterland<br />

Missouris lebenden Clans ist so karg<br />

und trostlos, als wäre sie im 19. Jahrhundert<br />

stehen geblieben. Die 16-jährige Ree<br />

Dolly und ihre zwei jüngeren Brüder wohnen<br />

gemeinsam mit ihrer der Welt entrückten<br />

Mutter am Rande des Überlebens.<br />

Ihr Vater ist des Clans bester Methkoch –<br />

und außerdem ist er abgehauen. Da er<br />

kulturnews 4/11<br />

»Chris Cleave lässt in<br />

seinem Roman zwei Welten<br />

aufeinanderprallen. Mit<br />

einer Wucht, die umhaut.«<br />

Brigitte<br />

Deutsch von<br />

Susanne Goga-Klinkenberg<br />

Deutsche Erstausgabe<br />

_ premium 320 Seiten 14,90<br />

ISBN 978-3-423-24819-8


FRANCIS ROSSI<br />

THE VOICE OF STATUS QUO<br />

RossibeweistaufseinerTourimHerbst2010,dasser<br />

auch solo einer der größten Rockmusiker unserer Zeit ist!<br />

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74 bücher // Neue Literatur<br />

allerdings von der Polizei gesucht wird und das Haus als<br />

Kaution verpfändet ist, bleibt Ree nichts anderes übrig, als<br />

ihn zu suchen, will sie nicht samt ihrer Familie auf der<br />

Straße landen. Die Clans verfolgen ihre Suche erst argwöhnisch,<br />

greifen dann mit unbändiger Gewalt in Rees<br />

verzweifelte Suche ein, wollen sie keinesfalls die Wahrheit<br />

erfahren lassen. Der preisgekrönt verfilmte Roman „Winters<br />

Knochen“ arbeitet mit den rauesten Bildern, in einer reduzierten,<br />

jedoch sehr poetischen Sprache. Das Buch wäre<br />

allerdings nur halb so gut, wenn es Ree nicht gäbe, diese<br />

zähe Kämpfernatur, diese aufopfernde Seele, die in all<br />

der Finsternis und Brutalität stets weitermacht, Hoffnung<br />

ausstrahlt und ihre Mitmenschen gar zur Güte animiert.<br />

Und so ist „Winters Knochen“ zwar bitter, aber nicht aussichtslos.<br />

(ml)<br />

Steve Stern<br />

Der gefrorene Rabbi<br />

kulturnews 4/11<br />

ROMAN<br />

Aus d. Engl. v. Friedrich Mader<br />

Blessing, 2011<br />

496 S.<br />

21,95 Euro<br />

Skurrile Handlungsstränge, lebende Tote, jüdische Geschichte<br />

plus Esoterik – so was kann schnell in die Hose<br />

gehen. Doch wenn man sich auf den Spaß einlässt, bringt<br />

„Der gefrorene Rabbi“ viele vergnügliche Stunden. Eliesier<br />

Ben Zephir wurde 1889 während einer Mediation vom<br />

Hochwasser überrascht und schockgefroren. Ein junger<br />

Handwerker nimmt sich des Eisheiligen an, und der wird<br />

fortan wie eine Reliquie verehrt und von Generation zu<br />

Generation weitergereicht. Schließlich landet er im 21.<br />

Jahrhundert in der Gefriertruhe der Familie Karp, und nach<br />

einem Stromausfall und dem folgenden Auftauen beginnt<br />

der rüstige Rabbi ein neues Leben – als Erleuchtungsprediger<br />

mit speziellen sexuellen Vorlieben. Steve Stern verpackt<br />

über hundert Jahre jüdischen Lebens gekonnt in die<br />

Geschichte eines Eisblocks und verpasst der Story gleichzeitig<br />

reichlich psychologischen Input. Das geht manchmal<br />

ein wenig schnell und die zahlreichen jiddischen<br />

Ausdrücke machen das Lesen nicht einfacher, doch tröstet<br />

der pointierte Sprachwitz schnell darüber hinweg. (es)<br />

Mo Hayder<br />

Verderbnis<br />

THRILLER<br />

Aus d. Engl. v. Rainer Schmidt<br />

Goldmann, 2011<br />

450 S.<br />

19,99 Euro<br />

Mo Hayders letzter Thriller „Haut“ war so schlecht, dass<br />

so mancher am liebsten Schmerzensgeld fürs Lesen eingeklagt<br />

hätte. Statt alle Lösungen zu liefern, gaben wirre,<br />

mystisch angehauchte Figuren neue Rätsel auf – und ver-<br />

schwanden dann einfach. Den Walking Man hat man<br />

allerdings erneut an der Backe, und Inspector Caffery<br />

sucht mehrfach den Rat des Landstreichers, dem er se–<br />

herische Fähigkeiten zuschreibt. Die hingegen solide<br />

Thrillerhandlung: Da entführt einer Kinder, lässt es aber<br />

zunächst wie simplen Autodiebstahl aussehen, dann wie<br />

Pädophilie, und Caffery tappt erschreckend lange im<br />

Dunkeln, was den wahren Täter und die wahren Motive<br />

angeht. Würde Mo Hayder sich ein bisschen weniger im<br />

Esoterischen ergehen und ein bisschen mehr auf ihre<br />

Hauptfiguren und Haupthandlung konzentrieren, wäre<br />

„Verderbnis“ vielleicht ein Knaller geworden. So muss<br />

man hier und da im Bereich der Logik ein Auge zudrükken<br />

– aber wenigstens nicht wieder vor Kummer die<br />

Hände vors Gesicht schlagen. (kab)<br />

Camille de Peretti<br />

Wir werden zusammen alt<br />

ROMAN<br />

Aus d. Franz. v. Hinrich Schmidt-Henkel<br />

Rowohlt, 2011<br />

288 S.<br />

19,95 Euro<br />

4// 4//<br />

4//<br />

Bemerkenswertes Konstrukt: In Anlehnung an George<br />

Perecs Konzeptabenteuer „Das Leben. Gebrauchsanwei–<br />

sung“ spannt Camille de Peretti ein 64-feldiges Raster über<br />

ein Altersheim, und beschreibt, von Feld zu Feld springend,<br />

24 Stunden aus dem Leben der Bewohner, des Personals<br />

sowie der Besucher. Und an diesem Sonntag ist ordentlich<br />

was los: Liebe liegt in der Luft, aber auch Herzensbrecher<br />

sind unterwegs. Demente Damen erkennen ihren eigenen<br />

Mann nicht mehr wieder, und zwischen einigen anderen<br />

Heimbewohnern herrscht erbitterte Missgunst. Hinter dieser<br />

vermeintlich anrührenden Fassade ist „Wir werden zu–<br />

sammen alt“ aber erschütternd. In sanftmütigen Worten<br />

zeigt de Peretti die Last des Alterns auf, lässt von De–<br />

menz und Parkinson gebeutelte Menschen um das letzte<br />

bisschen Würde und Glück kämpfen. Dabei geht sie bei<br />

jeder Figur ins Detail und bleibt gleichzeitig starr bei ihrer<br />

mit klaren Vorgaben gesetzten Linie à la Perec. Ziel ist es<br />

dabei übrigens, dass der Leser gar nicht bemerkt, wie<br />

streng der Erzählrhythmus eigentlich ist. De Peretti ist<br />

das gelungen. (ml)<br />

Susanne Heinrich<br />

Amerikanische Gefühle<br />

ERZÄHLUNGEN<br />

DuMont, 2011<br />

300 S.<br />

16,99 Euro<br />

5//<br />

Eigentlich ist es doch immer wieder dieselbe Frau. Die<br />

Künstlerin, die Schriftstellerin, die Schauspielerin, die da<br />

traurig durch die Seiten treibt, von Mann zu Mann, unbe-


friedigt, sehnsüchtig, leer. Ach. Susanne Heinrich hat<br />

nach zwei halbgaren Romanversuchen zurückgefunden<br />

zu den Shortstorys und damit zu ihrer eigentlichen<br />

Stärke: Heinrich kann Stimmungen antäuschen, sie kann<br />

Dialoge schreiben, die dem Leben entnommen sind, zwischen<br />

zwei Küssen mit trockenen Lippen. Was sie nicht<br />

so gut kann, ist Geschichten entwickeln, also verzichtet<br />

sie darauf mittlerweile weitgehend. Auch spielt sie nicht<br />

mehr so penetrant wie früher auf der Authentizitätskla–<br />

viatur, ihre Heldinnen sind eingesponnen in ein Netz aus<br />

kulturellen Bezügen: Filme, Popsongs, Bücher, Reisen<br />

sind heute wichtiger als echtes Erfahren. Nur ganz kurz,<br />

in der finalen Erzählung „Phantomschmerz“ entwickelt<br />

Heinrich so etwas wie ein inhaltliches Programm, das einer<br />

Theorie offener Beziehungen ähnelt – und das, bevor es<br />

kitschig wird, sofort in den philosophischen Kanon eingepasst<br />

wird. „Er kommt mit einem schmalen Bändchen zurück:<br />

Briefe zwischen Sartre und der Beauvoir. Die haben<br />

schon genau über die gleichen Dinge nachgedacht, sagt<br />

er. Ja, sage ich. Und klüger, wahrscheinlich.“ Elegant. (fis)<br />

Cody McFadyen<br />

Der Menschenmacher<br />

THRILLER<br />

Aus d. Engl. v. Axel Merz<br />

Lübbe, 2011<br />

610 S.<br />

19,99 Euro<br />

Cody McFadyen hat mit Smoky Barrett eine kantige kleine<br />

Heldin geschaffen, von der man auch nach vier dicken<br />

Wälzern gern noch mehr liest. Nur bekommt man das Gewünschte<br />

beim leider optisch genau wie die Barrett-Bücher<br />

aufgemachten „Menschenmacher“ nicht. McFadyen ergeht<br />

sich mindestens so drastisch wie in Smokys mörderischem<br />

Umfeld mit Gewaltdarstellungen und psychopathischen<br />

Täterprofilen, aber seine Hauptfiguren sind diesmal Ermittler<br />

und Opfer zugleich, drei ehemalige Pflegekinder, die<br />

von „Dad“ körperlich und seelisch grausam gequält wurden<br />

– und werden. Jahre nach dem Ende ihres Alptraums<br />

sollen sie plötzlich (mörderische) Aufgaben erledigen, sonst<br />

stürben ihre Adoptivtöchter. Aber kann der Entführer und<br />

Erpresser wirklich „Dad“ sein? Den haben die drei doch<br />

schon vor Jahren erstochen und sich so aus ihrem Elend<br />

befreit. Wer von einem Thriller wenigstens einen Hauch<br />

von Realitätsnähe erwartet, verliert schnell das Interesse.<br />

Hoffentlich ist Smoky bald aus dem Urlaub zurück! (kab)<br />

Andrzej Sapkowski<br />

Die Dame vom See<br />

FANTASY<br />

Aus d. Poln. v. Erik Simon<br />

dtv, 2011<br />

640 S.<br />

15,90 Euro<br />

Mit seiner Reihe rund um den Hexer Geralt von Riva begeistert<br />

Andrzey Sapkowski die Fantasygemeinde nun schon<br />

Neue Literatur // bücher<br />

2//<br />

3//<br />

75<br />

eine ganze Weile. Doch jetzt ist Schluss mit lustig: „Die<br />

Dame vom See“ ist der Abschluss der Saga. Als Entschädigung<br />

verknüpft der polnische Autor in dem Bombastwerk<br />

eine Unzahl von Handlungssträngen, Geschichten<br />

und sogar Zeiten zu einem überraschenden Schluss, gekrönt<br />

von einer fulminanten Schlachtenszenerie á la „Herr<br />

der Ringe“. (es)<br />

Philip Roth<br />

Nemesis<br />

ROMAN<br />

Gelesen v. Joachim Schönfeld<br />

der hörverlag, 2011<br />

6 CDs<br />

24,95 Euro<br />

Bei diesem Hörbuch weiß man gar nicht, wo man mit<br />

dem Schwärmen anfangen soll. Sprecher, Bearbeitung,<br />

die Geschichte selbst: alles eine glatte eins. Philip Roth<br />

nimmt sich das Städtchen Newark im Sommer ‘44 vor,<br />

in dem mitten in der unerträglichen Schwüle und Langeweile<br />

der großen Ferien eine Polioepedemie ausbricht. Der<br />

Verlauf der Kinderlähmung kann auch tödlich enden und<br />

tut das in Roths neuem Meisterwerk mehrfach. Äußerlich<br />

unberührt von der Krankheit bleibt Bucky, ein junger Sportlehrer,<br />

Jude wie alle in seinem Viertel, kernig, gesund,<br />

mit hohen Moralvorstellungen und eisernem Ehrgeiz ausgestattet.<br />

Nur seine Kurzsichtigkeit hat ihn abgehalten, mit<br />

den Freunden in den Krieg zu ziehen. Eifrig versucht er,<br />

einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten, indem<br />

er die Kinder tagsüber auf dem Sportplatz beschäftigt, indem<br />

er Anteil nimmt, als viele erkranken. Tief zieht einen<br />

Roth in Buckys (Gedanken-)Welt hinein und lässt sich seinen<br />

anfangs fast übermenschlich gut scheinenden Helden<br />

selbst demontieren. Integrität schnurrt zu Starrsinn zusammen,<br />

das Ideal gerät in gefährliche Nähe zur Ideologie. Elegant,<br />

unaufdringlich und dennoch unübersehbar übt Roth<br />

Kritik an der Kriegsbegeisterung der Amerikaner. Und wenn<br />

im Sommercamp Indianerrituale verheerend an HJ-Drill<br />

erinnern, wird klar, dass auch das wohlmeinendste Schaf<br />

ohne es zu wissen ein Wolf im Schafspelz sein kann. (kab)<br />

Maarten Heulemans<br />

Exit Mundi – Die besten Weltuntergänge<br />

SACHBUCH<br />

Gelesen v. Bela B<br />

Random House Audio, 2011<br />

2 CDs<br />

16,99 Euro<br />

5//<br />

4//<br />

„Exit Mundi“ zeigt: Der Weltuntergang ist eigentlich eine<br />

ziemlich lustige Sache. Zumindest wenn Bela B davon<br />

erzählt. Die perfide Freude, mit der der Ärzte-Schlagzeuger<br />

aus dem Buch des niederländischen Wissenschaftsjournalisten<br />

Maarten Heulemans liest und von den Folgen<br />

eines Asteroideneinschlags auf Paris oder dem Einbruch<br />

einer globalen Eiszeit berichtet, ist gruselig und erheiternd<br />

zugleich – und die fundierten Infos, die man gleichzeitig<br />

über die unterschiedlichen Weltuntergangsszenarien bekommt<br />

sind durchaus erhellend. (mh)<br />

kulturnews 4/11<br />

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Noten vergessen.<br />

Der Geigenvirtuose und<br />

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76 kino //<br />

Film des Monats<br />

Winter’s Bone<br />

Drama<br />

USA 2010, 100 MIN.<br />

R: Debra Granik<br />

D: Jennifer Lawrence, John Hawkes, Kevin Breznahan<br />

ab 31. 3. (Ascot Elite) 5//<br />

Die Mutter psychisch krank, der Vater kriminell, die Lebensumstände fast vorsintflutlich: Mit dem amerikanischen<br />

Traum hat das Leben der 17-jährigen Ree Dolly (großartige Entdeckung: Jennifer Lawrence) nichts zu tun. In den<br />

Ozark Mountains in Missouri ist das Klima in jeder Hinsicht rau, und Hilfe sucht Ree vergeblich, als Haus und<br />

Land gepfändet werden sollen, weil der auf Kaution freigelassene Vater verschwunden ist. Die Verwandtschaft<br />

schweigt, viel zu tief steckt sie selbst im Sumpf aus patriarchaler Rückständigkeit, Gewalt und Chrystal Meth.<br />

Ehrgefühl bedeutet hier gerade so viel, dass es nicht die Männer, sondern die Frauen sind, die Ree für ihre unbequemen<br />

Fragen halbtot schlagen. Independent-Regisseurin Debra Granik verfilmt Daniel Woodrells gleichnamigen<br />

Roman nüchtern, düster und ohne Effekthascherei. Die Gewalt, die die Menschen Ree, aber auch sich selbst und<br />

ihren Seelen antun, liegt bereits in ihren verlebten Gesichtern, in ihren harschen, knappen Worten und in ihren<br />

zugemüllten Behausungen. (kab)<br />

Start 31. 3.<br />

Unter Dir die Stadt<br />

DRAMA<br />

D 2011, 110 Min.<br />

R: Christoph Hochhäusler<br />

D: Nicolette Krebitz, Robert Hunger-Bühler,<br />

Mark Waschke<br />

ab 31. 3. (Piffl Medien)<br />

kulturnews 4/11<br />

-Bewertung<br />

2//<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

Stahl, Glas, Beton. Büros, aus denen Finanzbosse die<br />

Frankfurter Skyline überblicken, während sie edel speisen<br />

und Firmenübernahmen verhandeln. Dort siedelt Christoph<br />

Hochhäusler, der auf Reduzierung und Sprödheit<br />

setzenden Berliner Schule zuzuordnen, die Affäre zwi–<br />

schen Bankergattin Svenja (Nicolette Krebitz) und Cordes<br />

(Robert Hunger-Bühler), dem Chef ihres Mannes, an.<br />

Dabei geht es nie um das Was oder das Warum. Es geht<br />

nur um das Wie, alles ist hier Formwille und Ästhetik.<br />

Hochhäusler interessiert sich kaum für seine Geschichte,<br />

sie ist ihm lästige Pflicht. Nachvollziehbare Motivationen<br />

für seine Figuren (Was findet die junge Svenja überhaupt<br />

an dem alten Cordes?) sind ihm eine überflüssige Konvention.<br />

Der Leidtragende ist der Zuschauer, der auch nur<br />

ein notwendiges Übel zu sein scheint, eine anonyme<br />

Masse, die verstehen möchte, wo Hochhäusler nur andeuten<br />

und stilisieren will. In der von emotionaler Kälte<br />

und Intrigen dominierten Welt der Broker und Manager<br />

komponiert Hochhäusler seinen Film so lange so streng<br />

durch, bis auch er kalt und blutleer ist. (vs)


Start 7. 4.<br />

The Fighter<br />

SPORTDRAMA<br />

USA 2010, 117 Min.<br />

R: David O. Russell<br />

D: Marc Wahlberg, Christian Bale, Melissa Leo<br />

ab 7. 4. (Senator)<br />

4//<br />

Von „Rocky“ bis „Million Dollar Baby“: Kaum ein Sport<br />

bietet sich so gut an, den Aufstieg eines Underdogs zum<br />

Champion abzubilden wie das Boxen. Die Herkunft vieler<br />

Boxer aus ärmlichen Verhältnissen, das sprichwörtliche<br />

Durchschlagen, die eine große Chance, die Dramatik eines<br />

Faustduelles – auch die Story des US-Boxers „Irish“ Micky<br />

Ward, der sich in den 90er-Jahren vom Ring-Loser zum<br />

Halbweltergewichtskönig hochschlug, wuchtet mit diesen<br />

Pfunden – und punktet mit seinem glaubwürdigen Milieu<br />

und einem grandiosen Oscar-Gewinner Christian Bale als<br />

cracksüchtigem Bruder und Trainer von Ward, dem Mark<br />

Walberg zwar ordentlich Muckis, aber wenig Charisma<br />

entgegenhalten kann. Bale, abgemagert und hohläugig,<br />

tippelt und tänzelt durch David O. Russells Box-Biopic und<br />

bestimmt dessen Rhythmus. Der Film arbeitet mit zwei<br />

Hauptfiguren und seine Schläge verlieren dadurch an Kraft.<br />

Aber Melissa Leo, ebenfalls Oscar-gekrönt, als Wards dominante<br />

Mutter und Managerin sorgt gemeinsam mit Bale<br />

für einen klaren Punktsieg. Einen tödlichen Punch entwickelt<br />

„The Fighter“ aber bis zum Schluss nicht. (vs)<br />

Willkommen bei den Rileys<br />

DRAMA<br />

GB/USA 2009, 110 Min.<br />

R: Jake Scott<br />

D: Kristen Stewart, James Gandolfini, Melissa Leo<br />

ab 7. 4. (Arsenal)<br />

3//<br />

Was macht ein Mann, dessen Ehefrau (Melissa Leo) sich<br />

seit dem Unfalltod der Tochter derart in die Trauer eingefressen<br />

hat, dass sie das Haus nicht mehr verlässt? Richtig,<br />

er fängt eine Affäre mit einer Kellnerin an. Und wenn<br />

er auf einer Geschäftsreise in New Orleans eine verwahrloste<br />

Teenie-Stripperin kennen lernt? Genau, er glaubt in<br />

ihr eine Ersatztochter gefunden zu haben. Es gibt wahrlich<br />

glaubhaftere Geschichten über Trauerarbeit. Wie sich hier<br />

die gestrandeten und verletzten Seelen gegenseitig neue<br />

Hoffnung geben, das erinnert schon sehr an ein Märchen.<br />

// kino 77<br />

Dass man Jake Scotts Melodram dann doch mit Interesse<br />

schaut, liegt an seinem lakonischen Humor sowie dem<br />

realistischen Sittenbild, das der Film zwischen Armenviertel<br />

und Mittelstandssiedlungen entwirft. Vor allem aber<br />

liegt es an James Gandolfini („Die Sopranos“) als Ersatzdaddy<br />

und Kristen Stewart (Bella aus der „Twilight“-Saga“)<br />

als Ausreißerin. Sie verkörpern ihre gegensätzlichen Figu–<br />

ren subtil und überzeugend. (ascho)<br />

Start 14. 4.<br />

Alles, was wir geben mussten<br />

DRAMA<br />

GB 2010, 105 Min.<br />

R: Mark Romanek<br />

D: Carey Mulligan, Andrew Garfield, Keira Knightley<br />

ab 14. 4. (20th Century Fox)<br />

Obwohl die Handlung in einer alternativen Realität spielt,<br />

täte man der Verfilmung von Kazuo Ishiguros Roman Unrecht,<br />

wenn man sie als Science-Fiction einstufte. Im Mittelpunkt<br />

stehen die Teenager Ruth (Keira Knightley), Tommy<br />

(Andrew Garfield) und Kathy (Carey Mulligan), die in<br />

einem englischen Internat aufwachsen. Doch anstatt sie<br />

zu unterrichten, stellen die Lehrer ausschließlich die Funktionsfähigkeit<br />

der Schüler sicher. Diese sind Klone, denen<br />

ein Tod auf Raten bevorsteht. Ihre Bestimmung: Organe<br />

spenden. Die Wahrheit, die sich den drei Freunden bald<br />

eröffnet, ist nicht die finale Erkenntnis, sondern dient Regisseur<br />

Mark Romanek als Sprungbrett für philosophische<br />

Fragen: Was bedeutet „menschlich“? Darf der Mensch<br />

Mittel zum Zweck sein? Der Stoff schreit geradezu danach,<br />

als Revolte gegen ein repressives System inszeniert zu<br />

werden – doch um einen hollywoodesken Showdown, um<br />

einfache Lösungen, geht es nicht. Romanek und Drehbuchautor<br />

Alex Garland schwingen sich auch nicht zum<br />

Ethikrat auf. Sie überlassen die Bewertung des verstörenden<br />

und zärtlichen Geschehens ganz dem Betrachter. (mcs)<br />

Der Name der Leute<br />

KOMÖDIE<br />

F 2010, 100 Min.<br />

R: Michel Leclerc<br />

D: Sara Forestier, Jacques Gamblin, Carole Franck<br />

ab 14. 4. (X Verleih)<br />

5//<br />

4//<br />

Gewichtige Themen verhandelt dieser Film gleich bündelweise:<br />

Rassismus und Feminismus, den französischen<br />

kulturnews 4/11


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78 kino //<br />

Kolonialismus und sexuellen Missbrauch<br />

sowie die Identität gesellschaftlicher Randgruppen.<br />

Und dennoch ist das alles ungemein<br />

komisch. Und intelligent. Bahia (Sara<br />

Forestier) ist ein politaktivistischer linker<br />

Gutmensch aus einem Hippiehaushalt und<br />

hat sich zum Ziel gesetzt, mit möglichst<br />

vielen rechten Idioten zu vögeln: Bekehrung<br />

durch Beischlaf lautet ihr Konzept. Der<br />

Langweiler Arthur (Gamblin) kümmert sich<br />

beruflich um Vogelgrippeopfer, verschweigt<br />

seine jüdische Wurzeln und seine Sympathie<br />

für den sozialistischen Politiker Lionel<br />

Jospin. Der Kulturclash zwischen Bahia<br />

und Arthur endet erst im Bett und schließlich<br />

in einer Beziehung. Bis dahin aber<br />

kollidieren die Weltanschauungen in spritzigen<br />

Dialogen, klagen die beiden ihr Leid<br />

direkt in die Kamera und rast diese spiele–<br />

rische Komödie mit Tempo durch Slap–<br />

stickszenen und gezielte Verletzungen der<br />

politischen Korrektheit. (ascho)<br />

Start 21. 4.<br />

An einem Samstag<br />

DRAMA<br />

RU/UA/D 2010, 99 Min.<br />

R: Alexander Mindadze<br />

D: Anton Shagin, Svetlana Smirnova-<br />

Marcinkevich, Stanislav Rjadinskij<br />

ab 21. 4. (NFP)<br />

Wer gerade auf Alkoholentzug ist, sollte<br />

sich den Besuch dieses Films noch einmal<br />

überlegen. Hier wird gesoffen, wie es das<br />

Klischee vom dauertrinkenden Russen verlangt.<br />

Schließlich gilt es eine Hochzeit zu<br />

feiern, und in dem Provinznest Tschernobyl<br />

erledigt man das an diesem Apriltag 1986<br />

exzessiv. Tschernobyl? 1986? Richtig, da<br />

war doch was. Der Reaktor am Rande der<br />

Stadt steht in Flammen, die Bewohner<br />

ahnen noch nicht das Ausmaß der Katastrophe,<br />

der junge Ingenieur Valery (Shagin)<br />

schon, und deshalb will er mit Vera (Smirnova-Martsinkievich)<br />

aus der Gefahrenzone<br />

fliehen. Aber dann wird eben doch nur gesoffen.<br />

„An einem Samstag“ ist all das nicht,<br />

was man erwartet: Weder schildert er dokudramatisch<br />

die Abläufe des Super-GAU,<br />

noch erörtert er Schuldfragen oder Folgen.<br />

Stattdessen erzählt Regisseur Mindadze<br />

vom Verdrängen und der Sinnlosigkeit angesichts<br />

der Katastrophe. Die Kamera hetzt<br />

dabei mit Valery und Vera durch die Stra–<br />

ßen, zwängt sich durch den Partytrubel,<br />

kulturnews 4/11<br />

3//<br />

tanzt mit den Festgästen und sorgt bei<br />

empfindlichen Zuschauern für Schwin–<br />

delgefühle – ansonsten aber nur für Ermüdungserscheinungen<br />

und Desinteresse an<br />

den Figuren. (ascho)<br />

Das Hausmädchen<br />

DRAMA<br />

KR 2010, 106 Min.<br />

R: Im Sang-soo<br />

D: Jeon Do-youn, Lee Jung-jae, Seo Woo<br />

ab 21. 4. (Alamode)<br />

3//<br />

Man soll sich eben nicht mit dem Personal<br />

einlassen, das bringt nur Probleme. Geschäftsmann<br />

und Genussmensch Hoon<br />

(Lee Jung-jae), steinreich und verheiratet<br />

mit der schwangeren Hae-ra (Seo Woo),<br />

tut es aber doch. Das neue Hausmädchen<br />

Eun-yi (Jeon Do-youn) wird prompt schwanger,<br />

was vor allem Hoons Schwiegermutter<br />

auf die Palme und deren Darstellerin an<br />

die Grenze der Karikatur bringt. Eine erzwungene<br />

Abtreibung führt schließlich zu<br />

einem perfiden Rachefeldzug. So gefühlskalt<br />

diese ehrenwerte Familie ist, so bedrohlich<br />

setzt Regisseur Im Sang-soo die<br />

Räume von Hoons Luxusvilla in Szene.<br />

„Das Hausmädchen“ ist zwar ein Remake<br />

des gleichnamigen koreanischen Klassikers<br />

von 1960, erinnert aber in seiner Mischung<br />

aus Suspense und Familien- und Gesellschaftsporträt<br />

an Chabrol oder Hitchcock.<br />

An letzteren vor allem auch, weil<br />

das Hausmädchen sich zum Ende in ei–<br />

nem grausamen Fanal aufbäumt. Doch<br />

anders als bei den Altmeistern fällt die<br />

Psychologisierung hier weniger subtil und<br />

damit recht banal aus. (ascho)<br />

... und außerdem online<br />

Noch mehr Rezensionen und<br />

Informationen zu allen monatlichen<br />

Kinostarts und alle Spielzeiten im<br />

Kinoportal auf kulturnews.de<br />

Im April gibt’s dort auch unsere<br />

Kritiken folgender neuer Filme:<br />

Beastly 2 //<br />

Schönling wird verflucht // ab 7. 4<br />

Paul – Ein Alien auf der Flucht 2 //<br />

Zwei SciFi-Nerds und E.T. // ab 14. 4<br />

Mütter und Töchter 4 //<br />

US-Drama über Adoption // ab 28. 4


DVD des Monats<br />

Gegen seinen Willen muss Benjamin Espósito<br />

(Ricardo Darin) fürs Gericht die Ermittlungen in<br />

einem brutalen Mordfall mit Vergewaltigung übernehmen<br />

und wird ihn über 25 Jahre lang bis zur<br />

Pensionierung nicht mehr los. Für diese Mischung aus Thriller und Melodram gewann<br />

„In ihren Augen“ 2010 den Oskar als bester fremdsprachiger Film. Vor allem, wie<br />

Regisseur Juan José Campanella die Allgegenwärtigkeit der argentinischen Militär–<br />

diktatur der 1970er-Jahre mit dem Plot verwebt ist ganz großes Kino. Nicht zuletzt<br />

aber ist „In ihren Augen“ ein Liebesfilm, bei dem man lange warten muss, dass<br />

etwas passiert. Zu Campanellas Markenzeichen gehört eine zum Bild fast immer<br />

zeitversetzte Tonspur, der man schon akustisch anmerkt, ob die Handlung gleich<br />

einen Zeitsprung macht. Will Campanella Dinge im Unklaren lassen, kommt das<br />

Bild verwaschen, verwackelt oder in undeutlichen Großaufnahmen daher. Das alles<br />

aber sorgt keineswegs für eine tricktechnische Überfrachtung des Films, im Gegenteil:<br />

„In ihren Augen“ gelingt es, Komplexität so spielerisch wie einfach wiederzugeben.<br />

Daran haben auch die Schauspieler mit ihrem ruhigen Agieren großen Anteil. (jw)<br />

Film 5<br />

Extras keine<br />

auch als Blu-ray<br />

The Kids are all right<br />

-Bewertung<br />

KOMÖDIE<br />

USA 2010,<br />

R: Lisa Cholodenko<br />

D: Julianne Moore,<br />

Annette Bening,<br />

Mark Ruffalo<br />

Vö: 31. 3.<br />

(Universal Pictures)<br />

„The King’s Speech“ seien seine Oscars<br />

gegönnt. Dass der vierfach nominierte „The<br />

Kids are all right“ leer ausging, ist trotzdem<br />

schade. Denn der Film ist zwar eine Komödie,<br />

die manchmal vielleicht ein bisschen<br />

zu lustig, manchmal ein bisschen zu banal<br />

ist – aber sie hat mit Moore, Bening und<br />

Wasikowska einfach fantastische Hauptdarstellerinnen.<br />

Außerdem inszeniert Regisseurin<br />

und Drehbuchautorin Lisa Cholodenko<br />

die eigentlich komplizierte Geschichte<br />

so leichthändig, als ob Familien<br />

aus lesbischen Müttern und Samenspende-Kindern<br />

längst Mainstream wären. Aus<br />

potenziellem sozialen Sprengstoff ein Feelgood-Thema<br />

für ein so konservatives Land<br />

wie die USA zu machen, hätte wenigstens<br />

den Drehbuch-Oscar einheimsen sollen. (kab)<br />

Film 4<br />

Extras Making-of, Audiokommentar<br />

In ihren Augen<br />

THRILLERDRAMA<br />

ARG 2009<br />

R: Juan José Campanella<br />

D: Ricardo Darín, Soledad Villamil, Pablo Rago<br />

Vö: 14. 4.<br />

(Eurovideo)<br />

1=grausig bis 6= genial<br />

Somewhere<br />

// dvds 79<br />

TRAGIKOMÖDIE<br />

USA 2010<br />

R: Sofia Coppola<br />

D: Stephen Dorff,<br />

Elle Fanning, Chris<br />

Pontius<br />

Vö 14. 4.<br />

(Tobis)<br />

Erstaunlich – und erstaunlich gut: Sofia<br />

Coppola schafft es mit der Geschichte des<br />

Hollywoodstars auf der Suche nach Zerstreuung<br />

in seinen ineinanderfließenden<br />

Tagen, nicht nur die Grundhandlung, sondern<br />

auch die Magie von „Lost in Translation“<br />

zu wiederholen. Johnny (Stephen<br />

Dorff) lässt sich mit der gleichen trägen<br />

Verzweiflung und traurigen Hoffnung auf<br />

irgendein Mehr durch kalifornische Tage<br />

und Nächte treiben wie einst Bill Murray<br />

durch Tokios Fremdartigkeit. An Johnnys<br />

Seite: Seine Tochter Cleo (großartig: Elle<br />

Fanning), zu ernst und erwachsen für ihre<br />

elf Jahre und doch eigentlich ein Kind,<br />

das seinen Vater bräuchte. (kab)<br />

Film 5<br />

Extras Making-of, Behind the Scenes,<br />

Interviews, Bildergalerie, B-Roll, Trailer<br />

auch als Blu-ray<br />

kulturnews 4/11<br />

präsentiert:<br />

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Neu auf DVD!


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Abenteurer?<br />

Nein. Vom Kajak aus vermessen Wissenschaftler<br />

per Radar einen grönländischen Gletscher, um<br />

wichtige Daten über sein Schmelzen zu erhalten.<br />

Expeditionen wie diese sind nur durch die dauerhafte<br />

Unterstützung unserer Fördermitglieder<br />

möglich. Machen auch Sie mit unter<br />

www.greenpeace.de / arktis<br />

(c) Cobbing / Greenpeace<br />

80 dvds //<br />

Am Rande der Finsternis<br />

TV-SERIE<br />

GB 1985<br />

R: Martin Campbell<br />

D: Bob Peck,<br />

Joe Don Baker,<br />

Charles Kay<br />

erschienen<br />

(Polyband)<br />

Kriminalpolizist Ronald Craven (Bob Peck)<br />

ist ein konservativer Nordengländer aus<br />

Yorkshire, der nur aus Liebe duldet, was<br />

seine Tochter Emma als Umweltaktivistin<br />

tut. Dann wird Emma vor seinen Augen<br />

mit einer Schrotflinte erschossen. Obwohl<br />

der Schuss vordergründig ihm selbst galt,<br />

findet Craven bei seinen Recherchen bald<br />

heraus, dass Emma entschieden zu viel<br />

wusste. Die zeitlos gute Ökothrillerserie<br />

„Am Rande der Finsternis“ von 1985<br />

besticht durch ihren Mut zur Langsamkeit<br />

und wird dafür belohnt: Die Spannung<br />

baut sich ganz subtil auf, unterstützt durch<br />

den Soundtrack von Eric Clapton. Viel<br />

besser als Campells Kinoremake mit „Auftrag<br />

Rache“ mit Mel Gibson aus dem Jahr<br />

2010. Im Original glänzt Bob Peck in der<br />

Rolle des trauernden, immer am Rande<br />

der Psychose agierenden Cops, während<br />

Joe Don Baker als CIA-Agent mit einer nah<br />

am Klischee gespielten Rolle dafür sorgt,<br />

dass die Serie nicht im Betroffenheitssumpf<br />

versinkt. Ist es zynisch zu sagen,<br />

dass die Wiederauflage der Serie zum Unglück<br />

in Japan passt wie der Deckel auf<br />

den Topf? (jw)<br />

Film 5<br />

Extras Featurette, Interview (Bob Peck),<br />

Alternativer Abspann Episode 6<br />

Cyrus – Meine Freundin,<br />

ihr Sohn und ich<br />

KOMÖDIE<br />

USA 2010<br />

R: Jay Duplass,<br />

Mark Duplass<br />

D: John C. Reilly,<br />

Marisa Tomei u. a.<br />

Vö: 15. 4.<br />

(20th Century Fox)<br />

John C. Reilly hat ein lustiges Gesicht.<br />

Damit ist er prädestiniert für Albernheiten –<br />

aber Jay und Mark Duplass nehmen ihre<br />

Figuren zum Glück ziemlich ernst in dieser<br />

Independent-Komödie, so absurd sie<br />

sich auch verhalten. Als John (Reilly) sich<br />

nach langer Beziehungsabstinenz in die<br />

hinreißende Molly (Marisa Tomei) verliebt,<br />

muss er bald feststellen, dass diese ein<br />

etwas zu enges Verhältnis zu ihrem übergewichtigen,<br />

21-jährigen Sohn Cyrus pflegt.<br />

kulturnews 4/11<br />

Ein liebenswert zurückhaltender Film, der<br />

beweist, dass sogar Badezimmerhumor<br />

wirklich witzig sein kann – wenn man die<br />

Tür zu und Mutter und Sohn plötzlich ein<br />

Duett anstimmen lässt. Und dabei in John<br />

C. Reillys lustiges Gesicht blickt. (kab)<br />

Film 4<br />

Extras Entfallene Szenen, Trailer<br />

Pastewka – Die 5. Staffel<br />

COMEDYSERIE<br />

D 2011<br />

R: Joseph Orr,<br />

Jan Markus Linhof<br />

D: Bastian Pastewka,<br />

Sonsee Neu u. a.<br />

Erschienen<br />

(Sony Music)<br />

Die deutsche Comedyszene ist in ihrer<br />

Gänze nur dann zu ertragen, wenn sie sich<br />

gelungen selbst persifliert. Genau dafür<br />

sorgt jetzt schon seit sechs Jahren Bastian<br />

Pastewka; ihm sei deshalb auf Jahrzehnte<br />

Dank! Auch in der fünften Staffel spielt er<br />

den unlustigen, sozial inkompetenten und<br />

egoistischen Comedian Pastewka, dem es<br />

scheißegal ist, wenn er durch seine Aktionen<br />

auch noch reihenweise Kollegen in<br />

den Image-GAU mit reinreißt. Von Balder<br />

über Kalkofe, Frier und Profitlich bis hin<br />

zum Vorzeigeintellektuellen Roger Willemsen:<br />

Alle machen sie mit – und Pastewka<br />

verschont keinen. (jw)<br />

Film 5<br />

Extras Outtakes, Making-of, Pastewka-Fan-<br />

Quiz, erste Folge „Ladykracher“ Staffel 6,<br />

Featurettes<br />

Rapunzel – Neu verföhnt<br />

ANIMATION<br />

USA 2010,<br />

R: Nathan Greno,<br />

Byron Howard<br />

Vö: 7. 4.<br />

(Walt Disney)<br />

Trotz des dümmlichen deutschen Titels<br />

ist Disney eine wunderbar andere Variante<br />

des Kleine-Mädchen-Traums Prinzessin zu<br />

sein gelungen. Rasante Animation und ein<br />

Mädchen, dass sich nicht (mehr) alles gefallen<br />

lässt: Daran haben auch Erwachsene<br />

Spaß. (kab)<br />

Film 4<br />

Extras alternative Eröffnungssequenzen,<br />

Featurette<br />

auch als Blu-ray


Die dreibeinigen Herrscher –<br />

Die komplette Saga<br />

SCIFI-SERIE<br />

GB 1984<br />

R: Graham<br />

Theakston u. a.<br />

D: John Shackley,<br />

Ceri Seel, Jim Baker<br />

Vö: 25. 3.<br />

(Koch Media)<br />

Boxsets von alten Serien sind immer eine<br />

schöne Sache – wirklich aufregend sind<br />

sie aber selten. Sicher ist auch diese Box<br />

eher etwas für Liebhaber und Nostalgiker,<br />

weil Science-Fiction aus den 80ern heute<br />

dann doch antiquiert wirkt. Etwas besonderes<br />

ist sie trotzdem: Der dritte Teil der<br />

Saga von den Maschinen, die die Menschen<br />

im Jahr 2089 unterjochen, wurde<br />

nie verfilmt und liegt auf vier CDs als<br />

Hörbuch bei.<br />

Extras Hinter den Kulissen, Dokumentation,<br />

Interviews, Spezialeffekte, Stuntproben,<br />

Audiokommentar (Jim Baker), Featurettes,<br />

unverfilmter dritter Teil als Hörbuch<br />

Scrubs: Die Anfänger –<br />

Die komplette Serie<br />

TV-SERIE<br />

USA 2010<br />

Regie fällt weg<br />

D: Zach Braff, Donald<br />

Faison,<br />

Sarah Chalke<br />

Vö: 15. 4.<br />

(Walt Disney)<br />

Nach der eigentlich letzten kam noch die<br />

allerletzte Staffel der unschlagbar schrägen<br />

Krankenhaus-Comedy. Aber ohne das alte<br />

Sacred Heart Hospital war’s nicht mehr<br />

dasselbe, der geplante Neuanfang war ein<br />

Ende. Kopf hoch: Wenigstens gibt es nun<br />

eine wirklich komplette Komplettbox und<br />

die alten Folgen sind auch beim x-ten Mal<br />

Ansehen noch zum Schreien komisch.<br />

Extras Interviews, Making-ofs, Featurettes<br />

Serie in Schwarz<br />

TV-KRIMIS<br />

F 2008<br />

R: Emmanuelle Bercot,<br />

Laurent Bouhnik u. a.<br />

D: Manuel Blanc,<br />

Antoine Chappey u. a.<br />

Vö: 25. 3.<br />

(Edel)<br />

Tristesse und Brutalität, Ironie und Humor:<br />

Diese Kollektion französischer Filme lehnt<br />

Boxsets // dvds<br />

sich nicht nur vom Namen her an die berühmten<br />

Série-Noire-Krimis an. Eine<br />

Sammlung von acht einstündigen, für Arte<br />

gedrehten kleinen Thrillern, die die Grenzen<br />

zwischen Gut und Böse zerfließen lassen.<br />

Extras Interviews, Making-ofs<br />

Pedro Almodóvar –<br />

Die große Edition<br />

DRAMA<br />

ESP/F1976–2008,<br />

R: Pedro Almodóvar<br />

D: Penelope Cruz,<br />

Gael Garcia Bernal,<br />

Antonio Banderas<br />

erschienen<br />

(Universum)<br />

Bereits vor zwei Jahren wurde Pedro<br />

Almodóvar mit einer DVD-Box gewürdigt,<br />

doch bei der Werkausgabe des spanischen<br />

Regisseurs gab es noch einige Kunstfehler.<br />

Die Neuauflage der großen Edition erhöht<br />

jetzt die Anzahl der DVDs von 14 auf 16<br />

und hat mit „Zerrissene Umarmungen“<br />

nicht nur seine aktuellste Arbeit als zusätzliches<br />

Angebot dabei. Endlich sind<br />

auch sein Debüt „Pepi, Luci, Bom und<br />

der Rest der Bande“ und „Matador“ vertreten,<br />

ein Film über Sex, Mord und Stierkampf<br />

aus mit Jahr 1986 mit dem jungen<br />

Antonio Banderas in der Hauptrolle.<br />

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aber:<br />

Noch immer fehlt in der Sammlung „Live<br />

Flesh – Mit Haut und Haar“, Almodóvars<br />

sehr freie Adaption von Ruth Rendells<br />

Roman „In blinder Panik“.<br />

Extras Audiokommentare, Interviews, Videoclips,<br />

Hinter den Kulissen, Featurettes, Trailer<br />

Blue-Sky Animation –<br />

DVD-Koffer<br />

ANIMATION<br />

USA<br />

2002–2009,<br />

R: Chris Wedge,<br />

Carlos Saldanha,<br />

Jimmy Hayward u. a.<br />

Vö: 1. 4.<br />

(20th Century Fox)<br />

Ich packe meinen Koffer und nehme mit:<br />

schön viele Familienfilme. Die „Ice Age“-<br />

Trilogie, „Horton hört ein Hu“ und „Robots“<br />

kommen in einer hübsche Blechbox mit<br />

Tragegriff – und ab geht es für gut 400<br />

Minuten Kurzurlaub in die Welt des Blue-<br />

Sky Animationsstudios.<br />

Extras Audiokommentare, entfallene<br />

Szenen, Featurettes, Musikvideos,<br />

Kurzfilme, Spiele, Trailer<br />

auch als Blu-ray<br />

kulturnews 4/11<br />

Texte: kab, cs<br />

12 x kulturnews + Geschenk nach Wahl<br />

O R.E.M.<br />

Collapse into now<br />

O The Human League<br />

Credo<br />

Bitte Geschenk ankreuzen<br />

Ich möchte kulturnews für ein Jahr zum Preis von 21 Euro abonnieren.<br />

Das gewünschte citymag und mein Geschenk habe ich angekreuzt.<br />

Sollten Sie bis sechs Wochen vor Ablauf des Abos nichts von mir hören,<br />

möchte ich kulturnews ein weiteres Jahr.<br />

O Berlin<br />

O Hamburg<br />

O München<br />

O Frau O Herr<br />

Name, Vorname<br />

Straße, Hausnummer<br />

PLZ, Ort<br />

E-Mail Telefon<br />

Datum, Unterschrift<br />

// abocoupon 81<br />

O Köln<br />

O Ruhrgebiet<br />

O Düsseldorf<br />

O Rumer<br />

Seasons of my Soul<br />

O Bosse<br />

Wartesaal<br />

O Stuttgart<br />

O Frankfurt<br />

O Scheck liegt bei O Überweisung nach Rechnungserhalt<br />

kulturnews im Abo: 12 Ausgaben für 21 Euro, Lieferung frei Haus nach Bezahlung.<br />

Abobestellung an:<br />

bunkverlag, kulturnews-Aboservice, Friedensallee 7–9, 22765 Hamburg<br />

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Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich diese Aboanforderung<br />

innerhalb von 10 Tagen beim kulturnews-Aboservice schriftlich widerrufen kann.<br />

Für die Fristwahrung genügt das Absendedatum.<br />

Besuchen Sie uns auch im Netz: kulturnews.de


82 aktion //<br />

Foto: Ben Wolf<br />

So klingt der Sommer<br />

Die Luft wird wieder wärmer, die Tage länger – höchste Zeit, das CD-Regal mit neuen<br />

Werken zu bestücken, um dem Sommer den richtigen Soundtrack zu verpassen, bevor<br />

er wieder vorbei ist. Als Initialzündung verlost kulturnews je fünfmal die aktuellen Alben<br />

von I AM X, Yucca und Tyler.<br />

I AM X heißt im wahren Leben Chris Corner und hat mit „Volatile Times“ ein experimentelles<br />

Album zwischen Wavepop und Elektro geschaffen, das aufgrund seiner Vielseitigkeit<br />

mehr als nur ein Snack für zwischendurch sein dürfte.<br />

Die Österreicher von Tyler schlagen auf „Favourite Sin“ erstmals auch sanftere Töne<br />

an. Von ihrem Debüt behalten haben sie die Liebe zu tragenden Melodien, neu sind<br />

feinsinnige Indiepopklänge.<br />

Auch die Band Yucca aus Nürnberg zog es weg vom Rock, und so haben sie ein wundervolles<br />

Elektropopalbum aufgenommen, das perfekt geeignet ist, um sich auf die Wiese<br />

zu legen und die Welt einfach zu vergessen.<br />

Impressum //<br />

kulturnews erscheint monatlich und wird herausgegeben<br />

und verlegt von der bunkverlag GmbH<br />

Zeisehallen, Friedensallee 7–9, 22765 Hamburg<br />

VERLAG<br />

fon 040-39 92 95-0 | fax 040-39 92 95-29<br />

E-Mail info@bunkverlag.de<br />

CHEFREDAKTEURIN<br />

Dr. Jutta Rossellit (v.i.S.d.P.)<br />

REDAKTION<br />

fon 040-38 08 97-6 | fax 040-38 08 97-73<br />

E-Mail redaktion@bunkverlag.de<br />

Leser-E-Mail leser@bunkverlag.de<br />

MUSIK Matthias Wagner (mw)<br />

fon -72 | E-Mail mwagner@bunkverlag.de<br />

DVD Katharina Behrendsen (kab)<br />

fon -74 | E-Mail kbehrendsen@bunkverlag.de<br />

ENTERTAINMENT Jürgen Wittner (jw)<br />

fon -76 | E-Mail jwittner@bunkverlag.de<br />

KINO Volker Sievert (vs)<br />

fon -71 | E-Mail vsievert@bunkverlag.de<br />

kulturnews 4/11<br />

LITERATUR Carsten Schrader (cs)<br />

fon -83 | E-Mail cschrader@bunkverlag.de<br />

LIVE Ellen Stickel (es)<br />

fon -82 | E-Mail live@bunkverlag.de<br />

Mark Heywinkel (mh)<br />

fon -78 | E-Mail mheywinkel@bunkverlag.de<br />

KUNST + THEATER Falk Schreiber (fis)<br />

fon -70 | E-Mail fschreiber@bunkverlag.de<br />

LIFESTYLE Ellen Stickel (es)<br />

fon -82 | E-Mail estickel@bunkverlag.de<br />

TERMINE UND PROGRAMM siehe citymag, S. 3<br />

WEITERE BEITRÄGE DIESER AUSGABE<br />

Ron Haller (ron), Wolf Kampmann, Kathrin<br />

Kaufmann (kat), Nico-Elliot Kälberer (nek),<br />

Dagmar Leischow, Marten Lorenzen (ml),<br />

Albert Munz (am), Jörg A. Noll (jan),<br />

Dr. Justus Noll (jn), Rolf von der Reith,<br />

Steffen Rüth (sr), Axel Schock (ascho),<br />

Michael Schock (ms), Michael Schubarth,<br />

Michael C. Starke (mcs), Stefan Woldach<br />

Praktikantinnen und Praktikanten:<br />

Lasse Nehren (lan), Lena Westhoff (lw),<br />

Luisa Gerlitz<br />

I AM X Yucca<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />

oder des Verlags wieder. Für unverlangt eingesandte<br />

Materialien kann keine Gewähr<br />

übernommen werden. Die Urheberrechte für<br />

Anzeigen, Entwürfe, Fotos, Vorlagen sowie der<br />

grafischen Gestaltung bleiben beim Verlag und<br />

können nur mit dessen Genehmigung weiterverwendet<br />

werden. Veranstaltungshinweise<br />

werden kostenlos abgedruckt. Fotos, die Veranstaltungshinweise<br />

illustrieren, können nur<br />

frei abgedruckt werden; der Verlag setzt bei<br />

Eingang voraus, dass alle Honorarfragen vom<br />

Veranstalter bereits geklärt sind.<br />

ART DIRECTION Nils Heuner<br />

GRAFIK Inke Cron, Anna Diem<br />

ANZEIGEN<br />

fon 040-39 92 95-0<br />

fax 040-39 92 95-29<br />

E-Mail anzeigen@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENLEITER Helge Löbel (v.i.S.d.P.)<br />

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ANZEIGENBERATUNG Mathias Harringer<br />

fon -15 | E-Mail mharringer@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENBERATUNG Jürgen Peters<br />

fon -21 | E-Mail jpeters@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENBERATUNG Petra Schaper<br />

fon -19 | E-Mail sschmidt@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENBERATUNG Skadi Schmidt<br />

fon -18 | E-Mail sschmidt@bunkverlag.de<br />

AKTIONEN + DISPOSITION Esther Ahrens<br />

fon -27 | E-Mail eahrens@bunkverlag.de<br />

ABO/LESERSERVICE Maike Göttsche<br />

fon -10 | E-Mail mgoettsche@bunkverlag.de<br />

ANZEIGENSCHLUSS 5/11: 15. 4. 11<br />

Es gilt die Anzeigenpreisliste 2011<br />

Printed in Germany.<br />

Der Bezug per Abonnement beträgt für<br />

zwölf Ausgaben 21 Euro (inkl. Porto & MwSt.).<br />

NÄCHSTE AUSGABE 5/11: 28. 4. 11<br />

Tyler<br />

kulturnews verlost je 5x „Volatile Times“, „My Favourite Sin“ und „Make Up“ –<br />

einfach bis zum 27. April unsere Gewinnhotline 0137-989 89 81 (0,50 Euro/Anruf)<br />

anrufen und mit etwas Glück gewinnen – wir drücken die Daumen!


GANZ<br />

SCHÖN GUT!<br />

Auch hinter der Fassade ein Hit:<br />

Frida Gold<br />

THE KILLS Krisenfest trotz Zickenkrieg<br />

TINO HANEKAMP Vom Clubmacher zum Szeneautor<br />

LUC TUYMANS Die Erfolgsgeheimnisse eines Malerstars<br />

PLASTIK STATT JUTE Nachhaltige Mode auf neuen Wegen<br />

ENTDECK DEN DRECK Ist das Landleben wirklich besser?<br />

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