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I. LITERATUR<br />

1* AICHINGER, Ilse, 1921 – 2016. E. Albumblatt m. U. O. O. 6.III.1984. 1 S. gr.-4 o .<br />

(600.—)<br />

„Die Zweige hochbinden, / die Früchte lösen, / der Angst im Wege sein, / den Träumen beistehen, / immer.“<br />

Geschrieben zum 70. Geburtstag von Helene Ritzerfeld im Suhrkamp-Verlag als „ein Zeichen des Dankes<br />

und herzlichen Zuneigung“.<br />

Beiliegend Gratulationen zum selben Anlass von Peter Handke (e. Br. m. U.) und Gertrud Leutenegger<br />

(e. Albumblatt m. U., mit Portraitphotographie am Kopf).<br />

2 ANNUNZIO, Gabriele d’, 1863 – 1938. E. Br. m. U. O. O. u. D. „6 nov.“ (nach 1918). 1 S.<br />

folio. Emblem der „Squadra di San Marco“ am Kopf. Mit gesiegeltem Umschlag. (250.—)<br />

An „Comm[andante] Giovanni Rizzo … Urgente“ in einer Presseangelegenheit.<br />

„… anche una volta mi raccomando a te poiché tu impedisca che le mie parole – riprodotte direttamente!<br />

siano falsate ingoffate appesantite dalle gazzette.<br />

Il mio ‘spirito’ non può essere toccato da mani maldestre e da interpreti frettolosi …“<br />

3 — E. Br. m. U. Wohl Gardone Riviera 28.VI.1926. 2 S. folio. Am Kopf eine Vignette mit<br />

der Devise „Memento Audere Semper“. Minimal fleckig. (300.—)<br />

Nach den Angaben eines Vorbesitzers an Madame Nain, die Ehefrau des französischen Reeders Raymond<br />

N., mit einer Einladung auf seinen Kreuzer Puglia. – 1923 hatte d’Annunzio begonnen, militärisches<br />

Kriegsgerät in seiner Villa am Gardasee auszustellen.<br />

„… J’aurais aimé vous faire entendre, cet après-midi, à bord de mon cuirassé, un concert de mon Quatuor<br />

à cordes.<br />

Donna Maria vous prie de venir déjeuner à notre table franciscaine demain mardi, à une heure. J’enverrai<br />

une voiture vous prendre à l’Hotel. / Mes félicitations à l’Epoux heureux …“<br />

4 ARNIM, Bettina von, geb. Brentano, 1785 – 1859. E. Br. m. U. Berlin 10.II.1847 (<strong>Poststempel</strong>).<br />

1 S. gr.-4 o . Mit zerteiltem Siegel und Adresse. Kleine Faltenrisse und Siegelstelle<br />

ausgebessert. (800.—)<br />

An Rudolf S t a d e l m a n n , der damals am landwirtschaftlichen Institut der Universität Jena studierte.<br />

Er möge sich so schnell wie möglich mit ihr in Verbindung setzen.<br />

„… Ich habe Ihnen Mittheilungen zu machen die Ihnen von Intresse sein können und bitte daher daß Sie<br />

mir sogleich … melden ob Sie in diesem Augenblik in Jena sind und ob eine Mittheilung welche für Ihr<br />

persönliches Intresse manches zu erwägende enthält Ihnen in diesem Augenblik noch von Wichtigkeit sein<br />

dürfte, oder ob Ihr Schiksal für die nächste Zeit schon eine Bestimmung hat – Vielleicht wär es möglich<br />

Ihnen ein rendévous zu geben wo man sich persönlich mit Ihnen besprechen könnte … Adresse an Frau<br />

von Arnim: Berlin. / abzugeben Wilhelmstr N. o 74 im Hause des Herrn Minister von S a v i g n y …“<br />

8


I. LITERATUR<br />

Nr. 4 Bettina von Arnim<br />

9


I. LITERATUR<br />

5 BALZAC, Honoré de,<br />

1799 – 1850. E. Br. m. U. Paris<br />

30.V.1849. 1 S. gr.-8 o . Mit<br />

seinem (etwas verdrückten)<br />

Siegel im Text. Leicht fleckig,<br />

linker Rand unregelmäßig.<br />

(3.000.—)<br />

An das Modegeschäft (M. Doctor<br />

Sohn) in Frankfurt a. M.,<br />

bei dem er mit seinem Wappen<br />

bestickte Taschentücher in Auftrag<br />

gibt.<br />

„… voici les armes à broder dans<br />

la coin de mes mouchoirs, en les<br />

regardant à la loupe vous en<br />

verrez bien les détails. Vous ferez<br />

le support … dans les lettres de<br />

la devise et vous aurez soin de les<br />

tisser triple …<br />

Tenez les 24 chemises ou les 24<br />

mouchoirs prêts pour le 1 er 7 bre<br />

au lieu du 15 aout, car je ne sera<br />

pas avant à Francfort.“<br />

Die Details von Balzacs Wappen<br />

sind auf dem Siegelabdruck<br />

nicht mehr zu erkennen.<br />

„en pleine misère“<br />

6* BAUDELAIRE, Charles, 1821 – 1867. E. Br. m. U. „C. B.“ (Paris) 16.I.1858. 1 S. kl.-<br />

8 o . (6.000.—)<br />

An einen Freund (Armand de Mesnil?) wegen seines beim Unterrichtsministerium eingereichten Gesuchs<br />

um finanzielle Unterstützung.<br />

„… pour le coup je suis en pleine misère.<br />

Est-ce qu’une bonne âme, celle que cela concerne, ne pourrait vraiment pas offrir tout de suite ce papier<br />

à la signature ministerielle, ou bien cette signature aurait-elle été refusée? …“<br />

Zwei Tage später bewilligte ihm der Minister eine Unterstützung von 100 Francs für seine „Nouvelles<br />

Histoires Extraordinaires“.<br />

Correspondance I S. 446 f.<br />

10


I. LITERATUR<br />

Nr. 6 Charles Baudelaire<br />

11


I. LITERATUR<br />

7* BECHSTEIN, Ludwig, 1801 – 1860. E. Br. m. U. Meiningen 29.IV.1852. 1 2 ⁄3 S. gr.-8 o .<br />

Schwach tintenfleckig. Kleine Nadelspur. (250.—)<br />

An einen Herrn mit Empfehlungen für den „studiosus juris Mauser“, Sohn seines „Amtsvorgängers im<br />

Hennebergischen Gesammtarchiv“, „mit der Bitte, demselben einige freundliche Winke bezüglich seiner<br />

Studien u. Collegien zu geben, u. meine Freiheit nicht übel zu deuten, wenn ich dabei nochmals anzufragen<br />

mir erlaube, wie es denn mit dem vom Frl. Wolff gehabten, durch Ihre Güte zurückverlangten u.<br />

zurückerhaltenen seltnen Buche aus hiesiger Herzogl. Bibliothek steht …“<br />

8* BEER-HOFMANN, Richard, 1866 – 1945. 15 e. Br. m. U. und 1 e. Feldpostkarte m. U.<br />

Wien, Bad-Ischl, New York, Woodstock, NY, Lake Placid, NY und o. O. 5.III.1912 bis August<br />

1945 und o. D. 19 S. gr.-4 o bis quer-kl.-8 o . Leicht fleckig. Einige kleinere Rand- und Faltenschäden.<br />

Mit 5 Umschlägen. (2.000.—)<br />

An den Wiener Psychoanalytiker Theodor Reik über beider Schaffen. Reik, ein Schüler Freuds, nutzte<br />

als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage für eine literaturkritische Studie; nach seiner Emigration<br />

gründete er in Amerika die „National Psychological Association for Psychoanalysis“.<br />

Wien 3.V.1913. Über eine von Reik veranstaltete „Matinée“, die Beer-Hofmann zum Thema hatte.<br />

„… Wollen Sie … sich vergewissern … ob es mich sympathisch berühren wird zu hören, dass Sie diese<br />

Conference halten, so freut es mich Ihnen ‘Ja’ sagen zu können.<br />

Sie erwähnen auch der kleinen Brochure über mich, die Sie mir seinerzeit zusandten … Ich fand – und<br />

finde noch – dass es dem Dichter geziemt, hinter seinem Werke zu stehen. Und, bescheiden – oder hochmütig,<br />

wenn Sie wollen – habe ich seit jeher es abgelehnt, für meine Person in Anspruch zu nehmen, was<br />

meinem Werke galt …“<br />

Wien 15.V.1918. „… Es tut mir sehr leid, dass ich Sie nicht mehr sehen kann. Wenn Sie irgendetwas von<br />

hier brauchen, wenden Sie Sich doch an mich. Den Handkommentar nehmen Sie ruhig an die Front<br />

mit …“<br />

Wien 5.I.1935. „… Hier, die gewünschten – verlorengegangenen Verse in einem Facsimile, das die<br />

Schweizer Zeitschrift ‘Corona’ brachte. Dann noch, die ‘Herakleitische Paraphrase’ (aus einem<br />

‘Geburtstagbuch’ für Martin Buber). Lassen Sie mich – bitte – mit zwei Zeilen wissen, ob unter dem<br />

Verlorengegangenen sich irgendwas von mir befand, damit ich es Ihnen schicken kann – vor Allem, ob<br />

‘Der junge David’, der vor einem Jahr erschien, in Ihren Händen ist …“ – „Der junge David. Sieben<br />

Bilder“, zweiter Teil der unvollendeten Trilogie „Die Historie von König David“, erschien erstmals 1933.<br />

Woodstock 12.IX.1941. Aus der Emigration. „… Die Nachricht vom ‘Fertigsein’ der Übersetzung von<br />

‘Jaákobs Traum’ ist nur sehr bedingt richtig – aber wie immer es sich gestalten mag, werden sich kaum<br />

irgendwelche Folgen daraus ergeben – was mich, wirklich, nicht weiter berührt – zu weit liegt das Alles<br />

hinter mir – für mich nur mehr ferne – nicht unfreundliche – Legende …“ – „Jaákobs Traum“ war bereits<br />

1918 erschienen.<br />

Lake Placid 3.VIII.1942. „… das ‘Schlaflied’ ist von Prof. Sol Liptzin (vom City College N.Y. der 1936<br />

das Buch über mich hier veröffentlichte) übersetzt. Abzüge hievon habe ich in N.Y. und kann Ihnen …<br />

einen schicken. Erschienen ist es … in der Vierteljahrschrift ‘Poete Lore’ …“ – Die Erstausgabe des<br />

Werkes war 1919 in Berlin erschienen.<br />

12


I. LITERATUR<br />

9* BENDA, Julien, 1867 – 1956. Eigenh. Manuskript. (1939.) 8 S. kl.-4 o . (150.—)<br />

Satzvorlage seines Artikels „On reprend espoir …“ für die Zeitschrift „Les Volontaires“, Paris (1939,<br />

Heft 2). Beginnt:<br />

„La déclaration parue en cette place il y a un mois, signée par un groupe d’hommes jeunes et forts, dont<br />

on ne pourra pas prétendre que s’ils acceptent l’idée d’une guerre pour sauvegarder leur idéal / c’est<br />

qu’en raison de leur âge ils ne la feraient pas, me semble un appoint décisif pour la cause de cet idéal …“<br />

– Mit Streichungen und Korrekturen.<br />

Beiliegend ein e. Br. m. U. an den Verleger Emile Paul, dem er seinen Freund Julien Cremieu empfiehlt<br />

(Cannes 1919).<br />

10* BENN, Gottfried, 1886 – 1956. E. Br. m. U. Berlin 26.III.1949. 1 S. gr.-8 o . Kleiner Faltenriss.<br />

Schwach fleckig und gebräunt. Verso Montagereste. (600.—)<br />

An den Rechtsanwalt Adolf Stier tom Moehlen, der ihm von seiner Jugend erzählt hatte.<br />

„… weil Ihr Brief sehr liebenswürdig ist und Sie ein Bekannter von meinem werten Herrn O e l z e sind,<br />

sende ich Ihnen sofort meinen Dank. Es ist freundlich von Ihnen, mir Ihre Zustimmung zu einigen meiner<br />

Produkte auszusprechen.<br />

Ich vermute aber, dass Sie selber nicht schweigen werden, sondern an die Öffentlichkeit treten. Wenn das<br />

der Fall ist, bitte ich Sie, es mich durch Herrn Oelze wissen zu lassen, damit ich mich orientieren kann,<br />

über was Sie arbeiten …“<br />

11* BERNHARD, Thomas, 1931 – 1989. E. Albumblatt m. U. O. O. (Frühjahr 1984.) 1 ⁄2 S.<br />

folio. Auf kräftigem Papier. (1.200.—)<br />

Gratulation zum 70. Geburtstag von Helene Ritzerfeld im Suhrkamp Verlag.<br />

„Zum 6. März die besten Wünsche für / Helene Ritzerfeldt / von / Thomas Bernhard“.<br />

Albumblätter von Thomas Bernhard sind s e h r s e l t e n .<br />

12* BLYTON, Enid, 1897 – 1968. E. Kunstpostkarte m. U. Green Hedges (Beaconsfield)<br />

28.IV.1955 (<strong>Poststempel</strong>). Kleiner Randeinriss. (300.—)<br />

An einen Verehrer in London, der ihr eine Spende geschickt hatte.<br />

„… Thank you very much for your generous gift, sent even before you heard me broadcast! Your’s is<br />

the first gift from a child and I think it is very kind of you. I am sending it to the Spastics centre on Sunday<br />

…“ – Auf der Bildseite eine farbige Abbildung der „The Famous Five“: „Good Luck to you from the<br />

Famous Five“.<br />

Blyton sammelte Spenden für wohltätige Zwecke durch Kindergruppen und ihr „Enid Blyton Magazine“.<br />

13


I. LITERATUR<br />

13* BOBROWSKI, Johannes, 1917 – 1965. E. Br. m. U. „Johannes B.“ (Berlin) 12.XII.1960.<br />

2 S. 4 o . Gelocht (minimaler Buchstabenverlust), am linken Rand schwach gebräunt. (600.—)<br />

Inhaltsreicher Brief an Ulrich Kabitz, Lektor im Christian Kaiser Verlag, München, dem er für den<br />

Druck von Pieter Arie Hendrik de Boers Vortrag „Gedenken und Gedächtnis in der Welt des Alten Testaments“<br />

dankt.<br />

„… Der de Boer ist mir sehr sympthisch und ich glaube auch nützlich. Manchmal freilich wirkt die Unbefangenheit<br />

ein wenig forciert. Es kommen dann Vereinfachungen heraus, die allein den Propheten – vom<br />

alten Bund bis Niemöller – anstehn und gegen die ich mich sonst wehre. Das ‘Ja Ja – Nein Nein’ wie das<br />

‘Wer nicht für mich ist der ist wider mich’ sind auf Christus bezogen, in der Welt haben wir Angst – Angst<br />

als Beweis unserer Heterogeneität, wie Hamann sagt. Daß Christen fröhliche Leute seien, kommt auch<br />

‘aus der Transzendenz’. Das weiß de Boer natürlich, nur der Vortrag hat leicht einen Zug ins Praktische,<br />

d. h. in den Positivismus, als hätten wir unsere bleibende Statt auf Erden …“<br />

Im Folgenden über den von ihm lektorierten Gedichtband „der du nach babel gezogen“ von Hanna-Heide<br />

Kraze. „… das ist wahr, die Poeten verrennen sich leicht in ihren Landschaften, die man ‘das Poetische’<br />

heißt. Vielleicht ist unsereins auch besonders empfindlich, allergisch für Blubo. Die jungen Leut, mit<br />

denen ich dar[üb]er sprach, hatten die Problematik gar nicht gesehen. Aber Sie haben recht, wir müssen<br />

da aufmerksam sein, es gibt schon längst wieder Grund, ‘den Anfängen zu wehren’ …“<br />

Sehr selten.<br />

14* BÖLL, Heinrich, 1917 – 1985. Br. m. U. und 2 e. Korrekturen. Köln-Müngersdorf 17.XI.<br />

1961. 1 S. gr.-8 o . Mit gedrucktem Briefkopf. (200.—)<br />

An den Schriftsteller und Germanisten Henry Strutz, der ihm eine Interpretation seiner „Erinnerungen<br />

eines jungen Königs“ zur Beurteilung gesandt hatte.<br />

„… Ich habe natürlich nicht an ein bestimmtes Land gedacht, nicht einmal an ein Balkanland, auch die<br />

Assoziation: Capota-caputt, Piggi (P G) usw – – sind mir vollkommen neu, was gar nicht bedeutet, dass<br />

Sie unbedingt unrecht haben. Interpretation kommt ja immer von aussen …“<br />

15 — E. Br. m. U. Köln-Müngersdorf 3.XII.1961. 1 S. gr.-8 o . Mit gedrucktem Briefkopf.<br />

(200.—)<br />

An den Schriftsteller und Rundfunkredakteur Gert Kalow, der zehn Jahre zuvor seinen Erstling „Der<br />

Zug war pünktlich“ besprochen hatte.<br />

„… Ich selbst hab nie gewußt, was ‘kleinbürgerlich’ bedeutet – weiß es bis heute nicht. Schwamm drüber<br />

also! …“ – Mit Bleistift von fremder Hand links unten: „anbei: Salinger-Kurzgeschichten“.<br />

Beiliegend ein Ausschnitt mit der erwähnten Besprechung Kalows, erschienen in „Forum Academicum“<br />

Nr. 2/3 1951, wo er die Leser mahnte: „Merken Sie sich diesen Namen: Heinrich Böll“.<br />

16* — E. Br. m. U. Köln 10.III.1968. 1 S. gr.-8 o . Kariertes Papier. (180.—)<br />

An einen Herrn, bei dem er sich für die späte Antwort auf einen Brief entschuldigt. Er sei „sehr lange<br />

außer Gefecht gesetzt“ gewesen und fühle sich vor allem durch die „ständige Gefahr der Resignation“ in<br />

seinem Land sehr erschöpft.<br />

14


I. LITERATUR<br />

17 BÖRNE, Ludwig, 1786 – 1837. E. Schriftstück. (Paris 1835/36.) 1 S. quer-schmal-8 o<br />

(Abschnitt eines größeren Blattes). Verso kleine Montagereste. (200.—)<br />

Notizen zu zwei im Jahr 1835 erschienenen Werken.<br />

„Pelerinage, par Edouard d’Anglemont / L’auteur a dédié son ouvrage: au roi de France. À la bonne<br />

heure!, nous aimons les rois idéals.<br />

Au-delà du Rhin 1 vol. (la politique)“ von Eugène Lerminier; Exzerpte aus dem Vorwort: „‘j’ai voulu<br />

être clair sur un sujet obscur, court sur un sujet immense, et ma crainte est de n’avoir pas assez atteint<br />

la concision préméditée.’<br />

‘Si toujours la loi de l’esprit français a été comme celle du génie romain, la compréhension énergique et<br />

substantielle des choses, combien plus aujourd’hui!’“ – Die erste Notiz ist durchgestrichen; am Kopf das<br />

irreführende Datum „6 Aout 1822“.<br />

18 BOIE, Heinrich Christian, 1744 – 1806. E. Schriftstück m. U. Hannover 31.III.1777.<br />

1<br />

⁄2 S. kl.-4 o . Leicht fleckig. (250.—)<br />

Quittung für den Verleger Johann Friedrich Weygand.<br />

„Daß mir des H. Weygands HochEdelgebornen für das erste Quartal des D e u t s c h e n M u s e u m s nach<br />

einer beygefügten Abrechnung, die ich vollkommen billige, zur Theilung mit H. Profeßor D o h m 100<br />

Rthlr in 20 vollwichtigen Louisd’ors, gesandt, und daß ich überhaupt, weder für das jezige noch das<br />

vorige Quartal, etwas weiter zu fodern habe, solches bescheinige hiedurch.“<br />

Seit dem Vorjahr gab Boie zusammen mit Christian Wilhelm v. Dohm das „Deutsche Museum“, den<br />

Almanach des Hainbundes, heraus.<br />

19* BORCHERT, Wolfgang, 1921 – 1947. Widmungsexemplar seiner ersten Buchveröffentlichung<br />

„Laterne, Nacht und Sterne“. Hamburg: Hamburgische Bücherei, 1946. Kl.-8 o . Blaue<br />

Orig.-Broschur mit Rot- und Golddruck. Umschlagzeichnung von K. Gäfgen. – Erste Ausgabe<br />

(W/G 2 1). Heftklammern angerostet, ohne Abfärbung aufs Papier. Kapitale mit geringen Fehlstellen.<br />

(1.200.—)<br />

Auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung an den Pfarrer und Schriftsteller Albrecht G o e s : „Für<br />

Albrecht Goes – als ein nach Hamburger Köm duftender Gruß / von Wolfgang Borchert / März 1947“.<br />

Autographen des früh verstorbenen Dichters sind von g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .<br />

15


I. LITERATUR<br />

20 BRECHT, Bertolt, 1898 – 1956. E. Schriftstück. 1 S. gr.-8 o . Wohl nach 1941. Roter<br />

Kugelschreiber. Konzeptpapier. Linke obere Ecke abgerissen. Längerer Einriss im Blatt mit<br />

Klebefilm hinterlegt. (400.—)<br />

Teil einer Auflistung seiner Werke.<br />

„3) Mahagonny<br />

3 Grosch[en]oper<br />

4) H. Joh. der Schlachthöfe<br />

Rundköpfe<br />

Mutter<br />

5) Der gute Mensch Rundköpfe<br />

Punt<br />

Carrar<br />

Furcht und Elend<br />

Carrar<br />

6) Jasager. Ausnahme<br />

…<br />

…<br />

…<br />

Badener Lehrstück<br />

Horatier“<br />

21 — Typoskript (Durchschlag) mit zwei eigenh. Korrekturen (roter Kugelschreiber). 2 ⁄3 S.<br />

folio. Durchschlagpapier. Etwas gebräunt. Kleine Randläsuren. (400.—)<br />

„Texte für Kanon<br />

M a r x und E n g e l s lebten in den finstersten und grausamsten Zeiten. Sie waren die heitersten und<br />

zuversichtlichsten Menschen.<br />

Du, der du sitzest im Buge des Bootes<br />

Siehst du am unteren Ende das Leck<br />

Wende lieber den Blick nicht weg<br />

Denn du bist nicht aus dem Auge des Todes.“<br />

Der Vierzeiler aus den „Svedborger Gedichten“. – Berliner und Frankfurter Ausgabe Band 12, Seite 81.<br />

„Was ist das: es ist weiss<br />

Wie die Wolke dort am Himmel.<br />

Und sieht hinten grad so gut wie vorn?<br />

Toter Schimmel.“<br />

Unter der Überschrift „Rätsel“ (entstanden 1950) in der Berliner und Frankfurter Ausgabe Band 15, S.<br />

220.<br />

Für die Überschrift wurde rotes Farbband benutzt. Die vorletzte Zeile im 3. Kanon ist verändert aus:<br />

„Und sieht vorn so gut wie hinten?“<br />

16


I. LITERATUR<br />

22 — Typoskript mit 5 eigenh. Zeilen am Unterrand (roter Kugelschreiber). 1954. 1 S.<br />

folio. Durchschlagpapier. Überschrift mit rotem Farbband. Unterstreichungen wohl von fremder<br />

Hand. Etwas gebräunt. (400.—)<br />

Aus dem „ K a u k a s i s c h e n K r e i d e k r e i s “ . Szene aus Abschnitt 4. – Das Stück war 1944/45 in Santa<br />

Monica entstanden und 1948 in Northfield, MN uraufgeführt worden; das Blatt stammt aus der Fassung<br />

von 1954, dem Jahr der Berliner Erstaufführung.<br />

„...… und jetzt gehst du mit mir in die Scheuer, damit sich der Gerichtshof den Tatort betrachten kann,<br />

Ludowika.<br />

Auf der Georgischen [sic!] Heerstrasse wird der Azdak von seinen Panzerreitern auf seinem Richterstuhl<br />

von Ort zu Ort getragen. Hinter ihm Schauwa, der den Galgen schleppt und der Knecht, der den kleinen<br />

Falben führt.<br />

Der Sänger zusammen mit seinen Musikern<br />

Als die Obern sich zerstritten,<br />

war’n die Untern froh, sie litten<br />

nicht mehr gar so viel Gibher und Abgezwack.<br />

Auf Georgiens“ – von fremder Hand korrigiert in „Grusiniens“ – „bunten Strassen<br />

gut versehn mit falschen Maassen<br />

zog der Armeleuterichter, der Azdak.<br />

Und er nahm es von den Reichen<br />

und er gab es Seinesgleichen<br />

und sein Zeichen war die Zähr’ aus Siegellack.<br />

Und beschirmet von Gelichter<br />

zog der gute schlechte Richter<br />

Mütterchen Grusiniens, der Azdak.<br />

Der kleine Zug entfernt sich.“<br />

Am rechten Unterrand fügt Brecht an: „folgt: / der Sänger gemeinsam / mit seinen Musikern / kommt ihr<br />

zu dem lieben / Nächsten“.<br />

Mit wenigen Abweichungen vom Druck a. a. O. Band 8, Seite 166.<br />

„wie ist es mit der Musik?“<br />

23* — Br. m. U. „brecht“ (Kugelschreiber). Berlin 14.III.1955. 3 ⁄4 S. folio. Auf seinem personalisierten<br />

Briefpapier des „Berliner Ensembles“. Auf Karton montiert (Klebespuren an den<br />

Ecken durchscheinend). (400.—)<br />

An seinen Übersetzer Eric B e n t l e y, wohl über eine geplante amerikanische Aufführung des „Kaukasischen<br />

Kreidekreises“ durch Howard Da Silva.<br />

„… Was Da Silvas Plan betrifft, so wäre ich sehr interessiert, müßte aber noch etwas über die Besetzung<br />

wissen, auch über das Theater.<br />

Etwas unbillig erscheint es mir, dass ich für nahezu ein Jahr das Stück nicht vergeben könnte, während<br />

von ihm keine Gewähr für eine Aufführung vorhanden ist. Für eine Option müßte er zweifellos eine<br />

bestimmte Summe zahlen. Wenn ihm das nicht möglich ist, kann ich ihm jetzt schon versichern, daß ich<br />

ihn von jedem Angebot unterrichten werde.<br />

Gut wäre es, wenn er sich die hiesige Aufführung oder die in Frankfurt am Main ansehen würde. Das<br />

Stück ist nicht leicht zu inszenieren, und er könnte von uns allerhand Hilfe bekommen (Masken, Figurinen<br />

usw.) Wir machen es jetzt bei vielen ausländischen Aufführungen so, dass jemand herkommt. / Ja,<br />

und wie ist es mit der Musik? Das ist eine Hauptfrage …“<br />

A. a. O. Band 30 Nr. 2026.<br />

17


I. LITERATUR<br />

(B. Brecht)<br />

24 — Br. m. U. „Ihr / brecht“ (Kugelschreiber). Berlin 31.III.1956. 2 ⁄3 S. quer-gr.-8 o . Auf<br />

seinem personalisierten Briefpapier des „Berliner Ensembles“. Gelocht. (300.—)<br />

An den Regisseur Erich E n g e l , der als Oberspielleiter an das Theater am Schiffbauerdamm zurückgekehrt<br />

war und die von Brecht begonnene Inszenierung des „Leben des Galilei“ übernommen hatte.<br />

„Lieber Engel, / ich danke Ihnen sehr, für die Übernahme der Proben. Ohne Sie wäre die ganze Arbeit<br />

vermutlich jetzt einfach zusammengefallen. Es ist angenehm, wieder mit Ihnen zusammen zu arbeiten<br />

…“<br />

Engel hatte 1928 die Premiere der „Dreigroschenoper“ inszeniert. Nach Brechts Tod im August des Jahres<br />

brachte er 1957 den „Galilei“ zur Aufführung.<br />

A. a. O. Band 30 Nr. 2317.<br />

25* BRENTANO, Clemens, 1778 – 1842. E. Billett m. U. (München) 7.X.1840. ½ S. quer-gr.-<br />

8 o (Ausschnitt aus einem größeren Blatt). Schwach fleckig. Verso Montagereste. (600.—)<br />

An einen Herrn Oldenburg von der Cotta’schen Verlagsanstalt, auf einer Rechnung („Nota“) für Anna<br />

Barbara Sendtner vom 21. September für die Lieferung des Werkes „Pierre saintive“ von Louis Veuillot.<br />

„Ich ersuche … dieses Buch, das eigentlich für mich bestellt war, auf meine Rechnung überzutragen /<br />

Mit Hochachtung / Clemens Brentano“.<br />

Anna Barbara Sendtner, die Schreiberin seiner religiösen Spätwerke, war am 5. Oktober verstorben,<br />

wenige Tage nachdem sie Brentano zu sich in ihre Wohnung aufgenommen hatte.<br />

26 BROD, Max, 1884 – 1968. 1 e. Ansichtskarte m. U. und 2 e. Postkarten m. U. Prag<br />

und Wien 21.XII.1907, 4.VIII.1908 und 2.X.1908. Teilweise leicht fleckig. Eine Karte mit<br />

Knickspuren, eine mit großflächigem Stempel über dem Text. (300.—)<br />

An die ihm befreundeten Schriftsteller Max und Viktor Fleischer.<br />

Prag 21.XII.1907. „… leider hatte ich gerade in diesen Tagen so schrecklich viel zu tun (auch in N.N.<br />

Gericht), daß ich Ihren Einladungen nicht nachkommen konnte. Wenn Sie nächstens nach Prag kommen,<br />

besuchen Sie mich aber ganz sicher! Es würde mich sehr freuen …“<br />

Wien 2.X.1908. An Max Fleischer. „… ich bin auf der Durchreise hier und sitze heute abends 9 Uhr im<br />

Café Museum. Ich wäre froh, wenn Sie da wären. – Ich höre, daß Ihr Bruder und Z w e i g nicht hier<br />

sind. Sonst hätte ich sie gern auch eingeladen …“<br />

Stefan Zweig war den Brüdern seit seiner frühesten Studienzeit in Wien freundschaftlich verbunden.<br />

27* — E. Br. m. U. Prag o. D. (wohl 1925). 1 S. gr.-8 o . Gedruckter Briefkopf „Prager Tagblatt“.<br />

Gelocht. (300.—)<br />

An den Schriftsteller f. O. Hallener, der neben anderen Beiträgen auch eine Besprechung von Brods<br />

Roman „Reubeni, Fürst der Juden“ angeboten hatte.<br />

„… Die Kritik über die Gal-Uraufführung erscheint. – Über ‘Liliane’ wurde bei uns schon referiert.<br />

Ich freue mich sehr, daß ‘Rëubeni’ Ihnen gefallen hat. Nach anfänglich großem Erfolg (auch in der<br />

Kritik) ist es jetzt etwas still um das Buch geworden. Eine Besprechung von Ihnen käme mir daher sehr<br />

erwünscht …“<br />

Beiliegend 2 signierte Portraitphotographien (1919 und 1964).<br />

18


I. LITERATUR<br />

28 BRÜCKNER, Ernst Theodor Johann, mecklenburgischer Pfarrer und Dichter, Mitglied<br />

des „Hainbundes“, mit Johann Heinrich Voß befreundet, 1746 – 1805. E. Br. m. U. Großen<br />

Vielen 7.VII.1777. 4 S. 4 o . Kleine Heftschäden. (400.—)<br />

An einen Freund und Amtsbruder über den schweren Stand, den rationalistische Strömungen gegen die<br />

in Mecklenburg herrschende lutherische Orthodoxie hätten.<br />

„… Wir sind hier so geschäftig, uns auf alle Weise gegen den Einbruch Ihres Lichtes zu verwahren, und<br />

Sie müssen uns nun so ruhig machen lassen, was wir wollen? Das ist traurig. Doch unsre Geschäftigkeit<br />

ist vielleicht ein gutes Zeichen, daß wir Gefahr baldiger Niederlage fühlen. Hier hört man oftmalige Predigten<br />

wider die Ketzer, und auf den Synodal Versammlungen schliesset man Bündniße, und eifert was<br />

rechtes … Vielleicht wird gar meine Toleranzpredigt, die ich vor einigen Jahren gehalten, nachdrücklich<br />

widerlegt werden … Ich bin zwar in die Ketzerey noch nicht so weit hinein, wie Sie und H. Dr. Teller,<br />

ich … könnte noch manches gelten lassen, aber es ist wahr, daß ich nur gar zu vieles nicht mehr getrost<br />

unterschreiben könnte …“<br />

Gemeint ist der Theologe Johann Friedrich Teller (1739 – 1816), dessen „Wörterbuch des Neuen Testaments“<br />

Brückner erwähnt; erwähnt ferner u. a. den Theologen Christian Albrecht Döderlein (1714 – 1789)<br />

und den kürzlich verstorbenen Verfechter der Orthodoxie Gotthilf Traugott Zachariä (1729 – 1777).<br />

29 BÜRGER, Gottfried August, 1747 – 1794. E. Br. m. U. Gelliehausen 29.VI.1773. 1 1 ⁄2 S.<br />

folio. Stark fleckig und gebräunt. (800.—)<br />

An den Schultheiß Johann Ernst Lockemann in Benniehausen, der einen gerichtlichen Beschluss öffentlich<br />

bekannt zu geben habe, da „gemeldet worden, wie auf den Wege an dem Lerchenberge nach Benniehausen<br />

herunter das wilde Wasser an einigen Orten und besonders unten am Dorf dadurch großen<br />

Schaden verursache, daß die Besitzer der dort liegenden Ländereÿ ihre Furchen nicht offenhalten,<br />

solches aber ein jeder allerdings zu thun und sein wildes wasser selbst aufzunehmen verbunden ist …“<br />

Es werde allen „Eigenthümern der Landereÿ“ bei „Straffe anbefohlen, binnen zweÿ Tagen, nach<br />

Bekanntmachung dieses Befehls, ihre Furchen hinlänglich zu öffnen …“ – Am Schluss Zusätze von<br />

fremder Hand.<br />

30 — E. Br. m. U. Wöllmarshausen 17.XI.1775. 3 S. folio. Ränder leicht gebräunt; ein<br />

Eckchen fehlt. (1.200.—)<br />

An seine „Principales“, die Herren von Uslar, u. a. wegen der Anschaffung von „einem brauchbaren<br />

Repositur-Schranke“.<br />

„… Nachdem ich die mir in gänzlicher Unordnung und Verwirrung zugelieferte Gerichts und LehnRegistratur<br />

mit langer und vieler Mühe auseinander gesuchet und dergestalt in Ordnung gebracht habe,<br />

daß ich alle vorhandene Actenstücke in wenigen Minuten aufzufinden mich getraue, so fehlet es mir zur<br />

Conservation der Ordnung an einem brauchbaren Repositur-Schranke für die Lehns Sachen, welcher<br />

wegen der darinn mit aufzubewahrenden Lehnbriefe und andern Documente, wie auch der Gelder, wenn<br />

Vorrath vorhanden ist, eine eigne Einrichtung erfodert. Ich frage also gehorsamst an:<br />

Ob ich dergleichen Repositur-Schrank verfertigen laßen und in Rechnung bringen solle? …“<br />

Des Weiteren mit der Anfrage, ob er zudem ein „öffentliches GerichtsHandbuch“ und ein „öffentliches<br />

GerichtsConfirmations und Hypothekenbuch … verfertigen laßen und in Rechnung bringen solle“, sowie<br />

über die „Wiederherstellung des alljährlichen Land- und WrugenGerichts“.<br />

Seit 1772 war Bürger Gerichtshalter an dem v. Uslarischen Gericht Altengleichen mit Sitz in Gelliehausen.<br />

Siehe die Abbildung auf Seite 21.<br />

19


I. LITERATUR<br />

31* CAMUS, Albert, 1913 – 1960. Widmungsexemplar: „Le Malentendu. Pièce en trois actes. /<br />

Caligula. Pièce en quatre actes.“ (Paris:) Gallimard (1944). 8 o . Rot und schwarz bedruckte<br />

Orig.-Broschur. Papierbedingte leichte Bräunung. – Erste Ausgabe. (2.500.—)<br />

Auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung unter Verwendung eines Teils des Titels an R a y m o n d<br />

Queneau:<br />

„à Raymond Queneau sans malentendu … A Camus“.<br />

Beiliegend der auf gelbem Papier gedruckte Werbezettel des Verlags Gallimard und ein an Queneau<br />

adressierter gedruckter Einladungszettel der Direktion des Théâtre Hébertot zur privaten Uraufführung<br />

von „Caligula“ am 25.IX.(1945).<br />

„1945 wurde die Uraufführung von ‘Caligula’ im Théâtre Hébertot ein Triumph. Der Wahrheit … zuliebe<br />

muß gesagt werden, daß an diesem Triumph auch der Hauptdarsteller beteiligt war, ein noch junger<br />

Schauspieler am Anfang seiner Laufbahn: Gérard Philipe. Als wahnsinniger Caligula, der den Mond<br />

herabfleht, der den Spiegel zerbricht, versetzte Gérard Philipe die Zuschauer in rasende Begeisterung …<br />

Camus und er waren vom ersten Tag an Freunde.“ (M. Lebesque, Albert Camus, Reinbek 1960, S. 69 f.)<br />

32* — Br. m. U. Paris 8.X.1956. 2 ⁄3 S. gr.-8 o . Auf einem Briefbogen der Librairie Gallimard.<br />

Mit Umschlag. (250.—)<br />

An Greta Rau in Zürich.<br />

„… je suis désolé que votre tentative n’ait pas reçu meilleur accueil de Rowohlt et j’espère seulement que<br />

vous trouverez prochainement une meilleure occasion …“<br />

33* — Widmungsexemplar: „Discours de Suède“. Paris: Gallimard (1958). 8 o . Rot und<br />

schwarz bedruckte Orig.-Broschur. Papierbedingte leichte Bräunung. – Erste Ausgabe.<br />

(800.—)<br />

Auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung an die ihm verbundenen italienischen Linksintellektuellen<br />

und politischen Aktivisten Miriam und Nicola C h i a r o m o n t e :<br />

„à Myriam et Nicola avec l’affection fidèle de leur / Albert Camus“.<br />

Der Band enthält die beiden von Camus im Dezember 1957 anläßlich der Entgegennahme des Nobelpreises<br />

gehaltenen Reden.<br />

35* — E. Schriftstück m. U. Paris 12.X.1965. 1 S. quer-8 o (Vorderseite eines Umschlags).<br />

Gelocht. (300.—)<br />

Quittung: „Reçu le solde pour A t e m k r i s t a l l (quatre mille francs) / Paul Celan / Paris, le 12 octobre<br />

1965“. – Der Pressendruck seines Gedichtzyklus, für den seine Frau Gisèle Lestrange acht Radierungen<br />

geschaffen hatte, erschien am 23.IX.1965 in der Edition Brunidor des Verlegers Robert Altmann in Paris.<br />

Beiliegend der von Celan und seiner Frau signierte Druckvermerk des Pressendrucks: „De cet ouvrage,<br />

mis en pages par Robert Altmann et les auteurs, il a été tiré, sur grand vélin de Rives, soixante-dix exemplaires<br />

numérotés de 1 à 70 …“ (1 S. gr.-4 o ).<br />

20


I. LITERATUR<br />

Nr. 30 Gottfried August Bürger<br />

21


I. LITERATUR<br />

36* CHAMFORT, Nicolas, ursprünglich Sébastien Roch Nicolas, 1741 – 1794. Eigenh.<br />

Manuskript. 4 S. 8 o . Leicht fleckig. (1.800.—)<br />

22 aphoristische Antworten (die letzte durchgestrichen) auf die von ihm selbst rhetorisch gestellte Frage<br />

„Pourquoi ne donnez vous plus rien au public?“. – Einige Beispiele:<br />

„1. Cest que le public me paroit avoir le comble du mauvais gout et la rage du denigrement …<br />

3. Cest que je ne dois pas troubler mon repos, parce que la Compagnie pretend qu’il faut divertir la<br />

Compagnie …<br />

8. Gentils hommes de la chambre, Comediens, Censeurs, la Police. B e a u m a r c h a i s …<br />

20. cest que plus mon affiche littéraire s’efface plus je suis heureux.<br />

21. cest que j’ai connu presque tous les hommes celebres de notre tems et que je les ai vu malheureux par<br />

cette belle passion de celebrité et mourir après avoir degradé par elle leur Caractere Moral …“<br />

Von Chamfort stammt die Parole „Guerre aux châteaux, paix aux chaumières“. Er starb an den Folgen<br />

eines Selbstmordversuchs, nachdem er als „Verdächtiger“ verhaftet worden war. Sein Hauptwerk besteht<br />

aus den zahllosen „Maximes et Pensées“, die er Zeit seines Lebens auf Zetteln und losen Blättern (wie dem<br />

hier vorliegenden) notierte und in Kartons ungeordnet sammelte. Nach Chamforts Tod rettete sein engster<br />

Freund Pierre Louis Guinguené (1748 – 1816) einen Teil dieser Produktion, den er 1795 in einer vierbändigen<br />

Ausgabe edierte. Die „Réponses“ finden sich dort im vierten Band; redaktionelle Änderungen im<br />

Manuskript und die Angabe „4 e volume“ stammen vermutlich von Guinguenés Hand.<br />

Sehr selten.<br />

37 CHATEAUBRIAND, François René Vicomte de, 1768 – 1848. E. Br. m. U. Paris 29.VIII.<br />

1823. 1 S. 4 o . Mit Goldschnitt. (250.—)<br />

Als Außenminister an einen Herzog, der eine Gesandtschaft nach Rom aus persönlichen Gründen ablehnen<br />

musste.<br />

„… Je suis désolé … de l’incident qui vous empêche d’aller à Rome: Vous y auriez fait honneur à la<br />

France. Je voudrois qu’il fût en mon pouvoir de lever les obstacles qui vous retiennent …“<br />

38 CHÉZY, Helmina von, geb. von Klencke, Enkelin der Karschin, 1783 – 1856. E. Br. m. U.<br />

„Helmina“. Starnberg 15.V.1832. 4 S. gr.-8 o . Leicht gebräunt. (300.—)<br />

An eine Freundin in Wien („Innig verehrte Frau“), der sie zum Tod einer Angehörigen kondoliert und<br />

über ihr eigenes Schicksal bitter klagt.<br />

„… Ihre trauervollen u. lieben Worte trafen mich im Augenblick der schwierigen u. ermattenden Umsiedlung<br />

nach dem Lande, weil mir die Stadtluft schadet … Meine Seele ist voll Kummer u. Sorge, schwergedrückt,<br />

u. mein Blick in die Zukunft ist trübe. München war der Ort, wo feindliche, böse Gewalten<br />

allein ihre Einflüsse über mein Schicksal übten … Keine Vorstellungskraft reicht an meine Schmerzen …<br />

u. wenn ich, nach heftigem Kampf die Feder nehme, u. schreibe, so geschieht es unter Schluchzen u.<br />

trostlosem Weinen … schreiben Sie mir, recht bald – u. von unserm Kreise, von Pereira’s … Efraims,<br />

Peschier, Traunwieser, Hammer, Buchholz, Arneth … Hören Sie nichts von Maltiz? Wie wird er den<br />

rasenden Entschluß bereuen der ihn von Europa riß! … Die Fr. [Dorothea] v. Schlegel ist noch in Frankfurth?<br />

…“ – Der Dichter und russische Diplomat Appolonius von Maltitz hatte sich 1829 an die Botschaft<br />

in Rio de Janeiro versetzen lassen.<br />

22


I. LITERATUR<br />

Nr. 36 Nicolas Chamfort<br />

23


I. LITERATUR<br />

39* CLAUDEL, Paul, 1868 – 1955. E. Schriftstück. Château de Brangues 28.IX.1948. 1 3 ⁄4 S.<br />

gr.-4 o . Mit gedrucktem Briefkopf. (250.—)<br />

Verzeichnis seiner bei Schweizer und Pariser Verlegern erschienenen – und bald erscheinenden – Werke.<br />

40* COLETTE, Sidonie Gabrielle Claudine, 1873 – 1954. E. Br. m. U. O. O. u. D. 2 S. quergr.-8<br />

o . Blaues Papier. Schwach fleckig. Nadellöcher. (200.—)<br />

An den ihr befreundeten Maler und Bildhauer Mathurin Méheut, von dem sie Abschied nimmt.<br />

„… Je ne veux pas vous laisser ignorer mon départ brusque: je pars pour Genève (Maurice me conduit<br />

et reviendra) jeudi matin. Des amis obligeants qui y vont en voiture, me déposeront. Il s’agit d’un traitement,<br />

et j’ai promis d’y rester six semaines. Six semaines! … Souhaitez-moi bonne chance …“<br />

41* CONSTANT de Rebecque, Benjamin, politischer Publizist, Freund der Madame de<br />

Staël, 1767 – 1830. E. Br. m. U. (Paris) 4.VI. o. J. 1 S. 8 o . Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht<br />

staubfleckig. (300.—)<br />

An den gleichfalls mit Madame de Staël befreundeten Historiker und Philologen Claude F a u r i e l , den<br />

er um eine Auskunft zu dem indischen Nationalepos „Ramayana“ bittet.<br />

„Vous m’avez plongé dans le Ramayan … je vous en remercie. Mais je m’adresse à votre érudition<br />

pour vous demander si une phrase déjà imprimée dans mon livre n’est pas équivoque. Je dis à coté des<br />

Pouranas viennent les deux grandes Epopées, le Ramayan & c. a . Or je vois dans le Ramayan que le<br />

Bovishya-Pourana en fait partie. J’aurais alors au tort de les distinguer si formellement. Je m’humilie<br />

devant votre science comme Ravana auroit du s’humilier devant Rama …“<br />

Constant geht auf das Epos in seinem Werk „De la religion considérée dans sa source, ses formes et son<br />

développement“ (1824-26) ein.<br />

42* COOPER, James Fenimore, 1789 – 1851. E. Br. m. U. „J. Fenimore Cooper“. Dieppe<br />

16.VI.1833. 2 ⁄3 S. 4 o . Mit Siegelspur und Adresse. (600.—)<br />

Von seinem ausgedehnten Aufenthalt in Europa an seinen Verleger Charles Gosselin in Paris. Cooper<br />

entschuldigt sich für seine überstürzte Abreise aus Paris und stellt das Erscheinen eines neuen Werks für<br />

den Sommer in Aussicht.<br />

„… J’ai quitté Paris, par negligeance, sans vous avoir fait la visite qui était dans mon esprit pour plusieurs<br />

jours. Voulez vous avoir la bonté de me mander, aux soins de Mon. Bentley, votre désir à l’égard<br />

des feuilles. Nous serons sur papier, tout à fait, en trois semaines, et nous publierons, j’espère, le 20<br />

Sept. …“<br />

Gosselin, der Verleger Balzacs und Lamartines, brachte Coopers Werke in französischer Übersetzung<br />

heraus.<br />

24


I. LITERATUR<br />

„la patrie du baron de Munschausen“<br />

43* DAUDET, Alphonse, 1840 – 1897. E. Br. m. U. Champrosay (1876). 2 1 ⁄3 S. kl.-8 o . Auf<br />

Briefpapier seiner Ehefrau, der Schriftstellerin Julia Allard. Am Kopf Vermerke von fremder<br />

Hand. (400.—)<br />

An den Verleger der deutschen Ausgaben seiner Romane „Jack“ und „Der kleine Dingsda“, dem er für<br />

die hübsche Ausstattung der Bücher dankt.<br />

„… Je travaille à un roman intitulé ‘ L e N a b a b ‘ que doit publier le journal le Tempo … Je vous<br />

préviendrai quand je serai prêt … D’abord laissez-moi vous dire que vous avez tort, il me semble, de ne<br />

pas faire traduire ‘ Ta r t a r i n d e Ta r a s c o n ‘ que je vous avais envoyé. Dans la patrie du baron de<br />

Munschausen, Tartarin doit faire rire …<br />

J’ai encore ‘ L e s l e t t r e s d e m o n M o u l i n ’ … qui ont eu du grand succès en France …“<br />

44 DICHTER und SCHRIFTSTELLER. – 19. Jahrhundert. Über 50 Autographen, vielfach<br />

e. Br. m. U. (1.600.—)<br />

Darunter Ludmilla Assing (Trier 1860), Berthold Auerbach (1871, dazu ein Brief seiner Frau Nina geb.<br />

Landesmann, 1856), Pierre Jean de Béranger (1853), Alexandre Dumas fils, Ludwig Eichrodt (3), Karl<br />

August Engelhardt (2; 1825 und 1832), Johann Matthias Firmenich-Richartz (2 e. Manuskripte: Fragment<br />

aus „Clotilda Montaleri, 4 S. gr.-4 o , kl. Defekte, und autobiograph. Aufzeichnungen, 8 S. gr.-8 o ; dazu 1<br />

e. Br. m. U., Berlin 1841), K. E. Franzos (1 Br. m. U. und 1 e. Postkarte m. U.), Eduard Heinrich Gehe<br />

(Dresden 1826), Adolf Glaßbrenner, Bernd v. Guseck (d. i. K. G. v. Berneck, 1847), Karl Gutzkow (1861;<br />

montiert), J.G. Hesekiel (6; 1841-46), Karl Hillebrand (1874), Karl v. Holtei (Widmungsblatt), Henry<br />

James (Besitzvermerk in dem Buch „Caractères de La Bruyère“, Paris 1863; dazu seine gestochene<br />

Visitenkarte), Emil Kuh, Fanny Lewald (Postkarte), Paul Lindau (2; dazu ein an ihn gerichteter Brief<br />

der Sängerin Pauline Lucca), Methusalem Müller (3 e. Br. m. U., Leipzig 1818 – 1825), Ernst Ortlepp<br />

(e. Gedicht m. U.), Henriette Paalzow (2), Robert Prutz (1 e. Br. m. U., 1843 und 1 e. Gedichtmanuskript,<br />

5 S. 4 o ), W. H. Riehl (Br. m. U.), Leopold v. Sacher-Masoch (Fragment), Levin Schücking (Manuskript<br />

„Viola“, 18 S. gr.-4 o ), Eugène Scribe, Friedrich Spielhagen, Alfred Tennyson (Briefumschlag), A.v.<br />

Tromlitz (d. i. K. A. F. v. Witzleben; e. Schriftstück m. U., 1828), Ludwig Walesrode (Albumblatt; montiert),<br />

K. G. Th. Winkler (1 e. Gedicht m. U., 2 e. Br. m. U., 1826/30; dazu 3 an ihn gerichtete Briefe)<br />

und Karoline v. Woltmann (2; 1816 und 1842). – Beiliegend ein an Therese Huber gerichteter Brief von<br />

Henriette v. Reden (Berlin 1829), eine gedruckte Danksagung von Wilhelm Raabe (mit Umschlag) und<br />

eine zeitgenössische Abschrift eines Goethe-Gedichts.<br />

45 — 20. Jahrhundert. 41 Autographen, vielfach e. Br. m. U. (800.—)<br />

Peter Altenberg (Manuskript), R. G. Binding, Max Brod, Hermann Burte (2; Federprobe 1937 und<br />

Albumblatt 1949), Hans Carossa (1928), Felix Braun (2; 1 Gedicht), Hermann Claudius (mit Federzeichnung),<br />

Hannsferdinand Döbler (Lebenslauf, 1958), Hans Magnus Enzensberger (3), Max Frisch, John<br />

Galsworthy (1931 an Grete v. Urbanitzky; defekt), Friedrich Gundolf (3; darunter 2 Postkarten), Max<br />

Halbe (Postkarte, 1903), Manfred Hausmann (Billett), Hans Egon Holthusen (2 Gedichte), Friedrich<br />

Huch (1904 an Ferdinand Avenarius; Randdefekte), Karl Krolow (Gedicht), Max Mell (2; 1 Gedicht und<br />

1 Auszug aus „Amor vincit omnia“), Romain Rolland, Eugen Roth, O. A. H. Schmitz (5; darunter 4 Postkarten),<br />

Reinhold Schneider (Gedicht), Wilhelm v. Scholz (Gedicht), K. H. Waggerl (2), Martin Walser (2;<br />

1 Manuskript), Franz Werfel (Albumblatt: Namenszug und Datum) und Karl Wolfskehl (an Heimeran).<br />

25


I. LITERATUR<br />

(Dichter und Schriftsteller)<br />

46 — 19. Jahrhundert. 40 Autographen, meist Briefe oder Albumblätter. Fast durchweg<br />

montiert. (800.—)<br />

Darunter Eduard v. Bauernfeld (2), Friedrich v. Bodenstedt, Felix Dahn, Ch. E. Duboc (Robert Waldmüller),<br />

Georg Ebers, J. G. Fischer (Gedicht), K. E. Franzos, Ludwig Fulda (Postkarte), Philipp Galen,<br />

Emanuel Geibel (Namenszug, als Albumblatt geschrieben), Julius Grosse, Karl Gutzkow, Robert Hamerling,<br />

F.W. Hackländer, Paul Heyse, K. v. Holtei, Gottfried Kinkel, Leopold Kompert, Heinrich Laube,<br />

S. H. v. Mosenthal, Elise Polko, Robert Prutz, Wilhelm Raabe (Postkarte), Emil Rittershaus, Julius<br />

Rodenberg, V. v. Scheffel (Postkarte), Johannes Scherr (2), Levin Schücking, Karl Simrock (Gedicht),<br />

Friedrich Spielhagen und Feodor Wehl.<br />

47 — 20. Jahrhundert. 24 Autographen. (600.—)<br />

Emil Barth (2 e. Gedichte m. U., 1 e. Br. m. U. und 2 Sonderdrucke mit e. Widmung u. U.), Georg Britting<br />

(Widmungsexemplar für Paul Alverdes, 1930), Ashley Dukes (Postkarte, 1925), Herbert Eulenberg<br />

(e. Br. m. U., 1941), Anatole France (e. Br. m. U., Saint-Cloud o. D.), Georg Kaiser (Schriftstück), Arthur<br />

Koestler (Br. m. U., 1977), E. G. Kolbenheyer (Postkarte, 1930), Max Kommerell (1 e. Gedicht m. U., 2<br />

e. Br. m. U., 1 Gedichttyposkript mit e. Widmung auf dem Titel; dazu ein Diktatbrief, Juli 1944, 2 Autographen<br />

seiner Witwe Erika sowie mehrere Drucke), Mechtilde Lichnowsky (e. Br. m. U., 1932), Edmond<br />

Rostand (e. Br. m. U., Paris 1910), Stephen Spender (2 e. Br. m. U., 1962), Jakob Wassermann (Briefumschlag),<br />

Franz Werfel (dito), Alfred Wolfenstein (Billett, 1931) und f.v. Zobeltitz (1928). – Beiliegend eine<br />

gedruckte Danksagung von Heimito v. Doderer (1966).<br />

48 — 18. und frühes 19. Jahrhundert. 23 Autographen, vielfach e. Br. m. U. (600.—)<br />

Anne Claude Philippe Comte de Caylus (Br. m. U., 1739), Benjamin Constant (St. Ouen, 1798), Gerhard<br />

Anton Gramberg (e. Manuskript m. U., 1791; 11 S. 4 o ), Ludwig August Kähler (Canig 1803), August<br />

Friedrich Langbein (2 e. Br. m. U., Leipzig 1780 und Berlin 1811), M. G. Lichtwer (3 Schriftstücke m. U.,<br />

darunter 1 Fragment), Otto v. Loeben (Schriftstück, 1811), J. G. Meusel (1 e. Br. m. U., Erfurt 1771 und<br />

1 e. Schriftstück m. U., 1774, an s. Verleger Gebauer in Halle; dazu eigenh. lexikograph. Notizen auf 13<br />

Zetteln; auf Quartblatt montiert), Adolph Müllner (1826), Gottlieb Wilhelm Rabener (Manuskriptfragment<br />

und Schlussbogen einer Urkunde m. U.), K. W. Ramler (Zahlungsvermerk, 1793), Georg Schaz<br />

(e. Br. m. U., Gotha 1787, an Goeschen), Gustav Gf.v. Schlabrendorff (e. Schriftstück m. U., Madeburg<br />

1784; dazu ein späteres Exzerpt), Karl Spazier (2; 1804 und o. D.) und Johann August Unzer (Altona<br />

1784, wohl an Boie). – Beiliegend ein Albumblatt von Georgine Heyne geb. Brandes (Göttingen 1790).<br />

49 — 20 Autographen von Schriftstellerinnen, vielfach e. Br. m. U. (350.—)<br />

Gertrud Bäumer, Charlotte Birch-Pfeiffer (1851), Lily Braun (e. Postkarte m. U., 1911), Helmina v.<br />

Chézy (1841), Nataly v. Eschstruth (5; 2 e. Br. m. U. und 3 e. Postkarten m. U.), Ottilie v. Goethe, Ida<br />

Gräfin v. Hahn-Hahn (e. Namenszug und Datum), Ellen Key, Fanny Lewald (2; 1 e. Br. m. U. und 1<br />

e. Postkarte m. U.), Eugenie Marlitt, Malvida v. Meysenbug (Fragment), Henriette v. Montenglaut (e.<br />

Gedicht m. U.), Gabriele Reuter (2; 1 e. Br. m. U. und 1 e. Albumblatt m.U) und Clara Viebig (e. Postkarte<br />

m. U.). – Beiliegend 1 e. Br. m. U. und 1 e. Schriftstück von Marianne Bürger, Tochter des Dichters aus<br />

seiner Ehe mit Dorette Leonhart.<br />

26


I. LITERATUR<br />

50 — 20 Autographen. (300.—)<br />

Berthold Auerbach (2), Ernst Moritz Arndt (e. Billett m. U., 1857), Otto Julius Bierbaum (e. Gedicht,<br />

1 S. gr.-folio), Richard Blackmore (Wechsel, Genf 1683), Alphonse Daudet, Heinrich Friedjung, Emanuel<br />

Geibel (e. Gedichtmanuskript), Paul Heyse, Wilhelm Jordan (6; 1848 – 1879), Justinus Kerner (Rezept:<br />

„weißer Arsenik zur Tödtung der Ratten“), Wilhelm Raabe (2), Johann Heinrich Schröder (e. Br. m. U.,<br />

Erfurt 1693) und F. Th. Vischer. – Beiliegend je ein Brief des Verlegers F. A. Brockhaus und seiner Söhne<br />

Friedrich und Heinrich.<br />

51* — Meist 20. Jahrhundert. 17 Autographen. (600.—)<br />

Ilse Aichinger (e. Gedicht m. U., dazu sign. Portraitphotographie), Ingeborg Bachmann (Br. m. U.:<br />

„… Langsam komme ich mir wie ein Schiff vor, das nach mehreren Havarien wieder in Fahrt kommt<br />

…“, Rom 1971), Samuel Beckett (Portraitdruck mit e. Widmung u. U. o. D.), Elias Canetti (e. Br. m. U.,<br />

o. O. 1981), Max Frisch (Br. m. U., Berzona 1980), Peter Handke (1 e. Br. m. U. und 1 e. Billett m. U.,<br />

Kronberg u. o. O. 1973), Gerhart Hauptmann (Br. m. U. u. E., Hiddensee 1931; defekt), Ernst Jünger (e.<br />

Postkarte m. U., Rom 1968), Georg Kaiser (Albumblatt m. U.: „Die Erfindung Gottes bleibt die grossartige<br />

menschliche Leistung. Die Ausbeutung dieser Erfindung ist noch nicht einmal begonnen.“), Detlev<br />

v. Liliencron (e. Postkarte m. U., Altrahlstedt 1905), Carl v. Ossietzky (Postkarte m. U., Berlin 1931),<br />

Erich Maria Remarque (e. Br. m. U., Porto Ronco 1967), Arthur Schnitzler (e. Br. m. U., Wien 1899),<br />

Frank Wedekind (e. Br. m. U., Berlin 1905) und Carl Zuckmayer (e. Albumblatt m. U.: „Ach welche Welt<br />

wird kommen, wenn wir fallen! / Ein Paradies, drin’s Hammelmässig Allen / Gleich gut geht und gleich<br />

schlecht, – auf gleiche Weise / stets Wiederkäuend unverdaute Speise.“).<br />

52 — 20. Jahrhundert. 15 Autographen. (300.—)<br />

Ilse Aichinger (Gedicht), Pearl S. Buck, Ulla Hahn (Gedicht), Marie Hamsun, Elfriede Jelinek (Manuskript),<br />

Sarah Kirsch (Gedicht), Gertrud von Le Fort (Gedicht), Agnes Miegel, Dagmar Nick (2; darunter<br />

1 Gedicht), Luise Rinser (2), Ina Seidel (2) und Auguste Supper (Gedicht).<br />

53 — Meist 20. Jahrhundert. 7 Autographen. (300.—)<br />

Hilde Domin (Widmungsexemplar „ich will Dich“, 1971), Paul Heyse (e. Gedicht m. U.), Franz Ritter<br />

von Kobell (e. Gedicht m. U., München 1878), Luise Rinser (e. Br. m. U., München 1952), Ina Seidel<br />

(Br. m. U., Starnberg 1955) und Hermann Sudermann (1 e. Br. m. U., Grunewald 1917 und 1 e. Albumblatt<br />

m. U., Grunewald 1925).<br />

27


I. LITERATUR<br />

54* DÖBLIN, Alfred, 1878 – 1957. Br. m. U. Mainz 28.VII.1951. 1 S. folio. Gedruckter Briefbogen<br />

„Akademie der Wissenschaften und der Literatur“. Kleiner Randeinriss. (350.—)<br />

Als Vizepräsident der Akademie an den Germanisten Albert Fuchs in Straßburg, dem er für französische<br />

„Arztadressen“ dankt.<br />

„… Ich habe es weder mit den Augen, noch mit den Nerven … nicht eilig, aber ich wünsche für beides<br />

einen nichtdeutschen Arzt zu konsultieren, denn die Nachkriegsgarnitur, Nachnazigarnitur hier, ist<br />

höchst schwach, an Universitäten wie woanders.<br />

Und nun bestätige ich Ihnen noch den Auswahlband deutscher Prosa, … worin ich auch vertreten bin.<br />

Sehr instruktiv und fein gesehen, was Sie in Ihrer Einführung sagen … Hoffentlich gelangt dieses Buch<br />

auch in die Hände deutscher Professoren und Lehrer. Man hat es hier sehr nötig und die Kritiker könnten<br />

davon einiges lernen …“<br />

55* DUMAS père, Alexandre, 1802 – 1870. Eigenh. Manuskript, am Schluss paraphiert.<br />

(Anfang 1863.) 4 2 ⁄3 S. gr.-4 o . Bläuliches Papier. Tinte leicht durchschlagend. Teilweise leicht<br />

fleckig. (1.200.—)<br />

„Langleterre“. – Vollständiges Feuilleton über das Verhältnis zwischen Frankreich und England im<br />

Vorfeld der Wahl eines neuen Königs für Griechenland nach dem Sturz Ottos I. Dumas macht sich stark<br />

für Amadeus von Savoyen, den jüngeren Sohn des italienischen Königs Viktor Emanuel II., und wirft<br />

England Vertragsbruch vor. – Der Artikel beginnt:<br />

„Nous lavons dit il y a quelques jours la France et langleterre sont en train de se brouiller. L’Entente<br />

Cordiale avec L’angleterre, cette tradition du regent, adoptée par Louis Philippe – acceptée par Napoleon<br />

III malgré la malediction de Napoleon premier, est fatale non seulement à linteret, mais à lhonneur<br />

de la France.<br />

Labandon des francais au Mexique – Le refus dintervention de Langleterre dans les affaires damérique<br />

– avaient deja mis du froid entre les deux puissances.<br />

La revolution de Grecs va achever de les brouiller …“<br />

56 — E. Br. m. U. O. O. August 1830 (<strong>Poststempel</strong>). 1 S. gr.-8 o . Mit Oblatensiegel und<br />

Adresse. Knittrig. Leicht gebräunt; etwas fleckig. (400.—)<br />

An Vi c t o r H u g o wegen eines Termins, wohl im Zusammenhang mit der berühmten „Schlacht um<br />

Hernani“.<br />

„Mon cher Victor / Prenons donc un jour pour causer de vos affaires au Theatre Française. Vous savez<br />

combien je suis a vos ordres pour tout et en tout …“<br />

Im Nachsatz heißt es: „indiquez moi rendez vous au bureau de la presse afin que nous causions en même<br />

tems du journal et de la Direction litteraire …“<br />

Bei der im Februar 1830 erfolgten Uraufführung von Hugos romantischem Drama „Hernani“ war es<br />

im Publikum mit den Vertretern des klassischen Theaters zu handgreiflichen Auseinandersetzungen<br />

gekommen.<br />

28


I. LITERATUR<br />

57 DUMAS fils, Alexandre, 1824 – 1895. 2 e. Br. m. U. (einer davon ein Faltbrief). Paris und<br />

Marly-le-Roi 4.II.1885 und 25.X.1891 (<strong>Poststempel</strong>). 3 S. kl.-4 o bzw. kl.-quer-8 o . Ein Brief an<br />

den Rändern minimal gebräunt. Mit einem Umschlag. (300.—)<br />

1885. An den Maler und Schriftsteller Georges Cain, mit Glückwünschen zu dessen Hochzeit. „… Il m’est<br />

impossible, pour raisons de santé assister à votre mariage, mais personne ne fait plus de voeux que moi<br />

pour votre bonheur, parce que vous les méritez …“<br />

1891. An den Literaturkritiker Henry Houssaye, den er zu sich nach Paris einlädt. „… Alors prenez<br />

le train de 10 h. 5 et venez dejeuner ou le train de 4 h. 45 et venez diner les Jeudi, Samedi, Dimanche.<br />

Dejeuner tous les jours …“<br />

Beiliegend ein e. Billett o.U. von Dumas père; er erbittet sich „le vol de M i c h e l e t – qui se trouve entre<br />

la reforme et la ligue – / cest a dire celui ou se trouve la St Barthelemy – il doit etre entitulez les guerres<br />

de religion – ou quelque chose dequivalent …“ (o. O. u. D.) sowie ein e. Br. m. U. seiner Schwester, der<br />

Malerin und Schriftstellerin Marie Alexandrine Dumas; an eine Freundin u. a. über einen „Rhume de<br />

première qualité“ (o. O. u. D.).<br />

58* EDSCHMID, Kasimir, 1890 – 1966. Eigenh. Manuskript. 3 S. gr.-4 o auf 2 Blättern (rote<br />

Tinte); beide nachträglich am Rand bezeichnet und signiert (violette Tinte). (120.—)<br />

Zwei Manuskriptblätter „Aus ‘Glanz und Elend Südamerikas‘ 1930“, paginiert „75“ und „106“.<br />

Die erste Seite auf einem Briefbogen des „Gran Hotel Bolivar / Lima“, das zweite Blatt mit teils aufgeklebten<br />

Ergänzungen und Notizen (kleiner Randeinriss).<br />

59* EHRENBURG, Ilja, 1891 – 1967. Portraitphotographie mit e. Namenszug auf dem weißen<br />

Unterrand. 18 × 13,3 cm. Verso tschechischer Agenturstempel. Unterrand leicht wellig.<br />

(400.—)<br />

Brustbild, Halbprofil nach rechts; Aufnahme aus den 1930er Jahren.<br />

Sehr selten.<br />

60* EICHENDORFF, Joseph Freiherr von, 1788 – 1857. E. Br. m. U. Berlin 1.I.1832. 1 ⁄2 S.<br />

4 o . Größerer Ausschnitt in der linken unteren Blatthälfte; ausgeschnittene Datumszeile wieder<br />

anmontiert. Leicht gebräunt und etwas fleckig. (600.—)<br />

Aus der Zeit seiner vorübergehenden Beschäftigung am „Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten“<br />

in einer Angelegenheit der „Mittwochsgesellschaft“.<br />

„Mit Schrecken stoße ich heut auf die Beilage, die seit 14 Tagen in der Flut meiner Papiere untergegangen<br />

war. Es ist ein an mich gerichtetes Schreiben des Geheimen Finanz-Raths Vahlkampf, worin derselbe<br />

den Wunsch äußert, in unsere literarische Gesellschaft aufgenommen zu werden. Da er ein, durch Geist<br />

und Kenntniße ausgezeichneter Mann, u. als solcher auch Ew. Hochwohlgeboren bereits bekannt ist, so<br />

nehme ich keinen Anstand, seinen Wunsch dringend zu befürworten …“<br />

Eichendorff, der 1816 in den preußischen Staatsdienst getreten war, hatte von 1824 bis 1831 die Stellung<br />

eines Oberpräsidialrats im ungeliebten Königsberg bekleidet und war erst 1831 nach Berlin übergesiedelt,<br />

wo er er als „Aushilfe“ in mehreren Ministerien arbeitete.<br />

In der Historisch-Kritischen Ausgabe unter Nr. 123 in Auszügen gedruckt.<br />

29


I. LITERATUR<br />

62* FESSLER, Ignaz Aurelius, aus Ungarn stammender Schriftsteller; zunächst Kapuziner,<br />

dann Protestant und Freimaurer, reformierte um 1800 mit Fichte in Berlin die Loge Royal<br />

York, zuletzt lutherischer Superintendent in St. Petersburg, 1756 – 1839. E. Br. m. U. Saratow<br />

(a. d. Wolga) 22.II.1815. 2 1 ⁄2 S. gr.-8 o , eng beschrieben. Kleinerer Faltenriss, schmaler Falzrest<br />

auf der leeren vierten Seite. (250.—)<br />

An (den livländischen Schriftsteller Burchard Heinrich von Wichmann), Sekretär des russischen Reichskanzlers<br />

Nikolai Petrowitsch Rumjanzew, der sich für den Ankauf seiner Bibliothek interessierte und<br />

einen Katalog angefordert hatte.<br />

„… Täglich erwarte ich nun eine gute Anzahl Bücher und Abschriften von Documenten von meinen<br />

Freunden aus Ungarn und Siebenbürgen. Auch diese stehen hernach Sr. Erlaucht zu Diensten. Vieles<br />

habe ich bestellt und wollte noch bestellen zum Behuf einer Geschichte der Russen, welche ich nach Vollendung<br />

m e i n e r G e s c h i c h t e d e r U n g a r n beginnen … wollte. Mein Vaterland ist reich dazu an<br />

Materialien, … allein ich muß das Vorhaben aufgeben, weil mir das Glück zur Anschaffung so kostspieliger<br />

Adparate die Mittel versagt hat …“ – Die Unterschrift lautet „Ignat. Ivan. Fessler / wohnhaft in der<br />

Deutschen Sloboda im Pastorate“. Darunter eine den Adressaten betreffende Notiz von fremder Hand.<br />

Aus der Autographensammlung des Probstes Rötger, mit dessen Signatur in roter Tinte am Kopf. – S e h r<br />

selten.<br />

63* FEUCHTWANGER, Lion, 1884 – 1958. Br. m. U. „Lion F“ und e. Zusatz. Pacific Palisades<br />

18.XII.1945. 1 S. gr.-4 o . Luftpostpapier. (300.—)<br />

An Alma Mahler-Werfel in New York.<br />

„Liebste Alma, / Ich höre zu meinem Bedauern, dass es Dir noch immer nicht gut geht und dass Du viel<br />

Ärger hast. Andernteils erzählt mir Arlt, dass die Arbeit an Werfels Roman vollendet und dass alles sehr<br />

geglückt ist.<br />

… Wir leben hier unser verhältnismässig ruhiges Leben fort, und ich schlage mich herum mit meinem<br />

alten Problem, die viele Kleinarbeit los zu werden, die mir die Zeit wegfrisst für die wirkliche Arbeit.<br />

Immerhin hoffe ich, im Frühsommer mit dem Roman fertig zu sein …“<br />

Feuchtwanger arbeitete damals an dem Roman „Waffen für Amerika“. – Franz Werfel war im August<br />

über der Arbeit an seinem Roman „Stern der Ungeborenen“ gestorben.<br />

Beiliegend ein e. Namenszug neben montiertem Portraitdruck.<br />

64 FONTANE, Theodor, 1819 – 1898. E. Billett m. U. Berlin 19.X.1872. 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Kleine<br />

Randeinrisse. Bläuliches Papier. (400.—)<br />

An einen Autographensammler. „Ihrem Wunsche gern willfahrend, anbei einige Zeilen. Ganz ergebenst<br />

/ Th: Fontane“.<br />

65 — E. Br. m. U. „Th. Fontane“. (Berlin) „Potsd[amer] Str. 134 c“ 11.VI.1890. 1 S. gr.-<br />

8 o . (600.—)<br />

An einen Herrn (im Rudolf von Decker Verlag in Berlin), mit einer Entschuldigung.<br />

„… Als ich Sie sah, habe ich versäumt, mich für Ihren liebenswürdigen telegraphischen Gruß bei Ihnen<br />

zu bedanken. So bitte ich denn das Versäumte in diesen Zeilen nachholen zu dürfen …“<br />

Unveröffentlicht. – Briefverzeichnis Nr. 90/22.<br />

30


I. LITERATUR<br />

Nr. 67 Theodor Fontane<br />

31


I. LITERATUR<br />

(Theodor Fontane)<br />

66 — E. Br. m. U. Berlin 23.IV.1891. 1 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Schwach fleckig. (800.—)<br />

An einen Geheimrat (wohl den Direktor der Berliner Natioinalgalerie Max J o r d a n ), nachdem ihm der<br />

Schillerpreis zuerkannt worden war.<br />

„… Im Comité, das die ‘große Frage’ entschieden hat, waren Sie mit, wie ich meiner Vossin entnehme,<br />

und Ihr Votum wird meinem Siege zu Hülfe gekommen sein … Und so gestatten Sie mir denn, Ihnen<br />

meinen herzlichen Dank dafür aussprechen zu dürfen …“<br />

Nicht im Briefverzeichnis.<br />

„nichts mehr auf der Pfanne“<br />

67 — E. Br. m. U. Berlin 17.IX.1898. 2 S. gr.-8 o . (1.600.—)<br />

Schöner Brief an den Schriftsteller (Paul von S z c z e p a n s k i ), der ihn um ein Bismarck-Lied gebeten<br />

hatte – „eines, das komponiert und bei patriotischen Anlässen gesungen werden könne neben dem Preussenliede,<br />

der alten Königshymne und ‘Deutschland, Deutschland über alles‘“ (Szczepanski in seinem<br />

Nachruf auf Theodor Fontane, in: Über Land und Meer, 1898/99, Nr. 3, S. 56).<br />

Fontane antwortet: „… Es geht nicht. Ich habe, durch 30 Jahre hin, verschiedene Bismarck-Gedichte<br />

gemacht und habe nichts mehr auf der Pfanne. Natürlich ist es denkbar, daß ich, nach 3 Tagen schon,<br />

angeregt durch ein mich entzückendes Bismarck-Etwas, ein weiteres Bismarckgedicht schreibe; denkbar,<br />

aber nicht wahrscheinlich und ein Lied, wie’s Ihnen vorschwebt, ganz unmöglich. Um ihn so im Stil<br />

von ‘Was blasen die Trompeten etc.’ zu behandeln, dazu ist er viel zu groß und betone ich die Größe,<br />

so wird die Sache sehr anzüglich und vielleicht auch wirklich etwas zu viel. So wollen Sie mich gütigst<br />

entschuldigen …“<br />

Einer der letzten Briefe des Dichters, der drei Tage später, am 20. September starb. – Briefverzeichnis<br />

98/155. – Siehe die Abbildung auf Seite 31.<br />

68 — WERNER, Anton von, Maler, 1843 – 1915. E. Br. m. U. Berlin 25.IX.1876. 2 S. gr.-<br />

4 o . (300.—)<br />

An T h e o d o r F o n t a n e , der sein Amt als Erster Sekretär der Königlichen Akademie der Künste niedergelegt<br />

hatte.<br />

„… Übrigens wünschte ich, daß die Akademie … auch bald – auf mich selbst verzichten möchte! Seit 3<br />

Tagen bin ich hier, aber noch nicht in mein Atelier, geschweige denn an’s Malen gekommen … man hat<br />

ein merkwürdiges Geschick hier, Einem das Leben recht sauer zu machen, u. Lust u. Liebe zur Sache<br />

recht gründlich zu verleiden! …“<br />

69* FOSCOLO, Ugo, 1778 – 1827. E. Br. m. U. „il tuo Ugo“. (Mailand, Dezember 1809?) 1 ⁄2 S.<br />

4 o . Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht fleckig. (2.000.—)<br />

An seinen Freund Ugo Brunetti in Lodi, dem er einen Hausschlüssel zurücksendet.<br />

„Mio caro amico / Ti rimando la chiave, e ti ringrazio – vedi che non so se per mia colpa, o della serratura,<br />

quel palco stenta ad aprirsi; Cede nondimeno dopo alcuni complimenti: non vorrei io avere guastata<br />

la porta …“<br />

Brunetti gehörte zu den Freunden, die Foscolo in den finanziell schwierigen Jahren nach seinem Ausscheiden<br />

aus dem Militärdienst unterstützten.<br />

32


I. LITERATUR<br />

Nr. 69 Ugo Foscolo<br />

33


I. LITERATUR<br />

70* FOUQUÉ, Friedrich Baron de la Motte-, 1777 – 1843. E. Br. m. U. Nennhausen 6.IV.<br />

1814. 1 1 ⁄4 S. gr.-4 o . Etwas gebräunt. Kleiner Bruch in der Bugfalte (Tintenfraß). Verso Montagereste.<br />

(600.—)<br />

An einen Herausgeber, dem er als Ersatz für einen versprochenen Gedichtbeitrag „einen in ungebundener<br />

Rede“ sendet.<br />

„… Walgerß und Hildegunde, wovon früher die Rede war, behalte ich für mein F r a u e n t a s c h e n -<br />

b u c h , wohin es mir auch ganz eigentlich zu gehören scheint.<br />

Von meiner Frau“ (der Schriftstellerin Caroline de la M.-F.) „erhalten Sie nächstens eine allerliebste<br />

Geschichte, an welcher sie mit besonderer Liebe schreibt.<br />

Nennen Sie mich nicht unbescheiden, wenn ich Sie wiederholt bitte, mich bald mit ein oder dem andern<br />

Beitrage zum Frauentaschenbuche zu erfreuen. Die Zeit zur Ablieferung rückt mehr und mehr heran,<br />

und ich möchte so gern dieses Unternehmen, das zu meinen ausgezeichneten Lieblingen gehört, gleich bei<br />

seiner ersten Erscheinung mit unterschiedlichen Blüthen aus Ihrem anmuthigen Garten schmücken …“<br />

Das von Fouqué herausgegebene „Frauentaschenbuch“ erschien in 17 Jahrgängen von 1815 bis 1831.<br />

71* FRANZ, Agnes, 1794 – 1843. E. Br. m. U. Breslau 3.III.1834. 4 S. gr.-8 o . Etwas gebräunt.<br />

(200.—)<br />

Wohl an die Bremer Dichterin Hedwig Hülle, die Herausgeberin vom „Bremer Jugendfreund“ („Innigverehrte<br />

Freundin“), die gegenseitige Zusendung von Manuskripten betreffend. Zunächst über ein Werk<br />

Hülles.<br />

„… Es enthält dieselbe psychologische Winke und Entwickelungen, denen ich mit dem lebhaftesten<br />

Interesse gefolgt bin, und die reich an treffenden und beachtenswerthen Wahrheiten sind. Ihrer gütigen<br />

Erlaubniß zu Folge, machte ich noch, vor Weihnachten, zwei Versuche einen Verleger zu dem beabsichtigten<br />

Werkchen zu finden, traf aber keinen günstigen Zeitpunkt …<br />

Bald hierauf trat eine neue Leidenszeit für mich ein. Meine Kinder“ (die ihrer Schwester) „erkrankten<br />

am Scharlach, ich selbst wurde aufs Neue so hinfällig, daß der Arzt mir aufs Strengste jede Correspondenz<br />

verbot, und so vergingen Wochen in einer Seelenstimmung, die wie ein schwerer Traum hinter mir<br />

liegt …“<br />

„um mit Ihnen von ‘Ingeborg’ zu sprechen, müsste ich Sie kennen“<br />

72* FRISCH, Max, 1911 – 1991. Br. m. U. „Max Frisch“. Rom 8.IX.1964. 2 S. folio. Mit<br />

gedrucktem Briefkopf. (1.200.—)<br />

An den österreichischen Schriftsteller und Dokumentarfilmer Adolf Opel in Berlin, der Frisch verantwortlich<br />

machte für die schlechte Verfassung, in der sich I n g e b o r g B a c h m a n n nach seiner Trennung<br />

von ihr befand.<br />

„… Ich weiss: Ingeborg Bachmann (um mit Ihnen von ‘Ingeborg’ zu sprechen, müsste ich Sie kennen)<br />

ist bei ihren und meinen Freunden in St. Moritz; sie wissen von beiden Seiten viel, und ich vertraue<br />

darauf, dass sie mich rufen, wenn sie eine Möglichkeit sehen, dass ich helfen kann, dass es mindestens<br />

einen Sinn hat, wenn ich es versuche. Auch Sie wollen das beste, ich glaube es; Sie sind alarmiert … Wie<br />

soll ich mich Ihnen erklären? Ich könnte Satz für Satz Ihres Briefes, den ich als Aufruf begreife, als<br />

34


I. LITERATUR<br />

Anlass nehmen, um darzulegen, was Sie offensichtlich nicht wissen, nicht wissen können. Darf ich das?<br />

Ich darf es nicht … ich kann Sie eigentlich nur bitten, … mir glauben zu wollen, dass mich, der ich fast<br />

fünf Jahre mit Ingeborg Bachmann gelebt habe, die Sorge um diesen Menschen, einen ganz besonderen<br />

Menschen, wie Sie mir schreiben, nicht verlassen hat, und dass ich seinen Wert kenne, die Not auch. Es<br />

muss alles getan werden, schreiben Sie; … dass ich eine Aussprache herbeiführe … wenn ich dieser Bitte<br />

nicht nachkommen kann, so drum, weil dieser Impuls mein eigner ist, schon gewesen ist; aber weil ich<br />

die einzige Möglichkeit anderswo sehe und dies aus Erfahrungen, die nicht mitzuteilen sind …“<br />

Auf der Rückseite des zweiten Blattes Opels Antwortentwurf vom 11.XI.1964, in dem er Frisch den „Mißbrauch<br />

eines Menschen, mit dem man fast fünf Jahre gelebt hat, als Studienobjekt“ vorwirft. – Gemeint<br />

ist Frischs Verarbeitung seiner Beziehung zu Ingeborg Bachmann in seinem jüngsten Roman „Mein Name<br />

sei Gantenbein“. – Adolf Opel war seit Januar 1964 mit Ingeborg Bachmann befreundet, hatte mit ihr von<br />

März bis Mai des Jahres eine Reise nach Griechenland und Ägypten und anschließend den missglückten<br />

Versuch eines Zusammenlebens in Berlin unternommen.<br />

73* GERNHARDT, Robert, 1937 – 2006. E. Gedicht m. U. (Frankfurt a. M.) 19.IV.1996.<br />

3<br />

⁄4 S. folio. Mit kleiner Zeichnung (schreibende Hand) am Ende der Unterschrift. Mit Umschlag.<br />

(200.—)<br />

An einen Verehrer.<br />

„… das Sonett ist zu lang: Ich sende lieber einen Vierzeiler: / Ich weiß nicht, was ich bin. / Ich schreibe<br />

das schnell hin. / Da hab’n wir den Salat: / Ich bin ein Literat …“<br />

Beiliegend eine signierte Portraitkarte.<br />

73a GOETHE, Johann Wolfgang von, 1749 – 1832. Br. m. U. „Goethe“ (deutsche Schrift).<br />

Weimar 11.II.1801. 2 ⁄3 S. kl.-folio. Etwas fleckig, stärkere Faltenschäden, Klammerspur.<br />

(1.600.—)<br />

An seinen Weinhändler Christian Heinrich Ramann in Erfurt.<br />

„Indem ich Ihnen ... hiebey den Betrag der mir zuletzt übersendeten Ohme Erlauer, mit 9 Karol. überschicke,<br />

wobey mir 12 g. zu Gute bleiben, ersuche ich Sie, wenn Sie gegenwärtig recht guten Erlauer<br />

haben, mir eine Probe davon in ein Paar Bouteillen zu schicken. Zugleich wünschte ich ein Paar Flaschen<br />

Würzburger, wie ich solchen bey herrn Hofrath Loder getrunken und ein Paar Flaschen vorzüglich<br />

guten Steinwein zur Probe, nebst den Preisen. Diese 6 Flaschen in einem Kistchen wären wohl für Kälte<br />

zu bewahren ...“<br />

Mit dem Jenaer Professor für Anatomie und Medizin Justus Christian Loder (1753– 1832) stand Goethe<br />

in regelmäßigem Verkehr.<br />

Sophien-Ausgabe Band 15 Nr. 4350.<br />

74* — E. Schriftstück m. U. „Goethe“. Weimar 28.III.1804. 1 S. quer-8 o . Leicht fleckig. Am<br />

Oberrand angefalzt. (2.500.—)<br />

Quittung: „Fünfzig Thaler, für das Jenaische Anatomische Museum von des Hr. Geh[eimen] R[aths]<br />

Voigt Hochwohlgeb[ohren] erhalten zu haben bescheinige. / Weimar d. 28. März 1804 / Goethe.“<br />

Das anatomische Kabinett in Jena wurde 1804 neu begründet und als anatomisches Museum eingerichtet.<br />

35


I. LITERATUR<br />

(J.W. v. Goethe)<br />

75 — E. Br. m. U. „Goethe“. (Jena) 5.VII.1804. 2 ⁄3 S. 4 o . Mit Siegelspur und Adresse. Unregelmäßige<br />

Bräunung, kleine Randläsuren. Adressblatt mit Nadellöchern. (5.000.—)<br />

An E i c h s t ä d t , bei dem er sich nach dem Mathematiker und Physiker Johann Georg Tralles<br />

(1763 – 1822) erkundigt. – Der für seine ausgefallenen Experimente bekannte Tralles besuchte Jena auf<br />

seinem Weg von Neuenburg nach Berlin, wohin er an die Akademie berufen worden war.<br />

„Möchten Ew. Wohlgeb. mir sagen wie es unser Reisender vor hat? ob er morgen noch hir bleibt? ob<br />

ich seine Instrumente etwa sehen könnte? Ob er das Museum betrachten will? Ich kann mich einrichten<br />

und werde es sehr gerne thun um noch einige Stunden mit einem so interessanten Manne zuzubringen.“<br />

Am 5. und 6. Juli vermerkt Goethe in seinem Tagebuch Zusammenkünfte mit Tralles, den er in einem<br />

Brief an Zelter vom 13. Juli als einen „durchaus hellen und freyen Kopf“ warm empfiehlt.<br />

Sophien-Ausgabe Band 17 Nr. 4915 (dort unter Auslassung eines Halbsatzes gedruckt).<br />

76 — Eigenh. Briefumschlag. 10,2 × 12, 6 cm. Deutsche Schrift. (800.—)<br />

„Des Herren / Professor Z e l t e r / Wohlgeb[oren] / Berlin.“<br />

Beiliegend ein e. Billett seiner Schwiegertochter Ottilie von Goethe: „Der englische Consul fühlt sich so<br />

unwohl daß er die Mittag und Abend Einladung an Hof nicht hat annehmen können, und die interessante<br />

Scene also nicht statt finden wird. Er dankt sehr für die schönen Zeilen.“ – Von fremder Hand die<br />

Anmerkung „25 May 1828 / Weimar“.<br />

„mich quält nur Weimar“<br />

77* — GOETHE, Ottilie von, geb. von Pogwisch, die Schwiegertochter des Dichters,<br />

1796 – 1872. 9 e. Br. m. U. und 1 e. Billett m. U. Unterschriftsformen „Ottilie“ und voller Namenszug.<br />

Jena 15.VI.1869 bis 25.V.1870 und o. O. u. D. 25 S. meist gr.-8 o . (1.600.—)<br />

An Charlotte von Hardtmuth geb. Völkel („Liebes Lottchen“), die Jugendfreundin ihres Sohnes Walther,<br />

über ihre nachlassenden Kräfte sowie mit Nachrichten von ihren Söhnen und aus dem Bekanntenkreis.<br />

15.VI.1869. „… Dienstags vor Walthers Abreise brachte ich Beatrice zu Fromanns, die sie freundlich<br />

eingeladen; der Gang überzeugte mich wie meine Kräfte abgenommen. Gestern war ein Ausgang Versuch<br />

bis botanischen Garten, es war leider die Mittagshitze geworden, aber ich erreichte meinen Zweck<br />

Baumann zu sehen … Nach wenig Minuten war Wind und Wolken so verändert daß ich den Vorsatz des<br />

auf und abgehens unter den Bäumen aufgab und todmüde nach Hause ging … Wolf sein Brief kam eben,<br />

mir sehr lieb weil ich eine krankhafte Unruhe nicht loswerde … wir leben ganz gemüthlich, aber mich<br />

quält nur Weimar.“<br />

36


I. LITERATUR<br />

Nr. 75 Johann Wolfgang von Goethe<br />

37


I. LITERATUR<br />

(Ottilie von Goethe)<br />

15.XII.1869. „… Steht es bei Ihnen gut und Sie finden irgendwo einen älteren englischen Herrn mit langem<br />

Bart und ausdrucksvollem Gesicht so wie von einer jungen fashionablen Dame begleitet, so machen<br />

Sie ihre Bekanntschaft. Sie ist sehr liebenswürdig ich sehe sie viel, es ist ein Mr. Simon und seine Tochter.<br />

Meine Söhne grüßen herzlich theilnehmend …“<br />

22.II.(1870?). „… Ich habe eben meinen Condolenz Brief an Biegeleben vollendet, denn Sie werden<br />

gehört haben, das Baronin Buol unsere vieljährige … Wiener Freundin in Bozen gestorben ist. Ich habe<br />

in diesem Jahr und überhaupt seit ich hier bin keine andre Briefe beinah als Condolenz Briefe, oder<br />

Briefe an schwer Kranke und Geprüfte schreiben können …“<br />

9.V.1870. „… Der telegraphische Drath will mir nicht genügen um Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch<br />

auszusprechen, und die Hoffnung zu hegen das dies Jahr Ihnen glücklicher und ruhiger vorübergehen<br />

möchte wie das vorige. Es hat sich das neue Lebensjahr nicht sehr anzustrengen um besser<br />

zu sein … Heute … hoffe ich das Walther seinen Wunsch bald befriedigen kann und sich auf den Weg<br />

machen. Ob die Brüder zusammenkommen ist unbestimmt …“<br />

25.V.1870. „… Ich sage Ihnen ehrlich … ich habe nicht viel Glauben an meinen Winter in Weimar zu[zu]<br />

bringen … Mit meinen Söhnen läßt sich in diesen Tagen keine ausführliche Besprechung halten, da sie<br />

Beide auch nichts voraussehen können. Walthers Husten Ton erinnert mich nur zu sehr wie ein südlicheres<br />

Clima gewiß nöthig wäre, und entweder müßte ich doch mit, oder wenn meine beiden Söhne nicht<br />

in Weimar, würde ich nach Schleswig gehen …“ – In Schleswig lebte ihre Schwester Ulrike v. Pogwisch.<br />

Beiliegend ein e. Billett an Heinrich v. Hardtmuth sowie ein e. Brieffragment.<br />

78 — GOETHE, Walther von, der ältere Enkel des Dichters, 1818 – 1885. E. Br. m. U.<br />

Weimar, „im Mai 1864“. 1 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Ränder minimal staubfleckig. (180.—)<br />

Dankschreiben an den ihm befreundeten österreichischen Politiker Eduard Uhl in Wien.<br />

„… Es war mein Wunsch, meine Absicht, Dir für die Sendung Deiner neuesten Arbeit mündlich zu danken,<br />

allein meine Reise verzögert sich und so will ich Dir wenigstens durch diesen schriftlichen Gruß eine<br />

vorläufige Empfangsanzeige geben …“<br />

79 GOETHEKREIS. – BOISSERÉE, Sulpiz, Kunstgelehrter und -sammler; führte Goethe<br />

in die altdeutsche Kunst ein, 1783 – 1854. E. Br. m. U. Bonn 20.I.1851. 4 S. gr.-8 o , eng beschrieben.<br />

Unterrand schräg beschnitten. (300.—)<br />

Wohl an den Münchener Theologen und Schriftsteller Julius Hamberger, einen Freund König Maximilians<br />

II. von Bayern, mit dem er sich über das Münchener Kulturleben austauscht.<br />

Ferner über die im selben Jahr aufgestellte „Bavaria“, das „große Werk unseres seel. Freundes<br />

S c h w a n t h a l e r … Wie gerne möchten wir es jetzt in seiner Vollendung aufgestellt sehen … Ich würde<br />

in dem Fall auch über die Wirkung der Basilica urtheilen …<br />

Daß Ihr Jacob Böhme jetzt in Rußland verboten worden klingt ganz lächerlich; der MinisterialRath im<br />

CultusMinisterium, der dies schöne Verbot angeordnet, hat gewiß seine Bildung aus dem Freimüthigen,<br />

den Merkel zu Anfang des Jahrhunderts gegen die Schlegel Tieck und Novalis schrieb. –<br />

Ich bin sehr begierig zu hören, wie König Max Ihre Ausarbeitungen aufgenommen und ob Sie die philosophischen<br />

Gespräche mit ihm wieder angeknüpft haben? Wenn er S c h e l l i n g ins Spiel ziehen wollte,<br />

so würde die Sache freilich bald einen Hacken bekommen … – Was man Ihnen von einem Zusammentreffen<br />

des Königs mit Schelling in Aachen gesagt, ist irrig; der König sah ihn nur in wenigen späten<br />

Abend-Stunden …“<br />

Mit der Erwähnung zahlreicher Kollegen.<br />

38


I. LITERATUR<br />

80 — BRINCKMANN, Karl Gustav Freiherr von, 1764 – 1847. E. Br. m. U. (Königsberg)<br />

10.IV.1808. 2 3 ⁄4 S. gr.-8 o . (250.—)<br />

Nach seiner Abberufung als schwedischer Gesandter am preußischen Hof an einen Konsistorialrat, von<br />

dem er sich verabschiedet.<br />

„… Leider ist meine Reise von hier nach Pillau sehr beschleunigt worden; wie es weiter geht, mögen die<br />

Götter wissen. Um doch nicht als ein böser Schuldner aus der Welt – wenigstens aus der Stadt zu gehen,<br />

so übersende ich Ihnen hiebei den mitgetheilten G ö t h i s c h e n B r i e f . Auch mein Gedicht an B[oie].<br />

Aber das lezte muß ich mir Leider zurückerbitten, da es die einzige Abschrift ist, die ich besize u. keine<br />

Zeit gehabt, eine zweite für Sie zu machen …“<br />

Nach seiner Abberufung aus Preußen ging Brinckmann als schwedischer Gesandter nach London. – Aus<br />

dem Nachlass von Louise Boie, der Tochter des Dichters.<br />

81 — CARL AUGUST, Großherzog von Sachsen-Weimar, Freund Goethes, 1757 – 1826.<br />

E. Br. m. U. Weimar 18.VI.1802. 1 ⁄2 S. 4 o . Mit Siegelspur und Adresse. Kleine Wurmspuren an<br />

der Siegelstelle. (350.—)<br />

An H e r d e r, der wegen seines Augenleidens eine Badereise nach Aachen unternehmen wollte und um<br />

Urlaub gebeten hatte.<br />

„Ihnen sehr werther Herr President verstatte ich den gebethenen ungemeßenen Uhrlaub zum Behufe<br />

einer Cur, u. wünsche von Herzen daß Ihre Augen sich beßern mögten. Einige Sorgfalt, Schonung u.<br />

zweckmäßige Mittel werden hoffentl. Ihrer guten Natur zu Hülfe kommen. Kommen Sie recht gesund u.<br />

vergnügt wieder …“<br />

Zwei Tage später bittet Karoline Herder Herzogin Anna Amalia um ein „Anlehn von 120 Carolins“ zur<br />

Finanzierung der Kur (Herder, Briefe Band 8, Anhang Nr. 176).<br />

Carl August an Goethe?<br />

82 — — E. Billett m. U. (Paraphe). (Weimar, wohl 1825.) 1 S. quer-kl.-8 o . Mit gedruckter<br />

Bordüre. (600.—)<br />

„Der plaz an der treppe des th[eater]hauses ist freylich nun schon ganz fertig, u. es fehlt nichts mehr<br />

als die wieder arbeitung der Chaussé an der schon stark hand gelegt ist; indeßen will ich mir gleich die<br />

riße bey steinerten holen laßen.“<br />

Darunter ein Vermerk des Philologen Wilhelm Ihne: „Carl August Grand Duke of Saxe Weimar to Göthe<br />

/ W. Ihne / 19 July 1852“.<br />

Das in der Nacht des 21./22. März 1825 niedergebrannte Theater wurde in nur sechsmonatiger Bauzeit<br />

nach Plänen des Weimarer Hofbaumeister Karl Friedrich Christian Steiner wiedererrichtet.<br />

39


I. LITERATUR<br />

(Goethekreis)<br />

83 — ECKERMANN, Johann Peter, Goethes vertrauter Sekretär und Gesprächspartner,<br />

1792 – 1854. E. Schriftstück m. U. „E.“ W(eimar) 11.V.1851. 1 S. gr.-8 o . Ungleichmäßig gebräunt.<br />

(300.—)<br />

„Man schreibt aus Bremen, daß eine gute Nachricht sich bestätige, nämlich: daß das Königreich Hannover,<br />

nebst Oldenburg, Hamburg und Bremen sich vereinigt hätten die deutsche Flotte der Nordsee für<br />

sich zu behalten … Ich habe dieses lange erwartet und freue mich sehr, und unser Seejunker wird sich<br />

auch freuen …“<br />

Beiliegend ein Druck aus Anlass des 50. Jahrestages von Goethes Ankunft in Weimar: „Goethen zum<br />

goldenen Jubeltage VII. November 1825. / Eine Denkmünze geweiht von der Huld seines Fürsten“ mit<br />

dem Festgedicht des weimarischen Kanzlers Friedrich von Müller („Es strahlt der Tag, der neues Glück<br />

verkündet …“); Titel und 2 S. 4 o ; schwach gebräunt.<br />

Beides aus der Sammlung des französischen Ministerpräsidenten Robert Schuman; der Druck in einem<br />

von ihm beschrifteten Umschlag (siehe Auktionskatalog „Précieux Autographes Composant la Collection<br />

du Président Robert Schuman“, Première Partie, Paris 4./5.III.1965, Nrn. 99.2 und 99.3).<br />

84* — KESTNER, Charlotte, Tochter der Goethe-Freundin, 1788 – 1877. E. Schriftstück<br />

m. U. „Charlotte Kestner geb. in Hannover 1788“. Basel 3.IV.1872. 1 S. quer-4 o . Feinkarton.<br />

Auf der Rückseite aufgezogen eine Photographie von Prellers Zeichnung „Goethe auf dem<br />

Totenbett“. (120.—)<br />

„ich fand im Nachlaß meines Bruders August Kestner †1853 in Rom die schöne Handzeichnung zu dieser<br />

Photographie in der Mitte eines Briefes an denselben von Friedrich Preller, Weimar 1832.<br />

Es steht darin daß H. Preller (der berühmte Maler) dieselbe bey Hinscheid Goethes gezeichnet habe und<br />

glaube, daß sie wirklich recht ähnlich sey.“ – Gewidmet „Herrn Professor Heyne“.<br />

„so wenig Sinn für Ironie“<br />

85 — KNEBEL, Karl Ludwig von, Dichter, Goethes „Urfreund“, 1744 – 1834. 2 e. Br. m. U.<br />

Jena 15.VI.1819 und 28.XII.1825. 7 S. 4 o bis kl.-4 o . Ein Brief schwach fleckig. (800.—)<br />

1819. Wohl an Friedrich Wilhelm R i e m e r, u. a. über das Kritikerwesen in Deutschland. Riemer hatte<br />

ihm zuvor sein Werk „Blumen und Blätter“ überreicht. „… Es war umsonst daß ich Sie vorgestern bei<br />

u n s e r m G e h e i m r a t h noch einmal suchte zu sprechen. Zeit und Umstände schwemmten mich gleichsam<br />

hinweg. / Indeß habe ich Ihr Büchlein ein wenig studirt, und mich daran erfreut … Die eigene Satire,<br />

so wie der willkührliche Scherz in Worten und Ausdrücken, steht Ihnen wohl an, da Sie den Ton auch<br />

wieder zu ändern wissen, und der Scherz blos als Scherz erscheint. Es ist gut, ja nothwendig, daß die<br />

Teutschen, die so wenig Sinn für Ironie haben, und den Scherz meist nur in seiner Plattheit erkennen,<br />

daß diese auch an etwas stärkere Würze gewöhnt werden …<br />

… Was die Journale und Kritiken sind, für die wir einzig nur schreiben – denn keinen allgemeinen Beifall<br />

giebt es auch nicht – diese kennen Sie! In ihren ästhetischen Urtheilen wenigstens könnte man oft das<br />

Umgekehrte gerad für das Wahre nehmen … Einer unsrer ersten – und vielleicht ehrlichsten – Redaktörs<br />

sagte mir einmal, als ich ihn fragte, wie jenes Buch in seinem Journale angezeigt sei! – ‘da müssen<br />

Sie nach dem Verleger fragen; denn wie wir mit diesem stehen, so recensiren wir auch gemeiniglich die<br />

Bücher –’ / Genug, lieber Freund! dieser Klagen – die Sie am besten kennen …“<br />

1825. An einen Freund, mit der Empfehlung eines jungen studierten Mannes. „… Da seine Eltern eine<br />

starke Familie haben, so wünscht er weiter zu kommen. Ein solcher junger Mann wäre als Hofmeister,<br />

als Privatsekretär oder in anderen Stellen … sehr nüzlich und vortheilhaft zu gebrauchen …“<br />

Beiliegend ein e. Billett m. U.: Begleitschreiben zu einen „Beitrag zu unserm Taschenbuch“ (o. O. u. D.).<br />

40


I. LITERATUR<br />

86 — MEYER, Johann Heinrich, Schweizer Maler und Kunstschriftsteller, Direktor der<br />

Freien Zeichenschule in Weimar; Freund und Hausgenosse Goethes, 1759 – 1832. E. Br. m. U.<br />

„H. Meyer Hofrath“. Weimar („im rothen Schloße“) 12.X.1807. 1 S. kl.-4 o . Mit Siegelrest und<br />

Adresse. Ausriss an der Siegelstelle ohne Textberührung. (200.—)<br />

An die Weinhändler Gebr. Ramann in Erfurt mit der Bitte, „mir mit nächster guter Gelegenheit wieder<br />

Einen Halben Eimer von dem rothen Weine (Roußillion) zukommen zu laßen wie ich vergangenes Frühjahr<br />

von Ihnen erhalten hatte und mit welchem ich ganz ungemein wohl zufrieden war …“<br />

87* — OESER, Friederike, Tochter des Malers Adam Friedrich Oe., Vertraute Goethes,<br />

1748 – 1829. E. Br. m. U. O. O. u. D. (um 1800). 1 S. kl.-folio. Schäden am rechten Rand hinterlegt;<br />

Buchstabenverluste durch durchschlagenden Leim, Unterschrift unleserlich. (200.—)<br />

An Herrn Bachmann, der den Schwestern Oeser – vermutlich nach dem Tod des Vaters im März 1799 –<br />

Gipsabgüsse abkaufte.<br />

„Hiermit theuerster Freund, folgt Ihr Verzeich[nis] zurück, das ich ganz richtig gefunden, wie nicht<br />

anders zu vermuthen war, … nur bitte ich, mir für den A j a x , und P r o c r i s , eine besondere Quittung<br />

zu schreiben …<br />

Also die HauptQuittung, nur auf 417 Thlr zu stellen und mir Eine auf 20 Thlr als Procris 12 Thlr und<br />

Ajax 8 Thlr gütigst zu schreiben die Praenummeration ziehen Sie ab. Das übrige Geld schicken Sie mir<br />

nach Belieben; ich hätte freylich noch eine grose Bitte; wenn Sie für mich die Güte u. Zeit hätten, mir<br />

einen kleinen Verzeichniß über das Geld und die Dinge, die wir schon mit einander beschachert haben<br />

aufsetzten; es ist mir, als hätte ich meiner vielgeliebten Frau Schwester manches unterschlagen, was ich<br />

um meines seligen Endes willen nicht wünsche …“<br />

88* — SCHRÖTER, Corona, Sängerin und Schauspielerin; die erste „Iphigenie“, 1751 –<br />

1802. E. Br. m. U. Weimar 26.VI.1794. 3 S. 8 o . Mit geringen Montageresten an der Bugfalte.<br />

(800.—)<br />

An einen Komponisten, der ihr seine Lieder übersandt hatte.<br />

„… die Freude die Sie mir mit Ihren vortrefflichen Compositionen gemacht haben, mein edler werther<br />

Freund! Ihre Melodien haben einen so anziehenden Reiz, daß ich nicht aufhören kann sie zu singen und<br />

zu spielen, und das Vergnügen, und die Bewundrung Ihrer hohen Kunst, und Wahrheit der Declamation,<br />

und des Ausdrucks gewähren mir die angenehmste Empfindung, die durch den Gedanken noch erhöht<br />

wird, daß ich vielleicht bald die Freude haben werde, von Ihnen selbst etwas … vortragen zu hören;<br />

vereiteln Sie mir ja diese angenehme Hoffnung nicht …<br />

Ihrer gütigen Erlaubnis zu Folge … habe ich 12 Exemplare meiner ersten Lieder bey gelegt, und besorge<br />

daß dieses schon eine zu indiscrete Anzahl sey, ob ich gleich noch auch 100. Stück liegen habe. Der<br />

Subscriptionspreis war auch 1 Convent: Gulden; allein jezt, als verlegene Waare, ist sie mir um jeden<br />

Preis feil …“<br />

1786 war ein Heft mit 25 Liedern von Corona Schröter erschienen, dem 1794 eine zweite Sammlung folgte.<br />

Sehr selten.<br />

41


I. LITERATUR<br />

(Goethekreis)<br />

89* — SCHÜTZ, Christian Gottfried, Philologe; Mitbegründer und Hauptredakteur der<br />

„Allgemeinen Literatur-Zeitung“, verkehrte mit Goethe und Schiller in Jena, 1747 – 1832.<br />

E. Br. m. U. Naumburg 20.VI.1778. 2 S. kl.-4 o . Etwas gebräunt. (300.—)<br />

An seine ihm frisch angetraute Ehefrau Anna Henriette geb. Danovius.<br />

„So eben, meine Theuerste Geliebte, sind wir Gottlob glücklich im Scheffel angelangt; und hier sitze ich<br />

auf dem Zimmerchen, wo Du mir nach einer losen lieben Weigerung den ersten Kuß auf meine Lippen<br />

drücktest. Was könnte ich also in der ersten Minute besseres thun, als Dir schriftlich auch wieder einmal<br />

sagen, was ich Dir täglich so oft sage, daß ich Dich mit jedem Tage inniger liebe, tiefer kennen lerne …<br />

Auf dem Wege ist uns die Zeit nicht lang geworden, ungeachtet wir wegen des Regenwetters erst um 2 Uhr<br />

hier angekommen sind, welches den Weg etwas verschlimmert. Wir nehmen daher auch noch 2 Pferde<br />

Vorspann bis Dornburg, und hoffen also um 9 Uhr bey unserm Griesbach zu seyn …“<br />

Sehr selten so früh.<br />

Beiliegend ein e. Br. m. U. wohl an den Geistlichen und Gelehrten Johann Heinrich von Busse, Veröffentlichungen<br />

in der „Allgemeinen Literatur-Zeitung“ betreffend; er werde u. a. „von G e r s t n e r s Bemerkungen<br />

[über das hydrometische Pendel] … sehr gern die Recension Ihres Hn. Bruders“ (des Mathematikers<br />

Friedrich Gottlieb v.B.) „aufnehmen …“<br />

Ferner beiliegend je ein an Schütz gerichteter e. Br. m. U. von seinem Vater Thomas Christian B.<br />

(Aschersleben 1772) und seinem Schwager, dem Theologen Ernst Jakob Danovius (Jena 1779).<br />

„s’ist Werther ganz und gar“<br />

90 — STEIN, Charlotte von, geb. von Schardt, Hofdame der Herzogin Anna Amalia;<br />

Goethes geliebte Freundin, 1742 – 1827. Manuskript von der Hand der Weimarer Hofdame<br />

Luise von G ö c h h a u s e n , mit eigenh. Zusätzen. (Weimar, Frühjahr) 1776. 8 S. kl.-4 o (Titel,<br />

Personenverzeichnis und 6 S. Text; 2 Doppelbögen, in modernen Leinenband geheftet). Leicht<br />

fleckig und gebräunt. (8.000.—)<br />

„Rino / Ein Schauspiel / in drey Abtheilungen. / 1776. / von Frau von Stein“ (die letzte Zeile von eigener<br />

Hand).<br />

Das von Charlotte von Stein in Knittelversen verfasste Schauspiel, ihre früheste überlieferte literarische<br />

Arbeit, in der Handschrift Luise von Göchhausens, mit eigenhändigen Zusätzen Charlotte von Steins auf<br />

dem Titelblatt, im Personenverzeichnis und im Text.<br />

Rino – so genannt nach dem Barden Ryno aus Ossians (James Macphersons) „Songs of Selma“ – ist<br />

Goethe; die anderen Rollen, „Adelhaite“, „Thusnelde“, „Kunigunde“ und „Gerthrud“, werden durch die<br />

Herzogin Anna Amalia und ihre Hofdamen Luise von Göchhausen, Emilie von Werthern und Charlotte<br />

von Stein verkörpert.<br />

42


I. LITERATUR<br />

Nr. 90 Charlotte von Stein, Handschrift Luise von Göchhausen<br />

43


I. LITERATUR<br />

(Charlotte v. Stein)<br />

Das Lustspiel schildert den Empfang Goethes durch die Damen der Weimarer Hofgesellschaft und die<br />

Wirkung, die er auf diese hervorrief; sein zunächst schroffes Auftreten und seine ostentative Geringschätzung<br />

höfischer Etikette werden deutlich karikiert. Der biographische Wert des Manuskripts besteht<br />

in der zurückhaltenden, doch unmissverständlichen Wiedergabe der Gefühle, die Charlotte von Stein<br />

für Goethe empfand, und in der Überlieferung von Äußerungen, die so oder ähnlich in Goethes erster<br />

Weimarer Zeit gefallen sind.<br />

„Rino trit im Saal, wo eben getanzt wird.<br />

Rino, bey Seite<br />

Sind da eine Menge Gesichter herrum,<br />

Scheinen alle recht adlich gänße dumm.<br />

Verschiedene werden presentirt<br />

Adelhaite<br />

Wir haben dich lang bei uns erwart<br />

Du einziges Geschöpf in deiner Art.<br />

Rino, beugt sich.<br />

Thusnelde<br />

Ich bin sehr neugierich auf dich gewesen<br />

S’ist nun wohl so in meinem Wesen.<br />

Rino<br />

Können also jetzt ihre Neugier stillen<br />

Wie’s Ihnen beliebt, nach Ihrm Willen.<br />

Gerthruth von weiten.<br />

Gleichgültig ist er mir eben nicht,<br />

Doch weiß ich nicht ob er oder Werther mir spricht<br />

Kunigunte<br />

Ja, ja s’ist Werther ganz und gar<br />

So liebens werth als er mir immer war.<br />

Gerthrute und Kunigunte werden presentirt.<br />

Gerthruthe.<br />

Ich freue mich Ihre Bekandschafft zu machen.<br />

Rino verbeugt sich.<br />

Gerthruth<br />

Apropos des Bals; mögen Sie gern tanzen und lachen?<br />

Rino.<br />

Manch mal, doch meistens schleicht mit mir<br />

Herrum ein trauriges Gefühl<br />

Ueber das ewge Erden Gewühl. / geht ab.<br />

Gerthruth.<br />

Ist mir doch als wär das Intereße der Geselschaft vorbey.<br />

Adelheite.<br />

Mir ist hier alles recht ennuyant einerley.<br />

Kunigunte traurig<br />

Heut mag ich gar nicht gern tanzen.<br />

Thusnelde<br />

Nun daß er auch fort ist, über den dummen Hanßen. / streichen sich.“<br />

(Schluss der ersten Szene.)<br />

Goethe scheint das Stück nicht aufgeführt gesehen, wohl aber gelesen zu haben. In seinem Brief vom<br />

24. Juni 1776 schreibt er an Charlotte von Stein: „für Ihre Matinees danck ich herzlich, ich habe mich<br />

herzlich drüber gefreut, i c h b i n w e i d l i c h g e s c h u n d e n , und doch freut michs daß es nicht so ist“.<br />

Das Manuskript wurde von Wilhelm Fielitz 1883 auf Schloss Kochberg eingesehen und beschrieben, gilt<br />

aber seit 1899 als nicht mehr zugänglich bzw. verschollen.<br />

44


I. LITERATUR<br />

91 — VOIGT, Christian Gottlob von, weimarischer Minister; Freund Goethes, 1743 – 1819.<br />

E. Schriftstück m. U. O. O., „Dienstags, 8 Nov.“ (nach 1803). 1 S. 4 o . – Am Unterrand 2 e.<br />

Zeilen m. U. von Herzog C a r l A u g u s t . (250.—)<br />

„Unterth[änigster] Vortrag“ für den Herzog, eine Anstellung des Physikers und Philosophen Johann<br />

Wilhelm R i t t e r betreffend.<br />

„Ritter, welchen Ew. Durchl[aucht] kennen, will, Inhalts der Anlage, über den Galvanismus in Jena<br />

lesen. Da er ein Hauptleser dieser Materie ist, und man die Vorlesungen in Jena izt vorzüglich begünstigen<br />

muß, so ist ihm wohl zu helfen. Entweder mögte man für die geforderte Hälfte der MagisterGebühren<br />

gutsagen, oder Ew. Durchl. würden Sich für ihn, wie für F e r n o w “ (der Kunstwissenschaftler Carl<br />

Ludwig f. lehrte seit 1803 in Jena) „geschehen, bey dem Prorector interponiren, daß demselben mit dieser<br />

Anforderung Nachsicht oder … Verschonung angedeihen möge. Dieses würde, in Gemäsheit gnädigster<br />

Entschließung sodann heute noch expedirt werden können. / Voigt“.<br />

Carl August bemerkt dazu: „Laßen Sie ein Schreiben an den Pr.Rector aufsetzen, des Inhalts m.m. wie<br />

für Fernow. / C. Aug.“ – Zu einer eigentlichen Anstellung scheint es nicht gekommen zu sein; Ritter, der<br />

u. a. 1802 die UV-Strahlen entdeckt hatte, wurde 1804 als Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften<br />

nach München berufen.<br />

92 — VULPIUS, Christian August, Goethes Schwager, 1762 – 1827. 2 e. Br. m. U. Weimar<br />

3.X.1812 u. 29.XI.1822. 4 S. 4 o und 2 S. gr.-8 o . Ein Brief gebräunt und etwas fleckig. (400.—)<br />

1812. Wohl an einen Verleger, den er für neue Übersetzungen der griechischen Klassiker zu interessieren<br />

sucht, da er schon erfolgreich Vorträge zu diesem Thema gehalten habe. „… Ich machte eine Probe mit<br />

den zwei bedeutensten Stüken des Ayschylos, Prometheus u. die Eumeniden, u. diese … Probe gefiel allgemein.<br />

Alle Übersetzungen welche wir von Ayschylos haben, sind der Leserwelt, kaum lesbar. Aber auch<br />

die deutsche Bühne müßte dadurch bereichert werden können. Bei uns ist schon ein solcher Anfang mit<br />

Sophokles Antigona gemacht worden …“ – Goethe hatte 1809 eine deutsche Bearbeitung der Antigone in<br />

Weimar auf die Bühne gebracht.<br />

1822. An einen befreundeten Herrn in Gotha mit einem ausführlichen Bericht zu den Jubiläumsfeiern für<br />

Johann Georg L e n z , den Direktor des mineralogischen Kabinetts in Jena. „… Es speißten, bei dieser<br />

Feier im fürstl. Schlosse zu Jena, 114 Personen … Sereniss[imus, d. i. Großherzog Carl August] hatte …<br />

als Maschinen Tafel Aufsatz, einen Vulkan [bilden lassen]. Beim Nachtisch, kam es bei demselben zur<br />

Ausbrech[ung]. Er spie Feuer u. Flamme u. seine Krater stürzten nach u. nach zusammen. Der erste,<br />

gab die Goldene Ehren Medaille für Lenzen; der 2te, 100 Dukaten, schön u. neu geprägt; beide von<br />

Sereniss. der 3te, von den Fürstinnen, einen schönen brilliant Ring …“<br />

93* — — E. Br. m. U. Weimar 30.IV.1823. 1 S. gr.-8 o . Etwas gebräunt, kleiner Einriss,<br />

Montagereste. (250.—)<br />

An einen Herrn, den er über Neuerwerbungen der Bibliothek informiert.<br />

Es sei diesem „vielleicht nicht ungelegen zu wißen, daß wir das Werk erhalten haben: O’Connor Chronicles<br />

of Eri … / In demselben findet sich mancherlei über Scythien u. die Scythen; auch eine Demonstration:<br />

/ Of the Scÿthian tribes that colonized the discrits“ (districts) „of Europa; Italy, Rhœtian / Of the Goths;<br />

/ of the Scÿt[h]ian in Spain etc.<br />

Glauben Sie daß dieses Werk etwas enthalten möchte, was Sie intereßiren könnte, so schiken Sie mir<br />

darüber einen Schein, u. ich sende es Ihnen gleich.<br />

Unsre allgeliebte Fr. Großherzogin“ (Luise, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt) „ist noch immer nicht<br />

ohne Gefahr krank …“<br />

45


I. LITERATUR<br />

(Goethekreis)<br />

Berlin – „der beste Ort auf Erden“<br />

94 — ZELTER, Carl Friedrich, 1758 – 1832. E. Briefentwurf. Berlin 17.III.1817. 2 3 ⁄4 S. 4 o .<br />

Bugfalte restauriert. (1.200.—)<br />

Sauberer Entwurf eines Briefes an die einst berühmte, nun verarmte Opernsängerin Elisabeth M a r a<br />

(1749 – 1833), die ihn gefragt hatte, ob er ihr zu einer Übersiedlung nach Berlin raten könne.<br />

„… Es ist allerdings jetzt seit der franz[ösischen] Invasion viel theurer zu leben in Berlin und in Deutschland<br />

überhaupt als sonst, doch spricht man hier wieder, daß es in Frankreich, England und Rußland<br />

noch viel theurer sey …<br />

Das Theuerste ist hier eigentlich Wohnung und Equipage, welche eine Dame wie Sie nicht leicht unter<br />

1000 Thaler wird halten können …<br />

Die Welt ist einmal so eingerichtet, daß auf ganz vollkommne Sicherheit nicht zu rechnen ist, wenn ich<br />

aber betrachte, was Berlin getragen hat und noch trägt, so dünkt mich Berlin, das ich freilich von Natur<br />

liebe, der beste Ort auf Erden, was ich seit 10 Jahren recht empfunden habe, da ich mich von hier ab<br />

und auf zwischen der Weichsel und dem Rheine an manchen Orten lange genug aufgehalten habe, um<br />

zu erfahren, daß es für mich nirgend besser ist …<br />

Unser deutsches Theater glüht und glänzt jetzt von lauter Salamandern, Undinen, Nixen und anderen<br />

Erscheinungen, die sie romantisch nennen. Spukt denn das Zeug bey Ihnen auch? Die Sänger und Sängerinnen<br />

schreien sich den Hals ab, die Kieselherzen zu rühren, wenns nur einer glauben wollte.“<br />

Mara war ab 1771 an der Königlichen Oper Berlin engagiert gewesen. Trotz Zelters Werben zog sie offenbar<br />

nicht erneut nach Berlin; sie starb 1833 in Reval. – E. T. A. Hoffmanns Zauberoper „Undine“ war<br />

am 3.VIII.1816 im Berliner Schauspielhaus uraufgeführt worden.<br />

„Wo soll ich hin mit meiner immer zunehmenden Verzweiflung?“<br />

95* GOLL, Claire, geb. Clara Aischmann, 1890 – 1977. E. Br. m. U. „Claire“. Paris 9.IV.<br />

1950. 2 S. gr.-4 o . Minimal fleckig. (400.—)<br />

Bewegender Brief an einen Freund, vielleicht Manfred George, den Chefredakteur der deutsch-jüdischen<br />

Exilzeitung ‘Aufbau’, dem sie für dessen Nachruf auf ihren am 27. Februar verstorbenen Ehemann Yvan<br />

Goll dankt.<br />

„… ich bin so vernichtet, daß es mir schwer wird normale Gesten zu machen. Ich kann nur eines tun<br />

um den rasenden Schmerz zu betäuben: mich auf dem Teppich meines Zimmers hin- und herrollen …<br />

… Ich glaubte nie, daß dieser überlebendige, immer von großen Ideen vibrierende Mensch wirklich<br />

sterben könnte. Und doch zitterte ich seit 5 Jahren um sein Leben. Fürchtete jeden Wind, jede kleinste<br />

Schnittwunde im Finger, jedes Geräusch in seiner Lunge. Gepeitscht von den Furien der Angst habe ich<br />

Nächtelang wach gelegen und auf den Rhytmus seines Atems gehorcht, habe seinen immer schneller<br />

gehenden Herzschlag mit meinem langsameren verglichen und gewußt (ohne es wissen zu wollen), daß<br />

er mir nur noch geliehen war.<br />

Aber noch im Spital täuschte er mich. Immer stolz, immer lächelnd, lag er da, in äußerster Disziplin<br />

jedes Mitleid zurückweisend … Nur am Tag seines Todes, versuchte er die 4 Schwestern, die ihn zu halten<br />

versuchten, abzuschütteln, ins All hinauszufliehen und schrie aus dem Unterbewußtsein heraus in 2<br />

Sprachen: ‘Hinaus! Alle hinaus! Laßt mich allein mit meinem Tod!’ ‘Sortez tous! Laissez-moi seul avec<br />

ma mort!’ …“<br />

46


I. LITERATUR<br />

Nr. 94 Carl Friedrich Zelter<br />

47


I. LITERATUR<br />

96* GOTTHELF, Jeremias, Pseudonym für Albert Bitzius, 1797 – 1854. E. Br. m. U. „Alb.<br />

Bitzius Pfr.“. Lützelflüh 15.II.1833. 2 ⁄3 S. gr.-4 o . Mit Siegelrest und Adresse. Kleiner Ausriss an<br />

der Siegelstelle. Geringe Montagereste. (300.—)<br />

An den Pfarrer Fasnacht in Jegenstorf, dem er die Eheschließung von „Christian Mußer Haus Wirth von<br />

Lützelflüh Witwer / und / Elisabeth König“ in seiner Kirche anzeigt.<br />

97 GOZZI, Carlo, 1720 – 1806. E. Br. m. U. Venedig 11.V.1768. 1 S. 4 o . Mit Siegel und<br />

Adresse. Kleine Falzreste auf dem Adressblatt. (1.200.—)<br />

An seinen Freund Sebastiano Muletti in Bergamo mit der Bitte, wegen einer Beschwerde über die Bergameser<br />

Familie Fumegalli, zu denen er in geschäftlichen Besziehungen stand.<br />

„… Ieri ho ricevuta una lunga lettera da certo Sig r Antonio Volpi ch’io non conosco, il quale come rilevarà,<br />

si raccomanda per certe vessazioni che patisse dalli Fumegalli. Rispondo a questo Signore due<br />

righe de civiltà, e lo esorto ad abbocarsi con lei. Se io scrivo alli Fumegalli non rispondono, e fanno<br />

peggio verso il Sig r Volpi. Se è vero il torto dei Fumegalli, supplico lei a far loro una correzione per mia<br />

parte, e li accerti che le soprafazioni e le ingiustizie mi dispiacciono, e che se seguiteranno a praticarle<br />

forse averanno da pentirsi …“<br />

Sehr selten.<br />

98* GRASS, Günter, 1927 – 2015. Typoskript mit eigenh. Zusätzen und Streichungen, nachträglich<br />

bezeichnet, gewidmet, signiert und datiert. „Berlin am 10.8.82“. 1 S. folio. Paginiert<br />

„108“. (250.—)<br />

Manuskriptblatt aus seiner Erzählung „Das Treffen in Telgte“.<br />

„… Nach gestriger Erfahrung mit der Küche der Wirtin des Brückenhofes wäre die Weisung des Grafen,<br />

leiblich fürsorglich zu sein, nicht nahrhafter einzulösen gewesen. Und was den schlichten Festlichen<br />

Rahmen betreffe, habe schon Platon …<br />

Wie um den Krug überlaufen zu lassen, wollte Schütz noch vom Stoffel wissen, ob bei der verruchten<br />

Räuberei, außer dem Bauer, weitere Personen zu Schaden gekommen seien. Und Gelnhausen klagte wie<br />

beiläufig: Soviel ihm, bei der Eile des Geschehens erinnerlich geblieben, seien dem Knecht und der Magd<br />

die schwedischen Manieren leider nicht wohlbekommen. Und sterbend schon habe sich die Bauersfrau<br />

um ihr Bübchen gesorgt, das er, gottlob, in den nahen Buschwald habe laufen, dem Greule entkommen<br />

sehen …“<br />

99 — Eigenh. Manuskript, nachträglich signiert und bezeichnet. 1 S. folio. Minimal<br />

fleckig. (300.—)<br />

Aus den Vorarbeiten zu „Das Treffen in Telgte“: Notizen zum Werk von Heinrich Schütz.<br />

„… Wenn schon Geistliches nicht, dann Madrigale … / … die ruhige Hand des Sämanns …<br />

… all das will gestisch erklingen und will einfach Sätze, die im Sinn halten und nicht den Fliegendreck<br />

der Wörter, wie er ihn hier, wenn auch mit abstrakten Versfüssen und Geistlichem gereimt, hören müsse,<br />

da halte er sich lieber, wie auch sonst, an die Bibel oder falle zurück auf’s Lateinische …“<br />

Beiliegend eine signierte Portraitphotographie (1979).<br />

48


I. LITERATUR<br />

100 GRILLPARZER, Franz, 1791 – 1872. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. gr.-8 o . Leicht fleckig,<br />

winziger Randeinriss. (600.—)<br />

An seinen Freund (den Dichter Joseph Weil, Ritter von Weilen), der 1861 bis 1873 als Scriptor an der<br />

Hofbibliothek angestellt war und Grillparzer mit Lesestoff versorgte.<br />

„… Ich sende hier die Bücher der Hofbibliothek zurück und bitte um geeignete Fortsetzung. Die Briefe<br />

der Maria Stuart enthalten zu viel Unbedeutendes und die Entscheidenden sind in der Biographie Marias<br />

enthalten und mir hinlänglich bekannt … Eben so hat mich der Dichter B r o w n i n g in den beiden<br />

Musterbänden hinlänglich gelangweilt, so daß mich seine nähere Bekanntschaft nicht verlockt …“<br />

Beiliegend ein Brief Weils an den Autographensammler Alfred Löhren in Frankfurt a. M., dem er 1876<br />

den Brief Grillparzers sendet („… Einem Verehrer meines Grillparzer’s eine Freude zu bereiten, ist mir<br />

sehr angenehm …“).<br />

101 GROTH, Klaus, 1819 – 1899. E. Gedicht m. U. Kiel 4.X.1880. 1 S. gr.-8 o . Mit gedrucktem<br />

Monogramm am Kopf. (150.—)<br />

„We n n d i e L e r c h e z i e h t . // Ade, ade, de Summer geit! / Ade bet tokum Jahr! / Ade, ade, de Bläder<br />

weiht! / Nu ward dat Hart mi swar. // Ik heff wul sungn en schöne Tid, / Den ganzen Summer hin. / Nu<br />

reis’ ik fort, nu reis’ ik mit / Na’n Süden, na de Sünn!“<br />

Aus Groths Erstlingswerk, der 1853 erschienenen Gedichtsammlung „ Q u i c k b o r n “ ; dort unter dem<br />

niederdeutschen Titel „Wenn de Lurk treckt“ gedruckt.<br />

102* HALLBERG-BROICH, Theodor Freiherr von, Schriftsteller und Sonderling; der „Eremit<br />

von Gauting“, 1768 – 1862. Eigenh. Manuskript mit Namenszug im Titel. Paris, Januar<br />

1839. 15 S. gr.-8 o . Auf dem Schlussblatt ein e. Br. m. U., Paris 28.I.1839, 1 S. gr.-8 o . (350.—)<br />

„Dramatisches. Auszüge aus der neuen, noch ungedruckten Tragödie des dramat. Dichters, M. Firmenich<br />

‘Clotilde Montalvi’ mit Bemerkungen begleitet und dem Publikum vorgeführt von Dr. Hallberg zu Paris“.<br />

– Vollständiges Feuilleton; am Schluss der Begleitbrief an die „Redaktion der Theater-Zeitung zu Wien“.<br />

103 HARDEN, Maximilian, Pseudonym für Felix Ernst Witkowski, 1861 – 1927. 11 Autographen:<br />

4 e. Br. m. U. und 7 e. Postkarten m. U. Berlin 20.X.1895 bis 16.I.1915. 4 S. gr.-8 o bis<br />

quer-8 o (Briefkarte der „Zukunft“) und die Karten. Leicht gebräunt. (250.—)<br />

Zum überwiegenden Teil an den Schriftsteller und Juristen Fritz Böckel in Jena, meist Beiträge für die<br />

„Zukunft“ betreffend.<br />

20.X.1895, an seinem Geburtstag. „Sehr geehrter Herr, / mit Ihrer liebenswürdigen Gattin vereint haben<br />

Sie mir heute eine so frohe und schöne Ueberraschung bereitet, daß ich Ihnen Beiden nur von ganzem<br />

Herzen danken kann …“<br />

15.I.1912. „… ich bedaure aufrichtig, daß ich Ihren schönen Aufsatz, weil ich ihm nicht Raum schaffen<br />

konnte, zurücksenden mußte. ‘Fallström’ kommt sehr bald …“<br />

16.I.1915. An Herrn Holzmann, einen Vortrag Hardens betreffend. „… Die Zeitungsfrage möchte ich<br />

Ihnen überlassen … Für m[eine] Hausgenossen erbitte ich vier gute Plätze. Ich fürchte aber, daß Ihr<br />

u. mein Mühen fruchtlos bleiben wird. Bis heute wissen selbst die mir Nächsten nichts davon, daß ich<br />

spreche. Es ist gelungen, die Tatsache völlig zu sekretieren. Nicht eine Notiz, nicht eine Annonce; ein<br />

unauffälliges Plakat, wie ich höre. Unter diesen Umständen u. bei der Ueberfülle der Veranstaltungen<br />

wird es nicht möglich sein, einen nennenswerthen Ertrag zu erzielen …“<br />

49


I. LITERATUR<br />

104 HAUPTMANN, Gerhart, 1861 – 1946. E. Postkarte m. U. <strong>Poststempel</strong>: Erkner 6.I.<br />

1887. (150.—)<br />

An den Schriftsteller Leo Berg, den er nach Erkner einlädt.<br />

„… Haben Sie Lust u. Zeit, so würden Sie uns eine große Freude machen, wenn Sie uns Sonntag früh<br />

besuchten … / Wann ist Vereinsabend im ‘ D u r c h ‘ ?“<br />

Dem von Leo Berg, Conrad Küster und Eugen Wolff gegründeten literarischen Verein „Durch“ gehörten<br />

neben Hauptmann auch Karl Bleibtreu, Wilhelm Bölsche, Paul Ernst, die Brüder Heinrich und Julius<br />

Hart, Max Kretzer und Bruno Wille an.<br />

105 — E. Br. m. U. (Berlin-)Grunewald 26.I.1918. 1 S. 4 o . Mit Eingangsstempel. Am linken<br />

Rand leicht fleckig. (180.—)<br />

An den Vorstand des „Bundes Deutscher Gelehrter und Künstler“, der ihn in sein Ehrenpräsidium<br />

gewählt hatte.<br />

„… so wenig mein Verdienst dieser hohen Bevorzugung entspricht, so kann ich doch nichts andres tun,<br />

als zu versichern, dass ich Ihre Wahl mit tiefer Dankbarkeit, echtem Stolz und herzlicher Freude empfinde<br />

…“<br />

107* HEBBEL, Friedrich, 1813 – 1863. E. Albumblatt m. U. Wien 16.XI.1855. 1 S. quergr.-8.<br />

Schwache Montagespur. (800.—)<br />

Vierzehn Zeilen aus seiner Tragödie „Gyges und sein Ring, Act 4.“ – Beginnt:<br />

„– Wenn den kastal’schen Quell,<br />

Aus dem die Lieblinge der Götter trinken,<br />

Und der in einem Farbenspiel erglänzt,<br />

Als wär er mit zerpflückten Regenbogen<br />

Von Zeus eig’nen Händen überstreut.<br />

Wenn diesen Quell, der dem Parnaß entspringt,<br />

Ein Steinwurf trübt, so fängt er an, zu tosen …“<br />

Die Uraufführung des im selben Jahr erschienenen Werkes fand erst 1889 in Wien statt.<br />

108* — E. Br. m. U. O. O. u. D. 3 ⁄4 S. gr.-8 o . Leicht gebräunt. Verso Montagereste. (800.—)<br />

An O t t i l i e v o n G o e t h e , die ihn eingeladen hatte.<br />

„… Die plötzliche Ankunft eines werthen Freundes von Paris macht es mir zu meinem Leidwesen unmöglich,<br />

heute Mittag Ihrem Wunsch zu entsprechen. Entschuldigen Sie mich daher und erlauben Sie mir,<br />

Ihnen ein ander Mal meinen Besuch zu machen …“<br />

50


I. LITERATUR<br />

109* HEMINGWAY, Ernest, 1899 – 1961. E. Namenszug, zusammen mit einer Portraitphotographie<br />

(Druck, 19 × 14 cm) unter dunkelblauem Passepartout montiert. (400.—)<br />

„ Ernest Hemingway.“ – Bei der Aufnahme handelt es sich um die berühmte Photographie von<br />

Yousef Karsh aus dem Jahr 1957, die den Autor im Schulterbild en face in seinem Sweater zeigt.<br />

110 HERDER, Karoline, geb. Flachsland, Ehefrau Johann Gottfried von Herders, 1750 –<br />

1809. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. 8 o . (300.—)<br />

An eine Fürstin.<br />

„Empfangen Euer Durchlaucht die lieben Blätter hiebei mit unterthänigstem Dank zurück. Wir wollen<br />

uns oft u. gern jenes schönen Traums mit Ihnen erinnern, Schwester der Musen u. Schwester der edlen<br />

Menschheit. – o mögen diese Gefühle Ihnen ungestört den reinsten Genuß des Lebens verschaffen u. Ihr<br />

Gemüth rein u. groß erhalten …“<br />

111* HERMANN, Georg, Pseudonym für Georg Borchardt, 1871 – 1943. E. Br. m. U. Heidelberg<br />

7.VI.1922. 1 S. gr.-4 o . Am Oberrand perforiert. (300.—)<br />

An (Claire Quarles van Ufford in Utrecht), bei der er seine Töchter in den Sommerferien unterbringen<br />

möchte.<br />

„… No III Fräulein Liese, genannt Tretschke, 16 Jahr alt, aber körperlich sehr klein … die schon einmal<br />

bei Holländischen Freunden war, möchte ich Ihnen gern vordem ein paar Wochen … hinbringen; denn<br />

die hat es eigentlich am allernötigsten. Bei den andern bedeutete Holland eine sehr erfreuliche Aufpulverung;<br />

hier ist es eine vitale Frage …“<br />

Hermanns Romane „Jettchen Gebert“ (1906) und „Henriette Jacoby“ (1908) waren damals äußerst<br />

erfolgreich. – S e h r s e l t e n .<br />

112 HERZ, Henriette, geb. de Lemos, 1764 – 1847. E. Br. m. U. „Harriet Herz“. Berlin 19.III.<br />

1805. 3 ⁄4 S. gr.-8 o . (400.—)<br />

Empfehlungsschreiben für einen London-Reisenden.<br />

„The bearer of this, Mr. Smith from Jassy will call me back to your remembrance out of which I never<br />

wish to come. His stay in London will be but very short and his being a good natured and most sensible<br />

man will make his acquaintance not uninteresting to you. Your giving him leave to come and see you at<br />

hours you bestow on social pleasures will oblige me much.<br />

Do never forget the friendly hours we pass’d together in better times. / Harriet Herz“.<br />

Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U.; an „Frau von Gröben“ wegen einer Stellenvermittlung: „Da ich<br />

fürchten muß daß es mir in diesen Tagen nicht möglich sein dürfte Sie zu sehen …, so frage ich durch<br />

diese Zeilen an ob Mll Terbusch noch zu haben ist u. ob sie eine Stelle außerhalb Berlins, in einer kleinen<br />

Stadt, annehmen mögte …“<br />

51


I. LITERATUR<br />

113 HESSE, Hermann, 1877 – 1962. Widmungsexemplar: „Boccaccio“. Berlin und Leipzig<br />

(1904). „Die Dichtung“ Bd. VII, 3. Tausend. Mit Buchschmuck von Heinrich Vogeler. Violetter<br />

Orig.-Pappband (Rücken defekt, Bindung etwas gelockert). – W/G² 5. (120.—)<br />

Auf dem fliegenden Vorsatz Hesses Widmung an „Herrn Dr. R[oger] De Campagnolle / mit meinen besten<br />

Grüssen! / Calw 6/VI.1904. HHesse.“<br />

114 — Gedichttyposkript mit e. Widmung u. U. (Bleistift) sowie einem A q u a r e l l (ca. 9,5 ×<br />

5,5 cm) auf dem Deckblatt, eigenh. bezeichnet „Beim Blumengießen“ (Tinte). 1932. Doppelblatt,<br />

kl.-8 o . (800.—)<br />

Das unter dem Titel „Spätsommer“ gedruckte, hier nicht betitelte Gedicht:<br />

„Noch einmal, ehe der Sommer verblüht,<br />

Wollen wir für den Garten sorgen,<br />

Die Blumen giessen, sie sind schon müd,<br />

Bald welken sie ab, vielleicht schon morgen.<br />

Noch einmal, ehe wieder die Welt<br />

Irrsinnig wird und von Kriegen gellt,<br />

Wollen wir an den paar schönen Dingen<br />

Uns freuen und ihnen Lieder singen.“<br />

Das Aquarell: S e l b s t p o r t r a i t in Rückenansicht.<br />

115 — 29 (17 e.) Postkarten m. U. <strong>Poststempel</strong>: Montagnola, Nürnberg, München, Berlin<br />

u. a. O. 2.IV.1935 bis 14.VI.1957, einige unleserlich datiert. (1.600.—)<br />

An seinen treuen Leser und Verehrer Otto Korradi in München, der ihn regelmäßig mit Büchern versorgte<br />

und seinerseits von Hesse Literaturempfehlungen und Gedichte bekam.<br />

Krnov 17.I.1938. „… Ich brüte an einer Art Grippe, zugleich aber schreibe ich nach mehr als halbjähriger<br />

Pause wieder ein Stückchen zum Glasperlenspiel …“<br />

Nürnberg 26.III.1942. „… Von I[na] Seidel rate ich Ihnen nicht die dicken Bücher, sondern vor allem<br />

den ‘Peregrin’. Ein Autor, von dem ich gern einmal etwas hätte, ist Bergengruen …“<br />

Nürnberg 28.II.1943. „… Für den J. Knecht habe ich jetzt nach vielen Proben die Schrift und den Satz<br />

bestimmt. Das Buch soll etwa im Herbst fertig sein … Der Freund, der mir beim Stilisieren des latein.<br />

Mottos zur Glasperlenspiel-Einleitung einst behilflich war, ein Kamerad seit den Knabenjahren, liegt<br />

hoffnungslos in einem Stuttg. Spital …“<br />

Kassel 1.VI.1943. „… ich lebe im Ruhestand; geschrieben habe ich seit April 42, wo der J. Knecht fertig<br />

wurde, keine Zeile mehr außer dem kl. Widmungsgedicht zum Versbuch …“<br />

O. O. u. D. „… Die Ansprache … zeigt Ihnen, daß Weltanschauung und Glaube sich bei mir nicht geändert<br />

haben. Doch ist mit dem allmählichen Verfall der Kräfte und den vielen schweren Enttäuschungen,<br />

Sorgen und Brutalitäten der letzten Jahre die Lebenslust natürlich geschwunden … Suhrkamp, der lang<br />

im Gefängnis und Konz.lager der Gestapo war, ist auch am Leben …“<br />

52


I. LITERATUR<br />

Nr. 114<br />

Nr. 120<br />

Nr. 121<br />

Nr. 122<br />

Hermann Hesse<br />

53


I. LITERATUR<br />

(H. Hesse)<br />

116 — Eigenh. Gedichtmanuskript mit 1 3 A q u a r e l l e n . Aquarelliertes Titelblatt sowie<br />

12 Doppelblätter, jeweils mit aquarelliertem Titel auf S. 1 und dem Gedicht auf S. 3, das<br />

Schlussblatt mit Widmung u. U. „1936 / HH.“ 4 o . Bütten, minimal gebräunt; die Aquarelle<br />

sauber und farbfrisch. (16.000.—)<br />

„Z w ö l f / G e d i c h t e / von / Hermann / Hesse“.<br />

Das Manuskript enthält die Gedichte „Lampions“ („Warm in dunkler Gartenkühle …“), „Schmetterling“<br />

(„Flügelt ein kleiner blauer / Falter vom Wind geweht …“), „Blumen nach dem Gewitter“ („Geschwisterlich,<br />

und alle gleich gerichtet …“), „Sylvester“ („Schnell welkt das Vergängliche …“), „Pfirsichblüte“<br />

(„Voll Blüten steht der Pfirsichbaum …“), „Karfreitag“ („Verhangener Tag, am Berg noch Schnee …“),<br />

„Einmal in Kindertagen“, „Häuser am Abend“ („Im späten schrägen Goldlicht …“), „Spätsommer<br />

1929“ („Noch eimal hat, auf den wir schon verzichtet, / Der Sommer seine Kraft zurück gewonnen …“),<br />

„Gedächtnis an Klingsor’s Sommer“ („Zehn Jahre schon, seit Klingsor’s Sommer glühte …“), „Wollust“<br />

(„Nichts als Strömen, nichts als Brennen …“) und „Nachtgefühl“ („Tief mit blauer Nachtgewalt …“).<br />

Am Schluß die Widmung „Diese Blätter sind geschrieben u. gezeichnet für Herrn O[tto] Korradi.“<br />

117 — Eigenh. Gedichtmanuskript mit A q u a r e l l auf der ersten Seite. Dezember 1939.<br />

5 S. 4 o (2 Doppelblätter). (1.600.—)<br />

„Zwei Gedichte aus der Kriegszeit 1914 – 18“:<br />

„Friede“ („Jeder hat’s gehabt, / Keiner hat’s geschätzt …“, „Geschrieben im Oktober 1914“) und „Wenn<br />

auch ….“ („Wenn auch der Abend kalt und dunkel ist / Und Regen rauscht …“, „Geschrieben im Jahr<br />

1918“).<br />

Das Titelaquarell zeigt einen Blütenkranz. Am Schluss die Widmung „Weihnachtsgruss / für O[tto] Korradi<br />

/ 1939 / H. Hesse“.<br />

118 — Eigenh. Gedichtmanuskript mit Datum „9.III.40“ am Schluss. 1 S. gr.-8 o . Verso ein<br />

an Hesse gerichteter Brief des S. Fischer Verlags (Berlin 4.XII.1939). (800.—)<br />

Stark überarbeitetes Werkmanuskript seines Gedichts „ F l ö t e n s p i e l “ (hier ohne Titel), mit deutlichen<br />

Abweichungen vom Druck.<br />

„… Das fremde Haus durch Strauch u. Baum<br />

Ein Fenster leise schimmern ließ,<br />

Und dort im unsichtbaren Raum<br />

Ein Flötenspieler stand und blies.<br />

Es war ein Lied so altbekannt,<br />

Es floß so gütig in die Nacht,<br />

Als wäre Heimat jedes Land,<br />

Als wäre jeder Weg vollbracht.<br />

Es war der Welt geheimer Sinn<br />

In seinem Atem offenbart,<br />

Bezaubert gab das Herz sich hin<br />

Und alle Zeit war Gegenwart.“<br />

54


I. LITERATUR<br />

Nr. 116 Hermann Hesse<br />

55


I. LITERATUR<br />

(H. Hesse)<br />

Anders als im Druck handelt es sich hier im Manuskript noch um ein vierstrophiges Gedicht; die erste<br />

Strophe lautet:<br />

„Vor einem Hause blieb ich stehn<br />

In wolkiger Vorfrühlingsnacht,<br />

Kaum wissend was mich hergebracht;<br />

Es war der Flötentöne Wehn.“<br />

Hesse ließ die erste Strophe für den Druck streichen, worauf sich eine Bemerkung von ihm am Unterrand<br />

bezieht: „Vers I weglassen?“; hinzu kommen zahlreiche, zum Teil wesentliche Streichungen und Änderungen,<br />

so lauten z. B. die ersten drei Zeilen (der im Druck ersten Strophe) ursprünglich: „Aus Nachtgebüsch<br />

mit leisem Schimmer / Ein lichtes Fenster blicken ließ, / Es drang aus schwach erhelltem Zimmer“.<br />

Das Gedicht erschien als Sonderdruck 1940 bei S. Fischer in Berlin.<br />

119 — Gedichttyposkript (Durchschlag) mit e. Grußworten u. U. „Gruss von H Hesse“<br />

(Tinte stellenweise etwas blass). Im Typoskript datiert „5. Mai 41“. 1 S. gr.-8 o . Winziger Randeinriss,<br />

verso unbedeutende Montagespuren. (400.—)<br />

„S t u f e n / (Noch ein Gedicht Jos. Knechts)“. Die erste Strophe lautet:<br />

„Wie jede Blüte welkt und jede Jugend<br />

Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,<br />

Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend<br />

Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.<br />

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe<br />

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,<br />

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern<br />

In andre, neue Bindungen zu geben.<br />

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,<br />

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“<br />

Es folgen zwei weitere Strophen mit zusammen 12 Zeilen. – Eines der berühmtesten Gedichte Hesses.<br />

Hesse verfasste das zunächst „Transzendieren“ betitelte Gedicht Anfang Mai 1941, nach seiner Genesung<br />

von einer langen Krankheit. 1943 nahm er es unter dem neuen Titel „Stufen“ in seinen Roman „Das<br />

Glasperlenspiel“ auf.<br />

120 — Gedichttyposkript auf der dritten Seite eines Doppelblattes. Auf der ersten Seite<br />

der eigenh. Titel sowie ein A q u a r e l l über schwarzer Tinte, ca. 6 × 6 cm (Blattgröße kl.-8 o ).<br />

August 1962. (500.—)<br />

„ Geknickter Ast“ . – Die dritte Fassung von Hesses l e t z t e m Gedicht.<br />

„Splittrig geknickter Ast,<br />

Hangend schon Jahr um Jahr,<br />

Trocken knarrt er im Wind sein Lied,<br />

Ohne Laub, ohne Rinde,<br />

Kahl, fahl, zu langen Lebens,<br />

Zu langen Sterbens müd.<br />

Hart klingt und zäh sein Gesang,<br />

Klingt trotzig doch heimlich bang<br />

Noch einen Sommer,<br />

Noch einen Winter lang.“<br />

Hesse schrieb diese dritte Fassung am Vorabend seines Todestags (8.VIII.1962). – Das Aquarell zeigt einen<br />

von kleineren Büschen umgebenen grünen Laubbaum. – Siehe die Abbildung auf Seite 53.<br />

56


I. LITERATUR<br />

121 — E. Gedicht m. U. „H.H.“ sowie ein A q u a r e l l in seinem Buch „Vom Baum des Lebens“,<br />

Leipzig: Insel o. J. (Insel-Bücherei Nr. 454, 11.-20. Tsd.), Orig.-Pappband; Kopfschnitt<br />

etwas fleckig, Kanten minimal berieben. (800.—)<br />

„Viele Verse hab ich geschrieben,<br />

Wenig sind übrig geblieben,<br />

Sind noch immer mein Spiel u. Traum<br />

Herbstwind schüttelt die Äste,<br />

Farbig zum Erntefeste<br />

Wehen die Blätter vom Lebensbaum.“<br />

Dem Titel gegenüberstehend geschrieben; auf dem fliegenden Vorsatz ein aquarellierter B l u m e n k r a n z<br />

(ca. 10,5 × 9 cm) im Oval. – Siehe die Abbildung auf Seite 53.<br />

122 — A q u a r e l l . Ca. 7 × 7 cm. Auf S. 1 eines sonst leeren Doppelblatts 4 o . (800.—)<br />

Nächtliche Szene bei Vollmond: An einem Hang gelegenes Haus neben kahlem Baum vor angedeutetem<br />

Bergpanorama. – Siehe die Abbildung auf Seite 53.<br />

123 — E. Gedicht m. U. „Hermann Hesse“. 1 S. gr.-8 o . Minimale Randläsuren. (350.—)<br />

Niederschrift seines Gedichtes „ A l l e i n “ .<br />

„Es führen über die Erde<br />

Straßen u. Wege viel<br />

Aber alle haben<br />

Dasselbe Ziel<br />

Du kannst reiten u. fahren<br />

Zu zweien u. zu dreien<br />

Den letzten Schritt mußt Du<br />

Gehen allein.<br />

Drum ist kein Wissen<br />

Noch Können so gut<br />

Als daß man alles Schwere<br />

Alleine tut“.<br />

124 — HESSE, Ninon, geb. Ausländer, seine dritte Ehefrau, 1895 – 1966. 1 e. Br. m. U. und<br />

3 e. Ansichtskarten m. U., 2 davon von Hermann Hesse mitunterzeichnet. Sils-Maria, Montagnola<br />

und o. O. 11.VII.1956, 20.VII.1957, 9.II.1960 und (Dezember 1961). 4 S. gr.-8 o und<br />

die Karten. Der Brief mit einer signierten a q u a r e l l i e r t e n F e d e r z e i c h n u n g (Tessiner<br />

Haus) von Hermann Hesse am Kopf. – Dazu: 2 Postkarten (1 e.) m. U. von Hermann Hesse,<br />

Stuttgart 29.VI. und 21.VII.1959. Mit 1 Umschlag. (800.—)<br />

An Helene Ritzerfeld vom Suhrkamp Verlag, der sie für vielfältige Bemühungen dankt.<br />

11.VII.1956. „… Sie waren so freundlich, mich mehrmals zu trösten, weil das Heft ‘D. Altertum’ so lang<br />

nicht kam – dafür danke ich Ihnen sehr! D. Bulletin de Corresp. Hellenique ist inzw. auch angekommen,<br />

direkt aus Paris …“<br />

57


I. LITERATUR<br />

(Ninon Hesse)<br />

9.II.1960 (der Brief). „… Ich wollte einer Freundin zum Geburtstag die gesammelten Werke von Hermann<br />

Bang schenken und erfuhr zu meinem größten Staunen, daß es sie nicht mehr gibt! Wieviel Entbehrliches<br />

druckt doch der Verlag Fischer – aber für Hermann Bang ist, wie es scheint, kein Platz im<br />

Verlag!<br />

Irgendwann wird es im … Rundfunk eine Sendereihe geben: ‘Gefährtinnen berühmter Männer’, da bin<br />

ich auch dabei …“<br />

Die beiden Postkarten von Hermann Hesse sind ebenfalls an Helene Ritzerfeld gerichtet. 29.VI.1959:<br />

„… die Geburtstagspost“ (2. Juli) „schwillt schon sehr an. So kann ich Ihnen heut nur herzlich danken<br />

für … Ihr Anerbieten wegen meiner Briefe und Fotos aus Freund Suhrkamps Besitz. Wenn eines der<br />

Fotos Ihnen als Andenken willkommen wäre, dann bitte ich Sie, sie zu behalten …“ – Peter Suhrkamp,<br />

der auf maßgebliches Zuraten von Hesse 1950 seinen eigenen Verlag gegründet hatte, war im März des<br />

Jahres gestorben.<br />

Beiliegend der Privatdruck von Hesses Gedicht „Föhnige Nacht“, in der gedruckten Danksagung zum 85.<br />

Geburtstag Hesses, auf dem Umschlag (Faksimile eines Aquarells und seiner Danksagung) mit Bleistift<br />

signiert „H Hesse“ (W/G² 530).<br />

125* HOFMANNSTHAL, Hugo von, 1874 – 1929. Portraitpostkarte mit datiertem e. Namenszug<br />

auf der Bildseite. „Hofmannsthal / 916“. Postalisch gelaufen (<strong>Poststempel</strong>: Bad Aussee,<br />

Datum unleserlich). Mit Stempel: „Zensuriert / kuk Territorialzensurskommission / Graz“.<br />

(250.—)<br />

Die Aufnahme zeigt Hofmannsthal im Profil, sitzend in einem Buch blätternd. – Von fremder Hand adressiert<br />

an „Dir. Hugo Martini … Leipzig“.<br />

126* — E. Br. m. U. Rodaun 20.VI. (wohl 1923). 1 S. gr.-8 o . Winzige Randläsuren. (350.—)<br />

An Konrad Maril im S. Fischer-Verlag.<br />

„… dem Wunsch entsprechend, der von Herrn Fischer mir ausgesprochen wurde bin ich Wilhelm Müller<br />

Hofmann zu einer Portrait-Lithographie für die Gesamtausgabe mehrmals gesessen.<br />

In Bezug auf die technische Durchführung habe ich Professor M-H. gehalten, Ihnen direct zu schreiben,<br />

sowie auch seinen Honorarvorschlag direct an Sie zu leiten …“<br />

Beiliegend ein e. Billett auf seiner gestochenen Visitenkarte (Rodaun o. J.).<br />

127 — E. Br. m. U. Rodaun o. D. 4 S. 8 o . (600.—)<br />

Reizender Brief an Baron Weckbecker, dessen nähere Bekanntschaft er zu machen wünscht.<br />

„… ich bitte herzlich, die Verpflichtung des Gegenbesuchs keinesfalls in Ihrem Bewusstsein zu einer<br />

erdrückenden corvée werden zu lassen. Unser Besuch bei Ihrer Gemalin entsprang lediglich der Lust,<br />

den sehr kleinen ganz unzusammenhängenden Kreis von Menschen, den wir haben, durch zwei mir bei<br />

der ersten Begegnung gleich überaus erfreuliche Menschen zu bereichern. Wir sind den ganzen Winter<br />

in Rodaun und wir hoffen, dass Sie dann, vielleicht im December, einmal auf einen ganzen Nachmittag<br />

zu uns kommen, hoffentlich mit einigen Kindern, so wie man nur die Freude hätte, zu Ihren alten<br />

Bekannten zu zählen.<br />

Ich gehe nämlich morgen für 2 Monate nach Rom, sage Ihnen herzlich adieu und bitte, der Baronin, mit<br />

respectvollen Empfehlungen von uns beiden, auch meine Abschiedsgrüße zu sagen …“<br />

58


I. LITERATUR<br />

128* — E. Br. m. U. Rodaun 3.XII.o. J. 2 S. quer-8 o (Briefkarte). Schwacher bläulicher<br />

Lichtrand. Auf der zweiten Seite kleine Montagereste, Fehlstelle (mit Beeinträchtigung der<br />

Unterschrift). (250.—)<br />

Wohl an den Schriftsteller Hermann Kienzl, über ein Buch, das ihm dieser übersandt hatte.<br />

„… Ein Lebenszeichen von Heu“ (wohl der Maler und Bildhauer Josef H.) „freute mich, auch daß Sie mir<br />

nichts – wie viele Menschen tun – nachgetragen haben, daß ich Heu helfen wollte und nichts erreichte.<br />

Gern will ich in einer dienstfreien Stunde und wenn mein Gemüt halbwegs frei und entflammt ist, Ihr<br />

Gedichtenbuch aufschlagen …“<br />

129* HOLTEI, Karl von, 1798 – 1880. E. Br. m. U. Schloss Grafenort 16.IV.1836. 2 3 ⁄4 S. gr.-8 o .<br />

Etwas gebräunt. Einriss in der Bugfalte. Minimale Randläsuren. (200.—)<br />

An einen jungen Schauspieler, der ihm wohl bei der Suche nach Schauspielern für das Schlosstheater<br />

Grafenort behilflich war und den er selbst gerne verpflichten wollte.<br />

„… Graupe … ist ohne Zweifel der Gebildeste von allen, u. scheint auch die meiste geistige Anlage zu<br />

haben, Rander’s mag es, außer den Zähnen, auch noch an manchen andern Gaben fehlen, – indessen<br />

einem geschenkten Gaul, sieht man nicht in’s Maul …<br />

Das was ich eigentlich am allernöthigsten gebraucht hätte, – ein feiner, eleganter Liebhaber, fehlt halt<br />

noch immer … / Am liebsten freilich, wäre es mir, Sie könnten sich auf einen Monat loseisen u. zu uns<br />

kommen …“<br />

Holtei leitete das Theater des Grafen Johann Hieronymus von Herberstein in Grafenort, in dem er 1816<br />

seine Schauspielerlaufbahn begonnen hatte, für insgesamt 12 Saisons.<br />

130 HUCH, Ricarda, 1864 – 1947. E. Br. m. U. München 17.XI.1940. 1 S. gr.-8 o . Rautiertes<br />

Papier, leichte Klammerspur am Oberrand. (150.—)<br />

Wohl an einen Redakteur, der eine ihrer Rezensionen nicht angenommen hatte.<br />

„… Meine Besprechung muss recht schlecht sein, wenn Sie die Bedeutung des Buches nicht daraus ersehen.<br />

Sein Inhalt ist Kampf gegen den Jesuitismus, u. damit dürften Sie wohl einverstanden sein. Monarchische<br />

Tendenzen hat es nicht, wie ich bemerkt habe … Ich darf Sie wohl bitten mir das Manuskript<br />

möglichst bald zurückzuschicken, wenn Sie es nicht bringen wollen …“<br />

131* HUGO, Victor, 1802 – 1885. E. Schriftstück m. U. O. O. 30.VI.1837. 1 S. quer-gr.-8 o .<br />

Schwach gebräunt und fleckig. (300.—)<br />

Quittung. „J’ai reçu … la somme de mille francs … en exécution de nos traités.“ – Beiliegend sein gestochenes<br />

Portrait.<br />

59


I. LITERATUR<br />

(Victor Hugo)<br />

132 — E. Br. m. U. Paris o. D. 1 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Mit Adresse und <strong>Poststempel</strong>n. (600.—)<br />

An Madame de Salvandy, wohl die Ehefrau des Politikers und Schriftstellers Narcisse Achille Comte de<br />

S., die ihn eingeladen hatte.<br />

„Votre gracieux billet, Madame, me donne mille regrets. je ne suis pas libre lundi … je pense ne pouvoir<br />

lire mon discours à Monsieur de Salvandy que du 19 au 20. S’il avait besoin que je lui en disse le plan dès<br />

à présent, je me mets à sa disposition. Je suis fort triste, Madame, de m’appartenir si peu en ce moment,<br />

car les heures qu’on passe rue de cassette sont pour moi des plus charmantes …“<br />

133 — E. Br. m. U. (Brüssel) 20.X. o. J. 1 S. gr.-8 o . Kleine Randeinrisse; an den Ecken montiert.<br />

(400.—)<br />

An L o u i s B l a n c mit einer Einladung.<br />

„La bonne tempête vous empêche de partir, n’oubliez pas cher Louis Blanc, que vous dinez avec moi<br />

aujourd’hui. Vous dinerez avec M. et M me Berru, M. Gustave Frédérix et M. et M me Considérant, je compte<br />

sur vous. Vous voir est une douleur et une joie …“<br />

Geschrieben auf einem Briefbogen seines Freundes, des belgischen Journalisten Camille Berru. – Der<br />

französische Philosoph Victor Considerant (1808 – 1893) war wie Louis Blanc nach der Wahl von Louis<br />

Napoléon Bonaparte zum Staatspräsidenten im Dezember 1848 nach Belgien geflohen. Der belgische<br />

Schriftsteller Gustave Frédérix (1834 – 1894) veröffentlichte 1862 ein „Souvenir du banquet offert à<br />

Victor Hugo“.<br />

134 JACOBSEN, Jens Peter, 1847 – 1885. E. Br. m. U. Kopenhagen 20.VII.1868. 1 S. 8 o .<br />

Dänisch. Minimal fleckig, schwach gebräunt. (250.—)<br />

Wohl an seine Eltern.<br />

„Es ist mir ein sehr unerfreuliches Rätsel: warum ich kein Geld für Hosen und Weste erhalte. Der halbe<br />

Urlaub vergeht auf diese Weise. Ich habe keine Hosen …“ (Übersetzung.)<br />

135* JANDL, Ernst, 1925 – 2000. E. Albumblatt m. U. O. O. 1.XII.1996. 1 S. quer-8 o (Photopapier).<br />

Mit kleiner Portraitphotographie in der rechten oberen Ecke (4,4 × 3,7 cm). (200.—)<br />

Das berühmte Gedicht „lichtung“:<br />

„manche meinen<br />

lechts und rinks<br />

kann man nicht<br />

velwechsern.<br />

werch ein illtum!“<br />

Die Aufnahme zeigt Jandl in mittleren Jahren (Dreiviertelprofil nach links). – Beiliegend eine signierte<br />

Portraitkarte.<br />

60


I. LITERATUR<br />

136 — 10 e. Gedichte m. U. Titelblatt + 10 S. folio. Tinte und Bleistift (Unterschriften). Die<br />

Gedichte sind am Unterrand numeriert „I/1/10“ bis „I/10/10“. (800.—)<br />

„ Ernst Jandl / 10 Gedichte / I“ .<br />

Die Sammlung umfasst die Gedichte „spruch mit kurzem o / sso“, „a love-story, dringend“, „üch loch<br />

müch krank“, „franz hochedlinger-gasse“, „sommerlied“, „kasperltheater“, „keuchender hund“, „ottos<br />

mops“, „lichtung“ und<br />

„s - c - h stern / s - c - h sterben“.<br />

137* JOHNSON, Uwe, 1934 – 1984. Br. m. U. Sheerness-on-Sea 18.VIII.1978. 1 S. quer-gr.-<br />

8 o . (600.—)<br />

An den Lyriker Wolfgang Windhausen, der ihn um eine Handschrift für seine Sammlung gebeten hatte.<br />

„… Zu meinem Leidwesen kann ich Ihren … Wunsch nicht erfüllen. Mit dem Handschriftlichen ist es seit<br />

einiger Zeit aus, und ich kann nur noch die Maschine benutzen …“<br />

138* — Eigenh. überarbeitetes Typoskript, nachträglich am Kopf signiert. 22.IV.1980. 2 S.<br />

folio. – Dazu ein Br. m. U., Sheerness-on-Sea 12.VI.1980, 1 S. quer-gr.-8 o . (2.500.—)<br />

„Entwurf“ eines Artikels für „Die Zeit“.<br />

Beginnt: „Seien Sie vielmals bedankt / für Ihre Frage nach Leuten in meinem Alltag, die mich beschäftigen.<br />

In Ihrem zweiten Beispiel ist es der Briefträger, und schon hier muss ich gestehen: Sie erschweren<br />

die Wahl. Denn welchen meinen Sie? Den, der die Morgenpost durch die Tür steckt, den, der vormittags<br />

klingelt wegen seiner Pakete, den, der gegen zwölf auf der zweiten Runde vorbeikommt? Oder statt<br />

ihrer den jugendlichen Lehrling, der am späten Nachmittag Drucksachen aus Hamburg bringt mit der<br />

Bemerkung: Vielleicht hätten die ja Zeit gehabt bis morgen, aber ich dachte mir, Sie hätten die ebenso<br />

gerne jetzt? …<br />

Was ich Ihnen vorführen könnte, ohne Leute in meinem Alltag zu schädigen in ihrem Geheimnis oder<br />

in ihrem Ansehen, ist eine verabredete Gewohnheit, die sie alle gemeinsam benutzen, ohne Ansehen<br />

der Person, alle Tage und sehr zu Nutzen der Manieren ihres fremdländischen Gastnachbarn, dem sie<br />

damit die Manieren beschäftigen. Es ist die Art, wie sie sich bedanken, wie sie bedankt sein möchten,<br />

und bedankt sollen sie sein …“<br />

139* — E. Br. m. U. (Sheerness-on-Sea 23.?II.1984.) 3 ⁄4 S. folio. (1.600.—)<br />

An Helene Ritzerfeld im Suhrkamp Verlag, der er zu ihrem 70. Geburtstag am 6. März gratuliert.<br />

„… Heute wie seit fünfundzwanzig Jahren danke ich Ihnen für das beständige Andenken Peter Suhrkamps,<br />

der in allen unseren Geprächen anwesend war als Erinnerung an eine Verpflichtung; heute<br />

auch einmal darf ich sprechen von meiner Bewunderung für Ihre Leistung, eine Arbeit wie die für den<br />

Suhrkamp Verlag zu verwandeln in eine Lebensart …“<br />

Einer der letzten Briefe Johnsons, der vermutlich in der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 1984 starb.<br />

Eigenhändig s e h r s e l t e n .<br />

61


I. LITERATUR<br />

Aus dem Zweiten Pariser Tagebuch<br />

140* JÜNGER, Ernst, 1895 – 1998. Eigenh. Manuskript. Paris, Le Mans und Kirchhorst (26.)<br />

III. bis 23.V.1943, mit nachträglicher e. Widmung u. U., „Ravensbusch Weihnachten 1948“.<br />

48 S. gr.-4 o , von Jünger nachträglich foliiert „1“ bis „25“ und das Widmungsblatt. Verschiedene<br />

Papiersorten und Tinten, stellenweise Blei. Das Schlussblatt mit kleinen Randläsuren. In<br />

alter Halbleinenmappe mit Schließbändern. (20.000.—)<br />

„Einige Fliegende Blätter aus den Pariser Tagebüchern / für Hans Werthmüller“.<br />

Zusammenhängendes Teilstück aus dem „Zweiten Pariser Tagebuch“ mit Eintragungen aus der Zeit vom<br />

26. März bis zum 23. Mai 1943, nachdem Jünger von einer Dienstreise an die Kaukasus-Front nach Paris<br />

zurückgekehrt war; Jünger arbeitete damals an seiner Schrift „Der Friede“. – Streichungen, Korrekturen<br />

und Einschübe im Manuskript belegen Jüngers intensive und langwierige Bearbeitung des Textes, der<br />

deutlich von der in dem Buch „ S t r a h l u n g e n “ publizierten Tagebuch-Fassung (s. u.) abweicht; ganze<br />

Passagen sind für den Druck eingefügt, andere weggelassen worden.<br />

Neben Kriegsereignissen hält Jünger in seinem Tagebuch Begegnungen mit Kameraden fest und gibt<br />

Gespräche wieder, er schildert Spaziergänge und Besuche bei Damen der Pariser Gesellschaft (die<br />

amerikanische Milliardärin Florence Gould, Marie-Louise Bousquet), berichtet von Antiquariats- und<br />

Theaterbesuchen (Premiere von Cocteaus „Renaud et Armide“ in der Comédie Française), notiert seine<br />

Lektüre und auch Träume. Das unmittelbare und schockierende Nebeneinander der Schilderungen von<br />

Natur- und Kunstschönheiten und von Kriegsgreueln, das Jünger von Kritikern immer wieder angelastet<br />

wurde, ist auch im vorliegenden Manuskript eindrücklich erkennbar. – Hier zwei beispielhafte Auszüge:<br />

4.IV.1943: „Sonntag. Als ich mich nach dem Essen im Raphael umzog, ertönte Fliegeralarm, zugleich<br />

mit dem Feuer der Artillerie. Ich eilte aufs Dach und sah am Horizont eine hohe Rauchwand stehen,<br />

während die Bomber sich bereits entfernt hatten. Es scheint, dass so ein Angriff kaum länger als eine<br />

Minute währt. Dann, da die Métro still lag, zu Fuß zu Poupet“ (der Lektor Georges Poupet vom Verlag<br />

Plon) „nach der Rue Garancière. Es war ein herrlicher, milder und blauer Frühlingstag. Die Pariser<br />

flanierten, während sich in den Vorstädten wohl noch Hunderte in ihrem Blut wälzten, in Massen unter<br />

den grünen Kastanien in den Champs Elysées. Dort stand ich lange vor der schönsten Gruppe von Tulpenbäumen,<br />

die ich jemals sah; der eine blühte blendend weiß, der zweite zart rosa, der dritte purpurrot.<br />

Es lag das gewisse Frühlingszittern in der Luft, das man in jedem Jahr einmal spürt, als Schwingung<br />

hoher Art … Nach dem Abschied noch kurzer Besuch in St. Sulpice. Sah dort die Wandgemälde von<br />

Delacroix, die in den Farben gelitten haben, und die Orgel der Marie Antoinette, deren Tasten auch von<br />

Gluck und Mozart berührt worden sind …“<br />

5.IV.1943: „Bis heute Mittag wurden über zweihundert Tote gemeldet; diese Zahl wird sich wohl noch auf<br />

dreihundert erhöhen. Einige Bomben trafen den Rennplatz von Longchamps, der dicht bevölkert war. Den<br />

Sonntagsausgängern, die aus den Métroschächten kamen, stürzte eine Menge von atemlosen Verwundeten<br />

entgegen, Menschen mit zerfetzten Kleidern, andere, die sich den Kopf oder einen Arm hielten, eine Mutter<br />

mit einem blutenden Kind an der Brust. Auch wurde eine Brücke getroffen und viele Menschen, deren<br />

Leichen man nun auffischt, wie … in die Seine gefegt. Zur gleichen Zeit flanierte am andern Rande des<br />

Bois eine heitere Gruppe geputzter Menschen und genoß die Seine, die Blüten, die schöne Frühlingsluft …“<br />

Erwähnt werden Adolf Hitler (unter dem Decknamen „Kniébolo“), der Schriftsteller und nationalbolschewistische<br />

Politiker Ernst August Niekisch (unter dem Decknamen „Cellaris“), der Staatsrechtler<br />

Carl Schmitt, der russische Arzt Salmanoff; die Künstler Hans Gebhardt, Richard Hohly, Alfred Kubin<br />

und Ernst Wilhelm Nay, die Schriftsteller Umm-el Banine Assadoualeff, Abel Bonnard, Jean Cocteau,<br />

Jean Giraudoux, Marcel Jouhandeau, Paul Morand und häufig auch Jüngers Bruder Friedrich Georg.<br />

Die beiden Pariser Tagebücher wurden erstmals 1949 veröffentlicht, zusammen mit den „Kaukasischen<br />

Aufzeichnungen“ unter dem Titel „Strahlungen“ – das erste Buch Jüngers, das nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

in Deutschland erscheinen durfte (Jünger war zunächst mit einem Publikationsverbot durch die<br />

britischen Besatzungsbehörden belegt); „Strahlungen“ wurde eines der erfolgreichsten Bücher Jüngers,<br />

es wurde rasch übersetzt, notabene bereits 1951 ins Französische („Journal de guerre“).<br />

Jünger schenkte das Manuskript noch vor der Drucklegung dem Basler Buchhändler und Dichter Hans<br />

Werthmüller (1912 – 2005).<br />

62


I. LITERATUR<br />

Nr. 140 Ernst Jünger<br />

63


I. LITERATUR<br />

(Ernst Jünger)<br />

141 — 71 Autographen: 17 e. Br. m. U., 27 Br. m. U. (davon 7 mit e. Zusätzen), 20 e. Postkarten<br />

m. U. und 7 Postkarten m. U. Kirchhorst, Ravensburg, Wilflingen, Überlingen, Carloforte,<br />

Cagliari, Wilsede und Basel 31.VIII.1945 bis 28.VI.1966. 59 S. verschiedener Formate<br />

(meist folio) und die Karten. Vielfach mit gedrucktem Briefkopf; 4 Briefe und Karten auf der<br />

Rückseite von Photographien. (16.000.—)<br />

Freundschaftliche Briefe an den Militärschriftsteller Hanns Möller-Witten (1901 – 1966), Verfasser der<br />

zweibändigen „Geschichte der Ritter des Ordens ‘Pour le Mérite’ im Weltkrieg“ (1935), der auch die<br />

Aufgaben eines Sekretärs des Ordens übernommen hatte. Die Briefe der frühen Nachkriegszeit handeln<br />

von Jüngers Sorge um sein Werk nach der Zerstörung des Archivs der Hanseatischen Verlagsanstalt, der<br />

Suche nach verschollenen Bekannten und dem Austausch von Literatur. Wiederkehrendes Thema in dieser<br />

Zeit ist Jüngers zwischen 1941 und 1943 entstandene, auch nach dem Krieg zunächst nur in Abschriften<br />

kursierende Schrift „ D e r F r i e d e “ (s. Beilagen); nach 1961 schlägt sich die Kontroverse um die<br />

Neuausgabe seines Erstlingswerks „In Stahlgewittern“ nieder (hier wie auch in anderen Fällen nutzt<br />

Jünger die publizististischen Verbindungen, über die Möller als Redakteur der „Deutschen Soldaten-<br />

Zeitung“ / „National-Zeitung“ verfügte). Im Wesentlichen jedoch kreisen die Briefe um Angelegenheiten<br />

des Ordens „Pour le Mérite“; immer wieder fordert Jünger, Möller möge sein Werk in einem dritten Band<br />

fortschreiben – „das eigentlich Schicksalsmässige würde da erst so richtig deutlich werden“ (5.II.1948).<br />

Kirchhorst 31.VIII.1945. „… Ihr Lebenszeichen hat mich erfreut. Hoffentlich hellen sich die allgemeinen<br />

und persönlichen Verhältnisse bald ein wenig auf … gestern erhielt ich … die erste Nachricht aus Überlingen<br />

von meinem Bruder Friedrich Georg. Daß der 20. Juli bedenklich für mich war, beurteilen Sie richtig –<br />

schon lange vorher wurde mein Verhältnis zu S t ü l p n a g e l mißtrauisch beobachtet. Nachher wurde ich<br />

von dem Personalchef, Oberst v. Schewen direkt denunziert. Trotzdem bin ich unbehelligt geblieben …“<br />

Kirchhorst 5.I.1946. „… Der Brief von Wi t z l e b e n hat mich erschüttert. Man sieht, daß die preußische<br />

Aristokratie zu denen gehört, die den Krieg wirklich entscheidend verloren haben. Sie wurde freilich<br />

schon geschlagen in Hindenburg, Schleicher, Fritzsch und anderen und ihre Schuld besteht darin, daß<br />

sie nicht ihren Willen durchsetzte, als sie die Macht in den Händen hielt …“<br />

Kirchhorst 9.II.1947. „… Ich schloß vor einigen Wochen meine Tagebücher bis 1945 ab. Es sind deren<br />

sechs, deren erstes ‘Gärten und Straßen’ sind, und deren gemeinsamer Obertitel ‘Strahlungen’ heißt.<br />

Dr. S p e i d e l , der Chef Rommels, legte ein kleines Notizheft, ‘E. J.’s Aufenthalt in Frankreich’ an. Er<br />

erwähnt darin die Lektüre der Friedensschrift durch Rommel …“<br />

Wilflingen 12.XII.1954. Wegen einer Zusammenkunft der Ordensritter. „… Nein, reden möchte ich dort<br />

nicht. Es wäre überhaupt gut, wenn die Presse keinen Wind von der Sache bekäme …“<br />

Wilflingen 25.II.1955. Zu dem politischen Streit um den Generalfeldmarschall Ferdinand Schörner, den<br />

letzten Oberbefehlshaber des Heeres, der im Januar aus sowjetischer Haft entlassen worden war. „… Sie<br />

fragen, was ich zu Schörner meine – immerhin ist er Con-Mauretanier. Im Kampfe gegen östliche Mächte<br />

muß man die Glacé-Handschuhe ausziehen … Vielleicht bestellen Sie ihm meinen Gruß. Ich habe immer<br />

Sympathie empfunden mit Leuten, auf denen alle herumreiten …“ – 1957 wurde Schörner wegen der von<br />

ihm bei Kriegsende exzessiv ausgesprochenen Todesurteile zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.<br />

Wilflingen 19.VIII.1963. Über Siegfried L e n z ’ Kritik an der Neuausgabe von „In Stahlgewittern“.<br />

„… Solche Berichtigungen und Zurechtweisungen hängen im Wesentlichen vom Maß des Anstandes ab,<br />

der bei den jungen Deutschen noch vorhanden ist. Ein Moralist wie der Herr Lenz überhebt sich offenbar<br />

über die Hunderttausende von Kriegsfreiwilligen, die 1914 antraten. Er weiß es besser. Wahrscheinlich<br />

ist aber eine einzige Nachtwache von damals wertvoller als alles, was er in seinem Leben zusammenschreiben<br />

kann. Solche Leute kann man nicht mit Sammethandschuhen anfassen. Da muß man Deutsch<br />

sprechen. Vielleicht finden Sie dafür den geeigneten Mann …“<br />

Beiliegend ein Typoskript-Durchschlag seines 1942 entstandenen und zunächst nur in Abschriften kursierenden<br />

Aufrufs „ D e r F r i e d e “ („2. Korrekturabzug / Abschrift“, 26 S. folio; „Dieses Ineditum<br />

sendet mit den besten Grüssen: Ernst Jünger / Kirchhorst 5.12.47“); ferner beiliegend ein Typoskript-<br />

Durschschlag von Aufzeichnungen des Generals Hans Speidel („Daten für Ernst Jünger in Paris und ‘Der<br />

Friede’ “, Freudenstadt 2.IX.1946, 3 S.), Duchschläge von 2 Briefen Möllers an Jünger, Abschriften von<br />

3 Briefen an Dritte, die Todesanzeige seiner ersten Ehefrau Gretha geb. v. Jeinsen sowie eine von Jünger<br />

signierte Verlagswerbung aus Anlass seines 65. Geburtstages.<br />

64


I. LITERATUR<br />

Nr. 141 Ernst Jünger<br />

65


I. LITERATUR<br />

(Ernst Jünger)<br />

142 — E. Br. m. U. Wilflingen 8.X.1959. 1 S. folio. Auf seinem Briefpapier. (300.—)<br />

An den jungen Verleger Till Heimeran, der ihn wohl um Beiträge gebeten hatte.<br />

„… Das Büchlein über die italienische Küche ist gut gelungen; nur vermisse ich darin die Fische und<br />

Meeresfrüchte als einen der typischen Bestandteile. Eine merkwürdige Lücke.<br />

Auch der Gedanke, den Blumen solche Bändchen zu widmen, ist vorzüglich. Leider bin ich so beschäftigt,<br />

daß ich vorerst keine Zeit finde, mich zu beteiligen …“<br />

143 — 6 Widmungsexemplare für Hanns Möller-Witten, darunter 4 Erstausgaben. (800.—)<br />

1) „Atlantische Fahrt“. (London:) Kriegsgefangenenhilfe des Weltbundes der Christlichen Vereine Junger<br />

Männer in England (= Zaunkönig-Bücher) 1947. Kl.-8 o . Blaue Orig.-Broschur (Rücken etwas verblasst).<br />

– Erste Ausgabe (W/G 2 Nr. 48).<br />

Auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung „Als Erinnerung an vergangene Ausflüge: / Ernst Jünger /<br />

Kirchhorst, 5.1.48.“<br />

2) „Das Wäldchen 125. Eine Chronik aus den Grabenkämpfen 1918“. Berlin: E.G. Mittler & Sohn 1925.<br />

8 o . Orig.-Halbleinen mit Kopfrotschnitt. Einband an den Rändern leicht verschossen. – E r s t e A u s -<br />

gabe (W/G 2 Nr. 6).<br />

Auf dem vorderen Spiegel das von Emile Feltesse gestochene Exlibris Jüngers mit der Devise „Tempestatibus<br />

maturesco“; auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung vom 14.V.1950 mit Bezug auf seine Devise.<br />

– Beiliegend ein Billett seines Sekretärs Armin Mohler auf seiner Visitenkarte.<br />

3) „Strahlungen“. Tübingen: Heliopolis 3 1949. 8 o . Orig.-Leinen. Papierbedingte leichte Bräunung,<br />

Rücken etwas verblasst. – Aus dem Jahr der Erstausgabe.<br />

Auf dem Titel eigenhändig: „XII.1954 / Mit guten Wünschen / Ernst Jünger“.<br />

4) „Rivarol“. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann 1956. 8 o . Orig.-Leinen mit Kopfgrauschnitt und<br />

Schutzumschlag. – E r s t e A u s g a b e (W/G 2 Nr. 74).<br />

Auf dem Vortitel die eigenhändige Widmung „Für Hanns Möller mit herzlichen Wünschen zum Geburtstage<br />

1956: Ernst Jünger“.<br />

5) „In Stahlgewittern“. Stuttgart: Ernst Klett 26 1961. 8 o . Orig.-Leinen mit (leicht fleckigem) Schutzumschlag.<br />

Auf dem Vortitel die eigenh. Widmung vom 5.XI.1961: „Lieber Herr Möller, / Anbei einer Ihrer alten<br />

Bekannten in neuem Gewande / Ihr Ernst Jünger“.<br />

6) „Der Baum. Photographien schöner und merkwürdiger Beispiele aus deutschen Landen von Albert<br />

Renger Patzsch. Mit einem Essay von Ernst Jünger …“ Ingelheim: C.H. Boehringer Sohn 1962. Gr.-4 o .<br />

Orig.-Leinen. In Schuber. – E r s t e A u s g a b e (W/G 2 Nr.91).<br />

Auf dem Essay-Titel die eigenhändige Widmung vom 26.III.1963. – Dazu ein Separatabzug von Jüngers<br />

Essay mit eigenhändiger Widmung vom 20.XI.1962 auf dem Vorsatz.<br />

144* KÄSTNER, Erich, 1899 – 1974. 1 e. Br. m.U und 1 Br. m. U. (Bleistift). Berlin und o. O.<br />

4.XI.1932 und März 1960. 2/3 S. kl.-folio (dünnes Papier) und 1 S. gr.-8 o . (350.—)<br />

1932. An Herrn Nüssli, der um die Nennung von Lyrikern gebeten hatte: „… Bei der Bemühung, mir<br />

die zwei Dutzend Lyriker einfallen zu lassen, die Ihr Geschäftsfreund gern wissen möchte, wollen mir<br />

auf Anhieb leider nur ein Dutzend einfallen. Da aber, wer schnell gibt, doppelt gibt, hoffe ich, mein Versprechen<br />

gehalten zu haben. Es handelt sich um folgende Autoren: / Brecht / Hermann Hesse / Mehring<br />

/ Haringer / Ringelnatz / Hermann-Neiße / Th. Kramer / Becher / Gottfr. Benn / Zuckmayer / Werfel /<br />

Däubler“.<br />

66


I. LITERATUR<br />

1960 (e. Br. m. U.). An einen Verleger, den er zur Gründung einer „Hauszeitschrift“ beglückwünscht:<br />

„… umso mehr als diese, wie Sie schreiben, ‘in Form eines Almanachs’ erscheinen wird. Früher, etwa zu<br />

meiner Schüler- und Studentenzeit, waren derartige Almanache gang und gäbe, und wir sammelten sie<br />

und hoben sie auf wie kleine Kostbarkeiten. Ich erinnere mich und Sie nur an den S. Fischer-Almanach,<br />

den Inselalmanach und den Kurt Wolff-Almanach, die heute im Antiquariat zu Liebhaberpreisen gehandelt<br />

und erworben werden …“<br />

Beiliegend ein Typoskript-Durchschlag der „Telegraphen-Union, Berlin 11. Mai 1933 / Nachm. Dienstag“<br />

mit den „Feuersprüchen bei der mitternächtlichen Verbrennung undeutschen Schrifttums an den Hochschulorten“,<br />

der B ü c h e r v e r b r e n n u n g vom 10. Mai des Jahres auf dem Berliner Opernplatz, wo<br />

u. a. Werke von Karl Marx, Karl Kautsky, Heinrich Mann, Erich Kästner, Sigmund Freud, Erich Maria<br />

Remarque, Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Carl von Ossietzky verbrannt wurden.<br />

145* KELLER, Gottfried, 1819 – 1890. Urkunde m. U. Zürich 16.VIII.1870. 1 S. imp.-folio.<br />

Handschriftlich ausgefüllter gestochener Vordruck mit Wappen des Standes Zürich am Kopf.<br />

Mit gestempeltem Siegel. Wohlerhalten. (300.—)<br />

Schöner, aufwendig geschmückter Reisepass für die 19jährige Elisabetha Furrer aus Winterthur, von Keller<br />

als Erstem Staatsschreiber des Kantons Zürich ausgestellt. – Keller, als Schriftsteller zwar erfolgreich,<br />

aber in pekuniären Nöten, war 1861 zum Staatsschreiber berufen worden; zehn Jahre lang bekleidete er<br />

das Amt, das ihn seiner Geldsorgen enthob.<br />

146* — E. Albumblatt m. U. Zürich 21.XII.1885. 1 S. quer-8 o . Verso Montagereste. Mit Umschlag.<br />

(200.—)<br />

An Eugenie Dannhauser in Wien: „Zürich, geschrieben am Montag vor Weihnacht, den 21 Dec. 1885. /<br />

Gottfried Keller.“ Links unten vermerkt Keller: „Autographen.“<br />

147* KELLERMANN, Bernhard, 1879 – 1951. Korrekturfahnen mit zahlreichen eigenh. Korrekturen<br />

und Zusätzen. 1909/10. Über 140 S. schmal-folio. Zum Teil gebräunt und eingerissen<br />

(holzhaltiges Papier). (600.—)<br />

Fahnenkorrektur zu seinem 1910 bei S. Fischer erschienenen vierten Roman „ D a s M e e r “ . – „… eine<br />

Reise in die Bretagne, wo er mit dem mühsamen Leben der Fischer konfrontiert wurde, bestimmte ihn, in<br />

seinem Roman ‘Das Meer’ eine soziale Thematik einzuführen und die Natur … als Partner oder Gegner<br />

der Fischer darzustellen …“ (NDB).<br />

Einige längere Zusätze befinden sich auf angeklebten Blatt-Teilen.<br />

67


I. LITERATUR<br />

148* KERR, Alfred, 1867 – 1948. 11 Autographen: 3 e. Br. m. U., 2 Br. m. U., 3 e. Postkarten<br />

m. U. und 3 Postkarten m. U. Berlin-Grunewald und o. O. 6.IV.1912 bis 1920 und o. D. 14 1 ⁄2 S.<br />

gr.-4 o bis 8 o und die Karten. Leicht gebräunt. Rand- und Faltenrisse. Textverlust bei den Postkarten<br />

durch Ausrisse der Briefmarken. (1.600.—)<br />

An den Wiener Psychoanalytiker Theodor R e i k , meist Beiträge für die Wochenschrift „Pan“ betreffend,<br />

deren Herausgabe Alfred Kerr im April 1912 übernommen hatte. Reik, ein Schüler Freuds, nutzte<br />

(in seiner Doktorarbeit 1912) als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage für eine literaturkritische<br />

Studie; nach seiner Emigration gründete er in Amerika die „National Psychological Association<br />

for Psychoanalysis“.<br />

O. O. 6.IV.1912. „… den Maupassant-Aufsatz mit vielem Dank in Eile zurück. Er paßt in dieser Gestalt<br />

eher für eine Zeit[un]g als für eine Zeitschrift; u. ich will nicht, daß Sie Ihre bei den Freunden des ‘Pan’<br />

erworbene Geltung auch nur um ein Haar durch Leichteres schmälern …“<br />

Berlin-Grunewald 17.IV.1912. „… Eine Flaubert-Nummer kann der ‘Pan’ zwar nicht machen, weil er<br />

kein litterarisches Blatt sein will, aber gern eine Nummer mit … Beiträgen über Flaubert …“<br />

Berlin-Grunewald 9.V.1912. „… ja bitte; Polemik nicht gegen den ‘März’, sondern gegen den Verfasser<br />

…“ – Als Nachsatz: „Flaubert im nächsten Heft.“<br />

Berlin-Grunewald 6.VI.1912. „… Vielleicht senden Sie, was Sie über Ranks ‘Inzestmotiv’ in Aussicht<br />

stellten“ (Otto R., ein Vertrauter Freuds; ‘Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage’ ist eines seiner Hauptwerke).<br />

„Schnitzler vor dem Anatol?“ (Ein im ‘Pan’ erschienener Aufsatz Reiks.) „Nur, wenn kurz und<br />

psychologisch ‘schlagend’ …<br />

Ich bewundere Ihren Fleiss, hoffe Sie kennen zu lernen … (ich habe kürzlich ein Fräulein Lilli Freud“ –<br />

Lilly f.-Marle, Tochter von Sigmund Freuds Schwester Maria – „vergebens nach Ihnen ausgeforscht) …“<br />

Berlin-Grunewald 1.VIII.1912. „Kraus-Schnitzler wird erscheinen … / eilig / (Der Koffer ist gepackt)“.<br />

Beiliegend ein Typoskript (Fragment) aus Alfred Kerrs „Vorrede“ zur Buchausgabe von Reiks Doktorarbeit<br />

„Flaubert und seine ‘Versuchung des heiligen Antonius’ “, mit e. Zusatz „… Ich werde vermutlich<br />

vom April ab eine Zeitschrift haben (ich kaufe vielleicht den ‘Pan’; – ich werde meinen Einfluß<br />

geltend machen, daß Ihr Beitrag über ‘ P s y c h o a n a l y s e u . D i c h t [ u n ] g ’ in die nächste Nummer<br />

kommt) …“ (o. O., wohl Anfang 1912). – Reiks Aufsatz „Dichtung und Psychoanalyse“ erschien am<br />

21.III.1912 im „Pan“.<br />

149* — Eigenh. Gedichtmanuskript m. U. sowie e. Widmung m. U. am Kopf. 10.VI.1947. 2 S.<br />

kl.-4 o . (600.—)<br />

„Ein ernstes und ein heiteres Gedicht für Adolf G a l l i k e r “:<br />

1) „Traum zur Hitlerzeit<br />

Wenn mich noch einmal die Jugend umfinge,<br />

Grüne Zeiten in lieblichem Licht,<br />

Wenn ich noch einmal nach Deutschland ginge<br />

(Ich tu’s aber nicht) –<br />

Dann tränk ich in schwärmendem Überschwang<br />

Deutschen Wein einen Sommertag lang …“ – Es folgt eine weitere sechszeilige Strophe.<br />

2) „Der Berliner zur Schweiz.<br />

I / Uns ist die Schweiz vertraut und lieb.<br />

Ich will mal äussern, inwiefern:<br />

Solch Hirtenvölkchen – mit Betrieb,<br />

Naturjewöhnt – und doch modern …“ – Es folgen 16 Zeilen in zwei Strophen.<br />

68


I. LITERATUR<br />

Nr. 148 Alfred Kerr<br />

69


I. LITERATUR<br />

(Alfred Kerr)<br />

150 — E. Albumblatt m. U. O. O. u. D. 1 ⁄2 S. 4 o . Ränder minimal gebräunt. (120.—)<br />

„Dichter haben keine Sprachkraft. Sprachkraft ist in der Kritik.“ – Aus seinem Werk „Die Welt im<br />

Drama“.<br />

151* KLOPSTOCK, Friedrich Gottlieb, 1724 – 1803. E. Billett m. U. „FKlopstock“. O. O. u. D.<br />

1 S. quer-kl.-8 o (Unterrand beschnitten). Mit Siegelrest (an der Siegelstelle ausgebessert). Gebräunt,<br />

lichtrandig. (300.—)<br />

An eine befreundete Dame wegen einer Einladung.<br />

„Ich esse, meine Liebste, dies[en] Mittag nicht bey Hensler“ (sein Hausarzt Philipp Gabriel H.) „weil ich<br />

mich nicht wohl genug dazu befinde. Ich schreibe Ihnen dieses deßwegen nur, damit [Sie] um meinentwillen<br />

nicht hingehn …“<br />

152 KOEPPEN, Wolfgang, 1906 – 1996. Signiertes Exemplar seines Romans „Das Treibhaus“.<br />

Stuttgart: Scherz & Goverts (1953). 8 o . Orig.-Leinen mit Schutzumschlag (Knickfalte<br />

am Rücken). Papierbedingte leichte Bräunung, Titel leicht fleckig, auf dem vorderen Vorsatz<br />

Namenszug eines Vorbesitzers. – Erstausgabe (W/G 2 6). (150.—)<br />

Auf dem Vortitel von Koeppen signiert. – Beiliegend ein weiterer Schutzumschlag (kleine Reparaturen).<br />

153 KOTZEBUE, August von, 1761 – 1819. E. Br. m. U. O. O. u. D. 1 S. 4 o . Mit Adresse; Siegel<br />

herausgetrennt. Kleine Einrisse am Rand und an der Siegelstelle ausgebessert. (400.—)<br />

An seinen Verleger Paul Gotthelf Kummer.<br />

„… Ich schreibe nur diese wenigen Zeilen, um Sie zu bitten, wenn es möglich ist, mir die neuste Edition<br />

vom Dictionnaire de Moreri“ (das „Grand dictionaire historique“ von Louis Moréri von 1674 gilt als<br />

Vorläufer der Enzyklopädien und war allein bis 1759 in 20 Ausgaben erschienen), „und die Bibliotheque<br />

orientale d’Herbelot“ (das 1697 postum erschienene Lebenswerk des Orientalisten Barthélemy d’H. de<br />

Molainville) „noch dieses Jahr zu verschaffen. Vielleicht durch Fauché in Hamburg.<br />

Von meinen Büchern hat man mir einige hieher aufs Land geschickt. Mit dem portrait hat Hr. G e y s e r “<br />

(der Kupferstecher Christian Gottlieb G. hatte mehrere Werke Kotzebues illustriert) „dießmal seiner<br />

Kunst keine Ehre gemacht.<br />

Ich erwarte nunmehro eine baldige Antwort in Ansehung meiner Schauspiele, wie auch unsrer Abrechnung,<br />

dann schreibe ich weitläuftiger …“<br />

70


I. LITERATUR<br />

154 LAGERLÖF, Selma, 1858 – 1940. 2 e. Br. m. U. Stockholm XII.1903 und Mårbacka 8.III.<br />

1930. 2 S. kl.-4 o . Der erste Brief am Ober- und Unterrand mit geringem Textverlust scharf<br />

beschnitten (250.—)<br />

XII.1903. An eine Freundin in Stockholm in Übersetzungsfragen. „… Vet du, nog tror jag att [Legenden<br />

om] Fågelboet“ (aus dem Werk ‘Osynliga länkar’, 1894) „är övfersatt till tyska flera gånger, men<br />

jag minns ej riktigt. Det var så många år sedan det kom ut. Emellertid kan nog din vän gärna försöka<br />

sin lycka med den. Lagen är sådan, att man kan öfversätta allt man vill, men detta anses ej numera<br />

hederligt … „ („… Weißt du, wohl denke ich dass ‘Die Legende vom Vogelnest’ bereits mehrmals in Deutsche<br />

übersetzt wurde, aber ich kann mich nicht recht erinnern. Es erschien vor so vielen Jahren. Gleichwohl<br />

kann deine Freundin gerne ihr Glück damit versuchen. Laut Gesetz kann man alles übersetzen,<br />

was man möchte, auch wenn dies mittlerweile nicht mehr als integer angesehen wird …“) – Rückseitiger<br />

Vermerk Lagerlöfs: „Fågelboet kom först i Ord och Bild [1892, S. 256 ff.].“ („Vogelnest“ erschien zuerst<br />

in [der Zeitschrift] „Ord och Bild“.)<br />

Es ist wohl die Übersetzerin Marie Franzos gemeint, die eine Neuübersetzung von „Osynliga länkar“<br />

(„Unsichtbare Bande“) im Jahr 1905 vorlegte. – Margarethe Langfeldt hatte die 1897 erschienene<br />

Erstübersetzung besorgt.<br />

8.III.1930. An eine Dame (H. Groneman), die ihr ein Manuskript gesandt hatte. „… Ich muß ehrlich<br />

gestehen, daß was Sie mir zu dieser Zeit des Jahres schicken, werde ich nicht lesen. / Ich bin selbst mit der<br />

Arbeit an einem neuen Buche beschäftigt, und kann mich in die Schriften Anderer nicht vertiefen …“ – In<br />

diesem Jahr erschien ihr Memoirenband „Ett barns memoarer“ („Aus meinen Kindertagen“).<br />

Beiliegend ein e. Billett m. U. auf ihrer gedruckten Visitenkarte sowie ein e. adressierter Umschlag an<br />

Richard Moldenhauer.<br />

155* LASKER-SCHÜLER, Else, 1869 – 1945. E. Postkarte m. U. Berlin 17.III.1933. Starke,<br />

geglättete Knitterspuren (kleiner Riss). (350.—)<br />

Kurz vor ihrer Emigration in die Schweiz an Frau B. Luebbert in London, die Haushälterin der Anfang<br />

1933 nach London emigrierten Schauspielerin Elisabeth B e r g n e r. Lasker-Schüler hatte sie um finanzielle<br />

Hilfe für Flüchtlinge gebeten.<br />

„… Da ich 2 Jahre nichts besaß, nichts verdiente, suchte ich den Kauf doch für die, welche auch nichts<br />

hatten. Herzen, die nicht einmal anfragen, brechen nicht so leicht durch den Kummer anderer. Wir<br />

leben von 15 Pf[ennig] den Tag. Ich fordere für andere, ich wurde stark in der Askese. Do send my<br />

letters back to me und greetings … ask the lady ob Sie auch aus Herzweh nie wieder schreibt, oder sich<br />

bedankt. Pfui Deuwel!“<br />

71


I. LITERATUR<br />

„immer muß ich vorwärts“<br />

156* — E. Br. m. U. „Ihr Prinz Jussuf“ und einer Z e i c h n u n g am Schluss. (Jerusalem)<br />

30.VII.1942. 4 S. gr.-8 o . Bleistift. (3.500.—)<br />

An ihren Freund, den Schriftsteller Werner K r a f t („Lieber Adon“) in Jerusalem, der erkrankt war und<br />

daher einer Einladung nicht folgen konnte.<br />

„… Ich weiß Sie können nicht, dürfen ja nicht kommen, damit kein Rückfall eintrifft. Ich weiß Sie sind<br />

ja in den allerbesten Händen. Ich bitte Sie Gewereth Halle Ihrer lieben Schwägerin zu sagen, ich bitte sie<br />

morgen … zu mir zu kommen: Hamaalotstr. 2. Villa links, vis à vis des Blockhauses. 1 Treppe draußen<br />

zu erklettern … Wir trinken Chokolade und essen dazu, bei mir ist die größte Ruh.<br />

Ich habe nicht alles, was Sie schrieben, lesen können, aber ich verstand die fürsorge. E. kann aber nichts<br />

dafür. Auch ich, Ekel war mal in so einer Lage. Nur wenn mein Blut Rauschzustand, geb ich (ungerecht<br />

aber,) Schuld. Ich bin ja auch ein boy und immer muß ich vorwärts immer weiter über Treppen, Stufen,<br />

Hühnerleitern, manchmal finde ich ein Osterei …“<br />

Am Schluss die Zeichnung eines Kopfes, bezeichnet „mein Vetter Ichneumon der Wütende“ und der<br />

Zusatz „Ich trag jetzt auch Turban / Hitze collllosssal“.<br />

„Gewereth Halle“: Toni Halle-Steinschneider, Gründerin und Leiterin einer Höheren Schule in Tel Aviv,<br />

war die Schwester von Werner Krafts Frau Erna geb. Halle.<br />

Vor seiner Verwendung als Briefpapier hat der liniierte Bogen offenbar als Unterlage eines Typoskripts<br />

gedient; die Typen haben deutlich durchgeschlagen. – Gedruckt in der von Margarete Kupper 1969 herausgegebenen<br />

Briefausgabe unter Nr. 510.<br />

157 LAVATER, Johann Caspar, 1741 – 1801. E. Billett m. U. Zürich 4.VII.1788. 1 S. quer-8 o .<br />

Mit gestochener Bordüre. Etwas fleckig, durchgehender Riss. Aufgezogen. (400.—)<br />

An einen Herrn von Muralt, der Erkundigungen über eine Magd einzog.<br />

„… Die Elsbetha Huber, welcher nachgefragt wird, ist höchst vermuthlich eine ebenso einfältige als arme<br />

und lüderliche Person, die ich dem allmosenamt ein oder zwymahl empfahl. Deren ich wohl ein, am<br />

wenigsten vor einem halben Jahre, indem ich seit 1 ⁄2 Jahr nicht mehr taufe, ein Kind getauft. Ein Kind<br />

hatte sie von einem Ehemann, aber mehr, als vor einem halben Jahre, gehabt. Als arm und einfältig mag<br />

sie unterstützung verdienen …“<br />

158 — E. Billett m. U. „L.“ Zürich 4.XI.1797. 1 S. quer-16 o . Mit gedruckter Bordüre. Leicht<br />

braunfleckig. (250.—)<br />

„Mutter und Vater B a n s i sehnen sich sehr nach schnellen, umständlichen Nachrichten von ihrer<br />

Tochter.“<br />

Beiliegend ein eigenhändig adressierter und gesiegelter Umschlag Lavaters an seinen Freund, den Pfarrer<br />

und landwirtschaftlichen Schriftsteller Heinrich Bansi (1754 – 1835) „in Silvaplana in Bündten“.<br />

72


I. LITERATUR<br />

Nr. 156 Else Lasker-Schüler<br />

73


I. LITERATUR<br />

„Print is so arbitrary“<br />

159* LAWRENCE, David Herbert, 1885 – 1930. E. Br. m. U. Pulborough 11.VII.1915. 4 S.<br />

kl.-4 o . Mit gedrucktem Briefkopf. Tinte durchschlagend. In der linken oberen Ecke einfach<br />

gelocht. (2.000.—)<br />

Schöner Brief über das Zusammenspiel von Auge und Ohr beim Lesen; an einen Leser seines Buches<br />

„The Prussian Officer and Other Stories“ (1914), der ihm einen Verbesserungsvorschlag gemacht hatte.<br />

„… Thank you for your letter regarding the spelling in the Prussian Officer. The difficulty is, that one<br />

reads with the eye, as well as with the ear. Consequently ‘dosta’ is read as one word, & the mind mechanically<br />

halts, saying ‘what strange word is this?’ And to pull up the mind like that is fatal. Have you ever<br />

tried reading dialect – those Yorkshire stories one used to see, or even William Barnes’ poetry – ? It is<br />

difficult, even painful, because of the mental effort of interpreting into sound new connections perceived<br />

by the eye. Unless the effect of sound is conveyed simultaneaously with eye-picture, there is discrepancy<br />

& awkwardness. Think how many people can read Molière with pleasure, who wouldn’t understand a<br />

word of it, on the stage, through hearing. This will tell you how secondary the ear is, even in reading<br />

speech.<br />

I never liked the ‘ter’ I use often, I used ‘ta’. But that even creates a false impression; It reads too sharp,<br />

tà. One must compromise, since the convention of word-form is fixed to the eye. The ear will understand<br />

all kinds of variations – but the eye wont. Print is so arbitrary. Have you ever read Milton in the old 1680<br />

form? It is the only way to read Milton. The eye is happy then.<br />

Thank you for your letter. I would gladly use ‘dosta’ if I thought it would be instinctively understood,<br />

would not cost an effort …“<br />

160* LE CARRÉ, John, Pseudonym für David John Moore Cornwell, geb. 1931. E. Br. m. U.<br />

„David Cornwell“. Wells, Somerset 1.IX.1966. 1 3 ⁄4 S. gr.-4 o . Gelocht; schwache Klammerspur.<br />

(200.—)<br />

An den Komponisten Hans Ulrich Staeps (1909 – 1988) in Wien, bei dem sein Sohn Simon Violinunterricht<br />

genommen hatte.<br />

„… I am flattered that you found pleasure in my books, and very pleased that you place upon them an<br />

interpretation so close to my heart.<br />

Your image of Simon is exactly right – he has a fumbling but very earnest way with him at present, and<br />

he is still immensely proud to have played under your tuition in such memorable surroundings … What<br />

you gave him, however, is something he will never forget, even if he turns his back on music for ever:<br />

magic. I have done some teaching myself and I know what a mystery it all is …“<br />

74


I. LITERATUR<br />

Nr. 159 David Herbert Lawrence<br />

75


I. LITERATUR<br />

161 LENAU, Nikolaus Niembsch, Edler von Strehlenau, genannt, 1802 – 1850. Eigenh.<br />

Gedichtmanuskript. O. O. u. D. 2 1 ⁄4 S. 4 o . Mit 3 Korrekturen im Text. Tinte leicht durchschlagend.<br />

(3.000.—)<br />

„Vision.<br />

Ein Reiter sprengt um Mitternacht<br />

Durchs Land Tyrol, allein;<br />

Der Waldstrom braust und stürzt mit Macht,<br />

Der Reiter holt ihn ein.<br />

Vom Himmel strahlt der Mond so klar,<br />

Greif aus, o Rößlein, greif!<br />

Im Winde fliegt des Reiters Haar,<br />

Des Rappen Mähn’ und Schweif.<br />

Die Schneegans dort hoch oben ruft<br />

Ihr schnatternd Wanderlied,<br />

Schnell zieht der Vogel in der Luft,<br />

Der Reiter schneller flieht.<br />

Schnell fliegt der Wolkenschatten Flucht,<br />

Der Reiter schneller noch,<br />

Kaum braust er in der tiefen Schlucht,<br />

Schon auch am Gipfel hoch.<br />

Wo das Gebein der Helden liegt,<br />

Gibt er dem Roß den Sporn,<br />

An den vergessnen Gräbern fliegt<br />

Er wild vorbei im Zorn.<br />

Am Wege dort ein Kruzifix,<br />

Des Unglücks Herberg ragt,<br />

Seitwärts gewandten finstern Blicks<br />

Vorbei der Reiter jagt.<br />

So reitet er durchs Land Tyrol,<br />

Und ruft so lang, so schwer:<br />

Mein schönes Land, lebwohl! lebwohl!<br />

Du siehst mich nimmermehr!<br />

Das letzte Heldengras zerreißt,<br />

Der Reiter stürzt hinein,<br />

Grab zu! Verschwunden ist der Geist<br />

Von achtzehnhundert Neun.“<br />

Mit veränderter Anfangsstrophe und Hinzufügung einer weiteren Strophe wurde das Gedicht 1838 in den<br />

„Neuen Gedichten“ veröffentlicht.<br />

162* LONDON, Jack, 1876 – 1916. E. Br. m. U. Piedmont, CA 7.II.1903. 1 S. gr.-4 o . Mit gestempeltem<br />

Briefkopf. Minimal fleckig, verso Falzrest. (1.200.—)<br />

An den Herausgeber des „Metropolitan Magazine“, den er um ein Belegexemplar der Ausgabe bittet, in<br />

der seine Erzählung „A Hyperborean Brew“ erschienen war.<br />

„…In the ‘Metropolitan’ of July, 1901, was published a story of mine, entitled ‘A Hyperborean Brew.’<br />

I have not yet collected this story in book form, & I find, on looking over my file, that I have no copy of<br />

it – the old story, the friend who will borrow.<br />

So, will you kindly mail me a copy of that number …“<br />

76


I. LITERATUR<br />

Nr. 161 Lenau<br />

77


I. LITERATUR<br />

(Jack London)<br />

163* — Schriftstück (eigenh. ausgefüllter Vordruck) m. U. Oakland, CA 15.XI.1906. 1 S.<br />

quer-schmal-8 o . Nadelloch und kleinere Risse. (300.—)<br />

Scheck der Central Bank of Oakland über $ 2,32 für die „New York News Co.“; mit Bankstempeln.<br />

Aus dem Jahr des großen Erdbebens von San Francisco, über das London einen Augenzeugenbericht<br />

verfasste.<br />

164 LOUYS, Pierre, 1870 – 1925. E. Br. m. U. „P.L.“ (Tamaris s/M), wohl 1910. 4 S. gr.-8 o .<br />

Auf Hotelbriefbogen. Tinte etwas durchschlagend. Leicht gebräunt. Kleine Randeinrisse.<br />

(800.—)<br />

An einen Freund, dem er begeistert von dem 1910 stattfindenden Flugwettbewerb „Circuit de l’Est“<br />

berichtet.<br />

„… Je suis très emballé … / comptez: / officiers de torpilleurs / officiers et matelots de sous-marins /<br />

Automobiles de course / Aéroplanes<br />

Chaque fois que le premier atout est le courage individuel, la France est en tête. / Et avant cela, quelle<br />

belle chose que ce concours international des officiers des quatre premières nations à la conquête du Soudan.<br />

Resultat: toutes les colonies étrangères tournées sur tous les points, de Ghât, à la Gambie, à Sierra<br />

Leone, à la Côte d’Or, au Togo, à la Nigeria, au Cameroun, à l’Egypte … c’est très beau.<br />

Mais mesurer le ridicule du Matin, çà ce n’est pas possible. En voilà, des gens qui ne comprennent pas les<br />

périls de l’hyperbole comme arme de persuasion. Le circuit est magnifique et ils obtiennent que le lecteur<br />

proteste: ‘Non. Pas tant que vous le dites!’<br />

Elève Bunau-Varilla“ (der Ingenieur und Soldat Philippe-Jean de B.-V. war maßgeblich am Bau des<br />

Panama-Kanals beteiligt) „vous apprendrez par coeur Mateo Falcone“ (Romanheld von Prosper Mérimée)<br />

„et l’Enlèvement de la Redoute pour découvrir qu’on provoque les grandes emotions avec de petits<br />

mots.<br />

Ravi que ce soit vous qui renseigniez la commission du budget. La mansuétude qu’on vous a recommandée<br />

ne concerne évidemment que le tableau pittoresque des arsenaux. Pour la liste de la Flotte, vous êtes<br />

libre. Parlez, parlez, – sans hyperboles, sans grands mots, – avec des chiffres …“<br />

165 MANN, Heinrich, 1871 – 1950. E. Br. m. U. München 18.I.1928. 2 ⁄3 S. gr.-8 o . (300.—)<br />

An den Schriftsteller Max Krell, damals Lektor des Ullstein Verlags.<br />

„… Was Sie wünschen, thue ich gern. / Daher werde ich mit der Abschrift des vorhandenen Manuscriptes<br />

sofort beginnen lassen. Bis ungefähr 1. Februar hoffe ich sie Ihnen zu schicken.<br />

Das Interesse der Herren freut mich. Ich bitte, mich ihnen zu empfehlen …“<br />

Heinrich Mann arbeitete zu dieser Zeit an seinem Roman „Eugénie oder die Bürgerzeit“, der im selben<br />

Jahr bei Zsolnay erschien.<br />

78


I. LITERATUR<br />

166 MANN, Klaus, 1906 – 1949. E. Br. m. U. Frankfurt a. M., „Carlton Hotel“ 4.XII.1928.<br />

1 S. gr.-4 o . Bleistift. Liniiertes Papier. Kleiner Faltenriss. (400.—)<br />

An Franz Goldstein, Chefredakteur der „Wirtschaftskorrespondenz für Polen“ in Kattowitz, dem er für<br />

Sendungen dankt.<br />

„… ob Cocteau, George oder Gläser: – es war immer sehr interessant.<br />

Gegen Gläser sind Sie, meine ich, etwas scharf. Ihre Bemerkung über seine Lobredner entbehrt sicher<br />

der Richtigkeit nicht; aber er selber ist doch wohl ein großes Talent und eine ethische Energie.<br />

Ob Sie, post festum, diese George-Rede noch unterbringen können? Vielleicht auszugsweise …“<br />

Ernst Glaesers 1928 erschienener Roman „Jahrgang 1902“ war ein großer internationaler Erfolg.<br />

167 — E. Br. m. U. „K. M.“ München 27.II.1930. 1 S. gr-4 o . Kleine Randeinrisse ausgebessert.<br />

(300.—)<br />

An denselben, eine Lesereise betreffend.<br />

„… voilà: der Aufsatz. Hoffentlich noch nicht zu spät.<br />

Ich passiere die Grenze den 2.III. morgens 5.36 in Petrowice. (Aber um die Zeit schlafen Sie doch noch?)<br />

Ich habe noch keine Ahnung, was ich bei Ihnen vorlese …“<br />

In einem Nachsatz fügt er an: „Am 1.III. schon einzutreffen, konnte ich leider nicht möglich machen.<br />

Aber ich kann etliche Tage bleiben.“<br />

168* MANN, Thomas, 1875 – 1955. E. Postkarte m. U. München 14.I.1921. Gelocht (Verlust<br />

zweier Buchstaben); leicht gebräunt, kleiner Randeinriss. (400.—)<br />

An den Verlag „Die Wende“, der ihm ein Buch von Erich Arndt als Geschenk übersandt hatte.<br />

„... Ihnen und Herrn Dr. Arndt sage ich meinen besten Dank für das schöne Geschenk, das soeben in<br />

meine Hände gelangte. Ich bin im Begriff, eine Reise in die Schweiz anzutreten und werde das Buch mit<br />

auf die Reise nehmen. Es zieht mich sehr an ...“<br />

79


I. LITERATUR<br />

( Thomas Mann)<br />

„Wahrheitsliebe und genaue Erinnerung ist beim Schreiben das Erste und Letzte“<br />

169* — 14 Autographen: 10 e. Br. m. U. (davon 5 auf der Rückseite von Photographien) und<br />

4 e. (Ansichts-)Postkarten m. U. Unterschriftsformen meist „Z.“ (für „Zauberer“), je einmal<br />

„Papa“ und „Vater“. Küsnacht, Budapest, Pacific Palisades und Kilchberg 30.V.1935 bis<br />

17.IV.1955. 14 S. gr.-8 o bis kl.-8 o und die Karten. Teilweise mit gedrucktem Briefkopf. Vereinzelt<br />

etwas fleckig. (12.000.—)<br />

Wichtige, auch für Thomas Manns eigenes Werkverständnis aufschlussreiche Briefe a n s e i n e To c h t e r<br />

Monika („Mönchen“ bzw. „Mönle“), das Sorgenkind der Manns.<br />

Küsnacht 30.V.1935 (Postkarte). „... wenn Du etwa das illustrierte Buch von E l o e s s e r mitgenommen<br />

hast, so bringe es, bitte, demnächst mit und vergiß es nicht!<br />

Ferner, weißt Du noch, wohin B r u n o Wa l t e r sich von Florenz aus gewandt hat und wo er derzeit ist?<br />

Weißt Du sein Wiener Absteige-Quartier? Ich möchte ihm gern etwas schicken ...“ – Monika Mann lebte<br />

damals in Florenz, wo sie Musik und Kunstgeschichte studierte. – Arthur Eloesser hatte 1925 das mit<br />

„Bildern aus Familienbesitz“ illustrierte Werk „Thomas Mann. Sein Leben und sein Werk“ veröffentlicht.<br />

Budapest 11.VI.1936 (Ansichtskarte). Dank für Glückwünsche zu seinem 61. Geburtstag (am 6. Juni).<br />

„... für Deinen anmutigen Erinnerungsbrief und das schöne Gemälde muß ich Dir noch besonders danken;<br />

mit beidem hast Du mir nicht nur Spaß, sondern Freude gemacht ... Wir haben gute Tage hier ...“<br />

– In Budapest nahm Mann an der Sitzung des „Comité Permanent des Lettres et des Arts“ des Völkerbundes<br />

teil, auf der er sein Referat „Humaniora und Humanismus“ hielt.<br />

Pacific Palisades (5.VI.1944; Ansichtskarte: Manns Haus 1550 San Remo Drive). „Liebes Mönchen, war<br />

so gerührt von Deinem bunten Kärtchen. Vielen Dank und herzliche väterliche Wünsche auch Dir zu<br />

Deinem Tage!“ (Monikas Geburtstag war am 7. Juni, einen Tag nach dem des Vaters.) „Einen 69. begeht<br />

man hübsch in der Stille. Abends werden Franks kommen, vielleicht auch Werfels. Man wird wohl 10<br />

Minuten lang von Dir sprechen. Z.“ – Monika Mann lebte seit 1942 in New York.<br />

Pacific Palisades 15.XII.1947 (auf einer Photographie des Hauses). Nach dem Erscheinen des „ D o k t o r<br />

Faustus“. „… Gruss aus dem exotischen Elternhaus! Habe mich sehr über Deinen Faustus-Essay<br />

gefreut. Machst es besser als mancher Feuilletoniste. Ich schreibe jetzt auch fast nur noch Briefe, nämlich<br />

an Mitmenschen, die in dem Roman vorkommen. Habe mir damit grosse Mühe aufgehalst. Einer<br />

davon, der gut wegkommt, Dr. S c h u h , schreibt übrigens selbst über das Musikalische darin. Bei Frido<br />

kann ich mich ja persönlich entschuldigen ...“ – Mann hatte seinen 1940 geborenen Enkel Frido als Vorbild<br />

für die Figur des Nepomuk genommen.<br />

Pacific Palisades 24.II.1949. Widerstrebend, aber sehr eingehend äußert sich Mann zu einer Dichtung der<br />

Tochter, die sich inzwischen – zum großen Missfallen der Eltern – ernsthaft der Schriftstellerei widmete.<br />

„Ja, gutes Mönle, was lässt sich da sagen! Es ist nicht ganz recht von Dir, dass Du mich so direkt mit der<br />

Sache befasst. Deine auch schreibenden Geschwister haben das nie getan, und nie habe ich mit einem<br />

Urteil über ihre Produkte dem der Redaktionen vorzugreifen gehabt. Als Papa bin ich ja auch zum Urteil<br />

wenig berufen, denn ich wünsche als solcher zu sehr, dass es gut sein möge und muss mich gewaltsam zur<br />

Objektivität anhalten, was mich dann womöglich wieder zu kritisch macht: Deine ‘Gedanken’ sind ja<br />

ein feines lyrisches Stückchen, etwas dünn wohl, aber oft nicht ohne Reiz und von ganz stimmungsvollem<br />

Tonfall. Wie immer bei Dir ist zuweilen der Ausdruck gefunden und getroffen, während er andere<br />

Male nur schein-genau ist und eigentlich daneben geht. Die ‘Präambel’ ist zu anspruchsvoll für das, was<br />

nachfolgt. Du hast das, glaube ich, von Klaus’ ‘Turning Point’ übernommen, aber da folgt eine ganze<br />

Autobiographie, die rein als Masse ihr Gewicht hat, und bei Dir nur ein paar zerstreute Stimmungsbilder,<br />

die zum Teil überhaupt kein Gewicht haben, wie das Auslöschen der Lampe, als die Mutter kommt, und<br />

die grimmige Lustigkeit nebst stillem Lebensernst nach dem Wiederanzünden. Hat das einen rechten<br />

Sinn? Hat es Kern und Wahrheit? ... “<br />

80


I. LITERATUR<br />

Nr. 169 Thomas Mann<br />

81


I. LITERATUR<br />

( Thomas Mann)<br />

Pacific Palisades 21.XII.1950. Während der Sichtung seiner Manuskripte für die Beinecke Library in<br />

Yale, die seinen amerikanischen „Vorlass“ erwerben wollte. „... Dank für den hübschen Artikel. Das<br />

Z [ a u b e r ] b [ e r ] g - M a n u s k r i p t ist aber nicht in der Schweiz, sondern in München bei Rechtsanw.<br />

Heinz geblieben und angeblich zerbombt.<br />

... Die Yale Library will nun alles, alles erwerben, überhaupt alles, und Mielein“ (d. i. Katia) „und Erika<br />

sitzen unter buchstäblich Tausenden von Kritzeleien, mit denen meine Schränke vollgepfropft waren,<br />

und die nun gesichtet und katalogisiert werden sollen, ein blödsinniges Stück Arbeit. Und dabei gibt es<br />

doch jetzt für Weihnachten zu tun.<br />

Das Haus wird garnicht so voll. Ausser Erika ist ja nur Golo hier mit seinem neuen Hund Lux ..., einem<br />

sehr schönen Wolf, wie Rotkäppchen ihrer. Gottlob verträgt er sich gut mit dem Pudel Alger, der auch<br />

an Verstand etwas zugenommen hat und nicht jedes Auto mehr anhält.<br />

Neumanns sollen zum hl. Abend kommen, aber es ist unsicher, denn Alfred hat angina pectoris und kann<br />

sich kaum aus dem Hause trauen. Traurig, traurig. Der alte Kuzi“ (Bruno Walter) „sollte auch lieber<br />

daheim bleiben, statt 6 Konzerte in Edinburgh zu dirigieren, was meiner Meinung nach verhängnisvoll<br />

für ihn werden kann …“<br />

(Pacific Palisades) 8.V.1951 (auf einer Photographie seines Schreibtischs). Dank für Monikas Reaktion<br />

auf seinen Roman „ D e r E r w ä h l t e “ . „... Du hast mir ja einen wunderbar schönen und schmeichelhaften<br />

Brief geschrieben – vielen Dank! Alle bessern Menschen freuen sich an dem kleinen Buch, das ist<br />

wahr, und sogar die englische Uebersetzung (‚The Holy Sinner’) scheint gelungen zu sein, sonst wären<br />

Knopf und Blanche nicht so ‘entranced’. Im Herbst soll sie erscheinen ...“<br />

Pacific Palisades 8.I.1952. „Garnicht übel, liebes Mönchen! Das heisst: ein ganz ehrenhafter Ausbruch<br />

von Uebelkeit angesichts des wahrhaftig Ueblen. Der angewandte Impressionismus ist mir zuweilen nicht<br />

recht geheuer. Zerknüllter Alabaster? Knuspriger Mythos? Verkleistert von chirurgischen Juwelen? Ich<br />

frage mich. Aber woher denn auch in der Uebelkeit die rechten Worte nehmen! Jedenfalls ist es eine<br />

hübsche Blossstellung …<br />

Ich habe schrecklich viel zu tun: Für B.B.C., für Columbia, an dem Roman“ („Bekenntnisse des Hochstaplers<br />

Felix Krull“), „mit der Sammlung und Redaktion eines Essaybandes. Und bin doch schon so alt! ...“<br />

Kilchberg 9.V.1954. (Ansichtskarte: Zürichsee). „... Dank für Dein ‘Noch etwas’. Es ist in seiner ambiguity<br />

ganz hübsch. Besonders hat mir die Stelle über die – vielleicht ungewollte – Komik gefallen. – Hier<br />

der Züri-lake, ungefähr wie wir ihn von unserem Hause aus sehen. Dieses wird immer hübscher, und ich<br />

sehe erst jetzt, wie schön wir es in Erlenbach hatten. Nur das Gärtchen ist noch eine Wildnis, soll aber<br />

jetzt drankommen. Ich bin fleißig im geräumigen Arbeitszimmer …“<br />

Kilchberg 3.XII.1954. „… Du hast mir ja so vortrefflich, ja geradezu bedeutend über den ‘ K r u l l ’<br />

geschrieben, daß ich Dir nicht nur Dank dafür ‘wissen’, sondern, damit Du’s weißt, auch ausdrücklich<br />

dafür danken muß. Freilich das mit der Liebe, das ist wirklich ein zu weites Feld; ich getraue mich nicht,<br />

mich auf eigene Faust und Verantwortung darüber zu ergehen, wenn ich’s auch Felixen riskieren ließ.<br />

Nur soviel: Seine Neigung zum ‘Doppelblick’ steht wohl nicht in Widerspruch zu seiner altklugen Äußerung<br />

über die tragikomische Bemühung der Liebe, aus Zweien Eins zu machen, – was doch erst im Baby<br />

gelinge. Wahrscheinlich will ihm das Bibelwort ‘Und sollen sein wie ein Fleisch’ nicht einleuchten, da<br />

es doch in der Liebe immer zwei Fleische bleiben müssen und sie mit einem nicht auskommt ... Übrigens<br />

sagst Du es ja selbst mit dem Worte vom ‘höchsten Zweisein’. Felix hat nur den Blick für die rührende<br />

Komik des Bildes, das die physische Liebe bietet mit ihrem Sich Abzappeln nach dem Einswerden von<br />

Zweien.<br />

Der Erfolg des Buches ist ganz lächerlich. Es hält schon beim 42. Tausend und hat eine verzückte Presse.<br />

Ich falle aus den Wolken, wie gewöhnlich ...“<br />

Kilchberg 17.IV.1955, vier Monate vor seinem Tod (am 12. August). „… Der Geburtstag ist doch zu etwas<br />

gut, nämlich, Dich wieder flott und flügge zu machen. Ohne ihn würdest Du wohl immer und ewig in<br />

Capri sitzen bleiben, – übrigens ein Aufenthalt, so gut wie ein anderer …“ – Seit Ende 1954 lebte Monika<br />

Mann auf Capri mit dem Fischer Antonio Spadaro zusammen. Dort schrieb sie ihre 1956 erscheinende<br />

Autobiographie „Vergangenes und Gegenwärtiges“, in der sie sich kritisch über ihren Vater äußert.<br />

Im Registerwerk zu den Briefen Thomas Manns sind nur 7 der Briefe und Karten registriert (die Briefe<br />

vom 1.II.1951 und 9.V.1954 sind als „verschollen“ bezeichnet); nicht registriert sind die Briefe und Karten<br />

vom 5.VI.1944, 15.XII.1947, 8.III.1951, 8.V.1951 und 8.VI.1952.<br />

82


I. LITERATUR<br />

„das Liebe und Schöne“<br />

170* — E. Br. m. U. Küsnacht 13.XI.1935. 2 S. quer-8 o (Briefkarte mit Adresskopf). Verso<br />

schmaler Falzrest am Oberrand. (800.—)<br />

An einen jungen Verehrer in München.<br />

„... Sie schreiben mir aus der Stadt, in der ich den größten Teil meines Lebens verbracht habe, – und<br />

gerade noch in den letzten Tagen verhandelte ich wegen einer Reise in Ihre Vaterstadt“ (Bukarest), „die<br />

ich besonders gern einmal besuchen würde, weil viel Symphatie für meine Arbeit dort lebendig scheint.<br />

Nur habe ich es mir für diesen Winter noch versagen müssen um der g r o ß e n b i b l i s c h e n E r z ä h -<br />

l u n g willen, die mir noch immer zu schaffen macht. – Seien Sie versichert, daß nicht nur das Liebe und<br />

Schöne, was Sie mir über Ihr Verhältnis zu meinen Büchern sagen, mir wohlgetan, sondern auch das,<br />

was Sie mir von sich selbst und der jugendlichen Problematik Ihres Lebens anvertrauen, mich ergriffen<br />

hat. Sie wissen zu bewundern, zu genießen, zu lieben, das ist viel, damit werden Sie leben können ...“<br />

171* — 2 Br. m. U. Princeton, NJ und o. O. 3.VII.1938 und 7.IV.1940. 2 S. folio und kl.-folio.<br />

Der erste Brief mit gedrucktem Briefkopf „United States Lines / On Board S.S.“, der zweite<br />

auf seinem Briefpapier. (1.200.—)<br />

An den Wiener Psychoanalytiker Theodor R e i k , der ihn nach seiner Emigration in die USA um Unterstützung<br />

gebeten hatte. Der Freud-Schüler Reik nutzte als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage<br />

für eine literaturkritische Studie.<br />

1938. „... Wie sollte Ihr Name mir nicht bekannt sein! ich war immer ein guter Leser Ihrer Aufsätze. /<br />

Ihr Brief erreichte mich in dem Augenblick meiner Einschiffung nach Europa, wo wir, in der Schweiz,<br />

den Rest des Sommers verbringen und vor der Uebersiedlung nach P[r]inceton unsere Angelegenheiten<br />

ordnen wollen. Die Gelegenheit, in Amerika etwas für Sie zu tun, ist damit für den Augenblick verpasst<br />

... Sobald ich aber zurück bin ... will ich mich gewiss umtun nach einer Wirkungsmöglichkeit für Sie.<br />

Natürlich kann ich kein Versprechen abgeben; Sie wissen, der Zudrang ist gross. Aber Ihre bisherige<br />

Lebensleistung und die Empfehlung F r e u d s machen mir denn doch Hoffnung auf einen Erfolg ...“<br />

1940. „... Nehmen Sie meinen besten Dank für ... den interessanten Prospekt. Es ist eine glückliche und<br />

wichtige Gründung, die da vollzogen ist, und ich bin überzeugt, dass man ihr in diesem Lande einen<br />

grossen Erfolg versprechen kann. Es freut mich auch, zu hören, dass eine Reihe Psychologie-Professoren<br />

als Sponsors gewonnen worden sind ...“ – Reik gründete ein Jahr später die „Society for Psychoanalytic<br />

Psychology“; 1948 die „National Psychological Association for Psychoanalysis“.<br />

Im Registerwerk zu den Briefen Thomas Manns n i c h t verzeichnet.<br />

172* — Br. m. U. Bad Gastein 23.VIII.1952. 1 ⁄2 S. folio. Mit Umschlag. (400.—)<br />

An den Schriftsteller Adolf Schaer, der ihm eigene Manuskripte mit der Bitte um eine Beurteilung gesandt<br />

hatte.<br />

„... Ich habe hier gerade die Kur begonnen, die mich anstrengt, habe aber trotzdem zu arbeiten. Vorderhand<br />

habe ich nicht die innere Ruhe, mich so mit Ihren Arbeiten zu beschäftigen, dass ich Ihnen eine<br />

Meinungsäusserung darüber zukommen lassen könnte. Mit Ihrer freundlichen Erlaubnis aber behalte<br />

ich die Schriftstücke bei mir und warte auf günstigere äussere und innere Umstände, sie aufmerksam<br />

durchzugehen ...“<br />

83


I. LITERATUR<br />

173 — MANN, Katharina (Katia), geb. Pringsheim, seine Ehefrau, 1883 – 1980. 1 e. Br. m. U.<br />

und 1 Br. m. U. Kilchberg 20.XI.1956 und 23.III.1968. 2 S. gr.-8 o . Ein Brief mit gedrucktem<br />

Briefkopf „Frau Thomas Mann“. Mit einem Umschlag. (200.—)<br />

1956. Nach einem Besuch in der ETH Zürich an Paul Scherrer, den „Direktor der Bibliothek“, der die<br />

Familie 1955 den Nachlass Thomas Manns geschenkt hatte. „... Die Eindrücke, die ich neulich ... haben<br />

durfte, waren so wohltuend, dass ich das Bedürfnis habe, Ihnen sehr herzlich dafür zu danken. Zuhause<br />

habe ich noch mit meinem Sohn und meinen Enkeln die schönen Photographieen betrachtet, und alle<br />

haben es bewundert, wie es Ihnen gelungen, diese provisorische Unterkunft schon so wohnlich und<br />

überzeugend zu gestalten ...“ – Das Thomas-Mann-Archiv, u. a. mit dem letzten Arbeitszimmer Thomas<br />

Manns, war zuerst provisorisch in einem Raum in der Hochschule eingerichtet worden. Scherrer wurde<br />

1958 (bis 1961) der erste Leiter des Archivs.<br />

1968. Wohl an den niederländischen Literaturagenten Menno Kohn. „... Gerne betrachte ich Sie als den<br />

einzigen Vertreter meiner Interessen an Uebersetzungen von Werken Thomas Mann’s in Holland und<br />

Belgien ...“<br />

Beiliegend ein e. Billett m. U.: „Mit den herzlichsten Genesungswünschen / Katia Mann“ (o. O. u. D.,<br />

Visitformat).<br />

174* MAUPASSANT, Guy de, 1850 – 1893. E. Br. m. U. <strong>Poststempel</strong>: Paris 11.VI.1890. 1 S.<br />

kl.-8 o . Mit frankierter Adresse (Faltbrief; „Service Télégraphique“). Perforierter Rand, kleiner<br />

Einriss. (1.200.—)<br />

An seinen Freund und Anwalt Maître Jacob wegen seiner Klage gegen den Verleger Georges Charpentier,<br />

der ungenehmigt ein Portrait von ihm in Umlauf gebracht hatte.<br />

„... j’ai vu Straus qui trouve notre affaire excellente et incontestable. Voulez-vous vous entendre avec<br />

lui et agir le plus rapidement possible contre Charpentier et contre le graveur. Vous avez dû recevoir ma<br />

lettre recommandée contenant celle de Charpentier.<br />

Il paraît que j’ai commis une erreur: j’ai adressé ma seconde lettre à un M. Dumoulin peintre, qui n’est<br />

pas le graveur en question. Je ne puis me procurer l’adresse de ce dernier. Serez-vous plus heureux que<br />

moi ...“<br />

Für eine Neuausgabe der „Soirées de Médan“, einer erfolgreichen Sammlung von Novellen zeitgenössischer<br />

Autoren, hatte der Verleger Portraitradierungen der Verfasser anfertigen lassen und den jeweiligen<br />

Texten (von Maupassant: „Boule de suif“) vorangestellt. Maupassant, der die öffentliche Verbreitung<br />

seines Portraits nicht wünschte (auch der Photograph Nadar musste einen entsprechenden Revers unterschreiben),<br />

ging sofort juristisch gegen den Verleger vor.<br />

Correspondance (ed. Suffel) Nr. 623.<br />

175* MÉRIMÉE, Prosper, 1803 – 1870. E. Br. m. U. Paris 11.VI.1852. 3<br />

⁄4 S. gr.-8 o . Nadellöcher.<br />

(250.—)<br />

(An den Architekten Pierre Louis Hérard), den er um seinen Besuch bittet.<br />

„... La commission des mon[ume]nts historiques m’a chargé avec plusieurs de mes collegues de conférer<br />

avec vous sur la proposition que vous avez adressée à M r le Ministre de l’Intérieur ...“<br />

84


I. LITERATUR<br />

176* MEYER, Conrad Ferdinand, 1825 – 1898. E. Postkarte m. U. Kilchberg 28.VI.1882.<br />

Etwas berieben, kleinere Risse repariert. (200.—)<br />

Einladung an den Musikdirektor Wilhelm Grimm in Schaffhausen.<br />

„Sehr geehrter Herr, Sie werden mir hier Sonntag 9 Juli herzlich willkommen sein / Dr. C. Ferd. Meyer“.<br />

177 — E. Br. m. U. „C. Meyer“. O. O. u. D. 1 S. 8 o . Auf der Programmkarte zur „XX. Generalversammlung<br />

der Gesellschaft ehemaliger Studirender“ der ETH Zürich, „7., 8. u. 9. Juli<br />

1888“. Der Brieftext ist über das gedruckte Programm geschrieben. (300.—)<br />

„Lieber Freund, die Nota in den Zeit[un]g[en] über die Verlangsam[un]g deiner Genes[un]g drückt mir<br />

die Feder in die Hand, um dir mit einer Z[eile] meine Sympathie auszudrücken, die um so lebendiger<br />

und wahrer ist, als ich selbst ein Leidender bin. Möge Deine Genes[un]g ... der meinigen vorangehen ...“<br />

Meyer war Ende 1887 an einem schweren Halsleiden erkrankt, das ihm fast ein Jahr lang zu schaffen<br />

machte.<br />

178* — E. Br. m. U. „cfmeyer“. Kilchberg 20.10.1888. 2 S. gr.-8 o . Verso Montagerest am<br />

Kopf. Respektblatt beschnitten. (400.—)<br />

An einen Herrn, bei dem er sich für „die freundliche Zusendung Ihrer Sängerfahrt, die ja wieder sehr<br />

hübsch geschrieben ist“, bedankt. „... während sie stattfand, war ich recht krank u. beginne eigentlich<br />

erst jetzt mein Übel zu überwinden, wie ich wenigstens hoffe und glaube.<br />

ich nehme es als ein gutes Omen an, dass Sie mir Ihr fröhliches Büchlein zusenden und mich dergestalt<br />

noch unter die Lebendigen zählen. Ainsi soit-il! ...“<br />

„one day it may be worth something “<br />

179* MILLER, Henry, 1891 – 1980. E. Br. m. U. Big Sur, CA 7.VII.1949. 1 S. gr.-4 o . Mit der<br />

Reproduktion eines Gemäldes im gedruckten Briefkopf. Klammerspur. (300.—)<br />

An seinen Freund, den Typographen und Verleger Pierre Laleure in Paris, dem er für ein Exemplar der<br />

französischen Ausgabe von Hermann Hesses „ S i d d h a r t h a “ dankt.<br />

„... overjoyed to hear you found a copy of ‘Siddartha’. Bravo! Et merci mille fois!<br />

With this I enclose a ‘corrected’ copy of a recent preface for one of my ‘little documents’, which I think<br />

Pierre Seghers (Paris) may bring out eventually. Thought you might like to have these four revised pages<br />

– for your collection. Who knows – one day it may be worth something – in valuta. I hope so!<br />

I am also trying to choose a water color I think would please you. You have no idea how grateful I am<br />

for your very kind and very special efforts ...“<br />

Miller erwähnt Laleurs Siddhartha-Fund in seinen Erinnerungen „The Books of my Life“ (1969), S. 54.<br />

180 — E. Kunstpostkarte m. U. Marina del Rey, CA 2.XI.1978. Auf der Bildseite die Reproduktion<br />

seines Aquarells „Symbolique“. (120.—)<br />

An Joanno K. Bejot in Lincoln, Nebraska, der ihn um eine Lesung gebeten hatte.<br />

„... I never give lectures and cannot travel because of infirmities. Sorry ...“<br />

85


I. LITERATUR<br />

„ein recht poetisches Gemüth“<br />

181 MÖRIKE, Eduard, 1804 – 1875. E. Br. m. U. „Dein treuer Eduard“. Stuttgart 1.XI.1851.<br />

3 S. gr.-8 o . Minimal fleckig; schwache Montagespuren auf der leeren vierten Seite. (3.000.—)<br />

An seine Schwägerin Dorothea (Dorchen) Mörike geb. Bezzenberger in Nürtingen, die Frau seines ältesten<br />

Bruders Karl, die ihm literarische Arbeiten ihres Sohnes August gesandt und um sein „gewissenhaftes<br />

Urtheil“ gebeten hatte.<br />

„... Ich habe nun die Handschrift vollständig u. genau gelesen und Dein Sohn ist mir dadurch fast<br />

unerwartet von einer neuen Seite lieb u. nahe geworden. Er ist gewiß ein recht poetisches Gemüth. Nur<br />

äußert sich nach diesen Proben sein Talent bis jezt noch etwas allgemein, das heißt, mir scheint, seine<br />

Eigenthümlichkeit hat sich noch nicht genug entschieden. Ich möchte deßhalb rathen zur Zeit noch nicht<br />

damit hervorzutreten. In solchem Falle wie der seine ist bewährt und stärkt sich Muth und Kraft durch<br />

längere Zurückhaltung, während man sonst leicht Schaden an sich selber nimmt, vom Publikum ganz<br />

abgesehen ...“<br />

Ferner über seine bevorstehende Hochzeit mit Margarethe von Speeth, der Tochter seines Mergentheimer<br />

Hauswirts. „Deiner schwesterlichen Theilnahme an meiner Verbindung mit unsrer Mergentheimer<br />

Freundin bin ich gewiß u. mir wirds eine wahre Freude seyn sie Dir seiner Zeit vorführen zu dürfen.<br />

Besonders angenehm zugleich bei unserm jetzigen Aufenthalt ist uns die Nachbarschaft zu Nürtingen;<br />

wir wollen sie nicht ungenuzt seyn lassen! ...“ – Erwähnt seine Schwester Klara und seinen „alten Klosterfreund<br />

Knecht“.<br />

In der Kritischen Gesamtausgabe n i c h t g e d r u c k t .<br />

„Wanda gehörte nicht mehr uns. Sie gehörte der Polizei“<br />

182* MOLNÁR, Ferenc, 1878 – 1952. Eigenh. Manuskript. (New York, um 1949.) 220 S. meist<br />

4 o (zum Teil dünneres Papier, etliche Blätter aus mehreren Teilen zusammengesetzt). Blauer<br />

Kugelschreiber, Kapitelangaben mit Farbstiften. Einige kleine Defekte. (2.000.—)<br />

Manuskript-Teile zu seinem autobiographischen Werk „C o m p a n i o n i n E x i l e / Notes for an Autobiography“,<br />

seiner Huldigung an seine langjährige Sekretärin und Lebensgefährtin Wanda Bartha, die sich<br />

1947 im Exil das Leben genommen hatte, und von deren Verlust sich Molnár nie erholte. – Niederschrift<br />

von mehr als 60 Einzeltexten in deutscher Sprache mit meist englischen Anweisungen für den Journalisten<br />

J. Barrows Mussey (1910 – 1985), der das Werk für den Druck bei Gaer Associates, New York (1950) ins<br />

Englische übertrug.<br />

1932 hatte Molnár die junge Ungarin Wanda Bartha kennengelernt, die sich ihm als Sekretärin, Begleiterin,<br />

Krankenschwester und schließlich als Gefährtin im Exil anschloss. 1940 kamen Molnár und Bartha<br />

in New York an, wo sie, Molnárs lebenslanger Maxime gemäß, im billigsten Zimmer des teuersten Hotels<br />

(in New York das „Plaza“) lebten. Am 28. August 1947 wurde Wanda Bartha dort tot aufgefunden. – In<br />

einem für „Chapter I.“ bestimmten Manuskriptteil schildert Molnár das Warten auf den Abtransport<br />

von Wandas Leichnam:<br />

„Nach halb vier Nachmittag, nachdem der ambulance doctor weggeeilt war und bevor man Wanda von<br />

ihrem Zimmer weggetragen hatte, mussten wir noch auf den Polizei-arzt warten. Niemand durfte ihr<br />

Zimmer betreten. Zuerst stand nur der Hausdetektiv Wache vor ihrer Tür. Dann kamen von der Police<br />

Station ein Detektiv und zwei uniformierte Policemen. Alle vier standen vor ihrer Tür, am Korridor.<br />

Wanda gehörte nicht mehr uns. Sie gehörte der Polizei, weil sie im Schlaf gestorben war, in der Fremde,<br />

in einem Hotelzimmer, ohne vorher krank gewesen zu sein, Niemand in ihrer Nähe im Augenblick des<br />

Todes. Wir wussten, dass die Polizei sie bald wegtragen lassen, dass man sie obduzieren (dissect?), dass<br />

86


I. LITERATUR<br />

Nr. 181 Eduard Mörike<br />

87


I. LITERATUR<br />

(F. Molnár)<br />

man sie zu Stücke schneiden wird. Wir drei: meine Frau Lili, mein Freund Dr. Laszlo und ich, standen<br />

Wanda’s geschlossener Tür gegenüber, im Corridor, nebeneinander, an die Wand gelehnt, verzweifelt.<br />

Während dieses Wartens war grosse Stille, nur hie und da wechselten wir drei einige leise Worte miteinander,<br />

ungarisch. Diese Worte hörend, trat einer der uniformierten policemen auf mich zu und sprach<br />

mich überraschenderweise ungarisch an:<br />

‚War sie Ihre Tochter?’ / ‘Nein’, sagte ich. / ‘Verwandt?’ / ‘Nein, Meine Sekretärin.’<br />

Der Policeman stand lange vor mir, schweigend. Sicherlich hat er etwas Verzweifeltes aus meiner<br />

forciert-ruhigen Stimme herausgehört. Er schaute mich verlegen an und wusste nicht, was zu sagen.<br />

‚Sind Sie Ungar?’, fragte ich ihn ungarisch, nur um sein unerträgliches Schweigen zu brechen. ‘Ich bin<br />

Amerikaner’ sagte er. ‘Meine Familie kam aus Ihrem Land. Ich spreche schlecht ungarisch, nicht wahr?’<br />

‘Nein’, sagte ich. ‘Sie sprechen gut.’ / ‘Thank you’, sagte er und trat zurück zu seinem Kameraden.<br />

‚They’re Hungarians’, flüsterte er ihm zu. / Then we went on waiting, we Hungarians, silently.“<br />

Am Kopf eines jeden Blattes notiert Molnár mit Rot- oder Blaustift das Kapitel, daneben spezifiziert er die<br />

Stelle der Einfügung (z. B. „Yellow Page 56.“, „New, 1949, Script, Page 70“ oder „Rialto Script Page 148<br />

/ Yellow Script Page 91“); darunter folgen Instruktionen wie „After the 3 asterisks ...“ oder „Insert – no<br />

paragraph – in die vorletzte Zeile nach den Worten ...“<br />

183* MONTHERLANT, Henry de, 1896 – 1972. Eigenh. Manuskript. (1950.) 17 S. meist gr.-<br />

4 o . Auf die Rückseiten von Typoskripten und an ihn gerichteten Briefen geschrieben. Einzelne<br />

Blätter verlängert oder zusammengesetzt. Teilweise holzhaltiges Papier. (800.—)<br />

„Communauté des grands esprits“. – Vollständiges fiktives Interview mit seinem Biographen Pierre Sipriot,<br />

in dem Montherlant auch die Fragen formuliert. Der stark überarbeitete Text beginnt:<br />

„M. – En relisant l’autre jour mes Carnets de l’année 1942, j’ai trouvé une note où je commente ... cette<br />

phrase de Bacon, qui se trouve dans son discours De la dignité et de l’accroissement des sciences. ‘Les<br />

sages sont tous du même avis’. Cette parole est très importante, sous son air ‘mine de rien’ ...<br />

A la lumière de cette phrase, nous prenons conscience que sur maint sujet, par exemple sur la superstition,<br />

sur la prière, sur le fanatisme, sur le paraître opposé à l’être (pour les condamner), sur la mesure,<br />

sur le détachement, sur le suicide (pour les louer), sur le fait de ne pas se marier, ou, si marié, de vivre<br />

comme si on ne l’était pas, sur l’acceptation de la mort, et l’ignorance de ce qu’il y a après elle, et l’acceptation<br />

de cette ignorance et l’incroyance à la rétribution, toute une famille de grands esprits, de l’Asie, de<br />

l’Europe, de l’antiquité la plus reculée et des temps modernes, a pensé et prononcé les mêmes jugements,<br />

souvent sans se connaître les uns les autres ...“<br />

Der Text wurde von Sipriot erst 1992 in der Zeitschrift „Revue des Deux Mondes“ als „entretien inédite<br />

avec Henry de Montherlant“ publiziert. – Beiliegend ein eigenh. Manuskriptfragment, 2 S. gr.-4 o .<br />

184* MORAVIA, Alberto, Pseudonym für A. Pincherle, 1907 – 1990. Br. m. U. und e. Nachschrift.<br />

Rom 18.X.1958. 3 ⁄4 S. gr.-4 o . Minimal fleckig. (600.—)<br />

An einen Redakteur, dem er einen gewünschten Artikel über Frauen erst nach seiner Rückkehr von einer<br />

Persien-Reise liefern könne.<br />

„... Senonché con grande mio rincrescimento, non potrò consegnarle l’articolo sulle donne perché parto<br />

per la Persia tra pochi giorni. Starò in Persia ... circa una ventina di giorni e scriverò l’articolo al mio<br />

ritorno che sarà verso la metà di novembre ...“<br />

Selten.<br />

88


I. LITERATUR<br />

Nr. 182 Ferenc Molnár<br />

89


I. LITERATUR<br />

185* MORGENSTERN, Christian, 1871 – 1914. E. Br. m. U. (Berlin-)Halensee 30.X.1904.<br />

4 S. kl.-4 o . Mit Umschlag. (400.—)<br />

An Julius B a b , dem er erklärt, weshalb er einer Einladung nicht folgen konnte.<br />

„... Sie müssen überhaupt immer dran denken, dass ich nicht so frank und frei leben kann wie andre<br />

(besonders was abendlichen Verkehr anbelangt), da ich doch eine ganze Zeit leidend war und immer auf<br />

der Hut sein muss ...“<br />

Ferner bedankt er sich für Babs jüngstes Buch („Die Berliner Bohème“), das er auf dem Krankenlager<br />

„als willkommene Abwechslung“ verschlungen habe. „... Sie sind ja ausserordentlich fleissig und alles,<br />

was Sie schreiben, soll immer nur erst ein Versprechen auf grösseres sein – nun stellen Sie uns ausser dem<br />

Schauspielerbuch auch noch eines über die antisozialen Kulturelemente in Aussicht!<br />

Aber schon die vorliegende Bohème-Studie bietet viel feines Material. Vielleicht kann ich mich in absehbarer<br />

Zeit mit einem kleinen Büchlein Lieder revanchieren, die auch einen Beitrag zur Geschichte der<br />

(Berliner) Bohème bilden dürften ...“ – Im folgenden Jahr erschienen seine „Galgenlieder“.<br />

186* MÜLLER, Wilhelm, der „Griechenmüller“, Dichter der „Winterreise“, 1794 – 1827.<br />

Eigenh. Manuskript. 4 S. 4 o . Leicht fleckig. (1.200.—)<br />

„ Lyrische Romanze“ . – Auszüge: „1) Aus der Sammlung: Canzone a ballo, composte dal Magnifico<br />

Lorenzo de’ Medici e da M. Agnolo Poliziano ed altri autori. S. l. et a. 4 o “, „2) Sestina irregolare di M.<br />

Angiolo Poliziano“ und „3. Mündlich u fliegendes Blatt. Altd. W.“<br />

Auf Seite 4 ein e. Vermerk m. U. von Oscar Ludwig Bernhard Wolff: „Handschrift Wilhelm Müller’s in<br />

Dessau. / Des bekannten Dichters. / Collectaneen zu der nach seinem Tode von mir herausgegebenen<br />

Egeria.“<br />

Die von Müller begonnene Sammlung italienischer Volkslieder gab Wolff 1829 heraus.<br />

187 MUSÄUS, Johann Karl August, 1735 – 1787. E. Stammbuchblatt m. U. Jena 15.VIII.<br />

1780. 1 S. quer-gr.-8 o . Etwas gebräunt, einige Randläsuren. (300.—)<br />

„Weisheit zeichne Seine Schritte,<br />

Liebe geb’ Ihm süsen Lohn!<br />

Dringe hin, du fromme Bitte,<br />

Vor des Allgewaltgen Thron! –<br />

Dieses schrieb dem Herrn Besitzer dieses Stammbuchs zum geneigten Andenken und empfiehlt sich zu<br />

fortdauernder Gewogenheit und Freundschaft dessen / aufrichtig ergebenster Freund und gehorsamster<br />

Diener / Joh. Carl August Musäus“<br />

Verso der Eintrag eines Johann Ernst Richard Glaser (Jena 1782).<br />

90


I. LITERATUR<br />

188* NORDAU, Max, Kulturhistoriker, Schriftsteller und Arzt; mit Herzl einer der Begründer<br />

des Zionismus, 1849 – 1923. E. Br. m. U. Paris 12.VI.1908. 2 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Mit breitem Trauerrand.<br />

(200.—)<br />

An den Schriftsteller Édouard de Morsier über dessen Werk „Études allemandes“, in dem er auch auf<br />

Nordaus Schaffen eingeht.<br />

„... J’étais inondé de rouge pendant tout le temps que je les lisais. A chaque mot je sentais que c’était<br />

l’ami, non le critique qui y parlait. Je ne mérite pas la moitié des éloges que vous me décernez. Si je crois<br />

que mes œuvres de fiction valent pleinement mes œuvres philosophiques et critiques, je ne me figure pas<br />

que celles-ci n’aient pas bien des défauts, des lacunes, des imperfections. Mais vous leur avez été plus<br />

qu’indulgent – Je vous serre les deux mains pour cela.<br />

Les autres chapitres sont tous remarquables – particulièrement ceux sur ‘Guillaume Tell’, sur ‘Henri<br />

Heine’ et sur ‘Boerne’. Je ne partage pas entièrement votre généreux enthousiasme pour Hermann<br />

Grimm ... il est impossible de résumer plus clairement et plus complètement les destinées de la scène<br />

allemande pendant le siècle après Schiller ...“<br />

189* — E. Postkarte m. U. Paris 11.X.1908. (150.—)<br />

An den Schriftsteller und Lokalhistoriker Paul Tausig in Wien, der ein Werk von M.J. Huret übersetzen<br />

wollte.<br />

„... Einer Empfehlung bedürfen Sie nicht im geringsten, da Sie einen Dienst nicht verlangen, sondern<br />

erweisen. Nach hiesigem Brauch verfügt über das Übersetzungsrecht der Verleger ... Der ist Geschäftsmann<br />

und kümmert sich um Empfehlungen nicht ... M. Huret wird schwerlich befragt werden. Sehen Sie<br />

sich aber das Buch doch an, ehe Sie in die Verhandlung eintreten. Es ist sehr umfangreich ...“<br />

„Az for myself“<br />

190* POUND, Ezra, 1885 – 1972. Br. m. U. „E. P.“ Rapallo o.D. 1 S. gr.-4 o (Schlussblatt eines<br />

längeren Briefes?). Mit gedrucktem Briefkopf. Kleine Randeinrisse. (400.—)<br />

An einen Verleger.<br />

„Az fer myself.<br />

I. I am not writing ‘poems’, I am writing a poem.<br />

I have to sell the single c a n t o s at highest poss. price. same applies to prose. If I don’t sell at a price I<br />

shd. have to do the trained seal and overproduce.<br />

If I am writing propaganda I have to consider the distribution.<br />

On the other hand as long as you are hipped for cash for printer you ought to print only stuff that can’t<br />

be printed elsewhere.<br />

L’Indice wants me to do a monthly article direct in italian. Most of the stuff will be applicable only here.<br />

You cd. have it to translate IF you thought it wd. be of USE, BUTTTT I don’t know it wd. be ...“ –<br />

Erwähnt (Joseph) Macleod.<br />

91


I. LITERATUR<br />

191* PROUST, Marcel, 1871 – 1922. Widmungsexemplar: „Sodome et Gomorrhe II“. Paris:<br />

Éditions de la Nouvelle Revue Française 1922. 8 o . Unbeschnittenes Exemplar in Orig.-Interimsumschlag<br />

(kleinere Läsuren); Block papierbedingt leicht gebräunt. – E r s t e A u s g a b e .<br />

(1.200.—)<br />

Der fünfte und letzte zu Prousts Lebzeiten erschienene Band der „Recherche“; auf dem Vorsatz die eigenhändige<br />

Widmung an den Schweizer Literaturwissenschaftler Paul Seippel (1858 – 1926):<br />

„A Monsieur / Paul Seippel / Admiratif hommage / Marcel Proust“.<br />

192* RECKE, Elisa von der, geb. Reichsgräfin von Medem, 1756 – 1833. E. Br. m. U. Dresden<br />

27.I.1829. 1 S. gr.-8 o . Etwas gebräunt. (300.—)<br />

An „Mein innigst geliebtes Paulchen“, auf dessen Nachricht vom schlechten Gesundheitszustand des ihr<br />

befreundeten Pfarrers Christian Wilhelm Pleißner.<br />

„... Du kannst es Dir wohl dencken welcher Schmerz mich ergriff, als ich ... las, wie nahe Dir und uns<br />

die Gefahr lag daß wir unsren edlen innigst geliebten Pleißner verliehren würden ... Freund Ti e d g e ,<br />

und die guten Pappermanns theilen Deinen Schmerz Deine Sorgen lebhaft mit mir. Du erhälst 10 Stück<br />

L[ouis]d’or, 5 sind von mir, 5 von Tiedge. Verwende diese zur Pflege unsers Pleißners; sorge zugleich<br />

für Deine Gesundheit ...“ Sie werde zudem „stärkende Weine für Pleißner schicken, und für Dich ...“<br />

Pleißner hatte von 1805 bis 1812 das Mädcheninstitut bei Ronneburg geleitet; 1818 hatte er von der<br />

Herzogin von Kurland, der Stiefschwester Elisa von der Reckes, das Pfarramt Großstechau übertragen<br />

bekommen.<br />

193 RICHTER, Jean Paul Friedrich, 1763 – 1825. E. Billett m. U. (Bayreuth, wohl 1819.)<br />

1 S. quer-kl.-8 o . Mit Siegelspur und Adresse. Winzige Löcher. (400.—)<br />

An Lorenz Heinrich Wagner in Bayreuth, den ehemaligen Lehrer seines Sohnes Max.<br />

„Guten Morgen! Hier send’ ich Ihnen für Ihre Quartgaben 8 Duodezblättchen von mir, die Sie schon bis<br />

morgen durchhaben werden. – Hätten doch Sie meinem Max das Zeugnis geschrieben! / R.“<br />

Berend Band 8 Nr. 528.<br />

Beiliegend 2 e. Br. m. U. seiner Witwe Karoline geb. Mayer an ihre Tochter Emma verh. Förster<br />

(o. O. u. D., 1 S. 4 o ) und an (Julie) Schwabacher geb. Wiener (München 1.IV.1855, 1 S. gr.-8 o , defekt).<br />

92


I. LITERATUR<br />

194 — RICHTER, Karoline, geb. Mayer, seine Ehefrau, 1777 – 1860. E. Br. m. U. München<br />

23.V.1853. 1 S. gr.-8 o . Mit Oblatensiegel und Adresse. (250.—)<br />

„An Herrn Student jur: Herrn Georg Horn“, wohl der aus Bayreuth stammende spätere Publizist und<br />

Schriftsteller, mit dessen Familie sie bekannt war.<br />

„... Die Nachricht Ihrer vollkommenen Wiederherstellung ... hat mich mit der herzlichsten Freude<br />

erfüllt, obgleich ich mehrere Wochen den Ausdruck derselben zurückhielt; die Ursach war die: daß ich<br />

erst heute von vielen mir selbst aufgelegten Arbeiten für meine jüngste Enkelin, Alma, frei geworden bin,<br />

welche heute von ihrem Vater nach Altenburg in ein Erziehungsinstitut gebracht worden ist. Da ich nur<br />

noch die einzige Lebensaufgabe habe, den Kindern meiner Töchter nüzlich zu sein wo ich kann, werden<br />

Sie mich entschuldigen, daß ich so lange schwieg ...“<br />

Beiliegend ein Brief in ihrem Namen an den Schriftsteller Friedrich Förster in Berlin wegen einer Verabredung<br />

(Lichtenberg 1844).<br />

195* RILKE, Rainer Maria,<br />

1875 – 1926. E. Br. m. U.<br />

Venedig, „San Vio, Palazzo<br />

Valmarana“ 9.VIII.1912.<br />

1 S. gr.-8 o . Respektblatt mit<br />

Klebefilmresten. (1.600.—)<br />

An den Kunsthistoriker und<br />

Bibliothekar Albert Dessoff in<br />

Frankfurt a. M.<br />

„... nach meinem Briefbuch<br />

habe ich die Anfrage des frankfurter<br />

Verbandes für künstlerische<br />

Kultur am 14. July<br />

beantwortet; leider absagend:<br />

denn meine Pläne für diesen<br />

Winter sind zu ungewiß und<br />

lassen es nicht zu, daß ich mich<br />

durch jetzt schon abzuschließende<br />

Vereinbarungen an Termine<br />

binde, die einzuhalten mir<br />

wahrscheinlich große Schwierigkeiten<br />

bereiten würde ...“<br />

93


I. LITERATUR<br />

(R. M. Rilke)<br />

„Crême und Rasierseife“<br />

196* — E. Br. m. U. Paris 25.III.1913. 2 S. kl.-4 o . Mit Umschlag. (2.000.—)<br />

An den Hoffriseur Honsell in München, Odeonsplatz.<br />

„... ich habe die Begleichung Ihrer letzten ... Sendung bis zu meiner Rückkehr nach Paris aufgeschoben,<br />

weil von hier aus die Postanweisungen wieder zulässig sind; nur erinnere ich mich jetzt nicht, welchen<br />

Betrag ich Ihnen für Crême und Rasierseife zu senden habe ...<br />

Übrigens wäre es mir lieb, wenn Sie mir gleich wieder eine Dose der Crême ‘Mousse de Violette’, an die ich<br />

mich sehr gewöhnt habe, hierher senden wollten. Den Gesamtbetrag bitte ich mir gleichzeitig anzugeben<br />

oder, am Einfachsten, gelegentlich dieser Sendung nachzunehmen ...“<br />

Seit dem 9. Dezember 1912 hatte sich Rilke in Ronda (Andalusien) aufgehalten; ab dem 25. Februar war<br />

er wieder in Paris und wohnte in der rue Campagne-Première.<br />

197 — E. Br. m. U. „Rainer-Maria“. München, „Sonntag“ (<strong>Poststempel</strong>: 29.IX.1918). 1 S.<br />

kl.-4 o . Graues Papier. Mit Umschlag (Siegelspur; Briefmarke ausgeschnitten). (1.600.—)<br />

An die Studentin und angehende Schauspielerin Else Hotop (Künstlername Elya Maria Nevar), die Rilke<br />

im Sommer des Jahres in einem mittelalterlichen Spiel in der Rolle der Königstochter Elya gesehen und<br />

anschließend persönlich kennengelernt hatte.<br />

„Elya, / gerade die Stunde, die Du mir bringst, soll nicht zwischen scharfen zeitlichen Rändern stehen:<br />

sie thäte es morgen, da ich vielleicht erst gegen halb sechs von der Beisetzung des Grafen Keyserlingk“<br />

(der Schriftsteller war einen Tag zuvor verstorben) „komme und um sieben wieder ausgehen muss. Willst<br />

Du statt dessen den Mittwoch wählen oder einen folgenden Tag, aber keinen zu späten in der Woche,<br />

denn nun erwart ich Dich sehr ...“<br />

„stellenweise ergreifend“<br />

198* RINGELNATZ, Joachim, Pseudonym für Hans Bötticher, 1883 – 1934. Br. m. U.<br />

„Joachim Ringelnatz“. O. O. 7.XI.1933. 1 S. kl.-folio. Randeinriss. Gelocht (Löcher hinterlegt).<br />

Verso leichte Montagespuren. (300.—)<br />

An den Buchhändler F. H. Küthe in Wuppertal, der ihm Dichtungen eines Schriftstellers („Hempel“)<br />

zugesandt hatte.<br />

„... Auch ich finde das Buch stellenweise ergreifend. Aber ich kann mich für den Autor doch nicht in<br />

dem Masse erwärmen, wie Sie das tun, weil ich in seinen Dichtungen eines völlig vermisse: Frömmigkeit.<br />

Wenn das äussere Schicksal Hempels auch sehr traurig ist, so hat das ja mit der künstlerischen Beurteilung<br />

nichts zu tun. Es gibt zweifellos unzählige Menschenschicksale heute, die das gleiche Mitgefühl<br />

verdienen ...“<br />

199 — Portraitpostkarte (Druck nach einer Photographie) mit e. Namenszug „Joachim<br />

Ringelnatz“ am Unterrand (Bleistift). Minimal fleckig. Linkes Eckchen geknickt; verso Montagespuren<br />

(und Zeilen von fremder Hand). (120.—)<br />

Hüftbild in Seemannskleidung. Ringelnatz sitzt schmunzelnd an einem Wirtshaustisch und greift nach<br />

einem Schnapsglas.<br />

94


I. LITERATUR<br />

200* RINSER, Luise, 1911 – 2002. E. Br. m. U. Kirchanschöring 24.III.1947. 2 S. gr.-8 o . Mit<br />

gedrucktem Briefkopf. Schwach gebräunt. (250.—)<br />

An den Herausgeber einer Zeitschrift (Metzner), der sie um Beiträge gebeten hatte.<br />

„... Ich habe eben einen Roman beendet, er liegt bei Desch, München. Vielleicht wollen Sie ein Kapitel<br />

zum Vorabdruck ... Sobald ich etwas Passendes habe, werde ich es Ihnen schicken. – Mein Mann, Klaus<br />

Herrmann, lässt sie ersuchen, ihm das Heft Ihrer Zeitschrift zu schicken, in dem eine Geschichte seines<br />

Freundes Hermann Kesten (New York) steht ... Ich bekomme soviele Angebote, von fast allen neuen u.<br />

alten deutschen Zeitschr. bekam ich sie schon, aber ich suche eine Zeitschrift, die mir ganz entspricht,<br />

auch in der polit. Richtung. Vielleicht finde ich sie in der Ihren …“<br />

Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U., an den Publizisten Adolf Galliker in Zürich (München 20.X.1952).<br />

201* ROLLAND, Romain, 1866 – 1944. E. Br. m. U. O. O. 18.I.1932. 1 S. gr.-8 o . Grünliches<br />

Papier. Gelocht. (200.—)<br />

An einen Studenten, der sich um ein Stipendium in der Schweiz bemühte.<br />

„... Je ne suis pas au courant des règlements universitaires ou des dispositions d’Etat en Suisse, en ce qui<br />

concerne l’aide aux étudiants. Je suis un étranger en Suisse, et j’y ai moins de relations qu’avec aucun<br />

autre pays.<br />

Je vous engagerais à vous adresser, soit à un professeur ..., soit à un des frères R e i n h a r t de Winterthur,<br />

qui se sont partagé le mécénat des lettres, de la musique et des autres arts ...“<br />

203 ROUSSEAU, Jean Jacques, 1712 – 1778. Eigenh. Manuskript. 2 ⁄3 S. 4 o , halbspaltig beschrieben.<br />

Kräftiges Konzeptpapier. Ränder leicht gebräunt. (800.—)<br />

Exzerpt aus dem „Rec[ueil] gén[ér]al des Ab[bayes] de Fr[ance) / vl. 2. p. 446“, im Zusammenhang mit<br />

seinen Studien zur Kirchengeschichte Frankreichs:<br />

„Les Religieuses de l’Abbaye de Poulangey près de Langres font les trois voeux, et cependant elles ne sont<br />

point cloistrées, mais semblables à des chanoinesses elles vivent chacune en particulier dans une petitte<br />

maison dans l’enceinte de l’Abbaye.<br />

comme elles ne gardent point la closture, elles vont chez leurs Parens quand elles veulent, et y demeurent<br />

autant qu’il leur plaît &c.“<br />

95


I. LITERATUR<br />

204 SACHER-MASOCH, Leopold von, 1836 – 1895. E. Br. m. U. Leipzig 16.V.1886. 3 S. 8 o .<br />

Mit Briefkopf „Auf der Höhe / Sacher-Masoch“. (300.—)<br />

An einen Herrn, dem er für die Unterstützung der Familie seines verstorbenen Bruders dankt.<br />

„... Heute erst habe ich mich von dem schweren Schicksalsschlage, dem Verluste meines Bruders Kind,<br />

das ich so innig geliebt habe, so weit erholt um Ihnen mit meiner Schwägerin schreiben zu können. Ich<br />

habe mit tiefer Rührung vernommen mit welcher seltenen Güte und Aufopferung Sie selbst und Ihre<br />

Kollegen, erst für meinen unglücklichen Bruder, dann für dessen Witwe und Kinder gesorgt haben ...“<br />

205 SALUS, Hugo, 1866 – 1929. 12 Autographen: 5 e. Br. m. U., 6 e. Postkarten m. U. und<br />

1 Br. o. U. Prag 20.I.1904 bis 2.IV.1928. 10 S. quer-8 o (Briefkarten) und die Postkarten. Mit<br />

gedrucktem Briefkopf bzw. gestempelten Initialen. (400.—)<br />

An den Schriftsteller und Verleger Victor Fleischer über dessen Werke und sein eigenes Schaffen.<br />

25.III.1908. Über die Gedichte von Fleischers Bruder Max. „... Im Vertrauen gesagt, seine Gedichte sind<br />

alle um die Hälfte ihrer Länge zu lang, zu wortreich; schlampig. Auch in den Übersetzungen fehlt der<br />

Fleiss. Den ist man sich und den Originalen schuldig ...“<br />

7.XII.1908. Wohl über Victor Fleischers Erzählung „Die Handschrift des Bruders Engelbert“. „... Sie<br />

sind ein vorzüglicher Erzähler, die Geschehnisse rollen sich ohne Hast und doch den Athem vertiefend<br />

vor unseren teilnehmenden Blicken auf und Ihre Sprache ist so eindringlich, dass ich das Buch ohne<br />

Unterbrechung von Anfang zu Ende las ...“<br />

18.V.1909. Über seinen Dreiakter „Römische Komödie“. „... Das Stück wird wirklich lebhaft begehrt, es<br />

erscheint Ende der Woche gedruckt, dann wird erst entweder meine himmelhohe Jauchzerei oder zu Tode<br />

Betrübtheit folgen ... Ist denn Stefan Z w e i g ganz untergetaucht, da ich von ihm, dem Warmfühligen,<br />

kein Wort der Mitfreude gehört habe? ...“<br />

9.V.1916. Über sein „Novellenbuch“. „... das Honorar ... habe ich nicht erhalten. Solche, sagen wir,<br />

Saumseligkeiten lassen mich für den Vertrieb des Buches nichts Gutes erwarten ...“<br />

Beiliegend 2 e. Br. m. U. an Max Fleischer, u. a. über dessen Gedichtsammlung „Der Porzellanpavillon“<br />

(Prag 1928 und o. D.).<br />

206 SAND, George, Pseudonym für Aurore Dupin, Baronin Dudevant, 1804 – 1876.<br />

E. Br. m. U. „George Sand“. (Paris) 2.IV.1844. 3 S. gr.-8 o . Mit geprägten Initialen am Kopf.<br />

Mit Blindsiegel und Adresse. Winziger Randeinriss. Kleines Loch an der Siegelstelle ohne Beeinträchtigung<br />

des Textes. (600.—)<br />

An Gabriel Falampin (1803 – 1860), der ihre Geschäfte besorgte, wegen ihres Vertrags mit dem Verleger<br />

Charles Arthur Perrotin.<br />

„... La réclamation des mille Francs donnés par M r Perrotin à titre d’arrangement avec Buloz“ (François<br />

B., Herausgeber der „Révue des Deux Mondes“) „ne me regarde pas ... Seulement comme je ne veux pas<br />

que Perrotin ait sujet de se plaindre des hazards de l’affaire, j’accorderai le remboursement de cette<br />

somme à l’expiration des cinq ans de notre traité, si, à cette époque, Perrotin ayant établi ses comptes,<br />

m’affirme en conscience que ses bénéfices ont été moindres que les miens.<br />

En échange de la radiation de l’article des quatre ouvrages ... je lui accorderai d’éditer in-18 C o n s u e l o<br />

et La C tesse d e R u d o l s t a d t sans préjudice de toute autre édition illustrée ...“<br />

96


I. LITERATUR<br />

207 — E. Br. m. U. „GSand“. Nohant 28.IX.1858. 2 ⁄3 S. gr.-8 o . Mit geprägten Initialen am<br />

Kopf. Minimal fleckig. (200.—)<br />

An François B u l o z , den Herausgeber der „Revue des deux mondes“, mit der Bitte „de vouloir bien<br />

donner ... à M r Edouard Plouvier“ (der Dramatiker und Librettist), „les n[umer]os de la revue qui<br />

contiennent l’homme de neige. Je lui en serais reconnaissante ...“<br />

Nach einem fast 20-jährigen Zerwürfnis hatten sich Sand und Buloz 1858 wieder versöhnt; beginnend mit<br />

ihrem Roman „L’homme de neige“ erschienen von nun an alle ihre Werke zuerst in der „Revue“.<br />

„on est souvent forcé de partir sans avoir fini son ouvrage en ce monde“<br />

208* — E. Br. m. U. „George Sand“. Nohant 25.XII.(1868). 4 S. gr.-8 o . Mit blindgeprägten<br />

Initialen „GS“ am Kopf. (1.600.—)<br />

Schöner Brief an ihre Freundin Olympe d’Auribeau, der sie begeistert für eine Handarbeit dankt, die<br />

wegen ihrer orientalisch anmutenden Farbenpracht auch der „pauvre cher D e l a c r o i x “ geschätzt<br />

hätte.<br />

„… Je l’ai reçu hier, ce merveilleux tapis de table! C’est un chef d’oeuvre de goût et il n’y a eu qu’un<br />

cri d’admiration dans toute la maison, peuplée en ce moment de fêtes d’enfans, petits enfants, neveux,<br />

petits neveux, jeunes et vieux amis etc. C’est un ouvrage exquis, un objet d’art, une composition de vrai<br />

coloriste. Je l’admire du matin au soir. Ce doit être un travail très amusant et qui serait encore permis à<br />

mes yeux. J’en essaierai quand j’aurai un peu de tems, et je vous demanderai des leçons … En le voyant<br />

j’ai tout de suite pensé à mon pauvre cher Delacroix qui s’intéressait tant à nos ouvrages de femme et qui<br />

aimait tant les assemblages de tons des orientaux …<br />

Hélas, vous avez une vie moins douce, le devoir pèse sur vous et vous l’acceptez bravement. Nous nous<br />

réjouissons d’avoir des filles, nous autres femmes, et nous ne pensons pas qu’elles nous appartiennent<br />

pour un tems bien court, un étranger se place entre elles et nous, et on ne sait pas si l’on finira auprès<br />

d’elles avec pleine satisfaction. Je ne veux point faire ces réflexions là devant ma belle fille. Je voudrai<br />

vivre longtems pour tâcher que tout aille bien, mais on est souvent forcé de partir sans avoir fini son<br />

ouvrage en ce monde ...“<br />

Correspondance vol. 21 Nr. 14055; im Kommentar heißt es, dass es sich bei dem erwähnten Tischüberwurf<br />

möglicherweise um denjenigen handelt, der noch heute in Nohant im blauen Zimmer zu sehen ist.<br />

209 — 2 e. Br. m. U. „GSand“. Nohant o. J. und Palaiseau o. D. 2 S. gr.-8 o . Mit geprägten<br />

Initialen am Kopf. Schwach fleckig. Einige Randschäden ausgebessert. Ein Brief am linken<br />

Rand montiert. (400.—)<br />

Nohant. Wohl an einen Vertrauten der Schriftstellerin Hortense Cornu. „Je ne comprends rien à ce qui<br />

arrive. Je recois de la direction des postes, comme tombée au rebut, ma lettre du 24 9 bre à M me Cornu,<br />

contenant celle que j’ecrivais à l’empereur[.] J’ai pourtant mise exactement l’adresse qu’elle m’a envoyée.<br />

Je vous renvoie ces deux lettres qu’il faut faire tenir au plustot à M me Cornu ...“ – Hortense Cornu<br />

war ein Patenkind Kaiser Napoleons III.<br />

Palaiseau. An einen Herrn mit einer Einladung. „... Je n’ose pas vous engager à venir me voir à la<br />

Campagne par le temps de pluie: choisissez au moins un rayon de soleil ou attendez quelques jours ...“<br />

97


I. LITERATUR<br />

Manuskript zu einem Hauptwerk Sartres<br />

210* SARTRE, Jean-Paul, 1905 – 1980. Eigenh. Manuskript. Um 1955 – 1959. Widmungsblatt<br />

und 123 einseitig in unterschiedlicher Dichte beschriebene Blätter gr.-4 o . Rautiertes Papier.<br />

Teilweise mit kleineren Randläsuren, vereinzelt leicht fleckig. (50.000.—)<br />

Vorarbeiten in unterschiedlichen Bearbeitungsstufen bis hin zu Satzvorlagen für die 1960 erschienene<br />

„C r i t i q u e d e l a r a i s o n d i a l e c t i q u e (précédé de Question de méthode)“, Sartres zweitem großen<br />

philosophischen Werk nach dem 1943 erschienenen „L’Être et le néant“, mit einem Widmungsblatt an<br />

Simone de Beauvoir („Au Castor“).<br />

Es liegen vor:<br />

Das vollständige Vorwort zu dem Werk („Préface“), mit Satzanweisungen in Blei; 11 pag. Bll.:<br />

„... Je n’aime pas parler de l’existentialisme. Le propre d’une recherche, c’est d’être indefinie. La<br />

nommer et la dédinir, c’est boucler la boucle: que reste-t-il? Un mode fini et déjà périmé de la culture,<br />

quelque chose comme une marque de savon, en d’autre terme une idée ... finalement, c’est une question<br />

que je pose. Une seule: avons-nous aujourd’hui les moyens de constituer une anthropologie structurelle<br />

et historique? Elle trouve sa place à l’intérieur de la philosophie marxiste parce que ... je considère le<br />

marxisme comme l’Indépassable philosophie de notre temps ...“,<br />

„Conclusion“ aus dem einleitenden Essai „Question de méthode“, der bereits 1957 gesondert erschienen<br />

war; 22 von 23 pag. Bll.,<br />

längere, vom Druck deutlich abweichende Ausarbeitungen zu den Themen „Action d’équipe“ (zum<br />

zweiten Hauptteil „Du groupe à l’Histoire“; vgl. S. 468ff. der Erstausgabe) und „Le niveau du concret“<br />

(a. a. O. S. 63 ff.); 17 Bll.,<br />

Entwürfe, Notizen und Stichworte, vielfach zu dem zentralen Thema „ Action“ – „L’individu et<br />

l’action“, „fondement de l’action“, „Action et l’Autre“, „Action et intention“, „Action lente et bienfaisante“,<br />

„Action et idéologie“, „Nature et action“, u. v. m.; 73 Bll.<br />

211 — Eigenh. Manuskript. Um 1955 – 1959. 1 S. gr.-4 o . Rautiertes Papier. (400.—)<br />

Ein weiteres Blatt aus den Vorarbeiten zur „Critique de la raison dialectique“.<br />

„... Impossible de sortir de l’humain. Toute réalité humaine est pratique. Ensembles significatifs ...<br />

Cas de l’horloge<br />

l’outil est à la fois matière et travail mais ce travail est de peux physique et pensée. L’outil est idée dans<br />

sa materialité parce qu’il est déja l’unité d’une pensée.<br />

l’horloge et l’idéologie ( M u m f o rd )<br />

Cas de la Monnaie.<br />

l’objet et l’action. l’action et la pensée ...“<br />

98


I. LITERATUR<br />

Nr. 210 Jean-Paul Sartre<br />

99


I. LITERATUR<br />

(J.-P. Sartre)<br />

212 — Eigenh. Manuskript. 7 S. gr.-4 o . Rautiertes Papier. Ränder stellenweise leicht gebräunt.<br />

(3.000.—)<br />

Entwurf einer sozialphilosophischen Arbeit; überschrieben „Individu et Société / K a f k a “.<br />

„... En fait, l’individu est toute la société. Non pas en sens où chaque objet porte la marque de tout<br />

l’univers. Au sens d’intégration et de dépassement de la société entière.<br />

La contradiction: chaque individu est toute la société ... mais d’autre part la société est faite d’individus<br />

séparés ...<br />

... c’est une condition de l’action humaine de devenir partie des rapports avec soi, avec autrui, avec le<br />

monde qui est impliqué par l’action elle-même dans ses différentes dimensions ...<br />

Le travail dans une société en péril par rareté (et menaces extérieures) entraîne aussitôt un rapport avec<br />

autrui. L’homme cesse d’être déterminé directement par la nature; il est déterminé par le rapport des<br />

hommes avec la nature. Or précisément ce qui va me déterminer, c’est la loi. La loi de mon action et de<br />

celle des autres autant que leur action vis-à-vis de la nature implique leur action entre eux. Et comme<br />

j’apparais dans un monde déjà instrumental, je suis défini comme travailleur et consommateur par les<br />

actes interhumains que les hommes accomplissent pour agir sur la nature ...<br />

On peut concevoir une société comme une intégration qui ne peut pas se faire ou comme un sytème mental<br />

qui se défait. L’apparition de faits contredisant les volontés ... ressemblant à ‘on me vole ma pensée’ ... Et<br />

ce tendence est la formation des systèmes isolées. We r t h e r ... Et toujours ainsi ...“ – Erwähnt Blondel,<br />

Marc Bloch („Le dedans de l’Humain, c’est l’histoire“) und Goldstein.<br />

„Ich bin wirklich in ziemlicher Verlegenheit“<br />

213* SCHILLER, Friedrich von, 1759 – 1805. E. Br. m. U. „F. Schiller“. Dresden 15.XII.1785.<br />

1 S. 4 o . Minimal braunfleckig, leicht gebräunt. (20.000.—)<br />

An seinen Verleger Georg Joachim G ö s c h e n , dem er Manuskripte für das 2. Heft der „Thalia“ ankündigt,<br />

die der Leipziger Schriftsteller Johann Friedrich Jünger überbringen werde.<br />

„Theuerster Freund,<br />

Jünger der nächster Tage von hier abreißt wird eine Anzahl Manuscript an Sie mitbringen. Ich bin<br />

begierig mein Lieber wie weit das erste gediehen ist, und bitte Sie also, mir die bereits fertigen Aushängebogen<br />

zu übermachen, weil ich gerne die Probe des neuen Druks sehen möchte. Von jezt an kann ich<br />

es so einrichten, daß die folgenden Hefte, welche nur 6 – 7 Bogen betragen und alle 2 Monate erscheinen,<br />

gleich nach Vollendung des vorhergehenden im Druk angefangen werden.<br />

Aber nun eine vorzügliche Bitte lieber Freund, und zwar um nichts geringeres als um Geld. Meine Finanzen<br />

sind ganz auf dem Sande, und die Weihnachtsfeiertage nähern sich, wo ich vielerlei ansehnliche<br />

Auslagen zu machen habe. Ich würde Sie, mein Lieber, vorjezt mit dieser Sache noch nicht behelligen,<br />

wenn ich nicht wüßte daß es Ihnen einerlei seyn kann, ob Sie mich nach und nach, oder nach Vollendung<br />

der Thalia auf einmal ganz bezahlen, und wenn nicht Körner, der mir das Geld auf Assignation an Sie<br />

vorschießen könnte, für jezt außer Stande wäre, dieses zu thun. Ich bin wirklich in ziemlicher Verlegenheit,<br />

und meine einzige Ressource sind Sie; wenn Sie mir also zwischen heute und dem 20sten für 5 oder 6<br />

Bogen Honorarium vorschießen wollen, so reißen Sie mich aus einer großen Beunruhigung, und erweisen<br />

mir einen großen Dienst. Ich glaube mein lieber Freund Sie kennen mich schon überhaupt so gut, daß<br />

Sie mir diese Freimütigkeit nicht übel nehmen ...“ – Sein Freund, der Jurist und Schriftsteller Christian<br />

Gottfried Körner, war finanziell an Göschens Verlag beteiligt.<br />

Schiller hatte die Zeitschrift Herzog Carl August von Sachsen-Weimar gewidmet, der ihm im Januar 1784<br />

den Titel eines Weimarischen Rats verliehen hatte. Das erste Heft enthielt unter anderem seinen Vortrag<br />

„Was kann eine gute stehende Schaubühne eigentlich wirken?“ und den ersten Akt des „Don Carlos“.<br />

Auf der Rückseite Göschens Empfangsvermerk. – Nationalausgabe Band 24 Nr. 18.<br />

100


I. LITERATUR<br />

Nr. 213 Friedrich von Schiller<br />

101


I. LITERATUR<br />

„immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbäume“<br />

214* SCHLEGEL, August Wilhelm von, 1767 – 1845. Eigenh. Gedichtmanuskript. (1811.)<br />

3 2 ⁄3 S. 8 o . Wohlerhalten. – Dazu ein e. Br., Coppet 3.VI.1811, 4 S. 8 o (Schlussblatt fehlt).<br />

(1.600.—)<br />

„ Parabel vom Eulenspiegel und den Schneidern.“ – Beginnt:<br />

„Unter vielen löblichen Thaten,<br />

So Eulenspiegels Witze gerathen,<br />

Ist eine von sondrer Lehr und Nutzen,<br />

Wie er die Schneider zurecht thät stutzen.<br />

Nach Rostock, der berühmten Stadt,<br />

Beschied er sie zu gemeinem Rath:<br />

Er wollt’ ihnen etwas offenbaren<br />

Auf ewige Zeiten zu bewahren,<br />

Daß jeder es auf die Seinen vererbe,<br />

Eine große Sach für ihr Gewerbe …“<br />

und schließt:<br />

„O Eulenpiegel, du weiser Narr,<br />

Schau auf der heutigen Welt Wirrwarr!<br />

Kannst du vom Grab’ erstehn, so komm,<br />

Und mache durch Spott die Narren fromm!“ – Im Ganzen 88 Verszeilen.<br />

Dazu der erste Bogen seines Briefes an einen nicht namentlich genannten Adressaten, dem das Gedicht<br />

beigelegt war. Schlegel rechtfertigt darin eingangs den Bildhauer Friedrich Ti e c k , über dessen Unzuverlässigkeit<br />

sich der Adressat beschwert hatte.<br />

„... Von Tieck habe ich seit einiger Zeit keine Nachricht, u. weiß daher nicht, ob er noch in Zürich oder<br />

schon unterwegs ist. Er wollte den kleinen Umweg nach Unterwalden machen, weil ihm der Kr[on]<br />

P[rinz] von Baiern“ (der spätere König Ludwig I.) „das Bildniß des Nicolaus von der Flühe zu fertigen<br />

aufgetragen, u. der Schädel dieses verehrten Einsiedlers dort aufbewahrt wird.<br />

Glauben Sie mir, Tieck ist ehrlich; wenn er seine Versprechungen nicht hält, so ist es, weil ihn andre<br />

auch mit vergeblichen Hoffnungen hingehalten. Und dann kann einem die Noth manches abnöthigen …<br />

Daß Ihnen das L i e d d e r N i b e l u n g e n einen großen Eindruck gemacht hat, wundert mich nicht: es<br />

macht ihn auf alle, die Tiefe des Gemüthes haben. Aber ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich Ihre<br />

lebhafte Theilnahme bey dieser Arbeit aufmuntert. Ich werde alle meine Kräfte daran setzen, um über<br />

dieß herrlichste Denkmal unserer Vorzeit meine Landsleute aus ihrem Todtenschlaf zu wecken ...<br />

F i c h t e ’s neue Schriften lese ich seit geraumer Zeit nicht mehr, nachdem ich gemerkt habe, daß es<br />

immer wieder die alten wissenschaftlichen Purzelbäume sind, nur schwerfälliger, weil er mit dem Fortgange<br />

der Jahre steif geworden und ganz in seinem engen Gedankenkreise eingerostet ist. Sollte ich<br />

ihn adeln, so würde ich ihm das Bernische Wappen mit einiger Veränderung ertheilen: nämlich einen<br />

Bären, der an seinen eigenen Tatzen saugt. Die verachtete Natur, die vernachläßigte Geschichte haben<br />

sich schlimm an ihm gerochen.<br />

Die Parabel vom Eulenspiegel soll kein Geheimniß seyn, ich rücke sie eben so wohl als die Philosophische<br />

Lection in die neue Sammlung meiner Gedichte ein. Dieser möchte ich gern etwas neues vorbehalten,<br />

doch will ich Ihnen, wenn noch Zeit vor Abgang der Post ist, diese possenhafte Kleinigkeit abschreiben,<br />

die Sie vielleicht in einem verlohrnen Augenblicke unterhalten kann ...“<br />

102


I. LITERATUR<br />

Nr. 215 August Wilhelm von Schlegel<br />

103


I. LITERATUR<br />

(A.W. v. Schlegel)<br />

215 — E. Br. m. U. und einer ganzseitigen e. Nachschrift m. U. seines Bruders „ Fried.<br />

Schlegel“ . Wien 18.VI.1812. Zus. 4 S. 8 o , eng beschrieben. Mit gestanzter kleiner Blumenvignette<br />

auf der ersten Seite rechts unten. (2.000.—)<br />

An (Friedrich Wilhelm von S c h e l l i n g in München) nach seiner Abreise aus Coppet am Genfersee,<br />

nachdem er dort vom Präfekten als Feind Napoleons und Frankreichs ausgewiesen worden war. – Schlegel<br />

lebte seit 1804 als Erzieher ihrer Kinder bei Madame de Staël auf ihrem Wohnsitz in der Schweiz.<br />

„Sie schreiben mir nach der Schweiz, theuerster Freund, und aus Österreich erfolgt die Antwort. Dieß<br />

wird Sie in einige Verwunderung setzen: jedoch war der Entwurf zu dieser Reise lange gemacht, nur<br />

fand man es nicht gerathen, im voraus viel davon zu reden. Die Umstände erlaubten nicht sie länger zu<br />

verschieben, wir traten sie daher an, sobald die Gesundheit meiner Freundin zuließ sie zu unternehmen<br />

... Ich begleite sie nach Schweden, wo ihr jüngerer Sohn Dienste nehmen wird. Der Weg bis dahin ist<br />

niemals von unbedeutender Länge, jetzt aber kann man vollends nicht den kürzesten wählen. Indessen<br />

dürfen Sie darum nicht glauben, ich wolle mich dem deutschen Vaterlande für immer entfremden. Vielmehr<br />

hoffe ich vielleicht noch in diesem Herbst, gewiß aber im nächsten Frühlinge zurück zu seyn, u.<br />

dann ununterbrochner als je meinen schriftstellerischen Arbeiten leben zu können.<br />

Da der Briefwechsel sehr gehemmt werden dürfte, so versäume ich nicht ... noch alles nothwendige mit<br />

Ihnen zu verabreden ...“ – Zunächst in einer Geldangelegenheit, dann eine Arbeit Friedrich Ti e c k s in<br />

Carrara betreffend.<br />

„Ihre Bemerkungen über das Brustbild der seligen Augusta sind in jeder Hinsicht billig, nur wünschte ich<br />

daß Sie die Zahlung dessen, was Tieck für die Verfertigung der Originalbüste zu fodern hat selbst übernähmen<br />

... Es dürfte ihm gerade jetzt mit einer kleinen Summe sehr gedient seyn, Sie würden mich daher<br />

verbinden, wenn Sie die Zahlung sogleich erfolgen ließen ... Die Schätzung der Arbeit bleibt Ihnen ganz<br />

überlassen ... Billig scheint es mir, ihm nicht zu wenig zu zahlen, da ihm die so lange gehegte Erwartung<br />

der größeren Arbeit fehl geschlagen ...<br />

Wollten Sie gütigst ... wegen der versprochnen Vergleichung der Hohen-Emser Handschrift von neuem<br />

mahnen. Es ist mir sehr unangenehm sie noch nicht zu haben, da ich jetzt reisen muß, u. alles zu den<br />

N i b e l u n g e n gehörige mich begleitet, weil ich diese Arbeit nie aus den Augen verliere. Diese einzige<br />

fehlt mir nun zur Vollständigkeit ...<br />

Was Sie mir von Ernennung meines Bruders zum Mitgliede Ihrer Akademie melden, ist mir ungemein<br />

angenehm; bis jetzt aber ist noch keine offizielle Mittheilung erfolgt ...<br />

Leben Sie recht wohl, gesund u. glücklich, u. gönnen Sie mir auch bey der weiten Entfernung einen Platz<br />

in Ihrem Andenken. / AWS.“<br />

In seiner Nachschrift fordert Friedrich Schlegel Schelling zunächst zur Mitarbeit „an unserm Museum<br />

auf ... Auch Nachrichten (beurtheilend würdigende) von dem was in der bildenden Kunst bey Ihnen,<br />

wo Sie so viele Reichthümer der Art besitzen, neues geschieht – oder sich kund giebt, würde uns sehr<br />

willkommen seyn.<br />

Die Absicht ... der Herrn Mitglieder der kön. Bayr. Akademie ist mir auf jeden Fall sehr werth u. schmeichelhaft,<br />

sollte auch diese Absicht – nicht – zur Ausführung gekommen ... seyn ...<br />

Ich bin jetzt – mit Ihrer Schrift – gegen J a c o b i beschäftigt, – so wie mit der früheren über die Freyheit“<br />

(„Über das Wesen der menschlichen Freiheit“, 1809). „Ich finde im Einzelnen bey aller Verschiedenheit<br />

mehr Annäherung als ich vorausgesetzt hatte. Das Wesentliche Ihrer Theorie in der Schrift gegen Jacobi<br />

ist mir besonders anziehend; aber freylich wäre es uns andern erwünschter gewesen Sie hätten sich<br />

ohne jene polemische Umkleidung ... mitgetheilt ...“ Wegen Friedrich Heinrich Jacobis Schrift „Von den<br />

Göttlichen Dingen“ war es Ende 1811 zum öffentlichen Bruch zwischen Jacobi und Schelling gekommen.<br />

Siehe die Abbildung auf Seite 103.<br />

104


I. LITERATUR<br />

217 SCHLEGEL, Friedrich von, 1772 – 1829. E. Br. m. U. „Fr Schlegel Dr u Prof. Philos.“<br />

Köln 25.VII.1806. 1 S. 8 o . Schwach gebräunt. Randausrisse (geringe Buchstabenverluste).<br />

(350.—)<br />

An einen Herrn in Frankfurt a. M., dem er seinen Besuch ankündigt.<br />

„... Ich bin so frei gewesen, einige Briefe für mich an Sie addressiren zu lassen, die ich mir zu verwahren<br />

bitte da ich sie in einigen Tagen selbst bei Ihnen abfodern werde.<br />

Ich komme den 30t oder 31ten Julius nach Frankf[urt] wo ich einige Tage bleiben werde, und auf Ihre<br />

freundschaftliche Gefälligkeit rechne, um die Schönheiten von Frankf. kennen zu lernen ...“<br />

218 — E. Br. m. U. Bertholdsdorf (bei Wien) 17.IX.1826. 2 3 ⁄4 S. 8 o . Etwas gebräunt, kleine<br />

Montageschäden. (600.—)<br />

An einen Dichter, der ihm ein Manuskript gesandt hatte.<br />

„... Ich habe jetzt den ganzen Band der Gedichte vollständig durchgearbeitet, auch das Traumbild mit<br />

großem Bedacht gelesen, über das ich Sie noch viel zu fragen habe ... wir müßen das Mscrpt durchaus<br />

selbst, gemeinschaftlich u. mündlich zusammen durchgehen.<br />

– Daher habe ich beschlossen, es Ihnen heute durch den Freund Gabriel noch nicht mitzutheilen ... wenn<br />

Sie es für den Abschreiber durchaus haben wollen u. müßen; so dürfen Sie nur mit einer Zeile schreiben<br />

u. erhalten es dann sogleich ..., da meine Frau ohnehin einmal in der Woche nach Wien muß, und wahrscheinlich<br />

auch ich ...“<br />

Beiliegend ein Autograph seines Bruders August Wilhelm: e. Billett mit Namen am Kopf; Einladung an<br />

den Philologen Rudolf Heinrich Klausen (Bonn um 1835; montiert).<br />

219* — SCHLEGEL, Dorothea von, seine Ehefrau, als Brendel Mendelssohn Tochter von<br />

Moses M., in erster Ehe mit dem Bankier Simon Veit verheiratet, 1762 – 1839. E. Br. m. U.<br />

„Dor:Schlegel“. O. O. u. D. (vor 1811). 1 S. 12 o . Mit Siegelrest und Adresse. (350.—)<br />

An den österreichischen Schriftsteller Heinrich Joseph von Collin, den sie wohl auf Bitten Friedrich<br />

Schlegels treffen sollte.<br />

„... Ich mus meine Zuflucht zum schreiben nehmen, da es scheint als sollte ich Sie nicht mehr von Angesicht<br />

zu Angesicht sehen? – Ich habe einen Brief von meinen Herrn der mir nebst den freundlichsten<br />

Grüßen auch noch einen Auftrag für Sie gegeben hat, den ich Ihnen aber nothwendig mündlich sagen<br />

muß; so bald es Ihnen also gefällig ist bitte ich Sie theurer freund mich zu besuchen ...“<br />

Beiliegend die erste Seite des Frankfurter Konversationsblatts vom 1.IX.1839 mit einem Artikel über<br />

Dorothea von Schlegel.<br />

220* SCHMIDT, Klamer, 1746 – 1824. E. Br. m. U. Halberstadt 20.VIII.1801. 2 S. 8 o . Leicht<br />

gebräunt, beschnitten. (300.—)<br />

An den Kriegsrat Karl Müchler in Berlin, der ihn um Beiträge für eine Publikation gebeten hatte.<br />

„...Vielleicht – ob Sie gleich die Mitte des August als einen terminum criticum angeführt haben – ists noch<br />

Zeit, den Unfug wieder gut zu machen. Auf dieß Vielleicht hin geb’ ich Ihnen für die Annalen d[es] Teutschen<br />

Parnasses einige Beiträge von mir selbst, von Maßlieben, von Kunze, von L. und ... von Beireis.<br />

Wenn Sie von den letzten eines oder das andre aufnehmen, so würd’ es mir lieb seyn, wenn Sie die Güte<br />

hätten, zu seiner Zeit, für ihn, für Maßlieben und für mich selbst, mir drey Ex. der Annalen zugehen zu<br />

lassen ...“<br />

105


I. LITERATUR<br />

„Reden Sie zu mir wie zu einem Freunde“<br />

221* SCHNITZLER, Arthur, 1862 – 1931. 26 Autographen: 8 e. Br. m. U., 3 Br. m. U., 13 e.<br />

Postkarten m. U. und 2 Postkarten m. U. Wien, Semmering u. o. O. 1.VII.1912 bis 17.II.1927<br />

u. o. D. 19 1 ⁄2 S. folio bis kl.-8 o sowie die Karten. Vereinzelt leicht fleckig. Kleine Rand- und<br />

Faltenrisse. Textverlust bei den meisten Postkarten (und 2 Briefen) durch Ausrisse der Briefmarken.<br />

Mit 9 Umschlägen. (3.000.—)<br />

Bedeutende Brieffolge an den Wiener Psychoanalytiker Theodor R e i k über beider Schaffen. Reik, ein<br />

Schüler Freuds, nutzte als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage für eine literaturkritische<br />

Studie; nach seiner Emigration gründete er in Amerika die „National Psychological Association for Psychoanalysis“.<br />

Wien 20.VI.1913. „... Ich habe [Samuel] F i s c h e r gegenüber von Ihrem projektierten Buch über mich<br />

Erwähnung getan und aus seiner Antwort entnehme ich, dass es ihm nicht unwillkommen wäre, in das<br />

Manuscript Einsicht zu erhalten. Ob er das Buch nehmen wird erscheint freilich fraglich, einen Versuch<br />

ist die Sache wohl wert ...“ – Reiks Buch „Arthur Schnitzler als Psycholog“ erschien 1913 bei S. Fischer<br />

in Berlin.<br />

31.VII.1913. „... Ihre Absicht, mir Ihr Buch über mich zu widmen, ehrt mich sehr, aber ich frage mich, ob<br />

es nicht schon dadurch, daß es mich behandelt, mir gewidmet ist und eine officielle Zuschreibung gewissermaßen<br />

tautologisch wirken müßte? Im übrigen, fragen Sie vielleicht einen Vertrauensmann, ev. den<br />

Verleger, – und entscheiden Sie ganz nach Gutdünken; für mich bleibt das wesentliche und erfreuliche,<br />

daß Sie sich in so tiefer Art mit meinen Arbeiten beschäftigen, – und wenn ich auch manchmal nicht Ihrer<br />

Meinung bin, – und es wahrscheinlich noch manchmal nicht sein werde, – unsre wenigen Unterhaltungen<br />

gehören für mich zu den wertvollen Erinnerungen des letzten Jahrs ...“ – Reik widmete sein Werk<br />

„Arthur Schnitzler als Psycholog“ seinem „verehrten Lehrer“ Sigmund Freud.<br />

Wien 11.IX.1914. „... Ihr Artikel über meine kriegerische Poesie ist mir höchst erfreulich gewesen; daß<br />

man in diese ungeheure Zeit hinein gehört, auch ohne in der Front zu stehen, ja selbst ohne aus dem<br />

Pressequartier zu telegrafiren, – hat man ja irgendwie gefühlt; aber es in so hellen Worten ausgesprochen<br />

zu sehen, gibt noch bessere Sicherheit. Heute hat mir Frau S. Fischer den Artikel geschickt; er<br />

muß überall gefallen ... Nun aber nehmen Sie mir bitte die Frage nicht übel, die ich schon ein voriges<br />

Mal andeutungsweise niederzuschreiben mir erlaubte: – kann ich mich Ihnen in irgendwelcher directen<br />

Weise zur Verfügung stellen? Reden Sie zu mir wie zu einem Freunde, – ich fühle ja daß Sie der meine<br />

sind ...“ – Wohl als Reaktion auf Reiks Artikel „Der Krieg bei Arthur Schnitzler“, der am 7. September<br />

im „Berliner Tageblatt“ erschienen war.<br />

Wien 3.IV.1919. „... vielen Dank für die … Übersendung Ihres B [ e e r ] H [ o f m a n n ] -Büchleins …<br />

erfreulich in seiner Klarheit, wohltuend in seiner Wärme ...“ – Reiks „Das Werk Richard Beer-Hoffmanns“<br />

erschien 1919 bei Löwit.<br />

Wien 30.III.1924. „... wenn Sie mir das S p e c h t -Buch recht bald einmal zurücksenden könnten wäre<br />

ich Ihnen sehr dankbar ...“ – Der mit Schnitzler befreundete Schriftsteller Richard Specht hatte seine<br />

Studie „Arthur Schnitzler. Der Dichter und sein Werk“ 1922 bei S. Fischer veröffentlicht.<br />

Wien 2.XII.1924. „... Sie können sich wohl denken, wie viel mir selbst an der K [ o m ö d i e ] d [ e r ]<br />

V [ e r f ü h r u n g ] nicht behagt, dazu müssten Sie nicht einmal der Analyst sein, der Sie sind – aber daß<br />

sie Ihnen ‘gar nicht’ gefallen hat, glaub ich doch nicht recht – und irgend einmal werden Sie in Seraphine,<br />

Judith und Aurelie und zwischen ihnen, und über ihnen manches spüren, was Sie heute noch nicht<br />

spüren wollen (oder können? oder dürfen?) Die Scenen zwischen Aurelie – Falkenir sind mir nicht gelungen<br />

– und im Bau des 3. Aktes ist (nicht nur technisch) ein Riss, wie ein Sprung: – irgend einmal möcht<br />

ich Ihnen Skizzen aus Anfängen zu diesem Stück zeigen; es wird Sie interessieren (wie ja überhaupt bei<br />

neuen Sachen die Vorstadien merkwürdiger zu sein pflegen als die sogenannten ‘Werke’).<br />

Dass Ihnen die E l s e gefällt freut mich. Mir ist, als würde sie im ganzen ein wenig überschätzt. Vielleicht<br />

weil sie mir leichter geworden ist als so vieles andre ...“ – Die „Komödie der Verführung“ wurde<br />

am 11. Oktober des Jahres am Burgtheater uraufgeführt. Die Monolog-Novelle „Fräulein Else“ erschien<br />

ebenfalls 1924.<br />

Erwähnt u. a. Franz Werfel.<br />

106


I. LITERATUR<br />

Nr. 221 Arthur Schnitzler<br />

107


I. LITERATUR<br />

222* SEIDEL, Heinrich, 1842 – 1906. Eigenh. Manuskript, mit zweimaligem Namenszug<br />

auf dem Titel. 112 foliierte S. gr.-8 o (nur die Vorderseite beschrieben, verso mit Stempel: „H.<br />

Seidel“) und 1 Einschubzettel. In einem für Stefan Zweig angefertigten Halblederband mit<br />

goldgeprägtem Decken- und Rückentitel. Leicht berieben. (800.—)<br />

„ Eva. Eine Erzählung von Heinrich Seidel. “ – Druckvorlage der in neun Kapitel gegliederten<br />

Erzählung. Mit zahlreichen Streichungen in Blaustift, vereinzelt mit Satzanweisungen. Beginnt:<br />

„1. Wenn die Linden blühn. / Es war ein schöner stiller Abend am Ende des Juni. In den zahlreichen<br />

Fabriken, welche vor dem Thore lagen, wurden die Feuer der Dampfkessel gelöscht, und hier und da<br />

stieg aus den thurmhohen Schornsteinen eine schmale schwarze Rauchsäule in den reinen Himmel.<br />

Allmälig legte sich das unablässige Tagesgeräusch dieser Gegend, das helle schmetternde Tönen der mit<br />

dem Meißel bearbeiteten Schienen und Träger, das Gewehrsalven ähnliche Knattern der Nietkolonnen<br />

und das taktmäßige dumpfe Schüttern der Dampfhämmer. Dann schlug eine grell tönende Uhr irgendwo<br />

sieben und bald darauf kam von allen Seiten, aus Nähe und Ferne das Bimmeln von Glocken, welche die<br />

Feierabendstunde kündeten ...“<br />

Die 1886 entstandene Erzählung erschien erstmals 1888 zusammen mit drei weiteren Erzählungen unter<br />

dem Gesamttitel „Die goldene Zeit“. Der vorliegende Text weicht nur geringfügig vom Druck ab; die im<br />

Manuskript gestrichenen Stellen (etwa 1/4 des gesamten Texts) sind unveröffentlicht.<br />

Aus der „Sammlung Stephan Z w e i g “ (die fast vollständig ausradierte Sammlungsangabe am Fuß des<br />

Vorderdeckels); die Stempelung der Rückseiten geht auf Zweig zurück. Auf dem vorderen Spiegel Exlibris<br />

der Bibliotheca Elversiana.<br />

223 SHAW, George Bernard, 1856 – 1950. E. Br. m. U. „G. Bernard Shaw“. Gloucester<br />

14.VIII.1909. 1 1 ⁄2 S. gr.-8 o (Faltbrief). Mit gedruckter Photographie der Kathedrale von Gloucester<br />

am Kopf. Kleine Faltenrisse ausgebessert. (800.—)<br />

An Florence Routledge in Campden, die Frau des englischen Theaterschriftstellers St. John Hankin, der<br />

im Juni des Jahres nur 39-jährig verstorben war. Die Witwe hatte Shaw bei der Suche nach Übersetzern<br />

ins Schwedische und Norwegische um Hilfe gebeten.<br />

„... I am told that Miss E. is a Swedish American who knows neither language, and whose translation of<br />

Kennedy’s ‘Servant in the House’ (very successful in America) failed badly, owing, my informant thought,<br />

to the demerits of the translation ... The Swedish translator is Hugo Vallentin, whose translations of my<br />

plays have been very succesful. He knows the 3 Plays whith Happy Endings; and I have been trying to<br />

induce him to try his hand on them. But as he can get very good terms for my plays after the success of<br />

M a n & S u p e r m a n , he naturally prefers to work at them until he has translated them all.<br />

Norwegian is a different language from Sweden. It covers Denmark, but not Stockholm; and anybody<br />

who professes to do both probably intends to do neither ...<br />

My Norwegian translator, a young man, is Jens Martin Borufs ... He might possibly be induced to try his<br />

hand, like Vallentin, when the Shaw supply fails. But of course it would be better to find somebody not<br />

thus proeccupied, and equally keen & capable ...“<br />

108


I. LITERATUR<br />

224 — E. Br. m. U. „G. Bernard Shaw“. London 11.XII.1924. 3 ⁄4 S. quer-8 o . Mit gedrucktem<br />

Briefkopf. (300.—)<br />

An einen Schriftsteller, der ihm ein Buch gesandt hatte.<br />

„... It was very kind of you to send me this book; but I send it back because I already possess a purchased<br />

copy, and I know by experience as an author how convenient spare copies are to the artist and how completely<br />

they are wasted on anyone else – unless for making a present of a present, which is hardly fair ...“<br />

225* — E. Billett m. U. „GBS“ auf einem Postkarten-Vordruck. London 21.I.1939. Schwache<br />

Knickspuren an einer Ecke. (200.—)<br />

An den österreichischen Journalisten Egon Michael Salzer, seit 1929 London-Korrespondent des Prager<br />

Tagblatts und anderer Zeitungen.<br />

„I know no more than you do about A. R. P. I have only just been told that there are gas masks in the<br />

house. I have not tried them on.<br />

As to the unemployed &c &c, my charge for answering would run into four figures.“<br />

Am Kopf ein der Abschreckung von Journalisten dienender achtzeiliger Aufdruck: „Mr. Bernard Shaw ...<br />

is willing, when time permits, to answer written questions when they happen to be interesting as current<br />

news and can be answered in twenty words or less ...“<br />

226 SPYRI, Johanna, geb. Heusser, 1827 – 1901. E. Br. m. U. Zürich 19.III.1884. 3 S. 8 o . Mit<br />

Umschlag. (350.—)<br />

An Ursulina Camenisch in der Villa Bondier in Suna am Lago Maggiore, wo Johanna Spyri mehrfach ihre<br />

Ferien verbracht hatte.<br />

„... Heute muß ich Ihnen einmal wieder einen kleinen Besuch machen u. Ihnen ein wenig erzählen, was<br />

bei uns vorgeht. Viel lieber, als auf dem Papier, träte ich aber lebendig u. persönlich bei Ihnen ein, recht<br />

durch den Garten, wo gewiß jetzt der ganze Boden mit Immergrün u. Veilchen bedeckt ist ... Wie wundervoll<br />

wird es jetzt erst auf dem Monterosso sein ... Daß ich nicht einmal mehr dort hinauf kommen sollte,<br />

das kann ich noch nicht verwinden ... Einmal will ich doch noch hinauf ...“<br />

Ferner über die schwere Erkrankung ihres Sohnes. „... Sie können sich denken wie froh ich über diese<br />

sonnigen Tage bin für meinen Patienten. Jeden Tag machen wir nach Tisch einen längern Gang zusammen,<br />

der ihm gut thut u. ihn freut. Aber der Appetit ist noch nicht wiedergekommen ...“ – Auf der vierten<br />

Seite eine nochmals unterschriebene eigenh. Nachschrift an einen ebenfalls in der Villa lebenden Vetter<br />

der Adressatin („Herr Reichmann“).<br />

Bernhard Diethelm Spyri, das einzige Kind von Johanna und Bernhard Spyri, starb 29jährig am 3. Mai<br />

an Tuberkulose; ihr Mann Bernhard starb im Dezember.<br />

109


I. LITERATUR<br />

„l’atroce tyrannie des infames jacobins“<br />

227* STAËL-HOLSTEIN, Anne Louise Germaine, Baronne de, geb. Necker, 1766 – 1817.<br />

E. Br. m. U. „Necker B ne Stael de Holstein“. Coppet 4.XI.1793. 1 3 ⁄4 S. 8 o . Mit Adresse. Nadelspuren<br />

am linken Rand. (2.000.—)<br />

Früher Brief aus der ersten Zeit ihrer Emigration an den französischen General und Politiker Alexandre<br />

comte de L a m e t h in der Festung Magdeburg, dem sie Trost zuspricht. – Lameth war mit Lafayette einer<br />

der vier Staatsgefangenen, die im Vorjahr bei ihrer Flucht aus dem revolutionären Frankreich von den<br />

Österreichern festgesetzt worden waren und sich nun in preussischem Gewahrsam befanden. In Frankreich<br />

wütete der Terror; drei Wochen zuvor war Marie Antoinette hingerichtet worden.<br />

„Depuis un an que mes pensées sont sans cesse attachées à votre sort, c’est la première fois que je concois<br />

et de l’espoir et celui de vous faire arriver une lettre il me semble que nous pouvons nous flatter d’être<br />

moins malheureux il a du parvenir au roi“ (König Friedrich Wilhelm II.) „de tous les coins de l’univers<br />

que la destinée de ses quatre prisonniers intéressoit tout ce qui pense et que leur malheur effrayoit tellement<br />

la partie saine de la France que la résistance aux armes étrangères s’en augmentoit extrèmement<br />

– tous nos amis communs pensent sans cesse aux 4 illustres captifs de Magdebourg ceux qui sont retenus<br />

en France sous l’atroce tyrannie des infames jacobins se portent encore bien, mais leurs regrets sont tous<br />

consacrés à vos peines ...“<br />

Lameth teilte noch zwei weitere Jahre mit Lafayette die Gefangenschaft in Glatz, Neisse und Olmütz.<br />

Aus der Sammlung Rötger, mit dessen rötlicher Beschriftung am Kopf.<br />

228 — 2 eigenh. Briefe, einer davon m. U., und 1 e. Schriftstück m. U. Auxerre 23.V.1806,<br />

Lausanne o.D. und o. O. u. D. 3 S. gr.-8 o bis 8 o . Ein Brief mit Blindsiegel und Adresse (etwas<br />

fleckig, linker Rand Spuren alter Heftung). (350.—)<br />

Die Briefe:<br />

O. O. u. D. „A Monsieur du Buc“, wohl in Finanzangelegenheiten. „je suis très reconnaissante de vos<br />

soins Monsieur ... et je dois vous prévenir qu’ayant causé hier avec mon oncle je suis plus convaincue<br />

que jamais que ce que j’ai imaginé est le nec plus ultra de mon crédit ...“<br />

Lausanne o.D. An einen Herrn, eine Verabredung betreffend. „me trouverez vous bien indiscrette ... si<br />

je prends la liberté de vous dire que je désire de causer avec vous – aujourd’hui je serai chez moi de 4 à<br />

cinq heures ...“<br />

Das Schriftstück:<br />

Zahlungsanweisung an ihren Notar Fourcault de Pavant über „vingt cinq Louis à M r Lucet“.<br />

Beiliegend ein e. Br. m. U. ihres Vaters Jacques N e c k e r, seine Korrespondenz betreffend (1801), ein<br />

Schriftstück m. U. ihres Ehemanns, des schwedischen Diplomaten Erik Magnus Staël von Holstein (1787)<br />

und ein e. Br. m. U. ihres ältesten Sohnes Auguste de Staël-Holstein (1822).<br />

229* STEVENSON, Robert Louis, 1850 – 1894. E. Br. m. U. Edinburgh 17.II.1873. 1 1 ⁄3 S. gr.-<br />

8 o . Stellenweise leicht gebräunt, minimale Einrisse. (1.200.—)<br />

An einen Herrn wegen einer Zusammenkunft, an der er aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen<br />

könne.<br />

„... I regret that owing to the lateness and inconvenience of the meeting, my health will prevent me from<br />

being present. May I request that you will do nothing definitive in my absence? May I also ask you to<br />

choose an hour and place more suitable for an invalide in the future? ...“<br />

Stevenson litt an Tuberkulose und hatte Zeit seines Lebens eine schwache Konstitution.<br />

110


I. LITERATUR<br />

„es hätte mir das Herz gebrochen“<br />

230 STIFTER, Adalbert, 1805 – 1867. E. Br. m. U. Kirchschlag 21.XI.1865. 1 S. 4 o . Etwas<br />

fleckig, Oberrand beschnitten; verso Montagespuren. Mit lose beiliegender ausgeschnittener<br />

Adresse. (3.000.—)<br />

An seinen Freund und Verleger Gustav Heckenast in Pest wegen des Drucks des zweiten Bandes seines<br />

Romans „ Wi t i k o “ . Stifter entschuldigt sich für eine Kosten verursachende Textänderung, die er vertragswidrig<br />

noch in der Umbruchkorrektur vorgenommen hatte.<br />

„... Ich habe auf der Seite 70 des 5t. Bogens von ‘Witiko’ II unsern Vertrag gebrochen. Sei nicht böse. Ich<br />

konnte die elende berichterstattende Stelle nicht ansehen, die da statt der lebendigen That steht, es hätte<br />

mir das Herz gebrochen. Die Sache ist am Ende eines Absazes, u. die neuen Worte haben um 19 Buchstaben<br />

mehr, was sehr gut angeht. Du weißt, ich habe im 1t. Bande nicht viel herum gewirthschaftet, u.<br />

werde es in diesem auch nicht thun. Lasse mir diese Stelle durchschlüpfen.<br />

Adressire die nächsten Bogen nach Kirchschlag bei Linz, da lebe ich jezt auf einem Berge über den Winter<br />

3000’ hoch ...<br />

... Mir geht es gut, ich bin sehr thätig. Wie Du aus diesem Blatte siehst, habe ich kein Briefpapier ...“<br />

Duch wiederholte Unterbrechungen der Arbeit bei hohen Abschlagszahlungen auf das Honorar hatte<br />

Stifter die Geduld des Freundes aufs Äußerste beansprucht.<br />

„eine fürchterliche Arbeit“<br />

231 — E. Br. m. U. Linz 26.IV.1867. 1 S. gr.-4 o . Schwach fleckig, etwas beschnitten.<br />

(4.000.—)<br />

Neun Monate vor seinem Tod an denselben, dem er vor seiner Abreise nach Karlsbad die Fertigstellung<br />

des „ Wi t i k o “ meldet. Der Abschluss des großen Werks gibt dem Dichter Anlass zu einem Blick auf sein<br />

Leben und Schaffen.<br />

„... Der Schluß des Witiko machte mir eine fürchterliche Arbeit, die ich im Entwurfe nicht ahnte. Das<br />

hohe Bild des ‘Rothbart’ sollte da stehen, u. doch den Hauptton nicht überschreien. Ich habe gearbeitet,<br />

wie ein Pflugstier. Fast alle Quellen jener Zeit in ihrem wunderlichen Latein lagen um mich herum, ich<br />

ertrank beinahe in der Fülle der Thaten. Sie sollten dem künstlerischen Zweke dienen, u. doch in ihrer<br />

Größe selbstständig sein. Der Geschichtsmann wird in einer Zeile erkennen, welche Quellenarbeit in ihr<br />

liegt, der andere Leser kaum, die meisten gewiß nicht. Troz der Gedrungenheit wird der Band 2 Bogen<br />

mehr haben als der 2te. Es dürften noch bei 9 Bogen für den Druk an Handschrift bei mir liegen. Heute<br />

Abends wird endlich der letzte Tropfen aus dem Eimer rinnen. Einen halben Bogen täglich kann ich dann<br />

in Karlsbad durchfeilen, u. werde dir dann jeden Bogen sogleich senden. Wie gerne hätte ich dieses Werk<br />

vor Karlsbad von mir gehabt, ich habe mich diesen Winter angestrengt wie nie; es ging aber nicht anders.<br />

Mein Kopf ist aber fast wüst, u. die Reisetage werden ihm wohl thun ...<br />

Von der Dummheit u. Schlechtigkeit der Zeit habe ich meine Augen abgewendet, ich lese keine Zeitung<br />

mehr, u. so finde ich meinen Gott wieder in seiner Schöpfung. Ich suche meine Pflicht auf meinem Felde<br />

zu erfüllen, u. werden die Deutschen durch meine Schriften etwas höher u. körniger, so habe ich auch<br />

meine Bürgerpflicht gethan. Könnte ich vielleicht ein Kleines in der Öffentlichkeit wirken, so wäre ich<br />

wahrscheinlich dort u. in meinen Schriften zugleich unzulänglich. Daher lieber Eins mit aller Kraft, die<br />

mir Gott gegeben ...“<br />

Siehe die Abbildung auf Seite 113.<br />

111


I. LITERATUR<br />

„Ihr Ende war der Triumpf der Religion“<br />

232* STOLBERG-STOLBERG, Christian Graf zu, 1748 – 1821. E. Br. o. U. (Schluss fehlt).<br />

Kopenhagen 18.I.1771. 4 S. 8 o . Zweiseitiger Schwarzschnitt. (600.—)<br />

An seinen Hainbund-Bruder, den späteren Theologen und Schriftsteller Johann Martin M i l l e r, über<br />

den Tod seiner Mutter Charlotte Friederike Christiane zu Stolberg.<br />

„... meine Mutter, ach! die hab’ ich verloren! Ich glaube es Ihnen oft gesagt zu haben, daß ich die beste<br />

zärtlichste Mutter aller Mütter hätte, daß Sie meine vertrauteste Freundin sey, und daß Sie mich mit<br />

einer grenzenlosen Liebe liebte; die verlohren zu haben, die mich unter ihrem Herzen getragen, mit ihren<br />

Brüsten gesäugt hat, und der von meiner stammelnden Kindheit an, meine ganze Zärtlichkeit gewidmet<br />

war ...<br />

Ihr Ende war der Triumpf der Religion. Sie hätten sehen sollen mit welcher Ruhe, mit welcher Heiterkeit<br />

sie den Tod, den Sie wünschte, ohne sich darnach zu sehnen, heran nahen sahe: Wir waren nicht bey<br />

ihrem Tode zugegen, weil Sie uns den Schmerz, die beste Mutter sterben zu sehen, ersparen wollte ...“<br />

Nach dem frühen Tod des Vaters hatte Charlotte Friederike Christiane zu Stolberg mit ihrem an dem<br />

bürgerlichen Ideal des Freundschaftsbundes und ihren an schöngeistigen und religiösen Themen ausgerichteten<br />

Erziehungsstil maßgeblich die Entwicklung ihrer Kinder geprägt.<br />

233* STOLBERG-STOLBERG, Friedrich Leopold Graf zu, 1750 – 1819. E. Br. m. U. „à la<br />

campagne près Münster“ 7.VII.1807. 3 1 ⁄4 S. 4 o . Mit Siegelrest und Adresse. (800.—)<br />

Aus der Zeit der Kontinentalsperre an den ihm befreundeten Schweizer Geologen und Mineralogen<br />

Jean-André Deluc, „Lecteur de Sa Majesté / la Reine de la Grande Bretagne“ (Sophie Charlotte von<br />

Mecklenburg-Strelitz) in Windsor, mit dem er sich über religiöse Fragen austauscht.<br />

„... Je me borne aujourdhui à vous dire, mon excellent ami, que dans le fond nous sommes absolument<br />

du même avis. Je ne me sers jamais de l’expression religion naturelle, le mot de religion supposant une<br />

révélation, soit vraye ou fausse. Je crois que tout ce que la raison ... c’est l’existence de Dieu, manifestée<br />

par l’existence de la nature, et par l’ordre admirable qui cy trouve ...<br />

Toutes les religions, les fausses come la vraye, désirent de la tradition. Les saintes écriturs les ont conservées<br />

et fixées dans toute leur pureté. Toutes les autres traditions sont disjecti membra poetae ... En<br />

otant l’incrustation que des matiérs étrangèrs ont formées autours de ces ossemens épars, et en les rassemblant,<br />

on parvient presque à rétablir le Squélette de ce corps admirable que la vraye religion nous<br />

pésente dans toute sa vigeur et dans toute sa beauté.<br />

Après avoir la Votre lettre ... je me suis d’autant plus félicité de la route que j’ai pris dans mon ouvrage<br />

des son commencement, car je me suis attaché à prouver qu’en dépouillant les mythologies de tous les<br />

peuples, de ce qui les distinque l’une de l’autre ...“ – Ferner über seine Familie: „... J’ai 14 enfans en vie,<br />

dont 12 sont avec nous dans la maison. J’en ai trois dans le ciel ...“<br />

112


I. LITERATUR<br />

Nr. 231 Adalbert Stifter<br />

113


I. LITERATUR<br />

„cette juste et sainte guerre“<br />

234* — E. Br. m. U. Hannover 19.X.1814. 3 S. 4 o . Mit papiergedecktem Siegel und Adresse.<br />

Tinte leicht durchschlagend. (600.—)<br />

Ebenfalls an Jean-André Deluc, dem er seine Freude darüber ausdrückt, dass sich die Zeitungsmeldung<br />

von dessen Tod als falsch herausgestellt hat; der Brief ist getragen vom Hochgefühl über den Frieden von<br />

Paris, der Napoleons Vorherrschaft in Europa beendet hatte.<br />

„... Quelle fut ma surprise d’apprendre que Vous vivez, que Vous Vous occupez toujours de Vos travaux<br />

méritoises et importans, qu’avec une tète toujours fraiche, avec des yeux que l’age n’a pas altèré ... Vous<br />

conservé ... toute la force de l’esprit, et la chaleur d’un coeur, si tendre pour vos amis ...<br />

J’ai quitté Munster, et depuis quelques ans je me suis établi à une campagne de la comté de Ravensberg,<br />

ou je file des jours tranquilles et heureux avec ma femme et mes enfans ...<br />

Still I have hope my latest hours to crown / Amidst some humble bowrs to lay me down, / To husband<br />

out life’s taper to the close, / And keep the flame from wasting by repose“ (nach Oliver Goldsmith: The<br />

deserted village).<br />

„Le bonheur domestique, les douceurs d’une vie champètre ... me faisoient souvent oublier les malheurs<br />

du tems, quand il a plu à Dieu de renouveller la face de la terre et de nous rendre témoins de ces évènemens<br />

glorieux, qui ont brisés nos fers, qui ont rétabli l’honneur de l’allemagne et de tout de continent<br />

... Vous ne reconnoitriez plus l’allemagne si vous la voyiez à présent. Nos souverains, nos armées, nos<br />

peuples, rendent gloire à qui Seul gloire est due ... / Mes trois fils ainéz et mes deux gendres ont porté les<br />

armes dans cette juste et sainte guerre ...“<br />

235 STORM, Theodor, 1817 – 1888. E. Albumblatt m. U. „Berlin, sonst Hademarschen“<br />

4.V.1884. 1 S. quer-gr.-8 o . Kleiner Faltenriss alt hinterlegt. Mit Umschlag (durch Aufreißen<br />

beschädigt). (1.200.—)<br />

Für die Hofschauspielerin (Marie) Barkany (1862 – 1928) in Berlin.<br />

„Und war es auch ein großer Schmerz,<br />

Und wär’s vielleicht gar eine Sünde,<br />

Wenn es noch einmal vor Dir stünde,<br />

Du thätst es noch einmal, mein Herz.<br />

Zur Erinnerung an den / 4 Mai 1884 / ThStorm.“<br />

114


I. LITERATUR<br />

236* — E. Br. m. U. Weimar 12.V.1886. 1 S. 8 o . Einriss in Bugfalte ausgebessert. (400.—)<br />

An einen Bekannten, den er von seinem Kommen unterrichtet.<br />

„... Wenn es Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin genehm ist, möchte ich mich mit meiner Tochter auf nächsten<br />

Sonntag zum Mittag bei Ihnen anmelden. Wir werden mit dem Zug, der bei Ihnen zwischen 11 1/2 u.<br />

11 3/4 U. anlangt, erscheinen ...“ – „Veranlassung der Reise war, meine Elsabe nach Weimar zu bringen,<br />

um sie ein Jahr lang ihr Clavierspiel vervollständigen zu lassen“, schrieb Storm am 4. Juni an Heyse.<br />

237* STOWE, Harriet Beecher, 1811 – 1896. E. Br. m. U. „H. B. Stowe“. Hartford, CT<br />

10.X.1864. 3 ⁄4 S. 4 o . Schwache Montagespuren auf der Rückseite, minimale Läsuren im unteren<br />

Rand. In moderner Leinenmappe mit goldgeprägtem Rückenschildchen. (300.—)<br />

An einen Herrn, der um ein Autograph für ein Fundraising zugunsten der Soldaten und Seemänner der<br />

Nordstaaten im Sezessionskrieg gebeten hatte.<br />

„Dear Mr. Kennard / I never can think of any thing to write for an autograph – but if the expression of<br />

my most hearty interest in the cause of our brave soldiers & sailors can be of any use, accept it herewith<br />

…“<br />

Beiliegend eine Portraitphotographie Harriet Beecher Stowes in ganzer Figur (Visitformat, aufgezogen).<br />

238 STRINDBERG, August, 1849 – 1912. E. Postkarte m. U. „AugStrin“. Stockholm 6.III.<br />

1908 (Jahreszahl von fremder Hand). Tinte leicht verwischt. (250.—)<br />

An seinen Übersetzer, den Schriftsteller Emil Schering in Berlin, seine babylonischen Forschungen<br />

betreffend.<br />

„... Algyogi-Hirsch: Angebliche Vorkommen d. Jehova – Giessen 1903. 1,20. / Största Hammurabi-betens<br />

/ Allra mindre eger jag! / Detta väntas före Suppl. 2 ...“<br />

Strindberg kommentierte in „En ny blå bok“ (erschienen im Mai/Juni 1908) den sog. „Babel-Bibel-Streit“<br />

um Friedrich Delitzsch bzw. dessen These, dass die jüdische Religion und das Alte Testament auf babylonische<br />

Wurzeln zurückgingen. Ein Kapitel ist dem babylonischen König Hammurapi gewidmet. Den<br />

Aufsatz von Algyogi-Hirsch erwähnt er im Kapitel „Jehova-Cylindern avslöjad“.<br />

In „August Strindbergs Brev“ und „Briefe an Emil Schering“ nicht gedruckt.<br />

239 SUTTNER, Bertha von, geb. Gräfin Kinsky, Friedensnobelpreisträgerin, 1843 – 1914. 3<br />

Autographen: 2 e. Br. m. U. „Baronin B. Suttner“ und „Bertha v. Suttner“ und 1 e. Postkarte<br />

m. U. „B. Suttner“. Wien, Schloss Harmannsdorf und Abbazia 26.1.1899 (<strong>Poststempel</strong>), 7.III.<br />

und 31.X.1902. 2 S. kl.-4 o und 8 o sowie die Karte. Ein Brief mit bekrönten Initialen am Kopf.<br />

Die Karte leicht gebräunt und mit Knickspur. (250.—)<br />

Die Postkarte (1899). An Moritz Adler, einen Mitarbeiter ihrer Zeitschrift „Die Waffen nieder“. „... Was<br />

sagen Sie zum ‘Programm’? Weiss dass Sie damit ebenso wenig zufrieden sind wie ich. – Ich fahre jetzt<br />

auf ein paar Tage nach Berlin Friedenskreuzzug heizen ...“<br />

Die Briefe (1902). An Zeitungsredaktionen, die um „Photografien“ (31.X.) und um Beiträge gebeten<br />

hatten; „aber ich habe gerade so dringende Verpflichtungen noch im März zu absolvieren, dass ich gar<br />

keine neue eingehen kann ...“ (7.III.).<br />

Beiliegend ein e. Br. m. U. ihres Ehemannes Arthur Gundaccar von Suttner (Schloss Harmannsdorf<br />

1896); an einen Herrn, dem er „mit größtem Vergnügen ... meine Ansicht in extenso zur Verfügung“ stelle.<br />

– Als Pazifist hatte Suttner einen Verein zur Abwehr des Antisemitismus gegründet.<br />

115


I. LITERATUR<br />

240 TAGORE, Rabindranath, 1861 – 1941. Portraitpostkarte mit e. Namenszug auf der<br />

Bildseite. (250.—)<br />

Eindrucksvolle Aufnahme aus mittleren Jahren: Brustbild, en face.<br />

„kleine Vergnügen“<br />

241* THÜMMEL, Moritz August von, 1738 – 1817. E. Br. m. U. Leipzig 2.IX.1767. 4 S. folio.<br />

Leicht gebräunt und fleckig. Schmale Falzreste. (2.000.—)<br />

Früher Brief an seinen Freund Johann Gottlob Aulig (1728 – 1807) in Coburg, dem er – auf der Rückfahrt<br />

von einer Schlesienreise – begeistert von den kulturellen Vergnügungen berichtet, die Leipzig zu bieten<br />

habe, und die er an der Seite des Dichterfreundes Christian Felix We i ß e genieße.<br />

„... Ja ..., ich habe ihr schönes Vaterland gesehen!<br />

Durch O p i t z klahren Bach ging ich mit trokne[m] Fuß und in Dierenfort habe ich bey einigen sehr<br />

angenehmen Soupees auf der Oder heimlich Ihrer Gesundheit getrunken – Überhaupt haben mir meine<br />

Geschäfte mehr angenehme als widrige Augenblicke verschaft und mich in sehr liebe Bekanntschaften<br />

gebracht, worunter ich auch in voraus diejenigen zählen kann die ich auf der Michaelis Meße mit meinen<br />

Debitoren machen werde, welches bisher für mich eine ganz fremde Nation gewesen ist. Ich logire hier<br />

und eße auch bey meinem lieben Freund Weisen mit dem ich alle die kleinen Vergnügen theile, deren man<br />

sich hier die Menge machen kann; So bald es 5 schlägt laße ich alles liegen und gehe in die Commödie<br />

die itzt ausnehmend gut gespielt wird, worzu mein Weise sehr vieles beyträgt. Zeither ist besonders ein<br />

Stück von ihm, Romeo und Julie, gespielt worden das allgemeinen Beyfall erhält und das nach meinen<br />

Gedanken das stärckste Trauerspiel ist das jemals verfertigt worden ...<br />

Machen Sie doch Unserm lieben Erbprinzen“ (der spätere Herzog Franz von Sachsen-Coburg-Saalfeld)<br />

„tausend soubmisse und zugleich freundschaftliche Empfehlungen von mir; da ich seine Liebe zum Theater<br />

kenne so wünsche ich, so oft ich ein schönes Stück aufführen sehe daß er mit mir zugleich das Vergnügen<br />

genüßen könnte das einem vernünftigen und einem Mann von gutem Geschmack so anständig ist!<br />

Gestern sind die beyden jüngsten Prinzen des Churhauses von Lauchstädt hier angekommen. Heute früh<br />

habe ich ihnen meine Aufwartung gemacht und habe sie in die Mahler Accademie begleitet. Sie laßen<br />

heute auf den Abend den Codrus für sich aufführen und morgen die allerliebste comische Oper von Weisen<br />

Lottchen am Hof ... Meine Kenntniß der neuern Litteratur nimmt hier sehr zu – ich habe mir auch<br />

sehr viel neue Bücher gekauft – fällt Ihnen etwann Etwas ein, was mich in Coburg reuen könnte, es hier<br />

nicht gekauft zu haben, so erinnern Sie mich daran ...“<br />

Thümmel war damals Kammerjunker des Herzogs Ernst Friedrich von Sachsen-Coburg-Saalfeld.<br />

S e h r s e l t e n , besonders so früh.<br />

242* TIECK, Ludwig, 1773 – 1853. E. Br. m. U. Potsdam 3.VII.1847. 1 S. gr.-8 o . Schwach<br />

gebräunt und fleckig. Verso kleine Montagereste. (400.—)<br />

An den Kunstgelehrten Gustav Waagen, dem er die (mit Goethe befreundet gewesene) Malerin Julie<br />

Egloffstein empfiehlt.<br />

„... die Mahlerinn ein schönes Talent, übergiebt Dir dieses Blatt. Vielleicht kennst Du sie schon dem Nahmen<br />

nach. Sie entwickelte schon früh in Skitzen u. Gemälden eine beachtliche Anlage. Sie wünscht Dich<br />

zu kennen, u. um viele Sachen u. Angelegenheiten um Rath zu fragen. Ich weiß, Du wirst dem schönen<br />

Wesen von selbst Deiner Natur nach dienstwillig sein, Du kannst nicht anders ...“<br />

116


I. LITERATUR<br />

Nr. 241 Moritz August von Thümmel<br />

117


I. LITERATUR<br />

243* TIEDGE, Christian August, 1752 – 1841. E. Br. m. U. „Franzensbrunnen bei Eger“<br />

14.VI.1803. 4 S. 8 o . Etwas gebräunt. (300.—)<br />

Von einer Bäderreise an eine „theure verehrte Sängerin“ in Berlin.<br />

„... Alle Grazien, die sonst im Gefolge der schönen Natur zu seyn pflegen, scheinen die Fläche um<br />

Eger verlaßen zu haben ... Kaum würde ich es hier acht Tage aushalten, wenn nicht der Gebrauch des<br />

Brunnens mir so sichtbar wohltäte. Dieß Gefühl hält mich dann in etwas schadlos gegen den Eindruck<br />

der traurigen Einöde der Umgebungen. Die Gesellschaft der Badegäste worunter sich die Herzogin von<br />

Parma“ (Maria Amalia, geb. Erzherzogin von Österreich, 1746 – 1804) „befindet, ist nur klein ... Die Herzogin<br />

war kaum wenige Tage hier, so wurde sie krank; und man fürchtet, daß diese Krankheit eine Folge<br />

des ihr beigebrachten Giftes sey. Sie erzählte die Geschichte dieser Vergiftung selbst mit vieler Gemüthsruhe<br />

... Uebrigens lebe ich hier, wie ein Geist der die Erdenwelt verlaßen hat: so wenig vernehme ich von<br />

ihr. Keine Zeitung kommt bis hieher ... laßen Sie doch bald ein Paar Töne zu mir herüber flattern ...“<br />

Tiedge unternahm die Reise mit Elisa von der Recke, die er wenige Monate zuvor, nach über 20 Jahren,<br />

in Berlin wieder getroffen hatte und mit der er bis zu ihrem Tod 1833 zusammenlebte.<br />

„im Namen der Hungernden“<br />

244 TOLSTOI, Leo Graf, 1828 – 1910. Postkarte m. U. Moskau 5./17.IV.1892. Etwas fleckig,<br />

Knickspuren. (1.200.—)<br />

An den jungen Maler Paul Kämmerer in Stuttgart, der ihm Geld zur Unterstützung der Opfer der 1891<br />

in Russland ausgebrochenen Hungersnot geschickt hatte.<br />

„... ich ... danke herzlich dafür im Namen der Hungernden. Was die Erwiederung anbetrifft so habe ich<br />

noch nicht die Zeit gehabt sie durchzulesen, obgleich deren Inhalt mich lebhaft interessirt. Sobald ich<br />

Zeit dazu finde, werde ich ausführlicher antworten ...“<br />

245* — Portraitphotographie mit e. Namenszug „Leo Tolstoy“ auf dem weißen Unterrand.<br />

Atelieraufnahme. Postkartenformat. (1.200.—)<br />

Brustbild, Dreiviertelprofil nach rechts. – Die eindrucksvolle Aufnahme zeigt Tolstoi im Bauernkittel.<br />

118


I. LITERATUR<br />

245a* TUCHOLSKY, Kurt, 1890 – 1935. E. Schriftstück m. U. „N“. O. O. (von fremder Hand<br />

am Unterrand datiert: 23.II.1923). Bläuliches Papier. Lila Tinte. Montiert auf den Deckel eines<br />

Schächtelchens (ursprünglich das Innenteil einer Streichholzschachtel). Kleine Einrisse.<br />

(800.—)<br />

Geschenkkästchen (Deckel) für Mary Gerold, seine spätere Frau. „Wenn Sie wirklich lieben können, /<br />

Fräulein Gerold – / dann müssen Sie das hier richtig verstehen! – / N [ u n g o ] “ . Auf die vier Seitenteile<br />

des Deckels sind zusätzlich die Worte (pro Seite eines) geschrieben: „Band“ / „Ei pei! –“ / „Kinderwiege“<br />

/ und „Kettenkasten“. – In einem Brief Tucholsksy vom Vortag heisst es: „... Der Ring ist aus zweien<br />

entstanden ... Er ist natürlich nur für die Reise, weil das da reputierlicher aussieht. Nachher werfen wir<br />

ihn wieder weg ... Aber ich schlage vor: Er setzt ihn nie mehr ab ...“ („Unser ungelebtes Leben“).<br />

Beiliegend ein ebenfalls für Mary Gerold gedachtes Autograph: „Für Meli = / Nungo. / 1920.“ (Karton,<br />

15 × 5,5 cm, 2 Reisszweckenspuren, auf das Glas einer gerahmten Photographie Tucholskys montiert).<br />

Tucholsky hatte Mary Gerold während des Ersten Weltkriegs kennengelernt und nach einem Wiedertreffen<br />

1920, in zweiter Ehe, 1924 geheiratet. Er blieb ihr auch nach vielen Affären und der 1933 erfolgten<br />

Scheidung eng verbunden und setzte sie als Alleinerbin ein. Sie gründete nach dem Zweiten Weltkrieg in<br />

Rottach-Egern das Kurt-Tucholsky-Archiv.<br />

246 UHLAND, Ludwig, 1787 – 1862. E. Br. m. U. Tübingen 15.III.1850. 1 S. kl.-4 o . Größerer<br />

Einriss. Verso Montagespuren. Mit lose beiliegender Adresse (Ausschnitt). (200.—)<br />

An das Schultheißenamt Schörzingen wegen seiner Klage gegen den Zimmermann Joseph Anton Hauschel<br />

auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 36 Gulden.<br />

„... Da diese Frist fruchtlos abgelaufen ist und demnächst ein weiterer Jahreszins verfällt, so muß ich<br />

... um weitere gesetzliche Verfügung ... ersuchen ...“ – Auf der Rückseite die Antwort des Schultheißen<br />

mit Stellungnahme des Schuldners, der seine Zahlungsbereitschaft erklärt und um Aussetzung der „Exikution“<br />

bittet.<br />

119


I. LITERATUR<br />

247 VARNHAGEN VON ENSE, Rahel (Taufname ab 1814 Friedericke Antonie), geb. Levin,<br />

1771 – 1833. E. Br. m. U. (Berlin 28.VIII.) 1830. 3 S. gr.-4 o . Mit Adresse und <strong>Poststempel</strong>n.<br />

Kleine Rand- und Faltenrisse. Ausriss an der Siegelstelle (Textverlust). (800.—)<br />

An den Mediziner Johann Casper in Paris, dem sie begeistert und ausführlich über die Töchter ihrer<br />

Nichte Fanny Casper, die sie seit Juli betreute, berichtet.<br />

„G o e t h e n s G e b u r t s t a g 1830 ... bertha schon an meiner Seite im Wohnzimmer gekrochen – die läßt<br />

mich nicht aus ... blumen hat sie in der hand, u. küßt mich; ich sie auch ... Grüße Ältern von mir; flüstert<br />

Bertha. Ich habe mich nun entschloßen: und warum sollte ich’s thun!? ich gebe durchaus die Kinder nicht<br />

wieder heraus ... Ihr solltet sie Mal sehn! wie ihnen das régime bekommt. Bertha festes Fleisch; Elise<br />

rothe Zunge, u. wachsen; u. feste Lenden. Paule ganz entwikkelt, artig artistinn; u. königlichvergnügt.<br />

An 10-15 Lieder singen die 3. im Wagen ... wenn ich sage; je ne comprens pas l’allemand, je suis une<br />

françoise; elle répond: mais tu es la tante? ... Ich vergöttre sie ...“<br />

„evitez tous mes defauts“<br />

248 VOLTAIRE, François-Marie Arouet, genannt, 1694 – 1778. E. Br. m. U. „V-“. (Cirey)<br />

29.IV.(1739). 1 S. 4 o . Leicht gebräunt und fleckig, kleine Randläsuren. Vermerke am Kopf<br />

sowie kleine Textkorrekturen von fremder Hand. (4.000.—)<br />

An den damals 24-jährigen Philosophen Claude Adrien H e l v é t i u s , der ihm in seinem letzten Brief eine<br />

„nouvelle epitre“ angekündigt und über John M i l t o n geschrieben hatte; leider ließen seine Äußerungen<br />

erkennen, dass er Voltaires Gedanken über den Dichter nur aus einer schlechten Übersetzung seines<br />

„Essay on Epick Poetry“ kenne.<br />

„... vrayment vous me donnez de violents desirs. mais songez a la correction, aux liaisons, a l’elegance<br />

continue; en un mot evitez tous mes defauts. vous me parlez de milton. votre imagination sera peutetre<br />

aussi feconde que la sienne; je n’en doute meme pas, mais elle sera aussi plus agreable et plus réglée. je<br />

suis faché que vous nayez lu ce que j’en dis que dans la malheureuse traduction de mon essay anglais. la<br />

derniere edition de la H e n r i a d e qu’on trouve chez praut vaut bien mieux; et je serois fort aise d’avoir<br />

votre avis sur ce que je dis de milton dans lessay qui est a la suitte du poeme.<br />

you learn english, for ought I know, go on, your lot is to be eloquent in every language, and master of<br />

every science. I love, I esteem you, I am y[ou]r for ever ...“<br />

1737 war bei seinem Verleger Prault (mit der Druckangabe „London“) eine überarbeitete Fassung seiner<br />

„Henriade“ erschienen, die im Anhang eine französische Übersetzung seines englischen Essays von 1727<br />

enthielt. – Die Wertschätzung, die Voltaire dem jungen Philosophen entgegenbrachte, zeigt sich u. a.<br />

darin, dass er ihm einen Abschnitt seines „Discours sur l’homme“ widmete.<br />

Besterman Nr. 1997.<br />

249 — Schriftstück m. U. „F M Arouet de Voltaire“. Berlin 4.I.1752. 1 S. 4 o . Stempelpapier.<br />

Kleine Papierschäden. (1.600.—)<br />

Notarielle Urkunde. „François Marie Arouet de Voltaire gentilhomme ordinaire de Sa Majesté très<br />

Chretienne Chambellan de Sa Majesté Prussiene“ (Friedrich der Große) „et Chevalier de Son ordre du<br />

merite“ unterzeichnet ein von dem Berliner Notar Charles Humbert aufgesetztes Aktenstück, indem er<br />

André Guenifey in Paris zu seinem Generalbevollmächtigten ernennt. – Mit dem Notariats-Siegel Humberts,<br />

seiner Unterschrift und denen zweier Zeugen.<br />

Umseitig bestätigt Graf Richard François Talbot de Tyrconell, der französische Botschafter in Berlin, mit<br />

Siegel und Unterschrift die Echtheit des Notariatsaktes (Berlin 5.I.1752).<br />

Mit fremden Bearbeitungsvermerken (Paris 20.I.1752).<br />

120


I. LITERATUR<br />

Nr. 248 Voltaire<br />

121


I. LITERATUR<br />

(Voltaire)<br />

250 — Br. m. U., mit zwei kleinen e. Einfügungen und 5zeiliger e. Empfehlungsformel. O. O.<br />

8.I.1753. 2¾ S. 4 o . Mit schön gesiegeltem Umschlag. (3.000.—)<br />

An Jacques Emanuel R o q u e s , Hessen-Homburgischer Kirchenrat und späterer Pastor an der Französischen<br />

Kirche in Hameln. Rocques Freund, der Schriftsteller La Beaumelle, hatte eine gegen Voltaire<br />

gerichtetet Ausgabe von dessen „Siècle de Louis XIV.“ veranstaltet und, von M a u p e r t u i s gegen<br />

Voltaire aufgehetzt, behauptet, dass dieser ihn bei F r i e d r i c h d e m G r o ß e n verleumdet habe. – Im<br />

vorliegenden, neun Punkte umfassenden Brief listet Voltaire erzürnt die einzelnen Streitpunkte auf.<br />

„Pour répondre, Monsieur, à vos bontés conciliantes dont je suis très reconnaissant, et à la Lettre de<br />

Monsieur de la Beaumelle dont je suis très – surpris, j’aurai d’abord l’honneur de vous dire<br />

1°. Qu’ il est peu intéressant qu’il ait reçû trois ducats, comme vous me l’avez marqué, ou d’avantage<br />

pour l’ouvrage qu’il a écrit contre moi à Francfort.<br />

2°. Que quand il m’écrivit de Copenhague, sans que j’eusse l’honneur de le connaître, il datta sa lettre<br />

du château, et me fit entendre que le gouvernement l’avait chargé de l’edition des auteurs classiques<br />

français, et que Monsieur de Bernstoff secretaire d’Etat m’a écrit le contraire.<br />

3°. Que quelques jours après étant renvoïé de Copenhague, il m’envoïa de Berlin à Potsdam à ma requisition<br />

son Livre intitulé le qu’en dira-t-on, dans le quel il dit que le Roi de Prusse a des gens de Lettres<br />

auprès de lui par le même principe que les princes d’Allemagne ont des boufons et des nains.<br />

4°. Qu’il me promit de supprimer ce compliment et qu’il ne l’a pas fait.<br />

5°. Qu’il me reproche dans ce Livre d’avoir sept-mille écus de pension, et qu’il doit savoir à present que<br />

j’y ai renoncé aussi bien qu’à des honneurs que je crois inutile à un homme de Lettres, et que dans l’etat<br />

où je suis, il y a peu de generosité à persecuter un homme dont il n’a jamais eû le moindre sujet de se<br />

plaindre.<br />

6°. Qu’il est vrai que je lui donné des conseils sur quelques méprises où il était tombé et sur son étonannte<br />

hardiesse; qu’à la vérité il a suivi mes avis sur des faits historiques ... Il ose parler contre le gouvernement<br />

et l’aimée du Roi de Prusse. Il s’éléve contre presque toutes les puissances ... Je souhaite seulement<br />

qu’on pardonne á sa jeunesse, ou quil ait une armée de cent mille homme ...“ (Der letzte Halbsatz eigenh.<br />

angefügt).<br />

Nach drei weiteren Punkten ähnlichen Tenors endet der Brief: „... Voilà toute la réponse qu’il aura<br />

jamais de mois dans ce monde-ci et dans l’autre.“ Darunter eigenhändig: „jay lhonneur detre veritablement<br />

/ Monsieur votre tres humble et tres obeissant / Serviteur Voltaire. la maladie / peutetre mortelle<br />

que jay mempeche / de vous ecrire de ma main“.<br />

Besterman Nr. 4513.<br />

251* — E. Br. m. U. „V“. „aux Délices“ bei Genf 12.X.(1756).1 S. 8 o . Winzige Heftspuren.<br />

(4.000.—)<br />

Vom Beginn des Siebenjährigen Krieges an den Strassburger Postverwalter François-Louis Defresnay,<br />

von dem er sich Neuigkeiten vom Kriegsgeschehen erhofft.<br />

„Je me flatte mon cher correspondant que vous avez bien voulu donner cours a mes petites dépeches.<br />

ce serait aujourdui l’occasion d’écrire au Roy de prusse“ (Friedrich der Große). „autrefois il<br />

daignait m’informer de ses victoires. je ne scais si la grande bataille dont on parle est vraie. auriez vous<br />

quelque détail, s il y a une rélation voudriez vous me la faire parvenir jaimerais encor mieux que vous<br />

me parlassiez de vous. je vous emprasse de tout mon cœur V“<br />

In der Schlacht bei Lobositz hatten die Preußen am 1. des Monats das österreichische Heer unter Feldmarschall<br />

Browne geschlagen.<br />

Besterman Nr. 4588.<br />

122


I. LITERATUR<br />

„nicht nur in Nürnbergs schönen Zirkeln“<br />

252* WAGNER, Ernst, 1769 – 1812. E. Br. m. U. Meiningen 18.III.1808. 1 S. kl.-folio. Gering<br />

gebräunt. (300.—)<br />

An den Kunsthändler Johann Friedrich F r a u e n h o l z in Nürnberg.<br />

Er sei „so frey, anliegend ein Exemplar meines neuesten Werks“ (der 1. Band seiner „Reisen aus der<br />

Fremde in die Heimat“), „das ... der Stadt Nürnberg geweiht ist, mit der gehorsamsten Bitte zu übersenden,<br />

... es nicht nur in Nürnbergs schönen Zirkeln möglichst zu verbreiten, sondern auch dorten in solche<br />

Hände ... niederzulegen ..., die Ihrem Kunstfreundlichen Ermessen am schicklichsten zu Beförderung<br />

der Sache erscheinen.<br />

Ich bitte wegen meiner Zudringlichkeit um gütige Verzeihung, erbiete mich zu Gegengefälligkeiten jeder<br />

Art ...“<br />

Aus der Sammlung Künzel. – S e h r s e l t e n .<br />

253* WALSER, Martin, geb. 1927. Eigenh. Manuskript, nachträglich am Kopf signiert. 5 S.<br />

gr.-4 o . Auf der Rückseite von Ausdrucken geschrieben. Kugelschreiber. Mit Umschlag.<br />

(350.—)<br />

„Freundlicher als gedacht“. Aufsatz über Elias C a n e t t i , beginnt: „Als ich irgendwann um 1970 in<br />

London war, zu tun hatte für das Goethe-Institut, da kam Elias Canetti sozusagen auf mich zu und lud<br />

mich ein, ihn in den nächsten Tagen einmal zu besuchen. In Hampstead. Eigentlich glaube ich ja, solche<br />

Einladungen seien Teil der Höflichkeitsroutine, deshalb sage ich da zwar immer Ja, gehe aber nicht hin.<br />

Zu Canetti ging ich aber hin. Sein Einladungston hatte etwas Unliebenswürdiges. So spricht man nicht,<br />

wenn man es nicht anders meint ...“ – Gedruckt in „Akzente“ 1995 Heft 3.<br />

Beiliegend ein e. Gedicht: „Der graue Herbst entspricht mir sehr. / Im Nebel kann man schweigen lernen.<br />

/ Solang ich noch Stimmen hör, / werd ich mich entfernen.“ (Montiert; erschienen unter dem Titel<br />

„Rückzug“ in „Heilige Brocken“). Ferner beiliegend eine signierte Portraitkarte.<br />

254* WANGENHEIM, Karl August Freiherr von, württembergischer Minister; Vorkämpfer<br />

der Pestalozzibewegung, 1773 – 1850. 19 e. Br. m. U., teils „Karl“ oder „Karl W.“ Stuttgart,<br />

Tübingen, Frankfurt a. M., Coburg und a. O. 26.XII.1807 bis 8.XI.1842. Ca. 50 S. meist 4 o .<br />

Mit 3 Adressen. Leicht gebräunt, teilweise etwas fleckig, einzelne Briefe mit kleinen Schäden.<br />

– Dazu: (OSMUND), Emanuel, Kaufmann in Bayreuth, 1766 – 1842. 27 e. Briefentwürfe m. U.<br />

(meist verkürzt). Bayreuth 26.X.1807 bis 18.X.1842. Ca. 70 S. verschiedener Formate; zum<br />

Teil auf freie Seiten von Wangenheims Briefen geschrieben. Kleinere Defekte. (2.000.—)<br />

Inhaltsreiche Korrespondenz, überwiegend aus Wangenheims Stuttgarter Amtsjahren (bis 1811). Eine<br />

Vielzahl von Themen wird behandelt: literarische (kaum ein Brief ohne Erwähnung des Freundes J e a n<br />

Paul – „dem Gott immer hellen Himmel, Berge, Bier und einen Freund in der Nähe erhalten möge“,<br />

2.XII.1808), amtliche (ausführlich im Zusammenhang mit Wangenheims Entlassung als Minister – „stieß<br />

ich mit meinen Grundsätzen gegen den universellen, keinen zu haben u. zu befolgen“, 10.VIII.1811)<br />

und geschäftliche (Erwerb von Gütern durch Emanuel), vor allem aber der P e s t a l o z z i s c h e E r z i e -<br />

hungsgedanke.<br />

Hier Zitate aus dem achtseitigen Brief vom 22.X.1808. – Wangenheims Schützling, der Philologe und<br />

Violinist Paul Aemil Tieriot (1780 – 1831), dessen Unstetigkeit immer neuen Anlass zur Sorge gab, war zu<br />

Pestalozzi nach Yverdon gegangen; Wangenheim hatte ihn dort besucht und schildert seine Eindrücke:<br />

123


I. LITERATUR<br />

(K. A. v. Wangenheim)<br />

Sie wollen ... wißen, wie es mit der Ordnung, der Reinlichkeit und überhaupt mit dem äußern Menschen<br />

in der Yverdoner Anstalt aussieht? ... In den Stunden herrscht so viel Freiheit u. Bewegung als nur immer<br />

mit der eigenen u. fremden Aufmerksamkeit vereinbarlich ist. Diese Partie und die Aermlichkeit des<br />

Tischgeräths wird dem Fremden am unangenehmsten auffallen. Gegen jene Ungebundenheit in den Lekzionen<br />

läßt sich nichts einwenden, da die Erfahrung die Richtigkeit des Pest. Grundsatzes bewährt; daß<br />

in dieser Freiheit das Entwickeln u. Lernen besser gedeiht, als in einer Schulstube, wo die Aufmerksamkeit<br />

nicht durch Selbstthätigkeit der Schüler sondern durch die Strenge der Lehrer erhalten wird, eine<br />

Aufmerksamkeit, die dann nur scheinbar, eigentlich aber ein bloßes Hinbrüten ist. – Diese Aermlichkeit<br />

in den Speisegeräthschaften hingegen ist bloße Folge von Pestalozzi’s Armuth, vielleicht auch Folge eines<br />

zu spartanischen Sinnes ... Je beschränkter die blos thierischen Bedürfniße des Menschen, desto freier<br />

ist er selber. Das erkenne ich mit Pestalozzi an. Aber die Lust am klaren Waßer im zierlich geschnizten<br />

Becher erhebt den Menschen u. treibt ihn zur Thätigkeit. Der ästhetische Sinn schafft gesittete und erhält<br />

sittliche Menschen und erweitert den Kreiß ihres Einwirkens auf Andere zum Besten des Ganzen ...<br />

Danken Sie R i c h t e r für sein Denken an mich. Sagen Sie ihm und ihr, daß ich sehr befürchtet, meine<br />

Frau zu verlieren, daß sie aber (im Wildbad) genesen, daß uns 2 Mädchen und 2 Jungen die Köpfe<br />

warm lärmen, daß sie also gesund sind und daß wir Theil nehmen … an Ihren Eltern-Freuden. Woran<br />

arbeitet denn Richter so fleißig? – C o t t a warf mir, als ich ihn auf meiner Reise nach der Schweiz in<br />

Tübingen besuchte und wir über Richter sprachen und warm wurden, die Worte hin: ‘Wollte sich Richter<br />

unter gewißen Bedingungen hier oder in Stuttgart etabliren, ich würde ihm gern jährlich 200 Carolin<br />

bezahlen’. Ich habe die Worte lang mit mir herum getragen, nicht einig darüber: ob ich sie weiter geben<br />

sollte oder nicht? Nehmen Sie sie auf, ... u. halten Sie es für zuträglich, so sprechen Sie mit Richter und<br />

scheiben Sie ... an Cotta ...“ – Hierauf bezieht sich Jean Paul, als er am 23.XI.1808 an Emanuel schreibt:<br />

„Wangenheim ist ein Mann, auf den sich eine ganze Zukunft bauen läßt“.<br />

Erwähnt werden neben vielen anderen Baggesen, Benjamin Constant, Hardenberg, Herder, Therese<br />

Huber, Friedrich Heinrich Jacobi (über dessen Kontroverse mit Schelling, 1812), Johannes von Müller,<br />

Napoleon I. (u. a. 16.I.1814: „Unser größtes Elend war nicht Napoleon, sondern der Schleichhandel<br />

der unter seiner Firma geführt wurde“), Christian Georg Otto, Fürstin Pauline von Lippe-Detmold,<br />

Schlözer, Josef Schmid, Wilhelm von Türk, Ernst Wagner sowie die Könige Friedrich I. und Wilhelm I.<br />

von Württemberg.<br />

255* WEDEKIND, Frank, 1864 – 1918. E. Br. m. U. (Berlin) 29.XII.1896. 6 1 ⁄2 S. 8 o . Die drei<br />

letzten Seiten auf herausgelösten Blättern eines Notizbuches geschrieben. Gelocht (Verlust<br />

zweier Buchstaben). (600.—)<br />

Inhaltsreicher Brief an einen befreundeten Herrn, den er – stets in Geldnot – um ein Darlehen bittet.<br />

„… Meine Angelegenheiten gehen im übrigen nicht schlecht. Den E rd g e i s t hat die Reisenhofer“ (die<br />

Schauspielerin Maria R.) „‘umgearbeitet’ und, wie mir Petry sowol wie Block versichern, mit einer<br />

begeisterten Fürsprache Lauterburg eingereicht. Die J u n g e We l t holte ich vorgestern von Fulda<br />

zurück um sie Ihnen zu bringen. Im Lindencafé traf ich aber Lauterburg, der mich bat ihm das Stück<br />

auf zwei Tage zu überlassen ...<br />

… Im Monat Januar werden sich mir auch wieder andere Quellen in München aufthun, für den Fall<br />

daß ich Geld nöthig habe. Darf ich Sie bitten, Alles das in Betracht ziehen zu wollen. Ich habe jetzt noch<br />

ein drittes Stück ‘ F r i t z S c h w i e g e r l i n g ’ von München kommen lassen, das ich am Thalia Theater<br />

einreichen werde. Das Stück ist ein anspruchloser Schwank, völlig unliterarisch, das mir aber doch<br />

vielleicht, etwas abwerfen könnte. Den ‘ G r e i s e n F r e i e r ’ habe ich vor Langem erhalten aber noch<br />

keinen ‘ H ä n s e k e n ’ . Ich werde Sie morgen Nachmittag aufsuchen und bitte Sie nur darum, auch für<br />

den Fall, daß Sie nicht auf mein Ansinnen e[in]gehen können, mir darum nicht mit Unfreundlichkeit<br />

begegnen zu wollen …“<br />

124


I. LITERATUR<br />

256 WERFEL, Franz, 1890 – 1945. E. Namenszug mit Datum unter einem montierten Portraitdruck.<br />

15,4 × 12,1 cm. Verso Montagereste. (120.—)<br />

„Franz Werfel / Wien Nov. 1934.“<br />

257* — E. Postkarte m. U. <strong>Poststempel</strong>: Wien 12.XI.1937 (?). Leicht gebräunt. Kleiner Falzrest.<br />

(250.—)<br />

An den Arzt und Autor Erwin Pulay in Wien, nach Abschluss der Arbeit an seinem Roman „Höret die<br />

Stimme“.<br />

„... Sie haben mir mit Ihrem so tiefgründigen und tiefverstehenden Brief eine unendliche Freude bereitet.<br />

In dem Wirbel von Nicht-Begriffen-Werden, den ich erleben musste, hat mir Ihre geistige Deutung Kraft<br />

gegeben.<br />

Wie begierig bin ich jetzt, den Eindruck zu erfahren, den mein Buch ... auf Sie machen wird. Verzeihen<br />

Sie diese Egozentrik eines Autors, der im Übrigen die höchste Teilnahme für den Autor Pulay hegt ...“<br />

– Werfel hatte den Roman im April des Jahres – gegen den Willen seiner Frau Alma – abgeschlossen; die<br />

unterschiedlichen Positionen mündeten in eine Ehekrise.<br />

258 — E. Gedicht, nachträglich signiert. 1 S. gr.-4 o . Leicht fleckig, kleine Faltenrisse (ausgebessert).<br />

(800.—)<br />

„Vision von der Hirschkuh<br />

Jäger haben eine Hirschkuh erschossen,<br />

Sie sahen’s, gingen voll Scham davon,<br />

Weil sie einer Mutter Blut vergossen ...<br />

Und ließen sie liegen im Wald.<br />

Ich seh einen Hund, einen wilden großen,<br />

– Vielleicht ist’s ein Wolf, – mit lechzendem Maul<br />

Aus dem Dickicht der Lichtung stoßen.<br />

Die hängende Zunge zittert vor Gier ...“<br />

Es folgen drei weitere Strophen. – Mit Korrekturen Werfels in Blei- und Rotstift.<br />

259* ZACHARIAE, Friedrich Wilhelm, 1726 – 1777. E. Br. m. U. Braunschweig 4.V.1775. 2 S.<br />

kl.-folio. Mit papiergedecktem Siegel und Adresse. Etwas braunfleckig. (600.—)<br />

An den Kupferstecher Johann Friedrich Bause in Leipzig, dem er als Stichvorlage für „die Suite Ihrer<br />

schönen Geister“ sein von Ludolph Lafontaine angefertigtes Portrait übersendet.<br />

„... Ich sende Ihnen also ... dieses Stück an dem in Ansehung der großen Aehnlichkeit nichts auszusetzen<br />

ist, und daß an der Seite der Nase eine Erhöhung sich befindet, die zwar auch an meiner wirklichen Nase<br />

seyn mag, aber gewiß doch viel unmerklicher, als im Portrait. Daß der Arm, und also die ganze Zeichnung<br />

vom Körper ziemlich fehlerhaft ist, darf ich Ihnen wohl nicht erst sagen; ein so großer Zeichner<br />

und Künstler aber, wie Sie sind, wird diesem Fehler leicht abhelfen können.<br />

Sollten Sie sich entschließen, mich durch Ihren Griffel zu verewigen: so können Sie leicht glauben,<br />

daß mir solches zur wahren Ehre gereichen würde, und mir ein unendliches Vergnügen verursachen<br />

würde ...“<br />

125


I. LITERATUR<br />

260* ZOLA, Emile, 1840 – 1902. E. Br. m. U. Paris 5.II.1880. 2 ⁄3 S. gr.-8 o . Leicht fleckig.<br />

(350.—)<br />

An einen Herrn, der ihn aufsuchen wollte.<br />

„... Je serai très heureux de vous recevoir le jour qu’il vous plaira, excepté le samedi. Vous me trouverez<br />

toujours chez moi vers onze heures du matin ...“<br />

261 — E. Br. m. U. Grandcamp 9.IX.1881(?). 1 1 ⁄2 S. gr.-8 o . Mit breitem Trauerrand. Minimale<br />

Rand- und Faltenrisse. (400.—)<br />

An den Illustrator Hector Giacomelli, mit einer Einladung.<br />

„... Je suis désolé. Votre lettre m’arrive ici, au fond de la Normandie, et voilà que je ne puis vous écrire:<br />

Venez vite! Mais ne pouvons-nous remettre votre bonne visite au mois d’octobre? Vous viendriez déjeuner<br />

le jour qu’il vous plairait, en nous prévenant seulement la veille. Enfin, la maison vous est ouverte à<br />

deux battants.<br />

Ma femme me prie de vous dire qu’elle maudit les bains de mer, puis qu’ils nous empêchent de vous<br />

voir ...“<br />

262* — E. Br. m. U. Paris 18.IX.1893. 1 S. gr.-8 o . Unregelmäßig etwas gebräunt. Minimale<br />

Randläsuren. Linke obere Ecke scharf beschnitten. (350.—)<br />

An einen Kollegen wegen einer Verabredung in London.<br />

„... Tout va donc pour le mieux. Mais je craindrais d’être bousculé, si je vous donnais rendez-vous pour<br />

mercredi soir. Venez jeudi à neuf heures, à Savoy Hotel: nous pourrons causer tranquillement, car je<br />

ne sortirai qu’à dix heures moins un quart, je crois. – A la gare, Victoria Station, on nous ménage une<br />

réception, et nous ne pourrions absolument pas nous parler ...“<br />

Pestalozzis Anstalt<br />

263* ZSCHOKKE, Heinrich, 1771 – 1848. E. Br. m. U. Aarau 21.VII.1807. 1 S. 4 o . Mit papiergedecktem<br />

Siegel und Adresse. Randausriss an der Siegelstelle. (400.—)<br />

An seinen Freund, den Pfarrer Abel Théodore Guillaume Mäder (1765 – 1834) in Yverdon, der ihm Beiträge<br />

für seine „Miscellen für die neueste Weltkunde“ gesandt hatte.<br />

„Wo in aller Welt ... schwärmst Du umher? Ich glaubte, Du hütetest in bona pace Deine christliche Heerde<br />

in Mühlhausen, siehe, da stehst Du plözlich unter P e s t a l o z z i ’s Jüngern in Yverdün!<br />

Dank für Deine interessanten Beiträge zur Weltkunde. Da aber der Plan dieses Journals durchgehends<br />

historisch ist, so konnte ich bei dem lezten Brief durchaus nicht von dem, wo Du in den Geist der Methode<br />

eintrittst und mancherlei scientivische Details giebst, recht Gebrauch machen. Zudem liegt dem Publikum<br />

der Weltkunde, wozu selbst verschiedne Höfe Deutschlands gehören, mehr am Historischen der<br />

pestal. Anstalt in Yverdün, als an den Details der Methode. Auch wirkt das Historische besser.<br />

... Grüße mir herzlich Pestalozzi, Hofmann, Niederer u. s. w. ...“<br />

126


I. LITERATUR<br />

264* — E. Br. m. U. Aarau 24.VII.1835. 3 ⁄4 S. gr.-4 o . Mit papiergedecktem Siegel und Adresse.<br />

Leicht fleckig, kleine Randeinrisse. (350.—)<br />

An die „Balz’sche Buchhandlung in Stuttgart“ wegen der „Idee“ zu einem größeren Werk.<br />

„... Aber einige Jahre würden zur würdigen Ausführung derselben gehören. Ich weiß nicht, ob mir Muth<br />

und Musse genug bleiben zu solchem Unternehmen. Daher wag’ ich durchaus nicht, Ihnen ein Versprechen<br />

zu geben. Da mich aber mein Sohn in einigen Tagen besuchen wird, werd’ ich ihn noch einmahl<br />

dazu ermuntern und ihn, wenn er sich entschließt, denn an Kraft dazu gebrichts ihm nicht, nach aller<br />

Möglichkeit unterstützen ...“<br />

265 ZUCKMAYER, Carl, 1896 – 1977. E. Br. m. U. Saas-Fee 30.VII.1969. 1 S. folio. Auf seinem<br />

Briefpapier. Kleine Feuchtigkeitsspuren am Unterrand (Tinte verwischt und verblasst).<br />

(200.—)<br />

An den Schweizer Schriftsteller Bernhard von Arx in Zürich wegen eines Photo-Termins.<br />

„... Da ich soeben erst aus Berlin zurückgekommen bin, wo ich zum Schenktag des 20. Juli 1944 gesprochen<br />

habe, und im August zu den Musikfestwochen nach Luzern, dann zu einem Besuch nach Südtirol<br />

will, habe ich zunächst ... keine Möglichkeit, Sie und einen Photographen hier zu empfangen ... Darf<br />

ich Sie bitten, in der zweiten Septemberhälfte nocheinmal anzufragen ...“<br />

Beiliegend ein Br. m. U. seiner Sekretärin Erika Heuberger an denselben; Zuckmayer lehne eine Mitarbeit<br />

an der Zeitschrift „zuhause“ ab (Saas-Fee 1970, mit Umschlag).<br />

266* ZWEIG, Arnold, 1887 – 1968. E. Postkarte m. U. Berlin 18.VIII.1927. (180.—)<br />

An die Tänzerin und Schriftstellerin Eva van Hoboken (Boy-Hommel) in München.<br />

„... Sie haben unsrer so oft und lieb gedacht ... dass mich nur die unablässige Anspannung meiner<br />

Roman-Schlussarbeit abhalten konnte, Ihnen bald und herzlich zu danken. Aber wie der Mensch nun<br />

mal konstruiert ist: bei gutem Wetter liegt er im Garten, bei schlechtem arbeitet er – Schreiben tut er am<br />

seltensten ...“ – Zweig hatte eben seinen Roman „Der Streit um den Sergeanten Grischa“ abgeschlossen.<br />

Auf der Adressseite eine Nachschrift seiner Frau, der Malerin Beatrice Zweig.<br />

267* — Br. m. U. Berlin 31.X.1929. 1 S. kl.-folio. Mit gedrucktem Briefkopf. Winzige Randeinrisse.<br />

(350.—)<br />

An den Wiener Psychoanalytiker Theodor R e i k , der um Fördergelder angefragt hatte. Reik, ein Schüler<br />

Freuds, nutzte als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage für eine literaturkritische Studie.<br />

„... Ich ... bin besonders von Ihrer Art, religiöse Dinge erstmalig aufzuschneiden und analytisch zu<br />

beleuchten, überzeugt und entzückt ... Darum ... überzeugt mich schon die Inhaltsangabe Ihres geplanten<br />

Buches. Ich bin vollkommen sicher, dass von ihm eine Revolutionierung nach vielen Richtungen<br />

ausstrahlen wird.<br />

Leider aber ist mir erst vorgestern die endgültige Zusammensetzung des Kuratoriums der Mendelssohn-<br />

Stiftung sowie Ihrer Satzungen zugegangen. Die Satzungen wären Ihrer Arbeit günstig. Das Kuratorium<br />

aber scheint mir in seiner Zusammensetzung kaum Verständnis für so weitgehende Veränderung der<br />

Begriffe von Offenheit und Religion zu versprechen ... Jedenfalls glaube ich aber, dass die für Stiftungszwecke<br />

allein vorhandenen Zinsen des Stiftungsvermögens zu Ihrer Arbeit nur eine Beihilfe leisten, nicht<br />

aber sie ganz finanzieren würden ...“ – Erwähnt Albert Einstein.<br />

127


I. LITERATUR<br />

268 ZWEIG, Stefan, 1881 – 1942. 11 Autographen: 3 e. Br. m. U., 3 e. Postkarten m. U. und<br />

5 Br. m. U. Verschiedene Unterschriftsformen. Wien, Berlin, Salzburg und o. O. 22.V.1901 (<strong>Poststempel</strong>)<br />

bis 31.XII.1927. 12 S. gr.-4 o bis kl.-8 o und die Karten. Schwach gebräunt. Mini male<br />

Rand- und Faltenrisse. Die Karten mit einigen Wisch- und Stempelspuren. Mit 5 Umschlägen.<br />

(2.000.—)<br />

Interessante Brieffolge an Max Fleischer, dem er seit seiner frühesten Studienzeit in Wien freundschaftlich<br />

verbunden war.<br />

(Wien 22.V.1901). „... Ich lebe hier jetzt zwar sehr angenehm, wie das aber Hand in Hand geht, – schauerlich<br />

faul. Nicht einmal Gedichte mehr, nur zu einem Aufsatz über Franz Evers (für die Stimmen der<br />

Gegenwart) habe ich mich aufgerafft. Hoffentlich machen Sie es da besser ... In so einer idealen Einöde,<br />

wie dort, muß doch selbst das Lernen durch Naturschönheit und Einsamkeit verklärt sein ... Ich glaube<br />

da fielen mir mehr Gedichte ein als hier in Wien, wo ich mich total verbummle, durch Spazierengehen,<br />

Herumträumen, Freunde ect. Das einzige Vernünftige ist, daß ich viel lese ...“ – Max Fleischer lebte<br />

damals in Komotau in Nordböhmen.<br />

(Wien 21.VI.1901). „... Ich … übersetze ein wenig Charles Baudelaire, Vorlesungen kenne ich nur dem<br />

Namen nach ... Berühmt werde ich gewaltig, Kritiken und nur günstige laufen ziemlich zahlreich ein,<br />

so daß ich mich manchmal ziemlich neugierig im Spiegel betrachte, wie der Herr eigentlich aussieht, der<br />

angeblich so gute Gedichte schreibt ...“<br />

(Berlin 27.VIII.1901). „... Hier in Berlin, wo ich seit 10 Tagen bummle finde ich eine (alte) Recension<br />

über Sie, die Sie wohl interessieren wird ...“ – Die Rezension von Max Geißler über Fleischers Lyrikband<br />

„Traum und Schöpfung“ liegt bei.<br />

(Wien 24.X.1902.) „Dem Max Fleischer schreib ich hier in seine Eisenbahndissertation gern einige Worte<br />

zum Geleite. Er ist zwar ein Eigenwilliger und Eigensinniger ... aber er hat Worte gefunden, die dunkel<br />

sind wie Rauch der sehnsüchtigen Locomotiven. Und wer solch ein Erstlingsbuch schreiben konnte, zeigt,<br />

daß er die Kraft der einsamen Bahnwächter hat ... Ich sagte einmal, daß es Wehmut sei eine Dissertation<br />

zu schreiben, aber ... alles Gestalten will sich entfalten. Versteht ihr mich hier meine Freunde ...“ – Fleischer<br />

studierte Jura und promovierte in Prag.<br />

Salzburg 3.VI.1927. Zweig lehnt die Bitte seines Freundes ab, für den Gedichtband „Der Porzellanpavillon“<br />

ein Vorwort zu verfassen. „... Ich habe in den letzten zwei, drei Jahren einen gewissen stosshaften,<br />

grossen Erfolg gehabt, dem ich selbst noch nicht recht glaube. Was ich anrührte, Buch oder Theater,<br />

wirkte eine Antwort aus, die immer alle Erwartungen übertraf – niemand hätte geglaubt z. B., dass der<br />

‘Volpone’, an den sich kein Theaterdirektor traute, über alle deutschen Bühnen und weit darüber hinaus<br />

nach Amerika, Russland, Frankreich, Italien rennen wird. Das hat mir einen Schein von Autorität<br />

gegeben, die ich selbst durch Leistung noch nicht genug verbürgt fühle …<br />

So hohen Gedichten, wie den Deinen gegenüber, empfinde ich ... keine Ueberlegenheit, kaum eine Gleichheit<br />

des Wertes: ich würde vielleicht helfen, zehn Exemplare mehr abzusetzen, ... aber Dir moralisch<br />

und literarisch eher Abbruch tun, denn diese Gedichte stehen so ganz rein und voll in eigenem Wert, so<br />

sichtbar eindringlich innerhalb ihrer Eigenart, dass ihr literarischer Erfolg mir verbürgt erscheint ...“<br />

Salzburg 2.XI.1927. „... Ich beglückwünsche Dich nur rasch heute zur äusseren Form Deines Buches<br />

[‘Der Porzellanpavillon’] und freue mich Deiner Freude, dass eine Innenarbeit und schöpferische Liebe<br />

vieler Jahre nun offenbar geworden ist ...“<br />

Salzburg 19.XII.1927. „... Ich wollte Dir gerade meinen Glückwunsch zum Reich-Preis schicken – ja, die<br />

sieben fetten Jahre brechen langsam an und sie werden sicherlich auf Deine innere Heiterkeit belebend<br />

wirken, diese wiederum auf den produktiven Nerv und so hoffentlich jener Kreislauf zwischen Arbeit,<br />

Freude, Erfolg und wiederum Freude und neuer Arbeit sich runden, demzudank allein unser Leben<br />

sinnvoll wird ...“<br />

Beiliegend 1 e. Br. m. U. (o. O. u. D.) und 1 Br. m. U. und e. Nachsatz m. U. (Wien 1912) Zweigs an Viktor<br />

Fleischer, den ebenfalls mit ihm befreundeten Bruder des Adressaten, den er um die Mitarbeit zu einer<br />

Festschrift zum 50. Geburtstag der Pädagogin Eugenie Hirschfeld bittet und ihm zu seinem neuen Roman<br />

gratuliert: „... Das Wichtigste: ich hab den ‘Krug’ ausgetrunken und er hat mir gut geschmeckt. Es ist ein<br />

süffiges Buch, das nicht gerade einen Rausch erzeugt, aber eine gelinde Heiterkeit ...“ – Erwähnt werden<br />

u. a. der Dramatiker Felix Braun, der Schriftsteller Emil Lucka und Max Fleischer.<br />

128


I. LITERATUR<br />

Nr. 268 Stefan Zweig<br />

129


I. LITERATUR<br />

(St. Zweig)<br />

269* — E. Ansichtskarte m. U. <strong>Poststempel</strong>: Wien 28.III.1906 („Mittwoch“). Minimal braunfleckig.<br />

(250.—)<br />

An die Pädagogin Eugenie Hirschfeld in Wien, wohl über sein Drama Te r s i t e s .<br />

„... ich will mir gerne Freitag das Vergnügen machen, Sie zu besuchen. Freilich – den Einakter bring’<br />

ich nicht mit. Er ist geprüft und für zu leicht befunden – ich mag ihn nicht mehr recht. Aber sonst hoffe<br />

ich wird allerhand zu erzählen sein ...“<br />

„Tersites“ wurde im November 1908 am Dresdener Hoftheater uraufgeführt, nachdem das Wiener Burgtheater<br />

das Stück abgelehnt hatte.<br />

270 — E. Postkarte m. U. Jeypore 25.XII.1908. (250.—)<br />

An seinen Bruder Alfred Zweig in Wien, dem er sein „vollkommenes, ungetrübtes Wohlbefinden“ vermeldet.<br />

„... Wir haben das herrlichste Frühlingswetter und wissen gar nicht mehr, wie Regen aussieht. Morgen<br />

fahren wir nach Delhi weiter, in 8 Tagen sind wir in Calcutta ...“<br />

271 — E. Br. m. U. „Dr. Stefan Zweig“. Philadelphia 14.III.1910. 1 S. 8 o . Mit gedrucktem<br />

Briefkopf „The Bellevue-Stratford“. (300.—)<br />

An (Carl Weichardt), Redakteur der Frankfurter Zeitung.<br />

„... ich sende Ihnen heute (wie angekündigt) ein Feuilleton aus Amerika für die Frank[furter] Z[eitun]<br />

g. Sollten Sie es aus irgend einem Grunde nicht bringen können, so senden Sie es bitte an meine Wiener<br />

Adresse ...“<br />

„die eigentliche ungeheure Leistung Freuds“<br />

272* — 1 e. Br. m. U., 1 Br. m. U. und 1 Postkarte m. U. Wien und Salzburg 24.VIII.1915,<br />

17.XI.1920 und 7.VII.1930. 5 S. gr.-4 o bzw. kl.-4 o sowie die Karte. Leicht gebräunt. Rand- und<br />

Faltenrisse (geringer Textverlust auf Postkarte durch Ausriss der Briefmarke). (600.—)<br />

An den Wiener Psychoanalytiker Theodor R e i k , mit dem er sich u. a. über Sigmund Freud austauschte.<br />

Reik, ein Schüler Freuds, nutzte als einer der ersten die Psychoanalyse als Grundlage für eine literaturkritische<br />

Studie; nach seiner Emigration gründete er in Amerika die „National Psychological Association<br />

for Psychoanalysis“.<br />

Wien 24.VIII.1915. Zweig, als dienstuntauglich erklärt, war seit Winter 1914 im Kriegsarchiv der Stiftskaserne<br />

in Wien tätig. „... es wäre mir natürlich eine Freude gewesen, Sie hier im K[riegs] A[rchiv] zu<br />

wissen und Uns Ihrer Kameradschaft zu erfreuen und ich hätte Alles veranlasst, was in meinen Kräften<br />

steht, aber hier ist strengster Befehl: das K. A. darf nur Officiere und Mannschaft während des Krieges<br />

haben, die ausdrücklich dienstuntauglich (Classe C) sind. Sonst hätte die Protection Tür und Tor offen,<br />

keine Excellenz vermag jetzt infolge dieses strikten Erlasses jemanden herzubringen, der diese körperliche<br />

Mindertauglichkeit nicht amtlich nachgewiesen hat ...<br />

Glauben Sie mir, lieber Herr Doktor, dass dies nicht meinerseits ein vorgetäuschtes Hindernis ist, es ist<br />

wahrhaftig wie dieser Krieg selbst und anscheinend ebenso unüberwindlich ...“<br />

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I. LITERATUR<br />

Salzburg 7.VII.1930. „... Heute bekam ich Ihr Buch und es ist mir sehr wichtig, da ich gerade über<br />

F r e u d arbeite. Und nun eine Frage: wir sind bis zu einem gewissen Grade zusammengebunden durch<br />

die gemeinsame Verehrung für den heute noch lange nicht genug erkannten Mann. Darf ich in diesem<br />

kollegialen Sinn Sie über die eine oder andere Sache befragen und darf ich Ihnen mein Manuskript wenn<br />

es soweit ist, und ehe ich es drucken lasse, vorlegen?<br />

Meine Einstellung deckt sich vielleicht nicht ganz mit der des engeren Kreises. Ich glaube nämlich, dass<br />

das Therapeutische und manches Einzelne der Methode durchaus diskutierbar sei, während die eigentliche<br />

ungeheure Leistung Freuds längst in seinem Umbau aller alten Kultur- und Seelenanschauung<br />

liegt, und dass der Psychologe noch viel weitere Reiche erobert hat als der Pathologe. Natürlich wäre<br />

es mir auch sehr lieb, wenn ich einmal mit Ihnen darüber mich aussprechen könnte ...“ – Zweigs Freud-<br />

Biographie erschien innerhalb der Trilogie „Die Heilung durch den Geist“ erstmals 1931 in Leipzig.<br />

273* — E. Postkarte m. U. (Salzburg 2.IV.1927.) Auf einer Beethoven-Gedenkkarte anlässlich<br />

seines 100. Todestages. (350.—)<br />

An den Schriftsteller Kurt Sonnenfeld (1893 – 1938) in Wien, der ihm seinen psychoanalytischen Roman<br />

„Der rote Schleier“ gesandt hatte.<br />

„... nur in erster Heimkehreile noch den Dank für Ihr Buch, das, sobald eine grössere Arbeit beseitigt<br />

oder weggelegt ist, ich sofort beginne und zwar mit aufrichtiger Sympathie und bester Erwartung ...“ –<br />

In diesem Jahr erschien Zweigs Novelle „Verwirrung der Gefühle“.<br />

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