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Die Zeitzonen im Griff - Uhrsachen

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Tick different.<br />

<strong>Die</strong> Zeitschrift für die Freude an speziellen Uhren · Herausgegeben von UhRSACHEN, Bern<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zeitzonen</strong> <strong>im</strong> <strong>Griff</strong><br />

Vogard kreiert die perfekte Reiseuhr.<br />

Pure Poesie: Hourglass<br />

von Marc Newson<br />

Back to the roots:<br />

<strong>Die</strong> Klassiker sind zurück.<br />

Konzeptionelle Avantgarde:<br />

Slyde ist ganz anders.<br />

Vogard Datezoner<br />

Der Autodidakt: Daniel<br />

Nebels „Variocurve“<br />

Nr. 8<br />

www.tickdifferent.com


In seiner Rolle als Wegbereiter gründet Pierre Jaquet Droz <strong>im</strong> Jahre 1784 die erste jemals in Genf eröffnete Uhrenmanufaktur.<br />

Nach la Chaux-de-Fonds und London, trägt Genf dazu bei, Jaquet Droz zu einer Legende für die Ewigkeit zu machen.<br />

Grande Seconde Ivory Enamel, ref. J003033204 - LEGEND GENEVA Collection<br />

WWW.JAQUET-DROZ.COM<br />

ETERNITY - THE ULTIMATE LUXURY


<strong>Die</strong> Komplikation aus der Garage<br />

Der Einzelkämpfer Daniel Nebel sorgt mit seiner durchwegs<br />

selber entwickelten „Variocurve“ für viel Bewunderung ................................4<br />

Grande Seconde in Stahl<br />

<strong>Die</strong> Ikone von Jaquet Droz erhält ein Geschwister – in Stahl<br />

und mit einer pfiffigen Datumsanzeige ..........................................................9<br />

Stundenglas aus Künstlerhand<br />

Designguru Marc Newson realisiert für Ikepod eine einmalige Uhr .............10<br />

Tauchen und Fliegen<br />

Glycine erweitert die Airman­ und die Lagunare­Serie um neue Modelle ....13<br />

Digitaluhren<br />

Seikos Active Matrix Display ist die wohl schärfste Digitaluhr auf<br />

dem Markt. Dank neuester Anzeigetechnologie. .........................................14<br />

Aufgerappelt: Ventura kommt zurück<br />

Ventura­Gründer Pierre Nobs präsentiert neue Modelle und Techniken ......16<br />

Mit Vollgas voraus<br />

Armin Strom bringt das zweite Manufakturkaliber. Und eine Uhrenserie<br />

mit Werkteilen aus ausgeschaubten Formel­1­Motoren ...............................19<br />

Ist die Zukunft der Konzeptuhren virtuell?<br />

Jörg Hysek geht mit der „Slyde“ ganz neue Wege ........................................22<br />

Silizium: Ein Werkstoff mit Zukunftspotential<br />

Mit dem neuen Basiskaliber UN­118 weist Ulysse Nardin den Weg,<br />

was den Einsatz von neuen Technologien und Materialien angeht ...............26<br />

Rolf W. Schnyder – 1935-2011<br />

Ein Nachruf auf einen grossen Visionär .......................................................28<br />

Der unbekannte Grossproduzent<br />

Hanhart ist eine Firma mit grosser Tradition, die nun mit viel Einsatz<br />

wieder an ihre ruhmreichsten Zeiten anknüpfen will ...................................32<br />

Back to the roots I<br />

Schlichte, klassische Uhren erfreuen sich wieder grosser Beliebtheit ............36<br />

Back to the roots II<br />

Vulcain legt die Präsidentenuhr in neuer Form auf ......................................40<br />

<strong>Die</strong> <strong>Zeitzonen</strong> <strong>im</strong> <strong>Griff</strong><br />

Vogard hat mit dem Datezoner eine perfekte Reiseuhr kreiert .....................42<br />

Uhren fürs Cockpit<br />

Neuheiten von Bell & Ross und Graham ....................................................45<br />

Schön aufgeweckt<br />

Mit der neuen Qlocktwo Touch gibt es endlich einen schönen Wecker .......46<br />

Intern / Impressum<br />

Diverse Hinweise .........................................................................................46<br />

UhRSACHEN · Kramgasse 19 · 3011 Bern<br />

Tel. 031 318 01 18 · Fax 031 318 01 12<br />

info@uhrsachen.ch · www.uhrsachen.ch<br />

Unsere Öffnungszeiten:<br />

<strong>Die</strong>nstag, Mittwoch, Freitag: ...................................... 11:00 - 18:30<br />

Donnerstag: ................................................................. 11:00 - 20:00<br />

Samstag: ....................................................................... 10:00 - 16:00<br />

Ausserhalb der Öffnungszeiten erreichen Sie uns am besten via E-Mail.<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

EDITORIAL<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser<br />

Schon in der letzten Ausgabe von Tick<br />

different hatten wir auf eine Trendwende<br />

<strong>im</strong> Uhrendesign und ­geschmack<br />

hingewiesen. „Back to the roots“ heisst<br />

das Motto bei vielen Neuheiten. Es ist<br />

aber nicht nur alter Wein in neuen<br />

Schläuchen, der vorgestellt wird. <strong>Die</strong><br />

neuen Klassiker übernehmen eine<br />

klassische Formensprache und<br />

interpretieren sie zeitgemäss, sowohl in<br />

technischer Hinsicht als auch in Bezug<br />

auf die D<strong>im</strong>ensionen. Ein schöner<br />

Trend, <strong>im</strong> wörtlichsten Sinn.<br />

Einen herben Verlust müssen wir Ihnen<br />

leider vermelden. Rolf W. Schnyder, der<br />

grosse Visionär, Abenteurer und<br />

Unter nehmer, der charismatische<br />

Patron von Ulysse Nardin, ist unerwartet<br />

verstorben. Wir verlieren einen<br />

Freund und Förderer und widmen ihm<br />

einen ausgiebigen Nachruf.<br />

Interessante Entwicklungen gibt es<br />

nicht nur <strong>im</strong> mechanischen Bereich der<br />

Uhrmacherei. Wir stellen Ihnen in<br />

dieser Ausgabe gleich mehrere<br />

Neuheiten aus der Welt des Digitalen<br />

vor. Einerseits rappelte sich Ventura<br />

wieder auf, andererseits zeigt Seiko mit<br />

seinen Aktivmatrixmodellen, wohin der<br />

Weg gehen kann. Und nochmal ganz<br />

anders schliesslich ist das Konzept von<br />

Jörg Hysek, das die Welt der superkomplexen<br />

Konzeptuhren mit dem V<br />

irtuellen vermählt. Etwas wie die<br />

„Slyde“ gab es bisher noch nie.<br />

Alte Namen wiederzubeleben und<br />

husch­husch eine Uhrenmarke „mit<br />

Tradition“ aus dem Boden zu stampfen<br />

war in den Boomjahren ein beliebtes<br />

Spielchen. Eine Firma mit traditionellem<br />

Hintergrund ist Hanhart – aber<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zu anderen war sie <strong>im</strong>mer<br />

aktiv. Und soll jetzt, dank neuem<br />

Kapital und verstärkter Crew entstaubt<br />

werden. <strong>Die</strong> Ziele sind gross, die<br />

Energie, sie zu erreichen auch.<br />

Es tut sich viel in der Uhrenwelt. Wir<br />

sind für Sie, wie <strong>im</strong>mer, nahe dran an<br />

diesen Entwicklungen und versuchen,<br />

die wahren neuen Wege von den reinen<br />

Modetrends zu unterscheiden. Weil wir<br />

vor allem eines mit Ihnen teilen wollen:<br />

<strong>Die</strong> Freude an aussergewöhnlichen<br />

Uhren, fernab des Mainstreams.<br />

Herzlichst, Hans Erb<br />

Geschäftsleiter <strong>Uhrsachen</strong><br />

Tick different.<br />

3


4<br />

PORTRAIT<br />

Nord-Zeitmaschine: <strong>Die</strong> Komplikation aus der Garage<br />

Grosse Firmen wie Hewlett Packard hatten ihren Anfang in einer Garage. Ambitionen, zu einem Weltkonzern zu werden,<br />

hat der Laufentaler Daniel Nebel nicht. Aber er möchte vom Bau seiner Uhren leben können. Mit der Variocurve<br />

könnte dieser Traum wahr werden. Sie ist der Quantensprung in seinem bisherigen Schaffen.<br />

JWD steht <strong>im</strong> ostdeutschen Sprachgebrauch<br />

für „Janz weit draussen“.<br />

ZWD, also ziemlich weit draussen,<br />

liegt Büsserach, <strong>im</strong> Lüsseltal, am<br />

Nordfuss des Solothurner Jura. Nach<br />

einer kurvigen Fahrt über den Passwang,<br />

erreicht man das Dorf, in der<br />

Nähe von Laufen. Es geht urchig zu.<br />

Im Gemeinderat sitzen ausschliesslich<br />

CVP­ und FDP­Männer. Bis ins Elsass<br />

wäre es nicht mehr weit.<br />

Schauplatz dieser erstaunlichen Geschichte<br />

ist ein typisch schweizerisches<br />

Einfamilienhausquartier mit seinem<br />

Stilmix aus den sechziger Jahren bis in<br />

die Neuzeit. In einem dieser älteren<br />

Häuser öffnet sich für uns die Tür zu<br />

einer Doppelgarage. Es ist das Reich<br />

von Daniel Nebel, die Garage gehört<br />

zum Elternhaus. Was hier drin entsteht,<br />

sorgt in Uhrenkreisen derzeit<br />

für viel Ver­und Bewunderung.<br />

<strong>Die</strong> eigenwillige „Radial“ war die<br />

erste kleine Komplikation, die<br />

Nebel selber entwickelte.<br />

U h RSACHEN<br />

Was macht man, wenn man sich keine CNC-Maschine leisten kann? Man<br />

baut selber eine: Der Maschinenmechaniker Daniel Nebel <strong>im</strong> Element.<br />

Nebel ist von Beruf Maschinenmechaniker.<br />

Erlernt hat er ihn in einer<br />

Firma, die vor allem Einzelmaschinen<br />

und Prototypen baute. Entsprechend<br />

vielseitig und umfassend war seine<br />

Ausbildung. Viel Erfahrung kam dazu,<br />

als er für diese Firma während einigen<br />

Jahren <strong>im</strong> Ausland als Techniker<br />

unterwegs war. Ganz, ganz weit<br />

weg teilweise, in Saudiarabien, <strong>im</strong><br />

hintersten Ural. Einrichtungen für die<br />

Ölindustrie, hoch spezialisierte Maschinen.<br />

„In dieser Zeit hatten wir weder<br />

E­Mail noch Handys. Das war<br />

zwar kompliziert, aber man hatte dafür<br />

auch seine Ruhe“ schwärmt Nebel<br />

von den „guten alten Zeiten“. Nach<br />

einigen Jahren wurde ihm aber die<br />

Reiserei zuviel. Den Ausschlag, die<br />

Stelle zu kündigen, war ein mehrmonatiger<br />

Aufenthalt <strong>im</strong> tiefsten Kasachstan.<br />

„Das war dann irgendwann<br />

nicht mehr so prickelnd. Doch ich<br />

möchte die Zeit nicht missen, ich habe<br />

sehr viel gelernt, nicht nur über<br />

Mechanik, sondern unter anderem<br />

auch über Hydraulik und elektrische<br />

Schaltungen.“<br />

Selbst ist der Mann<br />

An der neuen Arbeitsstelle wurde er<br />

sesshaft. Schon lange hatte Nebel<br />

Freude an Uhren und noch viel mehr<br />

Lust darauf, selber welche zu machen.<br />

Doch dafür braucht es einen gewissen<br />

Maschinenpark, und um richtig arbeiten<br />

zu können <strong>im</strong> Idealfall eine<br />

CNC­Maschine. Was tut ein umtriebiger<br />

junger Mann, wenn er das notwendige<br />

Kapital nicht zur Hand hat?<br />

Er baut selber eine.<br />

Gesagt, getan: Nebel macht sich an<br />

den Bau einer eigenen computergesteuerten<br />

Fräsmaschine. Ein wenig<br />

mehr als ein Jahr tüftelt er, kauft sich<br />

Komponenten, lässt sich Teile herstellen,<br />

die er selber nicht machen kann.<br />

Dann steht die Maschine, und einige<br />

Monate vergehen, bis sie nach<br />

Wunsch läuft. Bei Schlüsselkomponenten<br />

wie dem Arbeitsschlitten<br />

macht er keine Kompromisse – von<br />

ihnen hängt die Präzision entscheidend<br />

ab. Bei der Steuerung hingegen<br />

verzichtet er auf die neueste Generation<br />

mit allen Schikanen. „Bei der von


©danielmueller.ch<br />

mir gewählten Steuerung bringe ich<br />

die selbe Präzision hin. Bloss ist halt<br />

das Einstellen jeweils ein wenig aufwendiger.<br />

Damit kann ich leben.“<br />

Das war vor zwölf Jahren. Seither hat<br />

er mit seiner „Nebel“ tausende von<br />

Teilen gefräst.<br />

Unterdessen sind zwei weitere Eigenbaumaschinen<br />

dazugekommen. Eine<br />

Drehmaschine ergänzte der Tüftler<br />

mit zwei Spindeln, die Steuerung teilt<br />

er sich mit der grossen Fräsmaschine.<br />

Der andere Eigenbau dient dem Bedrucken<br />

der Zifferblätter, Datums­<br />

und Stundenscheiben <strong>im</strong> Tampondruckverfahren.<br />

Auch hier sind einige<br />

pfiffige Lösungen aus dem Erfahrungsschatz<br />

des Mechanikers eingeflossen.<br />

Man macht sich wohl keine<br />

Vorstellung, wie viele Arbeitsstunden<br />

in den Maschinen stecken. Nebel selber<br />

weiss es nicht und will es auch gar<br />

nicht wissen. Hauptsache, er ist autonom.<br />

So ausgerüstet machte er sich an<br />

seiner ersten Uhrengehäuse und Zifferblätter.<br />

„Nord Zeitmaschine“ wur­<br />

den die Uhren getauft, das N und das<br />

D in Nord steht für Daniel Nebels<br />

Initialen.<br />

<strong>Die</strong> ersten Zeitmaschinen<br />

<strong>Die</strong> technische Ausstattung war anfangs<br />

noch sehr bescheiden, einfache<br />

Quarzwerke trieben seine allerersten<br />

Modelle an. Bald folgte die erste eigentliche<br />

Kollektion namens T1. Eine<br />

einfache Dreizeigeruhr mit ETA<br />

2824­2 Automatikwerk, in Varianten<br />

mit und ohne Datum. Ein Edelstahlgehäuse,<br />

auf den eigenen Maschinen<br />

aus dem Vollen gefräst, mit einer gewölbten<br />

Lunette, die mit 8 Schrauben<br />

fixiert wird. Zum ersten Mal kamen<br />

hier Zifferblätter mit Radialschliff<br />

zum Einsatz, die mit Rhodium oder<br />

Schwarzgold beschichtet wurden.<br />

Kleine Schrauben bilden die 12 Stundenindexe.<br />

Bis aufs Werk, die Gläser<br />

und die Zeiger entstanden sämtliche<br />

Teile in Nebels Garagenwerkstatt.<br />

Markantes Stilmittel war von Anfang<br />

an die Krone der Uhr mit ihrer eigenwilligen<br />

Form.<br />

PORTRAIT<br />

<strong>Die</strong> Serie markierte den Anfang von<br />

Nebels Stil. <strong>Die</strong> Uhren haben etwas<br />

Rohes, sehr Authentisches. Das Design<br />

hat etwas sympathisch Hausbackenes<br />

­ man merkt sofort, dass sie<br />

nicht durch dutzende von Produktsitzungen<br />

mit einer Armada von Designern<br />

und anderen Vielwissenden gegangen<br />

sind. Gerade dieser ehrliche<br />

Charakter macht viel vom Charme<br />

der Zeitmaschinen aus Büsserach aus.<br />

Bilderbuchschönheiten haben oft etwas<br />

Langweiliges, wahre Charakterköpfe<br />

zeichnen sich auch durch ihre<br />

Imperfektionen aus.<br />

Eine erste kleine Komplikation lancierte<br />

Nebel dann mit der Radial, seinem<br />

bisher erfolgreichsten Modell.<br />

<strong>Die</strong> Zeit wird mit Hilfe von Scheiben<br />

angezeigt. In einem grossen Fenster<br />

bei 12 Uhr erscheint die Stunde, dargestellt<br />

mit Zahlen auf einer drehenden<br />

Scheibe. <strong>Die</strong> Minuten zeigt<br />

ein kleiner roter Index, auch er auf<br />

einer drehenden Scheibe. Das Zifferblatt<br />

mit seinen Ausfräsungen ent­<br />

Tick different.<br />

5


6<br />

PORTRAIT<br />

stand inhouse, inklusive die Lackierungen<br />

oder galvanischen Behandlungen.<br />

Am meisten Beachtung fand<br />

hier die Version V3 mit ihren „Büsseracher<br />

Streifen“, einem geraden Streifenschliff,<br />

den Nebel – Ehrensache –<br />

natürlich selber anbringt (nicht ohne<br />

vorher dafür eine schlaue Einrichtung<br />

gebaut zu haben). <strong>Die</strong> Krone erinnert<br />

an einen Trommelrevolver. Ein Teil<br />

mit vielen Arbeitsgängen, inklusive<br />

eingefrästem „N“ auf der Aussenseite.<br />

Ein Chrono namens CR­S Beta war<br />

dann der nächste Streich. Hier steckte<br />

Nebel enorm viel Zeit in die Entwicklung<br />

und Produktion des Gehäuses.<br />

Es besteht aus nicht weniger als 70<br />

Einzelteilen. Alleine die beweglichen<br />

Bandanstösse benötigen pro Seite 11<br />

Teile, die Nebel – wen erstaunt’s– alle<br />

selber anfertigt. Selbst vor den Chronographendrückern<br />

machte der uhrmacherische<br />

Autodidakt nicht Halt.<br />

Be<strong>im</strong> Antrieb setzte Nebel wieder auf<br />

bewährte ETA­Technik, indem er das<br />

weit verbreitete Kaliber Valjoux 7750<br />

einbaute, den legendären „Traktor“.<br />

<strong>Die</strong>ser hat mehrere grosse Vorteile: er<br />

ist bewährt, robust und die Ersatzteilversorgung<br />

ist problemlos.<br />

<strong>Die</strong> Uhren von Daniel Nebel sind nur<br />

an ganz wenigen Orten erhältlich.<br />

Das hat verschiedene Gründe. Zum<br />

U h RSACHEN<br />

ersten ist es sicher so, dass Nebel selber<br />

nicht unbedingt der beste Verkäufer<br />

ist. Mit fast zu viel Bescheidenheit<br />

präsentierte er uns bei seinem allerersten<br />

Besuch seine Uhren. Es war spürbar,<br />

dass seine Welt eher die in der<br />

Werkstatt ist. Maschinenöl statt Chanel<br />

5. <strong>Uhrsachen</strong> entschied sich spontan,<br />

ihm eine Chance zu geben und<br />

nahm die Uhren ins Sort<strong>im</strong>ent auf,<br />

zur grossen Freude einer kleinen, aber<br />

treuen Fangemeinde.<br />

Der unerwartete Quantensprung<br />

Lange hörten wir nichts mehr von<br />

Nebel. Auf Nachfrage erklärte er, er<br />

tüftle an etwas ganz besonderem, aber<br />

er möge noch nicht darüber sprechen.<br />

Und plötzlich, spät abends eine Mailnachricht<br />

aus Büsserach: Man möge<br />

sich doch bitte sein neues Modell „Variocurve“<br />

anschauen. Was wir auch<br />

sofort taten. <strong>Die</strong> Begeisterung war<br />

gross, und der Respekt über das Resultat<br />

von Nebels Tüfteljahren noch<br />

grösser. Was der Mechaniker hier vorstellte,<br />

als One­Man­Show ausgedacht<br />

und umgesetzt hatte, war schlicht unglaublich.<br />

Variocurve heisst die Uhr, die etwas<br />

Revolutionäres hat. <strong>Die</strong> Funktionsweise<br />

ist eher schwierig in Worte zu<br />

fassen. Der Minutenzeiger hat keinen<br />

fixen Drehpunkt wie dies bei zentra­<br />

Kaum zu glauben: Aus dem Rohling (hinten) entsteht auf Nebels Maschinen<br />

das komplette Gehäuse - in langer und aufwendiger Arbeit.<br />

len oder retrograden Zeigern der Fall<br />

ist. Nein, er erinnert mit seiner Exzenter­Bewegung<br />

an das Antriebsgestänge<br />

einer alten Dampflok. Steampunk<br />

<strong>im</strong> besten Sinn. <strong>Die</strong> Zeigerspitze beschreibt<br />

mit einem verschobenen<br />

Drehpunkt eine nierenförmige Bewegung,<br />

eine variable Kurve, daher der<br />

Name „Variocurve“.<br />

Nach unzähligen Stunden des Konstruierens<br />

und S<strong>im</strong>ulierens fand Nebel<br />

einen Weg, wie er das Problem der<br />

beiden „toten Punkte“ des Exzenters<br />

lösen konnte, währenddem die Anzeige<br />

schwierig abzulesen sein würde,<br />

weil die zurückzulegende Strecke in<br />

diesem Bereich sehr kurz ist. Er konstruierte<br />

„einfach“ zwei kleine Scheiben<br />

mit den entsprechenden Minutenskalen<br />

dieses Bereichs, die während<br />

dieser Zeit für die Detailanzeige sorgen.<br />

Der Minutenzeiger alleine ist ein feinmechanisches<br />

Meisterstück. Gefertigt<br />

wird er aus einer speziellen Kupferlegierung<br />

namens ARCAP, die sich sehr<br />

gut bearbeiten lässt und sich durch<br />

hohe Festigkeit und gute ant<strong>im</strong>agnetische<br />

Eigenschaften auszeichnet. <strong>Die</strong><br />

grosse Schwierigkeit bei diesem Teil<br />

war, die Toleranzen bei der verschiebbaren<br />

Achse so auszulegen und umzusetzen,<br />

dass der Zeiger fest sitzt, aber<br />

dennoch so wenig Reibung hat, dass<br />

die Bewegung möglichst wenig Kraftaufwand<br />

benötigt. „Gleitteil“ nennt er<br />

ihn in seiner technischen Beschreibung.<br />

Hier zeigt sich dann gnadenlos der<br />

Unterschied zwischen der S<strong>im</strong>ulation<br />

am Bildschirm und der Realität, der<br />

schon vielen aussergewöhnlichen Ideen<br />

und Kon struktionen zum Verhängnis<br />

wurde. „Doch, das habe ich ganz ordentlich<br />

hingekriegt. Es funktioniert<br />

gut“ bewertet Nebel die Meisterleistung<br />

mit seiner typischen sympathischen<br />

Tiefstapelei. Dass er die Uhr<br />

monatelang selber hart testete und sie<br />

selbst be<strong>im</strong> Joggen oder der Gartenarbeit<br />

nicht ablegte, erwähnt er nur so<br />

nebenbei.


Der Minutenzeiger ist das spektakulärste<br />

Element auf der Uhr. Darum<br />

wird er auch noch optisch mit viel<br />

Liebe zum Detail bearbeitet. An der<br />

„Hammerseite“ hat es zwei Vertiefungen,<br />

die Nebel – natürlich mithilfe<br />

eines selber gebauten Werkzeugs –<br />

fein sandstrahlt. <strong>Die</strong> Kanten werden<br />

von Hand geschliffen und poliert.<br />

Auch die Brücken sind aus ARCAP.<br />

<strong>Die</strong> grossflächige Hauptbrücke trägt<br />

den schon von den Vorgänger­Zeitmaschinen<br />

bekannten markanten<br />

Nebel­Streifenschliff. Sie wird zuerst<br />

rhodiniert und dann je nach Ausführung<br />

mit Schwarz­, Rosé oder Gelbgold<br />

galvanisch behandelt. Alle<br />

Drucke auf den verschiedenen Scheiben<br />

und Brücken erfolgen <strong>im</strong> Tampondruckverfahren.<br />

Auch hier kommt<br />

wieder ein ausgebufftes Maschinchen<br />

zum Einsatz, das über die Jahre laufend<br />

verbessert wurde.<br />

Von wegen “ist ja nur ein ETA”<br />

Insgesamt fertigt Nebel rund 40<br />

Werkteile selber. Angetrieben wird<br />

das Ganze aber von einem bewährten<br />

Motor, dem automatischen ETA­Kaliber<br />

2824. „Wieso soll ich das ganze<br />

Werk vollkommen neu entwickeln,<br />

wenn ich mit dem 2824 ein derart zuverlässigen<br />

und bewährten Antriebsstrang<br />

erhalten kann?“ sagt Nebel<br />

pragmatisch. Eine Haltung, die<br />

übrigens auch der begnadete Konstrukteur<br />

und Erfinder Ludwig<br />

Oechslin <strong>im</strong>mer wieder vertritt – er<br />

hat <strong>im</strong>mer wieder ETA­Antriebe als<br />

Basis für seine genialen Uhrenkompositionen<br />

eingesetzt.<br />

Eigenwillig ist die Konstruktion des<br />

Aufzugsrotors. <strong>Die</strong>ser ist ganz rund<br />

und erinnert ein wenig an eine schicke<br />

Autofelge. Das Besondere daran ist,<br />

dass er aus einem Stück gefräst wird,<br />

und zwar so, dass in der einen Hälfte<br />

viel weniger vom Rohling abgetragen<br />

wird, wodurch das Gewicht – von<br />

oben unsichtbar ­ asymmetrisch verteilt<br />

wird. <strong>Die</strong>s ist unerlässlich für eine<br />

funktionierende Aufzugsleistung.<br />

Stahlbau, massiv.<br />

Das Stahlgehäuse ist ein weiteres Beispiel<br />

Nebel’schen Schaffens. Der dicke<br />

Rohling wird in vielen Schritten gefräst,<br />

gebohrt, gebürstet und sandgestrahlt.<br />

Viel Aufwand betreibt Nebel<br />

bei den Seiten der Bandanstösse, die<br />

PORTRAIT<br />

Der gangfähige Prototyp diente Nebel dazu, das Funktionsprinzip gründlich<br />

zu überprüfen. Denn die alte Entwicklerweisheit gilt auch hier: Bloss weil<br />

etwas am Bildschirm funktioniert, bedeutet dies nicht automatisch, dass es<br />

das in der Realität auch tut.<br />

6:00<br />

6:28<br />

6:07<br />

6:40<br />

designmässig Elemente des Minutenzeigers<br />

übernehmen. Ein weiteres Problem,<br />

das sich mit diesem Zeiger stellte,<br />

löste der Tüftler auf eigene Weise:<br />

Bei der 6­Uhr Position (oder dort, wo<br />

diese bei normalen Uhren wäre) ist<br />

innen eine besondere Ausbuchtung<br />

6:12<br />

6:56<br />

So liest man die Zeit auf der Variocurve: Wo der Minutenzeiger wegen seiner<br />

exzentrischen Bewegung wenig Hub hat, drehen sich zwei Scheiben mit einer<br />

Minuteneinteilung.<br />

Tick different.<br />

7


8<br />

PORTRAIT<br />

notwendig, damit der Minutenzeiger<br />

seinen ganzen Hub machen kann.<br />

Wegen dieser Einbuchtung ist auch<br />

die Demontage des Werks nicht ganz<br />

einfach, der Minutenzeiger muss zuerst<br />

abgenommen werden, damit das<br />

Werk aus seinem Gehäuse entnommen<br />

werden kann. Doch der Kniff<br />

war notwendig, weil die Uhr schlicht<br />

zu gross geworden wäre. Jetzt misst<br />

das Gehäuse knapp 44 mm und ist<br />

somit sehr tragbar. <strong>Die</strong> Lunette und<br />

der Gehäuseboden, beide mit Saphirglas,<br />

werden von sieben Schrauben<br />

gehalten. Fast beschämt erwähnt Nebel,<br />

dass er diese bei einem erstklassigen<br />

Décolletagebetrieb einkauft.<br />

<strong>Die</strong> Variocurve wird in einer l<strong>im</strong>itierten<br />

Auflage von je 97 Stück mit<br />

Schwarzgold, Rotgold und Gelbgold­<br />

Brücken hergestellt. Erstaunlich ist<br />

ihr Verkaufspreis von CHF 14’000.­<br />

Viel Geld ­ aber eine derart exklusive<br />

Komplikation hat es für diesen Preis<br />

noch nie gegeben.<br />

U h RSACHEN<br />

Nebel pflegt die Details: Der Aufzugsrotor erinnert an eine schicke Felge.<br />

Auf seiner Unterseite ist er (hier noch als Messingrohling vor der galvanischen<br />

Behandlung) teilweise ausgefräst. So hat er die notwendige Masse,<br />

sieht aber eingebaut völlig symmetrisch aus (siehe Bild unten).<br />

©danielmueller.ch


Jaquet Droz: Grande Seconde mit Datum<br />

<strong>Die</strong> Grande Seconde von Jaquet Droz ist eine Uhren-Ikone. Der ursprünglich sehr<br />

schlichte Entwurf ist in den letzten Jahren auf viele verschiedene Arten interpretiert<br />

worden, von sehr reduziert mit Emaillezifferblättern bis zur avantgardistischen<br />

Variante in der “Sports Watch”. Nun erhält die Grande Seconde-<br />

Familie mit der “Quantième” einen Neuzugang - mit Datumsanzeige.<br />

<strong>Die</strong> Ur­Grande Seconde entstand <strong>im</strong><br />

18. Jahrhundert, damals als Taschenuhr.<br />

Erst der langjährige CEO von<br />

Jaquet Droz, der so stilsichere wie kreative<br />

Manuel Emch, inspirierte sich<br />

vor bald zehn Jahren an der eigenartigen<br />

Anordnung von Stunden­ und<br />

Minutenzeiger in der oberen Hälfte<br />

und einem grossen Sekundenzeiger in<br />

der unteren Hälfte des Zifferblatts.<br />

<strong>Die</strong> beiden Kreise überschneiden sich<br />

und formen so eine 8, die sich Jaquet<br />

Droz zur typischen Zahl machen<br />

sollte. So sind beispielsweise die Serien<br />

oft auf 8 oder 88 Exemplare beschränkt.<br />

<strong>Die</strong> Grande Seconde Cerclée war das<br />

erste Modell der Serie. Es wurde zur<br />

Ikone und wird nach wie vor hergestellt,<br />

die Uhr hat einen grossen Wiedererkennungswert.<br />

<strong>Die</strong>s ist heute das<br />

wahre Kunststück bei einem Uhrenentwurf.<br />

Selten gut gelang schon damals<br />

die Form des Gehäuses, das wie<br />

wohl kein anderes traditionelle Elemente<br />

zeitlos und modern umsetzte.<br />

<strong>Die</strong>se Grundarchitektur der Gehäuse<br />

bildet heute noch das Rückgrat der<br />

gesamten Kollektion – ein grossartiger<br />

Wurf.<br />

Mit Ausnahme der Sports Watch war<br />

die Grande Seconde bisher ausschliesslich<br />

in Edelmetall­ oder Keramikgehäusen<br />

erhältlich. Nun erscheint<br />

das erste Mal ein Modell <strong>im</strong><br />

Stahlgehäuse, womit sich auch der<br />

Preis etwas basisfreundlicher gestaltet.<br />

Grande Seconde Quantième heisst die<br />

Uhr ­ Quantième steht <strong>im</strong> Französischen<br />

für Datum. Der Datumszeiger<br />

wurde clever in der Anzeige der grossen<br />

Sekunde integriert. <strong>Die</strong> Uhr verliert<br />

dadurch ein wenig von ihrer<br />

Schlichtheit, doch die Datumsfunktion<br />

ist <strong>im</strong>mer noch recht dezent.<br />

Drei Zifferblattvarianten stehen<br />

zur Auswahl. Sehr schlicht ist<br />

das weiss versilberte, bei dem<br />

der untere Ring der grossen<br />

Sekunde noch leicht vertieft<br />

wurde. <strong>Die</strong> Datumsskala<br />

mit ihren blauen Ziffern ist<br />

in einer Art Rehaut angebracht<br />

und harmoniert mit<br />

den gebläuten Zeigern. Sehr<br />

neckisch ist die rote Spitze des<br />

Datumszeigers und die rote 31.<br />

Gehe<strong>im</strong>nisvoller sind die beiden<br />

anderen Varianten in schwarz. Mit<br />

einem Ätzverfahren wurde hier Material<br />

erodiert, so dass nur die Skalen<br />

stehenblieben. <strong>Die</strong>se werden anschliessend<br />

geschliffen. Der dreid<strong>im</strong>ensionale<br />

Effekt ist verblüffend. Bei<br />

der “All Black”­Variante sind Skala<br />

und Zeiger schwarz, bei der anderen<br />

silberfarbig. Das Werk ist wie bei den<br />

bisherigen Jaquet Droz Grande Seconde<br />

auf Piguet­Basis aufgebaut, mit<br />

zwei Federhäusern und 68 Stunden<br />

Gangreserve, schön finissiert.<br />

NEUHEIT<br />

Ganz schön pfiffig untergebracht:<br />

<strong>Die</strong> Datumsanzeige der neuen<br />

Grande Seconde Quantième ist sehr<br />

diskret auf der Achse des übergrossen<br />

Sekundenzeigers integriert.<br />

Tick different.<br />

9


10<br />

DESIGN<br />

Sanduhr 2.0: Marc Newson für Ikepod<br />

Der Australier Marc Newson gilt als einer der einflussreichsten und kreativsten Designer unserer Zeit. Es gibt kaum ein<br />

Objekt, dem sich der Tausendsassa nicht schon angenommen hätte - Flugzeuge, Fahrräder, Sessel, Innenarchitektur,<br />

Haushaltsobjekte. Unter der Marke Ikepod lancierte er um die Jahrtausendwende eine viel beachtete Uhrenkollektion.<br />

Jetzt bringt Ikepod eine umwerfende Neuinterpretation eines alten Themas: Das Stundenglas.<br />

Seine Auszeichnungen kann er schon<br />

gar nicht mehr zählen, und das T<strong>im</strong>e<br />

Magazine wählte ihn zu einer der<br />

hundert einflussreichsten Personen<br />

unserer Zeit. Kleider für G­Star, Pfan­<br />

U h RSACHEN<br />

nen für Tefal, Sonnenbrillen für Lanvin,<br />

extracoole Slipper für Nike, ein<br />

Champagnerkoffer für Dom Perignon,<br />

das Geschirr für die Airbus<br />

A380 von Quantas. <strong>Die</strong> Aufzählung<br />

Marc Newson<br />

umfasst nur einen winzigen Teil seines<br />

Schaffens (verschaffen Sie sich selber<br />

einen Überblick auf www.marcnewson.com).<br />

Natürlich durften da auch<br />

die Uhren nicht fehlen – jeder Designer<br />

verspürt irgendwann das Bedürfnis,<br />

sich auch an der Darstellung der<br />

Zeit zu versuchen. <strong>Die</strong> Marke Ikepod<br />

konnte seinerzeit schöne Erfolge verzeichnen.<br />

Leider hielten die Managementfähigkeiten<br />

bei Ikepod (Oliver<br />

Ike hiess der nicht durch Bescheidenheit<br />

glänzende deutsche CEO) in keiner<br />

Weise Schritt mit Newsons überirdischem<br />

Design. <strong>Die</strong> Firma ging,<br />

wie man es höflich ausdrückt, “in die<br />

Insolvenz”, unter Hinterlassung eines<br />

beträchtlichen Scherbenhaufens bei<br />

Zulieferern <strong>im</strong> Jura.


Impressionen aus der Werkstatt<br />

in Basel, in der die skulpturalen<br />

Meisterwerke entstehen.<br />

Name, Entwürfe und Ideen wurden<br />

dann 2006 vom New Yorker Kunstsammler<br />

Adam Lindeman aufgekauft,<br />

und bald wurden wieder erste Uhren<br />

produziert und neue Modelle vorgestellt.<br />

An der Spitze waltet als CEO<br />

heute der umtriebige, bescheidene,<br />

sympathische Franzose und Kosmopolit<br />

Alexandre David, der seine Sporen<br />

während vielen Jahren in der<br />

Uhrenbranche abverdient hat.<br />

Basis für die Armbanduhren bildete<br />

weiterhin das typische runde Gehäuse<br />

mit seinen organischen Formen.<br />

<strong>Die</strong>ses wurde jedoch <strong>im</strong> Gegensatz zu<br />

den Vorgängermodellen überarbeitet<br />

und verbessert. Megapode, Hemipode<br />

und Horizon heissen die Modelle, die<br />

jetzt wieder erhältlich sind. Als wirklich<br />

neues Modell wurde 2008 die Solaris<br />

vorgestellt, eine für heutige Ver­<br />

hältnisse eher kleine Uhr mit<br />

zwei Quarzwerken in einem<br />

Keramikgehäuse, die man<br />

beidseitig tragen kann. Auch<br />

sie ein smartes Stück Newson­<br />

Design. Radikal neue Uhren<br />

präsentierte Newson 2010.<br />

Für Jaeger­LeCoultre interpretierte<br />

er die legendäre Atmos<br />

neu, als Atmos 566.<br />

Auch dieser Entwurf wurde<br />

sofort zur Ikone.<br />

Der wahre Paukenschlag hingegen<br />

war das “Hourglass”. Jawohl,<br />

man kann die Sanduhr neu erfinden.<br />

Bereits der Begriff Sanduhr ist hier<br />

aber eigentlich falsch. Im Innern der<br />

mit enormem Aufwand aus einem<br />

Stück gemachten Stundengläser rieseln<br />

nämlich hunderttausende<br />

“Nanoballs”. Das sind kleinste Stahlkügelchen,<br />

die mit verschiedenen<br />

Metallen beschichtet werden. Das<br />

Kunstobjekt mit hohem Potential als<br />

Sammlerstück gibt es in zwei Grössen,<br />

einmal mit 60 Minuten und einmal<br />

mit 10 Minuten “Gangreserve”.<br />

Der meditative Effekt<br />

Es ist schwierig, sich der Faszination<br />

dieser Skulptur zu entziehen. Es ist<br />

nicht nur das sanfte Rieseln der<br />

Nanoballs, speziell ist auch der Ton,<br />

der entsteht, wenn die kleinen Kügelchen<br />

aufs Glas treffen. Im Gegensatz<br />

zum Sand hüpfen sie regelrecht, anfangs<br />

stark, mit zunehmender Häufung<br />

auf dem Boden <strong>im</strong>mer weniger<br />

fest. Schon der meditative Effekt, der<br />

be<strong>im</strong> intensiven Hinschauen eintritt,<br />

lässt in einem den Wunsch aufkommen,<br />

ein Hourglass besitzen zu wollen.<br />

Wir sehen es als den perfekten<br />

Begleiter auf dem Schreibtisch des<br />

arbeitsbelasteten Entscheiders: Zehn<br />

Minuten dem Rieseln zuzuschauen,<br />

fokussiert die Gedanken wieder aufs<br />

Wesentliche. Womit sich die unbestritten<br />

nicht günstige Anschaffung<br />

bald amortisiert. Auch <strong>im</strong> Sitzungsz<strong>im</strong>mer<br />

könnte das einstündige<br />

Hourglass auf kultivierte Art die Dauer<br />

von Meetings beschränken helfen.<br />

<strong>Die</strong> Atmos 566, Design Marc<br />

Newson.<br />

<strong>Die</strong> grosse Version mit den vergoldeten<br />

Nanoballs ist exklusiv reserviert<br />

für “The Hourglass”, den wohl berühmtesten<br />

und weltbesten Retailer<br />

für verrückte Uhren mit Standort in<br />

Singapur. Dessen Gründer und Patron<br />

Michael Tay gilt als grosser Förderer<br />

der alternativen “Haute Horlogerie”.<br />

“Ich war absolut begeistert von<br />

der Idee und habe sofort für eine l<strong>im</strong>itierte<br />

Serie zugesagt. <strong>Die</strong> übrigens<br />

praktisch ausverkauft ist”, verriet uns<br />

Tay anlässlich einer Begegnung an der<br />

Baselworld. Aber noch nicht komplett<br />

ausgeliefert, denn die Herstellung des<br />

Hourglass benötigt eine gigantische<br />

Maschinerie. Glas zu bearbeiten ist<br />

generell sehr anspruchsvoll und erfordert<br />

neben entsprechenden Installationen<br />

auch sehr viel Erfahrung und<br />

Fingerspitzengefühl. Nach langem<br />

Suchen fand Alexandre David in Basel<br />

einen Betrieb, der in der Lage war,<br />

Newsons anspruchsvolle Pläne umzusetzen.<br />

So kompliziert kann das doch<br />

nicht sein, ein Stundenglas herzustellen,<br />

könnte man meinen. Doch die<br />

Annahme ist falsch. Bis zu drei Tage<br />

dauert es, bis eines der Kunstwerke<br />

fertig ist. Machen Sie sich selber ein<br />

Bild davon – auf www.uhrsachen.ch<br />

finden Sie einen schönen „Making of“-<br />

Film, in dem die Produktion eindrücklich<br />

gezeigt wird.<br />

Tick different.<br />

11


Ästhetik.<br />

ZUKUNFT AUS TRADITION.<br />

Der Design-Klassiker.<br />

Seit 1861 bringt Junghans die Zeitmessung kontinuierlich voran. Mit<br />

technischen Innovationen, mit einer Gestaltung, die Funktion und<br />

Emotion synchronisiert, mit einem ausgeprägten Bewusstsein für<br />

Authentizität und Werte.<br />

www.junghans.de


Airman Nr. 24: SST Chronograph<br />

NEUHEITEN<br />

Glycine: Neue Taucheruhren<br />

Lagunare heissen seit jeher die Glycine-Uhren fürs Wasser.<br />

Mit der Lagunare L1000 setzen die Bieler die Erfolgsserie fort.<br />

Zehn Jahre nach der ersten<br />

Lagunare lanciert Glycine die<br />

Taucheruhr Lagunare Automatic<br />

L1000. Mit ihrem Durchmesser<br />

von 44 Mill<strong>im</strong>etern ist sie <strong>im</strong>mer<br />

noch eine stattliche Erscheinung,<br />

aber doch ein wenig kompakter als<br />

ihre Vorgänger.<br />

Charakterstark, robust und funktionell<br />

– eine Lagunare war und ist ein<br />

Blickfang. Seit der Präsentation des<br />

ersten Modells hat die Taucheruhr­<br />

Linie von Glycine grosse Beliebtheit<br />

sowohl bei Tauchern als auch generell<br />

bei Uhrenliebhabern erlangt. <strong>Die</strong><br />

coole L1000 ist wasserdicht bis zu einer<br />

Tiefe von 1000 Fuss – daher ihr<br />

Name – also bis 300 Meter. Es gibt<br />

davon drei Zifferblattvarianten: <strong>Die</strong><br />

leuchtstarke Version mit schwarzem<br />

Zifferblatt und orangefarbenem Minutenzeiger,<br />

dem wichtigsten bei Taucheruhren,<br />

die Elegante mit weissem<br />

Zifferblatt sowie die Wasserblaue,<br />

welche die Sehnsucht nach Meer wecken<br />

soll. Unverkennbar bei allen drei<br />

sind das charakteristische Leuchtelement<br />

auf dem Tauchdrehring und<br />

die Glycine­typische Blockierkrone<br />

bei 4 Uhr. Angetrieben wird sie von<br />

einem ETA 2824­2­Automatikwerk.<br />

Auf diese Uhr haben Airman-Liebhaber gewartet: <strong>Die</strong> Airman SST Chronograph ist in Form und in Farbgebung stark<br />

dem Original von 1968 nachempfunden.<br />

1968 war sie der erste Chronograph<br />

von Glycine, nur etwa 100 Exemplare<br />

wurden damals von dieser Sonderversion<br />

der Airman SST produziert. <strong>Die</strong>se<br />

Originale sind heute fast unauffindbar<br />

und darum begehrte Sammlerstücke.<br />

Als bereits 24. Generation ihrer Airman­Uhren<br />

lässt Glycine die Airman<br />

SST Chronograph nun wieder aufleben<br />

– mit der Schönheit von damals<br />

und der Technologie von heute. <strong>Die</strong><br />

Merkmale, welche diese Uhr so besonders<br />

machen, sind bei Original<br />

und Remake die Selben: Etwa das 43<br />

mm grosse Stahlgehäuse, die 14eckige<br />

geschraubte Stahllunette oder die typische<br />

Schlitzkrone zur Bedienung<br />

des unter dem Saphirglas liegenden<br />

24­Stunden­Drehrings, beispielsweise<br />

mit einer Münze. Das hat ein Pilot<br />

<strong>im</strong>mer in der Tasche.<br />

Das Gehäuse verpackt das ETA­Werk<br />

7754 opt<strong>im</strong>al, so dass die Uhr ergonomisch<br />

angenehm am Handgelenk<br />

liegt. Auf dem Stahlboden ist eine<br />

Gravur ihres Namensgebers zu sehen:<br />

eine Boeing Super Sonic Transport<br />

(SST), das noch vor der Concorde geplante<br />

erste Überschallflugzeug – das<br />

jedoch <strong>im</strong> Gegensatz zum französisch­britischen<br />

Supervogel<br />

<strong>im</strong> Projektstadium blieb<br />

und nie gebaut wurde.<br />

Der typischen Version mit<br />

ihrem schwarzem Zifferblatt<br />

und orangefarbenem<br />

24­Stunden­Drehring<br />

verdankt diese Airman<br />

den liebevollen Namen<br />

„Pumpkin“ (Kürbis).<br />

<strong>Die</strong> GMT­Version mit<br />

12­Stunden­Anzeige lässt<br />

einem insgesamt drei <strong>Zeitzonen</strong><br />

ablesen. Für Puristen<br />

und bekennende Air man­<br />

Fans produziert Glycine selbstverständlich<br />

wieder eine reine<br />

24­Stunden­Uhr mit zwei <strong>Zeitzonen</strong>,<br />

auf Wunsch auch mit dem bekannten<br />

blau­schwarzen Verlaufszifferblatt<br />

mit Tag­/Nacht­Symbolik.<br />

13


14<br />

DIGITAL<br />

EPD-Anzeige: <strong>Die</strong> Schärfste<br />

Seiko hat <strong>im</strong> Bereich der Digitaluhren <strong>im</strong>mer wieder die Pionierrolle innegehabt.<br />

Unvergessen sind die ersten digitalen Multifunktionsuhren, die es in<br />

den siebziger Jahren sogar ans Handgelenk von James Bond geschafft<br />

hatten. Jetzt kommt aus Japan die erste Uhr mit Aktiv matrixdisplay<br />

– mit einer sensationellen Schärfe der Anzeige.<br />

1975 schrieb der japanische Uhrenkonzern<br />

Seiko Geschichte mit der<br />

Lancierung der ersten digitalen Multifunktionsuhr<br />

mit LCD­Anzeige. Und<br />

1977 wurde der legendäre Roger<br />

Moore als James Bond in „Der Spion<br />

der mich liebte“ von einer Message<br />

aus dem Hauptquartier, die aus seiner<br />

digitalen Seiko­Uhr tickerte, be<strong>im</strong><br />

Schäferstündchen mit der betörenden<br />

russischen Majorin Anya Amasova<br />

(Agent XXX) gestört. <strong>Die</strong>se frühen<br />

Seiko­Digitaluhren kosteten damals<br />

richtig Geld und sind heute sehr gesuchte<br />

Sammlerstücke, wenn sie ­ was<br />

leider selten ist ­ noch in einem guten<br />

Zustand sind.<br />

Seikos Innovationen gingen weiter.<br />

1982 war es die erste Fernseh­Uhr der<br />

Welt, die für Staunen sorgte. Allerdings<br />

musste man zu der Uhr einen<br />

reichlich unförmigen Fernsehempfänger<br />

mitschleppen, der per Kabel an<br />

die Uhr angeschlossen wurde. Der<br />

kommerzielle Erfolg dürfte sich <strong>im</strong><br />

Rahmen gehalten haben. Auch die<br />

U h RSACHEN<br />

erste Digitaluhr mit<br />

eigentlichen Computerfunktionen,<br />

die<br />

erste mit Sprachaufnahmemöglichkeit<br />

und der<br />

erste Tauchcomputer<br />

gingen aufs<br />

Konto der findigen<br />

Ingenieure.<br />

2006 präsentierten<br />

sie dann in Basel die<br />

erste Uhr mit einem<br />

Display mit elektronischer<br />

Tinte, eine sehr<br />

avantgardistische Spangenuhr<br />

mit futuristischer Anzeige.<br />

<strong>Die</strong>se gewann – ausgerechnet <strong>im</strong><br />

Epizentrum der noblen Uhrenindustrie<br />

– auf Anhieb den prestigeträchtigen<br />

Grand Prix d’Horlogerie<br />

de Genève.<br />

EPD heisst das Zauberwort dieser<br />

neuen Technologie, das für Elektrophoretisches<br />

Display steht und die<br />

Wanderung elektrisch geladener Teil­<br />

untere Elektrode<br />

ca. 50 µm obere Elektrode (transparent)<br />

Seiko SDGA003: <strong>Die</strong> erste Serienuhr<br />

mit dem neuen, ultrascharfen<br />

EPD-Display setzt Massstäbe.<br />

Verschiedene Anzeigearten stehen<br />

zur Wahl. Zudem bietet sie Funkempfang,<br />

Weltzeitfunktionen und<br />

eine solare Stromversorgung.<br />

Das Prinzip der E-Tinte: Kleine Kapseln (Illustration links - Durchmesser: ca. 50 Tausendstelmill<strong>im</strong>eter) sind mit<br />

tausenden mikroskopisch winzigen negativ geladenen weissen und positiv geladenen schwarzen Partikeln gefüllt,<br />

die in einer klaren Flüssigkeit liegen. Wenn ein positives oder negatives elektrisches Feld erzeugt wird, bewegen sich<br />

entsprechend die weissen oder die schwarzen Partikel nach oben. Resultat ist ein weisses oder schwarzes Pixel. 80’000<br />

solche Pixel bilden das Display der neuen Uhr von Seiko. Der Strom muss <strong>im</strong>mer nur dann fliessen, wenn die Anzeige<br />

ändert, dadurch ist die Technik unerreicht energiesparend.


chen durch einen als Trägermaterial<br />

dienenden Stoff in einem elektrischen<br />

Feld bezeichnet. Tönt kompliziert,<br />

ist es auch. <strong>Die</strong>se Technologie wird<br />

beispielsweise auch bei den E­Book­<br />

Lesegeräten genutzt.<br />

Zwei Dinge sind auf den ersten Blick<br />

frappant: <strong>Die</strong> unglaubliche Schärfe<br />

der Anzeige, die aus der Auflösung<br />

von 300 dpi (dots per inch, also<br />

Punkte pro Zoll) resultiert, so wie<br />

man sich das von Laserdruckern gewohnt<br />

ist. Das zweite ist der Blickwinkel.<br />

Selbst aus fast 180° sind die<br />

Zahlen noch perfekt ablesbar.<br />

Gespiesen wird die neue Uhr über<br />

kleine Solarzellen, die rund um die<br />

Anzeige diskret angebracht sind.<br />

Dank der neuen Technologie braucht<br />

das Display aber nur sehr wenig<br />

Strom, nämlich nur dann, wenn etwas<br />

auf der Anzeige ändert (siehe<br />

Erklärung <strong>im</strong> Schema). <strong>Die</strong> präzise<br />

Quarzuhr empfängt die Signale von 4<br />

<strong>Die</strong> Mega Futura lehnt sich an ihrem<br />

historischen Vorbild Mega 1 an, der<br />

1990 vorgestellten ersten Armbanduhr<br />

überhaupt mit Funkempfang.<br />

Unterdessen wurde die Technik laufend<br />

perfektioniert, und auch auf dem<br />

Anzeigebereich hat sich viel getan.<br />

<strong>Die</strong> neue Uhr aus dem Hause Junghans<br />

verfügt über ein solides, markantes<br />

Gehäuse aus gebürstetem Edel­<br />

Funkstationen (Deutschland, Grossbritannien,<br />

USA und Japan). An Zusatzfunktionen<br />

bietet sie einen Alarm<br />

sowie vor allem eine umfangreiche<br />

Weltzeiteinstellung, in der auch spezielle<br />

Halbstunden­<strong>Zeitzonen</strong> berücksichtigt<br />

werden.<br />

Fast unbeschränkt sind die Gestaltungsmöglichkeiten<br />

der Anzeige, da<br />

man nicht mehr auf die herkömmlichen<br />

LCD­Segmente angewiesen<br />

ist. Nicht nur zwischen positiver und<br />

negativer Darstellung hat man bei<br />

der Uhr die Wahl. Be<strong>im</strong> Worldt<strong>im</strong>er<br />

ist beispielsweise eine kleine Weltkugel<br />

zu sehen, auf der der eingestellte<br />

Ort hervorgehoben wird. Auch eher<br />

abenteuerliche Designs können ausgewählt<br />

werden, die den Geschmack<br />

hier nicht unbedingt treffen dürften.<br />

Einen Nachteil hat die Technik allerdings<br />

noch. <strong>Die</strong> Mikro­Partikel<br />

benötigen eine gewisse Zeit, um sich<br />

in den Kapseln umzuschichten (siehe<br />

Illustration), dadurch ist die Anzeige<br />

stahl, in das die Drücker elegant und<br />

unsichtbar integriert sind. <strong>Die</strong> Uhr<br />

trägt sich bequem und sieht am<br />

Handgelenk eindeutig noch besser<br />

aus als auf einem Bild.<br />

<strong>Die</strong> Anzeige ist – ganz bewusst –<br />

stark auf das Wesentliche reduziert,<br />

Zusatzfunktionen sucht<br />

man hier vergebens. Das Multifrequenz­Funkwerk<br />

zeigt die<br />

Uhrzeit, das Datum, den Wochentag<br />

und die Kalenderwoche,<br />

und all dies sehr gut ablesbar.<br />

Das Display wird auf Knopfdruck<br />

beleuchtet. Es gibt sie mit positivem<br />

(Bild rechts) oder negativem<br />

Display, und neben den Stahl­ auch<br />

mit Kautschuk­ oder Lederbändern.<br />

Sie hat ein Saphirglas und ist wasserdicht<br />

bis 5 bar. Preise ab CHF 450.­<br />

DIGITAL<br />

etwas träge und eignet sich (noch)<br />

nicht für bewegte Bilder. Ein mitlaufender<br />

Chronograph oder ein analog<br />

abgebildeter Sekundenzeiger wäre eine<br />

mögliche solche Anwendung. Aber<br />

wir sind uns fast sicher, dass die findigen<br />

Seiko­Techniker auch das noch<br />

in den <strong>Griff</strong> bekommen werden.<br />

Junghans Mega Futura: Auch ohne Brille gut lesbar.<br />

Den Namen Futura trägt sie wohl zurecht: <strong>Die</strong> neueste Junghans Mega hat ein sehr zukunftsgerichtetes<br />

Design. Auch die weniger gutsichtigen Zeitgenossen werden sich an ihr freuen: <strong>Die</strong> grossen<br />

Ziffern sind äusserst hilfreich für die gute Lesbarkeit.<br />

Mega 1: Das historische Vorbild für<br />

die neue Mega Futura<br />

<strong>Die</strong>se Seiko sorgte 1975 für Aufsehen<br />

und Beunruhigung in der<br />

Schweizer Uhrenindustrie: Es war<br />

die erste digitale Multifunktionsuhr<br />

mit Digitalanzeige.<br />

15


16<br />

COMEBACK<br />

Aufgerappelt: Digitalpionier Ventura meldet sich zurück<br />

Lange war es still um die Firma Ventura. Trotz sehr innovativen Ansätzen und<br />

Produkten wie der ersten automatischen Digitaluhr und markanten Designs<br />

ging sie 2007 mit einigen Nebentönen in Konkurs, mitten <strong>im</strong> grossen<br />

Uhrenboom (Tick different berichtete).<br />

Nun meldet sich Ventura­Gründer<br />

und Stehaufmann Pierre Nobs zurück,<br />

und das mit einem eigentlichen<br />

Paukenschlag. Er hatte Ende 2009 die<br />

Möglichkeit, die Markenrechte und<br />

die Uhren und Komponenten der<br />

Konkursmasse wieder zu erwerben.<br />

Damit konnten in einer ersten<br />

Phase noch bestehende Modelle<br />

produziert und verkauft werden,<br />

was für ein wenig Cashflow sorgte.<br />

Zudem fand er Investoren, die bereit<br />

waren, Kapital für neue Entwicklungen<br />

einzuschiessen.<br />

Im Vorfeld der Uhrenmesse Baselworld<br />

präsentierte Ventura ein neues,<br />

äusserst innovatives Modell namens<br />

Sparc MGS. MGS steht für Micro­<br />

Generator­System. <strong>Die</strong>ses besteht aus<br />

mehreren, mechanisch und elektronisch<br />

anspruchsvollen Komponenten.<br />

Ein Rotor, wie man ihn aus einer mechanischen<br />

Armbanduhr kennt, wird<br />

durch die Bewegungen des Trägers in<br />

Schwingung versetzt. <strong>Die</strong>se Schwingungen<br />

spannen über ein Wechselgetriebe<br />

eine Federkonstruktion (ein so<br />

genanntes “Barillet”), die wiederum<br />

ihre Spannkraft rund 17’000 mal auf<br />

einen Mikrogenerator entlädt. Speziell<br />

daran ist, dass die Feder spiralförmig<br />

ist, <strong>im</strong> Gegensatz zu den sonst in<br />

Federhäusern verwendeten Aufzugsfedern.<br />

<strong>Die</strong>ser Generator sendet Stromfunken<br />

und lädt damit einen Akku.<br />

Damit ist die Stromversorgung des digitalen<br />

Multifunktions­Uhrwerks gesichert.<br />

Das Ganze ist, wie <strong>im</strong>mer bei Ventura,<br />

sehr modern verpackt. Das Gehäuse<br />

erinnert an die letzten Modelle der<br />

v­tec alpha­Serie, die noch von<br />

Hannes Wettstein entworfen wurden,<br />

dem leider 2008 verstorbenen grossartigen<br />

Designer und Gestalter. Charakteristisch<br />

war daran der „Wettstein­<br />

U h RSACHEN<br />

Gross, aber anatomisch gut geformt und darum erstaunlich gut tragbar: <strong>Die</strong><br />

Ventura Sparc MGS. Gut unter einem Saphirglas sichtbar von oben ist der<br />

Aufzugsrotor für das Micro Generator System.<br />

Knick“, der für eine sehr gute Ergonomie<br />

sorgte. <strong>Die</strong>sen Knick hat man<br />

nun neu interpretiert. Er ist aber nicht<br />

einfach Designelement, sondern unabdingbar<br />

für den Tragekomfort der<br />

neuen Uhr. Sie zeigt auf der unteren<br />

Hälfte das grosse Display, auf der oberen<br />

in einem Sichtfenster aus Saphirglas<br />

den drehenden Rotor. <strong>Die</strong> Uhr ist<br />

zwar gross, aber dank des Knicks erstaunlich<br />

gut tragbar, wie sich der<br />

Schreibende selber überzeugen konnte.<br />

Und sie ist nicht weniger als ein<br />

echter Meilenstein in der Uhrenarchitektur.<br />

Gleichzeitig lanciert Ventura die v­tec<br />

Alpha II. Ihr 2003 vorgestellter Vorgänger<br />

war, wie jetzt die sparc MGS,<br />

wegweisend. Sie führte damals das<br />

„Easy Scroll“­System ein, mit dem die<br />

Uhr über ein kleines Rad bedient<br />

wird. Damit war eine sehr intuitive<br />

Bedienerführung möglich geworden,<br />

mit Drehen und Klicken konnten<br />

sämtliche Funktionen wie Stoppuhr,<br />

Wecker, Countdown und zweite Zeitzone<br />

angewählt werden. In der neuen<br />

Generation kommt dieses Scrollrad<br />

wieder zum Einsatz. Es bedient jetzt<br />

ein völlig neues Modul, das von Ventura<br />

in Zusammenarbeit mit der Firma<br />

Dynatronics enwickelt wurde, einer<br />

renommierten Mikroelektronik­<br />

Spezialistin <strong>im</strong> zürcherischen Uster.<br />

<strong>Die</strong> LCD­Anzeige ist, wie be<strong>im</strong> Vorgängermodell,<br />

zweizeilig. Allerdings<br />

wird jetzt in der oberen Zeile die Zeit<br />

viel grösser angezeigt, und die Zusatz­


funktionen in der zweiten Zeile heben<br />

sich klar ab. Speziell ist die Typographie<br />

des etwas technoid „Twisted Nematic<br />

Field Effect LCD“ genannten<br />

Displays. Denn niemand geringerer<br />

als der legendäre Schriftenguru Adrian<br />

Frutiger hatte Nobs schon bei der<br />

Gestaltung der ersten Version der Digitalschrift<br />

geholfen. „Unsere Displays<br />

haben enorm viele LCD­Segmente,<br />

viel mehr als das bei herkömmlichen<br />

Anzeigen der Fall ist. Dadurch können<br />

wir viel schärfere und besser lesbare<br />

Zeichen bieten“ erklärt Nobs.<br />

Tatsächlich hebt es sich von den gewohnten<br />

LCD­Displays deutlich ab.<br />

Ventura bietet sich jetzt eine echte<br />

Chance auf ein Comeback. Mit dem<br />

unbestrittenen Topmodell der neuen<br />

Kollektion, der Sparc MGS, wurde<br />

eine Uhr geschaffen, die echtes Kultpotential<br />

hat. Mit einem vorgesehenen<br />

Verkaufspreis von etwas über<br />

5000 Schweizer Franken ist sie kein<br />

Schnäppchen – aber echte Avantgarde<br />

in Kleinserie hat ihren Preis. Es wartet<br />

jedoch noch ein relevantes Problem<br />

auf Nobs, mit dem sich auch<br />

andere Nischenmarken<br />

schwer tun: <strong>Die</strong> richtigen<br />

Händler zu finden, die in<br />

der Lage sind, solche<br />

Uhren auch an die Endkunden<br />

zu bringen.<br />

Denn das beste Produkt<br />

nützt nichts, wenn der<br />

Vertrieb nicht st<strong>im</strong>mt.<br />

„Wir setzen auf ein<br />

Händlernetzwerk, das<br />

besitzergeführt und angetrieben<br />

von persönlichem<br />

Einsatz ist, mit einer<br />

grossen Begeisterung für spezielle<br />

und speziell schöne Uhren“<br />

sagt Nobs dazu. Wenn er diese in<br />

ausreichender Anzahl findet, könnte<br />

die „Phönix aus der Asche“­Geschichte<br />

für Ventura am Ende doch noch<br />

gut ausgehen.<br />

COMEBACK<br />

<strong>Die</strong> v-tec alpha II in Durinox.<br />

Das Micro Generator System – die Funktionsweise:<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Der Rotor (1) wird durch die Bewegungen des Trägers in Schwingungen versetzt. Über das Wechselgetriebe (2) werden<br />

die Schwingungen auf die Feder, auch Barillet genannt, (3) übertragen. Das Barillet treibt einen Mikrogenerator (4)<br />

an, der 17’000 Mal am Tag mit Funken (den “Sparcs”) Energie generiert, die <strong>im</strong> Akku (5) gespeichert wird. <strong>Die</strong>ser<br />

Akku speist dann das Werk und damit auch das LCD-Display (6).<br />

4<br />

6<br />

5<br />

Tick different.<br />

17


Armin Strom: Mit Vollgas voraus<br />

<strong>Die</strong> noch junge Manufaktur Armin Strom gibt Gas. Nach dem viel beachteten<br />

ersten Manufakturkaliber ARM09 präsentieren die innovativen<br />

Bieler nun eine weitere Serie Uhren mit vollständig selber<br />

konstruiertem und gebautem Werk.<br />

Es ging ein grosses Staunen durch die<br />

Branche, als die kleine Neo­Manufaktur<br />

Armin Strom 2009 ihr erstes vollkommen<br />

inhouse erbautes Werk präsentierte.<br />

Es war in kurzer Entwicklungszeit<br />

entstanden, unter der Ägide<br />

des unermüdlichen Konstrukteurs<br />

Claude Greisler. Nun doppelt die junge<br />

Crew rund um CEO Serge Michel<br />

nach und liefert ein Handaufzugswerk<br />

ab, das unter anderem mit einer<br />

Gangreserve von 120 Stunden glänzt.<br />

Das AMW11 (ArminManualWinding<br />

11) hat mit 16 1/2 Linien (36,6<br />

mm) eine stattliche Grösse. Es zeigt<br />

Stunden, Minuten und Sekunden<br />

und tickt in der traditionsbewussten<br />

Frequenz von 3 Hertz (18’000 A/h).<br />

Ebenfalls traditionell ist die klassische<br />

Schraubenunruh mit Goldschrauben<br />

und die Breguet­Spirale.<br />

Tradition und Moderne<br />

Auch optisch bietet das Werk viel: Es<br />

n<strong>im</strong>mt die Tradition der Uhrwerksveredelung<br />

auf und interpretiert sie in<br />

moderner Form. Der Verzicht auf ein<br />

vollflächiges Zifferblatt gibt den Blick<br />

frei in Tiefe des Werks und macht die<br />

Schönheit und Faszination der Technik<br />

sichtbar. Gekonnt sind die runden<br />

Zierschliffe und die Gravuren<br />

rund um die Unruhebrücke. Unverwechselbar<br />

für Uhren von<br />

Armin Strom ist<br />

auch die Zeitanzeige:<br />

Stunden­ und Minutenzeiger<br />

drehen sich<br />

nicht aus dem Mittelpunkt<br />

der Uhr<br />

heraus, sondern<br />

sie sind leicht dezentralangeordnet.<br />

Das ist einerseits<br />

optisch gewollt,<br />

andererseits<br />

aber auch ein auf<br />

Anhieb sichtbares<br />

Merkmal, dass es sich<br />

eben nicht um ein Werk<br />

„ab Stange“ handelt, das<br />

man noch aufbrezelt. Ziel<br />

der Entwickler war es, eine<br />

Uhr mit einem exklusiven<br />

Manufakturkaliber zu einem<br />

aussergewöhnlichen Preis zu<br />

schaffen. Mit einem Startpreis von<br />

knapp unter CHF 10’000 ist ihnen<br />

dies auch gelungen.<br />

<strong>Die</strong> „Manual Collection“ umfasst –<br />

wie schon be<strong>im</strong> Regulator und bei der<br />

One Week – vier verschiedene Varianten,<br />

wiederum den vier Elementen<br />

Water, Air, Earth und Fire gewidmet.<br />

Von jeder Variante wird eine Serie von<br />

DESIGN<br />

Armin Manual Water: <strong>Die</strong> Uhr mit<br />

dem neuen Handaufzugs-Manufakturwerk<br />

AMW11 mit 5 Tagen<br />

Gangreserve.<br />

lediglich 100 Stück hergestellt. Das markante, eigenständig gestaltete<br />

Gehäuse mit einem Durchmesser von<br />

43,5 Mill<strong>im</strong>etern ist aus Titan, Stahl<br />

(mit oder ohne schwarzer PVD­Beschichtung)<br />

oder 18 Kt. Rotgold.<br />

„Wir wollten be<strong>im</strong> Gehäuse betont<br />

klare Kanten schaffen und nicht überall<br />

Rundungen“ erläutert Claude<br />

Greisler. „Das ist zwar für den Gehäusebauer<br />

wesentlich anspruchsvoller,<br />

doch das optische Resultat ist dafür<br />

umso überzeugender. Und<br />

es verleiht unseren Uhren<br />

einen wirklich eigenen<br />

Charakter. “ Wie wahr.<br />

Tick different.<br />

19


20<br />

HIGH-TECH<br />

Von der Boxengasse ans Handgelenk<br />

Zugegeben: <strong>Die</strong> Idee, aus speziellen Materialien Uhrwerksbestandteile zu machen, ist nicht absolut neu. Doch weil die<br />

Firma Armin Strom eine richtige Manufaktur ist, in der auch Späne fliegen, konnte sie mit sehr viel Konsequenz umgesetzt<br />

werden. Hintergrund ist ein Formel-1-Sponsoringengagement der aufstrebenden Bieler Firma.<br />

„Wir hätten ja einfach ein Logo auf<br />

unsere Uhren machen können.<br />

Aber das war uns dann doch zu<br />

einfach“ schildert Claude Greisler,<br />

Produktentwickler und Konstrukteur<br />

bei Armin Strom den<br />

Grundgedanken zu einer besonderen<br />

Serie von Uhren. Ausgangspunkt war<br />

ein Sponsoring engagement von Armin<br />

Strom be<strong>im</strong> russisch­britischen<br />

Formel 1­Team Marussia Virgin Racing.<br />

„Ein Formel 1­Motor hält rund<br />

40 Stunden, dann ist er hin. Ein Uhrwerk<br />

hält bei guter Pflege ewig. <strong>Die</strong>sen<br />

extremen Gegensatz wollten wir<br />

aufzeigen und umsetzen.“<br />

<strong>Die</strong> Formel 1 produziert also grosse<br />

Mengen an Hightechschrott aus besten<br />

Materialien. <strong>Die</strong> Idee war rasch<br />

Gentlemen, melt your engines...<br />

Hightech-Schrott: Ausgemusterte<br />

Formel-1-Motorenteile vor ihrer<br />

Weiterverwendung.<br />

Umgewandelt: <strong>Die</strong>se Blöcke werden<br />

nun noch gewalzt, um dann zu<br />

Uhrenteilen verarbeitet zu werden.<br />

U h RSACHEN<br />

geboren, doch die Umsetzung sollte<br />

sich als knifflig erweisen. So ging erst<br />

einmal die Recherchiererei los. „Kein<br />

Problem, klar können wir Aluminium<br />

oder auch andere Legierungen<br />

schmelzen“ war jeweils die Antwort<br />

bei den angefragten Betrieben. „Mindestmenge<br />

ist 250 kg“ war der Nachsatz.<br />

„Wir haben viereinhalb Kilo“<br />

erwiderte Greisler, womit die Sache<br />

jeweils gegessen war.<br />

Nach langem Suchen wurde man in<br />

St. Gallen bei einer Kunstgiesserei<br />

fündig, die erstens einen Prototypen<br />

eines Vakuum­Ofens hat und zweitens<br />

nicht die Hände verwirft, wenn<br />

man mit kleinen Mengen ankommt.<br />

Sie zeigte viel Freude an der Idee und<br />

ging mit entsprechendem Engage­<br />

Schmelzmaschine: Im Vakuum-<br />

Ofen der St. Galler Kunstgiesserei<br />

werden die Teile flüssig gemacht.<br />

Zurück zu 18’000 Umdrehungen:<br />

Mit der CNC-Maschine werden die<br />

Teile gefräst.<br />

ment zur Sache. <strong>Die</strong> korrekte Verarbeitung<br />

ist entscheidend. „Gerade<br />

weil wir die Teile nachher spanabhebend<br />

bearbeiten, war es enorm wichtig,<br />

dass sie keinerlei Lufteinflüsse aufweisen.<br />

<strong>Die</strong>se würden nachher auf<br />

den gefertigten Teilen hässlich aussehen<br />

und uns zudem bei der Produktion<br />

Probleme verursachen“ ergänzt<br />

der Produktionschef.<br />

Aluminium schmilzt bei der für Metalle<br />

verhältnismässig niederen Temperatur<br />

von rund 660º Celsius. <strong>Die</strong><br />

flüssige Aluminium­Speziallegierung<br />

kommt aus dem Ofen und wird dann<br />

sorgfältig in Blöcke gegossen. <strong>Die</strong>se<br />

sind dann noch zu dick, um sie für die<br />

relativ dünnen Uhrenteile direkt verwenden<br />

zu können. Darum ist die<br />

Mehrere aufwendige Schritte sind notwendig, um aus Motorenteilen Uhrenbestandteile zu machen. Wir zeigen Ihnen<br />

hier, auf welche Weise das bei Armin Strom umgesetzt wird.<br />

Teure Sauce: <strong>Die</strong> flüssige Aluminiumlegierung<br />

wird sorgfältig<br />

gegossen.<br />

<strong>Die</strong> Formel-1-Brücke: Das fertige<br />

Teil hat einen sehr speziellen Finish<br />

und einen technischen Look.


Armin Racing One Week. Manufakturwerk<br />

ARM09 mit Brücken<br />

aus verarbeitetem Formel-1-Metall.<br />

L<strong>im</strong>itierte Serie von 40 Stück.<br />

nächste Etappe ein Walzwerk. Danach<br />

erfolgt die eigentliche<br />

Bearbeitung <strong>im</strong><br />

Hause Armin Strom.<br />

<strong>Die</strong> äusseren Formen<br />

der Brückenteile für die<br />

Modelle One Week und Regulator<br />

aus der modernen „Armin“­Linie<br />

bleiben konstruktionsbedingt gleich.<br />

Ganz anders präsentiert sich hingegen<br />

die Oberfläche.<br />

Gewichtsreduktion ist in der Formel 1<br />

eines der obersten Gebote. Jedes<br />

Gramm kann sich zu einem Kilo<br />

summieren, und jedes Kilo zuviel kostet<br />

Millisekunden an Geschwindigkeit.<br />

Und nur um die geht es in der<br />

Königsklasse des Rennsports. Darum<br />

wird bei vielen Teilen alles weggefräst,<br />

was irgendwie verzichtbar ist. „Eigentlich<br />

sind wir hier gar nicht so weit<br />

von Armin Stroms Urkompetenz ent­<br />

fernt, dem Skelettieren. Obwohl es<br />

dort natürlich ästhetische Gründe<br />

sind, und nicht die Gewichtsreduktion<br />

zählt“, sagt CEO Serge Michel<br />

mit einem Augenzwinkern.<br />

Durch die Anwendung dieserGestaltungselemente<br />

erhalten die gefertigten<br />

Spezialteile einen<br />

richtig technischen<br />

Look. <strong>Die</strong>ser wird<br />

noch vom Aussehen des<br />

Materials unterstützt. <strong>Die</strong> Bearbeitung<br />

der Teile war indessen<br />

eine grosse Herausforderung.<br />

Das Material wird in der Uhrenbranche<br />

eher selten verwendet. Es ist<br />

sehr heikel, es mit den gewohnten<br />

Werkzeugen zu fräsen. „Wir haben<br />

viel geübt“ sagt Greisler mit rollenden<br />

Augen. Doch Aufgeben ist nicht in<br />

der DNA dieses ausdauernden Schaffers,<br />

und so fand er letzlich einen<br />

Weg, das Material adäquat zu verarbeiten<br />

und sie dann auch perfekt in<br />

die von ihm gestalteten Werke zu integrieren.<br />

Das Resultat kann sich mehr als sehen<br />

lassen. <strong>Die</strong> Manufakturwerke bestechen<br />

bereits in der herkömmlichen<br />

Ausführung durch ihren eigenständigen,<br />

charaktervollen Auftritt. Das<br />

gekonnte Spiel mit den Materialien<br />

und der Einsatz der Marussia­Virgin­<br />

Teamfarben rot und schwarz geben<br />

den Uhren ein unverwechselbares<br />

Aussehen. Entsprechend vielversprechend<br />

sind die Eingänge an Bestellungen,<br />

und dies nicht nur aus dem<br />

HIGH-TECH<br />

Umfeld des Formel­1­Teams, sondern<br />

auch von Kunden, denen die Racing­<br />

Komponente der Uhren einfach sehr<br />

gut gefällt.<br />

<strong>Die</strong> Kollektion umfasst insgesamt vier<br />

verschiedene Modelle. Auf der „Pole<br />

Position“ steht unbestritten die Armin<br />

Racing One Week mit dem 2010<br />

vorgestellten Handaufzugs­Manufakturwerk<br />

mit seinen sieben Tagen<br />

Gangreserve. Sie ist auf 40 Exemplare<br />

l<strong>im</strong>itiert – dies vor allem wegen des<br />

sehr aufwendigen Herstellungsprozesses.<br />

Im selben, mit mattschwarzer<br />

PVD­Beschichtung behandelten Gehäuse<br />

gibt es das auf 100 Stück l<strong>im</strong>itierte<br />

Modell Racing Regulator mit<br />

seiner typischen dezentrierten Anzeige<br />

und der markanten retrograden<br />

Datumsanzeige. Etwas herkömmlicher<br />

sind die beiden Racing Chronographen,<br />

die ganz in den Marussia­<br />

Virgin­Farben gehalten sind. Sie werden<br />

vom bewährten Valgranges­Automatikwerk<br />

angetrieben und insgesamt<br />

genau 500 mal hergestellt.<br />

Was jetzt in der ganzen Angelegenheit<br />

noch fehlt, ist ein wenig mehr Erfolg<br />

und Rennglück des noch jungen Marussia­Virgin­Teams.<br />

<strong>Die</strong> beiden Piloten<br />

T<strong>im</strong>o Glock und Jerome<br />

D’Ambrosio fahren dem Feld zur Zeit<br />

noch hinterher. An den Uhren des<br />

Teams dürfte dies nicht liegen, sie<br />

sind absolut auf der Höhe der Zeit.<br />

Gemeinsam ist den Crews von Armin<br />

Strom und von Marussia­Virgin die<br />

Dynamik und der Wille, es nach vorne<br />

zu schaffen. Wir sind gespannt.<br />

Tick different.<br />

21


22<br />

NEUHEITEN<br />

Slyde: Zukunftsweisendes Konzept oder reine Spielerei?<br />

Muss man Jörg Hysek noch vorstellen? Nicht wirklich. Der 1953 in Ostberlin geborene Hysek gilt als einer der erfahrensten<br />

und kreativsten Designer der Uhrenbranche. Mit der Slyde stellt er ein Produkt vor, das es so noch nicht gibt.<br />

Anzeigen mit Zahlenrollen, virtuelle Achsen und Antriebsräder. Das Zifferblatt<br />

der Slyde ist ein Bildschirm, auf dem die verschiedensten Anzeigen<br />

dargestellt werden können, und das in hoher Auflösung. Zum ersten Mal<br />

geht ein Designer, der aus der realen Welt kommt, den Weg in die virtuelle<br />

Darstellung von aussergewöhnlicher Mechanik.<br />

Rolex, Cartier, Ebel, Omega, Tiffany,<br />

Vacheron Constantin, Breguet (die<br />

„Marine“ trägt seine Handschrift),<br />

Seiko (Arctura­Serie), Tag Heuer (Kirium)<br />

– die Stationen seiner Karriere<br />

lesen sich wie ein „Who is who“ der<br />

Uhrenwelt. Auch eine Schreib geräteserie<br />

und andere Gegenstände des Alltags<br />

gestaltete der unermüdliche<br />

Desig n arbeiter. 1999 gründete er folgerichtig<br />

seine eigene Uhrenfirma unter<br />

„Jorg Hysek“ ­ die Umlaute mussten<br />

der Internationalität weichen.<br />

Auch Hysek widerfuhr das Schicksal,<br />

aus der Firma mit dem eigenen Namen<br />

auszutreten. <strong>Die</strong>ser Schritt erfolgte<br />

2006, unter einigem Getöse. Er<br />

ist damit in bester Gesellschaft mit<br />

anderen grossen Uhrengestaltern. Gérald<br />

Genta, Daniel Roth, Rodolphe<br />

Cattin, Roger Dubuis – um nur einige<br />

Namen zu nennen – ging es ähnlich:<br />

auch ihre Firmen bestehen noch,<br />

aber sie haben damit nichts mehr zu<br />

tun.<br />

U h RSACHEN<br />

Mit zwei seiner damaligen jungen<br />

Teammitglieder, Valérie Ursenbacher<br />

und Fabrice Gonet, gründete Hysek<br />

in der Folge die Firma HD3 Complication,<br />

die rasch mit Aufsehen erregenden<br />

Komplikationen in Erscheinung<br />

trat. Raptor und Capture hiessen<br />

die Entwürfe von Gonet und Ursenbacher.<br />

Hysek selbst gestaltete die<br />

Modelle Idalgo XT­1 und XT­2. Alle<br />

diese Uhren waren sehr komplex, die<br />

Werke realisierte die unterdessen<br />

Konkurs gegangene Komplikationsspezialistin<br />

BNB Concept. <strong>Die</strong> Preise<br />

lagen entsprechend <strong>im</strong> sechsstelligen<br />

Frankenbereich. <strong>Die</strong> Designs und<br />

Umsetzungen waren ihrer Zeit voraus.<br />

Auch der Zeit voraus dürfte ein vollkommen<br />

neuartiges Konzept sein, das<br />

Hysek <strong>im</strong> Januar 2011 an der Geneva<br />

T<strong>im</strong>e Exhibition vorstellte, der gemeinsamen<br />

Ausstellung von kleinen,<br />

innovativen Firmen aus der Branche,<br />

die während der grossen Richemont­<br />

Sause SIHH in Genf durchgeführt<br />

wird. Slyde heisst die Uhr mit Kultpotential,<br />

die für äusserst kontroverse<br />

Diskussionen sorgte. Denn neben der<br />

Slyde sehen alle anderen Uhren <strong>im</strong><br />

wörtlichsten Sinn alt aus. Wie soll<br />

man sie beschreiben? Eine elektronische<br />

Luxusuhr? Mit Elektronik in<br />

einem höheren Segment Fuss zu fassen,<br />

haben schon einige versucht, mit<br />

unterschiedlichen Erfolgen (siehe<br />

auch Seite 16). Aber <strong>im</strong>mer blieb es<br />

dabei bei mehr oder weniger originellen<br />

digitalen Anzeigen. Hysek fusioniert<br />

nun Elektronik mit Mechanik,<br />

virtueller Mechanik wohlgemerkt.<br />

Wirklich spannend wird es be<strong>im</strong> Innenleben.<br />

Es ist ein vollelektronisches<br />

Modul, das ein wenig an ein Apple­<br />

Produkt erinnert ­ Steve Jobs würde<br />

vielleicht solche Uhren entwickeln<br />

lassen, wenn er denn davon etwas verstehen<br />

würde. Ein schickes elektronisches<br />

Teil in ein hochwertiges<br />

Uhrengehäuse einzubauen ist zwar<br />

ungewöhnlich, aber als solches noch<br />

nicht völlig revolutionär. Wo sich aber<br />

Hysek von allen anderen bisher da gewesenen<br />

Konzepten unterscheidet, ist<br />

bei den Inhalten. Weil Hysek und seine<br />

Crew viel Erfahrung haben <strong>im</strong><br />

„ganzheitlichen“ Design von Uhren,<br />

also in der visuell vereinten Kombination<br />

von Gehäuse UND Werk, bringen<br />

sie nicht einfach banale Zeigeranzeigen<br />

auf das Display. Im Gegenteil:<br />

Sie ziehen designmässig alle Register<br />

ihrer Kreativität und setzen sie virtuos<br />

virtuell um, mit Hilfe von CAD­<br />

Technik.<br />

Mit einer Berührung des Bildschirms,<br />

„touch“­mässig, wird die Anzeige aktiviert.<br />

<strong>Die</strong> Zeit wird mit virtuellen<br />

Rollen angezeigt, Zahnräder und Getriebestangen<br />

bewegen sich, ein Sekundenrad<br />

dreht. Das Ganze in einer<br />

verblüffenden Schärfe, mit einer


gross artigen Tiefenwirkung, gekonnt<br />

durch perfekte Licht­ und Schattenregie<br />

inszeniert. Mit „Slide“­Bewegungen,<br />

wie man sie beispielsweise<br />

vom iPhone und seinen Klonen<br />

kennt, gelangt man zum nächsten<br />

Modul – der Kalenderanzeige. Auch<br />

hier ein ähnliches Bild von virtuellen<br />

Rollen und Zahnrädern.<br />

Richtig „nouvelle horlogerie“ wird es<br />

dann bei der Hysek’schen Interpretation<br />

der Mondphasenanzeige. So<br />

kann das Resultat sein, wenn begnadete<br />

Uhrendesigner Inhalte für einen<br />

Bildschirm kreieren. Hysek ist aber<br />

nicht der Versuchung erlegen, viele<br />

zusätzliche Funktionen wie Telefon<br />

oder Musikplayer zu integrieren. Das<br />

ganze solle eine Uhr sein, nicht ein<br />

weiteres Multifunktionsgerät, dessen<br />

Funktionen man nur mit einer Ingenieursausbildung<br />

ergründen kann.<br />

Einzig eine reichlich ausgebuffte Kalenderfunktion<br />

mit der Möglichkeit,<br />

die noch verbleibenden Tage bis zu<br />

relevanten Daten wie Hochzeitstage<br />

einzugeben, wurde reingepackt, sowie<br />

ein Fotoalbum für wichtige Erinnerungen.<br />

Im Prinzip sollte sie eine Autonomie<br />

von ca. 10 Tagen haben. Es ist aber zu<br />

befürchten, dass es weniger ist, denn<br />

man wird als „Slyde“­Träger nicht darum<br />

herumkommen, wegen des hohen<br />

Toy­Faktors ständig damit herumzuspielen<br />

und – man ist ja „unter<br />

Männern“ – die Funktionen auch herumzuzeigen.<br />

Schwierig, sich der Faszination<br />

zu entziehen. Wenn der Akkuinhalt<br />

zur Neige geht, muss die Uhr<br />

auf die Ladestation, so wie man das<br />

von seinem Smartphone kennt.<br />

Einer der wirklich faszinierenden<br />

Punkte am ganzen Konzept ist die<br />

Möglichkeit, die „Slyde“ mit Updates<br />

zu versehen. „Wir haben noch viele<br />

Designideen, die wir nach und nach<br />

umsetzen werden“ sagt uns Hysek <strong>im</strong><br />

Gespräch. „Und natürlich wird man<br />

diese Anzeigen dann auf unserer Webseite<br />

herunterladen können. Denkbar<br />

ist auch, dass andere Uhrendesigner<br />

ihre Entwürfe für die „Slyde“ umsetzen<br />

und anbieten. Nur wer sich mit<br />

Zeitanzeigen und Werkskonstruktionen<br />

intensiv befasst hat, wer also<br />

„aus der Branche“ ist, kann auch<br />

wirklich hochwertige Uhrendesigns<br />

für unser Konzept entwickeln.“<br />

Es wird also bei Hysek eine Art „App­<br />

Store“ für neue Uhrendesigns geben.<br />

Wir wagen uns mal vorzustellen: Ein<br />

virtueller „Freak“ von Ulysse Nardin?<br />

Eine „Cabestan“ von Jean­François<br />

NEUHEITEN<br />

Jörg Hysek<br />

Ruchonnet? Eine Monaco V4? Eine<br />

„Urwerk“ von Felix Baumgartner?<br />

Das dürfte teilweise an den Eifersüchteleien<br />

unter den Marken und an Copyright­Problemen<br />

scheitern. Aber<br />

begnadete Designer gibt es, und auch<br />

solche, deren Entwürfe in „Krisenzeiten“<br />

niemand umsetzen mag, weil<br />

sie zu komplex für die Umsetzung mit<br />

realen Zahnrädern und Teilen sind.<br />

<strong>Die</strong> „Slyde“ hat also auch das Potential,<br />

zu einer perfekten Spielwiese für<br />

Uhrendesigner zu werden. Es ist zu<br />

hoffen, dass Hysek seinen „AppStore“<br />

entsprechend öffnet, damit auch junge,<br />

talentierte Designer die Chance<br />

erhalten, ihre Entwürfe zu verwirklichen,<br />

wenigstens virtuell.<br />

Das Gehäuse ist typisch Hysek. Aus Titan, aufwändig konstruiert, markante visuelle Elemente, moderne, harmonisch<br />

geformte Anstösse. Ein stark gewölbtes Saphirglas, ein perfekt integriertes Kautschukband. Das Bild mit der Explosionszeichnung<br />

zeigt, wieviel Aufwand da betrieben wird. Das Ganze wirkt nicht nur wie aus einem Guss, es ist es.<br />

Tick different.<br />

23


QLOCKTWO<br />

Z E I T I N WORTEN<br />

<strong>Die</strong> preisgekrönte Funkuhr Qlocktwo stellt die Zeit<br />

auf völlig neue Art in Worten dar. <strong>Die</strong> Zeitanzeige<br />

erfolgt über eine ausgeklügelte Zeichen matrix in<br />

5-Minuten-Schrit ten, die vier Punkte in den Ecken<br />

stehen für die Minuten.<br />

<strong>Die</strong> austauschbaren Front panels aus poliertem<br />

Plexi glas sind in mehreren Farben und den meisten<br />

Weltsprachen erhältlich. Und in Berndeutsch.<br />

Fürs Büro, fürs Wohnz<strong>im</strong>mer, für die Küche.<br />

Für überall. Wandmontage oder zum Aufstellen.<br />

Hochwertige, innovative Technik. Ein wahres<br />

Design-Highlight, 100% made in Germany.<br />

Das perfekte Geschenk.<br />

Verkaufspreis ab CHF 1490.- Neu: Qlocktwo Touch<br />

Mit Weckfunktion. Aluminium-Monobody-<br />

Gehäuse, 13,5 x 13,5 cm, ab CHF 590.-


DIE KOLLEKTIONEN VON UHRSACHEN<br />

<strong>Uhrsachen</strong> vertritt zur Zeit folgende Marken:<br />

... weitere Spezialitäten wie Occasionen in verschiedenen Preislagen, Uhrenbeweger sowie<br />

Einzelstücke zeigen wir Ihnen gerne bei uns <strong>im</strong> Ladengeschäft an der Kramgasse 19 in Bern.<br />

Tick different.<br />

25


26<br />

TECHNIK<br />

Ulysse Nardin: Neues Basiskaliber mit Siliziumteilen<br />

Der automobile Rennsport rechtfertigt sich gerne damit, dass dank ihm High-Tech-Entwicklungen in die Serienfertigung<br />

von Alltagsprodukten einfliessen. Bei Ulysse Nardin ist es tatsächlich so, dass erst die Entwicklung des Freak<br />

und das damit verbundene Engagement in der Entwicklung von Werkbestandteilen aus Silizium das neue Basiskaliber<br />

UN-118 möglich machten. Seit vielen Jahren ist man dran, jetzt ist es serienreif.<br />

„Is’ ja nur ein ETA“ war <strong>im</strong>mer wieder<br />

die schnöde Bemerkung, vornehmlich<br />

in deutschen Uhrenforen,<br />

wenn es um gewisse Modelle von<br />

Ulysse Nardin ging. Das war natürlich<br />

– meist aus schlichter Unkenntnis<br />

– reichlich deplatziert, und es brachte<br />

Ulysse Nardin­Patron Rolf Schnyder<br />

regelmässig in Rage, denn die Le Locler<br />

Uhrenmanufaktur stellt seit vielen<br />

Jahren sehr viele Komponenten<br />

ihrer Uhrwerke selber her. Bei<br />

den Uhren, die in grösseren Stückzahlen<br />

produziert werden, wie beispielsweise<br />

dem meisten Modellen der<br />

Marine­Kollektion, setzte man aber<br />

noch auf Basiswerke von ETA, die allerdings<br />

meistens sehr stark modifiziert<br />

und um viele eigene Komponenten<br />

ergänzt wurden.<br />

Unbestritten in der Branche ist die<br />

Führungsposition von Ulysse Nardin<br />

bei der Verwendung neuer Werkstoffe<br />

in der Uhrenherstellung, die ihren<br />

Anfang nahm mit der „Dual Direct“­<br />

Hemmung <strong>im</strong> legendären „Freak“,<br />

U h RSACHEN<br />

<strong>Die</strong> kleinen Hemmungsräder aus Silizium werden <strong>im</strong> DRIE-Verfahren<br />

hergestellt. Bei diesen „reaktiven Ionentiefätzen“ wird das Silizium – ganz<br />

vereinfacht ausgedrückt – graviert.<br />

der 2001 vorgestellt wurde. <strong>Die</strong>se<br />

Hemmung zeichnete sich durch Teile<br />

aus, die mit herkömmlichen, spanabhebenden<br />

Verfahren und Materialien<br />

gar nicht produziert werden<br />

konnten. Es waren die Komplexität<br />

der Formen und vor allem die Anforderungen<br />

an min<strong>im</strong>alstes Gewicht,<br />

die die Tüftler bei Ulysse Nardin<br />

auf den Werkstoff Silizium<br />

brachten. Dank des<br />

be<strong>im</strong> „Freak“ erarbeiteten<br />

Wissens<br />

waren später<br />

das Kaliber 67<br />

der Sonata Siliciummöglich,<br />

der ersten<br />

Uhr von<br />

Ulysse Nardin,<br />

die kompletteigenständig<br />

<strong>im</strong> Unternehmenentwickelt<br />

und gefertigt<br />

wurde, sowie 2006<br />

das Kaliber 160.<br />

Das präsentierte neue Kaliber 118 ist<br />

der erste Vertreter aus einer neuen Familie<br />

von Uhrwerken, die schrittweise<br />

den meisten Uhren von Ulysse Nardin<br />

als Antriebsquelle dienen werden.<br />

Eine stattliche Anzahl ist seit mehreren<br />

Monaten <strong>im</strong> internen Testbetrieb.<br />

Wer mit Ulysse Nardin­Mitarbeitern<br />

spricht, kriegt an deren Handgelenken<br />

gelegentlich eine ganz „normal“<br />

aussehende Uhr aus der Marine­Serie<br />

zu sehen, die be<strong>im</strong> Umdrehen durch<br />

den Glasboden das neue Werk zeigt.<br />

<strong>Die</strong> Praxistests scheinen gut zu verlaufen,<br />

jedenfalls schwärmen alle Träger<br />

dieser Testuhren davon in höchsten<br />

Tönen. Und dies nicht, weil sie das<br />

aus Loyalität müssten, sondern weil<br />

sie ganz offentichtlich davon überzeugt<br />

sind.<br />

<strong>Die</strong> patentierte Hemmung aus DiamonSil<br />

ist darin gemeinsam mit dem<br />

ebenfalls intern hergestellten Hemmungsrad<br />

mit einer Spirale aus Silizium<br />

zu finden. <strong>Die</strong>ses bereits in der<br />

Sonata Silizium erstmals eingesetzte


Kein Schokoriegel, sondern eine<br />

Mikroskop-Schnittaufnahme eines<br />

Hemmungsrads aus Silizium,<br />

überzogen mit einer 5/1000 mm<br />

dünnen Diamantschicht.<br />

Hemmungsteile aus Silizium<br />

50µ m<br />

Hemmungsrad kann mit vier Schrauben<br />

sehr präzise feinregliert werden.<br />

<strong>Die</strong> Hemmung des Kaliber 118 wird<br />

in Zusammenarbeit von Ulysse Nardin<br />

und Sigatec in Sion gefertigt.<br />

Ulysse Nardin ist an Sigatec wesentlich<br />

beteiligt. Das Unternehmen hat<br />

eine einzigartige Stellung, denn es ist<br />

in der Lage, Hochpräzisionskomponenten<br />

sowohl aus Silizium und auch<br />

aus DiamonSil zu fertigen. Es beliefert<br />

neben der Uhren­ auch die Medizinaltechnik<br />

und die Biotechnologie.<br />

Für die Entwicklung dieser Nanotechnologie<br />

gingen viele Jahre ins<br />

Land.<br />

Bei der Hemmung einer Uhr hat die<br />

Leichtigkeit einen grossen Einfluss auf<br />

die Leistung. Mehrere Komponenten,<br />

darunter der Anker und das Drehteil,<br />

werden viermal pro Sekunde beschleunigt<br />

und wieder gestoppt. Mit<br />

weniger Gewicht lässt sich hier folglich<br />

viel Energie sparen. Silizium ist<br />

rund dre<strong>im</strong>al leichter als herkömmliche<br />

Materialien.<br />

DiamonSil ist eine revolutionäre Verbindung<br />

aus Silizium und synthetischem<br />

Diamant. Das Material<br />

könnte einmal zum Heiligen Gral der<br />

Uhrenkomponenten werden: Es ist<br />

extrem leicht und gleichzeitig so hart,<br />

dass praktisch keine Reibung entsteht.<br />

Damit kann auf Schmierstoffe für die<br />

Hemmung komplett verzichtet werden.<br />

Es kam bereits bei der Konzeptuhr<br />

„Innovision“ zum Einsatz sowie,<br />

erstmals in Serie, be<strong>im</strong> Freak DiamonSil.<br />

Für DiamonSil werden die<br />

Teile zuerst aus Silizium hergestellt<br />

und dann mit dem CVD­Verfahren<br />

(steht für Chemical Vapor Deposition)<br />

mit einer Diamantschicht überzogen.<br />

<strong>Die</strong>s geschieht in einer speziellen<br />

Reaktionskammer, in der eine Temperatur<br />

von höllischen 2300 °C herrscht.<br />

Aber auch bezüglich der „normalen“<br />

Eigenschaften eines vielseitig einsetzbaren<br />

Basiswerks hat man in Le Locle<br />

die Hausaufgaben gemacht. Das neue<br />

UN­118 verfügt über eine beachtliche<br />

Gangreserve von 60 Stunden, dies mit<br />

nur einem Federhaus. Ein cleveres<br />

System des Datumskorrektors erlaubt<br />

es, das Datum sehr rasch sowohl vorwärts<br />

als auch rückwärts zu verstellen.<br />

Das Werk ist, wie man es auf diesem<br />

Niveau erwarten darf, mit Genfer<br />

Streifen, Genfer Kreisschliff, Perlierung<br />

und Feinschliffen finissiert. Mit<br />

31,60 mm Durchmesser und einer<br />

Gesamtdicke von 6,45 mm gehört es<br />

nicht zu den ultrafeinen Kalibern.<br />

„Dafür ist das Kaliber robust und hat<br />

sehr viel Kraft, wir können also damit<br />

in Zukunft verschiedene Zusatzfunktionen<br />

antreiben“ schwärmt Pierre<br />

Gygax, seit vielen Jahren technischer<br />

Direktor von Ulysse Nardin und einer<br />

der ganz grossen Kenner dieser neuen<br />

Technologien.<br />

„Unser Leitgedanke, Uhrwerkstechnologie<br />

<strong>im</strong> eigenen Unterneh men zu<br />

entwickeln, gibt Ulysse Nardin die<br />

Chance, bei der Qualität eigene Massstäbe<br />

zu setzen. Ulysse Nardin setzt<br />

sich ein für Innovationen, die die<br />

Branche in die Zukunft bringen und<br />

für die Entwicklung von mechanischen<br />

Zeitmessern, die für die zukünftigen<br />

Generationen zu wertvollen<br />

Erinnerungsstücken werden“ erläuterte<br />

Rolf Schnyder die Motivation<br />

für die grossen Investitionen in Forschung<br />

und Entwicklung.<br />

CAD-Explosionszeichnung der<br />

Unterseite des neuen Basiskalibers<br />

von Ulysse Nardin, des UN-118. Es<br />

besteht aus insgesamt 248 Teilen,<br />

und es werden 50 Lagersteine<br />

verbaut. Gangreserve 60 Stunden,<br />

Datumsschnellkorrektur vorwärts<br />

und rückwärts.<br />

Tick different.<br />

27


28<br />

NACHRUF<br />

Rolf W. Schnyder – 1935-2011<br />

Kurz nach der Baselworld 2011 erreichte uns die vollkommen unerwartete Nachricht, dass der Abenteurer und Unternehmer<br />

Rolf Schnyder nach kurzer Krankheit verstorben sei. <strong>Die</strong> Uhrenbranche verliert mit ihm eine ihrer schillerndsten<br />

und wichtigsten Persönlichkeiten. Ein Nachruf auf einen Freund, ein Vorbild und einen Förderer.<br />

Der gelernte Kaufmann Rolf W.<br />

Schnyder wurde 1935 in Zürich geboren<br />

und hat ein abenteuerliches Leben<br />

hinter sich. Mit 20 Jahren ging er<br />

nach Genf, um bei Jaeger LeCoultre<br />

zu arbeiten, und da kam er das erste<br />

Mal mit der Uhrenbranche in Kontakt.<br />

Wegen seiner guten Englischkenntnisse<br />

versetzte man den jungen<br />

Mann bald nach London, wo er zum<br />

ersten Mal an der grossen weiten Welt<br />

schnuppern sollte, die ihn nachher<br />

nicht mehr loslassen würde. 1958 begann<br />

er bei der Handelsfirma <strong>Die</strong>thelm<br />

in der thailändischen Hauptstadt<br />

Bangkok. Schnyder kam auf den<br />

Geschmack des asiatischen Lebens. Er<br />

unternahm die abenteuerlichsten Reisen<br />

an Orte, die damals noch in keinem<br />

Reisekatalog zu finden waren.<br />

Der Norden Thailands, Laos, Burma,<br />

Vietnam hiessen seine Destinationen.<br />

Schnyder wurde zum Hobby­Reporter<br />

und genoss das Leben in vollen<br />

Zügen.<br />

Schon damals knüpfte er mit seiner<br />

offenen Art Kontakte und schuf sich<br />

ein Netzwerk. Daraus resultierte ein<br />

Job bei PhilipMorris, für die er mit<br />

Standort Hongkong diverse asiatische<br />

Märkte betreute. Erste eigene unternehmerische<br />

Schritte machte er 1968<br />

mit der Gründung der Firma Cosmo.<br />

<strong>Die</strong>se produzierte in Bangkok Zifferblätter<br />

und Uhrengehäuse. Schnyder<br />

hielt grosse Stücke auf den asiatischen<br />

Arbeitseifer. Wegen Meinungsverschiedenheiten<br />

und Problemen mit<br />

seinen thailändischen Geschäftspartnern<br />

machte Schnyder sechs Jahre<br />

später einen Neustart mit der neuen<br />

Firma Prec<strong>im</strong>a <strong>im</strong> malaysischen Kuala<br />

Lumpur, das zu seiner neuen He<strong>im</strong>at<br />

werden sollte. <strong>Die</strong> Produktepalette<br />

wurde um Federn und Saphirgläser<br />

erweitert. Der Vollblutunternehmer<br />

Schnyder hatte grossen Erfolg und<br />

konnte bald grosse Schweizer Firmen<br />

U h RSACHEN<br />

Rolf Schnyder - Mr. Ulysse Nardin.<br />

zu seinen Kunden zählen. Er eröffnete<br />

Büros <strong>im</strong> ASUAG­Gebäude in Biel.<br />

<strong>Die</strong> ASUAG war einer der Uhren­<br />

Platzhirsche, dem Marken wie Longines,<br />

Rado, Eterna und die noch<br />

heute führende Uhrwerkproduzentin<br />

ETA gehörten. In diesem Zusammenhang<br />

traf er auch den damaligen ETA­<br />

Direktor Ernst Thomke, der dann der<br />

Prec<strong>im</strong>a einen Teil der Modulproduktion<br />

für Quarzwerke outsourcte.<br />

Das Jahr 1983 brachte dann die ganz<br />

grosse Wende in Schnyders Leben. Er<br />

hatte sich einen angenehmen Wohlstand<br />

erschaffen, der ihm viele Freiheiten<br />

bot. Der Haudegen, der sich<br />

gerne auch sportlich auf Abenteuer<br />

einliess, weilte in St. Moritz, um auf<br />

dem weltberühmten Cresta­Run dem<br />

Skeletonfahren zu frönen, einem passenderweise<br />

richtigen Männersport.<br />

Dort erfuhr er vom Gerücht, dass die<br />

Firma Ulysse Nardin am Boden liege<br />

und zum Verkauf stehe.<br />

Als Branchenkenner wusste Schnyder<br />

um die phantastische Historie der<br />

Chronometerbauer aus Le Locle.<br />

„Den Ausschlag, Ulysse Nardin zu<br />

übernehmen gab für mich, dass es<br />

nicht sein durfte, dass eine derart traditionsreiche<br />

Firma einfach verschwinden<br />

sollte. Zudem war es während<br />

vielen Jahren für jemanden, der<br />

in der Uhrenbranche arbeitet, nicht<br />

zu übersehen, dass Ulysse Nardin<br />

ständig diese Präzisionswettbewerbe<br />

gewann. Als ich hörte, dass die Firma<br />

zu verkaufen war, war mir darum sofort<br />

bewusst, dass man auf Basis dieser<br />

Geschichte und dem vielen Knowhow<br />

etwas ganz Tolles machen kann.“<br />

So schilderte Schnyder seine Motivation<br />

in einem Gespräch, das wir vor<br />

einigen Jahren mit ihm führten.


Schnyder, Mann der Tat, fackelte<br />

nicht lange und organisierte Geld.<br />

Zwei seiner Partner wurden Balthasar<br />

Meier (fogal) sowie Yello­Musiker<br />

und Multitalent <strong>Die</strong>ter Meier. Man<br />

übernahm also die Le Locler Traditionsfirma,<br />

bei der noch ganze zwei<br />

Mitarbeiter angestellt waren. Ein Warenlager<br />

und eine phantastische Historie<br />

waren die Hauptaktiva. Er<br />

glaubte in einer Zeit, als alle nur noch<br />

Quarzwerke produzieren wollten, an<br />

den Wert der mechanischen Uhr,<br />

nicht zuletzt auch an den Stellenwert<br />

als „einziges Schmuckstück für Männer“.<br />

Um die Traditionsmarke auf dem<br />

Markt neu zu lancieren, war jetzt ein<br />

richtiger Geniestreich gefragt. <strong>Die</strong>ser<br />

folgte, als Schnyder bei einer Visite <strong>im</strong><br />

Atelier des Luzerners Jörg Spöring ein<br />

Astrolabium entdeckte, eine grosse<br />

und ungemein komplizierte astronomische<br />

Uhr. Deren Erbauer war Spörings<br />

Lehrling, ein gewisser Ludwig<br />

Oechslin. Schnelldenker Schnyder<br />

hatte die wohl entscheidende Vision.<br />

„Wer soll ein Interesse daran haben,<br />

das zu kaufen?“ war Oechslins Antwort<br />

auf Schnyders Frage, ob er ein<br />

Astrolabium als Uhr fürs Handgelenk<br />

entwickeln könne. Er solle das ruhig<br />

ihm überlassen, entgegnete Schnyder.<br />

Der Funke zwischen zwei sehr verschiedenartigen<br />

Menschen, dem Unternehmer<br />

Schnyder und dem<br />

Wissenschaftler, Entwickler und<br />

Philosophen Oechslin sprang<br />

sofort. Oechslin entwickelte in<br />

der Folge für Ulysse Nardin eine<br />

Uhr, die für mehrere Einträge<br />

<strong>im</strong> Guiness Buch der Rekorde<br />

sorgen sollte. 1985 wurde<br />

das Astrolabium Galileo<br />

Der Freak (hier in der rotgoldenen<br />

Version 28’800V/h) stellte bei<br />

seiner Vorstellung die Uhrenwelt<br />

auf den Kopf. Er gilt als Wegbereiter<br />

für die moderne Interpretation<br />

der Uhrmacherei, sowohl in Sachen<br />

Design als auch in Bezug auf die<br />

Verwendung von Werkstoffen wie<br />

Silizium.<br />

Gali lei an der Basler Uhrenmesse vorgestellt<br />

und war das Gesprächsthema.<br />

<strong>Die</strong> extrem komplexe Uhr zeigt neben<br />

der Lokalzeit die Sonnenzeit, den<br />

Lauf und die Finsternisse von Sonne<br />

und Mond sowie die Position best<strong>im</strong>mter<br />

Fixsterne. Es dient zudem<br />

auch noch der Best<strong>im</strong>mung der H<strong>im</strong>­<br />

NACHRUF<br />

Lebemänner unter sich: Rolf Schnyder erhält in den siebziger Jahren <strong>im</strong> Hotel<br />

Kulm in St. Moritz von Gunter Sachs die „Gunter Sachs Trophy“, herausgefahren<br />

mit dem Skeletonschlitten auf dem Cresta Run.<br />

melsrichtungen, der Jahreszeiten und<br />

der Bewegung des Tierkreises. Es<br />

sollten mit dem Tellurium und dem<br />

Planetarium noch zwei weitere, nicht<br />

minder komplizierte astronomische<br />

Uhren folgen. Im Jahr 2009 wurde<br />

dann mit der „Moonstruck“ und der<br />

„Planet Earth“ noch zwei Kapitel in<br />

der „Uhrmacherei der Sterne“ geschrieben<br />

(Tick different berichtete<br />

ausführlich).<br />

Ulysse Nardin war dank des Astrolabiums<br />

mit einem Schlag<br />

Tick different.<br />

29


30<br />

NACHRUF<br />

wieder <strong>im</strong> Olymp der Uhrenproduzenten<br />

angekommen. Schnyder konzentrierte<br />

sich voll auf seine Firma<br />

und verkaufte seine asiatischen Fabriken.<br />

Mit Oechslin und einer sehr<br />

fähigen Entwicklungs­ und Produktionscrew<br />

wurden in der Folge uhrmacherische<br />

Meilensteine geschaffen wie<br />

der Ewige Kalender „GMT Perpetual“,<br />

die Weckeruhr „Sonata“ oder Preziosen<br />

wie die ultrakomplexen Uhren<br />

mit Westminster­Carillon und Tourbillon<br />

„Genghis Khan“.<br />

Technologisch war Schnyder einer der<br />

grossen Vorreiter. Er war unter anderem<br />

einer der allerersten in der Branche,<br />

der das Potential der Herstellung<br />

von Uhrenteilen aus Silizium erkannte.<br />

(Siehe auch Seite 26 ­ „Neues Basiskaliber<br />

von Ulysse Nardin“) Als den<br />

„Paten des Clans der Siliciens“ bezeichnete<br />

ihn der französische Uhrenjournalist<br />

Grégory Pons kürzlich in<br />

einem typisch französischen Wortspiel.<br />

Bahnbrechend war in dieser Beziehung<br />

die Lancierung des „Freak“<br />

<strong>im</strong> Jahr 2001. <strong>Die</strong>se Uhr, liebevoll eine<br />

„Mechanische Poesie“ genannt,<br />

stellte die bestehenden Regeln der<br />

Uhrengestaltung auf den Kopf. Es ist<br />

ein Caroussel­Tourbillon mit sieben<br />

Tagen Gangreserve, bei dem das Werk<br />

selber die Zeiger bildet. <strong>Die</strong> Hemmung,<br />

das Herzstück einer mecha­<br />

Der Haudegen Schnyder liess sich<br />

auch den Fallschirmabsprung zum<br />

75. Geburtstag nicht ausreden.<br />

U h RSACHEN<br />

Rolf Schnyder (mit Bart) suchte schon in jungen Jahren das Abenteuer: Von<br />

seinen Expeditionen in Asien veröffentlichte er Text- und Bildreportagen,<br />

wie hier 1959 von einer Flussfahrt mit drei Freunden auf dem River Kwai auf<br />

einem selbst gebauten Bambusfloss.<br />

nischen Uhr, war eine völlige Neukonstruktion,<br />

natürlich wieder vom<br />

genialen Ludwig Oechslin ersonnen.<br />

Der „Freak“ bildete ein beträchtliches<br />

unternehmerisches Risiko, denn die<br />

Entwicklung verschlang grosse Summen,<br />

und es war nicht mit Sicherheit<br />

vorauszusehen, ob sich die Uhr denn<br />

auch verkaufen würde. Sie war so radikal<br />

anders.<br />

Der „Freak“ war auch der Eisbrecher<br />

für alle die gewagten Konstruktionen<br />

und Entwürfe, die in den kommenden<br />

Jahren auf den Markt kommen<br />

sollten, von der Opus­Serie von Har­<br />

ry Winston bis zu den Uhren von<br />

Greubel­Forsey, Max Büssers „Horological<br />

Machines“ und vielen anderen.<br />

Auch dieser Verdienst gehört<br />

Rolf Schnyder, und er war sich dessen<br />

wohl bewusst.<br />

Ulysse Nardin gilt dank Schnyders<br />

Visionen und dank seiner hervorragenden<br />

Crew heute als eine der innovativsten<br />

Firmen der Branche. Das<br />

1983 noch am Boden liegende Unternehmen<br />

floriert und kann schöne Erfolge<br />

verbuchen. <strong>Die</strong> schwere Uhrenkrise<br />

hat Ulysse Nardin gut überstanden.<br />

Dank des Umstands, dass die<br />

Rolf Schnyder <strong>im</strong> Element: Hier erhält er in den siebziger Jahren einen Preis<br />

für Erfolge auf Wasserskis. Der genaue Ort und die Namen der Ehrendamen<br />

sind unbekannt – unwohl schien ihm aber wohl kaum zu sein.


Das Rugby Team des Royal Bangkok<br />

Sports Club, 1970. Schnyder<br />

war auch sportlich ein Multitalent.<br />

Firma eben nicht zu einer grossen Finanzgruppe<br />

gehört, konnte Schnyder<br />

unternehmerisch richtig handeln,<br />

nämlich antizyklisch, und so die Zeit<br />

nutzen, um begonnene Entwicklungen<br />

konsequent umzusetzen. In<br />

den letzten Jahren wurde enorm viel<br />

in eigene Produktionskapazitäten investiert.<br />

Bei einem kürzlichen Rundgang<br />

durch die Manufaktur in La<br />

Chaux­de­Fonds trafen wir einen bemerkenswerten<br />

Maschinenpark an,<br />

auf den wohl mehr als ein Mitbewerber<br />

neidisch sein dürfte.<br />

Schnyder behielt bis zum Schluss eine<br />

grosse Neugier. An der Uhrenmesse in<br />

Basel konnte man ihn oft beobachten,<br />

wie er Details inspizierte, sich bei den<br />

Kreateuren der AHCI oder <strong>im</strong> Palace<br />

bei den Tüftlern der neuen Generation<br />

umsah und diskutierte. Er war <strong>im</strong>­<br />

mer unterwegs, pendelte zwischen<br />

Kuala Lumpur und Le Locle, Moskau<br />

und Florida. „Dank der heutigen<br />

Kommunikationsmittel stehe ich jederzeit<br />

in Verbindung mit meiner Firma.<br />

Einen Prototypen kann man mir<br />

innert 48 Stunden an jeden Ort der<br />

Welt senden“ schwärmte Schnyder<br />

noch kurz vor seinem Tod von seinem<br />

Managementstil „auf Achse“.<br />

Seine Energie schien unerschöpflich<br />

– er bezog sie unter anderem aus seinen<br />

täglichen Qi Gong­Übungen,<br />

aber auch, wie er <strong>im</strong>mer wieder betonte,<br />

mit viel Spass an der Arbeit.<br />

Ans Aufhören dachte er nicht wirklich.<br />

In einem Interview erklärte er<br />

noch vor kurzem, dass er „so Gott<br />

will, das Unternehmen noch viele Jahre<br />

weiterführen“ werde. Gott wollte<br />

nicht. Nach einer kurzen, he<strong>im</strong>tückischen<br />

Erkrankung starb der vitale<br />

Schnyder innert weniger Tage. Sein<br />

plötzlicher Tod löste auch in der<br />

Uhrenbranche viel Trauer und Bestürzung<br />

aus, in vielen Uhrenforen und<br />

­publikationen wurde dem unermüdlichen<br />

Schaffer gedacht.<br />

„Rolf Schnyder war einer der letzten<br />

echten Vertreter der alten Garde. Er<br />

hatte vor allem die berühmte „Handschlagfähigkeit“,<br />

eine Charaktereigenschaft,<br />

die leider <strong>im</strong>mer mehr verloren<br />

Rolf Schnyder (l.) und Ludwig Oechslin (r.): Das Dream Team von Ulysse<br />

Nardin sorgte für bahnbrechende Entwicklungen wie die „Trilogie der Zeit“<br />

oder den „Freak“.<br />

NACHRUF<br />

geht, sagte uns einer der Doyens des<br />

Uhrenhandels über ihn, der legendäre<br />

Wiener Juwelier Christian Hübner. Er<br />

war einer von Schnyders Unterstützern<br />

der ersten Stunde, als Ulysse Nardin<br />

wieder auf der Bildfläche erschien.<br />

Und so war es: Schnyder war in vielen<br />

Dingen ein Patron alter Schule. Sein<br />

Wort zählte, es war nicht nötig, <strong>im</strong>mer<br />

alles schriftlich zu regeln.<br />

Rolf Schnyder hat seine Nachfolge<br />

schon vor einiger Zeit aufgegleist. Eine<br />

treue Stammcrew mit zehn oder<br />

noch mehr Jahren Erfahrung in der<br />

„Ulysse Nardin­Family“ führt die Firma<br />

weiter, mit Patrik Hofmann als<br />

neuem CEO und seiner Witwe Chai<br />

Schnyder als neuer Präsidentin. Auch<br />

Vorkehrungen, damit die begehrte<br />

Perle Ulysse Nardin nicht in die Hände<br />

einer grossen Gruppe fällt, hat<br />

Schnyder getroffen, indem er die Aktien<br />

in eine Stiftung eingebracht hat.<br />

Rolf Schnyder war seit 1992 mit der<br />

Malayserin Chai Oi Fah verheiratet,<br />

die ihm seine drei Kinder Ulysse Matt<br />

(17), T<strong>im</strong>ur Flores (16) und Enzia<br />

Nadine (14) gebar. Er hinterlässt in<br />

seiner Familie, aber auch bei allen, die<br />

mit ihm zusammengearbeitet und ihn<br />

gekannt hatten, eine riesige Lücke.<br />

Rest in Peace, Rolf.<br />

Rolf Schnyder in seinem typisch<br />

légèren Business-Outfit.<br />

Tick different.<br />

31


32<br />

PORTRAIT<br />

Hanhart: Deutsch-Schweizerische Freundschaft<br />

Bei uns ist sie weitgehend unbekannt. Doch die schweizerisch-deutsche Uhrenmarke Hanhart gehört zu den Firmen<br />

mit einer echten, langen Tradition und ist nach wie vor der wichtigste Hersteller von Stoppuhren. <strong>Die</strong> Firma galt als ein<br />

wenig verstaubt, aber jetzt will sie unter neuer Führung und frischem Kapital wieder ganz vorne mitmischen.<br />

Alter Branchenhase mit viel Energie und persönlichem Engagement: Thomas<br />

Morf will als CEO von Hanhart viel bewegen und die Firma „zu einem der<br />

führenden Unternehmen <strong>im</strong> Bereich der technischen Uhren machen.“<br />

Am 1. Juli 1882 eröffnet der erst 26<br />

Jahre alte Uhrmacher Johann Adolf<br />

Hanhart <strong>im</strong> Nordostschweizer Städtchen<br />

<strong>Die</strong>ssenhofen ein Uhrengeschäft<br />

und legt damit den Grundstein für<br />

die traditionsreiche Uhrenmanufaktur<br />

Hanhart. 20 Jahre später verlegt er<br />

seinen Betrieb in die süddeutsche Uhrenhochburg<br />

Schwenningen, ennet<br />

der Grenze. Der Handwerks­<br />

und Detailhandelsbetrieb<br />

läuft<br />

überaus erfolg­<br />

U h RSACHEN<br />

reich und ist bald der größte seiner<br />

Art in der Region. In den 1920er Jahren<br />

steigt der jüngste Hanhart­Sohn<br />

Wilhelm Julius ins Unternehmen ein.<br />

Der sportbegeisterte junge Mann<br />

fand be<strong>im</strong> Besuch von Sportveranstaltungen<br />

heraus, dass es einen Markt<br />

für bezahlbare Stoppuhren gibt und<br />

lancierte darum 1924 das erste solche<br />

Modell, eine gemeinsam mit einem<br />

Uhrmacher entwickelte Handstoppuhr<br />

mit Stiftankerwerk. Aber auch<br />

Taschen­ und Armbanduhren gehörten<br />

zur Produktpalette von Hanhart.<br />

Nach dem Tod seines Vaters<br />

konzentriert sich Willy Hanhart ab<br />

1932 ganz auf die Herstellung eigener<br />

Rohwerke und gründet dann 1934 in<br />

Gütenbach eine zweite Manufaktur,<br />

in der noch heute die Hanhart­Stoppuhren­Kollektion<br />

sowie die Pioneer­<br />

Armbanduhren gefertigt werden.<br />

Laufend gehen neue Modelle in Produktion,<br />

so auch der Superschnellschwinger<br />

mit seiner Unruh­Frequenz<br />

von 360‘000 A/h, mit dem erstmals<br />

Hundertstelsekunden gestoppt werden<br />

konnten (also Jahrzehnte bevor<br />

eine grosse Firma eine Armbanduhr<br />

mit diesem Feature vor kurzem mit<br />

viel Medien­Tamtam als bahnbrechende<br />

Entwicklung feierte).<br />

1938 lanciert Hanhart den Eindrücker­Chronographen<br />

„Kaliber 40“<br />

und ein Jahr später den ersten<br />

Flieger­Chronographen<br />

mit dem Kaliber 41.


<strong>Die</strong>se Uhren sollten für die Firma<br />

zum Hauptprodukt werden. Im Zweiten<br />

Weltkrieg trugen Piloten und Marineoffiziere<br />

Chronographen von<br />

Hanhart, die härteste Prüfungen bestehen.<br />

Wie die meisten anderen<br />

deutschen Uhrenfirmen führt auch<br />

Hanhart Rüstungsaufträge aus. Nach<br />

Kriegsende werden die beiden Betriebe<br />

in Schwenningen und Gütenbach,<br />

die beide in der französischen<br />

Besatzungszone liegen, geplündert<br />

und demontiert. <strong>Die</strong> meisten Maschinen<br />

sowie Konstruktionspläne werden<br />

nach Frankreich transportiert.<br />

Willy Hanhart wird für zehn Monate<br />

inhaftiert. Doch er lässt sich nicht unterkriegen.<br />

Nach seiner Entlassung<br />

macht er sich sofort an den Wiederaufbau<br />

des Werkes in Gütenbach.<br />

1947 flieht er kurz vor einer weiteren<br />

Festnahme in die Schweiz und kehrt<br />

erst 1949 nach Deutschland zurück.<br />

Während dieser zwei Jahre werden<br />

erste Maschinen <strong>im</strong> Tausch gegen<br />

Armbanduhren angeschafft, Mitarbeiter<br />

holen Uhrwerke, kleinere Maschinen<br />

und Werkzeuge aus sicheren<br />

Verstecken zurück, so dass 1948 die<br />

Produktion von Chronographen wieder<br />

aufgenommen werden kann.<br />

<strong>Die</strong> deutsche Bundesmarine wird mit<br />

Präzisionszeitmessern beliefert. Bereits<br />

Anfang der 50er Jahre läuft die<br />

Produktion wieder auf Hochtouren.<br />

Als die Damen noch Hüte trugen<br />

und man am Messestand noch<br />

rauchen durfte: Willy Hanhart präsentiert<br />

seine Produkte 1956 an der<br />

„Uhren- und Schmuckmesse“, wie<br />

die Baselworld damals noch ganz<br />

banal genannt wurde.<br />

Früher wurde „Racing“ noch von richtigen Männern betrieben und nicht<br />

von brustrasierten Bubis mit Gelfrisuren. Der Mechaniker war auch der<br />

Zeitnehmer und holte sich unterm Auto schwarze Hände. Und man hatte<br />

für die Zeitmessung eine ganze Batterie von Hanhart-Handstoppern.<br />

<strong>Die</strong> Uhrenmanufaktur konzentriert<br />

sich vermehrt auf die Herstellung mechanischer<br />

Stoppuhren und kann in<br />

der Sportzeitmessung bald eine dominierende<br />

Stellung einnehmen, bringt<br />

gleichzeitig aber auch mehrere innovative<br />

Fabrikate wie Zeitschaltuhren<br />

oder den Armbandwecker „Sans Souci“<br />

auf den Markt.<br />

Im Jahr 1952 wird in Schwenningen<br />

der Hauptsitz wieder aufgebaut.<br />

Nach der Ausstattung der 1955<br />

gegründeten deutschen Bundeswehr<br />

mit Fliegerchronographen wird deren<br />

Herstellung 1962 eingestellt,<br />

dann nach und nach die gesamte Produktion<br />

von Armbanduhren. Es ist<br />

die Zeit der Stoppuhren. Das Unternehmen<br />

wird Marktführer und<br />

grösster Produzent Europas für mechanische<br />

Stoppuhren. In Deutschland<br />

werden praktisch in allen Schulen<br />

und Sportvereinen Hanhart­<br />

Stoppuhren für die Zeitmessung verwendet.<br />

Dann bricht 1972 das<br />

Zeitalter der Quarzuhren an. Hanhart<br />

entwickelt ein Quarzwerk, das millionenfach<br />

vertrieben wird. Zu den<br />

Kunden gehören Unternehmen, die<br />

damit eigene Wecker und Uhren ausstatten<br />

oder für welche Hanhart nach<br />

<strong>Die</strong> Werbung hiess damals Reklame,<br />

und man übertraf sich mit lustigen<br />

Re<strong>im</strong>en, wie in diesem Hanhart-<br />

Inserat aus dem Jahr 1967.<br />

Tick different.<br />

33


34<br />

PORTRAIT<br />

deren Design diese Produkte komplett<br />

fertigt. Als aus Fernost die ersten<br />

billigen Quarzwerke auf den Markt<br />

gelangen, verstärkt sich der Preisdruck,<br />

die Absatzmengen gehen zurück.<br />

Hanharts Reaktion ist die Entwicklung<br />

eines neuen preisgünstigen<br />

Werks, des Kaliber 3305. Davon werden<br />

rund 40 Millionen Stück verkauft.<br />

1983 übern<strong>im</strong>mt Willy Hanharts<br />

Schwiegersohn Klaus Eble, der<br />

1966 in das Unternehmen eingetreten<br />

war, die Geschäftsführung.<br />

Mit der Wiederentdeckung des traditionellen<br />

mechanischen Uhrmacherhandwerks<br />

greift Hanhart in den 90er<br />

Jahren auf eine eigene erfolgreiche Pionierleistung<br />

zurück: 1997 wird der<br />

Hanhart­Fliegerchronograph von<br />

1939 als detailgetreuer Nachbau vorgestellt.<br />

<strong>Die</strong> auf 2500 Stück l<strong>im</strong>itierte<br />

Edition ist in kurzer Zeit ausverkauft.<br />

Beflügelt von diesem Erfolg legen die<br />

Gütenbacher mit der Fertigung des<br />

Fliegerchronographen „Tachy Tele“<br />

gleich nach, <strong>im</strong> Jahr 2003 folgt mit<br />

der „Pr<strong>im</strong>us“ der Ein­Drücker­Chronograph<br />

aus dem Jahre 1938. <strong>Die</strong><br />

Nachbauten dieser geschichtsträchtigen<br />

Chronographen verkaufen sich<br />

gut und bestärken die Marke darin,<br />

weitere alte Uhrenmodelle neu aufzu­<br />

U h RSACHEN<br />

legen. Nach wie vor wird ein beachtlich<br />

breites Sort<strong>im</strong>ent von Stopp uhren<br />

hergestellt. Auch andere Hersteller<br />

bedienen sich der Hanhart­<br />

Werke für Handstopper.<br />

<strong>Die</strong>sem Geist ist auch die „Tachymaster“<br />

verschrieben, die<br />

Hanhart 2008 auf den Markt<br />

bringt: Eine Uhr, die der Gemeinde<br />

der Oldt<strong>im</strong>er­Rallyefahrer<br />

ein neuartiges Werkzeug<br />

mit auf die Strecke gibt. Sie zeigt<br />

die zu fahrende Strecke an und lässt<br />

so Schnittprüfungen viel einfacher<br />

bewältigen.<br />

2008 wird in der Schweiz die Firma<br />

Hanhart AG gegründet, mit Sitz in<br />

<strong>Die</strong>ssenhofen, nur wenige Schritte<br />

von jenem Haus entfernt, in dem Johann<br />

Adolf Hanhart 1882 sein<br />

Uhrengeschäft eröffnete. In enger Zusammenarbeit<br />

mit den hauseigenen<br />

Ateliers in Gütenbach und Zulieferern<br />

aus der Schweizer Uhrenbranche<br />

wird eine neue Kollektion mechanischer<br />

Chronographen unter dem<br />

Namen „Pr<strong>im</strong>us“ entwickelt und an<br />

der Baselworld 2009 erstmals präsentiert.<br />

Sie kombiniert traditionelle typische<br />

Hanhart­Elemente wie den<br />

unverwechselbaren roten Drücker,<br />

Tradition: Der neue Eindrückerchronograph<br />

aus der Retro-Reihe<br />

„Pioneer“ von Hanhart.<br />

welcher die Hanhart­Uhren seit 1939<br />

prägt, mit moderner Technik und<br />

progressivem Design.<br />

<strong>Die</strong> Modelle Pilot, Racer und Diver<br />

bestechen durch eine eigenständige<br />

Gehäuseform, deren abgerundete<br />

Flanke sich gegen den Boden stark<br />

verjüngt, und durch ergonomisch angenehme<br />

bewegliche Bandanstösse.<br />

Dashboard: <strong>Die</strong> klassischen Borduhren für Oldt<strong>im</strong>er werden von Hanhart nach wie vor produziert. Sie können mit<br />

einem einfachen Handgriff jederzeit einfach aus der Grundplatte herausgenommen werden und werden so zur Handstoppuhr.


<strong>Die</strong> Kollektion bietet detailreich gestaltete<br />

Zifferblätter, die thematisch<br />

zu den Bereichen Aviatik, Automobil<br />

oder Taucherei passen, also für den<br />

Einsatz zu Luft, zu Land und zu Wasser<br />

geeignet sind. Vor allem sehen sie<br />

einfach cool aus. Und sind mit Preisen<br />

um die 5000 Franken für das Gebotene<br />

durchaus in einem anständigen<br />

Rahmen. Insbesondere die Verarbeitung<br />

macht einen sehr professionellen<br />

Eindruck, und die viel zitierte<br />

„Haptik“ st<strong>im</strong>mt.<br />

Neu <strong>im</strong> Programm ist auch eine überarbeitete<br />

Chronographenserie namens<br />

„Pioneer“, die die alten Erfolgsdesigns<br />

aus der Blütezeit des Unternehmens<br />

neu interpretiert und umsetzt. Sie haben<br />

den traditionellen Hanhart­Look<br />

mit dem roten Drücker, der asymmetrischen<br />

Anordnung von Drückern<br />

und Krone sowie der kanellierten<br />

Drehlunette mit der roten Indexmarkierung.<br />

Sehr nahe am Original ist<br />

insbesondere das Eindrückermodell<br />

(siehe Bild auf der linken Seite). Das<br />

Highlight bildet der 45 mm grosse<br />

„TwinDicator“ (siehe Bild Seite 32)<br />

mit seinen weit an den Aussenrand<br />

gerückten Zählern für die Stoppminuten<br />

und ­stunden sowie der be<strong>im</strong><br />

Stundenzähler integrierten Anzeige<br />

für die laufende Sekunde.<br />

Im Oktober 2010 übernahm der damalige<br />

langjährige CEO von Carl F.<br />

Bucherer, Thomas Morf, die Leitung<br />

von Hanhart. Sein Engagement ist<br />

nicht das eines reinen „Managers“,<br />

sondern er investierte auch einen beträchtlichen<br />

Teil seines angesparten<br />

Vermögens in die Firma. Der Uhrenbranchen­Haudegen<br />

Morf sagt über<br />

seinen „All­In“: „Mit der faszinierenden<br />

und nachvollziehbaren Markengeschichte,<br />

der hohen technischen<br />

Kompetenz sowie der konsequenten<br />

Ausrichtung auf Instrumentenuhren<br />

ist Hanhart ein Juwel unter den Uh­<br />

renherstellern und verfügt international<br />

über grosses Potenzial. Ich<br />

werde alles daran setzen, dass<br />

wir dieses voll nutzen. Wenn<br />

wir das schaffen, können wir<br />

hier eine richtig schöne Erfolgsgeschichte<br />

schreiben.<br />

Das wird aber viel, ja sehr<br />

viel Arbeit bedingen.“ <strong>Die</strong><br />

Art, wie er das kommuniziert,<br />

lässt nur wenig<br />

Zweifel aufkommen. Der<br />

gross gewachsene Morf ist<br />

nicht der Leisetreter­Typ.<br />

Das merkt man, wenn man<br />

mit ihm diskutiert, aber auch<br />

wenn er in bester Steve Mc­<br />

Queen­Manier in seinem alten,<br />

lauten Shelby­Mustang vorfährt.<br />

Sein Charisma ist beeindruckend,<br />

und er strahlt aus, dass<br />

er seinen Worten auch Taten folgen<br />

lassen wird.<br />

Morf ist allerdings Minderheitsaktionär.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit hält die Gaydoul<br />

Group AG des <strong>im</strong> Luxusbereich als<br />

Investor <strong>im</strong>mer öfter auftretenden<br />

Ex­Dennerbesitzers und Tausendsassas<br />

Philippe Gaydoul. Das Magazin<br />

„Bilanz“ titulierte ihn unlängst als<br />

„Der Firmenshopper“, denn er hat<br />

bereits <strong>im</strong> Textilbereich die Unternehmen<br />

Fogal, Navyboot und die Boutiquenkette<br />

Jet Set übernommen.<br />

Gaydouls beachtliches Vermögen (in<br />

der Bilanz­Rangliste der 300 reichsten<br />

Schweizer rangierte er <strong>im</strong>merhin unter<br />

den ersten 100) erlaubt es ihm,<br />

den Wiederaufbau und den Ausbau<br />

dieser Firmen mit einem längeren<br />

Zeithorizont anzugehen, als dies ein<br />

Hedge­Fund machen würde.<br />

<strong>Die</strong> Baustelle Hanhart scheint schon<br />

ganz gut auf Kurs. <strong>Die</strong> Kollektionen<br />

sind gut aufgestellt, das Vertriebsnetz<br />

wird laufend ausgebaut. <strong>Die</strong> Produktionskompetenz<br />

ist insbesondere <strong>im</strong><br />

Betrieb in Gütenbach vorhanden, sie<br />

Pr<strong>im</strong>us Racer<br />

Black: Moder-<br />

ner Chronograph<br />

aus der neuen Kol-<br />

lektion von Hanhart.<br />

kann sicher gescheit verstärkt werden,<br />

wenn die notwendigen Mittel gesprochen<br />

werden. CEO Morf kann auf<br />

eine sichtlich motivierte Crew zählen<br />

und strotzt <strong>im</strong> persönlichen Gespräch<br />

nur so vor Energie. Man darf gespannt<br />

sein, ob es ihm gelingen wird,<br />

die Firma mit unbestritten grosser<br />

Tradition so zu plazieren, wie sich das<br />

der Hauptinvestor vorstellt: „Wir<br />

bauen die Uhrenmarke Hanhart zu<br />

einer international führenden technischen<br />

Uhrenmarke mit Schweizer<br />

Wurzeln aus“ formuliert die Gaydoul<br />

Group ihre Ziele. Der Anfang ist gemacht.<br />

Bis es soweit ist, dürfte es<br />

noch einige Jahre dauern. Und von<br />

Investorenseite wird noch viel (finanzielle)<br />

Geduld aufzubringen sein.<br />

Tick different.<br />

35


36<br />

BACK TO THE ROOTS<br />

Schlichte Klassiker, neu interpretiert und aufgelegt<br />

Jedes Pendel schlägt auch wieder mal in die andere Richtung: Nach Uhren gross wie Tellerminen, dick wie Double<br />

Whopper und futuristischer als das Batmobil besinnen sich nun gleich mehrere Hersteller ihrer Wurzeln und legen die<br />

klassische Dreizeigeruhr wieder neu auf. Einige Beispiele.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung ist nicht erstaunlich<br />

und setzte bereits vor einigen Jahren<br />

ein. Natürlich haben grosse, auffällige<br />

Uhren ihren Reiz, aber letztlich geht<br />

nichts über die schlichten Klassiker.<br />

Besonders gut ist dies auch be<strong>im</strong> Vintage­Markt<br />

zu sehen: Gepflegte alte<br />

Omegas, Eterna­Matic oder Longines<br />

beispielsweise stehen bei <strong>Uhrsachen</strong><br />

selten lange <strong>im</strong> Schaufenster. Sie haben<br />

Durchmesser von 33­35 mm und<br />

waren damit in den letzten Jahren am<br />

unteren Ende der Grössenskala.<br />

Man kann sich natürlich auch fragen,<br />

ob denn den Herstellern nichts mehr<br />

neues einfällt. Aber muss es denn <strong>im</strong>mer<br />

etwas neues sein? Der anhaltende<br />

Erfolg von Modellen aus der Max<br />

Bill­Serie von Junghans oder auch der<br />

Ole Mathiesen­Uhren spricht dafür,<br />

dass Klassik <strong>im</strong>mer gefragt war und<br />

ist.<br />

<strong>Die</strong> Ole Mathiesen­Uhren sind ein<br />

gutes Beispiel eines Dauerläufers, der<br />

nie aus der Mode kam. <strong>Die</strong> ersten<br />

Uhren entstanden bereits 1962, der<br />

Entwurf feiert als demnächst das Jubiläum<br />

des halben Jahrhunderts. Änderungen<br />

waren unwesentlich. Es wurden<br />

in erster Linie Varianten der Klassiker<br />

OM1 und OM2 auf den Markt<br />

gebracht, die Kollektion vor allem um<br />

andere Grössen ausgebaut.<br />

Für diese Verhältnisse ist die neu erschienene<br />

OM „Royal“ schon fast revolutionär.<br />

<strong>Die</strong> Uhr mit 37 mm<br />

Durchmesser und einem etwas weniger<br />

dünnen Gehäuse gibt es in einer<br />

Version mit Quarzwerk oder als Automatic<br />

mit Datum. <strong>Die</strong> Zifferblätter<br />

sind silberfarbig mit den typischen<br />

feinen Ole Mathiesen­Linienindexen<br />

oder mit römischen Zahlen. Alternativ<br />

ist die Uhr mit schwarzem<br />

Blatt lieferbar, wiederum mit Linienindexen.<br />

Nach wie vor <strong>im</strong><br />

Programm sind natürlich die<br />

noch feineren, dünneren Modelle<br />

in den Durchmessern 28, 33,<br />

35 und 37 mm mit ihrer schmalen<br />

Lunette. <strong>Die</strong> Uhren der in<br />

Kopenhagen behe<strong>im</strong>ateten Firma<br />

werden übrigens in Biel gefertigt,<br />

sind also Swiss Made, aber<br />

mit dänischem Design.<br />

<strong>Die</strong> Max Bill­Linie ist schon sehr lange<br />

auf dem Markt, fast gleich lang wie<br />

die Ole Mathiesen. Entstanden ist sie<br />

anfang der 60er Jahre als Auftragsarbeit,<br />

als Junghans den grossen Künstler<br />

Max Bill um Entwürfe für eine<br />

Armbanduhr anfragte. <strong>Die</strong>s nachdem<br />

er für sie bereits erfolgreich eine Serie<br />

mit Uhren für die Küche gezeichnet<br />

hatte. Der an Schlichtheit und Reduktion<br />

schwierig zu überbietende<br />

Entwurf von Max Bill bescherte der<br />

deutschen Firma Junghans einen<br />

grossen Erfolg, insbesondere in den<br />

letzten Jahren wurde die Serie zu<br />

einem unverzichtbaren Pfeiler <strong>im</strong><br />

Sort<strong>im</strong>ent, neben den bekannten<br />

Funkuhren. Anfänglich nur als Handaufzugsversion<br />

erhältlich wurde die<br />

Kollektion in den letzten Jahren um<br />

eine Automatikmodell und zuletzt<br />

um einen Chronographen erweitert.<br />

<strong>Die</strong>sen legt Junghans nun anlässlich<br />

des 150jährigen Firmenjubiläums in<br />

einer l<strong>im</strong>itierten Serie von 150 Exemplaren<br />

in einem Gehäuse aus 18 Karat<br />

Rotgold auf. Ein echtes Sammlerstück,<br />

auf das der Run schon vor der<br />

Grand Seiko Diashock: Neuauflage<br />

der ersten Grand Seiko, aber mit<br />

brandneuem Manufakturkaliber<br />

mit Handaufzug.


Ole Mathiesen OM37<br />

„Royal“: Als Automatik mit<br />

Datum oder als Quarzuhr erhältlich,<br />

in verschiedenen Zifferblattvarianten.<br />

Auslieferung eingesetzt hat. Kurz<br />

nach Bekanntgabe der Produktion<br />

dieser Uhr trafen bereits die ersten<br />

Reservationen ein.<br />

Mit dem Modell „Chronometer“<br />

macht Junghans einen weiteren Blick<br />

zurück. „Meister“ heisst die Serie, mit<br />

der 1931 begonnen wurde. Mit den<br />

Jahren wurde sie etwas unübersichtlich.<br />

Jetzt setzen die Uhrenbauer aus<br />

dem Schwarzwald einen neuen Vertreter<br />

an die Spitze. Das Werk J820.1,<br />

das auf einem Soprod A10 basiert,<br />

verfügt über eine spezielle blaue Nivarox­Spirale<br />

vom Schramberger Hersteller<br />

Carl Haas. <strong>Die</strong> schlichte Dreizeigeruhr<br />

mit Datum ist chronometerzertifiziert<br />

und hat mit ihren 38,4<br />

mm Durchmesser und 9 mm Höhe<br />

feine D<strong>im</strong>ensionen. Es lebe die neue<br />

alte Eleganz.<br />

Auch aus Japan dürfen wir eine überaus<br />

gelungene, höchst elegante Serie<br />

Nobles Goldstück: Zum Jubiläum gibt es das<br />

Max Bill Chronoscope in einer l<strong>im</strong>itierten<br />

Serie <strong>im</strong> Gehäuse aus 18 Karat Rotgold.<br />

historischen Hintergrund<br />

vermelden. 1960 präsentierte<br />

Seiko die erste<br />

Grand Seiko. <strong>Die</strong>ses<br />

Label stand stets für<br />

das Beste aus Japan,<br />

für mit sehr<br />

viel Sorgfalt<br />

produzierte<br />

Uhren mit zurückhaltender<br />

Gestaltung. Zum<br />

130. Geburtstag<br />

der Firma gibt es jetzt<br />

eine l<strong>im</strong>itierte Auflage<br />

einer Jubiläumsuhr von<br />

130 Stück in Rotgold,<br />

130 in Platin und 1300 in<br />

Stahl. Sie alle verfügen über<br />

das neu entwickelte Handaufzugskaliber<br />

9S64, das mit 3 Tagen Gangreserve<br />

glänzt. <strong>Die</strong>se verdankt es einer<br />

speziellen Aufzugsfeder, die dünner<br />

und damit länger ist als herkömmliche<br />

Federn. Das Gehe<strong>im</strong>nis ist die<br />

Legierung „SPRON510“, die Seiko<br />

selber entwickelt hat. Auch bei der<br />

Unruhespirale setzt man auf eine eigene<br />

Legierung, die besonders stossfest<br />

und ant<strong>im</strong>agnetisch sei. <strong>Die</strong> Jubiläumsmodelle<br />

erreichen hervorragende<br />

Gangwerte, die mit ­3 bis +5 Sekunden<br />

pro Tag selbst die offizielle<br />

Schweizer Chronometernormübertreffen.<br />

<strong>Die</strong> Uhren sind<br />

an Schlichtheit<br />

kaum zu übertreffen,<br />

und die<br />

Fertigungsqualität<br />

bis ins<br />

letzte Detail<br />

ist legendär.<br />

<strong>Die</strong> Gehäuse<br />

werden<br />

BACK TO THE ROOTS<br />

mithilfe der speziellen japani schen<br />

Zaratsu­Technik handpoliert. Man<br />

muss sie in den Händen halten, um<br />

den aussergewöhnlichen Finish zu erfassen.<br />

Das gewölbte Saphirglas verstärkt<br />

die 60er­Jahre­Erscheinung<br />

noch, mit dem Unterschied, dass man<br />

damals noch keine Saphirgläser in<br />

dieser Form herstellen konnte. <strong>Die</strong><br />

Durchmesser der Geburtstagsmodelle<br />

messen nur knapp 36 mm. Sie stehen<br />

damit in der typischen Tradition der<br />

bescheidenen Grössen bei den meisten<br />

Grand Seiko­Modellen. <strong>Die</strong> Erklärung<br />

dafür ist ganz einfach: Japaner<br />

haben (bis auf die bekannten Sumo­Ringer)<br />

in der Regel eher schmale<br />

Handgelenke. Und bis vor kurzem<br />

waren die Grand Seiko­Uhren nur in<br />

Japan sowie bei ganz wenigen Händlern<br />

verfügbar, also Produkte für den<br />

He<strong>im</strong>markt. <strong>Uhrsachen</strong> war – regelmässige<br />

Leser von Tick different erinnern<br />

sich – der erste unabhängige<br />

Händler in Europa, der diese aussergewöhnlichen<br />

Uhren offiziell führen<br />

durfte. Jetzt starten die Japaner ganz<br />

behutsam damit, die Uhren auch selektiv<br />

auf dem Weltmarkt anzubieten.<br />

Tick different.<br />

37


38<br />

BACK TO THE ROOTS<br />

Umgekehrt ist es übrigens auch so,<br />

dass mehrere Uhrenfirmen speziell für<br />

den asiatischen Markt eher kleinere<br />

Modelle in ihre Sort<strong>im</strong>ente aufgenommen<br />

haben.<br />

Ulysse Nardin hat mit der Classico<br />

ebenfalls eine elegante schlichte Uhr<br />

<strong>im</strong> Angebot. Früher deckte man dieses<br />

Segment mit der San Marco­Linie<br />

ab. <strong>Die</strong> Classico ist <strong>im</strong> Vergleich damit<br />

eher flacher und hat markantere<br />

Bandanstösse. Sie ist <strong>im</strong> Stahl­, Weiss­<br />

oder Rotgoldgehäuse erhältlich. <strong>Die</strong><br />

Rotgoldversion hat ein bombiertes,<br />

silbernes Zifferblatt mit fein eingefasstem<br />

Datumsfenster, goldene Minuten­<br />

und Stundenzeiger sowie einen<br />

gebläuten, feinen Sekundenzeiger.<br />

Auch mit schwarzem Zifferblatt ist<br />

die Classico lieferbar.<br />

Eine andere Tradition greifen die Modelle<br />

aus Stahl oder Weissgold auf: Sie<br />

verfügen über das berühmte guillochierte<br />

Zifferblatt, das mit einer<br />

durchscheinenden blauen Emaille­<br />

U h RSACHEN<br />

schicht überzogen ist. Viele Jahre war<br />

die San Marco mit diesem Zifferblatt<br />

ein sicherer Wert in der Nardin­Kollektion,<br />

dies auch wegen des faszinierend<br />

kräftigen Blaus, das<br />

auch über die Jahre nichts von<br />

seiner Intensität verliert.<br />

<strong>Die</strong> Classico ist ein wenig<br />

grösser als die San Marco, sie<br />

hat einen für heutige Verhältnisse<br />

<strong>im</strong>mer noch bescheidenen<br />

Durchmesser von 40 mm und ist<br />

relativ flach. Im Innern arbeitet,<br />

sichtbar durch den Glasboden, ein<br />

ETA 2892­2, in der Ausführung als<br />

zertifizierter Chronometer. Und noch<br />

eine gute Nachricht: Sowohl die Varianten<br />

in Gold als auch die mit dem<br />

Emaillezifferblatt gibt es in einer<br />

31mm­Ausführung – für die ganz<br />

schlanken Damenhandgelenke.<br />

Totgesagte leben länger, heisst es. Auf<br />

die schlichte, elegante Dreizeigeruhr<br />

in den verschiedensten Variationen<br />

trifft das offensichtlich zu.<br />

Emaille translucide: Das guillochierte<br />

Zifferblatt ist mit einer intensiv<br />

blauen, leicht transparenten<br />

Emailleschicht überzogen.<br />

Trägt den Namen zu Recht:<br />

Classico von Ulysse Nardin,<br />

schlichte Eleganz <strong>im</strong> Gehäuse<br />

aus 18 Kt. Rotgold.


www.bellross.com<br />

HERITAGE COLLECTION<br />

AVIATION BR 03-92 42 mm<br />

VINTAGE BR 126 41 mm


40<br />

BACK TO THE ROOTS<br />

The President’s watch - eine Legende kehrt zurück<br />

Vulcain hat die Geschichte der Weckeruhren geprägt. Schon 1947 präsentierte die Manufaktur das Cricket Weckerkaliber.<br />

Weil mehrere amerikanische Präsidenten sie trugen, ist sie auch unter dem Begriff „President’s watch“ bekannt<br />

geworden. Nun folgen gleich mehrere legit<strong>im</strong>e Nachfolger der „Präsidentenuhr“.<br />

Seit Harry Truman in den Fünfziger<br />

Jahren eine Cricket trug, schätzte und<br />

darüber auch sprach, machte es sich<br />

Vulcain zur Tradition, dem jeweils<br />

frisch gewählten US­Präsidenten eine<br />

Uhr zu offerieren. <strong>Die</strong> letzten Präsidenten<br />

Bush (beide), Clinton und<br />

Obama trugen das Präsent allerdings<br />

nicht sichtbar in der Öffentlichkeit.<br />

Bei Bush Junior ist gut denkbar, dass<br />

sie ihm zu kompliziert war, <strong>im</strong>merhin<br />

hat sie einen Drücker und eine Krone.<br />

Und der Wecker hätte ihn erst noch<br />

aus seinen „Mission accomplished“­<br />

Träumen holen können.<br />

Auch Barack Obama schickte man<br />

mit dem Modell „Anniversary Heart“<br />

ein speziell für ihn graviertes Exemplar,<br />

doch der seine bescheidene Herkunft<br />

gerne zelebrierende amtierende<br />

US­Präsident ist offensichtlich nicht<br />

wirklich ein Uhrenliebhaber. An seinem<br />

Handgelenk sieht man seit Jahren<br />

eine billige Quarzuhr, die ihm<br />

2007 vom Secret Service zum Ge­<br />

Harry Truman, 33. Präsident der<br />

USA von 1945 bis 1953, war einer<br />

von mehreren Präsidenten, der die<br />

Cricket von Vulcain trug, wie auf<br />

diesem Bild.<br />

U h RSACHEN<br />

burtstag geschenkt worden sei. <strong>Die</strong><br />

Marke hat übrigens davon enorm<br />

profitiert, die Verkaufszahlen des<br />

„Jorg Grey“­Chronographen sind regelrecht<br />

explodiert, und der bisher<br />

unbekannte kalifornische Hersteller<br />

stellte sogar anlässlich der<br />

Baselworld in seine Uhren aus.<br />

Da bei den Mächtigen das Tragen<br />

von luxuriösen Uhren in der<br />

Presse <strong>im</strong>mer häufiger zum negativ<br />

besetzten Thema gemacht<br />

wird, setzt Obama mit seinem untrüglichen<br />

politischen Gespür hier<br />

wohl auch ganz bewusst ein Statement<br />

in die Gegenrichtung. Für eine<br />

Uhrenmarke kann es aber auch nachteilig<br />

sein, wenn ihre Produkte an gewissen<br />

Handgelenken zu sehen sind.<br />

Rolex beispielsweise leidet in Frankreich<br />

heute stark unter dem Fakt, dass<br />

Präsident Sarkozy sich gerne demonstrativ<br />

mit den Uhren der Genfer Manufaktur<br />

zeigte, was ihm auch den<br />

Übernamen „Président Bling­Bling“<br />

einbrachte. Und Patek Philippe – Sarkozys<br />

Gemahlin Carla Bruni schenkte<br />

ihm eine Uhr dieser Marke – hätte<br />

sich vielleicht auch lieber einen etwas<br />

kultivierteren Ambassadeur gewünscht.<br />

Als Hersteller kann man<br />

sich leider nicht auswählen, wer seine<br />

Produkte erwirbt.<br />

Zurück zum eigentlichen Thema. <strong>Die</strong><br />

Manufaktur Vulcain hat in den letzten<br />

Jahren eine breite Kollektion von<br />

Uhren realisiert, zum grössten Teil<br />

rund um das naheliegende Thema<br />

Armbandwecker. Darunter eher klassische<br />

Entwürfe, aber auch die recht<br />

moderne „Aviator“­Serie, die be<strong>im</strong><br />

Publikum auf guten Anklang stiess.<br />

Doch erst 2010 besann man sich in<br />

Le Locle so richtig der präsidialen<br />

Vergangenheit, als man die neue „50s<br />

President’s Watch“ vorstellte. Es gibt<br />

sie als klassischen Handaufzug mit<br />

Das Vorbild: <strong>Die</strong> ursprüngliche<br />

Cricket <strong>im</strong> Stahlgehäuse mit Goldlunette,<br />

-krone und -drücker.<br />

dem V­11 oder mit dem neuen Automatikwerk,<br />

dem selber entwickelten<br />

Kaliber V­21, das aus nicht weniger<br />

als 257 Einzelteilen besteht.<br />

<strong>Die</strong> Uhren sind wesentlich grösser<br />

und höher als das Original. 42 mm<br />

Durchmesser bringen sie aufs Handgelenk.<br />

Gerade das Automatikwerk<br />

bedingt eine relativ hohe Gesamtkonstruktion.<br />

Doch die Proportionen<br />

sind st<strong>im</strong>mig, das Design <strong>im</strong>mer noch<br />

schlicht, auf jeden Schnickschnack<br />

wird ganz bewusst verzichtet. <strong>Die</strong> polierten<br />

„Applique“­Indexe und die<br />

schlanken arabischen Zahlen auf dem<br />

bombierten Zifferblatt sind so typisch<br />

für die Fünfziger wie die polierten


Dauphine­Zeiger. <strong>Die</strong> Uhr ist mit<br />

einem entspiegelten Saphirglas und<br />

einem Saphirboden mit dem stilisierten<br />

„V“ von Vulcain ausgestattet.<br />

<strong>Die</strong> Uhr gibt es in Gehäusen aus Edelstahl<br />

oder 18 Kt. Roségold, den<br />

Handaufzug auch in der Bicolor­Variante<br />

mit Stahlgehäuse und Goldlunette.<br />

<strong>Die</strong> verschiedenen Zifferblattvarianten<br />

reichen von silber über anthrazitgrau<br />

bis zu kupferfarben. Umwerfend<br />

ist die Kombination von<br />

anthrazit mit Roségold (siehe grosses<br />

Bild unten), da ist Vulcain ein richtig<br />

schöner Wurf gelungen.<br />

Vulcain legte 2011 mit der „The Heritage<br />

Presidents’ Watch“ noch einen<br />

nach. Sie ist ein modernisiertes Remake,<br />

das dem Original noch ein wenig<br />

treuer geblieben ist als die „50’s<br />

President’s watch“. Sie ist kleiner, der<br />

Durchmesser wuchs <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zum Original nur um einen auf 39<br />

Mill<strong>im</strong>eter. Der Wecker ist mit dem<br />

Cricket Kaliber V­10 ausgestattet,<br />

auch hier mit der klassischen Frequenz<br />

von 18’000 Halbschwingungen<br />

pro Stunde und einer Gangreserve<br />

von 42 Stunden.<br />

Wie alle Crickets hat das Uhrwerk<br />

zwei Federhäuser, das eine für die<br />

Funktionen Stunde, Minute<br />

und Sekunde, das andere<br />

für die Weckfunktion<br />

und die 20 Sekunden<br />

Alarmdauer.<br />

Das Vorgängermodell<br />

aus den Fünfzigern<br />

war aus 18 Karat Roségold<br />

/ Edelstahl gefertigt.<br />

The Heritage Presidents’<br />

Watch ist auch in<br />

der reinen Edelstahlversion<br />

verfügbar. Wie bei der „50’s“<br />

ist das entspiegelte Saphirglas<br />

gewölbt und gibt es einen Saphirglasboden<br />

für den Blick<br />

aufs Werk. Für Puristen gibt es<br />

auf Anfrage allerdings auch den<br />

verschraubten Doppelboden, der zusätzlich<br />

als Resonanzkörper dient<br />

und der Cricket ihren typischen<br />

schnarrenden und recht lauten<br />

„Sound“ beschert. Beide Versionen<br />

sind mit einem anthrazit­ oder silberfarbenen<br />

Zifferblatt erhältlich.<br />

Vulcain knüpft hier an eine authentische<br />

Vergangenheit an. <strong>Die</strong> Neuinterpretationen<br />

dürften den Zeitgeist<br />

gut treffen. „Back to the roots“ ist in<br />

der Branche zur Zeit sehr verbreitet,<br />

wie Sie auch in unserem Artikel ab<br />

Seite 36 lesen können.<br />

<strong>Die</strong> Vulcain 50’s President’s Watch:<br />

42 mm Durchmesser, Automatikwerk,<br />

2 Federhäuser, 20 Sekunden<br />

Weckzeit. Im Stahlgehäuse (oben)<br />

oder in 18 Karat Roségold (unten).<br />

<strong>Die</strong> Uhren sind auch mit Handaufzugswerk<br />

erhältlich.<br />

Tick different.<br />

41


42<br />

TECHNIK<br />

Vogard Datezoner: <strong>Die</strong> <strong>Zeitzonen</strong> <strong>im</strong> <strong>Griff</strong>, inklusive Datum<br />

Das Vogard-System, mit dem man die Zeitzone über einen einfachen Dreh der Lunette einstellen kann, ist an sich schon<br />

sehr schlau. Jetzt setzt Vogard-Chef Mike Vogt noch einen drauf: Der Datezoner bezieht auch noch das aktuelle Datum<br />

in die Anzeige mit ein, dank eines technischen Kniffs erster Güte.<br />

Nicht weniger als „die Referenz von<br />

mechanischen Weltzeituhren zu werden“<br />

hat sich der Gründer, Inhaber<br />

und „Créateur“ von Vogard als Ziel<br />

gesetzt. Mike Vogt verfolgt dieses Ziel<br />

unermüdlich, sowohl <strong>im</strong> Atelier als<br />

auch bei seinen ausgedehnten Touren<br />

rund um die Welt. Sein Ansatz, dass<br />

man nicht zwei <strong>Zeitzonen</strong> aufs Mal<br />

auf einer Reiseuhr ablesen können<br />

muss, sondern dass eine reicht, wenn<br />

man sie sehr einfach verstellen kann,<br />

prägt bereits die bestehende Kollektion.<br />

Typisch ist der markante Hebel,<br />

den man öffnet und auf diese Weise<br />

die Drehlunette freigibt. Mit ihr stellt<br />

man die Zeit der auf der Lunette angegebenen<br />

Städte und Destinationen<br />

ein.<br />

Das gut gehütete Gehe<strong>im</strong>nis hinter der Datumsverstellung:<br />

Das Synchronisationsrad zwischen Datumsscheibe<br />

und <strong>Zeitzonen</strong>enwerk liegt auf einer schiefen<br />

Ebene (oben). Neu ist auch die Tag-/Nachtanzeige<br />

mit Hilfe einer kleinen Scheibe (rechts).<br />

U h RSACHEN<br />

Was Vogt allerdings daran noch nicht<br />

befriedigte, war der Umstand, dass<br />

das Datum nicht berücksichtigt wurde.<br />

<strong>Die</strong>ses Problem löst jetzt der Datezoner.<br />

<strong>Die</strong> Datumseinstellung erfolgt<br />

bei dieser Uhr über den Drehring<br />

und ist gleichzeitig gekoppelt mit der<br />

jeweiligen Zeitzone und der Stadt auf<br />

dem Drehring. Der neue und einzigartige<br />

Mechanismus ist patentiert und<br />

ermöglicht, dass be<strong>im</strong> Drehen des<br />

Stundenzeigers über die Mitternachtslinie<br />

das Datum automatisch<br />

vorwärts oder rückwärts springt und<br />

somit in jeder Zeitzone exakt das richtige<br />

Datum anzeigt. Wichtig ist dabei,<br />

dass man in die richtige Richtung<br />

dreht, aber dafür sind die Indikationen<br />

West/Ost da. Respekt.<br />

Das grosse Datumsfenster ist bei der<br />

6­Uhr­Position angebracht. Durch<br />

seine Grösse erlaubt es eine zweizeilige<br />

Anzeige und damit eine sehr<br />

gute Ablesbarkeit des Datums.<br />

Oberhalb des Datumsfensters ist<br />

zusätzlich eine Tag­/Nachtanzeige<br />

eingebaut, <strong>im</strong> Gegensatz zum<br />

24­ Stun den­Zeiger bei den bisherigen<br />

Vogard­Uhren. Dadurch wird<br />

die Uhr eindeutig übersichtlicher.<br />

Das Synchronisationsrad<br />

<strong>Die</strong> Verbindung der Zeitzone mit einer<br />

Datumsschaltung ist ein echtes<br />

Novum. Basis der genialen Lösung<br />

bildete die Entwicklung eines in einer<br />

schiefen Ebene liegenden Synchronisationsrades,<br />

welches vom <strong>Zeitzonen</strong>werk<br />

angetrieben wird und jeweils eine<br />

der 31 winzigen Noppen unter der<br />

Datumsscheibe ansteuert. Knifflig<br />

war dabei die Berechnung des exakten<br />

Winkels für die Positionierung des<br />

Synchronisationsrades in der schiefen<br />

Ebene. Tatkräftige Unterstützung erhielt<br />

die findige Vogard­Crew von<br />

niemand geringerem als AHCI­Mitglied<br />

Andreas Strehler, der als einer<br />

der begnadetsten Uhrmacher und<br />

Entwickler unserer Zeit gilt und auch<br />

für ganz Grosse in der Branche arbeitet.<br />

Der revolutionäre Mechanismus<br />

setzt fürs Funktionieren sehr enge Toleranzen<br />

in der Fertigung voraus, die<br />

<strong>im</strong> Hunderststel­Mill<strong>im</strong>eter­Bereich<br />

liegen. Nur wenn alle Teile diese Präzision<br />

aufweisen, schaltet das Datum<br />

exakt um einen Tag vor­ und vor<br />

allem auch wieder rückwärts.<br />

Für die Fertigung der Komponenten<br />

arbeitet Vogard unter anderem mit


Intuitives Ablesen: Stunden und Minuten des Chronos nebeneinander, laufende<br />

Sekunde oben auf einer kleinen Scheibe, Datum unten. Der Datezoner<br />

besticht durch viele solche durchdachte Details.<br />

einem Hersteller von Aviatikinstrumenten<br />

zusammen, denn auch in der<br />

Luftfahrt gelten höchste Anforderungen<br />

an die Toleranzen. <strong>Die</strong> Uhren<br />

werden in verhältnismässig kleinen<br />

Stückzahlen produziert, die Montage<br />

erfolgt ausnahmslos in den eigenen<br />

Ateliers in Nidau bei Biel.<br />

Selbstverständlich integriert der Datezoner<br />

auch die anderen, bewährten<br />

Merkmale der Vogard­Kollektion, also<br />

die – ebenfalls patentierte – Anzeige<br />

der Sommerzeit als auch die Möglichkeit,<br />

einen personalisierten Drehring<br />

mit den Städten seiner Wahl gravieren<br />

zu lassen.<br />

Design-Inspiration vom<br />

Armaturenbrett<br />

<strong>Die</strong> typische Anordnung von Tourenzähler<br />

und Tacho bei Sportwagen<br />

stand Pate be<strong>im</strong> Design und bei der<br />

Materialisierung des Karbon­Zifferblatts.<br />

Der Minuten­ und der Stundenzähler<br />

sind auf einer separaten<br />

Platte angeordnet, die markant mit<br />

Schrauben fixiert sind. Sie ermöglichen<br />

ein intuitives und logisches Ablesen<br />

der gestoppten Zeit, von links<br />

nach rechts zuerst die Stunden, dann<br />

die Minuten und mit dem zentralen<br />

grossen Zeiger die Sekunden. <strong>Die</strong><br />

Scheibe für die laufende Sekunde der<br />

Uhr ist bei 12 Uhr angeordnet und<br />

rückt auf diese Weise etwas in den<br />

Hintergrund.<br />

Speziell ist auch die Anordnung<br />

der Bedienungselemente. <strong>Die</strong>se<br />

wird notwendig wegen des<br />

Hebels, der die Drehlunette<br />

freigibt. <strong>Die</strong> Drücker für<br />

Start und Stopp befinden<br />

sich darum ungewohnterweise<br />

bei 4<br />

beziehungsweise 8<br />

Uhr. Sie sind sehr<br />

griffig und damit gut<br />

zu bedienen, selbst<br />

mit Handschuhen, da<br />

man zum Starten des<br />

Chro no graphen sehr<br />

gut den Daumen benutzen<br />

kann. Also auch be<strong>im</strong> Fahren<br />

oder Fliegen. <strong>Die</strong> Krone,<br />

die man bei einer automatischen<br />

Uhr <strong>im</strong> Alltag eher selten benötigt,<br />

ist bei 6 Uhr angebracht und ins<br />

Band integriert.<br />

Unverkennbar Vogard: Der Datezoner<br />

<strong>im</strong> Titangehäuse mit schwarzem<br />

Zifferblatt und silbernem<br />

„Dashboard“.<br />

TECHNIK<br />

Der Datezoner ist mit 48 mm Durchmesser<br />

eine grosse und hoch gebaute<br />

Uhr, was mit den verwendeten Komplikationen<br />

zusammenhängt. Dennoch<br />

liegt er gut am Arm. <strong>Die</strong> Proportionen<br />

st<strong>im</strong>men und durch die<br />

Verwendung von Titaniumcarbid<br />

(TiC) als Gehäusematerial hält sich<br />

auch das Gewicht in einem vernünftigen<br />

Rahmen. Das Material sorgt für<br />

eine schwarze Oberfläche und unterstreicht<br />

den sportlichen Gesamteindruck.<br />

Mit einem Härtegrad von 900<br />

Vickers hat es zudem eine rund dre<strong>im</strong>al<br />

höhere Abriebfestigkeit als herkömmliches<br />

Titanium.<br />

Tick different.<br />

43


44<br />

COCKPIT<br />

Bell & Ross: Ein Blick ganz weit zurück<br />

Das Thema Fliegerei ist bei Bell & Ross dominierend. Jetzt hat Bruno Belamich,<br />

der Designer der innovativen Franzosen, das Rad der Zeit ganz weit<br />

zurückgedreht. Resultat ist eine Uhrenserie, die besonders schlicht gestaltet<br />

ans Handgelenk kommt. Und in die Tasche.<br />

Ihren richtigen Durchbruch hatte die<br />

französische Firma Bell & Ross, deren<br />

Zeitmesser in der Uhrenmetropole La<br />

Chaux­de­Fonds produziert werden,<br />

mit ihrer Instruments­Serie, die mit<br />

ihren viereckigen Gehäusen unverkennbar<br />

ist. Generell sind es sind es<br />

die Themen Flieger­ und Militäruhr,<br />

die den roten Faden in den Kollektionen<br />

von Bell & Ross bilden.<br />

Sehr nostalgisch sind die neuen Uhren<br />

mit dem Namen „WW1“ für „Wristwatch<br />

1“ und „PW1“ für die passende<br />

Taschenuhr. Bell & Ross versteht sie<br />

als eine Hommage an den Wandel<br />

von der Taschen­ zur Armbanduhr,<br />

der in den 20er und 30er Jahren des<br />

letzten Jahrhunderts einsetzte. Das<br />

polierte 45 mm­Stahlgehäuse der<br />

„WW1“ hat angeschweisste Bandanstösse.<br />

Sie erinnern unmissverständlich<br />

an die ersten Armbanduhren. Sie<br />

Radar, die zweite.<br />

<strong>Die</strong> erste Radar war innert Tagen vergriffen.<br />

Und auch dieses Mal wird<br />

man sich sputen müssen, wenn man<br />

eine will. Allerdings ist die Chance ein<br />

klein wenig grösser, denn es werden<br />

999 Exemplare gebaut. BR01 Red Radar<br />

heisst das Modell.<br />

<strong>Die</strong> drehenden Scheiben für Stunden,<br />

Minuten und Sekunden übernehmen<br />

dieses Mal das Design eines Radarschirms<br />

wie ihn Fluglotsen in ihren<br />

Kommandozentralen haben. Den Ablesepunkt<br />

des Zeigerersatzes bildet jeweils<br />

der Anfang des Farbverlaufs.<br />

Der typische Rotlichteffekt wird verstärkt<br />

durch das rot getönte Glas, auf<br />

dem noch eine Skala für Stunden und<br />

sind aber – als Konzession an die Gegenwart<br />

– mit unsichtbaren Federstegen<br />

versehen, so dass man nicht ein<br />

geklebtes Armband zu verwenden<br />

braucht. Verbaut wird ein ETA­<br />

Automatikwerk mit Gangreserveanzeige.<br />

<strong>Die</strong> dazu passende Taschenuhr<br />

mit 49 mm Durchmesser ist<br />

mit dem ETA 6497 ausgestattet,<br />

ein Handaufzug,<br />

wie es sich<br />

für eine Taschenuhr<br />

gehört. Beide<br />

Uhren habenLeuchtzeiger<br />

und ­zahlen,<br />

sowie ein<br />

gewölbtes Saphirglas<br />

mit Antireflexbeschichtung.<br />

Schlagartig waren die 500 Exemplare der l<strong>im</strong>itierten „Radar“ von Bell &<br />

Ross ausverkauft, bei der anstelle von Zeigern drei Scheiben mit einem<br />

grünen, einem roten und einem gelben Strich die Zeit anzeigten. Nun<br />

legen die Franzosen einen Nachfolger auf, noch näher am Radarschirm.<br />

U h RSACHEN<br />

Minuten/Sekunden von unten<br />

aufgedruckt ist. Bell & Ross<br />

hat das technisch anspruchsvolle<br />

System weiter perfektioniert.<br />

<strong>Die</strong> BR01 Radar verfügt<br />

sonst über die selben Eigenschaften<br />

wie die anderen<br />

Modelle dieser<br />

Bell & Ross­Erfolgsserie:<br />

Stahlgehäuse mit<br />

Carbonbeschichtung<br />

(46 mm), Automatikwerk<br />

ETA 2892, verschraubte<br />

Krone, entspiegeltes Saphirglas<br />

und Kautschukband.


COCKPIT<br />

Graham: Der Chronofighter <strong>im</strong> Vintage-Look<br />

Er war eine richtige „Beauty“, der allererste Chronofighter von Graham, vor mehr als zehn Jahren vorgestellt. Und er<br />

machte die Firma bekannt, lancierte eine Art „britischen Humor“ für Uhren. Jetzt kommt die Hommage.<br />

Es gibt Uhren, die eine Marke auf einen<br />

Schlag bekannt machen. Der <strong>im</strong><br />

Jahr 2000 vorgestellte „Chronofighter“<br />

hatte diesen Effekt für Graham.<br />

<strong>Die</strong> britischen, aber in La Chaux­de­<br />

Fonds ausgedachten und hergestellten<br />

Uhren, erfreuen sich weltweit einer<br />

treuen Fangemeinde. Herausragendes<br />

Designelement war der überd<strong>im</strong>ensionierte<br />

Hebel für das Auslösen der<br />

Stoppuhr. <strong>Die</strong> britischen Weltkriegsflieger<br />

hätten – so die Legende – dank<br />

dieses Hebels den Chronographen<br />

auch mit den Handschuhen bedienen<br />

können, die sie tragen mussten, weil<br />

es in den Cockpits saukalt war.<br />

Der Chronofighter wurde in den Folgejahren<br />

in einer Unzahl von Varianten<br />

dekliniert, und noch heute macht<br />

er einen grossen Anteil der Graham­<br />

Kollektion aus. Allerdings wurden<br />

die Modelle <strong>im</strong>mer ein wenig heftiger<br />

und exzessiver. Mit dem<br />

„Oversize“ prägte man den Trend<br />

der übergrossen Uhren an vorderster<br />

Front mit. Der dazu fast schon filigrane<br />

Ur­Chronofighter wurde vor<br />

einigen Jahren ganz aus dem Programm<br />

genommen, zum Bedauern<br />

vieler Puristen (und des Autors).<br />

Chronofighter Fortress heisst<br />

das Modell, das Graham<br />

nun präsentiert. Der Name<br />

bezieht sich auf die „Flying<br />

Fortress“, die fliegenden Fe­<br />

stungen der Royal Air Force. <strong>Die</strong>se<br />

Flugzeuge (nicht britisch allerdings,<br />

sondern geliefert vom amerikanischen<br />

Hersteller Boeing) machten gegen<br />

Ende des Zweiten Weltkriegs den<br />

Deutschen das Leben schwer. <strong>Die</strong><br />

Uhr ist nahe am Original, verfügt<br />

aber über das überarbeitete Automatikwerk<br />

mit Säulenradschaltung<br />

(„Roue à colon nes“, wie das auf gut<br />

uhrmacherisch heisst) und Datumsanzeige.<br />

Auf der Rückseite hat sie einen<br />

Glasboden, durch den das dekorierte<br />

Werk mit dem schwarzen Aufzugsrotor<br />

bewundert werden kann.<br />

Echt cool ist das braune Band aus aufgerauhtem<br />

Antikleder – wenn man<br />

nicht schon eine hat, muss man sich<br />

fast zwingend dazu noch eine alte<br />

Fliegerjacke beschaffen.<br />

Sehr „Vintage“ ist auch das Zifferblatt,<br />

ganz in schwarz, mit Indexen<br />

und Zahlen aus beigem Superluminova,<br />

das fast wie gealtertes Tritium aussieht,<br />

das damals noch verwendet<br />

werden durfte. Auch die Zeiger für<br />

Stunde, Minute und Stoppsekunde<br />

übernehmen diese Farben. Schon<br />

be<strong>im</strong> Ur­Chronofighter war das Gehäuse<br />

mit viel Liebe zum Detail gemacht.<br />

Polierte und mattierte Flächen<br />

harmonierten exzellent. Be<strong>im</strong> jetzt<br />

präsentierten Modell ist das genau so.<br />

Alles in allem ist die „Fortress“ also<br />

ein wirklich würdiger Nachfolger des<br />

Chronofighter<br />

der ersten Generation..<br />

45<br />

Tick different.


46<br />

DIE LETZTE<br />

Endlich: Ein schöner Wecker!<br />

Haben Sie sich schon geachtet? Hätten Sie irgendwo einmal einen richtig<br />

schönen Wecker gefunden? Eben – wir auch nicht. Darum gibt es die<br />

Qlocktwo jetzt in einer kleineren Variante, mit Weckfunktion.<br />

Selten war ein neues Produkt auf Anhieb<br />

so erfolgreich wie die Wanduhr<br />

Qlocktwo (Tick different berichtete).<br />

Offensichtlich hatte „die Welt darauf<br />

gewartet“. Sie wurde weltweit mit einer<br />

Vielzahl von Designpreisen ausgezeichnet<br />

und ist bei <strong>Uhrsachen</strong> ein<br />

äusserst beliebter Artikel. Es war nur<br />

logisch, dass man das geniale Konzept<br />

der „Zeit in Worten“ auch noch in<br />

einem anderen Format umsetzen können<br />

würde.<br />

Jetzt ist sie da, die kleine Schwester.<br />

Qlock two Touch heisst das unwiderstehliche<br />

Zeitobjekt mit seinem eleganten<br />

Monobody­ Gehäuse aus silberfarben<br />

oder schwarz eloxiertem<br />

Aluminium. <strong>Die</strong> D<strong>im</strong>ensionen des<br />

Quadrats von 13,5 cm sind schlicht<br />

perfekt. Wie be<strong>im</strong> grossen Vorbild<br />

sind natürlich auch bei der „Touch“<br />

die Frontpanels in 13 verschiedenen<br />

Sprachen und 7 verschiedenen Farben<br />

erhältlich. Auch in Berndeutsch.<br />

U h RSACHEN<br />

<strong>Die</strong> Qlocktwo Touch eignet sich für<br />

überall, besonders gut aber für den<br />

Nachttisch, denn sie ist mit einer<br />

pfiffi gen Weckfunktion ausgerüstet.<br />

„Touch2Snooze“ nennen die schwäbischen<br />

Qlocktwo­Erfinder Marco<br />

Biegert und Andreas Funk die Art,<br />

mit der man den Wecker zum Schweigen<br />

bringt – mit einer sanften Berührung<br />

versetzt man ihn in den Schlummermodus<br />

und kann sich noch einmal<br />

unter der Bettdecke drehen.<br />

Für zusätzlichen sicheren Stand sorgt,<br />

falls notwendig, ein kleiner Magnet<br />

<strong>im</strong> Boden, der die Qlocktwo Touch<br />

fest auf der mitgelieferten Grundplatte<br />

hält. <strong>Die</strong> Stromversorgung erfolgt<br />

über ein kleines USB­Netzteil.<br />

<strong>Die</strong> Qlocktwo Touch ist ab Sommer<br />

2011 lieferbar und kostet in der silberfarbenen<br />

Version CHF 590.­, in<br />

der schwarzen CHF 660.­, <strong>im</strong>mer jeweils<br />

mit einem Frontpanel.<br />

<strong>Die</strong> Qlocktwo Touch: 13,5 x 13,5 cm, Gehäuse in schwarz oder silbern eloxiertes<br />

Aluminium, Weckfunktion. Erhältlich in 13 Sprachen und 7 Farben.<br />

INTERN<br />

Ankauf / Occasionen<br />

Wir haben unser „Vintage“­Sort<strong>im</strong>ent<br />

in den vergangenen Monaten<br />

weiter ausgebaut. Nach wie vor<br />

sind wir am Ankauf, Eintausch<br />

oder Kommissionsverkauf von<br />

älteren und neueren mechanischen<br />

Armbanduhren interessiert, insbesondere<br />

an Spezialitäten. Gerne<br />

unterbreiten wir Ihnen ein faires<br />

Angebot, wenn Sie sich von Ihren<br />

Uhren trennen möchten.<br />

Revisionen, Service, Reparaturen<br />

Wir bringen auch schwierige Fälle<br />

wieder in Gang. Fast <strong>im</strong>mer. Unser<br />

bestens eingerichtetes Uhrenatelier<br />

unter der kompetenten Leitung<br />

von Uhrmachermeister Patrick<br />

Favrod führt für Sie Revisionen und<br />

Reparaturen an fast allen Uhren<br />

aus, auch an solchen, die nicht bei<br />

<strong>Uhrsachen</strong> gekauft wurden. Und<br />

auch an bekannten Marken und<br />

Klassikern. Ihre Schätze haben das<br />

verdient.<br />

„Tick different“ <strong>im</strong> Abo<br />

Möchten Sie unser Magazin regelmässig<br />

zugestellt kriegen? Benutzen<br />

Sie einfach das Kontaktformular auf<br />

unserer Webseite für die Bestellung.<br />

„Tick different“ <strong>im</strong> Internet<br />

Sie können dieses Magazin auch als<br />

PDF­Datei von unserer Webseite<br />

herunterladen. Sie finden diese und<br />

auch die älteren Ausgaben unter der<br />

Adresse www.uhrsachen.ch.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeberin:<br />

<strong>Uhrsachen</strong> AG, Kramgasse 19, 3011 Bern<br />

www.uhrsachen.ch · info@uhrsachen.ch<br />

Konzept, Layout, Produktion:<br />

à la crème GmbH, Kramgasse 19, 3011 Bern<br />

www.alacreme.com<br />

Redaktion, Texte: Hans Erb, <strong>Uhrsachen</strong><br />

Lektorat: Mona Erb<br />

Druck: Witschi & Co., 2560 Nidau<br />

Auflage: 5200 Exemplare<br />

©2011 <strong>Uhrsachen</strong> AG ­ Sämtliche in dieser Ausgabe<br />

publizierten Texte, Grafiken und Bilder unterstehen dem<br />

Urheberrecht und dürfen nur mit unserer Zust<strong>im</strong>mung<br />

verwendet werden.


Airman Base 22 - Automatikwerk - Anzeige von 3 <strong>Zeitzonen</strong><br />

Airman - seit 1953 die wahre Fliegeruhr.<br />

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