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Ausbildung und Bildungsarbeit im ... - DOMINIKANER.ORG

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Dominikus<br />

Mitteilungen der Dominikanischen Familie<br />

in Süddeutschland <strong>und</strong> Österreich<br />

Heft 2004


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Inhaltsverzeichnis<br />

Pater Yves Congar - Ein Porträt zum 100. Geburtstag Congars (P. Wolfgang Müller OP)<br />

Themenschwerpunkt: <strong>Ausbildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Bildungsarbeit</strong> <strong>im</strong> Orden<br />

Wien: Ostkircheninstitut der Dominikaner (P. Dietmar Schon OP)<br />

Spanien: Sprachkurs in Salmanca - Ein Bericht von fr. Daniel Ochsenreiter OP<br />

München: Initiative für Menschen ohne Obdach - Ein Praktikumsbericht von fr. Robert<br />

Mehlhart OP<br />

Regensburg: Katholisch heißt genießen - Ein Praktikumsbericht von fr. Alexis Jordan Fritz<br />

OP<br />

Wien: Thomasfest 2004 (fr. Paul Dominikus Hellmeier OP)<br />

Graz: Demut der Kritik - Vortragsreihe anläßlich des 200. Todestages von Immanuel Kant<br />

(P. Max Svoboda OP)<br />

Graz: Kants „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ <strong>und</strong> die Grenzen dieses<br />

Werkes (Sr. Dr. Katharina Deifel OP)<br />

Regensburg: Ein geistliches Zentrum - mehr als nur zentrale Lage (Dr. Christoph Seidl,<br />

Dr. Thomas Rigl)<br />

Freiburg: Neue dominikanische Tätigkeiten in Freiburg (P. Martin Staszak OP)<br />

Freiburg: Baustelle Konvent (fr. Daniel Ochsenreiter OP)<br />

Augsburg: Jahrestreffen des AK “Theologie <strong>und</strong> Verkündigung“<br />

Kurzbeiträge<br />

Augsburg: Einkleidung in Heilig Kreuz<br />

Worms: Einfache Profess in Sankt Paulus<br />

Schlehdorf: Missionsdominikanerinnen - Freiwilligendienste in Indien (Christiane<br />

Kuhnert)<br />

Buchrezension zu Benedict M. Ashley, Spiritual Direction in the Dominican Tradition<br />

(fr. Daniel Ochsenreiter OP)<br />

Buchrezension zu William A. Hinnebusch, Kleine Geschichte des Dominikanerordens<br />

Umschlagbild<br />

“Dominic at Prayer“ von A. Carpentier, O.P.<br />

Provinz des Hl. Albert des Großen, USA<br />

Impressum<br />

Gestaltung: Sekretariat des Provinzials<br />

Fotos: Provinzialat<br />

Druck: Justland GmbH


2004 jährt sich der 100. Geburtstag des großen Dominikaners <strong>und</strong> Theologen<br />

P. Yves Congar. Er war wegweisend für die Entwicklung einer modernen<br />

Umsetzung dominikanischer Theologie aus der großen Tradition des<br />

Ordens.<br />

Pater Yves Congar (1904 – 1995)<br />

„Wieder am Punkt Null beginnen? Etwas Neues anfangen? Aber was? Von<br />

meinen bisherigen Aufgaben wurde ich entfernt. Studium, Unterricht, pastorale<br />

Aufgaben, alles ist mir untersagt. Ein ’Armer Jahwes’, ist dies mein<br />

Los? Ein Armer, ohne Hochmut, ohne Daseinsberechtigung…? Ja, pauper<br />

sum ego.“


Solche Passagen erschütternder Selbstreflexion liest man <strong>im</strong> „Tagebuch<br />

eines Theologen“, das Pater Yves Congar während der Zeit seiner Schwierigkeiten<br />

mit Ordensoberen <strong>und</strong> kurialen Behörden in Rom aufzeichnet.<br />

Über die Vorgänge wird er zum Stillschweigen verpflichtet. Die Verdächtigungen<br />

<strong>und</strong> Beschuldigungen treffen Pater Congar aber schwer. Seiner großen<br />

Liebe zur Kirche, der er trotz aller Verdächtigungen treu bleiben wird,<br />

kann diese Zeit nichts anhaben.<br />

Am 13. April 1904 in Sedan (Frankreich) geboren – die Kindheit ist durch<br />

den 1. Weltkrieg überschattet – tritt Yves Congar 1925 in den Dominikanerorden<br />

ein. Die Studienzeit verbringt der junge Frater <strong>im</strong> ordenseigenen<br />

<strong>Ausbildung</strong>shaus Le Saulchoir. Hier studiert er mit Mitbrüdern, denen er<br />

zeitlebens fre<strong>und</strong>schaftlich verb<strong>und</strong>en bleibt: PP. Marie-Dominique Chenu<br />

<strong>und</strong> Henri-Marie Féret. Angeregt von der Studienreform des damaligen<br />

Regens der Francia, P. Ambroise Gardeil, wird in diesem dominikanischen<br />

Studium ein historischer Thomismus doziert. In seinem Rückblick über<br />

diese Schule urteilt Congar in seiner Schrift „Herbstgespräche“: „Le<br />

Saulchoir war die historische Umsetzung des heiligen Thomas, nicht, um<br />

das zu relativieren, was nicht relativierbar ist, sondern um seine Gedankenwelt<br />

in eine Epoche hineinzutragen, denn alles ist geschichtlich, absolut<br />

alles, einschließlich der Bibel <strong>und</strong> Jesus. Und daran scheiden sich die Geister.<br />

Ich selbst, zunächst aus einem Instinkt heraus <strong>und</strong> dann dank der Lehre<br />

<strong>und</strong> der Fre<strong>und</strong>schaft meiner älteren Kollegen – Chenu <strong>im</strong> besonderen,<br />

<strong>und</strong> auch Féret, bin in diese Richtung gegangen, die ich dann auch in der<br />

Ökumene <strong>und</strong> in allem Übrigen weiter verfolgt habe.“ Notabene: Diese<br />

Studienreform bildet den geistesgeschichtlichen Hintergr<strong>und</strong>, den die<br />

Programmschrift „Le Saulchoir: Une Ecole de Théologie“ von M.-D. Chenu<br />

hervorbringen wird. 1930 wird er zum Priester geweiht. Im folgenden Jahr<br />

berufen ihn seine Ordensoberen als Professor an die Ordenshochschule Le<br />

Saulchoir. Er liest Ekklesiologie <strong>und</strong> F<strong>und</strong>amentaltheologie. In seinen Vorlesungen<br />

setzt er sich mit Werken auseinander, die dem damaligen theologischen<br />

Schulbetrieb als nicht opportun gelten: Johann Adam Möhler, Fjodor<br />

Dostojewski, Maurice Blondel, Lucien Laberthonnière.<br />

Sein eigenes theologisches Schaffen gilt besonders der Ekklesiologie <strong>und</strong><br />

der Pneumatologie. Die Theologie der Tübinger Schule des 19. Jh. hilft<br />

ihm zur Ausarbeitung eines dynamisch-geschichtlichen Traditionsbegriffs.<br />

Die Themen der Ekklesiologie bearbeitet er sowohl historisch als auch geschichtlich.<br />

Der Kirche wie der Welt, in der wir leben, gilt die Leidenschaft<br />

Congars. Ein Sammelband, von seinem Schüler P. Jean-Pierre Jossua herausgegeben,<br />

bezeugt dies eindrücklich (Ecrits reformateurs, Paris 1995).


Ausgehend vom 17. Kap. des Johannesevangeliums erwacht in ihm seine<br />

ökumenische Berufung. „Ich habe gesagt, dass ich eine ökumenische Berufung<br />

empfangen habe, die zugleich eine kirchliche war. Diese Berufung<br />

ruhte schon lange Zeit in mir, vielleicht sogar seit meiner Kindheit.“ Aus<br />

diesem ökumenischen Interesse heraus lanciert er 1937 die theologische<br />

Reihe „Unam Sanctam“ (Verlag Cerf, Paris), die namhafte Autoren zu wichtigen<br />

ökumenischen Fragen publiziert. Der erste Band dieser Reihe, von P.<br />

Congar selbst verfasst, trägt den Titel „Chrétiens désunis. Principes d’un<br />

‚œcuménisme’ catholique / Getrennte Christen. Prinzipien zu einem katholischen<br />

‚Ökumenismus’“. Die Teilnahme am 2. Weltkrieg hinterlässt bei<br />

Congar einen tiefen Einschnitt. Er ist sich bewusst, jetzt anders Theologie<br />

treiben zu müssen. „Nie mehr werde ich arbeiten können, wie wenn Menschen<br />

nicht litten, <strong>und</strong> gewisse Arbeiten akademischer Natur werden für<br />

mich von nun an nicht mehr in Frage kommen.“ Durch die biblische <strong>und</strong><br />

liturgische Bewegung angeregt, lebt die Kirche in Frankreich in einer gewissen<br />

Aufbruchst<strong>im</strong>mung. Der Nuntius in Paris, Guiseppe Roncalli, ist<br />

ein aufmerksamer Leser der Schriften des jungen Dominikanertheologen!<br />

Abbé Godin publiziert sein Buch „Frankreich – ein Missionsgebiet“. Die<br />

älteste Tochter der Kirche entdeckt für den theologischen Neuaufbruch die<br />

patristische Literatur, die Edition der „Sources chrétiennes“ will diesen<br />

Schatz heben, die wissenschaftliche Theologie sucht das Gespräch mit der<br />

pastoralen Wirklichkeit, das Projekt der Arbeiterpriester wird in Marseille<br />

lanciert. Viele Dominikaner beteiligen sich an diesem Unternehmen, sie<br />

werden von Chenu <strong>und</strong> Congar theologisch begleitet. Die Ökumene n<strong>im</strong>mt<br />

einen neuen Anlauf. 1950 publiziert P. Congar sein Buch „Vraie et fausse<br />

réforme dans l’Eglise / Wahre <strong>und</strong> falsche Reform in der Kirche“, 1953<br />

folgt „Jalons pour une théologie du laicat / Der Laie. Entwurf einer Theologie<br />

des Laientums“. Dieses Buch stellt einen Paradigmenwechsel der Rolle<br />

der Laien in der katholischen Kirche dar. Congar nennt diese Zeit „einen<br />

der schönsten Augenblicke <strong>im</strong> Leben der Kirche“.<br />

Doch die „Nouvelle Théologie“ gerät von Rom aus unter Beschuss. In seinem<br />

Orden <strong>und</strong> durch die Kurie angegriffen <strong>und</strong> Beschuldigungen ausgesetzt,<br />

muss er – <strong>im</strong> Umfeld der restaurativen Politik unter dem Pontifikat<br />

von Pius XII. – seinen Lehrstuhl aufgeben <strong>und</strong> wird ins Exil nach Cambridge<br />

geschickt. Trotz seiner eigenen Probleme versucht Pater Congar die<br />

Anschuldigungen seines Mitbruders, Lehrmeisters <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>es Marie-<br />

Dominique Chenu zu entkräften. Es beginnt ein Leidensweg für den hoffnungsvollen<br />

Theologen, der erst mit der Wahl von Giuseppe Roncalli zum<br />

Papst ein Ende n<strong>im</strong>mt. Papst Johannes XXIII. ernennt Yves Congar zum<br />

Berater der vorbereitenden Kommission für das einberufene Konzil. Auf<br />

dem Konzil selbst wird Congar einer der führenden Köpfe. „Ich marschiere,<br />

damit die Kirche vorankomme“, schreibt er in seinen Tagebuchaufzeichnungen<br />

über seine Arbeit am Konzil. Congar ist endgültig rehabilitiert.<br />

Er prägt wesentlich die


Dokumente “Lumen Gentium“, “Dei Verbum“ <strong>und</strong> “Unitatis Redintegratio“<br />

mit. Er wird Mitglied der Internationalen Theologenkommission <strong>und</strong> Mitbegründer<br />

der theologischen Zeitschrift „Concilium“.<br />

Congar betreibt Theologie in der Moderne. Seine Beschäftigung mit der<br />

Rolle der Laien in der Kirche ist dafür ein Zeichen. Der moderne Mensch<br />

versteht sich autonom, will Subjekt sein. Dies, so folgert Congar in seinen<br />

„Herbstgesprächen“, gilt auch für das Leben in der Kirche. „Für die Laien<br />

ist es unabdingbar, dass sie sich als Subjekte erfahren.“ Sein Engagement<br />

für die Arbeiterpriester ist dafür ein erstes Zeugnis, nach der 68er Revolte<br />

kommt die Frauenfrage hinzu. Bemängelt er auch „Kinderkrankheiten des<br />

Feminismus“, so weiß er um die berechtigten Anliegen der Frauen in der<br />

Kirche: „In jedem Fall liegt eine der Ursachen der gegenwärtigen Krise<br />

darin: Die Personen – Frauen, Jugendliche, all jene, die sich diskr<strong>im</strong>iniert<br />

fühlen – erfahren sich nicht in hinreichender Weise als Subjekt.“ Auch nach<br />

dem Konzil entwickelt er sich theologisch weiter, gibt so ein Zeugnis für<br />

die Weite seines Geistes. Gleichwohl sieht er progressistische wie restaurative<br />

Entwicklungen in der Kirche, die sich seiner Meinung nach dem Geist<br />

des Konzils verschließen.<br />

Im Alter kennt er weder Bitterkeit noch Resignation; er bleibt - einigen als<br />

Zeichen seiner Grenze, anderen dagegen Zeichen seiner Größe – ein Mann<br />

der Kirche, sieht sich als treuer Sohn der Kirche, die er als freier Christ<br />

liebt. Sein Alter, das von schwerer Krankheit gezeichnet ist, verbringt er –<br />

als ehemaliger Kriegsteilnehmer besitzt er dieses Privileg - <strong>im</strong> „Hôtel des<br />

Invalides“ in Paris. Verdächtigungen wie Krankheit versteht Congar aus<br />

seiner Christusnachfolge. „Zurückgezogen vom aktiven Leben, bin ich vereint<br />

mit dem Mystischen Leib des Herrn Jesus, über den ich so oft geschrieben<br />

habe. Mit ihm bin ich Tag <strong>und</strong> Nacht verb<strong>und</strong>en durch das Gebet eines<br />

Mannes, der auch seinen Teil an Leid zu tragen hat. … Mit <strong>und</strong> <strong>im</strong> Heiligen<br />

Geist lebe ich für seine mir bekannten <strong>und</strong> unbekannten Glieder. … Es ist<br />

Bitte, Tröstung, Wirken der Gnade, solange der Herr will.“ Ein treuer Sekretär<br />

hält die Beziehungen zu Konvent <strong>und</strong> Pariser Bibliotheken aufrecht.<br />

Am Ende seines Lebens wird er von Papst Johannes Paul II. 1994 zum<br />

Kardinal ernannt. P. Congar stirbt am 22.6.1995 in Paris.<br />

Seine posthum veröffentlichten Tagebuchaufzeichnungen über die Jahre<br />

seiner Diffamierung („Journal d’un théologien, 1946-1956, Paris 2000) <strong>und</strong><br />

des Konzils („Mon journal du concile“, Paris 2002) stellen persönliche<br />

Zeugnisse der neueren Kirchen- <strong>und</strong> Theologiegeschichte dar. Sie gewähren<br />

Einblick in seine Ordensberufung, sein priesterliches <strong>und</strong> theologisches<br />

Wirken. Sein gesamtes theologisches Schaffen versteht er als „service<br />

doctrinal du peuple de Dieu / Lehrmäßigen Dienst am Volk Gottes“.


Der Dominikaner P. Yves Congar gehört zu jenen Theologen des 20. Jh.,<br />

die internationales Renommee besitzen <strong>und</strong> das Leben der Kirche in diesem<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert mitgestaltet haben.<br />

„Sein Geschick zwischen Krankheit <strong>und</strong> Aufbruch, zwischen historischer<br />

Detailarbeit <strong>und</strong> visionären Hoffnungen gegen jede Wahrscheinlichkeit,<br />

zwischen kirchlicher Verurteilung, Berufung zum Konzilstheologen <strong>und</strong><br />

später Erhebung zur Kardinalswürdigkeit: All das lässt ihn gleichsam zu<br />

einem Symbol werden, an dem ein guter Teil der Geschichte <strong>und</strong> der inneren<br />

Spannungen der katholischen Kirche <strong>im</strong> 20. Jh. geradezu biografisch<br />

anschaulich werden können“ (Peter Neuner).<br />

P. Wolfgang Müller OP<br />

„Die größten Glaubenslehrer haben bemerkt, daß die Häresien dazu<br />

gezwungen haben, die Dinge des Glaubens zu erörtern <strong>und</strong> eine angemessene<br />

Sprache zu präzisieren. Wir sind die Erben einer jahrh<strong>und</strong>ertelangen<br />

Bemühung, zu erklären <strong>und</strong> zu meditieren. Wir sind in diesem<br />

Sinn ‚die Erwachsenen des Christentums‘ (M. Blondel). Begriffe wurden<br />

definiert, eine Sprache wurde gebildet, um die wir nicht mehr herumkommen.<br />

Wir werden uns ihrer bedienen <strong>und</strong> dabei doch das Gefühl<br />

bewahren, daß das Mysterium weit über unser Gestammel hinausstrahlt.<br />

Man kann das Mysterium gewahren, seine Umrisse abstecken, es aber<br />

nicht durchdringen“.<br />

(Yves Congar, Der Heilige Geist, 330)<br />

Papstaudienz in Castel Gandolfo am 22. September 1950<br />

(P. Congar steht in der hinteren Reihe ganz links)


Themenschwerpunkt:<br />

<strong>Ausbildung</strong> <strong>und</strong> <strong>Bildungsarbeit</strong> <strong>im</strong><br />

Dominikanerorden<br />

Ostkircheninstitut der Dominikaner in Wien<br />

Der Dominikanerorden hat auf seinen letzten Generalkapiteln Schwerpunkte<br />

für seine zukünftige Arbeit skizziert. Einen dieser Schwerpunkte stellt der<br />

„Dialog mit den orientalischen Kirchen in einem zusammenwachsenden<br />

Europa“ dar. Um dieses Ordensziel umzusetzen, bedarf es einer genügenden<br />

Anzahl von Ordensangehörigen, die sich entsprechende Kompetenz<br />

erarbeitet haben. Daran fehlt es zur Zeit noch. Auf Provinzebene haben seit<br />

dem Provinzkapitel 2002 Überlegungen begonnen, wie die Tradition des<br />

Wiener Konventes <strong>im</strong> Bereich der <strong>Ausbildung</strong> <strong>und</strong> des Bildungsapostolats<br />

in die Zukunft fortgeschrieben werden kann. Setzt man die Initiativen auf<br />

Ordens- <strong>und</strong> Provinzebene in einen Zusammenhang, liegt der Gedanke der<br />

Gründung eines dominikanischen Studien- <strong>und</strong> Forschungszentrums „Orientalische<br />

Kirchen“ nahe, das – unter Einbindung des Wiener Konvents –<br />

eine spürbare Lücke für den ganzen Orden schließen helfen kann.<br />

Wiener Konvent: Blick in die Nordost-<br />

ecke des Kreuzganges mit barockem<br />

Kreuz


Wien ist für ein dominikanisches Studien- <strong>und</strong> Forschungsinstitut „Orientalische<br />

Kirchen“ aus einer ganzen Reihe von Gründen geradezu ideal. Die<br />

Wiener Universität verfügt über einen von nur zwei Lehrstühlen für<br />

Ostkirchenk<strong>und</strong>e <strong>im</strong> deutschen Sprachraum. Dadurch besteht die Möglichkeit<br />

zu Spezialstudien <strong>und</strong> zur Dissertation an einer staatlichen Universität.<br />

In anderen theologischen Fächern wie z.B. der Liturgiewissenschaft <strong>und</strong><br />

der spirituellen Theologie wird dem Bereich des christlichen Ostens ebenfalls<br />

große Beachtung geschenkt, was die Bandbreite für spezielle Studienbereiche<br />

nochmals vergrößert. Wien bietet den fast singulären Fall, dass<br />

alle ostkirchlichen Traditionszweige in einer ganzen Reihe von Metropolien,<br />

Bistümern (Eparchien) <strong>und</strong> Gemeinden örtlich repräsentiert sind. Mit der<br />

Stiftung „Pro Oriente“ verfügt Wien über einen wissenschaftlich <strong>und</strong> ökumenisch-praktisch<br />

renommierten Anknüpfungspunkt. Schließlich liegt die<br />

Stadt am Schnittpunkt von Ost <strong>und</strong> West, ist international, zentral <strong>und</strong><br />

verkehrstechnisch bestens erreichbar. Damit besteht die Möglichkeit, drei<br />

Gesichtspunkte zu kombinieren:<br />

• das Mitleben von Dominikanern, die sich <strong>im</strong> Bereich Ostkirchenk<strong>und</strong>e<br />

qualifizieren wollen, in einem bekannten <strong>und</strong> traditionsreichen<br />

Dominikanerkonvent,<br />

• fachlich erstklassige Angebote, sich wissenschaftlich <strong>und</strong> praktisch<br />

mit den orientalischen Kirchen zu beschäftigen <strong>und</strong><br />

• bereits vorhandene staatliche <strong>und</strong> kirchliche Rahmenbedingungen,<br />

die der Orden nicht aufbauen <strong>und</strong> mit eigenem personellen Einsatz<br />

unterhalten muss.<br />

Mit dieser Kombinationsmöglichkeit dürfte Wien einer der denkbar besten<br />

Standorte für ein dominikanisches Institut „Orientalische Kirchen“ überhaupt<br />

sein, vor allem, wenn das Institut mit der Universität, der Stiftung<br />

„Pro Oriente“ <strong>und</strong> den orientalischen Metropolien Verbindungen unterhält.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> hat der Wiener Konvent der Errichtung des Instituts<br />

zugest<strong>im</strong>mt.<br />

Ordensangehörige mit Interesse an einem Studienaufenthalt bzw. an<br />

Ergänzungs- <strong>und</strong> Promotionsstudien sollen in den Wiener Konvent aufgenommen<br />

<strong>und</strong> integriert werden. Sie verstärken diesen, bringen aber zugleich<br />

auch zusätzliche Impulse. Im Bildungssektor verfügt der Wiener Konvent<br />

über große Erfahrungen <strong>und</strong> genießt vielfache Anerkennung. Im Übrigen<br />

nehmen die Ordensstudenten <strong>und</strong> –promoventen an bereits vorhandenen<br />

<strong>Ausbildung</strong>smöglichkeiten teil.


Der Generalmeister, fr. Carlos Azpiros Costa, hat die Initiative in einem<br />

besonderen Schreiben begrüßt. Auch Christoph Kardinal Schönborn OP<br />

hat die Errichtung des Instituts empfohlen <strong>und</strong> betont: „Als dem Dominikanerorden<br />

zugehöriger Erzbischof von Wien, als ehemaliger Professor für<br />

Ostkirchenk<strong>und</strong>e an der Universität Fribourg in der Schweiz <strong>und</strong> als Verantwortlicher<br />

für die Stiftung ‚Pro Oriente’ wird mir ein künftiges ‚Ostkirchliches<br />

Institut der Dominikaner in Wien’ auch ein persönliches Anliegen<br />

sein. Ich wünsche diesem Beginnen viel Erfolg <strong>und</strong> Gottes Segen.“<br />

Das künftige Institut soll sachlich <strong>und</strong> rechtlich selbständig sein. Dazu wird<br />

die Errichtung einer Stiftung nach österreichischem Recht geprüft. Neben<br />

den gesetzlich vorgesehenen Gremien ist an die Schaffung eines wissenschaftlichen<br />

Beirats gedacht, dem dominikanische Spezialisten für<br />

ostkirchenk<strong>und</strong>liche Fragen angehören sollen <strong>und</strong> der sich in weiterer Zukunft<br />

zu einem ordensspezifischen Diskussionsforum entwickeln kann. In<br />

einem Institutssekretariat werden die organisatorischen Aspekte so gebündelt,<br />

dass sich die pastoralen Beiträge des Wiener Konvents selbständig<br />

weiterentwickeln können.<br />

Die Errichtung des Instituts <strong>und</strong> dessen Aufbau ist mit erheblichem finanziellen<br />

Aufwand verb<strong>und</strong>en. Wenn Sie dieses Projekt in besonderer Weise<br />

unterstützen wollen, erbitten wir Spenden auf eines der auf der Rückseite<br />

angegebenen Konten der Dominikanerprovinz unter dem Stichwort<br />

„Ostkircheninstitut“; Anfragen zur Möglichkeit einer nachhaltigen Unterstützung<br />

in Form von Zustiftungen werden gerne vom Provinzialat beantwortet.


Um die Internationalität des Dominikanerordens wahrzunehmen, sind<br />

Sprachkenntnisse unerlässlich. Fr. Daniel Ochsenreiter hat in Salamanca<br />

einen Sprachkurs besucht <strong>und</strong> vielfältige Eindrücke von Land <strong>und</strong> Leuten<br />

sowie dem örtlichen dominikanischen Wirken empfangen.<br />

Von heißer Schokolade, Katholischen Königen <strong>und</strong> wilden<br />

Fledermäusen<br />

Jeden Sommer finden in Salamanca Sprachkurse statt. In allen Schwierigkeitsgraden:<br />

für den sprachlichen ABC-Schützen ist genauso was dabei wie<br />

für den Fremdsprachenlehrer. Natürlich gibt es solche Kurse nicht nur in<br />

Salamanca, sondern überall <strong>im</strong> ganzen Land. Manchmal sogar in der Nähe<br />

zum Meer, mit direktem Zugang dazu, wie z.B. in Barcelona. Salamanca<br />

jedoch ist einzigartig, insofern<br />

es als steinalte Universitätsstadt<br />

ein Ambiente<br />

bietet, das am ehesten vielleicht<br />

als Mischung aus<br />

Heidelberg, Oxford <strong>und</strong><br />

Freiburg beschrieben werden<br />

kann. Außer unzähligen<br />

Andenkenläden, die an<br />

solchen Orten wohl unvermeidlich<br />

sind, ist alle paar<br />

Meter ein Café oder eine<br />

Kneipe zu finden. Ja, der<br />

Hauptplatz – laut Reiseführer<br />

Spaniens größter <strong>und</strong><br />

schönster! – ist <strong>im</strong> Sommer<br />

eine einzige riesige Freiluftcafeteria,<br />

so groß wie<br />

knapp zwei Fußballfelder!<br />

Zu diesem den Sprachstu-<br />

fr. Daniel Ochsenreiter war <strong>im</strong> Sep-<br />

tember 2003 zu einem Spanischkurs<br />

zwei Wochen in Salamanca. Zum<br />

Programm gehörten auch Exkursio-<br />

nen, wie hier nach Segovia.


dien äußerst förderlichen Ambiente kommt noch hinzu, dass in Salamanca<br />

der Studentatskonvent der Dominikanerprovinz von Spanien steht, was<br />

schließlich eine standesgemäße Unterbringung bedeutet. Also eine Anmeldung<br />

losgeschickt, den Koffer gepackt <strong>und</strong> auf nach Salamanca!<br />

Eine erste große <strong>und</strong> freudige Entdeckung war die heiße Schokolade, worin<br />

die Spanier schier unerreichbare Spezialisten sind! Sie ist derart kräftig,<br />

dass der Löffel fast drin stehen bleibt, <strong>und</strong> vom Spanier wird sie vorzugsweise<br />

mit einem langgezogenen Gebäck namens Churros eingenommen.<br />

Die Dominikanerkirche St. Esteban mit ihrer berühmten Fassade als Postkartenmotiv. Die<br />

Karte ist übrigens betitelt mit „Dominikaner“.


Allerdings, <strong>und</strong> darin liegt eine erste große Ernüchterung, beschränkt sich<br />

das spanische Expertentum für heiße Schokolade lediglich auf den Vormittag,<br />

der dort allerdings wiederum so bis kurz vor 14.00 Uhr dauert. Die<br />

Blicke, die derjenige auf sich zieht, der es wagt, nach 14.00 Uhr eine heiße<br />

Schokolade zu bestellen, sind unbeschreiblich, verständnislos bis ächtend,<br />

jedenfalls dazu geeignet, alle weiteren derartigen Anwandlungen gründlich<br />

einzuschüchtern! Dagegen ist es regelrecht harmlos, in München später als<br />

11.00 Uhr nach einer Weißwurst zu fragen!<br />

Und außerdem ist die Rezeptur für die heiße Schokolade nach 14.00 Uhr<br />

eine andere wie vorher, <strong>und</strong> zwar nullachtfünfzehn-mäßig, wie man sie<br />

überall auf der Welt, so auch in Augsburg, Kempten oder Harbatshofen,<br />

jederzeit erhalten kann. Am besten ist es also in diesem Falle, sich den<br />

landesüblichen Gepflogenheiten anzupassen! Leider, <strong>und</strong> das war die zweite<br />

große <strong>und</strong> herbe Ernüchterung, ist das aber leichter gesagt als getan. Wie<br />

denn, bitte schön, soll etwa ein Sprachschüler in Salamanca Umgang mit<br />

Der Studentatskonvent


den landesüblichen Spezialitäten zur landesüblichen Tageszeit pflegen, wenn<br />

ihm dazu so gut wie keine Gelegenheit gewährt wird? Der Unterricht lief<br />

nämlich von 8.30 bis 13.30 durch, ohne nennenswerte Pausen, außer einmal<br />

einem Lehrerwechsel <strong>und</strong> einmal einem Umzug in ein anderes Gebäude<br />

jenseits des Hauptplatzes. Keine Chance, sich auch nur für 20 Minütchen<br />

von den Strapazen des Passivs oder des Imperfekts bei einer heißen Schokolade<br />

zu erholen! Eine Kultur der Pause scheint den Spaniern geradezu<br />

wesensfremd zu sein; sie sind auf keinen Falle mit anderen Mittelmeeranrainern<br />

wie etwa Italienern oder Südfranzosen zu verwechseln! Zugegeben,<br />

dafür setzt das Land halt andere eigene <strong>und</strong> kräftige kulturelle Akzente.<br />

An den Katholischen Königen z.B. kommt keiner vorbei, kein Tourist,<br />

der spätmittelalterliche Kirchen, Paläste <strong>und</strong> Universitäten bew<strong>und</strong>ert, <strong>und</strong><br />

auch kein Sprachschüler, dem schließlich das kleine abc der spanischen<br />

Geschichte beigebracht wird. Allein die Stadt Salamanca bietet ein reiches<br />

Zeugnis dieser Blütezeit des 16. Jahrh<strong>und</strong>erts: die prächtige Fassade der<br />

Universität, die Kathedrale, oder die Dominikanerkirche St. Esteban, die<br />

zu jener Zeit ihre heutige, reiche <strong>und</strong> üppige Form angenommen haben. Als<br />

die Katholischen Könige erst einmal den letzten Kalifen von Granada des<br />

Landes verwiesen <strong>und</strong> Kolumbus aus Amerika empfangen haben, stellten<br />

sie n<strong>im</strong>mermüde überall repräsentative Bauwerke hin.<br />

Doch kommen wir nach dermaßen viel Kultur nun zum Sport. Jedes kleine<br />

Kind kennt Stierkämpfe, selbst <strong>im</strong> Allgäu, <strong>und</strong> kann sogar schon „Torero“<br />

sagen. Wer aber hat schon einmal etwas von der Fledermausjagd gehört?<br />

Oder gar als Zuschauer einer solchen beigewohnt? Was unserer ordinären<br />

Maus die gemeine Katze, ist der spanischen Fledermaus der Spanier. Diese<br />

Tierchen gibt es da nämlich zuhauf <strong>und</strong> sie bevölkern am liebsten Gemäuer,<br />

wie z.B. den Studentatskonvent. Schier unglaublich, mit welcher Geschicklichkeit<br />

beispielsweise P. Juan in wilder Jagd über die Möbel des<br />

Rekreationsz<strong>im</strong>mers hinwegfetzt, der Beute <strong>im</strong>mer dicht auf den Fersen!<br />

Wer würde es ihm ansehen, dass er am nächsten Morgen um 9.00 Uhr wieder<br />

hinterm Lehrpult steht <strong>und</strong> über die Schriften des heiligen Paulus doziert?<br />

Doch muß man an dieser Stelle auch einmal hervorheben, dass die<br />

Brüder des Studentatskonvents nicht nur sehr sportlich, sondern auch äußerst<br />

gastfre<strong>und</strong>lich sind! Wie glücklich derjenige, welcher nach langen<br />

St<strong>und</strong>en des Herumschlagens mit unregelmäßigen Verbformen, indirekter<br />

Rede <strong>und</strong> sonstigen Finten <strong>und</strong> Hinterhälten, welche die Sprache so bereithält,<br />

ein herzliches <strong>und</strong> wohlwollendes zuhause antrifft! Es lohnt sich also<br />

wiederzukommen. Nicht nur wegen der heißen Schokolade.<br />

fr. Daniel Ochsenreiter OP


<strong>Ausbildung</strong> <strong>im</strong> dominikanischen Sinn hat <strong>im</strong>mer auch einen Bezug zur Praxis.<br />

Deshalb sieht bereits das <strong>Ausbildung</strong>sprogramm für die Novizen ein<br />

Praktikum vor. Es folgen zwei Berichte. Ein dritter Praktikumsbericht von<br />

fr. Thomas Gabriel Brogl wurde <strong>im</strong> Provinzr<strong>und</strong>brief Nr. 01/2004 (Datenexemplar<br />

unter www.dominikaner.org) veröffentlicht.<br />

Initiative für Menschen Ohne Obdach<br />

Es ist kalt. Entschlossen setze ich den Fuß vom Portal der Theatinerkirche<br />

auf das Kopfsteinpflaster des Odeonplatzes. Satt von den Bildern der anmutig<br />

vom Morgenlicht durchfluteten Kirche schweift mein Blick nun über<br />

die gähnende Leere der Münchner Innenstadt. Ich bin spät dran, raffe den<br />

Saum des Mantels zusammen <strong>und</strong> setze meinen allmorgendlichen Weg zur<br />

S-Bahn-Station Marienplatz fort. Vorbei an den müden Gesichtern hinter<br />

den Schaufenstern haste ich gerade rechtzeitig die Stufen zum Bahnsteig<br />

hinab. Schon fährt donnernd die Linie Acht ein. Die zähe Masse der Einsteigenden<br />

schiebt mich durch die zischende Tür ins Innere. Erleichtert lasse<br />

ich mich schließlich auf den einzigen noch freien Sitzplatz fallen. Mit<br />

einem Ruck setzt sich der Wagen in Bewegung.<br />

Ruhig beginnen die Gedanken, Bilder der letzten Tage zu streifen. Schon in<br />

einen wohligen Dämmerzustand versetzt, halten wir mit einem erneuten<br />

Ruck. Aus dem Lautsprecher dröhnt „Hauptbahnhof“, alles um mich beginnt<br />

in Richtung Türe zu wuseln <strong>und</strong> mit einem original münchnerischen<br />

„ja, do schau her“ knallt sich Herr Fässler auf den freigewordenen Sitz mir<br />

gegenüber.<br />

Herr Fässler war jahrzehntelang leitender Angestellter einer großen Münchner<br />

Gummifabrik. Eines Tages wurde er aus nicht näher bekannten Gründen<br />

in eine neue Filiale in Ingolstadt versetzt <strong>und</strong> war plötzlich nur von<br />

jungen Mitarbeitern umgeben: Gemobbt <strong>und</strong> vereinsamt. Alkohol. Ominöse<br />

neue Fre<strong>und</strong>e sprachen von noch viel ominöseren guten Geschäften. Zahlungsunfähigkeit,<br />

Pfändung, Zwangsräumung. Obdachlos.<br />

„Das Schl<strong>im</strong>mste ist, dass man ja <strong>im</strong>mer stehen oder sitzen muss, den ganzen<br />

Tag. Du hast ja alles, was Du hast, auf dem Rücken geschnallt, kannst<br />

Dich nicht hinlegen. Besonders <strong>im</strong> Winter!“ Eines Morgens ist er vor den<br />

Füßen eines Sozialarbeiters aufgewacht, der ihn zum Entzug überredete.<br />

Nach der Therapie klopfte er an die Tür der „Ifmo“, die eigentlich „Initiative<br />

für Menschen ohne Obdach“ heißt. Sie ist seit zwei Wochen Ort meines


Noviziatspraktikums. Hier bildet ein Team von zwei Schlehdorfer Dominikanerinnen<br />

(Sr. Ortrud Fürst OP, Sr. Christin Haberer OP) <strong>und</strong> einer<br />

Mallersdorfer Franziskanerin (Sr. Clarissa OFM) unter der Mitarbeit von<br />

Sozialpädagoginnen eine Lebens- <strong>und</strong> Wohngemeinschaft mit den Obdachlosen.<br />

Während Herr Fässler interessiert nach den Butterbroten in seiner Aldi-<br />

Plastiktüte fingert, muss ich an das frühere Schmuddelhotel denken, das<br />

nun 40 ehemalige Obdachlose beherbergt, <strong>und</strong> das heute wie die letzten<br />

vierzehn Tage Ziel meiner allmorgendlichen Reise ist. Vorletzten Herbst<br />

wurde es von zunächst einer Schwester <strong>und</strong> zwei „Betroffenen“ bezogen.<br />

Sie übernachteten auf Matratzen <strong>und</strong> bauten die Ruine Z<strong>im</strong>mer für Z<strong>im</strong>mer<br />

wieder auf. Schließlich kamen die anderen beiden Schwestern <strong>und</strong> zwei<br />

angestellte Sozialpädagoginnen hinterher.<br />

Das Konzept sollte so banal wie einzigartig sein: Wer einziehen möchte,<br />

muss auf Alkohol völlig verzichten, seine gesamte Lebenssituation, einschließlich<br />

Privatleben <strong>und</strong> Finanzen offen legen <strong>und</strong> bereit sein, seine Arbeitsfähigkeit<br />

zu erproben. Die Schwestern <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen helfen<br />

bei Arbeitssuche, Ämtergängen <strong>und</strong> Schuldnerberatung <strong>und</strong> begleiten jeden<br />

einzelnen individuell.


Jeder hat max<strong>im</strong>al drei Jahre Zeit, auf eigenen Beinen zu stehen <strong>und</strong> eine<br />

Wohnung zu finden. Was in München alles andere als einfach ist. Herr<br />

Fässler jedenfalls ist erst mal froh über seine Arbeit als Nachtwächter, von<br />

der er jetzt in das Ifmo- Haus zurückkehrt. Der Blick aus dem Waggonfenster<br />

in die sich lichtende Häuserlandschaft verrät, dass wir bald an unsrer<br />

Zielstation ankommen werden.<br />

„Müssen’s heut’ die Türrahmen <strong>im</strong> zweiten Stock streichen, gell?“ mampft<br />

Herr Fässler <strong>und</strong> beißt noch einmal in sein Wurstbrot. Vor meinem geistigen<br />

Auge erscheint der erste Stock mit seinen Türrahmen, deren speckiges<br />

Olivgrün aus den Siebzigern gestern mit frischem Weiß überstrichen wurde.<br />

Heute wird sich der kleine Malertrupp, bestehend aus vier Bewohnern<br />

<strong>und</strong> mir, die Türrahmen <strong>im</strong> Stockwerk darüber vornehmen. Nicht jeder, der<br />

einzieht, findet sofort Arbeit.<br />

Für die Zwischenzeit beschäftigt ihn die Geschäftsführung in <strong>und</strong> am Haus.<br />

Gegen Entgelt, versteht sich, denn jeder muss sich selbst versorgen, einkaufen,<br />

kochen, putzen <strong>und</strong> waschen. Ich als Praktikant wurschtle überall<br />

ein wenig mit, transportiere gespendete Einrichtungsgegenstände in das<br />

Haus, ordne Büromaterial <strong>und</strong> Dachböden, koche Mittagessen für die Arbeiter<br />

am Haus.<br />

Wie unterscheidet sich doch diese Welt voller Unregelmäßigkeiten,<br />

Spontaneitäten <strong>und</strong> Provisorien, diese Zwischenstation von Sicherheit <strong>und</strong><br />

Straße vom wohlgeordneten Noviziat <strong>im</strong> Wormser Kloster! Natürlich habe<br />

ich auch in München ein „Dahe<strong>im</strong>“ <strong>im</strong> Konvent am Odeonsplatz, mit fre<strong>und</strong>lichen<br />

Mitbrüdern <strong>und</strong> gutem Gebet. Aber zum ersten Mal pendle ich kontinuierlich<br />

zwischen einer bewegenden Aufgabe <strong>und</strong> dem festen Konventsleben.<br />

Das ist zwar so spannend wie anstrengend, lässt aber vielleicht ein<br />

wenig davon ahnen, um was es Dominikus in seinem Orden ging. Und vor<br />

allem: ich beginne zu ahnen, warum Jesus Christus den Großteil seines<br />

Lebens mit der Sorte Menschen verbracht hat, bei denen ich jetzt mein<br />

Praktikum mache.<br />

„Pack mas“, meint mein Gegenüber <strong>und</strong> schlendert Richtung Ausgang. Ich<br />

überlege, was ich zum Mittagessen kochen könnte. Hoffentlich hat irgendwer<br />

Geld, etwas einzukaufen.<br />

fr. Robert Mehlhart OP


Katholisch heißt Genießen<br />

Praktikum in der KHG-Regensburg<br />

In der Noviziatszeit unterbricht ein vier Wochen langes Praktikum das geregelte<br />

<strong>und</strong> vertraute Leben <strong>im</strong> Kloster. In meinem Fall war das in der Katholischen<br />

Hochschulgemeinde in Regensburg. In diesem Umfeld konnte ich mich<br />

selber, meine Bedürfnisse, Talente <strong>und</strong> Schwächen besser kennenlernen. Fragen,<br />

die schon längst beantwortet waren, wurden wieder stark, andere fanden<br />

ihre Antwort.<br />

Die dominikanische Familie ist für Regensburg kein unbeschriebenes Blatt.<br />

Bereits 1229 wurden die Predigerbrüder nach Regensburg gerufen <strong>und</strong> gründeten<br />

dort die fünfte Niederlassung in Deutschland. Seit 1233 besteht das<br />

Dominikanerinnenkloster Hl. Kreuz. Albertus Magnus hielt sich von 1237-40<br />

als Lektor <strong>im</strong> Dominikanerkloster auf <strong>und</strong> war von 1260-62 Bischof von Regensburg.<br />

Nach langem Wirken wurde das Dominikanerkloster 1806 aufgelöst.<br />

Erst 2001 fassten die Predigerbrüder mit dem Dominikanischen Zentrum<br />

in Regensburg wieder Fuß. Es dient als Predigtstützpunkt <strong>und</strong> erlaubt seelsorgerische<br />

Angebote ohne eine feste Niederlassung. Das Dominikanische Zentrum<br />

arbeitet mit der Beratungsstelle für Sekten- <strong>und</strong> Weltanschauungsfragen<br />

der Diözese, der ESG <strong>und</strong> KHG zusammen <strong>und</strong> so erschloß sich mir mein<br />

Praktikum in der KHG.<br />

Herzlich aufgenommen, erlebte ich hier eine Teamarbeit auf anspruchsvollem<br />

Niveau. Ich lernte kennen, daß unterschiedliche Charaktere, Arbeits- <strong>und</strong> Lebensstile<br />

nicht unbedingt eine gelungene Arbeit verhindern. Der Studentenpfarrer<br />

<strong>und</strong> die Pastoralreferenten standen mir stets mit Vertrauen <strong>und</strong> Hilfsbereitschaft<br />

bei <strong>und</strong> gaben mir wertvolle Tipps aus ihrer langjährigen Erfahrung.<br />

Oft wurde über die reguläre Dienstzeit hinaus gearbeitet. Seelsorge war<br />

hier nicht bloß ein Beruf, sondern Berufung <strong>und</strong> die KHG ein Stück eigener<br />

Lebensraum. Innerhalb des Teams gab es so gut wie keine Hierarchie. Wichtige<br />

Entscheidungen oder gemeinsame Projekte wurden rege <strong>und</strong> in zuweilen<br />

zeitraubenden Dienstbesprechungen diskutiert. Darüber hinaus hatte jeder seinen<br />

Bereich, in dem er alleine Verantwortung trug. Nach dem Motto „learning<br />

by doing“ bekam ich meinen eigenen Bereich zugeteilt <strong>und</strong> konnte größere<br />

Projekte mitgestalten. Dabei lernte ich beinahe alle Facetten der Studentenseelsorge<br />

kennen: Gottesdienste, ökumenische Gebete, Tages<strong>im</strong>pulse <strong>und</strong><br />

Meditationen in der Uni-Kapelle, Flyerverteilen in der Mensa, die Teestube,<br />

gemeinsames Essen, Bibelgespräche, Feste der Begegnung, Vorträge, Vernissage,<br />

Predigen <strong>und</strong> vieles mehr.


Ich genoss die abwechslungsreichen <strong>und</strong> herausfordernden Tätigkeiten, die<br />

Freiheit, den Tag selbst zu strukturieren, die vielen Kontakte mit interessanten<br />

<strong>und</strong> sympathischen Leuten. Ich lebte gerne in diesem lebenslustigen,<br />

kreativen <strong>und</strong> intelligenten Umfeld.<br />

Während des Praktikums nahm mich die Gemeinschaft der Karmeliten wie<br />

einen der Ihrigen auf. Die Klostergemeinschaft diente mir nach einem turbulenten<br />

Tag als Ort, wo ich in meinem Z<strong>im</strong>mer, in der Kapelle, bei Mahlzeiten<br />

<strong>und</strong> Begegnungen zu Ruhe <strong>und</strong> Reflexion kam. Es half mir, mich<br />

nicht in den vielen Ereignissen <strong>und</strong> Begegnungen zu verlieren, sondern zu<br />

bedenken, für wen <strong>und</strong> warum ich das tat. So war mir der Konvent ein<br />

unscheinbarer, jedoch sehr wichtiger Rückhalt.<br />

Mir gefiel die Gelassenheit <strong>und</strong> Fröhlichkeit einiger Mitbrüder. Das Gespräch<br />

mit älteren Karmeliten eröffnete mir Einblicke in eine beeindrukkende<br />

Lebensphilosophie <strong>und</strong> Spiritualität. Was läßt einen Mann ein Leben<br />

lang <strong>im</strong> Kloster sein <strong>und</strong> glücklich werden, so daß er trotz der vielen entgangenen<br />

Lebensmöglichkeiten darauf zurückblicken <strong>und</strong> sich zugestehen<br />

kann, daß es sinnvoll war? Als Antwort kamen einfache, bescheidene <strong>und</strong><br />

bodenständige Sätze.<br />

fr. Alexis Jordan Fritz OP


Seit vielen Jahren hat der Wiener Konvent eine Querverbindung zur dortigen<br />

Universität etabliert. Kernpunkt dieser Zusammenarbeit ist das alljährlich<br />

stattfindende Thomasfest in Verbindung mit einem wissenschaftlichen<br />

Vortrag zur Theologie des hl. Thomas <strong>im</strong> heutigen Zusammenhang.<br />

Thomasfest 2004 in Maria Rot<strong>und</strong>a<br />

Die Festliturgie<br />

In einer fast bis auf den letzten Platz gefüllten Kirche feierten die Wiener<br />

Dominikaner mit „ihrem“ Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn OP<br />

dieses Jahr am 28. 1. das Fest des Heiligen Thomas von Aquino. Professor<br />

Hans Haselböck spielte wie gewohnt souverän die Romantische Orgel, so<br />

daß einen schon be<strong>im</strong> Einzug des langen Zuges von Ministranten, der<br />

zahlreichen Konzelebranten (auch aus anderen Orden <strong>und</strong> Diözesanklerus)<br />

<strong>und</strong> des bischöflichen Hauptzelebranten eine feierliche St<strong>im</strong>mung überkam.<br />

Der aufsteigende Weihrauch, die goldenen Paramente <strong>und</strong> der lateinische<br />

Gesang der Schola von St. Ursula (Musikhochschule Wien) unterstrichen,<br />

daß hier ein für die Dominikaner, aber auch für die ganze Kirche, besonderer<br />

Heiliger gefeiert wurde: eben der Doctor communis, die „Sonne des<br />

Erdkreises“ (die Pariser Artistenfakultät), dessen Lehre jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />

die Theologie, ja selbst die offizielle Lehre tief geprägt hatte. Eine Lehre,<br />

deren Glanz – wie der überaus zahlreiche Besuch der Kirche zeigte – auch<br />

heute noch nicht erloschen ist.<br />

Kardinal Christoph Schönborn hatte denn auch für seine Festpredigt über<br />

das Evangelium (das Hohepriesterliche Gebet <strong>im</strong> Johannesevangelium) einen<br />

besonders glücklichen Einfall, der die Aktualität des Theologen Thomas<br />

auf einfache Weise aufzeigte: er ließ den Heiligen an seinem Festtag<br />

nämlich <strong>im</strong>mer wieder selbst zu Wort kommen, indem er aus dessen Johannes-Kommentar<br />

zitierte! Streckenweise war der Heilige also unmittelbar<br />

präsent, die Zuhörer konnten gleichsam direkt an seinem Nachdenken <strong>und</strong><br />

Meditieren teilhaben. So wurde für den Heiligen Thomas noch einmal wahr,<br />

was er selbst einmal als Hauptaufgabe der Dominikaner festgesetzt hatte:<br />

contemplari et contemplata aliis tradere (Meditieren <strong>und</strong> das Meditierte<br />

den anderen mitteilen). Es war <strong>im</strong>mer wieder ergreifend, wie nah Thomas<br />

auf diese einfache, aber gelungene Weise den Zuhörern kam: so, wenn Kardinal<br />

Schönborn die Worte des Heiligen über die Fre<strong>und</strong>schaft Jesu zu<br />

denMenschen zitierte <strong>und</strong> diese noch einmal auslegte. Oder auch wenn der


Festprediger mit Hilfe des Heiligen andeutete, welche Tiefe <strong>und</strong> Kraft das<br />

Gebet des Herrn, der doch selber Gott ist, haben müsse, ein Gebet, das der<br />

Herr für uns <strong>und</strong> heute noch betet. Er verschwieg aber auch nicht das Mysterium<br />

des Bösen, angesichts dessen das Gebet des Herrn vor seinem Tod<br />

seinen ganzen Ernst erhält.<br />

Zuletzt kam der Heilige Thomas dann noch einmal in der Liturgie zu Wort,<br />

dieses Mal jedoch als Dichter, als nach der Kommunion das Adoro te devote<br />

erklang! Mit dem dominikanischen Salve Regina, das sich Kardinal<br />

Schönborn persönlich erbeten hatte, klang die Liturgie schließlich so feierlich<br />

aus, wie sie begonnen hatte.<br />

Der Festvortrag<br />

Die Dominikaner hatten dieses Jahr Professor Günther Pöltner von der Wiener<br />

Philosophischen Fakultät gebeten, den Festvortag zu halten. Das Thema,<br />

das er sich selbst gestellt hatte, lautete „Thomas von Aquino <strong>und</strong> die<br />

Embryonenforschung“. Wiederum vor einem gefüllten Thomassaal (zum<br />

Teil standen <strong>und</strong> saßen Leute noch vor den Türen!) begann Professor Pöltner<br />

seinen Vortrag. Er ging zunächst auf die aktuelle Gesetzeslage in einigen<br />

Ländern Europas ein, deren Verschiedenheit gut die philosophischen<br />

Prof. Dr. Günther<br />

Pöltner be<strong>im</strong><br />

Vortrag


Positionen zum Schutz der Embryonen schildere. So kennen beispielsweise<br />

der deutsche <strong>und</strong> der österreichische Gesetzgeber keine Grade des<br />

Mensch- seins <strong>und</strong> der Menschenwürde, der Embryo ist daher von Beginn<br />

an (theoretisch!) schutzwürdig. In England kennt man dagegen solche Grade,<br />

man spricht vom sog. „Gradualismus“. Vor einem gewissen Zeitpunkt<br />

genießt der Embryo keinen vollen Schutz, der auf seiner Menschenwürde<br />

beruhen würde, sondern nur einen gewissen, jedoch nicht unbedingten<br />

Schutz aus „Pietät“. Erst wenn best<strong>im</strong>mte personale Eigenschaften auftreten,<br />

ist dem menschlichen Leben unbedingter Schutz zu gewähren. Der<br />

mittelalterliche Theologe Thomas hat mit diesen Problemen auf den ersten<br />

Blick wenig zu tun. Professor Pöltner strich aber heraus, daß das Problem,<br />

ab wann ein Menschenleben beginne, uralt sei. Erhält menschliches Leben<br />

unmittelbar bei der Zeugung eine Seele <strong>und</strong> ist somit von Anfang an Mensch,<br />

oder erfolgt die Beseelung sukzessiv, also nur allmählich, wie Aristoteles<br />

es lehrte? Ab dem 18. Jahrh<strong>und</strong>ert setzte sich die erste Überzeugung durch,<br />

davor aber war die zweite stärker verbreitet. Auch der Heilige Thomas<br />

scheint ihr deutlich zuzuneigen. Das Problem ist nun, daß sich viele Philosophen<br />

<strong>und</strong> Mediziner, die heute den Gradualismus vertreten, gerade auf<br />

den „erzkatholischen“ <strong>und</strong> traditionellen Theologen Thomas berufen, um<br />

die Argumente von kirchlicher Seite so rhetorisch aushebeln zu können.<br />

Die Frage, der Professor Pöltner nun nachging, war daher die folgende:<br />

entspricht der Gedankengang des Thomas wirklich dem Gradualismus?<br />

Kann der Gradualismus sich wirklich auf Thomas berufen?<br />

Gemäß Professor Pöltner ganz offensichtlich nicht! Erstens muß man die<br />

beschränkten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse des Mittelalters berücksichtigen:<br />

mit modernem biologischen Wissen würde Thomas ganz anders<br />

urteilen. Zweitens ist seine Position zur sukzessiven Beseelung aus<br />

ontologischen Gründen wohl nicht so aufzufassen, als würde der Mensch<br />

erst am 40., bzw. 80. Tag (der Zeitpunkt der Beseelung für männlichen <strong>und</strong><br />

weiblichen Embryo). Für Thomas wird der Mensch niemals aus etwas. Das<br />

heißt, der Mensch wird nie aus einem vor-menschlichen Embryo. Sondern<br />

er erhält unmittelbar <strong>und</strong> von Anfang an als Mensch von Gott das Sein. Die<br />

Seelenabfolge bei Thomas (vegetative – sensitive – rationale) ist also mehr<br />

als Entwicklung des Menschen, denn als Werden aus etwas Noch-Nicht-<br />

Menschlichem aufzufassen. Thomas wäre „in dubio <strong>im</strong>mer für den Embryo“<br />

(Prof. Pöltner), „von der Befruchtung an.“ Zu Unrecht also berufen<br />

sich die Gradualisten auf den doctor communis der katholischen Kirche.


Im Anschluß an den Vortrag folgte dann noch eine lebendige Diskussion:<br />

kantische Argumente wurden gegen die thomasische Metaphysik vorgebracht,<br />

Professor Pöltner parierte mit Bravour, eine junge Medizinerin appellierte<br />

leidenschaftlich an die Philosophen <strong>und</strong> Ethiker, mit dem biologischen<br />

<strong>und</strong> medizinischen Fortschritt Schritt zu halten <strong>und</strong> den Forschern<br />

<strong>und</strong> Ärzten mit Rat beizustehen, etc. etc. Ein großer Abend also bei den<br />

Wiener Dominikanern <strong>und</strong> zuletzt großer Applaus für die luziden Ausführungen<br />

Professor Pöltners.<br />

fr. Paul Dominikus Hellmeier OP<br />

Kardinal Schönborn <strong>im</strong> Gespräch mit dem Referenten


Ein Tätigkeitsschwerpunkt der Grazer Dominikaner liegt auf der <strong>Bildungsarbeit</strong>.<br />

Etabliert haben sich in den letzten Jahren die „Münzgrabener<br />

Religionsgespräche“. Anläßlich des 200. Todestages von Immanuel Kant<br />

bietet der Grazer Konvent 2004 eine Vortragsreihe unter dem Motto „Eine<br />

Bilanz der Menschlichkeit - 200 Jahre nach Immanuel Kant“ an. P. Max<br />

Svoboda OP präsentiert die Vortragsreihe. Sr. Katharina Deifel OP setzt<br />

sich in ihrem Beitrag mit dem Werk dieses großen Philosophen auseinander.<br />

Demut der Kritik<br />

Es gibt Kritik aus Hochmut <strong>und</strong> Besserwisserei. Nennen wir das Kritizismus.<br />

Früher nannte man solche Denker Sophisten.<br />

Es gibt Kritik aus Demut <strong>und</strong> Wissen um die Grenzen. Ein Denken, das<br />

Grenzen ausloten will. Solche nennt man Philosophen.<br />

Zu Letzteren zählt man Immanuel Kant, dessen 200. Todestages heuer gedacht<br />

wird. Populärphilosophisch gilt Kant als Zertrümmerer der Metaphysik<br />

<strong>und</strong> damit auch der rationalen Theologie. Das ist aber nur die eine Hälfte<br />

seines Anliegens.<br />

In der Vorrede zur Kritik der reinen Vernunft betont er ausdrücklich, dass er<br />

die Grenzen der Vernunft ausloten will, um dem Glauben Platz zu machen.<br />

In diese Richtung zielen auch seine vier Fragen: Was kann ich wissen? Was<br />

soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Mit den Grenzen<br />

der Vernunft ist nicht auch schon die Grenze menschlichen Fragens <strong>und</strong><br />

Denkens abgesteckt. Mit den Antworten auf die erste Frage ist nicht schon<br />

alles Weitere erledigt. Erst die Positivisten reduzieren alle Philosophie auf<br />

die erste Frage <strong>und</strong> sprechen allen anderen die Sinnhaftigkeit ab.<br />

Eine kritische Sichtung dessen, was wir aus eigener Verstandeskraft sicher<br />

wissen können, ist aus zweifachem Gr<strong>und</strong> nötig:<br />

- Wo sind die Quellen, die uns über die Vernunftgrenzen hinaus Auskunft<br />

geben können?<br />

<strong>und</strong><br />

- Glaube bleibt Glaube <strong>und</strong> kann nicht in Vernunftgewissheiten aufgelöst<br />

werden. Dies wäre die Herausforderung an die Vernunftsdemut aller Religionen.<br />

Oft wird behauptet, dass heutiges Denken an der Philosophie Kants nicht<br />

vorbeikommt. Deshalb nehmen wir in Graz den 200. Todestag Kants zum<br />

Anlass, uns mit seinem Denken zu beschäftigen.<br />

Kritisch die Grenzen der Vernunft ausloten, um dem Glauben Platz zu machen.<br />

Vielleicht ist dies ein Weg vom kritischen Immanuel zum göttlichen<br />

Immanuel.<br />

P. Max Svoboda OP


Kants „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“<br />

<strong>und</strong> die Grenzen dieses Werkes<br />

Kant wollte in der Philosophie ein ähnlich erfolgreiches Denkmodell entwickeln,<br />

wie es Kopernikus, Kepler <strong>und</strong> Galilei für die Naturwissenschaften<br />

dadurch gelungen war, dass sie synthetische Urteile a posteriori logisch<br />

widerspruchsfrei verknüpften. Da auf diese Weise nur die Erkenntnis des<br />

materiellen Wirklichkeitsbereichs möglich ist, nicht aber die überprüfbare<br />

Konstruktion einer Metaphysik war Kants philosophische Gr<strong>und</strong>frage: „Wie<br />

sind synthetische Urteile a priori möglich?“, also: Wie kann man Erkenntnis<br />

über die Erfahrung des Materiellen hinaus erweitern, ohne in unhaltba-<br />

re Spekulationen zu verfallen?<br />

Die Kritik der reinen Vernunft muss die Frage<br />

nach der Möglichkeit einer Metaphysik offen<br />

lassen, da sie zwar zeigen kann, dass die Möglichkeit<br />

empirischer Erkenntnis nur durch ein<br />

synthetisches Urteil a priori erklärt werden<br />

kann (jede empirische Erkenntnis ist eine<br />

Synthesisleistung von Sinnwahrnehmung <strong>und</strong><br />

Verstandestätigkeit) – also sind synthetische<br />

Urteile a priori möglich -, aber dieses Urteil<br />

als Erklärungsgr<strong>und</strong> empirischer Erkenntnisse<br />

selbst noch indirekt an die Empirie gebun-<br />

den bleibt.<br />

Immanuel Kant<br />

In der Kritik der praktischen Vernunft stellt Kant die Frage nach einer allgemein-verbindlichen<br />

Ethik, also einer Ethik, die für alle Menschen zu allen<br />

Zeiten <strong>und</strong> an allen Orten gleichermaßen gültig ist – heute unter dem<br />

Stichwort „Weltethos“ hochaktuell. Der Kategorische Imperativ ist die Forderung<br />

nach Allgemeingültigkeit des Handelns. Auch er ist ein synthetisches<br />

Urteil a priori, denn er verlangt die Best<strong>im</strong>mung eines sinnlichen<br />

(durch Neigungen <strong>und</strong> Triebe best<strong>im</strong>mbaren, doch nicht determinierten)<br />

Willens durch das Moralgesetz, also durch die Forderung nach Allgemeingültigkeit.<br />

Die Möglichkeit <strong>und</strong> Sinnhaftigkeit des Kategorischen Imperativs<br />

erklärt Kant durch drei Forderungen („Postulate“): damit die Erfüllung<br />

des Kategorischen Imperativs möglich ist, muss der Mensch frei sein, damit<br />

sie sinnvoll ist, muss es eine Lebensform geben, in der Sittlichkeit mit<br />

Glückseligkeit belohnt wird, also einen H<strong>im</strong>mel, <strong>und</strong> einen allmächtigen<br />

<strong>und</strong> allgütigen Garanten dafür, also Gott.


Diese Postulate sind für Kant die einzig zulässigen F<strong>und</strong>amente von Religion,<br />

die er daher in der Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft<br />

als „Vernunftreligion“ den Offenbarungsreligionen gegenüberstellt.<br />

Sie haben für Kant ausschließlich die Funktion der Hinführung<br />

zurVernunftreligion für das philosophisch ungebildete Volk, ihre Inhalte<br />

sind nur so weit zulässig, als sie durch die Vernunftreligion ableitbar sind.<br />

Bei der Abgrenzung von Vernunft- <strong>und</strong> Offenbarungsreligion aber wird der<br />

kritische Kant unkritisch, da er nicht einmal die Möglichkeit bedenkt, dass<br />

ein personhafter Gott sich in der Geschichte mitteilen könnte über das hinaus,<br />

was der Mensch durch Vernunft erkennen kann. Dadurch wird Religion<br />

nicht nur in Moral f<strong>und</strong>iert, sondern auf Moral reduziert, eine eigenständige<br />

Theologie als Wissenschaft neben der Philosophie unmöglich. Vor allem<br />

wegen dieses Denkfehlers am Ende seines sonst so gelungenen Systementwurfs<br />

wurde Kant von seinem Verehrer Fichte als „Dreiviertelkopf“ bezeichnet.<br />

Die Unterscheidung von allgemeiner <strong>und</strong> geschichtlicher Offenbarung<br />

ist biblisch gr<strong>und</strong>gelegt (Röm 1,19 f.; Hebr 1,1-14) <strong>und</strong> wurde vom<br />

Vaticanum I in der dogmatischen Konstitution Dei Filius ausdrücklich definiert:<br />

„Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest <strong>und</strong> lehrt, dass Gott, der<br />

Ursprung <strong>und</strong> das Ziel aller Dinge, mit dem natürlichen Licht der menschlichen<br />

Vernunft aus den geschaffenen Dingen gewiss erkannt werden kann;<br />

...jedoch hat es Seiner Weisheit <strong>und</strong> Güte gefallen, auf einem anderen, <strong>und</strong><br />

zwar übernatürlichen Wege Sich Selbst <strong>und</strong> die ewigen Ratschlüsse Seines<br />

Willens dem Menschengeschlecht zu offenbaren ...“ (DH 3004).<br />

Sr. Dr. Katharina Deifel OP


Dominikanische <strong>Bildungsarbeit</strong> sucht Zusammenarbeit. In Regensburg<br />

entwickelten sich so gemeinsame Veranstaltungsreihen des dortigen Dominikanischen<br />

Zentrums mit der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG)<br />

bzw. dem Referat für Weltanschauungsfragen. Dr. Thomas Rigl ist Leiter<br />

der Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen der Diözese Regensburg.<br />

Dr. Christoph Seidl ist Studentenpfarrer an der KHG Regensburg. In einem<br />

gemeinsamen Beitrag skizzieren sie, wie sie das Dominikanische Zentrum<br />

als Ort der Begegnung <strong>und</strong> des Gesprächs erleben.<br />

Ein geistliches Zentrum – mehr als nur zentrale Lage ...<br />

Es kam unerwartet – <strong>und</strong> doch wie gerufen: Das Angebot einer Zusammenarbeit<br />

der Katholischen Hochschulgemeinde mit einem neu zu gründenden<br />

Dominikanischen Zentrum Am Ölberg 5, also mitten in der Stadt. Ein alter<br />

Wunsch der KHG sollte Wirklichkeit werden: aus der abgelegenen Position<br />

am Ziegetsberg (fern von Universität <strong>und</strong> Innenstadt) herauszutreten<br />

<strong>und</strong> einen Anknüpfungspunkt näher am Stadtkern zu bekommen.<br />

Nach der Einweihung des Zentrums am 10.9.2001 konnten wir <strong>im</strong> Wintersemester<br />

2001/2002 zur kurz vorher gestarteten Reihe „Auf den Punkt gebracht“<br />

in die Räume Am Ölberg 5 einladen: ein Vortrags- <strong>und</strong> Gesprächs-


abend drei- bis viermal <strong>im</strong> Semester zu einer aktuellen Thematik (Bioethik,<br />

Globalisierung, Christentum in pluraler Gesellschaft). Vertreter der Dominikaner,<br />

u.a. P. Dr. habil. Gero Th<strong>im</strong>m OP, wie auch andere Fachleute stellten<br />

sich dem interessierten Publikum zur Verfügung.<br />

Zum Sommersemester 2003 wandelten wir nach längeren Überlegungen<br />

<strong>und</strong> „Bedarfserhebungen“ diese Veranstaltungen in reine Gesprächsabende<br />

zu Fragen des Glaubens um. Unter dem Titel „Moment mal. Credo für Neugierige“<br />

bieten wir seither als gleichbleibendes Team aus katholischen <strong>und</strong><br />

evangelischen Theologen unter Mitwirkung von P. Dietmar Schon OP Studierenden<br />

<strong>und</strong> anderen Suchenden die Möglichkeit zum intensiven Nachfragen<br />

anhand der Artikel des Glaubensbekenntnisses. Meist müssen die<br />

Gespräche zu fortgeschrittener St<strong>und</strong>e bedauerlicherweise abgebrochen<br />

werden, so spannend es auch <strong>im</strong>mer ist!<br />

Das Dominikanische Zentrum ist nicht nur von seiner sympathischen Atmosphäre<br />

<strong>und</strong> seiner zentralen Lage her ideal. Die bisherige Erfahrung lehrt,<br />

dass der Ort auch Nicht-Studierende einlädt <strong>und</strong> so bei jeder Veranstaltung<br />

eine interessante Zusammensetzung des „Publikums“ entsteht. Der Geist<br />

des hl. Albertus Magnus prägt die Abende. Er führt Glaubende <strong>und</strong> <strong>im</strong> Glauben<br />

Suchende in ihrem gemeinsamen Streben nach tieferer Erkenntnis zusammen<br />

<strong>und</strong> lässt den Glauben, von der Vernunft durchdrungen, wachsen<br />

<strong>und</strong> weiterreifen.<br />

Stichwort Suche: Seit September 2003 kooperiert das Referat für<br />

Weltanschauungsfragen der Diözese Regensburg mit dem Dominikanischen<br />

Zentrum <strong>und</strong> lädt besonders junge Berufstätige alle 14 Tage zu einem offenen<br />

Gesprächsabend ein. „Ein Kompass für Suchende“ – konzipiert als<br />

niederschwelliges Angebot – soll auf Gr<strong>und</strong>lage der Bibel christliche Orientierung<br />

für unsere Zeit vermitteln.<br />

Die KHG <strong>und</strong> der „Kompass“ sind sehr froh über die Zusammenarbeit mit<br />

den Dominikanern – insbesondere mit P. Dietmar, der durch seine Offenheit,<br />

seine Ideen <strong>und</strong> seine Gastfre<strong>und</strong>schaft Raum <strong>und</strong> Motivation für Kreativität<br />

gibt – <strong>und</strong> über das Angebot des Dominikanischen Zentrums. Das<br />

bisher Erlebte macht Geschmack auf „mehr“. Immer wieder stellen wir uns<br />

die Frage nach neuen Möglichkeiten, die sich aus der guten Zusammenarbeit<br />

ergeben könnten. Wünschenswert wäre sicherlich eine noch engere<br />

spirituelle Kooperation, wobei das gegenwärtige Angebot ohnehin schon<br />

Bestandteil des KHG-Programms ist. Denkbar wäre das Zentrum auch als


ein wesentlicher Baustein einer beginnenden City-Pastoral in Regensburg,<br />

die sich ja als spezifisches Angebot für Suchende versteht. Sicherlich würde<br />

eine dauerhafte personelle Besetzung des Zentrums einen wichtigen<br />

Schritt in die richtige Richtung bedeuten. Aber auch der noch unerfüllte<br />

Wunsch nach „mehr“ ist Motor für einen weiteren fruchtbaren Austausch.<br />

Dr. Christoph Seidl<br />

Dr. Thomas Rigl


In Freiburg erfolgten erste Schritte zur Umsetzung der Priorität, die das<br />

Provinzkapitel 2002 auf die personelle Verstärkung des Freiburger Konvents<br />

gelegt hat. Die räumlichen Kapazitäten <strong>im</strong> Konventsgebäude sind<br />

durch die derzeit sieben in Freiburg assignierten Mitbrüder <strong>und</strong> ihre pastorale<br />

Tätigkeit ausgelastet. Das Engagement der Freiburger Mitbrüder<br />

kann <strong>und</strong> soll unverändert fortgeführt werden. Die Entsendung einer Gruppe<br />

jüngerer Mitbrüder nach Freiburg setzte deshalb voraus, zusätzliche Räumlichkeiten<br />

in der Erwinstraße zu schaffen.<br />

Neue dominikanische Tätigkeiten in Freiburg<br />

Am 31. März 2004 konnten vier Dominikaner den zweiten Standort des<br />

Freiburger Konvents St. Albert beziehen. Sie werden <strong>im</strong> südlichen Stadtteil<br />

Wiehre eine neue Gemeinschaft bilden, die stark dadurch geprägt<br />

sein wird, dass sie der <strong>Ausbildung</strong>sstandort unserer Ordensprovinz in<br />

Deutschland ist, neben dem österreichischen <strong>Ausbildung</strong>skonvent in<br />

Wien.<br />

Drei Mitbrüder befinden sich in einer <strong>Ausbildung</strong>sphase, die nach dem<br />

Gr<strong>und</strong>studium der Theologie liegt: P. Albert Noronha aus der indischen<br />

Provinz promoviert in Dogmatik, fr. Alexis Fritz, der aus Graz stammt,<br />

n<strong>im</strong>mt die Arbeit an einer Promotion in Moraltheologie auf <strong>und</strong> fr. Daniel<br />

Ochsenreiter macht eine <strong>Ausbildung</strong> in Gestalttherapie; daneben wird er<br />

<strong>im</strong> Bereich der Krankenhaus- bzw. Altenseelsorge arbeiten.<br />

Ich selber habe ab Dezember 2003 meine neue Tätigkeit als Seelsorger der<br />

Hochschulgemeinde an der Katholischen Fachhochschule aufgenommen,<br />

der ab April noch die Gemeinde an der Pädagogischen Hochschule in<br />

Freiburg-Littenweiler folgt. Daneben arbeite ich an zwei Nachmittagen<br />

in der Woche <strong>im</strong> „c-punkt“, einem Info- <strong>und</strong> Gesprächsladen der Freiburger<br />

Innenstadtkirche, in dem auch seelsorgliche Gespräche geführt<br />

werden. Von ihrem Lebensschicksal über soziale Not bis zum abgelehnten<br />

Asylantrag kommen Menschen zu den meist eherenamtlichen Mitarbeiterinnen<br />

<strong>und</strong> Mitarbeitern dieser Einrichtung <strong>und</strong> finden dort offene<br />

Ohren <strong>und</strong>, wenn möglich, auch praktische Hilfe mit Rat <strong>und</strong> Tat.<br />

Manche, die dort vorbeikommen, wollen auch einen Priester sprechen<br />

oder erk<strong>und</strong>igen sich nach einem Beichtgespräch.


Der eigentliche Verkündigungsschwerpunkt der Dominikaner in der<br />

Freiburger Innenstadt wird jedoch die “Adelhauser Kirche“ sein, die ab<br />

1234 Klosterkirche der Freiburger Dominikanerinnen war, jedoch zwischen<br />

1677 <strong>und</strong> 1697 unter französischer Herrschaft mit den Klostergebäuden<br />

abgerissen wurde. 1699 wurde dann die neuerbaute Kirche<br />

konsekriert. Die Klostergemeinschaft wurde <strong>im</strong> Badischen Kulturkampf<br />

1867 aufgehoben <strong>und</strong> nach Zwischenstationen in Überlingen <strong>und</strong> Lauterach<br />

in Vorarlberg ab 1904 auf dem Marienberg in Bregenz weitergeführt.<br />

Heute ist die Adelhauser Kirche eine Nebenkirche der Münsterpfarrei<br />

<strong>und</strong> befindet sich <strong>im</strong> Besitz der Allgemeinen Stiftungsverwaltung<br />

der Stadt Freiburg.<br />

An diesem Ort, der historisch eng mit dem Orden verb<strong>und</strong>en ist, wollen<br />

wir wöchentlich zunächst einen Wortgottesdienst anbieten, der unter<br />

dem Leitwort „Abseits vom Hauptstrom“ stehen wird. Dieses Motto bezieht<br />

sich auf die zwar zentral, aber doch beschaulich in einem Winkel<br />

gelegene Kirche, zum anderen aber auf den Inhalt unseres Angebots: es<br />

soll neben Gläubigen auch Zweifelnde <strong>und</strong> Suchende erreichen, die<br />

nicht, noch nicht oder nicht mehr zum Hauptstrom der Kirchenbesucher<br />

gehören.<br />

Mit unserer Präsenz <strong>und</strong> diesen breitgestreuten Tätigkeiten hoffen wir,<br />

die Tradition des Predigerordens in Freiburg fortzusetzen <strong>und</strong> neu zu<br />

beleben. Mit den theologischen Gesprächskreisen haben die Mitbrüder<br />

unseres Konvents in der Ludwigstraße seit vielen Jahren den Orden in<br />

der Stadt bekannt gemacht, viele Menschen mit ganz unterschiedlicher<br />

Ausrichtung angezogen <strong>und</strong> mit der Kirche in Berührung gebracht.<br />

In Zusammenarbeit <strong>und</strong> gutem Kontakt mit ihnen wollen wir unseren<br />

Beitrag zum dominikanischen Leben <strong>und</strong> Apostolat in dieser Stadt leisten.<br />

fr. Martin Staszak OP


B. Huber (Leiter, links) <strong>und</strong> P. Martin Staszak (Seelsorger, rechts) bei einer Fast-<br />

nachtsfeier der Hochschulgemeinde der PH in Littenweiler


Baustelle Konvent<br />

Umbau <strong>und</strong> Ausbau in Freiburg<br />

Im Moment staut es sich zwischen Karsruhe <strong>und</strong> Pforzhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> irgendwo<br />

ist ein Geisterfahrer unterwegs. Die Top Ten des Südwestfunks sind für die<br />

aktuelle Meldung extra unterbrochen. Das Radio ist voll aufgedreht. Damit<br />

der Handwerker, der <strong>im</strong> Nebenz<strong>im</strong>mer rumhämmert, auch noch etwas davon<br />

hat. Mit Hochdruck nämlich wird jetzt gerade, da dieser Artikel verfasst<br />

wird, in den Räumen der Erwinstraße gearbeitet, damit in einigen Wochen<br />

unsere kleine Gemeinschaft dort einziehen kann. Es tut sich was: jeden Tag<br />

ist irgendwo eine weitere Decke abgehängt, ein Z<strong>im</strong>mer tapeziertoder ein<br />

Boden gelegt. Im Moment aber sind wir noch vorläufig anderswo untergebracht.<br />

Konvent Erwinstraße<br />

Blick vom Rekreationsraum in den Flur.


Fahrt nach Colmar: fr. Daniel, fr. Martin <strong>und</strong> fr. Albert vor dem ehemaligen Dominikanerinnen-<br />

kloster <strong>und</strong> jetztigen Museum Unterlinden.<br />

Wir, das heißt zunächst mal fr. Martin, fr. Albert <strong>und</strong> ich, die als Studentenmagister,<br />

Doktorand <strong>und</strong> Student Ende März das neue <strong>Ausbildung</strong>shaus in<br />

Freiburg belegen werden. Vorläufig anderswo bedeutet, dass Albert bei<br />

Schwestern am anderen Ende der Stadt, Martin <strong>und</strong> ich bei einer Freiburger<br />

Priesterwohngemeinschaft untergebracht sind. Im Konvent in der Ludwigstraße<br />

sind schlichtweg zu wenig Z<strong>im</strong>mer da für uns alle. „Vorläufig“ bedeutet<br />

für mich auch, zum zweiten Mal innerhalb von zehn Wochen meine<br />

sieben Sachen in Kisten zu packen, das Übergangsquartier zu räumen <strong>und</strong><br />

die nächste Wohnung einzurichten. Wenn Sie nun diesen Artikel fertiggelesen<br />

haben, dürfte in der Zwischenzeit der Muskelkater vom Kistenschleppen<br />

hoffentlich schon vergangen sein, der Handwerker längst alles<br />

festgehämmert <strong>und</strong> das Radio ausgestellt haben.<br />

fr. Daniel Ochsenreiter OP


AK Theologie <strong>und</strong> Verkündigung<br />

Seit einigen Jahren besteht eine interprovinzielle <strong>und</strong> interkommunitäre<br />

Zusammenarbeit der deutschsprachigen Dominikanerinnen <strong>und</strong> Dominikaner<br />

mit dem Ziel, Brüder <strong>und</strong> Schwestern <strong>im</strong> Bereich der Lehre in Dialog<br />

<strong>und</strong> sachliche Vertiefung zu bringen. Dieser Arbeitskreis ist zum Modell<br />

geworden für weitere Arbeitskreise unserer Provinz, die der ständigen Fortbildung<br />

dienen. Vom 27. bis 28. Februar 2004 traf sich <strong>im</strong> Augsburger<br />

Dominikanerinnenkloster St. Ursula der Arbeitskreis Theologie <strong>und</strong> Verkündigung<br />

zu seiner alljährlichen Tagung zum Thema „Aliis tradere – Herausgefordert<br />

auf dem Aeropag“. Es folgen einige Impressionen:


Einkleidungsfeier<br />

Die erfreuliche Situation bei den Berufungen hält auch 2004 an. Zwei junge<br />

Männer haben in diesem Jahr ihr Noviziat in Worms begonnen. Zuvor<br />

wurden fr. Florian Moscher OP <strong>und</strong> fr. Martin Walter OP am 28. Februar<br />

in der Dominikanerkirche Heilig Kreuz in Augsburg eingekleidet.<br />

Fr. Florian Moscher ist 1979 in München geboren <strong>und</strong> nahm 2001 ein Philosophie-<br />

<strong>und</strong> Theologiestudium bei den Münchner Jesuiten auf. Der 24jährige<br />

fr. Martin Walter wechselte nach dem Vordiplom in Sozialpädagogik<br />

zu den Dominikanern. Bei einem Besuch der Dominikaner in München<br />

St. Kajetan reifte bei ihm der Entschluss, den Predigerorden näher kennen<br />

zu lernen. „Immer mehr begeistert nahm ich dann allen Mut zusammen,<br />

um einen ersten Schritt in diese Form der Christusnachfolge zu wagen.“ Im<br />

Oktober vergangenen Jahres trat fr. Martin das Postulat in Augsburg an.<br />

„Schon diese vier Monate des Postulates waren eine bewegte Zeit, aus der<br />

ich viel an persönlicher Reifung mitnehmen konnte. Auch wenn manchmal<br />

einige trübe Tage da waren, so war die Freude in <strong>und</strong> mit Christus <strong>und</strong> der<br />

Ordenszweck Verkündigung <strong>im</strong>mer irgendwo wieder zu finden <strong>und</strong> spürbar.“<br />

P. Provinzial Dietmar Schon OP verwies in seiner Predigt auf die Abrahamsgeschichte.<br />

Der Neuanfang Abrahams auf Gottes Geheiß hin sei ein Weg zu<br />

einem neuen Lebensentwurf gewesen <strong>und</strong> mit der Situation beider Kan-


didaten vergleichbar. Auf dem langen Weg der Berufung hätten sie in verschiedenen<br />

Lebenssituationen <strong>und</strong> –erfahrungen den Anruf Gottes wahrgenommen.<br />

„Wie Abraham wollt ihr aufbrechen, Menschen auf einem Weg<br />

werden.“ Aufbrechen <strong>und</strong> neue Wege gehen sei <strong>und</strong> bleibe eine Herausforderung<br />

für Ordensleute. P. Dietmar gab den neuen Novizen den Wunsch<br />

mit auf den Weg, dass sie die „Freiheit in Christus gleichsam fühlen, riechen<br />

<strong>und</strong> schmecken sollen“.<br />

Musikalisch wurde die Vesper von einem dominikanischen Gesangstrio -<br />

bestehend aus den Novizen fr. Robert Mehlhart OP, fr. Alexis Fritz OP <strong>und</strong><br />

fr. Thomas Brogl OP (Foto von links nach rechts) - gestaltet.<br />

Im Anschluss an die feierliche Vesper fand eine Agapefeier statt. Dort hatten<br />

die Gäste <strong>und</strong> Gottesdienstbesucher Gelegenheit zu einer Begegnung<br />

mit den neuen Ordensmitgliedern.


Professfeier<br />

Am 27. März 2004 fand in Worms die gemeinsame Professfeier der süddeutsch-österreichischen<br />

<strong>und</strong> der norddeutschen Provinz Teutonia statt. In<br />

einem feierlich gestalteten Gottesdienst legten für die Provinz des hl. Albert<br />

fr. Thomas Brogl, fr. Alexis Fritz <strong>und</strong> fr. Robert Mehlhart <strong>und</strong> für die<br />

Provinz Teutonia fr. Ernest Schönberger <strong>und</strong> fr. Thomas Hilker vor ihren<br />

beiden Provinzialen die einfache Profess ab. Im Anschluss waren Verwandte,<br />

Fre<strong>und</strong>e, Dominikanerbrüder <strong>und</strong> -schwestern zu einem Mittagessen <strong>im</strong><br />

Kreuzgang des Dominikanerklosters geladen.<br />

Bilder von links oben nach rechts unten: fr. Thomas Brogl, fr. Robert Mehlhart<br />

<strong>und</strong> fr. Alexis Fritz legen vor P. Provinzial Dietmar Schon die einfache<br />

Profess ab


Die Missionsdominikanerinnen aus Schlehdorf bieten seit einigen Jahren<br />

Freiwilligendienste in Südafrika, Südamerika <strong>und</strong> Indien an. Als Volontäre<br />

haben junge Menschen bei einem neun- bis zwölfmonatigen Aufenthalt die<br />

Möglichkeit, sich für andere Menschen <strong>und</strong> die Umwelt zu engagieren. Voraussetzungen<br />

für das Volontariat sind Sprachkenntnisse, gute körperliche<br />

<strong>und</strong> geistige Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Belastbarkeit, aber auch Erfahrungen durch<br />

Engagement in Gemeinde- <strong>und</strong> Jugendarbeit.<br />

Während des Einsatzes entstehen den Missionsdominikanerinnen Kosten<br />

in Höhe von ca. 10.000 Euro. Die Schwestern sind deshalb dankbar für<br />

jede Spende, die sie zur Finanzierung ihrer Aktivitäten erhalten<br />

(Missionsdominikanerinnen, Künkelinstr.34, D-73614 Schorndorf,<br />

Tel. (0049) 07181/25 75 27).<br />

Am 05. März erhielt die Redaktion eine E-Mail von Christiane Kuhnert,<br />

die zur Zeit ein Volontariat <strong>im</strong> indischen Nagpur absolviert.<br />

Schlehdorfer Missionsdominikanerinnen<br />

Freiwilligendienste in Indien<br />

Da wären wir also in Nagpur, der 1,8 Mio. Stadt <strong>im</strong> Herzen Indiens. „Nie<br />

gehört“ werden die Meisten sagen <strong>und</strong> tatsächlich existieren von der vom<br />

Reiseführer als „gesichtslos“ beschriebenen Stadt noch nicht einmal Ansichtskarten.<br />

Trotzdem habe ich die „Orange-City“ <strong>und</strong> ihre Einwohner in<br />

mein Herz geschlossen. Seit nunmehr sieben Monaten arbeiten Insa Klasen,<br />

Martina Mayr <strong>und</strong> ich hier sozusagen als Pionier-MaZlerinnen (MaZ:<br />

Missionarinnen auf Zeit, d. R.) - wir sind die ersten dominikanischen Freiwilligen,<br />

die es hierher verschlagen hat.<br />

P. Herald D’Souza OP, unser Verantwortlicher, hat erst Anfang des Jahres<br />

ein He<strong>im</strong> für Straßenkinder gegründet, in dem 20, zur Zeit auf dem Bahnhof<br />

lebende Jungen ein neues Zuhause finden sollen. Dieses Projekt steckt<br />

allerdings noch in den Kinderschuhen, so dass wohl erst in drei oder vier<br />

Jahren Freiwillige dort mitarbeiten können.<br />

Somit bekamen wir die Chance, in verschiedenen Einrichtungen anderer<br />

Kongregationen mitzuarbeiten. Angefangen hat es mit dem „Shanti<br />

Bhawan“, einem von den „Missionaries of Charity“ geleiteten He<strong>im</strong> für<br />

Alte, Kranke <strong>und</strong> Hilflose. Dann ging es weiter zur “Jeevoday School“ für<br />

geistig behinderte Kinder. Danach waren wir mit Sozialarbeiterinnen von<br />

„Vishwodaya“ in den Slums Nagpurs unterwegs. Darauf folgte eine Zeit in<br />

„Untkana“, einem He<strong>im</strong> für alte Menschen <strong>und</strong> gehbehinderte Kinder.


- Und schließlich <strong>und</strong> endlich fanden wir eine bleibende Stelle <strong>im</strong> „Sishu<br />

Bhawan“ der Mother Teresa Sisters. 29 Kinder von null bis eins Jahren<br />

sind dort gerade zu Hause; die Schwestern sorgen für sie, geben aber auch<br />

Nähklassen, fahren in die Slums, um den Kranken Medizin zu geben <strong>und</strong><br />

einmal <strong>im</strong> Monat ist große Essensausgabe für die Menschen aus der Lepra-<br />

Kolonie.<br />

Das alles wird durch Spenden finanziert: Oft kommen Leute <strong>und</strong> geben<br />

Essen, Kleidung <strong>und</strong> Medizin.<br />

Ich bin meist bei den Kindern; helfe sie anzuziehen, zu füttern, ihnen Medizin<br />

zu geben, ihre Windeln zu wechseln, sie ins Bett zu bringen...eigentlich<br />

bin ich so eine Art Mama, von dem Moment in dem ihre Kinder aufwachen<br />

bis zu dem, indem sie zu Bett gehen. Das kann schon ganz schön anstrengend<br />

sein.<br />

Offiziell ist unsere Einrichtung zum Aufpäppeln unterernährter Kinder gedacht,<br />

aber <strong>im</strong> Prinzip ist es ein Auffangort für alle:<br />

Da ist Abisek, der nach seiner Geburt einfach von seiner Mutter <strong>im</strong> Krankenhaus<br />

zurückgelassen wurde.<br />

Aruna, die von der Polizei auf der Strasse gef<strong>und</strong>en wurde.<br />

Kartik, der das Hydrocephalus-Syndrom hat <strong>und</strong> von seinen Nachbarn zu<br />

den Schwestern gebracht wurde.<br />

Subriya, deren Vater gestorben ist <strong>und</strong> seine Familie in so großer Armut<br />

zurückließ, dass die Kleine nur noch Haut <strong>und</strong> Knochen war, als sie kam.<br />

Nilu, der eine schwere Hautkrankheit hat, deren Behandlung sich seine Eltern<br />

nicht leisten können.<br />

Ich könnte noch 24 weitere, mindestens genauso traurige Geschichten erzählen.<br />

- Der „Sishu Bhawan“ ist aber auf keinen Fall ein Ort der Tränen<br />

(na gut, es sei denn, es gibt wieder einmal Streit um ein Spielzeug...); das<br />

Dasein dort macht eher glücklich <strong>und</strong> so kann ich jeden Abend, wenn auch<br />

h<strong>und</strong>emüde, mit einem Lächeln nach Hause gehen kann -<br />

das „bbbbbyyyyyeeeee“ der Kinder in meinen Ohren.<br />

Christiane Kuhnert


Benedict M. Ashley<br />

Spiritual Direction in the Dominican<br />

Tradition<br />

Mahwah (NJ/USA), 1995 (in englischer Sprache)<br />

Benedict Ashley legt mit dem Werk eine Art Handbuch zum Thema „Geistliche<br />

Begleitung (bzw. Führung) in Dominikanischer Tradition“ vor. Der<br />

Autor ist Dominikaner aus der Provinz von Chicago, emeritierter Professor<br />

für Moraltheologie am Aquinas Institute of Theology sowie Lehrbeauftragter<br />

am Center for Health Care Ethics (beide in St. Louis, USA). Auf verhältnismäßig<br />

knappem Raum – der Textteil umfasst weniger als 150 Seiten<br />

– birgt sich ein überraschender Reichtum <strong>und</strong> eine riesengroße Fülle: das<br />

Thema wird ausgesprochen gründlich <strong>und</strong> gediegen unter historischen, systematischen<br />

<strong>und</strong> geistlichen Gesichtspunkten bearbeitet.<br />

Ashley gliedert das Werk in sieben Kapitel, deren erstes die historische<br />

Entwicklung aufzeigt <strong>und</strong> die theologischen Kontroversen veranschaulicht,<br />

welche die Dominikanische Tradition <strong>im</strong> Lauf der Jahrh<strong>und</strong>erte geformt<br />

haben. Im Zentrum des zweiten Kapitels steht der Mensch als das Subjekt<br />

des geistlichen Wachstums, um das es letztlich geht. Die verschiedenen<br />

D<strong>im</strong>ensionen des Mensch-seins werden hier besprochen, angefangen von<br />

biologischen <strong>und</strong> psychologischen bis hin zu ethischen. Ashley weist darauf<br />

hin, welchen Einfluß die Strukturen des Menschen <strong>und</strong> die Dynamik<br />

des menschlichen Lebens auf die geistliche Entwicklung haben können <strong>und</strong><br />

veranschaulicht auch hier wie in allen anderen Kapiteln regelmäßig durch<br />

Beispiele Dominikanischer Autoren. Das dritte Kapitel behandelt den geistlichen<br />

Prozess der Reifung <strong>und</strong> des Wachstums. Während das zweite Kapitel<br />

die natürlichen Gr<strong>und</strong>lagen für Wachstum behandelt, entfaltet das dritte<br />

Kapitel die theologisch-religiösen Gr<strong>und</strong>lagen. Das genau in der Mitte plazierte<br />

vierte Kapitel ist dem geistlichen Begleiter bzw. Berater gewidmet<br />

<strong>und</strong> der Rolle, welche er oder sie in diesem Reifungsprozess einn<strong>im</strong>mt. Die<br />

Ziele solcher Begleitung werden ebenso untersucht wie das Anforderungsprofil<br />

für Begleitende. Die letzten drei Kapitel schließlich behandeln die<br />

Entwicklungsstufen der „Reinigung, Erleuchtung <strong>und</strong> Vereinigung“ (S. 90),<br />

welche geistliches Wachstum <strong>und</strong> Transformierung mit sich bringen. Diese<br />

Prozesse schließlich gelte es be<strong>im</strong> Betreffenden zu fördern.<br />

Eine sehr übersichtliche Gliederung sowie ein ausführliches Personen- <strong>und</strong><br />

Sachregister gewährleisten, dass sich Leser gut zurechtfinden <strong>und</strong> best<strong>im</strong>mte<br />

Stichworte gezielt nachschlagen können. Zitate werden <strong>im</strong> Anmerkungsapparat<br />

mit Belegstellen angegeben, was für interessierte Leser weitere<br />

Recherchen erleichtert.


Als Kost- <strong>und</strong> Leseprobe bieten sich hier zwei Stellen an. Die erste leitet<br />

ein zu den drei Prozessen geistlichen Wachstums:<br />

„Der Geistliche Begleiter leitet andere <strong>im</strong> geistlichen Wachstum an. Folglich<br />

muß er sich selber fragen, so wie Eltern sich fragen in Bezug auf ihr<br />

heranwachsendes Kind: „Welches sind die Entwicklungsschritte, die geistliches<br />

Wachstum normalerweise n<strong>im</strong>mt, <strong>und</strong> in welcher Reihenfolge?“<br />

Offensichtlich hat jede Reise einen Anfang, eine Mitte <strong>und</strong> ein Ende, <strong>und</strong><br />

der hl. Thomas von Aquin spricht von Anfängern, Fortgeschrittenen <strong>und</strong><br />

Vollkommenen auf dem Pfad zur christlichen Vollkommenheit.<br />

[...]<br />

In den folgenden Kapiteln werden wir besprechen, was diesen drei Phasen<br />

jeweils eigen ist. Dennoch muß dabei stets beachtet werden, (a) dass dieses<br />

Paradigma eine Abstraktion darstellt, dass die Prozesse in den verschiedenen<br />

Fällen auf vielerlei Weise verlaufen <strong>und</strong> dass sie nicht <strong>im</strong> Leben eines<br />

jeden beliebigen Christen offensichtlich sind; (b) dass der tiefere Gr<strong>und</strong> für<br />

diese drei Phasen des geistlichen Weges darin besteht, dass sie jeweils die<br />

Vorrangigkeit eines der drei f<strong>und</strong>amentalen Prozesse wiederspiegeln, die<br />

gleichzeitig auf diesem Weg stattfinden, <strong>und</strong> zwar die Entwicklungsschritte<br />

geistlicher Reinigung, Erleuchtung <strong>und</strong> Vereinigung.“<br />

(S. 89-90; Übersetzung – wie die folgenden – vom Rezensenten)


Als zweite Stelle ist ein Abschnitt ausgewählt, welcher ein zentrales Thema<br />

des geistlichen Lebens darstellt, nämlich die Klärung der Berufung:<br />

„Gott hat jeden einzelnen für einen besonderen Dienst gerufen, den er in<br />

der christlichen Gemeinschaft oder in der säkularen Gesellschaft ausüben<br />

soll. Solange jemand noch nicht die Berufung entdeckt hat, die ihren oder<br />

seinen besonderen Gaben entspricht, ist es schwierig, <strong>im</strong> geistlichen Bereich<br />

in einer st<strong>im</strong>migen Weise Fortschritte zu machen. Für jeden von uns<br />

besteht der geistliche Weg nicht einfachhin darin, das eigene Glück zu verfolgen,<br />

sondern darin, sich mit anderen zusammen auf den Weg zu machen,<br />

anderen dabei beizustehen, <strong>und</strong> selber den Beistand der anderen anzunehmen,<br />

wenn wir an der Reihe sind. Wir treten die Reise über die Meere<br />

des Lebens gemeinsam in einem Boot an <strong>und</strong> jeder von uns hat seine ihm<br />

eigene Aufgabe zu erfüllen, wenn das Boot nicht untergehen soll.“ (S.129)<br />

Zusammenfassend, liegt Ashleys Originalität weniger in inhaltlichen Positionen<br />

<strong>und</strong> Erkenntnissen – seine Ausführungen etwa zu Homosexualität<br />

(S. 103f ) oder kirchlichem Lehramt (S. 134) könnten ebenso <strong>im</strong> römischen<br />

Katechismus stehen – als vielmehr darin, dass er ein dichtes Netz an leistungsfähigen<br />

Orientierungspunkten zum Thema geistlicher Begleitung<br />

bietet. Die natürliche sowie die geistliche Entwicklung <strong>und</strong> Reifung des<br />

Menschen, die Belange des einzelnen sowie die der Gemeinschaft, welcher<br />

der einzelne schließlich angehört, die Dominikanische Tradition, dargelegt<br />

an einer Fülle von Beispielen quer durch die Jahrh<strong>und</strong>erte, das sind die<br />

Fäden, welche Ashley unaufhörlich zu einem dichten Netzwerk verwebt.<br />

Seine Weite <strong>und</strong> sein Horizont wirken erfrischend, wenn er einerseits äußerst<br />

wach ist für heikle Fragen <strong>im</strong> Grenzgebiet von Psychologie <strong>und</strong> Religion<br />

<strong>und</strong> andererseits fest in der Tradition wurzelt, die beispielsweise Thomas<br />

von Aquin beinhaltet, Katharina von Siena, die rheinischen Mystiker,<br />

um nur einige der bekanntesten zu nennen, sowie vieler anderer aus dem<br />

Predigerorden.<br />

Alle, die sich für das Thema geistliche Begleitung interessieren, finden eine<br />

Fülle von sehr brauchbarem Material <strong>im</strong> vorliegenden Buch. Darüberhinaus<br />

will der Verfasser – was ihm gelungen ist - das Spezifische der Dominikanischen<br />

Tradition darstellen, wie er einleitend ausdrücklich bemerkt: „Ich<br />

stelle sie (die Dominikanische Tradition) hier vor in der Hoffnung, dass<br />

sich etwas von ihrem Reichtum als nützlich erweist - <strong>und</strong> zwar nicht nur<br />

für diejenigen, die meiner Tradition entstammen, sondern auch für diejenigen,<br />

denen sie nicht vertraut ist.“ (S. 3).<br />

fr. Daniel Ochsenreiter OP


William A. Hinnebusch<br />

Kleine Geschichte des Dominikanerordens<br />

Band IV aus der Reihe „Dominikanische Quellen <strong>und</strong> Zeugnisse“, herausgegeben<br />

von Thomas Eggensperger OP <strong>und</strong> Ulrich Engel OP<br />

270 Seiten, 12 x 19,5 cm,<br />

geb<strong>und</strong>en,<br />

ISBN 3-7462-1688-5<br />

€ 12,50 (D) / € 12,90 (A) /<br />

sFr. 22,70<br />

Mehr als ein Vierteljahrh<strong>und</strong>ert<br />

nach Erscheinen liegt „The<br />

Dominicans: A short History“<br />

(1975) aus der Feder des Historikers<br />

William A. Hinnebusch<br />

OP als deutsche Ausgabe vor.<br />

Dieses Buch zeichnet umfassend<br />

<strong>und</strong> lückenlos, kurz <strong>und</strong> prägnant,<br />

kurzweilig <strong>und</strong> leicht verständlich<br />

die Geschichte des Dominikanerordens<br />

von der Gründung<br />

durch den heiligen<br />

Dominikus bis in unsere Tage<br />

hinein nach. Es erschien in der<br />

Reihe „Dominikanische Quellen<br />

<strong>und</strong> Zeugnisse (DQZ)“ <strong>im</strong> Leipziger<br />

St. Benno-Verlag.<br />

Die „Kleine Geschichte des Dominikanerordens“ ist hervorragend thematisch<br />

gegliedert <strong>und</strong> dadurch auch als Nachschlagewerk bestens geeignet.<br />

Konzentriert finden sich in diesem Buch Register <strong>und</strong> Informationen zu<br />

dominikanischen Päpsten, Kardinalen, Heiligen <strong>und</strong> Seligen sowie statistisches<br />

Zahlenmaterial. Die „Kleine Geschichte des Dominikanerordens“<br />

ist ein unentbehrliches Buch nicht nur für Kirchenhistoriker, sondern auch<br />

für interessierte Laien <strong>und</strong> Mitglieder der Dominikanischen Gemeinschaft.


Kontaktadresse:<br />

P. Dietmar Thomas Schon OP<br />

Süddeutsch-österreichische<br />

Provinz der Dominikaner<br />

Heilig-Kreuz-Straße 3<br />

D-86152 Augsburg<br />

Postgasse 4<br />

A-1010 Wien<br />

www.dominikaner.org<br />

Kontenverbindungen:<br />

Österreichischer Provinzteil:<br />

Schelhammer <strong>und</strong> Schattera Wien<br />

Bankkonto 100.263<br />

BLZ 19190<br />

Süddeutscher Provinzteil:<br />

Liga Bank Augsburg<br />

Konto-Nr. 143 227<br />

BLZ 750 903 00

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