03/2017 Gesundheit-Spezial
Fritz + Fränzi
Fritz + Fränzi
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ist skeptisch. Heute stünden De <br />
pressionen mehr im Blickpunkt,<br />
seien gesellschaftsfähiger geworden<br />
und würden deshalb häufiger<br />
diagnostiziert, meint der Kinderpsychiater.<br />
«Die Zeiten sind nicht<br />
schlimmer als früher, aber die<br />
Herausforderungen an die Jugend<br />
haben sich verändert.» So seien<br />
die meisten Kinder und Jugendlichen<br />
zwar leistungswillig. Manche<br />
hätten jedoch Mühe, ihren<br />
eigenen Ansprüchen ge recht zu<br />
werden, und fühlten sich davon<br />
gestresst.<br />
Auch Mobbing ist ein<br />
Risikofaktor für eine Depression.<br />
Problem Smartphone<br />
Eine Mitschuld tragen auch die<br />
neuen Medien. Beispiel Cybermobbing:<br />
Früher wurde hinter<br />
vorgehaltener Hand getuschelt.<br />
Heute verbreiten sich Beleidigungen<br />
und Gerüchte anonym und<br />
rasend schnell im Netz. Rund fünf<br />
Prozent aller minderjährigen<br />
Schweizer machen die Erfahrung,<br />
schwer gemobbt zu werden – ein<br />
häufiger Risikofaktor für eine<br />
Depression.<br />
Auch das ständige Spielen am<br />
Handy verändert das So >>><br />
Gespräch klärt schnell, ob sie beruhigt<br />
sein können oder eingreifen müssen.<br />
Was, wenn es eine Krise ist?<br />
Eine Pubertät ohne Krisen gibt es nicht!<br />
Manche Krisen sind kleiner, andere grösser:<br />
Liebeskummer, Schule schwänzen,<br />
Erfahrungen mit illegalen Substanzen bis<br />
hin zu kleineren Verkehrsdelikten. Die<br />
meisten Krisen gehen vorüber. Wenn<br />
Eltern allein nicht mehr weiterkommen,<br />
gibt es Hilfe: bei der Elternberatung von<br />
Pro Juventute, bei kantonalen Familienund<br />
Erziehungsberatungen oder dem<br />
Notfalldienst der kinder- und jugendpsychiatrischen<br />
Kliniken.<br />
Wer sind die richtigen Ansprechpartner<br />
bei einer möglichen Depression?<br />
Wichtig ist vor allem, dass Eltern, Lehrer<br />
und Freunde rasch handeln. Haben Eltern<br />
den Verdacht, dass Sohn oder Tochter<br />
depressiv ist, sollten sie sich zunächst an<br />
den Kinderarzt wenden. Geht es dem<br />
Nachwuchs nicht bald besser, vereinbaren<br />
sie einen Termin bei einem Kinderund<br />
Jugendpsychiater oder bei einem auf<br />
diese Altersgruppe spezialisierten Psychologen.<br />
Reden die Kinder von Suizid,<br />
sollten sie mit ihrem Kind sofort einen<br />
Fachmann aufsuchen. Jugendliche,<br />
denen es schlecht geht, vertrauen sich<br />
übrigens häufig Gleichaltrigen an und<br />
bitten sie, das Erzählte für sich zu behalten.<br />
Das stürzt die Vertrauensperson in<br />
Konflikte. Auch hier helfen die Berater<br />
von anonymen Sorgentelefonen weiter.<br />
Eine Depression ist sehr ernst zu nehmen<br />
und darf nicht bagatellisiert werden.<br />
Wie beugen Eltern Krisen vor?<br />
Eltern sollten mit ihren Kindern im<br />
Gespräch bleiben, indem sie sich ein Thema<br />
suchen, mit dem sich das Kind identifiziert.<br />
Und auch wenn der Nachwuchs<br />
abweisend reagiert und meint, dass man<br />
davon nichts verstehe, dürfen Eltern<br />
nicht lockerlassen. Studien zeigen, dass<br />
Eltern ihre Rolle während der Pubertät<br />
ihrer Kinder unterschätzen. Sie haben<br />
einen grösseren Einfluss, als sie von sich<br />
glauben. Eltern sollten immer zeigen,<br />
dass sie für ihr Kind da sind und sich für<br />
es interessieren. Wenn Eltern beispielsweise<br />
nicht wissen, wo ihr Teenager die<br />
Nacht verbringt, finde ich das alarmierend.<br />
Wie können Eltern ihre Kinder stärken?<br />
Indem sie dafür sorgen, dass Heranwachsende<br />
ein Interesse oder eine Leidenschaft<br />
haben, mit der sie sich beschäftigen,<br />
wenn es ihnen nicht gut geht. Sie<br />
brauchen einen Ersatz, wenn der erste<br />
Liebeskummer ausbricht oder es Probleme<br />
mit den Schulkameraden gibt.<br />
Fühlt sich ein Kind beispielsweise<br />
gemobbt und ausgegrenzt, wird es sich<br />
vermutlich nach und nach zurückziehen.<br />
Ist das Kind jedoch in einer Sportmannschaft<br />
integriert und wird von den Kameraden<br />
dort geschätzt, wird es die Ablehnung<br />
durch die Mitschüler als weniger<br />
bedeutsam empfinden. Andere Kinder<br />
reiten, spielen ein Instrument oder zeichnen<br />
Mangas – Hauptsache, sie sind mit<br />
Leidenschaft bei der Sache.<br />
Susanne Walitza<br />
ist Direktorin der Klinik für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie der Universität Zürich.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Gesundheit</strong>s-<strong>Spezial</strong><br />
März <strong>2017</strong>59