03/2017 Gesundheit-Spezial
Fritz + Fränzi
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Seele<br />
>>> lante Köpfe geformt, die<br />
Seele und ihre Emotionen aber<br />
gänzlich vernachlässigt.» Kinder<br />
wüssten am Ende ihrer Schulzeit<br />
sehr viel über Algebra, Chemie<br />
und Physik, aber nicht, wie sie den<br />
Umgang mit ihren Emotionen<br />
meistern könnten.<br />
«Ein vierjähriges Kind weiss<br />
mehr, als ein römischer Kaiser je<br />
wusste», sagt Cury im Interview,<br />
das wir via Skype führen und bei<br />
dem seine Tochter als Übersetzerin<br />
fungiert. «Kinder brauchen<br />
eine emotionale Impfung», erklärt<br />
er. Ohne ein emotionales Fundament<br />
kann ein Kind nicht kreativ<br />
sein. Nichtstun und Langeweile,<br />
freies Spielen, Musik, Zeichnen,<br />
eigene Sachen konstruieren und<br />
sich mit Hunden umgeben, das<br />
seien Dinge, die für junge Kinder<br />
essenziell seien und die im herrschenden<br />
Bildungs- und Förderwahn<br />
schlicht vergessen würden.<br />
Mentale Blockaden auflösen<br />
Cury will für Kinder eine «mentale<br />
Hygiene in Ergänzung zur körperlichen<br />
Sorgfalt gegenüber dem<br />
eigenen Körper». Eltern und Lehrpersonen<br />
diese mentale Hygiene<br />
zu vermitteln, ist es, was Cury<br />
antreibt. «Viele Eltern glauben,<br />
ihre Kinder hätten eine glückliche<br />
Kindheit, aber ein Aufwachsen<br />
ohne mentale Hygiene ist nicht<br />
möglich.»<br />
Wie sieht mentale Hygie ne aus?<br />
«Das Problem ist, dass Kinder<br />
negative Emotionen oder Gedanken<br />
speichern, schon in sehr jungen<br />
Jahren», führt Cury aus. «Und<br />
ein weiteres Problem ist, dass das<br />
Kinder speichern negative<br />
Erlebnisse in ihrem Gehirn.<br />
Das ist fatal.<br />
Gehirn alle Erlebnisse, die mit<br />
diesen negativen Gedanken verbunden<br />
sind, speichert – mit fatalen<br />
Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung.<br />
Um diese negativen<br />
Gedanken zu löschen, braucht es<br />
ein Management der Gefühle. Das<br />
müssten Eltern wie auch die Schule<br />
vermitteln, und zwar auf der<br />
ganzen Welt!» Gerade auch deshalb,<br />
weil mangelndes Selbstwertgefühl,<br />
Angst und De pressionen<br />
gerade in den Indus trieländern<br />
sehr häufig sind.<br />
«Wir handeln erst, wenn die<br />
Symptome schon akut sind», er -<br />
eifert sich Cury. «Dann schicken<br />
wir unsere Kinder zum Psychologen.<br />
Das ist absurd!» Die Schule<br />
sei ein Ort der Kritik, der Kindern<br />
sage, was sie nicht könnten oder<br />
falsch machten, erzählt Augusto<br />
Cury weiter. Solche Kritik sei<br />
schädlich und könne Kinder nicht<br />
stark machen.<br />
Das bedeute aber nicht, so<br />
Cury, dass man Kinder von allem<br />
Negativen fernhalten müsse. Cury<br />
fordert daher, dass man Kindern<br />
erkläre und vorlebe, wie man mit<br />
externer Kritik umgehen lerne<br />
und neue Perspektiven entwickle.<br />
Ein Ansatz ist: von seinen ureigenen<br />
Ängsten und Verletzungen zu<br />
erzählen – und wie man trotzdem<br />
nicht aufgegeben habe.<br />
Was Kinder zu starken<br />
Menschen macht<br />
Innere Stärke ist nicht in die Wiege gelegt,<br />
sondern kann erworben werden. Resilienz<br />
heisst die Fähigkeit, mit jeglichen<br />
Wider ständen im Leben gelassen umzugehen.<br />
Text: Anja Lang<br />
Widerstandskraft oder Resilienz geht auf das lateinische<br />
«resilire» zurück, was so viel bedeutet wie<br />
«zurückspringen» oder auch «abprallen». Ursprünglich<br />
in der Materialkunde verwendet, bezeichnet<br />
Re silienz die Elastizität oder Spannkraft eines Werkstoffes.<br />
«In der Psychologie spricht man von Resilienz,<br />
wenn sich Personen trotz gravierender Belastungen<br />
oder widriger Lebensumstände psychisch gesund<br />
entwickeln», erklärt Professor Klaus Fröhlich-Gildhoff,<br />
Leiter des Zentrums für Kinder- und Jugendforschung<br />
(ZfKJ) an der Evangelischen Hochschule Freiburg.<br />
Resilienz gilt als eine Art Immunsystem der Psyche.<br />
Ähnlich wie das körperliche Immunsystem ist auch sie<br />
nicht angeboren. «Sie wird viel mehr durch Erfahrung<br />
und Interaktion mit der Umwelt erlernt und trainiert,<br />
aber auch erstickt oder vergessen», weiss Fröhlich-<br />
Gildhoff. Durch neue re Studien weiss man, dass es<br />
Faktoren gibt, die Resi lienz bei Kindern fördern.<br />
Ein besonders wichtiger Baustein für die Entwicklung<br />
von Resilienz ist die liebevolle und wertschätzen-<br />
54 März <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Gesundheit</strong>s-<strong>Spezial</strong>