03/2017 Gesundheit-Spezial
Fritz + Fränzi
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Körper<br />
kleinerer Scharmützel. Jammerschade<br />
ist das. Und völlig unnötig:<br />
Kein noch so vorbildliches Ernährungskonzept<br />
ist es wert, dass darüber<br />
die Freude am Essen verloren<br />
geht, denn ohne sie wird es sowieso<br />
nichts damit.<br />
Wer möchte, dass der Nachwuchs<br />
freiwillig zu Vollkorn, Früchten<br />
und Gemüse greift, muss selbst<br />
mit gutem Beispiel vorangehen.<br />
Genuss oder Qual der Mahlzeit<br />
Bild: Alain Laboile<br />
«Wir starren viel zu sehr auf Er <br />
nährungsempfehlungen und verlieren<br />
dabei den Blick für die Esssituationen.<br />
In denen entscheidet<br />
sich aber, ob eine Mahlzeit als<br />
Genuss oder als Qual empfunden<br />
wird», sagt Ines Heindl. Sie ist Professorin<br />
für Ernährungswissenschaft<br />
und Verbraucherbildung an<br />
der Europa-Universität in Flensburg,<br />
Deutschland, und beschäftigt<br />
sich seit vielen Jahren mit dem<br />
Zusammenhang zwischen Essen<br />
und Kommunikation. Dieser sei<br />
von der Wissenschaft vernachlässigt<br />
worden, kritisiert sie die eigene<br />
Zunft. So befassten sich auch<br />
viele Verbraucher eher mit Nährstoffgehalten<br />
und Lebensmittelpyramiden<br />
als mit Genuss und<br />
Freude am Essen (siehe Interview<br />
auf Seite 40).<br />
Eine angespannte Atmosphäre<br />
bei Tisch, in der gereizt verhandelt<br />
wird, was gegessen werden muss,<br />
ist nicht dazu angetan, das, was<br />
auf dem Teller liegt, mit guten<br />
Gefühlen zu verbinden. Wer mit<br />
sechs Jahren vor einer Portion Spinat<br />
sitzen musste, bis sie aufgegessen<br />
war, wird Spinat höchstwahrscheinlich<br />
auch als Erwachsener<br />
noch meiden. Die Inhaltsstoffe<br />
eines Lebensmittels sind Kindern<br />
ohnehin egal. Hauptsache, es<br />
schmeckt! Ist das nicht auch ein<br />
verständlicher Ansatz?<br />
Mit Appellen ans <strong>Gesundheit</strong>sbewusstsein<br />
kommt man also<br />
nicht weit – sie funktionieren<br />
schon bei Erwachsenen nicht sonderlich<br />
gut. Druck und Zwang<br />
aber sind sogar absolut kontraproduktiv.<br />
Denn Essen ist nun einmal<br />
viel mehr als nur Nahrungsaufnahme.<br />
Es kann trösten und beruhigen;<br />
es verbindet, trennt und<br />
schafft Identität. Mal ist es Heimat,<br />
mal Fremde, mal eklig, mal<br />
köstlich. Es weckt Erinnerungen<br />
und Assoziationen, im Guten wie<br />
im Bösen. Kurz: Es ist emotional.<br />
Natürliche Vorliebe für Süsses<br />
Von Anfang an ist das so. Schon<br />
ein Säugling erlebt das Gestilltwerden<br />
als wärmende Zuwendung.<br />
Die Entspannung durch die langsam<br />
einsetzende Sättigung, die<br />
Nähe zur Mutter, ihre Stimme und<br />
ihr Herzschlag verschmelzen zu<br />
einem Gefühl von Geborgenheit,<br />
das sich untrennbar mit der Süsse<br />
der Muttermilch verbindet. Die<br />
Vorliebe für Süsses ist uns also<br />
angeboren und kein Trick der<br />
Lebensmittelindustrie. Jedes Kind<br />
kommt mit ihr auf die Welt, unabhängig<br />
vom Kulturkreis. Auch in<br />
der Ablehnung bitterer Geschmäcker<br />
sind sich alle Menschenkinder<br />
gleich: ein Schutz der Evolution<br />
vor Giftigem.<br />
Erst mit der Zeit lernt ein Kind,<br />
auch Saures, Salziges und Bitteres<br />
zu mögen. Vorausgesetzt, es be <br />
kommt die Chance dazu. Und hier<br />
sind die Eltern gefragt: Kurzfristig<br />
mag es einfacher sein, Kindern<br />
jeden Essenswunsch zu erfüllen.<br />
Auf Dauer tut man ihnen damit<br />
aber keinen Gefallen, da man sie<br />
so der Möglichkeit beraubt, ihre<br />
Sinne zu entwickeln und unterschiedliche<br />
Geschmackserfahrungen<br />
zu machen. Ein Versäumnis,<br />
das später nur schwer nachzuholen<br />
ist. Je breiter und bunter das<br />
Angebot an Nahrungsmitteln ist,<br />
das Kinder und Jugendliche zu<br />
Hause kennenlernen, desto breiter<br />
ist auch das kulinarische Fundament,<br />
auf dem sie stehen, und desto<br />
besser sind sie gegen Mängel<br />
oder Essstörungen gefeit.<br />
Die ersten Weichen werden<br />
schon vor der Geburt gestellt: Forschungen<br />
haben gezeigt, dass Kinder<br />
von Frauen, die sich während<br />
der Schwangerschaft abwechslungsreich<br />
ernährt haben, später<br />
eher bereit sind, sich beim Essen<br />
auf Neues einzulassen, weil sie<br />
über das Fruchtwasser bereits vieles<br />
in Nuancen zu schmecken be <br />
kommen haben. Auch Muttermilch<br />
schmeckt jeden Tag ein<br />
wenig anders und trägt so zur Ge <br />
schmacksprägung des Babys bei.<br />
Als Kleinkind erforscht es dann<br />
das Universum des Essens mit<br />
derselben Neugier wie den Rest<br />
der Welt.<br />
«Kinder interessieren sich ir <br />
gendwann ganz von selbst für das,<br />
was sich Vater und Mutter in den<br />
Mund stecken und ihnen offensichtlich<br />
schmeckt. Man sollte<br />
darum schon früh versuchen, es in<br />
altersgemässer Weise an den ge <br />
meinsamen Mahlzeiten teilhaben<br />
zu lassen», rät Ines Heindl. «Kinder<br />
wollen nicht gefüttert werden,<br />
sondern dabei sein und mittun.»<br />
Warum also nicht die Anderthalbjährige<br />
von den Pellkartoffeln mit<br />
Quark und den gekochten >>><br />
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März <strong>2017</strong>39