03/2017 Gesundheit-Spezial
Fritz + Fränzi
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le sich aber erst nach der Geburt.<br />
«Zwar sind die Sehnerven und die<br />
Augen schon angelegt, die komplexen<br />
Verbindungen zwischen<br />
den Nervenzellen in der gesamten<br />
Sehbahn vom Auge bis zum Ge <br />
hirn müssen sich jedoch erst ausbilden<br />
und reifen», erklärt Landau.<br />
Sehvermögen beobachten<br />
Ein Sehproblem bei Kindern zu<br />
erkennen, ist aber nicht immer<br />
leicht: «Kinder sind keine kleinen<br />
Erwachsenen. Sie melden nicht<br />
von sich aus, wenn sie nicht gut<br />
sehen», sagt Renata Gulik Landolt,<br />
Cheforthoptistin der Zürcher Klinik.<br />
Es sei daher die Aufgabe der<br />
Eltern oder des Umfelds, das Sehvermögen<br />
zu beobachten. Wenn<br />
allerdings nur ein Auge schlechter<br />
sehe, merke das keiner. «Für die<br />
Kinder ist das dann die Norm»,<br />
sagt Renata Gulik Landolt. Sehtests<br />
seien deshalb auch Teil der<br />
regelmässigen Kindervorsorgeuntersuchungen.<br />
«Im Kanton<br />
Zürich gehören sie sogar zu den<br />
schulärztlichen Untersuchungen.»<br />
Wenn Eltern bei ihrem Kind<br />
eine Sehschwäche vermuten, sollte<br />
das umgehend spezialärztlich<br />
untersucht werden. «Viele Augenprobleme<br />
können mit einer frühen<br />
Diagnose und Therapie er <br />
folgreich behandelt werden»,<br />
be tont Landau. Sei man hingegen<br />
zu spät, könne dies lebenslange<br />
Auswirkungen haben.<br />
«Faule» Augen<br />
Wird bei einem Kind ein Auge<br />
durch einseitiges Schielen oder<br />
eine ungleiche Brechkraft der<br />
Augen benachteiligt, kann es zu<br />
einer Schwachsichtigkeit kommen.<br />
Bei dieser sogenannten<br />
Amblyopie sieht dieses zurückgesetzte<br />
Auge beschränkt, obwohl es<br />
«organisch» gesund ist. Die Expertinnen<br />
reden auch von einem «lazy<br />
eye».<br />
Die Schwachsichtigkeit entstehe in<br />
der kindlichen Entwicklungsphase<br />
zwischen der Geburt und dem<br />
Primarschulalter und könne auch<br />
in dieser Zeitspanne erfolgreich<br />
behandelt werden, erklärt Klara<br />
Landau. Behandelt wird mit der<br />
sogenannten Okklusionstherapie:<br />
Für eine bestimmte Zeit am Tag<br />
wird das führende Auge mit einem<br />
Augenpflaster abgeklebt. Das Kind<br />
wird so quasi gezwungen, das<br />
schwächere Auge zu benutzen.<br />
Dies sei übrigens eine Behandlung,<br />
deren Wirksamkeit wissenschaftlich<br />
nachgewiesen sei, be <br />
tont Landau. David H. Hubel und<br />
Torsten N. Wiesel haben 1981«für<br />
ihre Entdeckungen über die Sehwahrnehmung»<br />
den Medizinnobelpreis<br />
erhalten. Zur Okklusionstherapie<br />
braucht es aber oft<br />
noch eine Brille. Bei richtiger Therapie<br />
erholt sich die Sehkraft wieder.<br />
Nicht auf Achse stehen<br />
Schielen ist ein weiteres und häufiges<br />
Augenproblem von Kindern.<br />
Etwa fünf Prozent aller Kinder<br />
sind betroffen, betont Orthoptistin<br />
Renata Gulik Landolt. Beim Schielen<br />
liege eine Fehlstellung der<br />
Augen vor. «Die zentrale Steuerung<br />
zwischen Augenmuskeln und<br />
Gehirn ist gestört», ergänzt sie. Es<br />
gibt unterschiedliche Formen von<br />
Schielen. So kann ein Kind dauernd<br />
schielen oder nur manchmal,<br />
wenn es müde ist. Wenn das räumliche<br />
Sehen eingeschränkt >>><br />
Welche Symptome können auf<br />
Augenprobleme hinweisen?<br />
• Fehlstellung der Augen (Schielen)<br />
• Schiefhalten des Kopfes<br />
• Häufiges Blinzeln und Zwinkern oder<br />
Augenzittern (Nystagmus)<br />
• Lichtüberempfindlichkeit<br />
• Kopfschmerzen und Brennen der Augen<br />
• Konzentrationsprobleme, Leseschwäche<br />
• Ungeschicklichkeit wie Vorbeigreifen<br />
an Gegenständen oder Schwierigkeiten<br />
mit Zielen und Fangen<br />
Wie entwickelt sich das Sehen?<br />
• Geburt: Neugeborene sehen etwa<br />
20 Zentimeter weit.<br />
• 3. Monat: Kontraste werden<br />
wahrgenommen, Säuglinge können<br />
Menschen und Gegenstände anschauen<br />
und fixieren.<br />
• 4. Monat: Dinge in der Ferne sowie<br />
in der Nähe werden zunehmend<br />
scharf gesehen.<br />
• 6. Monat: Das räumliche und<br />
dreidimensionale Sehen entwickelt sich.<br />
• Erste Lebensjahre: Die Kleinkinder<br />
sehen in Farben.<br />
• 7. Lebensjahr: Sehvermögen<br />
ist komplett ausgebildet.<br />
• 8. bis 9. Lebensjahr: Gesichtsfeld<br />
ist vollständig entwickelt.<br />
Was macht eine Orthoptistin?<br />
Orthoptistinnen und Orthoptisten HF sind<br />
medizinische Fachkräfte und arbeiten im<br />
Auftrag von Augenärzten. Sie untersuchen<br />
oder behandeln Sehstörungen oder<br />
Funktionsstörungen der Augenmuskeln.<br />
Kinder, die meistens drinnen mit<br />
Handy und Computer beschäftigt<br />
sind, werden häufiger kurzsichtig.<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Gesundheit</strong>s-<strong>Spezial</strong><br />
März <strong>2017</strong>35