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03/2017 Gesundheit-Spezial

Fritz + Fränzi

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Viele der Befragten gaben an, bis<br />

spät in die Nacht noch Videos<br />

anzusehen, online zu sein oder<br />

mit Freunden zu chatten.<br />

Eine Umfrage der amerikanischen<br />

Schlafstiftung (National<br />

Sleep Foundation) ergab 2014 ein<br />

ähnliches Bild. So schlafen Kinder<br />

schlechter, wenn sie Handy, Computer<br />

oder Fernseher in ihrem<br />

Zimmer haben. Fast drei Viertel<br />

der befragten Kinder zwischen 6<br />

und 17 Jahren besassen mindestens<br />

ein elektronisches Gerät,<br />

wobei die Spanne von Fernseher,<br />

Computer und Spielkonsolen bis<br />

hin zu Tablets und Smartphones<br />

reicht. Die Untersuchung ergab,<br />

dass diese Schulkinder schlechter<br />

schliefen als jene, die kein Gadget<br />

in ihren Zimmern hatten.<br />

Eine andere Untersuchung der<br />

Stony Brook University New York<br />

um Dr. Jill Creighton ergab, dass<br />

Kinder und Jugendliche, die ein<br />

Smartphone besitzen, bis zu einer<br />

Stunde weniger schliefen als ihre<br />

Altersgenossen. Besonders Jugendliche<br />

überprüfen auf iPhone und<br />

Co. die Uhrzeit, wenn sie nachts<br />

wach werden. Das Licht des Displays<br />

unterbricht jedoch den<br />

Schlafzyklus und man schläft<br />

wesentlich schlechter ein. Schuld<br />

daran ist das blaue LED-Licht des<br />

Displays. Dieses Kunstlicht ist ein<br />

kurzwelliges Licht mit erhöhtem<br />

Blauanteil im Lichtspektrum, wie<br />

es sich in Beleuchtungen mit LED<br />

findet. Die Spektralfarbe Blau wiederum<br />

senkt den Melatoninspiegel<br />

und hält das Gehirn wach – ein<br />

Effekt, der am Abend vor allem bei<br />

Schulkindern wohl eher unerwünscht<br />

ist.<br />

Die innere Uhr in Schieflage<br />

«Wer um Mitternacht noch seine<br />

E-Mails oder SMS checkt, bringt<br />

seine innere Uhr durcheinander»,<br />

sagt Christian Cajochen, der Leiter<br />

des Zentrums für Chronobiologie<br />

an den Psychiatrischen Universitären<br />

Kliniken Basel. In jüngster<br />

Zeit habe es sich gezeigt, dass die<br />

Menschen spezielle Sinneszellen<br />

im Auge haben, die auf blaues<br />

Licht reagieren und dem Hirn mitteilen,<br />

ob es den Körper wach oder<br />

schlafbereit halten soll. Bisher gab<br />

es aber nur wenige gültige Daten,<br />

die der Frage nachgingen, ob das<br />

Licht der LED-Monitore tatsächlich<br />

ausreicht, um den Tag-Wach-<br />

Rhythmus zu stören und den<br />

Schlaf zu verzögern.<br />

In einem weiteren Experiment<br />

wählten die Forscher einen anderen<br />

Ansatz. Sie testeten die Auswirkungen<br />

auf den Schlaf direkt<br />

bei Jugendlichen. Laut Umfrageergebnissen<br />

verbringen diese<br />

knapp viereinhalb Stunden am<br />

Tag vor dem Fernseher, am Computer<br />

oder Smartphone. 95 Prozent<br />

checken noch regelmässig vor<br />

dem Schlafengehen ihre Social-<br />

Media-Seite oder ihre Chats.<br />

Mit einer Blaulicht-Dusche<br />

ins Bett<br />

«Viele gehen mit einer richtigen<br />

Blaulicht-Dusche ins Bett», sagt<br />

Cajochen. Die Forscher gaben nun<br />

Jugendlichen Brillen mit oder<br />

ohne Blaulichtfilter und untersuchten<br />

den Schlaf am Freitagabend<br />

nach einer Schulwoche.<br />

Nach einer Woche fanden die Forscher<br />

bei den Teilnehmenden mit<br />

Brillen mit Filter deutlich höhere<br />

Melatoninwerte als bei den Probanden<br />

mit Brillen ohne Filter. «Je<br />

länger man abends am Licht ist,<br />

auch am Computerbildschirm,<br />

desto länger meint die innere Uhr,<br />

es sei Tag», so Cajochen.<br />

Experten empfehlen für Schulkinder<br />

genügend Schlaf. Weniger<br />

kann manchmal zu Konzentrationsschwächen<br />

führen. Bereits<br />

die letzte Stunde vor dem Schlafengehen<br />

– so die Wissenschaftler<br />

– sollten Kinder grundsätzlich<br />

ohne Computer, Handy und Co.<br />

verbringen. Eltern wird empfohlen,<br />

mit den Kindern eine Zubettgeh-Routine<br />

zu entwickeln. Diese<br />

funktioniert auch bei grös seren<br />

Kindern – etwa Zähneputzen,<br />

Duschen, Lesen. Spätestens um 21<br />

Uhr sollte aber auch für grössere<br />

Kinder Schluss sein mit lustig.<br />

Go offline – und fünf weitere Tipps<br />

von Jill Creighton für Eltern<br />

• Entwickeln Sie eine Zubettgeh-Routine,<br />

egal, wie alt ihr Kind ist. Das kann ein Bad<br />

sein, ein Buch lesen oder ruhige (!) Musik<br />

hören.<br />

• Go offline! Die Stunde vor dem Schlafengehen<br />

ist elektronikfreie Zone. Die Kinder<br />

sollten an einem definierten Ort in der<br />

Wohnung – beispielsweise in der Küche<br />

oder im Wohnzimmer – ihre Gadgets<br />

einste cken und über Nacht dort lassen.<br />

• Das Bett ist handyfreie Zone. Ein normaler<br />

Wecker tut es auch.<br />

• Falls das Kind sein Smartphone nicht<br />

ausschal tet, sollte man die Screening-Zeit<br />

herunterhandeln. 30 Minuten pro Woche<br />

weniger online sind ein guter Anfang.<br />

Idealer weise limitieren Eltern die Online-<br />

Zeit auf 60 Minuten pro Tag. So viele<br />

Minuten, wie das Kind am Handy hängt,<br />

sollte es sich auch bewegen.<br />

• Das pubertierende Kind vom Sofa oder aus<br />

dem Zimmer zu kriegen, kann zur elterlichen<br />

Herausforderung werden. Sport<br />

oder Bewegung wird gerne als langweilige<br />

Pflichtübung empfunden. Creighton rät zur<br />

Kreativität. Ein 20-minütiger Spazier gang,<br />

30 Minuten Basketball, aber auch Ämtli<br />

und Hausarbeit wie Staubsaugen,<br />

Schneeschau feln oder Rasenmähen<br />

zählen zu entsprechenden Aktivitäten, die<br />

je nachdem monetär entschädigt werden.<br />

• Gute Gewohnheiten etablieren. Am<br />

Ess tisch vom Smartphone oder Fernsehen<br />

abgelenkt zu sein, führt zu eigenartigen<br />

Tischmanieren. Die Eltern müssen<br />

hier mit gutem Beispiel vorangehen.<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi <strong>Gesundheit</strong>s-<strong>Spezial</strong><br />

März <strong>2017</strong>29

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