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PH32-Feb-Juli-17

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münchen<br />

20<strong>17</strong> | Heft 32<br />

Deutsche Filme 2016<br />

Andrzej Wajda<br />

Universal Monsters<br />

Film und Psychoanalyse<br />

Bilder der Überwachung<br />

Cate Blanchett<br />

Architekturfilmtage<br />

Thomas Mauch<br />

Helmut Färber<br />

Kafka geht ins Kino<br />

Danielle Darrieux<br />

Georg Stefan Troller<br />

Kurt Eisner<br />

Sterling Hayden<br />

2. Juni 1967 und danach<br />

Miranda Pennell<br />

Jazz im Film


Eintrittspreise<br />

4 € (3 € für MFZ-Mitglieder). Ab 120 Minuten Filmlänge<br />

oder mit Gästen: 1 € Aufschlag. Ab 180 Minuten,<br />

mit Live-Musik oder bei 3D: 2 € Aufschlag. Die Kasse<br />

öffnet jeweils 60 Minuten vor und schließt 30 Minuten<br />

nach Beginn der Vorstellung. Bei allen öffentlichen<br />

Veranstaltungen verbleibt ein Kartenkontingent für den<br />

freien Verkauf an der Abendkasse.<br />

Kartenreservierung<br />

Kartenreservierungen sind bis zu vier Wochen im Voraus<br />

möglich und können unter der Telefonnummer<br />

089/23396450 auf Band gesprochen werden. Vorbestellte<br />

Karten müssen bis 20 Minuten vor Vorstellungsbeginn<br />

an der Kasse abgeholt worden sein, ansonsten<br />

verfällt die Reservierung.<br />

Kartenvorverkauf<br />

Karten können bis zu vier Wochen im Voraus gekauft<br />

werden. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass unmittelbar<br />

vor Vorstellungsbeginn bei starkem Besucherandrang<br />

kein Kartenvorverkauf erfolgt. Karten<br />

behalten ihre Gültigkeit nur bis Vorstellungsbeginn. An<br />

der Abendkasse können vorverkaufte Karten bis 20 Minuten<br />

vor Vorstellungsbeginn gegen Kostenerstattung<br />

wieder zurückgegeben werden.<br />

Programmabonnement<br />

Das Kinoprogrammheft und unseren Newsletter können<br />

Sie unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film<br />

kostenlos abbonnieren. Das Programmheft wird an<br />

Mitglieder des MFZ auf Wunsch kostenlos versandt.<br />

Ansonsten bitten wir um die Zusendung eines adres-<br />

sierten und mit 1,45 € frankierten DIN A5-Briefumschlages<br />

an die Adresse des Filmmuseums. Den<br />

täglich aktualisierten Spielplan finden Sie auch auf<br />

Twitter: @filmmuseummuc.<br />

Mitgliedschaft<br />

Wer sich für die Arbeit des Filmmuseums interessiert,<br />

kann Mitglied im Verein der Freunde des Filmmuseums<br />

München, dem Münchner Filmzentrum e.V. (MFZ) werden.<br />

Mitgliedsanträge sind an der Kinokasse erhältlich.<br />

Der Jahresbeitrag beträgt 20 € und berechtigt zum<br />

ermäßigten Eintritt ins Filmmuseum sowie zur Teilnahme<br />

an den Mitgliederversammlungen des MFZ, in<br />

denen die Programmplanungen des Filmmuseums<br />

diskutiert und Projekte entwickelt werden. Weitere<br />

Informationen erhalten Sie unter Tel. 089 / 2713354<br />

und www.muenchner-filmzentrum.de.<br />

Rollstuhlfahrer / Hörgeschädigte<br />

Der Kinosaal im Untergeschoss ist über einen Aufzug<br />

für Rollstuhlfahrer zugänglich. Die Behindertentoilette<br />

befindet sich im Untergeschoss neben dem Kinoeingang.<br />

Das Kino ist mit einer Induktionsschleife für Hörgerätebesitzer<br />

ausgestattet.<br />

Saalmikrofon<br />

Das Kino verfügt über ein Saalmikrofon zur Kontrolle<br />

des Kinotons durch die Filmvorführer.<br />

Verkehrsverbindung<br />

Sie erreichen das Filmmuseum in 5 Gehminuten vom<br />

U/S-Bahnhof Marienplatz oder in 7 Gehminuten vom<br />

U-Bahnhof und der Trambahnhaltestelle Sendlinger Tor.<br />

Mitgliederversammlungen des Münchner Filmzentrums e. V. (MFZ)<br />

Die für alle Interessierten öffentlichen Mitgliederversammlungen des Fördervereins des Filmmuseums finden<br />

einmal im Monat montags um 19 Uhr im Gotischen Zimmer des Ignaz-Günther-Hauses (St.-Jakobs-Platz 20,<br />

80331 München, 1. Stock) statt. Termine: 13. März 20<strong>17</strong>, 10. April 20<strong>17</strong>, 15. Mai 20<strong>17</strong>, 12. Juni 20<strong>17</strong> und<br />

10. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>. Informationen: kontakt@muenchner-filmzentrum.de.<br />

Open Scene am Donnerstag<br />

Die Termine am Donnerstag sind teilweise für aktuelle Veranstaltungen reserviert. Das Programm wird<br />

etwa acht Tage vorher festgelegt und in den Schaukästen an der Kinokasse, im E-Mail-Newsletter, unter<br />

www.muenchner-stadtmuseum.de/film/open-scene.html, auf Facebook, auf Twitter und durch Ankündigungen in<br />

der Tagespresse bekannt gegeben.<br />

Impressum<br />

Landeshauptstadt München. Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-Platz 1, 80331 München,<br />

089/23320538, E-Mail: filmmuseum@muenchen.de · Redaktion: Stefan Drößler, Claudia Engelhardt, Christoph<br />

Michel, Klaus Volkmer · Gestaltung: KOSCH Werbeagentur, München · Druck: Weber Offset GmbH, München


Technikpreis, Wajda, Kafka & Zischler, Willi Johanns & Jazz<br />

Am 28. Oktober 2016 wurden Wolfgang Woehl und das Filmmuseum München<br />

auf dem 3D Korean International Film Festival in Seoul mit dem »Technical<br />

Contribution Award« für »cinematic excellence« ausgezeichnet. Tatsächlich<br />

hat Wolfgang Woehl, der im Filmmuseum die Digitaltechnik betreut, ein Untertitelprogramm<br />

für 3D-Filme entwickelt, das heute weltweit eingesetzt wird.<br />

Wir sind sehr stolz auf diese Anerkennung seiner Arbeit. Das Filmmuseum hat<br />

schon früh auch auf digitale Techniken zurückgegriffen. Der Umgang mit digitalen<br />

Daten, ihre Archivierung und die Digitalisierung der analogen Bestände<br />

sind komplexe Aufgaben. Wir sind froh, dass wir diesen Arbeitsbereich seit<br />

Januar mit unserer neuen Mitarbeiterin Larissa Homuth verstärken konnten.<br />

Am 8. Oktober 2016 ist Andrzej Wajda überraschend verstorben. Wie kein<br />

anderer Regisseur hat er über 60 Jahre lang die politische Entwicklung seines<br />

Landes begleitet, mit seinen Filmen polnische Geschichte aufgearbeitet, Diskussionen<br />

ausgelöst und ins politische Geschehen eingegriffen. Gleichzeitig<br />

hat er über die Jahrzehnte immer wieder neue ästhetische Formen und Wege<br />

gesucht, die in die Filmgeschichte eingegangen sind. Wir freuen uns, ihn mit<br />

der umfassendsten Retrospektive zu würdigen, die es bisher gegeben hat,<br />

und danken dem polnischen Generalkonsulat für die gute Zusammenarbeit.<br />

Wajdas letzter Film POWIDOKI (NACHBILDER) wird im Rahmen des Filmfests<br />

Münchens seine Deutsche Premiere erleben und im Filmmuseum die Retrospektive<br />

abschließen.<br />

Am 9. März 20<strong>17</strong> erscheint im Verlag Galiani Berlin die erweiterte Neuausgabe<br />

des Buchs »Kafka geht ins Kino« von Hanns Zischler, der über 30 Jahre<br />

lang die Filme recherchiert hat, die Kafka in seinen Tagebüchern, Briefen und<br />

Schriften erwähnt. Alle erhaltenen Titel hat das Filmmuseum in Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Filmarchiven nun restauriert und wird sie als Dreifach-DVD<br />

in der Edition Filmmuseum veröffentlichen. Ermöglicht wurde dieses<br />

sehr aufwändige Projekt durch eine finanzielle Förderung der Bundeskulturstiftung.<br />

Am 20. April wird Hanns Zischler im Filmmuseum zu Gast sein, in den<br />

darauf folgenden Tagen feiern die restaurierten Filme ihre Premieren auf der<br />

Kinoleinwand mit Live-Musikbegleitung.<br />

Am 2. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong> findet im Filmmuseum erstmals ein Konzert ohne Film statt<br />

(dem sich dann allerdings eine Filmvorführung anschließt). Wir freuen uns,<br />

dass Willi Johanns, einer der weltbesten Scat-Sänger und leidenschaftlicher<br />

Cineast, mit einer hochkarätig besetzten Band die Reihe »Jazz im Film« eröffnen<br />

wird. Die Auswahl der Filme hat er entscheidend mitbestimmt: Alte und<br />

neue Klassiker, selten gezeigte Raritäten und spannende Neuentdeckungen, in<br />

denen oder an denen die Größen des klassischen Jazz mitwirkten. Alle Filme<br />

laufen in originalen 35mm-Kopien oder neuen digitalen Restaurierungen, ein<br />

Fernsehfilm ist als 16mm-Kinescope-Filmkopie zu sehen.<br />

Das Filmmuseum ist der letzte verbliebene Ort in München, der analog und<br />

digital alle Film- und Tonformate vorführen kann. Nur so ist es möglich, vollständige<br />

Retrospektiven und Themenprogramme zu organisieren. Wir hoffen,<br />

dass Sie unser Angebot nutzen, und freuen uns, wenn wir Sie als Gast bei<br />

unseren Veranstaltungen begrüßen können!<br />

Ihr Filmmuseum<br />

2 Rückblick<br />

3 Deutsche Filme 2016<br />

8 Andrzej Wajda<br />

19 Universal Monsters<br />

26 Film und Psychoanalyse<br />

28 Bilder der Überwachung<br />

32 Cate Blanchett<br />

37 Architekturfilmtage<br />

42 Thomas Mauch<br />

45 Helmut Färber<br />

47 Kafka geht ins Kino<br />

52 Danielle Darrieux<br />

57 Georg Stefan Troller<br />

58 Kurt Eisner<br />

61 Sterling Hayden<br />

67 2. Juni 1967 und danach<br />

71 Zuschauerkino<br />

72 Miranda Pennell<br />

73 Jazz im Film<br />

83 Kalenderübersicht<br />

R = Regie · B = Drehbuch · K = Kamera<br />

· M = Musik · S = Schnitt · T =<br />

Ton · D = Darsteller · P = Produktion<br />

OF = Originalfassung · OmU = Originalfassung<br />

mit Untertiteln · OmeU<br />

= Originalfassung mit englischen<br />

Untertiteln · OmfU = Originalfassung<br />

mit französischen Unter titeln · OmÜ =<br />

Originalfassung mit deutscher Übersetzung<br />

· dtF = deutsche Synchronfassung<br />

· \ = Live-Musik begleitung<br />

2 = Einführung · = Zu Gast


Rückblick<br />

22. September 2016: Martina Müller diskutiert mit dem Direktor der<br />

Städtischen Galerie im Lenbachhaus und des Kunstbaus Dr. Matthias<br />

Mühling über ihren Film GELD MACHT KUNST.<br />

21. Oktober 2016: Hubert Sauper, Werner Herzog und Paul Simon<br />

Lokwang bei der Verleihung des ersten Werner-Herzog-Filmpreises für<br />

Saupers Film WE COME AS FRIENDS im Filmmuseum.<br />

7. November 2016: Oberbürgermeister Dieter Reiter überreicht Caroline<br />

Link die Urkunde zum Filmpreis der Landeshauptstadt München für<br />

ihr herausragendes Gesamtwerk.<br />

24. November 2016: Dragoș Bucur und Marcela Ursu stellen im<br />

Filmmuseum den Film CÂINI (HUNDE) von Bogdan Mirica vor, der das<br />

Rumänische Filmfestival 2016 eröffnet.<br />

11. Dezember 2016: Isolde Barth berichtet in der Reihe »Film und Psychoanalyse«<br />

von ihrer Zusammenarbeit mit Rainer Werner Fassbinder<br />

bei der Produktion von IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN.<br />

18. Januar 20<strong>17</strong>: Klaus Wyborny beantwortet Fragen aus dem Publikum<br />

zu seinem Film IM IMAGINÄREN MUSEUM – STUDIEN ZU MONET<br />

in der Filmreihe »Kino und Malerei«.


Deutsche Filme 2016<br />

Toni Erdmann<br />

Deutsche Filme 2016<br />

3<br />

Wir haben wieder drei Filmkritiker – Margret Köhler<br />

aus München sowie Bert Rebhandl und Ralf Schenk<br />

aus Berlin – gebeten, ihre persönlichen Bestenlisten<br />

der deutschen Filme des Jahres 2016 zu erstellen. Es<br />

fällt auf, dass in diesem Jahr Filme von Filmemacherinnen<br />

die Listen anführen: Maren Ades TONI ERDMANN,<br />

Nicolette Krebitz’ WILD und Anne Zohra Berracheds<br />

24 WOCHEN wurden drei Mal genannt, hinzu kommen<br />

mit zwei Nennungen Maria Schraders VOR DER<br />

MORGENRÖTE und je einmal Ulrike Ottingers CHAMIS-<br />

SOS SCHATTEN, Doris Dörries GRÜSSE AUS FUKU-<br />

SHIMA sowie Sung-Hyung Chos MEINE BRÜDER UND<br />

SCHWESTERN IM NORDEN.<br />

Bemerkenswerterweise waren die meistgenannten Titel<br />

nicht nur auf Filmfestivals erfolgreich, sondern konnten<br />

auch bei ihrem Kinoeinsatz ansehnliche Besucherzahlen<br />

erzielen und sich in den deutschen Top Ten zwischen<br />

den üblichen seichten Komödien wie WILLKOMMEN<br />

BEI DEN HARTMANNS, DER GEILSTE TAG oder ICH BIN<br />

DANN MAL WEG und Kinderfilmen wie BIBI UND TINA 3,<br />

CONNIE & CO oder HILFE, ICH HABE MEINE LEHRERIN<br />

GESCHRUMPFT durchaus behaupten. Dennoch ist die<br />

Aufführung im Filmmuseum in vielen Fällen auf absehbare<br />

Zeit die letzte Gelegenheit, die ausgewählten<br />

Filme (noch einmal) auf der großen Kinoleinwand zu<br />

sehen. Und damit auch des Deutschen nicht mächtige<br />

Zuschauer die Filme sehen können, laufen die meisten<br />

mit englischen Untertiteln.<br />

<br />

Stefan Drößler<br />

Margret Köhler<br />

Toni Erdmann (Maren Ade)<br />

Wild (Nicolette Krebitz)<br />

Nebel im August (Kai Wessel)<br />

Junges Licht (Adolf Winkelmann)<br />

Vor der Morgenröte (Maria Schrader)<br />

Grüße aus Fukushima (Doris Dörrie)<br />

24 Wochen (Anne Zohra Berrached)<br />

Tschick (Fatih Akin)<br />

Paula (Christian Schwochow)<br />

Die Hände meiner Mutter (Florian Eichinger)<br />

Bert Rebhandl<br />

Toni Erdmann (Maren Ade)<br />

Chamissos Schatten (Ulrike Ottinger)<br />

Austerlitz (Sergei Loznitsa)<br />

Dahlienfeuer (Stefan Hayn)<br />

Havarie (Philip Scheffner)<br />

And-Ek Ghes (Philip Schefner)<br />

Tschick (Fatih Akin)<br />

Landstück (Volker Koepp)<br />

24 Wochen (Anne Zohra Berrached)<br />

Wild (Nicolette Krebitz)<br />

Ralf Schenk<br />

Vor der Morgenröte (Maria Schrader)<br />

Wild (Nicolette Krebitz)<br />

Toni Erdmann (Maren Ade)<br />

24 Wochen (Anne Zohra Berrached)


Deutsche Filme 2016<br />

4<br />

Landstück (Volker Koepp)<br />

Parchim International (Stefan Eberlein)<br />

Meine Brüder und Schwestern im Norden (Sung-Hyung Cho)<br />

Die Hände meiner Mutter (Florian Eichinger)<br />

Akt (Mario Schneider)<br />

Havarie (Philip Scheffner)<br />

Toni Erdmann | Deutschland 2016 | R+B: Maren Ade<br />

| K: Patrick Orth | D: Sandra Hüller, Peter Simonischek,<br />

Michael Wittenborn, Thomas Loibl, Trystan Pütter, Ingrid<br />

Bisu | 162 min | OmeU | Ines arbeitet für eine Consultingfirma<br />

in Rumänien. Sie möchte Karriere machen,<br />

und ordnet diesem Ziel vieles unter. Ein unerwarteter<br />

Besuch ihres Vaters bringt ihre Pläne durcheinander –<br />

er lässt sich nicht abwimmeln, sondern taucht als komische<br />

Figur »Toni Erdmann«, mit falschen Zähnen und<br />

Perücke, immer wieder in den unmöglichsten Momenten<br />

auf. Maren Ade verbindet auf höchst überzeugende<br />

Weise Strategien des sozialrealistischen Autorenfilms<br />

mit Elementen der populären Komödie. Peinlichkeiten<br />

erweisen sich als heilsam, in einem entscheidenden<br />

Moment steht Ines buchstäblich ohne die »neuen Kleider«<br />

der Beratungsbranche da. Sandra Hüller und Peter<br />

Simonischek in einer Sternstunde des deutschen Kinos.<br />

(Bert Rebhandl)<br />

Donnerstag, 23. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr Samstag,<br />

25. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Junges Licht | Deutschland 2016 | R: Adolf Winkelmann<br />

| B: Nils & Till Beckmann, Adolf Winkelmann,<br />

nach dem Roman von Ralf Rothmann | K: David Slama<br />

| M: Tommy Finke | D: Charly Hübner, Oscar Brose, Lina<br />

Beckmann, Magdalena Matz, Peter Lohmeyer, Nina<br />

Petri | 122 min | Die 1960er Jahre in einer Bergarbeitersiedlung<br />

im Ruhrgebiet: Da malochen die Väter unter<br />

Tage, streiten mit ihren Frauen, trinken am Feierabend<br />

Bier und schauen Mädels hinterher. All das beobachtet<br />

der 12-jährige <strong>Juli</strong>an durch seine Kamera. Immer<br />

wieder gerät er in die Bredouille, ob mit älteren Nachbarsjungen,<br />

seinem aggressiven Vater oder dem dubiosen<br />

Vermieter. Und das Kribbeln der ersten Verliebtheit<br />

macht ihm auch zu schaffen. Adolf Winkelmann bleibt<br />

dem »Pott« nach Filmen wie DIE ABFAHRER oder JEDE<br />

MENGE KOHLE treu und zeichnet nach Ralf Rothmanns<br />

Titel gebendem Roman aus der Perspektive eines sensiblen<br />

Heranwachsenden liebevoll-kritisch das Leben<br />

in der Wirtschaftswunder-Zeit. Das Milieu-Porträt überzeugt<br />

durch strengen Realismus und zarte Poesie.<br />

(Mar gret Köhler)<br />

Freitag, 24. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Havarie | Deutschland 2016 | R: Philip Scheffner | B:<br />

Merle Kröger, Philip Scheffner | K: Terry Diamond, Bernd<br />

Meiners | 93 min | OmeU | Das Mittelmeer galt im Römischen<br />

Reich als »Mare Nostrum«, als »unser Meer«.<br />

Diese alte Bezeichnung hat in den letzten Jahren eine<br />

neue Bedeutung bekommen: Seit viele Menschen versuchen,<br />

auf dem Seeweg nach Europa zu kommen, ist<br />

das Mittelmeer zu einem Ort der Gegensätze geworden<br />

– zwischen Legalität und Illegalität, Innen und Außen,<br />

Leben und Tod. Philip Scheffner geht in HAVARIE von<br />

einem kurzen Videodokument aus. Der Passagier eines<br />

Kreuzfahrtschiffs filmt ein Schlauchboot, das im Wasser<br />

treibt. Diese Szene wird auf die Dauer des Films verlangsamt.<br />

Scheffner dringt förmlich in sie ein, während<br />

auf der Tonspur ein Hörspiel zu vernehmen ist, in dem<br />

sich das Geschehen auf viele Aspekte hin verzweigt. Ein<br />

komplexer, experimenteller Film über ein Jahrhundertthema.<br />

(Bert Rebhandl)<br />

Sonntag, 26. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr


Chamissos Schatten | Deutschland 2016 | R+B+K:<br />

Ulrike Ottinger, unter Verwendung von Texten von Adelbert<br />

von Chamisso | Sprecher: Hanns Zischler, Burghart<br />

Klaußner, Thomas Thieme | 193 min (Alaska und<br />

die Aleutischen Inseln), 192 min (Tschukotka und die<br />

Wrangelinsel 1), 156 min (Tschukotka und die Wrangelinsel<br />

2), <strong>17</strong>7 min (Kamtschatka und die Beringinsel)<br />

| Ulrike Ottinger hat immer schon weite Reisen unternommen<br />

und davon lange Filme wie TAIGA oder CHINA<br />

– DIE KÜNSTE – DER ALLTAG zurückgebracht. Niemals<br />

aber hat sie sich weiter hinausgewagt als in CHAMIS-<br />

SOS SCHATTEN, einer Expedition an die Ränder von<br />

Sibirien und Amerika, mit der unbewohnten Wrangelinsel<br />

in der Tschuktschensee als dem abgelegensten<br />

Ziel, an dem man nur kurz bleiben kann, weil man<br />

sonst die Eisbären stören würde. Ottinger findet eine<br />

Naturlandschaft, in die sich gleichwohl die politische<br />

Geschichte eingeschrieben hat: Von der Sowjetunion<br />

sind vor allem Museen und Ruinen (und Giftmüll) zurückgeblieben,<br />

alte Kulturen versuchen, sich in einem<br />

extremen Klima zu behaupten. Ein großer Film über die<br />

Grenzen der Zivilisation. (Bert Rebhandl)<br />

1. März 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr (Alaska und die Aleutischen<br />

Inseln) 8. März 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr (Tschukotka und die<br />

Wrangelinsel 1) 15. März 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr (Tschukotka<br />

und die Wrangelinsel 2) 22. März 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

(Kamtschatka und die Beringinsel)<br />

Nebel im August | Deutschland 2016 | R: Kai Wessel<br />

| B: Holger Karsten Schmidt, nach dem Roman<br />

von Robert Domes | K: Hagen Bogdanski | M: Martin<br />

Todsharow | D: Ivo Pietzcker, Sebastian Koch, Thomas<br />

Schubert, Fritzi Haberlandt, Henriette Confurius, David<br />

Bennent | 126 min | Er wirkt sympathisch, dieser Dr.<br />

Veitshausen, wie er 1943 mit den Kindern in der »Heilanstalt«<br />

scherzt, ihnen Mut macht, eine Art Vaterersatz.<br />

Hinter der freundlichen Fassade versteckt sich ein harter<br />

Verfechter der Euthanasie. Ein 13-jähriger Junge<br />

und eine engagierte Krankenschwester ahnen bald,<br />

dass das Ende vieler Insassen durch »Lungenentzündung«<br />

nicht zufällig ist und der »süße« Tod auch durch<br />

Gift im Himbeersaft verursacht wird. Aber beide sind<br />

den Machenschaften des NS-Regimes ausgeliefert.<br />

Kai Wessels berührendes Drama beruht lose auf dem<br />

authentischen Fall des Ernst Lossa, zeigt am Schicksal<br />

eines Einzelnen die Perversität eines menschenverachtenden<br />

Systems und einer instrumentalisierten<br />

Wissenschaft. Gefühlvoll, aber nie gefühlig und mit<br />

Sebastian Koch wie dem jungen Ivo Pietzcker bestens<br />

besetzt. (Margret Köhler)<br />

Freitag, 3. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Vor der Morgenröte | Deutschland 2016 | R: Maria<br />

Schrader | B: Maria Schrader, Jan Schomburg | K:<br />

Wolfgang Thaler | M: Tobias Wagner | D: Josef Hader,<br />

Barbara Sukowa, Aenne Schwarz, Matthias Brandt,<br />

Charly Hübner | 105 min | OmeU | 1936 bis 1942,<br />

sechs Episoden aus den Exiljahren des jüdischen Wiener<br />

Schriftstellers Stefan Zweig. Seine Unfähigkeit, auf<br />

einem PEN-Kongress Stellung gegen das NS-Regime<br />

zu beziehen. Die Bitte seiner geschiedenen ersten Ehefrau<br />

in New York, sich für Einreisepapiere von Freunden<br />

und Kollegen in die USA einzusetzen. Die Feier des 60.<br />

Geburtstags in Brasilien. Sehnsucht nach einem »geistig-seelischen<br />

Zuhause in einer kriegerischen Epoche«<br />

(Focus). Schließlich Abschiedsbrief und Selbstmord. Ein<br />

Kaleidoskop von Triumph und Verfall, Melancholie und<br />

Entwurzelung, versuchtem Neubeginn und schlussendlicher<br />

Verzweiflungstat. Kein Biopic im herkömmlichen<br />

Sinne, sondern ein feinsinniges Puzzle, das den Seelen-<br />

Deutsche Filme 2016<br />

5


Deutsche Filme 2016<br />

6<br />

zustand des Helden zu eindringlichen Bildmotiven verdichtet.<br />

(Ralf Schenk)<br />

Samstag, 4. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr Dienstag,<br />

7. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Landstück | Deutschland 2016 | R: Volker Koepp | B:<br />

Barbara Frankenstein, Volker Koepp | K: Lotta Kilian |<br />

M: Ulrike Haage | 122 min | OmeU | Die Uckermark ist<br />

eine dünn besiedelte, wald- und wasserreiche Gegend<br />

nordöstlich von Berlin, ein Refugium für gestresste<br />

Stadtmenschen. Auch der Dokumentarist Volker Koepp<br />

hat hier eine Heimat gefunden und lässt in seinem Film<br />

die Veränderungen der letzten zwanzig Jahre Revue<br />

passieren: die Zerstörungswut der Moderne mit ihren<br />

Tiermastanlagen, Biogasanlagen, Windparks und<br />

staatlich geförderten Golfplätzen. Zugleich sucht Koepp<br />

nach Zeitgenossen, die sich mit Vernunft und Sachverstand<br />

bemühen, ein Stück Kulturlandschaft zu retten:<br />

Alteingesessene und Zugezogene, Umweltschützer und<br />

ökologische Landbauern. Ein polemischer Dokumentarfilm,<br />

gerichtet gegen Profitgier und den ihr innewohnenden<br />

Vertreibungs- und Vernichtungswahn. Kino, das<br />

trotz schöner Landschaftsmotive keine falsche Harmonie<br />

beschwört. (Ralf Schenk)<br />

Sonntag, 5. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Die Hände meiner Mutter | Deutschland 2016 |<br />

R+B: Florian Eichinger | K: Timo Schwarz | M: André<br />

Feldhaus | D: Andreas Döhler, Jessica Schwarz, Katrin<br />

Pollitt, Heiko Pinkowski, Katharina Behrens | 106 min<br />

| OmeU | Nach BERGFEST (2008) und NORDSTRAND<br />

(2013) der dritte Teil einer Trilogie über Gewalt in der<br />

Familie, die psychologischen Untiefen einer scheinbar<br />

fest gefügten privaten Gemeinschaft. Das Thema:<br />

sexueller Missbrauch von Eltern an ihren Kindern,<br />

hier die Übergriffe einer Mutter auf ihren Sohn. Das<br />

Schweigen der Beteiligten über Jahrzehnte, die im Unterbewusstsein<br />

wütenden Traumata, die Folgen für das<br />

Verhalten der Opfer gegenüber ihren eigenen Familien,<br />

das Weiterwirken des schrecklichen Geschehens bis<br />

in die Gegenwart. Ein Film als Symphonie der Blicke,<br />

mit sparsamen Dialogen und klugen, ungewöhnlichen<br />

inszenatorischen Entscheidungen: Zum Beispiel spielt<br />

der Darsteller, der den erwachsenen, einst missbrauchten<br />

Sohn verkörpert, auch sich selbst als Kind. Dichtes,<br />

reifes Kino. (Ralf Schenk)<br />

Freitag, 10. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

24 Wochen | Deutschland 2016 | R: Anna Zohra Berrached<br />

| B: Carl Gerber, Anna Zohra Berrached | K:<br />

Friede Clausz | M: Jasmin Reuter | D: <strong>Juli</strong>a Jentsch,<br />

Bjarne Mädel, Johanna Gastdorf, Emilia Pieske, Maria-Victoria<br />

Dragus | 103 min | OmeU | Der zweite<br />

Spielfilm der jungen Erfurter Regisseurin Anna Zohra<br />

Berrached. Wie schon ihr Debüt ZWEI MÜTTER (2013)<br />

ein ebenso spannender wie emotionaler Diskurs über<br />

weibliche Lebensentwürfe – und wie das Schicksal in<br />

biografische Planungen eingreift. Hauptfigur ist die Kabarettistin<br />

Astrid, erfolgreich auf Bühne und Bildschirm.<br />

Ihr zweites Kind ist unterwegs, doch es wird mit dem<br />

Down-Syndrom zur Welt kommen, und dazu noch mit<br />

einem schweren Herzfehler. Astrid und ihr Mann müssen<br />

sich entscheiden, ob das Kind geboren werden soll.<br />

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle beginnt. Fiktion und<br />

Realität verschmelzen zu einer intensiven existentiellen<br />

Studie. Neben Schauspielern treten auch Ärzte und<br />

Psychologen auf, die zur Authentizität des Films beitragen.<br />

(Ralf Schenk)<br />

Samstag, 11. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr Dienstag,<br />

14. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr


Wild | Deutschland 2016 | R+B: Nicolette Krebitz | K:<br />

Reinhold Vorschneider | D: Lilith Stangenberg, Georg<br />

Friedrich, Silke Bodenbender, Saskia Rosendahl, Pit<br />

Bukowski | 93 min | Das Leben plätschert so dahin für<br />

die Computerfachfrau Ania (brillant: Lilith Stangenberg),<br />

die ihrem autoritären Chef ständig Kaffee kochen muss.<br />

Alles ändert sich, als sie zufällig am Park einem Wolf<br />

direkt in die Augen schaut. Beginn einer Beziehung<br />

zwischen Mensch und Tier, wie sie das deutsche Kino<br />

noch nicht gewagt hat. Irgendwann gelingt es ihr, den<br />

Wolf mit Fleisch zu locken und betäubt in die Plattenbauwohnung<br />

zu bringen, wo sie sich ihm langsam annähert<br />

und angleicht, ihre bisherige Existenz wie eine<br />

alte Haut abstreift. Ohne psychologische Explikationen<br />

führt Schauspielerin und Regisseurin Nicolette Krebitz<br />

in diesem verstörenden Fantasy-Märchen in die Welt<br />

weiblichen Begehrens und setzt sich über Konventionen<br />

und Tabus hinweg. Das Glück der Heldin liegt in<br />

einer ungewöhnlichen Befreiung von Zwang und Zivilisation.<br />

(Margret Köhler)<br />

Freitag, <strong>17</strong>. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr Dienstag, 21.<br />

März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Tschick | Deutschland 2016 | R: Fatih Akin | B: Lars<br />

Hubrich, Hark Bohm, Fatik Akin, nach dem Roman von<br />

Wolfgang Herrndorf | K: Rainer Klausmann | M: Vince<br />

Pope | D: Tristan Göbel, Anand Batbileg, Mercedes<br />

Müller, Anja Schneider, Uwe Bohm, Udo Samel, Claudia<br />

Geisler | 93 min | OmeU | Zu Beginn der Sommerferien<br />

klaut Tschick, wie der junge Russe bei seinen<br />

Klassenkameraden heißt, einen Lada und überredet<br />

seinen Kumpel Maik, heimlich mit ihm los zu düsen,<br />

Liebeskummer und Familienärger hinter sich zu lassen.<br />

Ein paar Tage Freiheit und Abenteuer genießt das<br />

gegensätzliche Duo, der eine schüchtern, der andere<br />

draufgängerisch, in der Weite Brandenburgs. Eine<br />

Reise ins Nirgendwo, klare Sternennächte und dicke<br />

Freundschaft. Fatih Akin inszeniert nach Wolfgang<br />

Herrndorfs Bestseller ein spannendes und entspanntes<br />

Road-Movie ohne pädagogischen Impetus und ohne<br />

große Worte in atmosphärisch dichter Atmosphäre. Die<br />

beiden Hauptdarsteller Tristan Göbel und Anand Batbileg<br />

beeindrucken in ihrer Natürlichkeit. Coming of Age<br />

auf die lässige Tour. (Margret Köhler)<br />

Samstag, 18. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Austerlitz | Deutschland 2016 | R+B: Sergei Loznitsa<br />

| K: Sergei Loznitsa, Jesse Mazuch | 94 min | »Arbeit<br />

macht frei« – diese zynische Parole stand am Eingang<br />

der Konzentrationslager des NS-Regimes. Und sie steht<br />

dort noch immer, am Eingang zu Gedenkstätten, in die<br />

heute Menschen gehen, um sich einen Eindruck von<br />

den Geschehnissen von damals zu verschaffen. Sergej<br />

Loznitsa hat diesen Geschichtstourismus auf eine für<br />

ihn typische Weise dokumentiert: mit einer Kamera,<br />

die nach Möglichkeit so tut, als wäre sie unsichtbar,<br />

und mit einem Mikrophon, das höchst empfindlich Töne<br />

registriert, die dann in der Mischung zu einem präzise<br />

akzentuierten Soundtrack werden. AUSTERLITZ handelt<br />

von den Bedingungen der Freiheit: Die Menschen, die<br />

im Tourismuslook die ehemaligen Lager besichtigen,<br />

treffen auf eine Negation, eine Abwesenheit. Wie lassen<br />

sie sich davon betreffen? (Bert Rebhandl)<br />

Sonntag, 19. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Deutsche Filme 2016<br />

7


Retrospektive Andrzej Wajda<br />

Andrzej Wajda<br />

8<br />

Andrzej Wajda und Krystyna Janda bei den Dreharbeiten zu DYRYGENT – DER DIRIGENT<br />

Als Martin Scorsese 2014 in den USA und in England<br />

das auf seine Initiative hin zustande gekommene Filmprogramm<br />

»Masterpieces of Polish Cinema« präsentierte,<br />

befanden sich unter den 24 Filmen der Jahre<br />

1957 bis 1978 allein vier Filme von Andrzej Wajda.<br />

Scorsese verwies auf den starken Eindruck, den die<br />

von ihm ausgesuchten Filme während seines Filmstudiums<br />

an der New York University in den 1960er Jahren<br />

hinterlassen hatten und hob Wajdas ASCHE UND<br />

DIAMANT besonders hervor: »When I first saw ASHES<br />

AND DIAMONDS, one of the many highlights in this<br />

series and arguably one of the greatest films ever made<br />

– Polish or otherwise – I was overwhelmed by the film:<br />

the masterful direction, the powerful story, the striking<br />

visual imagery, and the shocking performance by<br />

Zbigniew Cybulski, considered the Polish James Dean,<br />

for his electrifying presence. I was so struck by the film,<br />

it affected me so deeply, that I paid small homage by<br />

giving Charlie (Harvey Keitel) a pair of similar sunglasses<br />

in MEAN STREETS.«<br />

Es fällt auf, dass Scorsese die politische Dimension<br />

des Films nicht anspricht. Dabei hat sich Wajda<br />

immer als politscher Filmkünstler verstanden, dessen<br />

künstlerisches Selbstverständnis nicht von seinem<br />

Selbstverständnis als polnischer Patriot zu trennen ist.<br />

In unmissverständlichen Worten hat er das 2002 in der<br />

Dankesrede bei der Verleihung des Oscar für sein Lebenswerk<br />

zum Ausdruck gebracht: »Ich werde meine<br />

Rede auf Polnisch halten, da ich das sagen möchte,<br />

was ich denke, und ich denke immer auf Polnisch.<br />

Die Themen unserer Filme waren die Brutalität des<br />

Faschismus und das Unglück, welches der Kommunismus<br />

mit sich brachte ...« In Filmen wie EINE GENERA-<br />

TION, DER KANAL, ASCHE UND DIAMANT, LOTNA oder<br />

LANDSCHAFT NACH DER SCHLACHT spürt man die<br />

autobiografischen Erfahrungen des 1926 geborenen<br />

Wajda, der den deutschen Überfall auf Polen und die<br />

Jahre der Besatzung ebenso bewusst miterlebt hatte<br />

wie die »stalinistische Lähmung« der Nachkriegsjahre,<br />

die er in DER MANN AUS MARMOR zum ersten Mal<br />

ohne allegorische Verschlüsselungen ansprechen und<br />

im Solidarność-Film DER MANN AUS EISEN vertiefen<br />

konnte. Allem liegt ein Gefühl der Trauer über das historische<br />

Unglück der polnischen Geschichte zugrunde,


als Nation über Jahrhunderte hinweg, bis auf eine kurze<br />

Phase zwischen den Weltkriegen, nicht in einem eigenen<br />

Staat leben zu können: Immer war man fremden<br />

Mächten ausgeliefert, erst Preußen, Österreich und<br />

Russland, später dann dem nationalsozialistischen<br />

Deutschland und der Sowjetunion.<br />

Die Nachrufe zu Wajdas Tod im Oktober 2016 würdigten<br />

ihn als einen der »Großen des Weltkinos«, als<br />

»Regielegende« und »iconic film director« – um nur einige<br />

Überschriften der Nachrufe zu zitieren. Er gilt als einer<br />

der bekanntesten Künstler seines Landes überhaupt,<br />

als nationaler Chronist. Volker Schlöndorff schrieb in<br />

seinem sehr persönlichen Nachruf in der Süddeutschen<br />

Zeitung: »Arbeiter, Adelige, Offiziere, Revolutionäre und<br />

immer wieder starke Frauen aus allen Klassen decken<br />

das ganze Spektrum der polnischen Gesellschaft und<br />

Geschichte ab. Aus der Summe seiner Filme ergibt sich<br />

das vielleicht vollständigste, jedenfalls menschlichste<br />

Bild, das man sich von Polen machen kann.« Für den<br />

Film über DAS MASSAKER VON KATYN, der 2007 als<br />

herausgehobenes Ereignis nationaler Gedenkkultur<br />

eine prominente Rolle in der polnischen Öffentlichkeit<br />

spielte, kam kein anderer polnischer Regisseur als<br />

Wajda in Frage.<br />

Wajda betonte stets: »Polnische Kinematografie als<br />

die Kunst des Kinos wird in polnischer Sprache verfasst<br />

und spiegelt eine Wirklichkeit, die nur in dieser Sprache<br />

gezeigt werden kann. Das bedeutet, dass wir viele<br />

Filme auf Polnisch über polnische Themen brauchen.«<br />

Wajda verteidigte die Unabhängigkeit der Kunst und<br />

hielt an seinen Prinzipien fest. Dabei machte er sich<br />

durchaus angreifbar als streitbarer Demokrat, so zum<br />

Beispiel mit seiner durchaus nicht unumstrittenen Verehrung<br />

des Solidarność-Führers und späteren Staatspräsidenten<br />

Lech Wałęsa, dem er 2013 mit MANN AUS<br />

HOFFNUNG ein filmisches Denkmal setzte. Wajdas<br />

letzter Film NACHBILDER erzählt die erschütternde<br />

Lebensgeschichte des konstruktivistischen Künstlers<br />

Władysław Strzemiński, der an seiner Kompromisslosigkeit<br />

und seinem Andersdenken zugrunde ging.<br />

»Ich muss diese Realität zeigen, diese tragischen Ereignisse<br />

– einfach zum Gedenken, und um sagen zu<br />

können: So war es, passt auf, so war es. NACHBILDER<br />

machte ich eigentlich als Film über die Vergangenheit.<br />

Sollte er heute aktuell wirken, wäre das ein großer<br />

Schlag gegenüber unseren Hoffnungen.«<br />

Als Volker Schlöndorff 1958 in Paris ASCHE UND<br />

DIAMANT zum ersten Mal sah, war er tief beeindruckt:<br />

»Als junger Deutscher und Möchtegern-Regisseur war<br />

ich zerschmettert. So etwas würden wir nie schaffen.<br />

Wir standen einfach auf der falschen Seite der<br />

Geschichte. Wir würden nie so wahr sprechen können.<br />

So leise und doch mit solcher Wucht.« Wie in<br />

einem Brennglas spiegeln sich in ASCHE UND DIAMANT<br />

Wajdas stilistische und thematische Obsessionen, die<br />

sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes filmisches<br />

Werk ziehen: Hier wird zum ersten Mal seine Vorliebe<br />

für bildstarke Symbole deutlich, wie der mehrmals<br />

gespensterhaft auftauchende Schimmel, dem Wajda<br />

dann mit LOTNA einen ganzen Film gewidmet hat. Oder<br />

die berühmte Trinkszene an der Theke einer Hotelbar<br />

mit brennenden Wodkagläsern, die wie Grablichter wirken,<br />

die der Toten des Warschauer Aufstands gedenken.<br />

Oder die Polonaise im Morgengrauen mit den sich<br />

in zeitlupenartiger Trance bewegenden Tänzern: Gespenster<br />

einer neuen Zeit, die nichts Gutes verheißt. In<br />

DIE HOCHZEIT, einem der rätselhaftesten Filme Wajdas,<br />

begegnen wir der Polonaise wieder: Diesmal entstammen<br />

die Gespenster einer polnischen Vergangenheit,<br />

die damals, 1973, keine Zukunft zu haben schien. Ganz<br />

Andrzej Wajda<br />

9<br />

KATYN – DAS MASSAKER VON KATYN


Andrzej Wajda<br />

10<br />

POKOLENIE – EINE GENERATION<br />

anders, viel optimistischer geht es dann 1999 in der<br />

opulenten Verfilmung des polnischen Nationalepos PAN<br />

TADEUSZ zu, wenn zum Schluss alles in eine glanzvolle<br />

Polonaise des polnisch-litauischen Landadels mündet.<br />

Die meisten Filme Wajdas zeichnet etwas Ruheloses,<br />

Rastloses aus, ihre Protagonisten sind oft Getriebene,<br />

so wie die Filmhochschulstudentin Agnieszka im<br />

MANN AUS MARMOR, der Krystyna Janda eine unvergessliche<br />

Präsenz verleiht, oder der Textilunternehmer<br />

Karol in DAS GELOBTE LAND, verkörpert von Wajdas<br />

langjährigem Hauptdarsteller Daniel Olbrychski, der<br />

in ALLES ZU VERKAUFEN noch einmal die Erinnerung<br />

an den charismatischen Zbigniew Cybulski aus ASCHE<br />

UND DIAMANT beschwört. Es gibt in Wajdas Werk aber<br />

auch Momente der Ruhe, der Ungezwungenheit jenseits<br />

der bedrängenden nationalen Schicksalsfragen wie in<br />

DIE UNSCHULDIGEN ZAUBERER und in DIE MÄDCHEN<br />

VON WILKO, einem Meisterwerk lyrisch gestimmter<br />

Melancholie. Und auch Komödiantisches wie DIE<br />

RACHE, die Verfilmung eines in Polen viel gespielten<br />

Theaterschwanks im Adelsmilieu von PAN TADEUSZ.<br />

Die Hauptrolle des Hofnarren spielt, mit sichtlichem<br />

Vergnügen, Roman Polański, der 1955 seine erste<br />

kleine Rolle in Wajdas erstem Film EINE GENERATION<br />

erhielt.<br />

Ernst Schreckenberg<br />

In Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Republik Polen in<br />

München, Cyfrowe Repozytorium Filmowe in Warschau, der Film o -<br />

t eka Narodowa in Warschau und der Szkoła Filmowa in Łódź.<br />

Zły chłopiec (Der böse Knabe) | Polen 1951 | R+B:<br />

Andrzej Wajda, nach der Novelle von Anton Čechov | K:<br />

Zdzisław Parylak | D: Jan Łomnicki | 6 min | OF – Ceramika<br />

iłżecka (Die Keramik aus Ilza) | Polen 1951 |<br />

R+B: Andrzej Wajda | K: Jerzy Lipman | 10 min | OmeU<br />

– Kiedy ty śpisz (Während du schläfst) | Polen 1953<br />

| R: Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Konrad Nałęcki,<br />

Jerzy Lipman, nach Gedichten von Tadeusz Kubiak | K:<br />

Jerzy Lipman | 11 min | OF – Erste Filmversuche an der<br />

Filmhochschule in Łódź. – Pokolenie (Eine Generation)<br />

| Polen 1955 | R: Andrzej Wajda | B: Bohdan Czeszko,<br />

nach seinem Roman | K: Jerzy Lipman | M: Andrzej<br />

Markowski | D: Tadeusz Łomnicki, Urszula Modrzyńska,<br />

Tadeusz Janczar, Roman Polański, Zbigniew Cybulski<br />

| 91 min | OmeU | Warschau 1942. Junge Leute im<br />

Widerstand gegen die deutschen Besatzer. »Wir wollten<br />

einen Film machen, der unsere Sprache spricht«<br />

(Wajda), die Sprache einer lost generation.<br />

Freitag, 24. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Idę do słońca (Ich gehe zur Sonne) | Polen 1955 |<br />

R+B: Andrzej Wajda | K: Stefan Matyjaszkiewicz | M:<br />

Andrzej Markowski | Mit Xawery Dunikowski | 13 min<br />

| OmeU – Porträt des 80-jährigen Bildhauers Xawery<br />

Dunikowski. – Kanał (Der Kanal) | Polen 1957 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Jerzy Stefan Stawiński, nach seiner<br />

Erzählung | K: Jerzy Lipman | M: Jan Krenz | D: Tadeusz<br />

Janczar, Teresa Iżewska, Wieńczysław Gliński, Tadeusz<br />

Gwiazdowski, Stanisław Mikulski | 91 min | OmeU<br />

| Herbst 1944. Die SS hat den Warschauer Aufstand<br />

niedergeschlagen. Eine kleine Widerstandsgruppe versucht<br />

sich von einem Vorort ins Zentrum durchzuschlagen.<br />

Einziger Fluchtweg ist das Kanalisationssystem. Es<br />

geht nur noch ums Überleben, Heldentum oder Pathos<br />

sind nicht mehr gefragt. Im verordneten Geschichtsbild<br />

der stalinistischen Ära war bis dahin für den »bürgerlichen«<br />

Aufstand kein Platz. In Cannes machte Wajdas<br />

Film Furore.<br />

Samstag, 25. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Popiół i diament (Asche und Diamant) | Polen 1958<br />

| R: Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Jerzy Andrzejewski,<br />

nach dem Roman von Jerzy Andrzejewski | K: Jerzy<br />

Wójcik | M: Filip Nowak | D: Zbigniew Cybulski, Ewa<br />

Krzyżewska, Wacław Zastrzeżyński, Adam Pawlikowski,<br />

Bogumił Kobiela | 97 min | OmeU | Es ist der 8. Mai<br />

1945. Der Krieg ist zu Ende, aber der Kampf um die<br />

Macht im Nachkriegspolen zwischen Kommunisten und<br />

Bürgerlichen hat schon begonnen. Der junge Maciek<br />

soll auftragsgemäß einen kommunistischen Funktionär<br />

liquidieren, doch ihm kommen Bedenken. Maciek ist<br />

der eindringlichste aller zerrissenen Helden im Werk<br />

von Wajda, vor allem dank der charismatischen schauspielerischen<br />

Performance von Zbigniew Cybulski, dem<br />

»polnischen James Dean«. Die visuelle Stilisierung und<br />

symbolische Aufladung verleiht dem Film auch heute<br />

noch eine ungebrochene Faszination.<br />

Sonntag, 26. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr


Andrzej Wajda<br />

11<br />

POPIÓŁ I DIAMENT – ASCHE UND DIAMANT<br />

Wajda – Une leçon de cinéma (Großes Kino aus<br />

Polen) | Frankreich 2016 | R+B: Andrzej Wolski | Mit<br />

Andrzej Wajda | 95 min | dtF | Kurz vor seinem 90.<br />

Geburtstag am 6. März 2016 – und einige Monate vor<br />

seinem Tod am 9. Oktober – sitzt Wajda in einem Studio<br />

vor einem Laptop. Zusammen mit dem Regisseur<br />

Andrzej Wolski hat er zehn Ausschnitte aus seinen Filmen<br />

ausgesucht, die auf die Wand hinter ihm projiziert<br />

werden. Er kommentiert die Ausschnitte, mal analytisch,<br />

mal anekdotisch. Es geht um die Art der Inszenierung<br />

und den historischen und politischen Kontext.<br />

Immer wieder kommt Wajda auf seine Kämpfe mit den<br />

Zensoren zu sprechen, dabei blitzt oft Schalk auf. Zum<br />

Schluss bleibt als Standfoto die berühmte Einstellung<br />

von der mit dem Kopf nach unten gehängten Christus-Figur<br />

am Kreuz aus ASCHE UND DIAMANT stehen.<br />

Freitag, 3. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Zu Gast: Andrzej<br />

Wolski<br />

Lotna | Polen 1959 | R: Andrzej Wajda | B: Andrzej<br />

Wajda, Wojciech Żukrowski, nach der Erzählung von<br />

Wojciech Żukrowski | K: Jerzy Lipman | M: Tadeusz<br />

Baird | D: Jerzy Pichelski, Adam Pawlikowski, Jerzy<br />

Moes, Mieczysław Łoza, Bożena Kurowska | 85 min |<br />

OmeU | Polen im September 1939. Ein Trupp polnischer<br />

Kavallerie reitet gegen anrollende deutsche Panzer. Ein<br />

fast surreales Bild, das die Stimmung eines Films setzt,<br />

der die Geschichte der Schimmelstute Lotna und ihrer<br />

wechselnden Besitzer als Abgesang auf eine untergegangene<br />

Welt erzählt, die Wajda als Sohn eines Kavallerieoffiziers<br />

noch in seiner Kindheit kennengelernt<br />

hat. Dieser »letzte Fiebertraum des polnischen Ulanen«<br />

(Dominik Graf) ist ein Film von morbider Faszination<br />

und wirkt wie aus der Zeit gefallen. Es ist Wajdas erster<br />

Farbfilm, von seinem langjährigen Kameramann Jerzy<br />

Lipman auf Agfacolor gedreht.<br />

Samstag, 4. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Niewinni czarodzieje (Die unschuldigen Zauberer) |<br />

Polen 1960 | R: Andrzej Wajda | B: Jerzy Andrzejewski,<br />

Jerzy Skolimowski | K: Krzystof Winiewicz | M: Krzysztof<br />

Komeda | D: Tadeusz Łomnicki, Krystyna Stypułkowska,<br />

Zbigniew Cybulski, Roman Polański, Jerzy Skolimowski<br />

| 83 min | OmeU | Wajdas erster Gegenwartsfilm bringt<br />

einen neuen Ton ins polnische Kino. Es passiert nichts<br />

Spektakuläres: Arzt und Jazzfan trifft eigenwillige Studentin.<br />

Politik ist außen vor, dafür schwingt der Film im<br />

Rhythmus des Soundtracks von Jazzmusiker Komeda. –


Andrzej Wajda<br />

12<br />

Przekładaniec (Organitäten) | Polen 1968 | R: Andrzej<br />

Wajda | B: Stanisław Lem | K: Wiesław Zdort | M: Andrzej<br />

Markowski | D: Bogumił Kobiela, Ryszard Filipski, Anna<br />

Prucnal | 35 min | OmeU | Science-Fiction-Satire: Organtransplationen<br />

retten einem verunglückten Rennfahrer<br />

das Leben, verändern aber seine Identität.<br />

Sonntag, 5. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Samson | Polen 1961 | R: Andrzej Wajda | B: Andrzej<br />

Wajda, Kazimierz Brandys, nach dem Roman von Kazimierz<br />

Brandys | K: Jerzy Wójcik | M: Tadeusz Baird |<br />

D: Serge Merlin, Alina Janowska, Jan Ciecierski, Elżbieta<br />

Kępińska, Beata Tyszkiewicz | 1<strong>17</strong> min | OmeU |<br />

Jakub Gold bekommt es schon an der Universität von<br />

Krakau mit massivem Antisemitismus zu tun. Nach dem<br />

deutschen Einmarsch in Polen verschlägt es ihn ins<br />

Warschauer Ghetto und in wechselnde Verstecke in der<br />

Metropole, immer auf tätige Solidarität seiner polnischen<br />

Mitbürger angewiesen, von denen einige ihn auch verraten.<br />

Der Film schildert eine mit biblischen Anspielungen<br />

durchsetzte Odyssee. In den Zeiten des Kommunismus<br />

wagt sich Wajda an die Thematik des zwiespältigen<br />

Verhältnisses der Polen gegenüber ihren jüdischen Mitbürgern<br />

während des deutschen Vernichtungsfeldzugs.<br />

Freitag, 10. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Sibirska ledi Magbet (Blut der Leidenschaft) | Jugoslawien<br />

1962 | R: Andrzej Wajda | B: Sveta Lukić,<br />

nach der Novelle »Lady Macbeth von Mzensk« von Nikolaj<br />

Leskov | K: Aleksandar Sekulović, Miomir Denić<br />

| M: Dušan Radić | D: Olivera Marković, Ljuba Tadić,<br />

Miodrag Lazarević, Bojan Stupica, Kapitalina Erić | 93<br />

min | OmeU | Lady Macbeth als russische Gutsherrin,<br />

die wegen einer Affäre mit ihrem Knecht zur Mörderin<br />

wird und während ihrer Deportation nach Sibirien<br />

ums Leben kommt. »Was dem Film Faszination verleiht<br />

und worin sich vor allem sein Thema artikuliert, das ist<br />

die optische Gewalt seiner Bilder. Wajda offenbart sich<br />

hier als ein Bildschöpfer, der mit der Kamera und dem<br />

CinemaScope-Format raffiniert zu komponieren weiß.<br />

Die furiose Bildsprache gibt dem Film ein opernhaftes<br />

Pathos.« (Ulrich Gregor)<br />

Freitag, <strong>17</strong>. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

L’amour à 20 ans (Liebe mit 20) | Frankreich 1962<br />

| R: François Truffaut, Renzo Rossellini, Shintarô Ishihara,<br />

Marcel Ophüls, Andrzej Wajda | B: François Truffaut,<br />

Renzo Rossellini, Shintarô Ishihara, Marcel Ophüls,<br />

Jerzy Stefan Stawiński | K: Raoul Coutard, Mario Montuori,<br />

Shigeo Murata, Wolf Wirth, Jerzy Lipman | M:<br />

Georges Delerue, Tôru Takemitsu, Jerzy Matuszkiewicz<br />

| D: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, Geronimo<br />

Maynier, Eleonora Rossi Drago, Nami Tamura, Kôji<br />

Furuhata, Barbara Frey, Christian Doermer, Zbigniew<br />

Cybulski, Barbara Kwiatkowska-Lass | 126 min | OmU |<br />

Fünf Episoden, die in Paris, Rom, Tokyo, München und<br />

Warschau spielen. Wajda zeigt in seinem Beitrag einen<br />

gealterten Zbigniew Cybulski, der sich auf einer Party<br />

mit jüngeren Leuten ziemlich verloren vorkommt.<br />

Samstag, 11. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Popioły (Legionäre) | Polen 1965 | R: Andrzej Wajda<br />

| B: Aleksander Ścibor-Rylski, nach dem Roman von<br />

Stefan Żeromski | K: Jerzy Lipman | M: Andrzej Markowski<br />

| D: Daniel Olbrychski, Bogusław Kierc, Piotr<br />

Wysocki, Beata Tyszkiewicz, Władysław Hańcz | 226<br />

min | OmeU | Ein großes historisches Fresko als aufwändiges,<br />

fast dreistündiges Filmepos in CinemaScope<br />

voller Schlachtenszenen über die Schicksale dreier polnischer<br />

Adliger, die als Legionäre an der Seite Napo-<br />

POPIOŁY – LEGIONÄRE


leons um die polnische Unabhängigkeit kämpfen. Einer<br />

von ihnen kämpft dafür sogar auf spanischem Boden.<br />

Am Ende steht die Vergeblichkeit ihres Tuns, die sich<br />

in der eindrucks vollen Schluss-Szene des Films in der<br />

russischen Schneewüste manifestiert. Es war der Beginn<br />

einer lang andauernden Zusammenarbeit mit dem<br />

Schauspieler Daniel Olbrychski.<br />

Sonntag, 12. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Gates to Paradise (Die Pforten des Paradieses) | GB<br />

1968 | R: Andrzej Wajda | B: Donald Kravanth, Jerzy<br />

Andrzejewski, nach dem Roman von Jerzy Andrzejewski<br />

| K: Mieczyslaw Jahoda | M: Ward Swingle | D:<br />

John Fordyce, Lionel Stander, Mathieu Carrière, Pauline<br />

Challoner, Ferdy Mayne | 79 min | dtF | Wajdas erster<br />

in englischer Sprache gedrehter Film erzählt die Geschichte<br />

eines mittelalterlichen Kinderkreuzzugs nach<br />

Palästina. Ein Mönch, der die Kinder begleitet, versucht<br />

vergeblich, den Zug aufzuhalten, als er die wahren<br />

Motive der Teilnehmer erkennt. Mit opulenten Bildern<br />

beschwört Wajda eine düstere und unheilvolle Atmosphäre<br />

herauf und wendet sich gegen Fanatismus und<br />

blinden Glauben an falsche Ideale, dem die Stimme der<br />

Vernunft nicht beikommen kann. Nachdem der Film bei<br />

der Berlinale 1968 von der Kritik verrissen wurde, kam<br />

er nie in die Kinos.<br />

Samstag, 18. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Wszystko na sprzedaż (Alles zu verkaufen) | Polen<br />

1968 | R+B: Andrzej Wajda | K: Witold Sobociński |<br />

M: Andrzej Korzyński | D: Andrzej Łapicki, Daniel Olbrychski,<br />

Witold Holtz, Małgorzata Potocka, Elżbieta<br />

Kępiński | 105 min | OmeU | Als Wajda wieder einen<br />

Film mit Zbigniew Cybulski machen will, kommt der kurz<br />

vor Drehbeginn unter die Räder eines Zuges. Stattdessen<br />

macht Wajda nun einen Film über die Suche nach<br />

einem verschwundenen Hauptdarsteller, der dann zum<br />

Schluss gefunden wird: Es ist Daniel Olbrychski. ALLES<br />

ZU VERKAUFEN ist ein Film über einen Regisseur in der<br />

Krise, durchaus vergleichbar mit Fellinis 8½. Ein souveränes<br />

Spiel mit Spiegelungen und Verschränkungen:<br />

Das Leben spielt in den Film hinein, der Film in das<br />

Leben aller am Dreh Beteiligten. Ein sehr persönlicher<br />

Film Wajdas. Der Darsteller des Regisseurs, Andrzej<br />

Lapicki, sieht Wajda verblüffend ähnlich.<br />

Freitag, 24. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Polowanie na muchy (Fliegenjagd) | Polen 1969 |<br />

R: Andrzej Wajda | B: Janusz Glowacki, nach seiner<br />

Erzählung | K: Zygmunt Samosiuk | M: Andrzej Korzyński<br />

| D: Zygmunt Malanowicz, Małgorzata Braunek,<br />

Hanna Skarżanka, Ewa Skarżanka, Daniel Olbrychski<br />

| 108 min | OmeU | Eine Satire auf den Warschauer<br />

Kultur- und Literaturbetrieb. Die grotesk anmutende<br />

Geschichte eines Mannes, der permanent bevormundet<br />

wird, von seiner Frau, seiner Schwiegermutter, seiner<br />

kurzzeitigen Geliebten. Alle wollen sie aus ihm ein<br />

schriftstellerisches Genie machen, um die Privilegien<br />

des Schriftstellerverbandes genießen zu können. »Małgorzata<br />

Braunek war perfekt in ihrer Rolle. Ihr breites<br />

Grinsen und die erschreckenden Augen, die sich hinter<br />

überdimensionalen Brillengläsern weiteten, verliehen<br />

ihr das Aussehen einer fleischfressenden Fliegenjägerin,<br />

so wie es Glowackis Script vorsah.« (Wajda)<br />

Samstag, 25. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Krajobraz po bitwie (Landschaft nach der Schlacht)<br />

| Polen 1970 | R: Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda,<br />

Andrzej Brzozowski, nach Erzählungen von Tadeusz Borowski<br />

| K: Zygmunt Samosiuk | M: Zygmunt Konieczny<br />

| D: Daniel Olbrychski, Stanisława Celińska, Jerzy Zelnik,<br />

Stefan Friedmann, Małgorzata Braunek | 108 min<br />

| OmeU | 1945 von den Amerikanern aus einem deutschen<br />

Konzentrationslager befreite Polen finden sich<br />

in einem neuen Lager, einem Flüchtlingslager, wieder.<br />

Dort klammern sich die meisten an das, was sie für ihre<br />

vaterländische Pflicht halten: Tägliche Gebete, sinnlose<br />

Militärparaden und feierliche patriotische Spektakel.<br />

Nur ein Schriftsteller verweigert sich dem fast zwanghaften<br />

kollektiven Mitmachen und wird damit zum Außenseiter.<br />

Wajda wurde damals vorgeworfen, er karikiere<br />

hier auf Kosten von traumatisierten Lagerinsassen<br />

einen für ihn überholten Begriff von Polentum.<br />

Sonntag, 26. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Brzeżina (Das Birkenwäldchen) | Polen 1970 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Jarosław Iwaszkiewicz, nach seiner<br />

Erzählung | K: Zygmunt Samosiuk | M: Andrzej Korzyński<br />

| D: Daniel Olbrychski, Emilia Krakowska, Olgierd Łukaszewicz,<br />

Marek Perepeczko, Jan Domański | 99 min | OmeU<br />

| Eine neue Seite bei Wajda: Ein Kammerspiel in freier<br />

Natur, dem titelgebenden Birkenwäldchen. Im Mittelpunkt<br />

zwei ungleiche Brüder (einer von ihnen Olbrychski)<br />

– der eine um den Tod seiner Frau trauernd, der andere<br />

todkrank, aber das Leben noch auskostend. Zwischen<br />

ihnen eine junge Frau, die Verkörperung des blühenden<br />

Lebens. Ein elegischer, schwermütiger Film, mit dem<br />

Birkenwald als emotionalem Resonanzboden. »Noch<br />

weniger als sonst bei Wajda ist in diesem Film die Thematik<br />

ablösbar von ihrer filmischen Erscheinungsform,<br />

ihrer Artikulation in Farben und Bildern.« (Ulrich Gregor)<br />

Freitag, 7. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Andrzej Wajda<br />

13


Andrzej Wajda<br />

14<br />

Pilatus und andere | BRD 1972 | R+B: Andrzej Wajda,<br />

nach Motiven des Romans »Der Meister und Margerita«<br />

von Michail Bulgakov | K: Igor Luther | D: Jan Kreczmar,<br />

Wojciech Pszoniak, Daniel Olbrychski, Andrzej Łapicki,<br />

Marek Perepeczko | 94 min | »Ein Film für Karfreitag«<br />

heißt es im Untertitel dieses Fernsehfilms, den Wajda<br />

in der Bundesrepublik für das ZDF drehte. Diese Neuerzählung<br />

der Passionsgeschichte im zeitgenössischen<br />

Setting, in der das Verhör von Jesus auf das Reichsparteitagsgelände<br />

in Nürnberg und die Kreuzigung<br />

auf Golgatha auf einen Schuttberg am Wiesbadener<br />

Autobahnkreuz verlegt wird, ist eine ziemlich wüste<br />

und drastische Collage. »Mich hat eine Bewegung, ein<br />

Trend unter westlichen Jugendlichen sehr interessiert:<br />

dass sie angefangen haben, sich wie Jesus zu kleiden,<br />

Zeichen des Christentums zu tragen und überall das<br />

Kreuz zu zeigen.« (Wajda)<br />

Freitag, 14. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Wesele (Die Hochzeit) | Polen 1973 | R: Andrzej<br />

Wajda | B: Andrzej Kijowski, nach dem Stück von Stanisław<br />

Wyspiański | K: Witold Sobociński | M: Stanisław<br />

Radwan | D: Daniel Olbrychski, Ewa Ziętek, Andrzej<br />

Łapicki, Wojciech Pszoniak, Franciszek Pieczka | 110<br />

min | OmeU | Stanisław Wyspiańskis Drama von 1901<br />

ist ein Schlüsselwerk der polnischen Literatur, eine allegorisch<br />

und symbolisch verschlüsselte Parabel über<br />

die Traumata der polnischen Teilung. Aus der Vorlage<br />

des Versdramas über die Hochzeit eines Künstlers aus<br />

der Krakauer Bohème und einer Bauerntochter macht<br />

Wajda in suggestiven und rauschhaften Bildern einen<br />

atmosphärisch ungemein dichten Film, der auch ohne<br />

Kenntnis des historischen Anspielungshorizonts den<br />

Zuschauer mit seinen virtuosen Kamerabewegungen<br />

und Montagesequenzen wie in einem hypnotischen<br />

Wirbel in seinen Bann zieht.<br />

Samstag, 8. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ziema obiecana (Das gelobte Land) | Polen 1975 |<br />

R+B: Andrzej Wajda | K: Witold Sobociński | M: Wojciech<br />

Kilar | D: Daniel Olbrychski, Wojciech Pszoniak, Andrzej<br />

Seweryn, Anna Nehrebecka, Franciszek Pieczka | <strong>17</strong>0<br />

min | OmeU | Łódź um 1880, Zentrum der polnischen<br />

Textilindustrie. Was für die Unternehmer das gelobte<br />

Land ist, in dem riesige Vermögen angehäuft werden,<br />

ist für die Arbeiter die Hölle auf Erden. Mit großer inszenatorischer<br />

Geste und in fiebrigem Rhythmus entwirft<br />

Wajda ein apokalyptisches Bild. Zwischen protzig zur<br />

Schau gestelltem Reichtum und erbärmlichem Massenelend<br />

gibt es kaum Abstufungen. 2000 überarbeitete<br />

Wajda seinen Film, kürzte ganze Szenen, die seinerzeit<br />

nur in den Film gelangt waren, weil sie »unter großem<br />

Arbeitsaufwand gedreht wurden« (Wajda), und veränderte<br />

den Anfang des Films. Im Filmmuseum läuft die<br />

ungekürzte Originalfassung.<br />

Samstag, 15. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

The Shadow Line (Die Schattenlinie) | GB 1976 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Bogusław Sulik, nach<br />

der Erzählung von Joseph Conrad | K: Witold Sobociński<br />

| M: Wojciech Kilar, Lech Brański | D: Marek Kondrat,<br />

Graham Lines, Tom Wilkinson, Berhard Archard, Martin<br />

Wyldeck | 100 min | engl. OF | Die Erzählung des<br />

polnischstämmigen Autors Joseph Conrad schildert<br />

die durch Flaute und Krankheiten geprägte Fahrt eines<br />

Segelschiffs in südostasiatischen Gewässern. Meisterhaft<br />

beschreibt Conrad die Atmosphäre des Stillstands,<br />

der Lethargie an Bord. Wajda verzichtete darauf, eigene<br />

Ideen in den Film einzuarbeiten und Daniel Olbrychski<br />

für die Hauptrolle auszuwählen. Stattdessen drehte er<br />

mit englischen Schauspielern. »Ich bin dem Original<br />

treu geblieben. Es war unglaublich, das Material hat die<br />

filmischen Lösungen quasi selbst diktiert.« (Wajda)<br />

Sonntag, 9. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Człowiek z marmuru (Der Mann aus Marmor) | Polen<br />

1976 | R: Andrzej Wajda | B: Aleksander Ścibor-<br />

Rylski | K: Edward Kłosiński | M: Andrzej Korzyński | D:<br />

Jerzy Radziwiłowicz, Krystyna Janda, Jacek Domański,<br />

Leonard Zajączkowski, Tadeusz Łomnicki | 161 min |<br />

OmeU | Mehr als zehn Jahre lang lag das Drehbuch<br />

auf Eis. Erst 1976 kann der Film in Produktion gehen<br />

und stößt auf überragende Resonanz beim polnischen<br />

Publi kum. Mit der Geschichte der jungen Filmemacherin<br />

Agnieszka, die das Schicksal des vergessenen<br />

Arbeiterhelden Birkut für ihren Film recherchiert und<br />

dafür durch ganz Polen reist, hat Wajda offensichtlich<br />

einen Nerv getroffen. Sein Film konfrontiert die stalinistische<br />

Aufbau-Ära mit der Gegenwart des Films, die


diese Zeit am liebsten verdrängen möchte. Krystyna<br />

Janda als ruhe- und rastlose Rechercheurin ist das<br />

emotionale Kraftzentrum des MANN AUS MARMOR.<br />

Sonntag, 16. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

Bez znieczulenia (Ohne Betäubung) | Polen 1978 |<br />

R: Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Agnieszka Holland<br />

| K: Edward Kłosiński | M: Wojciech Młynarski | D: Zbigniew<br />

Zapasiewicz, Ewa Dałkowska, Andrzej Seweryn,<br />

Krystyna Janda, Emilia Krakowska | 125 min | OmeU |<br />

Ganz analytisch und sachlich erzählt Wajda vom beruflichen,<br />

sozialen und privaten Abstieg eines prominenten<br />

Auslandskorrespondenten, der im Warschau der<br />

1970er Jahre unter die Räder kommt. Wegen eines<br />

kritischen Fernsehkommentars fällt er in Ungnade, und<br />

Schritt für Schritt werden seine Privilegien von dem<br />

System abgebaut, das ihm seine berufliche Karriere<br />

erst ermöglicht hat. So offen systemkritisch kann sich<br />

Wajda erst äußern, seit er durch den internationalen Erfolg<br />

des MANN AUS MARMOR zu einer internationalen<br />

Größe geworden ist, der die politische Führung einen<br />

gewissen Spielraum zugestehen muss.<br />

Freitag, 28. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Panny ze Wilka (Die Mädchen von Wilko) | Polen<br />

1979 | R: Andrzej Wajda | B: Zbigniew Kamiński, nach<br />

der Erzählung von Jarosław Iwaszkiewicz | K: Edward<br />

Kłosiński | M: Karol Szymanowski | D: Daniel Olbrychski,<br />

Anna Seniuk, Christine Pascal, Maja Komorowska,<br />

Stanisława Celińska | 116 min | OmeU | Wajda kehrt<br />

immer wieder in die polnische Vergangenheit zurück,<br />

dieses Mal auf ein Landgut im Polen der 1930er Jahre.<br />

Fünf Schwestern leben dort, die in ihrer Jugend alle<br />

in den Nachbarsjungen verliebt waren. Der kommt<br />

nach langen Jahren in der Fremde zu Besuch, und die<br />

Vergangenheit meldet sich zurück. Wie im BIRKEN-<br />

WÄLDCHEN liefert der von Wajda so geliebte Jarosław<br />

Iwaszkiewicz die literarische Vorlage: Wieder dieselbe<br />

elegische, melancholische Stimmung, von der Kamera<br />

Edward Kłosińskis meisterhaft in lichtdurchflutete Bilder<br />

gefasst.<br />

Samstag, 29. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Dyrygent (Der Dirigent) | Polen 1979 | R: Andrzej<br />

Wajda | B: Andrzej Kijowski | K: Sławomir Idziak | M:<br />

Ludwig van Beethoven | D: John Gielgud, Krystyna Janda,<br />

Andrzej Seweryn, Jan Ciecierski, Tadeusz Czechowski<br />

| 102 min | OmeU | Beethovens 5. Symphonie und<br />

zwei Dirigenten: Der eine feiert mit ihr Triumphe in der<br />

Carnegie Hall in New York, der andere übt sie in einer<br />

polnischen Provinzstadt mehr schlecht als recht mit<br />

dem örtlichen Orchester ein. Hier in Polen hat der von<br />

John Gielgud gespielte Stardirigent Jan Lomicki seine<br />

Karriere begonnen, und für ein Gastkonzert kehrt er als<br />

gefeierter Sohn der Stadt zurück. Mit seiner Liebe zur<br />

Musik vermittelt er auch dem Orchester Begeisterung<br />

– sehr zum Missfallen des karrierefixierten, aber talentlosen<br />

heimischen Dirigenten. Wajdas Botschaft: Ohne<br />

wahre Liebe zur Kunst gibt es nur Kunstbetrieb.<br />

Freitag, 19. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Człowiek z żelaza (Der Mann aus Eisen) | Polen<br />

1981 | R: Andrzej Wajda | B: Aleksander Ścibor-Rylski<br />

| K: Edward Kłosiński | M: Andrzej Korzyński | D: Jerzy<br />

Radziwiłowicz, Krystyna Janda, Marian Opania, Irena<br />

Byrska, Wiesława Kosmalska | 147 min | OmeU | Der<br />

erzählerische Faden aus DER MANN AUS MARMOR<br />

wird wieder aufgenommen: Birkuts Sohn bricht sein<br />

Studium ab und schließt sich der Gewerkschaft Solidarność<br />

an, genauso wie die Filmstudentin Agnieszka,<br />

die mit ihm nach Danzig geht. Sie werden ein Paar und<br />

engagieren sich im monatelang andauernden Streik auf<br />

der Lenin-Werft, der ganz Polen in Atem hält. Vor Ort<br />

von Wajda gedrehtes dokumentarisches Material und<br />

echte Personen spielen in den Film hinein, bis hin zu<br />

Lech Wałęsa als Trauzeuge der beiden. Das polnische<br />

Publikum strömt in die Kinos, und der Auslandsresonanz<br />

mit der Goldenen Palme in Cannes und einer<br />

Oscar-Nominierung können die Machthaber nur zähneknirschend<br />

zusehen.<br />

Montag, <strong>17</strong>. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

Danton | Frankreich 1983 | R: Andrzej Wajda | B:<br />

Jean-Claude Carrière, Andrzej Wajda, Agnieszka Holland,<br />

Bolesław Michałek, Jacek Gąsiorowski | K: Igor<br />

Luther | M: Jean Prodromides | D: Gérard Depardieu,<br />

Wojciech Pszoniak, Patrice Chéreau, Angela Winkler,<br />

Bogusław Linda | 136 min | OmU | Wenige Tage vor<br />

Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981<br />

Andrzej Wajda<br />

15


Andrzej Wajda<br />

16<br />

führt Wajda den als Danton verpflichteten Darsteller<br />

Gérard Depardieu noch über die Leninwerft. Dann<br />

kommt die Filmproduktion in Polen zum Erliegen, so<br />

dass die Dreharbeiten komplett nach Paris verlegt<br />

werden. Zwei Schlüsselfiguren der Revolution werden<br />

gegenübergestellt: Depardieu als Danton, der den<br />

Blutrausch stoppen will, und Wojciech Pszoniak als Robespierre,<br />

Befürworter des anhaltenden Terrors durch<br />

die Guillotine. Unterschwellig steht Danton für Lech<br />

Wałęsa und Robespierre für General Jaruzelski.<br />

Samstag, 20. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Eine Liebe in Deutschland | BRD 1983 | R: Andrzej<br />

Wajda | B: Andrzej Wajda, Agnieszka Holland, Boleslav<br />

Michalek, nach dem Roman von Rolf Hochhuth | K: Igor<br />

Luther | M: Michel Legrand | D: Hanna Schygulla, Marie-Christine<br />

Barrault, Armin Mueller-Stahl, Piotr Łysak,<br />

Daniel Olbrychski | 107 min | Ein Fremder kommt mit<br />

seinem Sohn in ein süddeutsches Dorf. Gegen den<br />

Widerstand der Dorfbewohner recherchiert er die verbotene<br />

Liebesgeschichte zwischen einer deutschen<br />

Gemüsehändlerin und einem polnischen Zwangsarbeiter,<br />

die denunziert werden. Wajdas Film wurde<br />

von der deutschen Kritik verrissen. »Ich war nicht in<br />

der Lage, das tatsächliche Leben während des Krieges<br />

in einer deutschen Kleinstadt zu rekonstruieren. Ich<br />

kannte die Wirklichkeit nicht, und musste auf Fiktionen<br />

zurückgreifen. Das deutsche Publikum fühlte diese fehlende<br />

Realität sofort, was ihm die Möglichkeit bot, die<br />

im Film angesprochenen Probleme erleichtert zurückweisen<br />

zu können.« (Wajda)<br />

Freitag, 26. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Kronika wypadków miłosnych (Eine Chronik von<br />

Liebesunfällen) | Polen 1986 | R: Andrzej Wajda | B:<br />

Andrzej Wajda, Tadeusz Konwicki, nach dem Roman<br />

von Tadeusz Konwicki | K: Edward Kłosiński | M: Wojciech<br />

Kilar | D: Paulina Młynarska, Piotr Wawrzyńczak,<br />

Magdalena Wójcik, Dariusz Dobkowski, Bernadetta<br />

Machała-Krzemiński | 114 min | OmeU | Eine Geschichte<br />

aus dem Jahr 1939, als Litauens Hauptstadt<br />

Wilna noch zu Polen gehört. Witek lässt sich ziellos treiben,<br />

bis er sich Hals über Kopf in die schöne Alina aus<br />

besseren Kreisen verliebt. Er fällt zwar durchs Abitur,<br />

erlebt aber eine Liebesnacht in freier Natur mit ihr. Am<br />

nächsten Morgen kommen die ersten Nachrichten vom<br />

deutschen Einmarsch in Polen. Edward Kłosińskis Kamera<br />

zaubert betörend schöne Bilder, aber die Ahnung<br />

kommenden Unheils liegt wie ein Schatten über dem<br />

Geschehen des Films.<br />

Samstag, 27. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Schuld und Sühne | BRD 1987 | R+B: Andrzej Wajda,<br />

nach dem Roman von Fëdor Dostoevskij | K: Kurt Oskar<br />

Herting, Martin Herden, Horst Thomas, Frank Tilk | M:<br />

Zygmunt Konieczny | D: Udo Samel, Jutta Lampe, Dirk<br />

Nawrocki, Stephan Bissmeier, Bernd Ludwig | 118 min<br />

| Dem leidenschaftlichen Theatermann Wajda, der in<br />

Warschau und Krakau die wichtigsten Theater-Klassiker<br />

auf die Bühne gebracht hat, ist das Kunststück gelungen,<br />

aus Dostoevskijs 800-Seiten-Wälzer »Schuld und Sühne«<br />

eine spielbare Bühnenfassung zu machen. Für Peter<br />

Stein hat er sie an der Berliner Schaubühne 1986 inszeniert<br />

und für das ZDF eine filmische Version hergestellt.<br />

In Wajdas Bühnenversion wird die Geschichte um den<br />

Doppelmörder Raskolnikov auch heute noch oft gespielt.<br />

Sonntag, 28. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Les possédés (Die Dämonen) | Frankreich 1988 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Jean-Claude Carrière,<br />

nach dem Roman von Fëdor Dostoevskij | K: Witold<br />

Adamek | M: Zygmunt Konieczny | D: Isabelle Huppert,<br />

Jutta Lampe, Lambert Wilson, Jerzy Radziwiłowicz,<br />

Omar Sharif | 114 min | OmU | Noch einmal Dostoevskij.<br />

Es ist das letzte Mal, dass Wajda einen Film im Ausland<br />

drehen wird. DIE DÄMONEN ist eine rein französische<br />

Produktion. Als einziger Pole spielt Jerzy Radziwiłowicz,<br />

der Hauptdarsteller von DER MANN AUS MARMOR und<br />

DER MANN AUS EISEN, die Rolle des abtrünnigen Verschwörers<br />

Šatov, der einer abgefeimten Intrige seiner<br />

Mitverschwörer zum Opfer fällt. Sein Schicksal steht,<br />

anders als bei Dostoevskij, im Mittelpunkt: Wajda sieht<br />

ihn als Opfer totalitärer Denkstrukturen.<br />

Freitag, 2. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Korczak | Polen 1990 | R: Andrzej Wajda | B: Agnieszka<br />

Holland | K: Robby Müller | M: Wojciech Kilar | D:<br />

Wojciech Pszoniak, Ewa Dałkowska, Teresa Budzisz-<br />

Krzyżanowska, Marzena Trybała, Piotr Kozłowski | 1<strong>17</strong><br />

min | OmU | Der angesehene Kinderarzt und Pädagoge<br />

Janusz Korczak, der 1942 das jüdische Kinderhaus im<br />

Warschauer Ghetto geleitet hatte, wurde 1942 zusammen<br />

mit 200 Kindern nach Treblinka deportiert und dort<br />

ermordet. Seine Person und auch seine Rolle im Ghetto<br />

waren von den kommunistischen Machthabern lange<br />

totgeschwiegen worden. Wajdas erste polnische Produktion<br />

nach der demokratischen Wende 1989, mit einem<br />

eindringlichen Wojciech Pszoniak in der Tite lrolle.<br />

Nach einer umjubelten Premiere in Cannes werfen<br />

allerdings große Teile der französischen Presse dem<br />

Film die Ausblendung des polnischen Antisemitismus<br />

vor. Wajda ist tief getroffen.<br />

Samstag, 3. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr


Wielki tydzień (Die Karwoche) | Polen 1995 | R+B:<br />

Andrzej Wajda | K: Wit Dąbal | D: Wojciech Malajkat,<br />

Magdalena Warzecha, Beata Fudalej, Cezary Pazura,<br />

Wojciech Pszoniak | 90 min | OmU | Fünf Jahre nach<br />

KORCZAK kommt Wajda wie schon in SAMSON noch<br />

einmal auf das Thema des polnischen Antisemitismus<br />

zurück. DIE KARWOCHE wirkt wie eine Antwort auf die<br />

erhobenen Vorwürfe gegen KORCZAK. Für Wajda ist<br />

der nicht zu leugnende Anti semitismus nur eine von<br />

mehreren Facetten im Verhalten der Polen gegenüber<br />

ihren jüdischen Mitbürgern gewesen. Deren sehr unterschiedliche<br />

Verhaltensweisen zeigt er am Beispiel einer<br />

polnischen Jüdin, die in der Karwoche 1943 während<br />

des jüdischen Aufstands im Ghetto von dort fliehen und<br />

sich in einem Warschauer Mietshaus bei Bekannten<br />

verstecken kann.<br />

Sonntag, 4. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Panna Nikt (Fräulein Niemand) | Polen 1996 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Radosław Piwowarski, nach dem Roman<br />

von Tomasz Tryzna | K: Krzysztof Ptak | M: Andrzej<br />

Korzyński | D: Anna Wielgucka, Anna Mucha, Anna Powierza,<br />

Stanisława Celińska, Jan Janga-Tomaszewski<br />

| 98 min | OmU | Verfilmung eines Schlüsselromans<br />

über den Werteverlust der polnischen Gesellschaft im<br />

Konsumrausch. Im Mittelpunkt steht die 15-jährige<br />

Marysia, die beim Umzug in die Stadt nur ein wenig<br />

beachtetes »Fräulein Niemand« ist und durch vermeintliche<br />

Freundinnen die materiellen und physischen Freuden<br />

entdeckt. »Den Kindern von DIE UNSCHULDIGEN<br />

ZAUBERER scheint die verspielte intellektuelle Ironie<br />

der jungen Generation aus den 1960er Jahren im<br />

hektischen Lebensrhythmus der Gegenwart abhanden<br />

gekommen zu sein.« (Helmut Pflügl)<br />

Montag, 5. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Pan Tadeusz | Polen 1999 | R: Andrzej Wajda | B:<br />

Andrzej Wajda, Jan Nowina Zarzycki, Piotr Wereśniak,<br />

nach dem Versepos von Adam Mickiewicz | K: Paweł<br />

Edelman | M: Wojciech Kilar, Grzegorz Turnau | D:<br />

Michał Żebrowski, Bogusław Linda, Daniel Olbrychski,<br />

Alicja Bachleda-Curuś, Grażyna Szapołowska | 125<br />

min | OmU | Das 1834 erschienene romantische Versepos<br />

von Adam Mickiewicz, das vor dem Hintergrund<br />

von Napoleons Russlandfeldzug von der Hoffnung auf<br />

die nationale Wiedergeburt Polens beseelt ist, gilt als<br />

polnisches Nationalheiligtum und zählt zur schulischen<br />

Pflichtlektüre. Zwei verfeindete Familien des<br />

polnisch-litauischen Landadels versöhnen sich bei der<br />

Hochzeit ihrer Kinder, die in einer glanzvollen Polonaise<br />

gipfelt, während polnische Truppen sich Napoleons<br />

Armee anschließen. Ein opulentes, farbenprächtiges<br />

Spektakel mit einer illustren Besetzung. Es läuft die<br />

Schnittfassung für den internationalen Markt, die Wajda<br />

im Jahr 2000 auf der Berlinale vorstellte.<br />

Freitag, 9. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Zemsta (Die Rache) | Polen 2002 | R: Andrzej Wajda |<br />

B: Andrzej Wajda, Maciej Karpiński, Jan Prochyra, nach<br />

dem Stück von Aleksander Fredro | K: Paweł Edelman<br />

| M: Wojciech Kilar | D: Janusz Gajos, Andrzej Seweryn,<br />

Roman Polański, Agata Buzek, Cezary Żak, Daniel Olbrychski<br />

| 100 min | OmeU | Die Typen- und Charakterkomödie<br />

»Die Rache« von Alexander Fredro ist seit<br />

mehr als <strong>17</strong>0 Jahren ein Dauerbrenner auf polnischen<br />

Bühnen. Wie in »Pan Tadeusz« geht es um Stärken<br />

und Schwächen des polnischen Nationalcharakters,<br />

auch hier streiten sich zwei Adelsfamilien, gibt es eine<br />

Romeo-und-<strong>Juli</strong>a-Geschichte. Die Attraktion von DIE<br />

RACHE ist sicherlich Roman Polański als alternder Höfling,<br />

der die Rolle eines Hofnarren kultiviert. Es ist seit<br />

Andrzej Wajda<br />

<strong>17</strong><br />

ZEMSTA – DIE RACHE


Andrzej Wajda<br />

18<br />

EINE GENERATION von 1955 das fünfte Mal, dass der<br />

Weggefährte aus der Filmhochschule in Łódź eine Rolle<br />

bei Wajda übernommen hat.<br />

Samstag, 10. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Katyń (Das Massaker von Katyn) | Polen 2007 | R:<br />

Andrzej Wajda | B: Andrzej Wajda, Przemysław Nowakowski,<br />

Władysław Pasikowski | K: Paweł Edelman |<br />

D: Andrzej Chyra, Artur Żmijewski, Maja Ostaszewska,<br />

Władysław Kowalski, Maja Komorowska | 122 min |<br />

OmU | Es hat eine zwingende Logik, dass Wajda, der<br />

filmische Chronist polnischer Geschichte, in hohem<br />

Alter eine noch offene Wunde zum Thema macht: das<br />

Massaker von Katyn, bei dem im Frühjahr 1940 mehr<br />

als 20.000 Angehörige der polnischen Intelligenz,<br />

darunter viele Offiziere, auf Stalins Befehl vom sowjetischen<br />

Geheimdienst liquidiert wurden. Darunter<br />

war auch Wajdas Vater. Mit großem Aufwand produziert,<br />

ist DAS MASSAKER VON KATYN wie ASCHE UND<br />

DIAMANT ein symbolisch hochgradig aufgeladener<br />

Film, ein filmisches Requiem: Das letzte Bild zeigt eine<br />

Hand mit Rosenkranz, die aus dem Massengrab ragt.<br />

Sonntag, 11. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Tatarak (Der Kalmus) | Polen 2009 | R+B: Andrzej<br />

Wajda, nach einer Erzählung von Jarosław Iwaszkiewicz<br />

| K: Paweł Edelman | M: Paweł Mykietyn | D: Krystyna<br />

Janda, Paweł Szajda, Jakub Mazurek, Jan Englert,<br />

Jadwiga Jankowska-Cieślak | 85 min | OmeU | DER<br />

KALMUS beginnt mit einem autobiografischen Mono log<br />

der Hauptdarstellerin Krystyna Janda, die das Sterben<br />

ihres Mannes, des Kameramanns Edward Kłosiński,<br />

betrauert. Dann springt der Film um in die fiktive Geschichte<br />

einer Frau, die sich leidenschaftlich in einen<br />

wesentlich jüngeren Mann verliebt. Als es zu einem Unglück<br />

kommt, kippt die Perspektive abermals. »Wenn<br />

schließlich die gespielte Erschütterung der Frauenfigur<br />

nahtlos zurückführt zu Jandas Trauer in der Realität,<br />

sind Leben und Kunst schlichtweg ein und dasselbe<br />

geworden.« (Daniel Kothenschulte)<br />

Freitag, 16. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Wałęsa – Człowiek z nadziei (Wałęsa – Mann aus<br />

Hoffnung) | Polen 2013 | R: Andrzej Wajda | B: Janusz<br />

Głowacki | K: Paweł Edelman | D: Robert Więckiewicz,<br />

Agnieszka Grochowska, Iwona Bielska, Zbigniew Zamachowski,<br />

Mirosław Baka | 127 min | OmeU | Wajda hat<br />

aus seiner Bewunderung für Lech Wałęsa und die Solidarność<br />

nie einen Hehl gemacht. Dennoch ist sein Film<br />

keine Hagiografie geworden, sondern ein lebendiges<br />

Porträt, nicht zuletzt auch durch die brillante Verkörperung<br />

Wałęsas durch Robert Więckiewicz. Der Film endet<br />

1989 mit Wałęsas berühmter Rede vor dem amerikanischen<br />

Kongress. Seine bis heute umstrittene Zeit als<br />

polnischer Staatspräsident klammert Wajda aus. Ihm<br />

geht es um nationale Anerkennung: »Polen braucht diesen<br />

Film. Das Land ist so zerstritten. Dabei gibt es eine<br />

Geschichte, auf die alle Polen stolz sein können.«<br />

Samstag, <strong>17</strong>. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Powidoki (Nachbilder) | Polen 2016 | R: Andrzej<br />

Wajda | B: Andrzej Mularczyk | K: Paweł Edelman | M:<br />

Andrzej Panufnik | D: Bogusław Linda, Zofia Wichłacz,<br />

Bronisława Zamachowska, Andrzej Konopka, Krzysztof<br />

Pieczyński | 98 min | OmU | »In seinem letzten Film<br />

NACHBILDER erzählt Wajda von dem Maler und Kunsttheoretiker<br />

Władysław Strzemiński, der eine Theorie<br />

des Sehens schrieb, und den er in dem Moment zeigt,<br />

in dem eine riesige rote Stalin-Fahne sein Atelier verfinstert.<br />

Ein Mann, der in der Stunde der härtesten Vereinnahmung<br />

der Kunst durch eine totalitäre Ideologie<br />

mutig sein Wort erhebt, das ist nun das Vermächtnis<br />

von Andrzej Wajda. Unter den jungen Leuten, die in<br />

NACHBILDER an den Lippen von Strzemiński hängen<br />

und die dessen Vorlesungen mit der Schreibmaschine<br />

abtippen, um sie zu bewahren, kann man sich gut den<br />

angehenden Filmemacher Andrzej Wajda vorstellen.«<br />

(Bert Rebhandl)<br />

Im Programm des Münchner Filmfests, 23. Juni bis<br />

1. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>


Universal Monsters<br />

Universal Monsters<br />

19<br />

THE BRIDE OF FRANKENSTEIN<br />

1931 brachten die Universal Studios mit DRACULA und<br />

FRANKENSTEIN zwei Filme heraus, die in einen zentralen<br />

Zyklus von Horrorfilmen mündeten und prägend für<br />

das amerikanische Horrorkino wurden. Ihre Monstergeschichten<br />

schockierten die Hüter der öffentlichen<br />

Moral und ergötzten das blutrünstige Publikum.<br />

Für den Kontext ist es wichtig sich zu vergegenwärtigen,<br />

inwiefern das ursprüngliche Kinopublikum die<br />

klassischen Monsterfilme der Universal Studios anders<br />

erlebte als das heutige. An erster Stelle steht hier die<br />

Vertrautheit. Wenige Filme sind in der Kultur so allgemein<br />

präsent wie diese. Nach 80 Jahren Hommagen<br />

und Parodien ist der Vampir im Abendanzug ein fast<br />

allgegenwärtiger Archetyp geworden, der uns von Kinofilmen<br />

über Fernsehwerbung bis in die Sesamstraße<br />

begegnet – doch stets aus demselben Ursprung: Bela<br />

Lugosi in Universals DRACULA. Ebenso die Silhouette<br />

mit dem flachen Schädeldach, die ganz selbstverständlich<br />

Frankensteins Monster kennzeichnet: Auch die<br />

wurde bei der Universal erdacht. Rasende Dörfler mit<br />

Fackeln und Heugabeln vor einer Spinnweben-verhangenen<br />

Burg: Die Ikonographie des Horrors kommt aus<br />

Universal City. Diese Vertrautheit hat freilich ihren Preis.<br />

Während zeitgenössische Zuschauer zu zitternden<br />

Nervenbündeln wurden, hat sich der Schockwert über<br />

die Jahre vermindert und die Filme wirken heutzutage<br />

ausgesprochen zahm. Im Kontext des Jahres 1931 dagegen<br />

boten sie nie Gesehenes – eine Kreatur, die der<br />

Todesruhe entrann, indem sie sich parasitisch vom Blut<br />

der Lebenden ernährte; ein Etwas, künstlich zum Leben<br />

erweckt, gefertigt aus Kadavern vom Friedhof und vom<br />

Galgen … Kein Wunder, dass das Publikum dafür neue<br />

Begriffe brauchte: Erst der doppelte Erfolg von DRACU-<br />

LA und FRANKENSTEIN brachte den Terminus »Horror«<br />

in den allgemeinen Sprachgebrauch.<br />

Um den Kontext zu begreifen, müssen wir weiter zurückgehen,<br />

noch vor die Entstehung dieser Filme. Die<br />

Universal Studios wurden 1912 gegründet. Bis Ende<br />

der 1920er Jahre standen sie unter der Leitung ihres<br />

Gründers, des vormaligen Kinobetreibers und Filmverleihers<br />

Carl Laemmle, der seit 1909 auch Filme<br />

produzierte. Er wurde allerseits »Uncle Carl« genannt,<br />

was nicht nur der liebenswürdigen Persönlichkeit des<br />

gebürtigen Schwaben Rechnung trug, sondern auch


Universal Monsters<br />

20<br />

seinem Hang zum Nepotismus: Sein Unternehmen beschäftigte<br />

zahllose Verwandte.<br />

Der ganz überwiegende Teil der Produktion der Universal<br />

war standardisierte Kinoware – Western, Serials,<br />

Komödien. Gelegentlich brachte man Eigenwilligeres<br />

heraus. Bei der Universal wurde Lon Chaney ein Star<br />

dank masochistisch-grotesker Rollen in THE HUNCH-<br />

BACK OF NOTRE DAME (1923) und besonders THE<br />

PHANTOM OF THE OPERA (1925). Unter allen Studios<br />

bewies die Universal die größte Bereitschaft zu solchen<br />

Melodramen in der Tradition des Grand Guignol: Hier<br />

drehte der Regisseur Paul Leni beispielsweise die Gruselkomödie<br />

THE CAT AND THE CANARY (1927). Dass<br />

das Studio mit dem stärksten Hang zu grotesken und<br />

makaberen Schauergeschichten (wie THE MAN WHO<br />

LAUGHS, ein weiterer Paul-Leni-Film von 1928 mit<br />

Conrad Veidt als ein entstellter Held) letztlich das amerikanische<br />

Horrorkino entwickeln sollte, war dennoch<br />

alles andere als unausweichlich.<br />

1928, in der Zeit der Umwälzung der gesamten Filmindustrie<br />

durch den Tonfilm, übergab Uncle Carl die Leitung<br />

an seinen Sohn <strong>Juli</strong>us, der sich »Carl Laemmle Jr.«<br />

nannte und in Hollywood kurz »Junior« hieß. Der Name<br />

Universal stand bis dahin nie für Glamour oder Prestige,<br />

nicht einmal für besondere Kassenerfolge. Junior wollte<br />

größere Filme drehen, er produzierte ALL QUIET ON<br />

THE WESTERN FRONT (1930) und verdiente sich damit<br />

einen der ersten Oscars. Er brachte auch DRACULA zur<br />

Universal, gegen den Widerstand seines Vaters: Uncle<br />

Carl fand den Stoff entsetzlich und ließ sich nur durch<br />

Juniors Begeisterung umstimmen.<br />

Zu den größten Stärken dieser Verfilmung zählt die<br />

gänzlich un-ironische Verbindung von Pracht und<br />

Verfall – das grandiose Production Design (welches<br />

düstere Gemäuer war je so spektakulär wie Draculas<br />

Schloss?) harmoniert wie von selbst mit den zahlreichen<br />

schaurigen Elementen. Besonders die erste Hälfte<br />

beschwört eine Atmosphäre, die so dicht ist wie im<br />

deutschen Kino der 1920er Jahre. Wohl kein Zufall, da<br />

der Kameramann Karl Freund war, der in Deutschland<br />

unter anderem DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM<br />

(1920) und DER LETZTE MANN (1924) fotografiert hatte.<br />

Auch die trägere zweite Hälfte entwickelt Momente<br />

albtraumhafter Kraft, wenn um Minas Seele gerungen<br />

wird.<br />

Wie von Junior prophezeit, wurde der Film ein Hit. Dass<br />

das Publikum in der Weltwirtschaftskrise auf Horror nur<br />

gewartet hatte, bewies der noch größere Erfolg von<br />

James Whale und Ernest Thesiger


FRANKENSTEIN, den das Studio unverzüglich in Angriff<br />

nahm, als sich abzeichnete, dass man mit DRACULA<br />

einen Nerv getroffen hatte. Der Franzose Robert Florey,<br />

der das Filmprojekt entwickelte und ursprünglich inszenieren<br />

sollte, wurde durch den Briten James Whale<br />

abgelöst. Die unverwechselbare Gestaltung der Kreatur<br />

reklamierte der Make-up-Künstler Jack Pierce später<br />

ganz für sich, doch in Wahrheit war das Design in enger<br />

Zusammenarbeit mit James Whale entstanden und<br />

basierte auf Whales Skizzen von Boris Karloffs Physiognomie.<br />

James Whale hielt sich bei FRANKENSTEIN ein wenig<br />

zurück; seine Filme sind sonst zumeist deutlich subversiver.<br />

Doch sein charakteristischer visueller Einfallsreichtum<br />

ist ungebremst, angereichert mit pointierten<br />

kunsthistorischen Bezügen (so zu Johann Heinrich<br />

Füsslis Gemälde »Nachtmahr«) und direkten Verweisen<br />

auf deutsche Stummfilme. »Deutsch« waren auch die<br />

Sets des Dorfes, die aus ALL QUIET ON THE WESTERN<br />

FRONT stammten.<br />

Obwohl das Geschöpf am Ende des Filmes augenscheinlich<br />

umkam, dachte man angesichts des phänomenalen<br />

Einspiels von FRANKENSTEIN umgehend<br />

an eine Fortsetzung. Whale war aber nicht interessiert<br />

und verfolgte andere Projekte, darunter THE INVISIBLE<br />

MAN (1933), eine meisterliche, hellsichtige Studie in<br />

Terrorismus und Massenparanoia, an deren hintergründigem<br />

Humor ein ungenannter Autor Anteil hatte: Preston<br />

Sturges. Whale gab seinen Widerstand gegen THE<br />

BRIDE OF FRANKENSTEIN (1935) erst auf, als ihm das<br />

Studio außergewöhnliche Gestaltungsbefugnisse zugestand.<br />

Anstatt des vom Studio erhofften Schockers, der<br />

das Blut gefrieren ließ, lieferte Whale ›a hoot‹ (einen<br />

Heidenspaß), er konterkarierte die schaurigen Elemente<br />

mit schwarzem Humor.<br />

Das Monster ist die sympathischste Figur, es wird gehetzt<br />

und verfolgt, dabei sucht es nur Freundschaft.<br />

Das äußerlich Fremde, »Missgestaltete«, verweist auf<br />

ein bedeutendes Element im historischen Kontext:<br />

die entstellten Kriegsveteranen. In seinem Buch »The<br />

Monster Show« führt David J. Skal den Horrorfilm-Boom<br />

der 1930er Jahre darauf zurück, dass die physischen<br />

Verletzungen des Ersten Weltkriegs unleugbar im Alltag<br />

präsent waren. Auf der metaphorischen Ebene erkennt<br />

man darin einen entscheidenden Faktor für den anhaltenden<br />

Erfolg und die bleibende Relevanz der Monsterfilme<br />

der Universal: Die Monster sind Figuren am Rande<br />

der Gesellschaft, körperlich-seelisch Versehrte, Unvollkommene<br />

und Unfertige, ganz anders als die Sieger, die<br />

das US-Kino sonst gerne bevorzugt. Auch wenn sie am<br />

Ende sterben, sind die Monster wesentlich anziehender<br />

als die betont farblosen Helden, und sicher einprägsamer.<br />

Das Horrorgenre wurde so zum Zuhause für alle,<br />

die sich als Außenseiter empfinden.<br />

Oft kann man die Ausgrenzung spezifischer deuten,<br />

wenn die Filme schwule Subtexte anbieten. Whale<br />

selbst lebte offen schwul, besonders THE BRIDE OF<br />

FRANKENSTEIN wird gerne in diesem Licht betrachtet,<br />

mit dem einsamen, gejagten, ungeliebten Monster und<br />

Ernest Thesigers beispiellos aufgedreht-exaltiertem<br />

Spiel als Professor Praetorius, einem unerreichbaren<br />

Gipfel des camp. Auch in DRACULA’S DAUGHTER<br />

(1936) sind gleichgeschlechtliche Sehnsüchte ganz<br />

unverstellt und direkt präsent. Interessant ist, dass diese<br />

vermeintlichen Tabubrüche ausgerechnet unter der<br />

1934 verschärften Zensur geschahen, die die Anständigen<br />

vor der Verderbtheit Hollywoods schützen sollte.<br />

Auch wenn es manchen Filmemachern wie Whale gelang,<br />

die Sittenwächter auszumanövrieren, hatte der<br />

oberste Zensor Joseph Breen ein besonders scharfes<br />

Augenmerk auf Horrorfilme. Universal hatte darunter<br />

stark zu leiden, und als 1936 die Falschmeldung kursierte,<br />

Großbritannien habe Horrorfilme rundweg verboten,<br />

beschloss das Studio, dieses Genre fallenzulassen.<br />

Aber dann kamen DRACULA und FRANKENSTEIN<br />

1938 als Doppelprogramm zur Wiederaufführung in<br />

die Kinos – frisch gekürzt und nach aktuellen Vorgaben<br />

zensiert. Der Erfolg war sensationell und ein neues<br />

Anschlussprojekt wurde prompt in Angriff genommen:<br />

SON OF FRANKENSTEIN (1939) wurde der längste (99<br />

Minuten) und am großzügigsten ausgestattete Horrorfilm<br />

der Universal. Es war kein Laemmle mehr beteiligt<br />

(die Familie hatte das Studio 1936 verloren), ebensowenig<br />

James Whale (Rowland V. Lee inszenierte mit Stil<br />

und Biss), doch Karloff war ein letztes Mal in der Rolle<br />

des Monsters dabei.<br />

Der erneute Kassenerfolg löste eine zweite Horrorfilmwelle<br />

aus, die sich insofern deutlich von der ersten<br />

absetzte, als sie keine Prestigeproduktionen mehr<br />

umfasste, sondern B-Filme für Doppelprogramme<br />

– Qualität, aber günstig, und immer ein besonderes<br />

Vergnügen. Bevorzugte Hauptfigur der Filme der<br />

zweiten Welle war der Wolfsmensch Larry Talbot (Lon<br />

Chaney Jr.). Dieser tragische Held wurde in THE WOLF<br />

MAN (1941) eingeführt, an dessen Ende er starb, was<br />

aber kein Problem war: Durch Grabräuber versehentlich<br />

wiederbelebt, konnte er in weiteren Filmen seine<br />

Suche nach einem friedlichen Tod fortsetzen, wobei er<br />

einmal sogar auf Heilung hoffen durfte und unterwegs<br />

des öfteren auf andere Universal-Monster traf: Bei der<br />

Universal gab es ein shared universe Jahrzehnte vor<br />

Marvels Superheldenfilmen.<br />

Universal Monsters<br />

21


Universal Monsters<br />

22<br />

Dieser zweite Boom hielt während des Zweiten Weltkrieges<br />

an und endete 1945 mit HOUSE OF DRACULA,<br />

ein zeitliches Zusammentreffen, das einen Zusammenhang<br />

zwischen filmischen Trends und Weltereignissen<br />

nahelegt. Das wäre zumindest eine mögliche Erklärung<br />

für die nächste Monsterfilmwelle unter den atomaren<br />

Bedrohungen der 1950er Jahre. Ein Beitrag der Universal<br />

war Jack Arnolds poetischer Schocker CREATURE<br />

FROM THE BLACK LAGOON (1954), dessen Kiemenmensch<br />

mittlerweile zum klassischen Monsterpersonal<br />

zählt. Er bildet auch das Bindeglied zu einer späteren<br />

Universal-Kreatur: Steven Spielberg klaute etliche Einstellungen<br />

von CREATURE FROM THE BLACK LAGOON,<br />

als er JAWS (DER WEISSE HAI, 1975) für die Universal<br />

drehte.<br />

Bei Universal weiß man, was man an seinen Monstern<br />

hat: Elf Filme dieser Reihe wurden mit großem Aufwand<br />

digital restauriert und liegen nun in brillanter Bild- und<br />

Tonqualität wieder komplett unzensiert vor. Das Studio<br />

bleibt weiter im Monstergeschäft, derzeit entsteht ein<br />

neuer Zyklus zusammenhängender Filme rund um<br />

die alten Monster. Alles im neuen Kontext, aktualisierte<br />

Blockbuster mit Lizenzgeschäft, die nicht allzu viel<br />

mit den Filmen von Junior & Co. gemein haben sollen.<br />

Immerhin belegt diese Wiederbelebung die anhaltende<br />

Beliebtheit dieser Figuren – sie weigern sich wieder<br />

mal, tot zu bleiben.<br />

James Oliver / Christoph Michel<br />

Universal Horror (Horror ohne Ende) | R: Kevin<br />

Brownlow | B: Patrick Stanbury | K: Gerald Saldo, John<br />

Ames | M: James Bernard | Mit Ray Bradbury, Carla<br />

Laemmle, Gloria Stuart, Fay Wray, David J. Skal | 95<br />

min | OmU | Wie entstand der Horror-Boom und was<br />

wurde daraus? Kevin Brownlows facettenreicher Überblick<br />

über das »Goldene Zeitalter« der Universal-Horrorfilme<br />

beginnt in der Stummfilmzeit und legt dar, wie<br />

die Gruselfilme das Studio über die Weltwirtschaftskrise<br />

retteten. Ungewöhnlich ist dabei, dass er auch die<br />

Filme anderer Studios ausführlich behandelt, wie DR.<br />

JEKYLL AND MR. HYDE (1931), MYSTERY OF THE WAX<br />

MUSEUM (1932) oder KING KONG (1933), und dass<br />

auch die Wechselwirkungen mit Filmen jenseits der<br />

Genregrenzen wie BEN-HUR (1925) beleuchtet werden.<br />

Einflüsse der bildenden Kunst erhalten ebenso Raum<br />

wie der Kult um die Universal-Klassiker.<br />

Dienstag, 7. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Dracula | USA 1931 | R: Tod Browning | B: Garret Fort,<br />

Dudley Murphy, nach dem Roman von Bram Stoker und<br />

den Bühnenbearbeitungen von Hamilton Deane und<br />

John L. Balderston | K: Karl Freund | D: Bela Lugosi,<br />

Helen Chandler, David Manners, Dwight Frye, Edward<br />

Van Sloan | 75 min | OmU | Lon Chaney, ursprünglich<br />

für die Titelrolle vorgesehen, starb, und der Bühnenschauspieler<br />

Bela Lugosi stürzte sich mit einem Eifer<br />

in die Rolle, die an späteres method acting denken<br />

lässt. DRACULA war ein überwältigender Kassenerfolg<br />

und übt bis heute immensen Einfluss aus, nicht nur als<br />

Ideenlieferant zahlloser späterer Filme, sondern auch<br />

im vermeintlichen »Volksglauben« in Sachen Vampirismus.<br />

DRACULA verwendet Musik noch ausschließlich<br />

über den Anfangs- und Schlusstiteln. Da wir heute<br />

gruselige Szenen und gruselige Musik zwingend miteinander<br />

verbinden, wirkt dieser Verzicht auf Filmmusik<br />

sogar besonders unheimlich.<br />

Dienstag, 14. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Drácula | USA 1931 | R: George Melford, Enrique<br />

Tovar Ávalos | B: Baltasar Fernández Cué, nach dem<br />

Drehbuch der englischen Version von Garrett Fort und<br />

Dudley Murphy | K: George Robinson | D: Carlos Villarías,<br />

Lupita Tovar, Barry Norton, Pablo Álvarez Rubio,<br />

Eduardo Arozamena | 104 min | span. OmU | Ehe sich<br />

Nachvertonung und Untertitelung durchsetzten, drehten<br />

die Studios wichtige Filme in mehreren Sprachversionen<br />

mit unterschiedlicher Besetzung. Der spanischsprachige<br />

DRÁCULA wurde jeweils nachts in denselben<br />

Dekors gedreht. Da der Regisseur George Melford kein<br />

Wort Spanisch sprach, kam dem damals ungenannten<br />

Dialogregisseur Ávalos besondere Bedeutung zu. Der<br />

Vergleich zwischen den beiden sehr unterschiedlichen<br />

Filmen ist faszinierend, viele Filmhistoriker geben der<br />

spanischen Version in Rhythmus und Atmosphäre den<br />

Vorzug. Auch das erotische Element ist in der spanischen<br />

Version wesentlich expliziter.<br />

Dienstag, 21. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Frankenstein | USA 1931 | R: James Whale | B: Garrett<br />

Fort, Francis Edwards Faragoh, nach dem Bühnenstück<br />

von Peggy Webling auf der Grundlage von Mary Shelleys<br />

Roman | K: Arthur Edeson, Paul Ivano | M: Bernhard<br />

Kaun | D: Colin Clive, Mae Clarke, Boris Karloff, Edward<br />

Van Sloan, Dwight Frye | 71 min | OmU | Universals<br />

zweiter großer Monster-Hit des Jahres 1931 übergeht<br />

die metaphysischen Exkurse von Mary Shelleys Roman<br />

und verspricht zunächst Sensationalismus, steht aber<br />

letztlich ganz auf der Seite des Monsters. Ursprünglich<br />

sollte Bela Lugosi das Monster spielen, doch er lehnte<br />

die dialoglose Rolle unter schwerem Make-up ab.<br />

Carl Laemmle Junior erklärte, weshalb die Wahl auf<br />

Boris Karloff fiel: »His eyes mirrored the suffering we


need ed«. Karloff fand es nicht schlimm, für alle Zeit mit<br />

dem Monster identifiziert zu werden: »The monster was<br />

the best friend I ever had.«<br />

Dienstag, 28. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Mummy (Die Mumie) | USA 1932 | R: Karl Freund<br />

| B: John L. Balderston | K: Charles Stumar | M: James<br />

Dietrich | D: Boris Karloff, Zita Johann, David Manners,<br />

Arthur Byron, Edward Van Sloan, Bramwell Fletcher |<br />

74 min | OmU | Universals Beitrag zur damaligen Faszination<br />

durch das alte Ägypten hatte einen ganz konkreten,<br />

handfesten Hintergrund: Der Drehbuchautor,<br />

einmal mehr John L. Balderston, war 1923 als Journalist<br />

bei der Öffnung des Grabs von Tutanchamun dabei<br />

ge wesen. Karl Freund inszeniert mit Stil und Virtuosität<br />

eine Geschichte vom Verlangen, das die Jahrtausende<br />

überdauert hat. Die Mumie selber ist kaum zu sehen,<br />

doch die Szene der »Auferstehung« jagt einem noch<br />

heute Schauer über den Rücken, obwohl sie ganz<br />

ohne schockierende Bilder auskommt. Dem Forscher,<br />

der eine Inschrift murmelte und dadurch die Mumie<br />

weckte, bleibt nur noch hysterisches Gelächter: »He …<br />

he went for a little walk!«<br />

Dienstag, 4. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Invisible Man (Der Unsichtbare) | USA 1933 |<br />

R: James Whale | B: R.C. Sheriff | K: Arthur Edeson |<br />

M: Heinz Roemheld | D: Claude Rains, Gloria Stuart,<br />

William Harrigan, Una O‘Connor, Henry Travers | 71<br />

min | OmU | John Fultons Effekteteam entwickelte ein<br />

ganzes Bündel unterschiedlicher optischer und realer<br />

Tricks mit Drähten, Orthesen, Wandermasken, schwarzem<br />

Samt und Animationselementen, um Claude Rains<br />

verschwinden zu lassen. Die technische Virtuosität tritt<br />

bald in den Hintergrund, und das Thema der Massenhysterie<br />

angesichts einer unsichtbaren Bedrohung<br />

aus der Mitte der Gesellschaft ist heute aktueller denn<br />

je. James Whales Inszenierung macht den zerrissenen<br />

Menschen im größenwahnsinnigen Wissenschaftler<br />

spürbar. Der britische Bühnenschauspieler Claude<br />

Rains ist in seiner ersten richtigen Filmrolle im Grunde<br />

in nur einer Szene wirklich zu sehen und verleiht seiner<br />

Figur nur mit seiner Stimme eine ungewöhnliche<br />

Präsenz.<br />

Dienstag, 11. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Bride of Frankenstein (Frankensteins Braut)<br />

| USA 1935 | R: James Whale | B: William Hurlbut |<br />

K: John Mescall | M: Franz Waxman | D: Boris Karloff,<br />

Universal Monsters<br />

23<br />

THE BRIDE OF FRANKENSTEIN


Universal Monsters<br />

24<br />

Colin Clive, Valerie Hobson, Ernest Thesiger, Elsa<br />

Lanchester, O.P. Heggie | 75 min | OmU | Nach den<br />

Schocks im ersten FRANKENSTEIN trotzte James Whale<br />

dem Studio weitreichende Freiheiten ab, um eine Geschichte<br />

mit Augenzwinkern, sarkastischem Witz und<br />

etwas genüsslichem Grusel zu erzählen. Sie beginnt<br />

mit Mary Shelley, die von Lord Byron im literarischen<br />

Wettstreit zur Fortsetzung ihres ursprünglichen Plots<br />

herausgefordert wird, und geht flugs in einen doppelten<br />

Erzählstrang über, der einerseits die fortgesetzte Anstrengung<br />

Frankensteins schildert, Leben zu schaffen<br />

(Fortpflanzung ohne Frauen), andererseits die Sehnsucht<br />

des Monsters, das nun sprechen kann, nach Zuneigung<br />

und Liebe, dem jedoch überall Vorurteile und<br />

Ablehnung entgegenschlagen.<br />

Dienstag, 18. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Dracula’s Daughter (Draculas Tochter) | USA 1936 |<br />

R: Lambert Hillyer | B: Garret Fort | K: George Robinson<br />

| M: Heinz Roemheld | D: Gloria Holden, Otto Kruger,<br />

Marguerite Churchill, Edward Van Sloan, Nan Grey,<br />

Irving Pichel | 71 min | OF | Als Vorlage für die Fortsetzung<br />

des ersten voll entwickelten Horrorfilms der Universal,<br />

oder vielmehr als ferne Inspiration, diente »Dracula’s<br />

Guest«, ein aus Stokers Romanmanuskript gestrichenes<br />

Kapitel, das dessen Witwe separat als Kurzgeschichte<br />

veröffentlichte. Draculas Tochter nennt sich Gräfin<br />

Zaleska und kommt nach London, um das Treiben ihres<br />

Vaters nicht fortzusetzen, sondern dem Vampirismus<br />

ein Ende zu bereiten. Sie stiehlt Draculas Leichnam<br />

und verbrennt ihn, und sucht professionelle Hilfe.<br />

DRACULA’S DAUGHTER ist einer der ersten Hollywoodfilme,<br />

die die Psychoanalyse thematisieren: Gräfin<br />

Zaleska begibt sich in Behandlung, um ihre schwierige<br />

Vaterbeziehung aufzuarbeiten.<br />

Dienstag, 25. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Son of Frankenstein (Frankensteins Sohn) | USA<br />

1939 | R: Rowland V. Lee | B: Willis Cooper | K: George<br />

Robinson | M: Frank Skinner | D: Basil Rathbone, Josephine<br />

Hutchinson, Boris Karloff, Bela Lugosi, Lionel<br />

Atwill | 99 min | OF | Die nominelle Hauptrolle mag<br />

Basil Rathbone innehaben, spielt er doch den titelgebenden<br />

Sohn, der eigentliche Star ist jedoch Bela Lugosi<br />

als Diener Ygor, der schon einmal am Galgen hing,<br />

aber überlebte und seither einige Rechnungen mit den<br />

Würdenträgern des Ortes offen hat. Er will den heimgekehrten<br />

Sohn dazu bewegen, die Arbeit des Vaters<br />

fortzusetzen. Unter allen Horrorfilmen der Universal hat<br />

SON OF FRANKENSTEIN eine Besetzungsliste, die fast<br />

nur aus Stars besteht und die extravagantesten Bauten<br />

mit beinahe abstrakt anmutenden Sets. Boris Karloff<br />

trägt ein letztes Mal das Monster-Make-up, nach ihm<br />

übernahmen wechselnde Darsteller die Figur.<br />

Dienstag, 2. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Invisible Man Returns (Der Unsichtbare kehrt<br />

zurück) | USA 1940 | R: Joe May | B: Lester Cole,<br />

Curt Siodmak | K: Milton Krasner | M: Hans J. Salter,<br />

Frank Skinner | D: Vincent Price, Sir Cedric Hardwicke,<br />

Nan Grey, John Sutton, Cecil Kellaway | 81 min |<br />

OmU | Die Filme um den Unsichtbaren motivierten ihre<br />

Filmemacher stets zu außerordentlichen Arbeiten. THE<br />

INVISIBLE MAN RETURNS ist ein Musterbeispiel für<br />

eine gelungene Fortsetzung, da er die Prämisse des<br />

ursprünglichen Films erweitert, anstatt sie nur wiederzukäuen.<br />

Ein zu Unrecht wegen Mordes Verurteilter<br />

flieht mithilfe des Unsichtbarkeitsserums; er weiß, dass<br />

die Droge wahnsinnig macht, aber er will den wahren<br />

Täter um jeden Preis entlarven. An der zweiten Horrorfilmwelle<br />

während des Zweiten Weltkrieges waren<br />

zahlreiche Emigranten beteiligt, die am eigenen Leibe<br />

Ausgrenzung und Verfolgung erlebt hatten.<br />

Dienstag, 16. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Wolf Man (Der Wolfsmensch) | USA 1941 | R:<br />

George Waggner | B: Curt Siodmak | K: Joseph Valentine<br />

| M: Charles Previn, Hans J. Salter, Frank Skinner<br />

| D: Claude Rains, Lon Chaney Jr., Evelyn Ankers,<br />

Warren William, Bela Lugosi, Maria Ouspenskaya | 71


min | OmU | Larry Talbot (Lon Chaney Jr.) kehrt aus<br />

den USA heim nach England auf den Landsitz seiner<br />

Familie, wird von einem Werwolf gebissen und selber<br />

zum Werwolf, gegen seinen Willen und bei jedem Vollmond;<br />

einzig eine Silberkugel kann ihn töten. All diese<br />

angeblich uralte Folklore stammt weder aus europäischen<br />

Werwolfmythen, noch aus den totemistischen<br />

Legenden Nordamerikas. Es handelt sich gänzlich um<br />

Erfindungen des Autors Curt Siodmak. Die Verwandlung<br />

führte der Make-up-Künstler Jack Pierce mit Hilfe von<br />

John Fultons Tricks durch. Bela Lugosi hat eine schöne<br />

Rolle als der Wolfsmensch, der Larry »ansteckt«.<br />

Dienstag, 23. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Frankenstein Meets the Wolf Man (Frankenstein<br />

trifft den Wolfsmenschen) | USA 1943 | R: Roy William<br />

Neill | B: Curt Siodmak | K: George Robinson | M:<br />

Hans J. Salter | D: Bela Lugosi, Lon Chaney Jr., Ilona<br />

Massey, Lionel Atwill, Maria Ouspenskaya | 74 min |<br />

OF | FRANKENSTEIN MEETS THE WOLF MAN ist eine<br />

doppelte Fortsetzung. Larry Talbot wird aus dem Grab<br />

geholt, in dem er nach THE WOLF MAN zur ewigen<br />

Ruhe gebettet war. Aber auch THE GHOST OF FRAN-<br />

KENSTEIN wird fortgeschrieben, an dessen Ende das<br />

Gehirn Ygors (Bela Lugosi) in den Körper von Frankensteins<br />

Monster transplantiert worden war. Somit ist es<br />

im Grunde nur logisch, dass nun endlich Lugosi das<br />

Monster spielt. FRANKENSTEIN MEETS THE WOLF MAN<br />

brachte Elemente ein, die dem Monsterkino zuvor fehlten:<br />

packende, präzise Action, mitreißendes Tempo und<br />

einen geradezu apokalyptischen Schluss.<br />

Dienstag, 30. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Son of Dracula (Draculas Sohn) | USA 1943 | R: Robert<br />

Siodmak | B: Eric Taylor, nach einer Story von Curt<br />

Siodmak | K: George Robinson | M: Hans J. Salter | D:<br />

Lon Chaney Jr., Louise Albritton, Robert Paige, Evelyn<br />

Ankers, J. Edward Bromberg | 81 min | OF | Ein geheimnisvoller<br />

Graf Alucard aus Budapest besucht ein altes<br />

Anwesen auf einer Plantage in den Sümpfen Louisianas<br />

– die Besitzerin lud ihn ein, sie hat ein morbides Faible<br />

fürs Okkulte. Die bodenständigen Südstaatler glauben<br />

nicht an solchen Unfug wie Vampirismus. Die separate<br />

Fortsetzung von DRACULA (ohne Bezug zu DRACULA’S<br />

DAUGHTER) erweist sich beim näheren Hinsehen als<br />

eine kühne Paraphrase des ursprünglichen Romans<br />

mit hoch interessanten Aktualisierungen. Die Brüder Siodmak<br />

gaben dem Blutsauger eine Ideologie von »Blut<br />

und Boden«, die Bildgestaltung überwindet den »Gothic<br />

Look« vorheriger Universal-Horrorfilme.<br />

Dienstag, 6. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken<br />

vom Amazonas) | USA 1954 | R: Jack Arnold, unter<br />

Wasser: James C. Havens | B: Harry Essex, Arthur Ross<br />

| K: William E. Snyder | M: Henry Mancini, Hans J. Salter,<br />

Herman Stein | D: Richard Carlson, <strong>Juli</strong>a Adams,<br />

Richard Denning, Nestor Paiva, Antonio Moreno | 79<br />

min | OF | 3D | Aus der Legende um einen Fischmenschen<br />

in Lateinamerika, die dem Produzenten zu Ohren<br />

gekommen war, entstand einer der gelungensten,<br />

spannendsten und zugleich romantischsten Monsterfilme<br />

der 1950er Jahre. Eine amerikanische Expedition<br />

entdeckt in einem entlegenen Zufluss des Amazonas<br />

ein Wesen aus einer verblüffenden Seitenlinie der Evolution.<br />

Jack Arnold bringt 3D in einen neuen Kontext:<br />

Der oft beklemmenden und bedrohlichen Dschungelatmosphäre<br />

setzen die Unterwassersequenzen eine<br />

weitere, traumhafte Dimension entgegen.<br />

Dienstag, 13. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Young Frankenstein (Frankenstein Junior) | USA<br />

1974 | R: Mel Brooks | B: Mel Brooks, Gene Wilder |<br />

K: Gerald Hirschfeld | M: John Morris | D: Gene Wilder,<br />

Peter Boyle, Marty Feldman, Madeline Kahn, Cloris<br />

Leachman | 106 min | OmU | Der Neurologe Frederick<br />

Frankenstein versucht, die Last seines Familiennamens<br />

abzuschütteln, doch eine schicksalhafte Erbschaft führt<br />

ihn zurück in das Labor seines Großvaters. YOUNG<br />

FRANKENSTEIN ist von so tiefer Liebe und Bewunderung<br />

für die Universal-Horrorfilme durchdrungen, dass<br />

der Film wirkt, als entstammte er selber jener Hochphase,<br />

obwohl er gar nicht bei der Universal entstand. Gene<br />

Wilder und Mel Brooks haben den Geist dieser Werke<br />

so weit destilliert, dass es nicht einmal nötig ist, die<br />

einzelnen Filme zu kennen, um die Gags zu genießen<br />

(und YOUNG FRANKENSTEIN ist einer der lustigsten<br />

amerikanischen Filme der 1970er Jahre).<br />

Dienstag, 20. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Universal Monsters<br />

25


Film und Psychoanalyse – »Räume«<br />

Film und Psychoanalyse<br />

GRAVITY<br />

26<br />

In einem Alltagsverständnis haben auch wir Menschen<br />

des 21. Jahrhunderts eine naive, »absolute« Raumauffassung,<br />

d.h. der Raum ist für uns nur eine unhinterfragte<br />

Randbedingung des Inhaltes, den er umfasst.<br />

Doch schon die philosophische Phänomenologie analysiert<br />

Formen des Erlebens von »Raum«.<br />

Was macht dieses Thema für eine Filmbetrachtung interessant?<br />

Was zunächst banal erscheint, dass sich im<br />

Film meist Personen durch Räume bewegen, sich darin<br />

treffen, Umgebungen unterschiedlich erleben und auf<br />

sie reagieren, erweist sich in den Filmen dieser Reihe<br />

als in besonderer Weise mit Bedeutung aufgeladen.<br />

Der vorgeführte Raum ist hier eine Bedingung für die<br />

Entwicklungen der Filmfiguren, Ausdruck einer psychischen<br />

Verfassung oder Metapher für einen Seelenzustand.<br />

Räume können z.B. Geborgenheit vermitteln,<br />

versprechen, repräsentieren – oder für Verlorenheit,<br />

Vergeblichkeit und Bedrängnis stehen.<br />

Die enge Verbindung, das Abbildungsverhältnis und<br />

die wechselseitige Beeinflussung zwischen Räumen<br />

der Außenwelt, wie sie der Film konstituiert, und den<br />

seelischen Innenräumen der Protagonisten wollen wir<br />

in dieser Reihe näher untersuchen. <br />

<br />

Corinna Wernz<br />

Gravity | USA 2013 | R: Alfonso Cuarón | B: Alfonso<br />

Cuarón, Jonás Cuarón | K: Emmanuel Lubezki | M: Steven<br />

Price | D: Sandra Bullock, George Clooney | 90 min<br />

| OF | 3D | Wegen der Zerstörung einer Satellitenstation<br />

durch Weltraumschrott gerät eine Wissenschaftlerin in<br />

eine ausweglos erscheinende »Schiffbruchsituation« im<br />

All. Tatkräftig wie auch psychologisch unterstützt vom<br />

einzigen überlebenden Astronauten muss sie in diesem<br />

kosmischen Kammerspiel traumatische Erlebnisse<br />

überwinden lernen, die sie auf der wie zum Greifen<br />

nahen, doch nun so gut wie unerreichbaren Erde hatte<br />

zurücklassen wollen. Die mehrfach Oscar-prämierte<br />

visuelle Choreografie vermittelt etwa mit Hilfe raffinierter<br />

Kamerarotationen in allen Achsen den krisenhaften<br />

Orientierungsverlust der Protagonistin und<br />

veranschaulicht auch auf verhältnismäßig realistische<br />

Weise physikalische Bewegungsgesetze, was so nur in<br />

der 3D-Projektion erfahrbar wird. Die Verbindung einer<br />

zum Schluss doch konventionellen Heldengeschichte<br />

mit einer ungewöhnlich sinnreichen und spektakulären<br />

Montage macht nachvollziehbar, wie hier ein<br />

Arthouse-Avantgardefilm zum Blockbuster werden<br />

konnte.<br />

Sonntag, 19. März 20<strong>17</strong>, <strong>17</strong>.30 Uhr | Einführung: Salek<br />

Kutschinski, Mathias Lohmer, Corinna Wernz<br />

Birdman or The Unexpected Virtue of Ignorance<br />

(Birdman oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)<br />

| USA 2014 | R: Alejandro González Iñárritu<br />

| B: Alejandro González Iñárritu, Nicolás Giacobone,<br />

Alexander Dilenaris, Armando Bó, nach einem Stück<br />

von Raymond Carver | K: Emmanuel Lubezki | M: Antonio<br />

Sánchez | D: Michael Keaton, Emma Stone, Kenny<br />

Chin, Jamahl Garrison-Lowe, Zach Galifianakis, Edward<br />

Norton | 119 min | OmU | Riggan Thomson, Darsteller<br />

der Fantasyfigur »Birdman«, will mit einer Broadway-<br />

Theater inszenierung endlich als ernsthafter Schauspieler<br />

wahrgenommen werden und raus aus den Fesseln<br />

des Starruhms. Wir Zuschauer sehen ihn aber – im<br />

Wortsinne – meistens drinnen, er hastet durch die<br />

Katakomben des Theaters, im übertragenen Sinn auch


durch das Labyrinth seines kaum mehr zu ordnenden<br />

beruflichen und privaten Lebens. Die Kamera folgt ihm<br />

auf Schritt und Tritt, Schnitte sind durch raffinierte<br />

Digitaltechnik nicht wahrnehmbar. Die klaustrophobische<br />

Bildwelt der Innenräume wird verstörend aufgelockert<br />

durch von Riggan halluzinierte, ausbruchsartige<br />

Schwebe- und Flugvisionen, also durch Fragmente<br />

seiner Birdman-Rollenidentität. Virtuos kommentiert<br />

Iñárritu auf bildlicher Ebene psychische Dilemmata<br />

von Begrenztheit und Entgrenzung.<br />

Sonntag, 30. April 20<strong>17</strong>, <strong>17</strong>.30 Uhr | Einführung: Eva<br />

Friedrich, Matthias Baumgart<br />

Ultimo tango a Parigi (Der letzte Tango in Paris) |<br />

Italien 1973 | R: Bernardo Bertolucci | B: Bernardo Bertolucci,<br />

Franco Arcalli | K: Vittorio Storaro | M: Gato Barbieri<br />

| D: Maria Schneider, Marlon Brando, Jean-Pierre<br />

Léaud, Massimo Girotti, Marie-Hélène Breillat, Catherine<br />

Breillat | 129 min | engl. OmU | Im Post-1968er-Klima,<br />

die Revolution ist passé, stoßen die junge Jeanne und<br />

der verbittert und verzweifelt durch Paris streunende<br />

Amerikaner Paul aufeinander. Er ist 45, sie 20. Paul ist<br />

gerade Witwer geworden, weil seine Frau Rosa sich die<br />

Pulsadern aufgeschnitten hat, Jeanne heiratet in zwei<br />

Wochen den avantgardistischen Filmregisseur Tom.<br />

Ohne auch nur nach ihren Namen zu fragen, beginnen<br />

sie einen amour fou in der magischen Zwischenwelt<br />

einer leerstehenden Pariser Art-Deco-Wohnung. Die<br />

Sexualität ist grob, stark und mit einer verzweifelten<br />

Intensität, als ob es um Leben und Tod ginge. Die Bildsprache<br />

des Films inszeniert den geschlossenen Raum<br />

der Wohnung als Bacon-Gemälde im warmen orangen<br />

Halblicht, als regressiven Innenraum. Das Publikum<br />

wird verführt zur Teilhabe an einer Flucht in Anonymität,<br />

die sich zur reinen Liebe stilisiert und schließlich<br />

scheitert.<br />

Sonntag, 21. Mai 20<strong>17</strong>, <strong>17</strong>.30 Uhr | Einführung:<br />

Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger<br />

The Age of Innocence (Zeit der Unschuld) | USA<br />

1993 | R: Martin Scorsese | B: Jay Cocks, Martin Scorsese,<br />

nach dem Roman von Edith Wharton | K: Michael<br />

Ballhaus | M: Elmer Bernstein | D: Daniel Day-Lewis,<br />

Michelle Pfeiffer, Winona Ryder, Richard E. Grant, Geraldine<br />

Chaplin, Norman Lloyd | 138 min | OmU | New<br />

York in den 1870er Jahren. Der aufstrebende junge<br />

Anwalt Newland Archer hat alle Voraussetzungen, ein<br />

erfolgreiches Leben zu führen, scheitert aber an den<br />

Konventionen seiner unnachgiebig »kultivierten« gesellschaftlichen<br />

Klasse, deren Grausamkeit von Scorsese<br />

demaskiert wird. Die Melancholie einer großen ungelebten<br />

Liebe durchzieht den Film. Fast ausschließlich<br />

Innenräume, »ein semiotisches Gefängnis« (Georg<br />

Seeßlen) voller Pomp und Plüsch, in denen die Menschen<br />

wie eingemauert in das Dekor wirken, reflektieren<br />

die Vorgänge im Inneren der Protagonisten. »Mein<br />

grausamster Film«: Dieses Zitat von Scorsese macht<br />

klar, dass er keinen grundlegenden Unterschied sieht,<br />

welchen Zwängen das Individuum ausgeliefert ist, sei<br />

es nun in einer Mafiaorganisation oder in der besseren<br />

Gesellschaft, am wehrlosesten allerdings durch deren<br />

Verinnerlichung.<br />

Sonntag, 18. Juni 20<strong>17</strong>, <strong>17</strong>.30 Uhr | Einführung: Katharina<br />

Leube-Sonnleitner, Irmgard Nagel<br />

Film und Psychoanalyse<br />

27<br />

ULTIMO TANGO A PARIGI – DER LETZTE TANGO IN PARIS


No secrets! – Bilder der Überwachung<br />

Bilder der Überwachung<br />

28<br />

Die im Münchner Stadtmuseum und in der ERES-Stiftung<br />

ab dem 24. März 20<strong>17</strong> stattfindende Ausstellung<br />

»No secrets! – Bilder der Überwachung« nimmt sich<br />

eines emotional und kontrovers diskutierten und unseren<br />

Alltag zunehmend prägenden Themas an. Seien<br />

es die unter dem Mantra der »Sicherheit« Daten generierenden<br />

Geheimdienste, die KI-Algorithmen neuer<br />

»Big-Data«-Technologien oder die simple Datennutzung<br />

in unserem virtuellen Alltag – die Grenzenlosigkeit<br />

der Möglichkeiten scheint wie die Datenströme selbst<br />

kaum mehr fassbar. Gleichzeitig wird jedoch auch die<br />

zunehmende Grenzenlosigkeit möglichen Missbrauchs<br />

durch Überwachung immer deutlicher. Fokussiert die<br />

Ausstellung diese Problematik über zeitgenössische<br />

Arbeiten aus den Bereichen Fotografie, Video, Malerei,<br />

Plakat und Installation, bietet das Filmmuseum<br />

über eine die Ausstellung begleitende Filmreihe eine<br />

zusätzliche Option an, sich diesem brisanten Komplex<br />

anzunähern. Eine Option, die umso wichtiger ist, als<br />

die Beziehung zwischen dem Kino und der Thematik<br />

»Überwachung« so alt ist wie das Kino selbst und<br />

mit einem historischen Blick auch deutlich wird, dass<br />

unsere gegenwartszentrierten Ängste alles andere als<br />

originär sind.<br />

Von Beginn an war es das Ziel des Kinos Bewegung<br />

aufzuzeichnen, beliebig wiederholbar und damit<br />

analysierbar zu machen. Die Filme der Brüder Lumière<br />

sind dafür exemplarisch. Sie hielten das »Alltägliche«<br />

und »Gewöhnliche« fest; das bisher »Unbeachtete« erlangte<br />

plötzlich Bedeutung. In LA SORTIE DES USINES<br />

LUMIÈRE (1895) beobachtet Louis Lumière durch seine<br />

Kamera nicht nur als Filmemacher, sondern auch aus<br />

der Position des Fabrikbesitzers Arbeiter beim Verlassen<br />

seiner Fabrik. Sein Interesse, über seine Arbeitnehmer<br />

Bescheid zu wissen, scheint in unseren mediengeschulten<br />

Augen vielleicht banal und alltäglich, kann<br />

aber durchaus als frühes Beispiel für Überwachung am<br />

Arbeitsplatz interpretiert werden.<br />

Mit der Erweiterung narrativer Elemente im Film<br />

wird auch bezüglich der Überwachungs-Thematik immer<br />

deutlicher, dass Film, wie Alphons Silbermann es<br />

betont hat, immer auch »eine Art von Mikrokosmos« ist,<br />

in dem sich »das Bild einer Kultur wiederfinden lässt,<br />

und zwar derjenigen selbst, deren Produkt er ist.« In<br />

den ersten Mikrodramen der Überwachung setzen<br />

sich diese Bilder hauptsächlich aus Geschichten um<br />

unschuldig Verdächtigte (FALSELY ACCUSED, 1908)<br />

und unfreiwillige Enthüllungen von vertraulichen und<br />

peinlichen Momenten (THE EVIDENCE OF FILM, 1913)<br />

zusammen. Das Kino spielt hier mit der Angst, bei<br />

etwas nicht für die Öffentlichkeit Bestimmtem nicht<br />

nur entdeckt, sondern »abgebildet« worden zu sein.<br />

Eine durchaus reale Angst, denn die ersten kompakten<br />

»Geheimkameras« existierten tatsächlich bereits.<br />

Mit der zunehmenden Konfrontation zwischen Besitzenden<br />

und Besitzlosen und der legalen Politisierung<br />

des Alltags erhalten auch die visuellen Umsetzungen<br />

dieser Verhältnisse neue Nahrung. Der vielleicht erste<br />

LOW DEFINITION CONTROL – MALFUNCTIONS #0


Spielfilm, in dem visuelle Überwachung Thema ist,<br />

entsteht. Jakov Protasanovs AELITA (1924) erzählt von<br />

einer Apparatur, die Leben auf anderen Planeten ausspionieren<br />

soll. Dann geht es Schlag auf Schlag. Fritz<br />

Lang stellt in METROPOLIS (1926) ein visuelles Inter face<br />

vor, mit dem die Arbeiter kontrolliert werden können.<br />

Charlie Chaplin zitiert und erweitert diese Apparatur in<br />

MODERN TIMES (1936) noch einmal. Den dystopischen<br />

Charakter von Überwachung darzustellen erlaubt sich<br />

– zumindest anfänglich – sogar noch die Filmproduktion<br />

im »Dritten Reich«: In Harry Piels DIE WELT OHNE<br />

MASKE (1934) gelingt es gerade noch so, eine eben<br />

erfundene »Allsicht-Apparatur« auch wieder zu vernichten.<br />

Mit den 1950ern taucht erstmals der voyeuristische<br />

Blick der Überwachung im Film auf, der gleichzeitig<br />

zur Obsession wird. In Filmen wie Alfred Hitchcocks<br />

REAR WINDOW (1954) oder Michael Powells<br />

PEEPING TOM (1960) findet darüber hinaus jedoch<br />

auch eine Hinwendung zu komplexen Erzählstrukturen<br />

und ein verunsicherndes Reflektieren über das<br />

Medium und den Moment der Überwachung an sich<br />

statt. Diese »privatistische« Phase der Überwachung<br />

im Film wird jedoch schon bald von der zunehmenden<br />

Politisierung der Überwachung im öffentlichen Leben<br />

verdrängt. Versucht Karel Kachyňa in UCHO (1970) die<br />

Auswirkungen stalinistischen Überwachungsterrors bis<br />

ins intimste Privatleben zu verdeutlichen, reflektiert<br />

Francis Ford Coppola in THE CONVERSATION (1974)<br />

die staatlichen Abhörmaßnahmen und deren Missbrauch,<br />

die durch die Watergate-Affäre publik geworden<br />

sind. Coppola gelingt zudem ein echter Paradigmenwechsel<br />

– »Die Überwachung ist«, wie es Thomas<br />

Y. Levin 2004 formulierte, »zur Bedingung der Narration<br />

selbst geworden«; während etwa bei PEEPING TOM<br />

noch eindeutige Merkmale wie eingeblendete Sucherrahmen<br />

den »überwachenden Blick« innerhalb der<br />

Erzählung von der erzählenden Instanz trennen, findet<br />

bei Coppola »ein Übergang von einer ›thematischen‹ zu<br />

einer ›strukturellen‹ Indienstnahme der Überwachung<br />

statt«. Michael Klier führt diesen Ansatz in seinem völlig<br />

aus Videoaufnahmen von Überwachungskameras<br />

montierten Film DER RIESE (1983) ins theoretische<br />

Extrem. Dystopische und narrative Verortungen dieser<br />

neuen Realität folgen in den nächsten Jahrzehnten mit<br />

immer wieder erweiterten Arsenalen von technologischen<br />

Mitteln. Dezent eingebettet in Michael Radfords<br />

Orwell-Umsetzung von NINETEEN EIGHTY-FOUR (1984)<br />

oder Peter Weirs THE TRUMAN SHOW (1998), dann<br />

wieder aggressiv betont in den inzwischen fast schon<br />

ikonografisch für die Thematik geltenden Einstellungen<br />

des Action-, Thriller- und Spionage-Franchises THE<br />

BOURNE IDENTITY (2004-2016).<br />

Gleichzeitig und gewissermaßen auf die An fänge<br />

der symbiotischen Beziehung zwischen Kino und Überwachung<br />

rekurrierend nehmen Dokumentarfilme verstärkt<br />

Coppolas und Kliers Ansatz der strukturellen<br />

Überwachung an, ohne dabei die Bedeutung biografischer<br />

Elemente zu vergessen: Es werden Mikrokosmen<br />

der Überwachung wie Mailands Flughafen Malpensa (IL<br />

CASTELLO, 2011) gezeigt, die zunehmende Überwachung<br />

durch das Sammeln von Daten im öffentlichen<br />

Raum und in der Medizin verfolgt (LOW DEFINITION<br />

CONTROL – MALFUNCTIONS #0, 2011), aber auch<br />

Lebenslinien durchleuchtet – Blogger und Kryptologen<br />

(ALLES UNTER KONTROLLE, 2015), langjährige Geheimdienstmitarbeiter<br />

(THE GOOD AMERICAN, 2015)<br />

oder ein Whistleblower wie Edward Snowden (CITIZEN-<br />

FOUR, 2014).<br />

Axel Timo Purr<br />

Ucho (Das Ohr) | ČSSR 1970 | R: Karel Kachyňa |<br />

B: Jan Procházka, Karel Kachyňa | K: Josef Illík | M:<br />

Svatopluk Havelka | D: Jirina Bohdalová, Radoslav<br />

Brzobohaty, Gustav Opocensky, Miloslav Holub, Lubor<br />

Tokos | 94 min | OmeU | Prag 1952: Ein hoher Beamter<br />

und seine Frau haben den Verdacht, dass ihr<br />

Haus durchsucht worden ist und sie abgehört werden<br />

– vom staatlichen »Ohr«. Der Minister war in letzter<br />

Zeit scharfen Angriffen durch die Partei ausgesetzt und<br />

glaubt nun, dass seine Verhaftung bevorsteht. Die aufkommende<br />

Panik lässt auch die zwischen dem Ehepaar<br />

schwelenden Gegensätze losbrechen. Verbale Angriffe,<br />

versuchte Verletzungen und ausschweifender Alkoholkonsum<br />

erinnern an das Paar aus »Wer hat Angst vor<br />

Virginia Woolf?«, doch schwebt hier über allem noch<br />

eine diffuse Angst und Beklemmung. Der Film wurde<br />

im »Prager Frühling« begonnen und nach Fertigstellung<br />

verboten.<br />

Freitag, 24. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Nineteen Eighty-Four (1984) | GB 1984 | R+B: Michael<br />

Radford, nach dem Roman von George Orwell |<br />

K: Roger Deakins | M: Dominic Muldowney | D: John<br />

Hurt, Suzanna Hamilton, Richard Burton, Cyril Cusack,<br />

Phyllis Logan | 108 min | OF | Werkgetreue Adaption<br />

des dystopischen Romans von George Orwell aus dem<br />

Jahr 1948. Im Land Ozeanien werden alle Bürger auf<br />

ihre Treue zum System überwacht, beherrscht wird<br />

das Reich von der »Partei«, geleitet vom »Big Brother«.<br />

Winston Smith, der für das »Ministerium für Wahrheit«<br />

arbeitet, begeht eines Tages ein Gedankenverbrechen,<br />

Bilder der Überwachung<br />

29


Bilder der Überwachung<br />

30<br />

als er beginnt am System zu zweifeln, was der Staat<br />

mit Gehirnwäsche zu bekämpfen weiß. Die Vision eines<br />

totalitären Überwachungsstaates zeigt sich in ausgebleichten<br />

Farben und grobkörnigen Bildern, die sich<br />

nur in der originalen 35mm-Kopie wiederfinden, die zur<br />

Vorführung gelangt.<br />

Samstag, 25. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Conversation (Der Dialog) | USA 1974 | R+B:<br />

Francis Ford Coppola | K: Bill Butler | M: David Shire |<br />

D: Gene Hackman, John Cazale, Allen Garfield, Frederic<br />

Forrest, Cindy Williams | 109 min | OmU | Ein erfahrener<br />

Abhörspezialist in San Francisco hört das Gespräch<br />

eines jungen Paares mit an und gerät mit seinem Gewissen<br />

in Konflikt. Die Geschichte ist allein aus der<br />

Sicht dieses Abhörtechnikers erzählt. »Da das Publikum<br />

aber nur weiß, was er weiß, erfährt es nie, was wirklich<br />

passiert ist. Man hat bloß Vermutungen. Und weil er<br />

ein Tontechniker ist, fängt das Publikum natürlich an,<br />

die Welt so zu hören, wie er sie hört. In dem Handwerk<br />

liegt so viel Genugtuung – das spürt man in der Szene,<br />

wo Harrys vier Kollegen nach der Konferenz zu elektronischer<br />

Überwachungstechnik über ihr Handwerk und<br />

über Harry als einen der großen Meister ihres Fachs<br />

reden. Es ist das Porträt eines Künstlerclans.« (Walter<br />

Murch)<br />

Sonntag, 26. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Alles unter Kontrolle | Österreich 2015 | R+B: Werner<br />

Boote | K: Dominik Spritzendorfer, Mario Hötschl |<br />

M: Marcus Nigsch | 93 min | Aus Taten werden Daten.<br />

Facebook, Amazon und Google liefern uns rund<br />

um die Uhr den Zugang zur bequemen digitalen Welt.<br />

Überwachungskameras auf der Straße sorgen für unsere<br />

Sicherheit. Aber wer sammelt eigentlich unsere<br />

Fingerprints, Iris-Scans, unsere Vorlieben beim Online-Shopping<br />

und was wir in den sozialen Netzwerken<br />

teilen? Was ist mit unserem Recht auf Privatsphäre?<br />

Der Filmemacher Werner Boote macht sich mit gespielter<br />

Naivität auf den Weg rund um den Globus, um die<br />

»schöne neue Welt« der totalen Kontrolle zu erkunden.<br />

»Wir haben die Entscheidungsmacht über unsere Daten<br />

abgegeben. Das sollte uns Sorgen machen«, sagt<br />

Internet-Aktivist Jacob Applebaum. Selbst Banken,<br />

Regierungen und ein iranisches Atomkraftwerk wurden<br />

schon gehackt.<br />

Dienstag, 28. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Der Riese | BRD 1983 | R+B+K: Michael Klier | 82<br />

min | »Ein unkonventionell montiertes Essayvideo über<br />

die Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Das Video<br />

verwendet dokumentarisches Material aus ferngesteuerten<br />

Überwachungskameras von öffentlichen<br />

Straßen, Plätzen, Einkaufspassagen und Transiträumen<br />

wie Flughäfen und Bahnhöfen sowie Aufnahmen aus<br />

Banken, Kaufhäusern, Supermärkten und privaten<br />

Geländen und Gebäuden. Durch die Verknüpfung verschiedener<br />

Aufnahmen im realistischen Stil entsteht<br />

der Eindruck eines zentralen Überwachungsapparates<br />

als anonymes, mächtiges Subjekt, das allgegenwärtig<br />

alles sieht, aber selbst nicht gesehen werden kann.«<br />

(Reinhard Wolf) »Eine unheimliche Sinfonie der gegen-<br />

THE CONVERSATION


wärtigen Großstadt, überwacht vom unsichtbaren Auge<br />

einer allumfassenden Kontrollinstanz, die der Filmtitel<br />

suggerierte.« (Die Presse)<br />

Mittwoch, 29. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Citizenfour | USA 2014 | R+B: Laura Poitras | K: Kirsten<br />

Johnson, Trevor Paglen, Laura Poitras, Katy Scoggin<br />

| 114 min | OmU | Im Juni 2013 treffen sich die Filmemacherin<br />

Laura Poitras und der Journalist Glenn Greenwald<br />

in Hongkong mit Edward Snowden, dem Whistleblower<br />

des US-Geheimdienstes, der ihnen Beweise<br />

für die Massenüberwachung und Massenausspähung<br />

normaler Bürger durch die NSA in Aussicht gestellt hat.<br />

Poitras dokumentierte die Treffen mit der Kamera. »Von<br />

pseudo-demokratischen Beteuerungen amerikanischer<br />

Politiker und den ersten Whistleblowern über die Panoramen<br />

riesiger Geheimdienstzentralen führt der Film<br />

in die klaustrophobische Enge des Hotelzimmers in<br />

Hongkong, wo Snowden auf den Moment der Enttarnung<br />

wartet. CITIZENFOUR macht geradezu physisch<br />

erfahrbar, was ein autoritärer Überwachungsstaat ist,<br />

und dass auch wir mittendrin sitzen.« (Grit Lemke)<br />

Dienstag, 4. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Low Definition Control – Malfunctions #0 | Österreich<br />

2011 | R+B+K: Michael Palm | 95 min | Überwachungskameras,<br />

medizinische Ultraschalldetektoren<br />

und Computertomographen produzieren Vorstellungen<br />

von konformem Verhalten und gesunden Körpern, aber<br />

auch von Abweichungen, Auffälligkeiten und verborgenen<br />

Risiken. Im Zeichen von Terrorangst, Risikoprävention<br />

und umfassenden Kontrollphantasmen lenken<br />

diese Bilder den Blick auf eine mögliche Zukunft. Man<br />

könnte LOW DEFINITION CONTROL auch einen dokumentarischen<br />

Science Fiction-Film nennen. In einer Gesellschaft,<br />

die Öffentlichkeit primär als Ort von Risiken<br />

denkt, hängt von der ständigen Beobachtung nahezu<br />

alles ab. Sind wir vom eugenischen, technisch abgespeicherten,<br />

verhaltensnormierten Menschen nur mehr<br />

einen Schritt entfernt? Sind wir auf dem Weg in einen<br />

Polizeistaat?<br />

Mittwoch, 5. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

A Good American | Österreich 2015 | R+B+K: Friedrich<br />

Moser | M: Christopher Slaski, Guy Farley | 104 min<br />

| OmU | Das mathematische Genie Bill Binney nimmt<br />

nach Ende des Kalten Krieges die Herausforderungen<br />

des digitalen Zeitalters an und entwickelt ein Überwachungstool,<br />

das jedes elektronische Signal auf der<br />

ganzen Welt erfassen, es nach Zielobjekten filtern, Ergebnisse<br />

in Echtzeit liefern kann und dabei auch noch<br />

die Privatsphäre der BürgerInnen schützt, wie von der<br />

US-Verfassung verlangt. Doch sein algorithmenbasiertes<br />

Observierungsprogramm ThinThread, das aus dem<br />

Wust selbst anonymisierter Daten Bewegungs- und Gefährdungsprofile<br />

von Terroristen zu extrahieren wusste,<br />

scheiterte an Eigeninteressen und Cliquenwirtschaft<br />

innerhalb der NSA. Die investigative Analyse fördert erstaunliche<br />

Fakten zutage, welche die NSA als ein von<br />

Korruption geleitetes Unternehmen zeigen.<br />

Dienstag, 11. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Il Castello (Die Festung) | Italien 2011 | R+B: Massimo<br />

D’Anolfi & Martina Parenti | 90 min | OmeU | Eine<br />

Langzeitbeobachtung auf dem Flughafen von Mailand.<br />

»Wir entschlossen uns, einen Film auf einem internationalen<br />

Flughafen zu drehen, weil sich heutzutage<br />

nirgendwo sonst unsere Besessenheit mit Sicherheit,<br />

unsere Furcht vor allem Fremdem und unser Wille nach<br />

totaler Kontrolle besser festmachen lässt. Zwei Personengruppen<br />

bewegen sich auf jedem Airport: Einerseits<br />

die Reisenden, die hin und her hasten, andererseits das<br />

Flughafenpersonal, das seine Arbeit versieht. Unsere<br />

Kamera blickt in Räume, die man sonst nicht zu sehen<br />

bekommt, registriert das ewige Wechselspiel zwischen<br />

Kontrolleuren und Kontrollierten, zwischen geplanten<br />

Aktionen und zufälligen Ereignissen. Wir haben die Sicherheitskräfte<br />

bei ihrer Arbeit beobachtet, nicht aber<br />

deren Blick zu unserem gemacht.« (D’Anolfi & Parenti)<br />

Mittwoch, 12. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Bilder der Überwachung<br />

31


Die Vieldeutige – Porträt Cate Blanchett<br />

Cate Blanchett<br />

32<br />

MANIFESTO © (<strong>Juli</strong>an Rosefeldt) VG Bild-Kunst Bonn, 20<strong>17</strong><br />

Am Ende war ihr Aufenthalt in Berlin also doch für etwas<br />

gut. Zwar spielt Cate Blanchett in MONUMENTS<br />

MEN eine der ganz wenigen undankbaren Rollen ihrer<br />

Karriere. Aber die Drehpausen nutzte sie fabelhaft: Sie<br />

nahm das Angebot des Berliner Künstlers <strong>Juli</strong>an Rosefeldt<br />

an, in seiner Installation MANIFESTO mitzuwirken.<br />

Blanchett leiht darin ihre darstellerische Intensität an<br />

ein einzigartig ambitioniertes Projekt aus: Sie zitiert aus<br />

zentralen revolutionären künstlerischen Manifesten des<br />

20. Jahrhunderts. Zwölf unterschiedliche Rollen erweckt<br />

sie dabei zu filmischem Leben und zeigt ebenso<br />

viele Facetten ihrer Schauspielkunst. Blanchetts Gesicht<br />

ist keine Projektionsfläche, sondern ein Spielfeld<br />

von Aufruhr und Widerspruch. Nicht immer trägt sie ein<br />

weibliches Antlitz. Sie verkörpert eine Immobilienmaklerin,<br />

eine Managerin, eine russische Choreografin,<br />

auch einen Obdachlosen.<br />

Zweifellos hat sich Rosefeldt daran erinnert, wie bravourös<br />

sie sich bereits in Todd Haynes’ I’M NOT THERE<br />

in eine männliche Figur eingefühlt hat: Dort ist sie eine<br />

der sechs Inkarnationen von Bob Dylan. Die Installation<br />

profitiert nicht nur von der Wandlungsfähigkeit der<br />

australischen Schauspielerin, sondern auch von der<br />

Bereitschaft, sich von ihrer außerordentlichen, leuchtenden<br />

Schönheit nicht auf bestimmte Rollen festlegen<br />

zu lassen. Die Neugierde und Empfindsamkeit dieser<br />

Künstlerin, die ursprünglich Wirtschaft und Kunst studierte<br />

und zeitweilig gern Architektin geworden wäre,<br />

will sich nicht beschränken. Gemeinsam mit ihrem<br />

Mann nahm sie die Herausforderung an, in Sydney ein


Theater zu leiten, das weltweit gefeierte Gastspiele gibt.<br />

Cate Blanchett traut man den gleichen Mut zu, sich auf<br />

verwegene Abenteuer einzulassen, der auch ihre Figuren<br />

auszeichnet.<br />

Ein glaubwürdiger Anachronismus<br />

Das gilt bereits für ihre erste große Kinorolle in OSCAR<br />

AND LUCINDA, der Chronik einer sanften Liebesverrücktheit,<br />

einer wunderlichen Anziehung. In Gillian<br />

Armstrongs leichtfüßiger Romanadaption, die im 19.<br />

Jahrhundert spielt, bildet Blanchett das robuste Gegenbild<br />

zu Ralph Fiennes als englischem Pastorensohn<br />

Oscar, dem der religiöse Eifer des Vaters Schuldgefühle<br />

eingeflößt hat, an denen er sein Leben lang zu tragen<br />

hat. Ihr Körperspiel, entschlossener Gang und wacher<br />

Blick wirken ungemein modern: Lucinda ist eine Vorbotin<br />

weiblicher Selbstbestimmung. Durch den Tod ihrer<br />

Mutter erbt sie ein Vermögen. Ihre erste Liebe gilt dem<br />

Glasspielzeug, weshalb sie kurzerhand eine marode<br />

Glashütte in Sydney aufkauft und zu einer mutigen und<br />

geschäftstüchtigen Unternehmerin wird. Auch im Privatleben<br />

entwickelt sie sich zu einer Hasardeurin, die<br />

sich arglos über die moralischen Verschnürungen ihrer<br />

Zeit hinwegsetzt. Gemeinsam mit Oscar entdeckt sie<br />

die Begeisterung fürs Glücksspiel, was für eine Dame<br />

der Gesellschaft ein höchst anrüchiger Zeitvertreib ist.<br />

Blanchett deutet ihn nicht als selbstzerstörerische Passion,<br />

sondern als Spielfeld der Komplizenschaft.<br />

Auch Queen Elizabeth I. legt sie als eine Frau an, deren<br />

Eigensinn in ihrer Epoche Anstoß erregt. Die Thronfolgerin<br />

ist sprunghaft und launisch. Der Tanz ist ein Leitmotiv,<br />

das Shekhar Kapur in seinem Biopic regelmäßig<br />

anklingen lässt, um ihren spielerischen Zugriff aufs<br />

Leben vor Augen zu führen. Elizabeth fühlt sich nicht<br />

an die Moralvorstellungen ihrer Zeit gebunden, unterhält<br />

eine skandalöse Liebschaft zu einem verheirateten<br />

Adligen und schlägt jede Eheschließung aus, die ihrem<br />

Land dringend nötige Bündnispartner bescheren könnte.<br />

Blanchetts sinnliche Darstellung bricht mit dem Bild<br />

der jungfräulichen Königin, das im Kino zuvorderst Bette<br />

Davis und Jean Simmons prägten. Jedoch wird ihr die<br />

Zweideutigkeit ihres Körpers bewusst, der ihr nun nicht<br />

mehr allein, sondern dem Staat gehört. Das Geschäft<br />

des Regierens muss sie wie eine Rolle einstudieren,<br />

die Selbstbewusstsein und Souveränität verlangt. Blanchett<br />

spielt dies als eine Tragödie des Verlustes; nicht<br />

nur an Spontaneität und Freiheit. Ihre Figuren müssen<br />

stets einen Preis dafür zahlen, so zu sein, wie sie sind.<br />

Die Härte und Grausamkeit, mit der sie sich gegen ihre<br />

zahlreiche Widersacher zur Wehr setzen muss, lassen<br />

ihr Gesicht zu einer bleichen Maske versteinern.<br />

Noble Herausforderungen<br />

Blanchetts natürliche Anmutung von Adel kommt einer<br />

amerikanischen Sehnsucht nach Aristokratie entgegen.<br />

In THE AVIATOR verkörpert sie Katharine Hepburn,<br />

Hollywoods Inbegriff der höheren Tochter. Ihre Eigenständigkeit<br />

stellt eine verlockende Herausforderung für<br />

Howard Hughes dar, die Titelfigur von Scorseses Film.<br />

Sie ist die einzige ebenbürtige, ernsthafte Gefährtin,<br />

die der Industrielle während seiner Eskapade nach<br />

Hollywood findet. In THE CURIOUS CASE OF BENJAMIN<br />

BUTTON verleiht sie einer anderen amerikanischen<br />

Vorstellung von Adel Gestalt: Sie variiert die Figur der<br />

unerreichbaren Südstaaten-Prinzessin, die zumal das<br />

Frühwerk von F. Scott Fitzgerald heimsucht. In dessen<br />

Vorlage gibt es kein wirkliches Vorbild für Daisy,<br />

die indes im Film als archetypische Fitzgerald-Heldin<br />

gezeichnet ist: Sie lebt den Traum von dessen Ehefrau<br />

Zelda aus, eine gefeierte Balletttänzerin zu werden und<br />

trägt den Vornamen der verlorenen Liebe Jay Gatsbys<br />

aus dessen berühmtestem Roman. Dass Daisy für Benjamin<br />

durchaus erreichbar ist, entzaubert sie letztlich<br />

nicht.<br />

Die Protagonistin von Woody Allens Tragikomödie BLUE<br />

JASMINE wiederum muss eingangs ihre Träume von<br />

der Zugehörigkeit zur besseren Gesellschaft begraben.<br />

Nachdem die dubiosen Geschäfte ihres Ehemannes<br />

aufgeflogen sind und dieser in der Haft Selbstmord<br />

begangen hat, versucht die egozentrische, verwöhnte<br />

Jasmine an der Seite ihrer ungleichen Schwester einen<br />

Neuanfang. Es fällt ihr schwer, sich vom Luxusleben zu<br />

verabschieden; ihr ungebrochen mondänes Auftreten<br />

jedoch könnte ihr womöglich erneut Zutritt zur High<br />

Society verschaffen. Jasmine erscheint arglos, bis eine<br />

böse Schlusspointe dies entlarvt.<br />

Auch Sheba, die idealistische, überforderte Lehrerin<br />

in NOTES ON A SCANDAL, zeichnet Blanchett als eine<br />

Figur, die man auf den ersten Blick unterschätzt. Ihre<br />

ältere Kollegin Barbara, die ihr mit abschätzigem, begehrlichem<br />

Blick nachstellt, rätselt anfangs, ob sie nun<br />

eine Sphinx ist oder einfach nur dumm. Erneut wird<br />

eine innige Beziehung zum Spielfeld sozialer Gegensätze:<br />

Barbara stammt aus einfachen Verhältnissen,<br />

Sheba hingegen gehört der Mittelklasse an. Blanchett<br />

gelingt es, einer oberflächlichen Figur unerwartete Tiefe<br />

zu verleihen. Sheba verliebt sich in einen minderjährigen<br />

Schüler und wird dadurch erpressbar. Es fehlt ihr<br />

an Willensstärke, sie ist ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert.<br />

Blanchett weckt eine Ahnung davon, wie unerfüllt<br />

ihre bürgerliche Existenz bis dahin war, spürt aber<br />

zugleich plausibel der Möglichkeit ihrer moralischen<br />

Genesung nach.<br />

Cate Blanchett<br />

33


Cate Blanchett<br />

34<br />

Preis und Mehrwert<br />

Richard Eyre, der NOTES ON A SCANDAL inszeniert<br />

hat, rühmte ihre methodische Vorbereitung auf die Rolle,<br />

hob aber auch hervor, dass sie und ihre Regisseure<br />

sich unbedingt auf ihren Instinkt verlassen können. So<br />

bereichert sie ihre Rollen um ungekannte Nuancen.<br />

Beispielsweise bestand sie darauf, dass Sheba ihr<br />

Hobby, das Töpfern, mit großer Begabung ausübt. Sie<br />

bereichert ihre Rollen um kleine, kaum merkliche Details.<br />

Die Aufmerksamkeit, die sie Requisiten schenkt,<br />

ist enorm. Man achte nur einmal darauf, wie sie als<br />

TV-Produzentin Mary Mapes in TRUTH beim Telefonieren<br />

mit einem Baseball spielt oder in entscheidenden<br />

Momenten ihre Brille aufsetzt. In der ersten Szene<br />

überrascht sie einen Anwalt, der sie für eine reinrassige<br />

Feministin hält, damit, dass sie strickt. Blanchett befreit<br />

ihre Charaktere aus Kategorien, die ihnen in Hollywood<br />

traditionell zugeschrieben werden. Zwar muss sich<br />

Mary Mapes in TRUTH insgeheim dafür rechtfertigen,<br />

eine abwesende Mutter und Ehefrau zu sein. Aber<br />

dieser Vorbehalt schmälert nicht das gesellschaftliche<br />

Mandat, das sie hier als Enthüllungsjournalistin mit Professionalität<br />

und Überzeugungskraft ausübt.<br />

Blanchett ist auch neugierig auf Charaktere, die von den<br />

Filmen nicht in traditionelle romantische Verhältnisse<br />

verstrickt werden. Ihre Weiblichkeit ist vielschichtiger,<br />

als dass sie sich nur in Liebesbeziehungen erweisen<br />

müsste. In HEAVEN, den Tom Tykwer nach einem nachgelassenen<br />

Drehbuch Krzysztof Kiesłowskis gedreht<br />

hat, gelingt ihr ein erstaunlicher Spagat. Sie spielt die<br />

englische Lehrerin Philippa, die ein Attentat auf einen<br />

Geschäftsmann verüben will, der den Heroinhandel in<br />

Turin kontrolliert; weniger aus Rache für den Tod ihres<br />

Mannes, sondern vielmehr, um ihre Schüler zu schützen.<br />

Beim Verhör erfährt sie dann jedoch, dass die<br />

Bombe statt des Dealers vier Unschuldige getötet hat.<br />

Ein junger Carabiniere, der für sie dolmetscht, verliebt<br />

sich in die tugendhafte Mörderin, verhilft ihr zur Flucht.<br />

In Tykwers Film schiebt sich vor die ethischen Konflikte<br />

zwar langsam das Melodram eines ungleichen Paares,<br />

das sich gegen die Welt verschwören muss. Aber ihre<br />

Gefährtenschaft ist eine moralische, keine rein erotische.<br />

Gefühle will diese Schauspielerin stets in ihrer<br />

Mehrdeutigkeit kenntlich werden lassen. Sie weiß, dass<br />

sie es ihrer Kunst schuldig ist, so facettenreich und rätselhaft<br />

wie das Leben zu sein.<br />

Gerhard Midding<br />

Das Filmprogramm ist eine Kooperation mit dem Museum Villa<br />

Stuck und der Sammlung Goetz und begleitet die Ausstellung »Manifesto.<br />

<strong>Juli</strong>an Rosefeldt«, die bis zum 21. Mai 20<strong>17</strong> im Museum<br />

Villa Stuck zu sehen ist.<br />

Oscar and Lucinda (Oscar und Lucinda) | Australien<br />

1997 | R: Gillian Armstrong | B: Laura Jones, nach<br />

dem Roman von Peter Carey | K: Geoffrey Simpson |<br />

M: Thomas Newman | D: Cate Blanchett, Ralph Fiennes,<br />

Ciarán Hinds, Tom Wilkinson, Richard Roxburgh |<br />

132 min | OF | Mitte des 19. Jahrhunderts lässt sich<br />

der junge englische Theologiestudent Oscar Hopkins<br />

als Missionar nach Australien entsenden, um so seiner<br />

Leidenschaft fürs Glücksspiel zu entfliehen. Während<br />

der Überfahrt verliebt er sich in eine nicht minder<br />

passionierte Spielerin, was fatale Folgen für beide hat.<br />

Jahre später soll eine Wette um den Bau einer Kirche<br />

aus Glas mitten im australischen Urwald die Erlösung<br />

bringen. Das opulente epische Melodram bedeutete<br />

den internationalen Durchbruch für Cate Blanchett.<br />

Schon hier spielt sie eine Frau jenseits der Konventionen,<br />

die ihr Glück im Risiko sucht und das Schicksal in<br />

die eigene Hand nimmt.<br />

Mittwoch, 29. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Elizabeth | GB 1998 | R: Shekhar Kapur | B: Michael<br />

Hirst | K: Remi Adefarasin | M: David Hirsch felder | D:<br />

Cate Blanchett, Geoffrey Rush, Christopher Eccle ston,<br />

Joseph Fiennes, Richard Attenborough, Fanny Ardant |<br />

124 min | OmU | Als Elizabeth I., die illegitime Tochter<br />

Heinrichs VIII., 1559 als junge Frau den englischen<br />

Königsthron besteigt, beendet sie die blutige »Rekatholisierung«<br />

ihrer Vorgängerin Mary I. und setzt die protestantische<br />

Konfession wieder ein. Einer immer wieder<br />

beschworenen Verheiratung entkommt sie, indem sie<br />

weiß geschminkt dem versammelten Hofstaat erklärt:<br />

»Ich bin mit England verheiratet.« Sie ist intelligent, entschieden,<br />

unnahbar – und faszinierend. Cate Blanchett<br />

definierte ihre Rolle als die Geschichte einer Frau, »die<br />

in Zeiten, als die Frauen nichts zählten, zwischen Liebe<br />

und Pflicht segeln musste, und die Heirat verweigerte,<br />

um niemandem verpflichtet zu sein und allein regieren<br />

zu können.«<br />

Mittwoch, 5. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Heaven | Deutschland 2002 | R: Tom Tykwer | B:<br />

Krzysztof Kiesłowski, Krzysztof Piesiewicz | K: Frank<br />

Griebe | D: Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Remo<br />

Girone, Stefania Rocca, Alessandro Sperduti | 97 min |<br />

OmU | Der junge Carabiniere Filippo verliebt sich in eine<br />

Attentäterin, die den Boss des Turiner Drogensyndikats<br />

ermorden wollte und durch eine Verkettung unglücklicher<br />

Umstände vier unschuldige Menschen tötete. Er<br />

verhilft ihr zur Flucht. Tom Tykwer schafft aus der Vorlage<br />

ein eindringliches Drama über Schuld und Kraft<br />

der Liebe in einer für Kieslowski typischen Mischung


aus Thriller, Melodram und Psychogramm. »Blanchett<br />

bestätigt wieder einmal ihr Können. Sie sucht weder<br />

den Effekt noch hält sie sich zurück, sie spielt ganz<br />

direkt und überzeugend eine Frau, die durch Trauer<br />

und Wut unbesonnen handelt und dann mit den Konsequenzen<br />

leben muss.« (Roger Ebert)<br />

Mittwoch, 12. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Aviator | USA 2004 | R: Martin Scorsese | B: John<br />

Logan | K: Robert Richardson | M: Howard Shore | D:<br />

Leonardo DiCaprio, Cate Blanchett, Kate Beckin sale,<br />

John C. Reilly, Alec Baldwin, Alan Alda, Jude Law<br />

| <strong>17</strong>8 min | OmU | Das Leben des amerikanischen<br />

Tycoons Howard Hughes (1905–1976) als Monumentalfilm.<br />

»Man kann in den Massenszenen ›baden‹<br />

und an der keimfreien Heroisierung des jungen Exzentrikers<br />

Howard Hughes das Staunen neu lernen.<br />

Doch den Gipfel seiner Kunst erklimmt Scorsese nur<br />

in einer Nebenhandlung, die Cate Blanchett als Katharine<br />

Hepburn einführt. Was als ironisch überdrehte<br />

Karikatur beginnt, mit der Gestus, Stimme und Diktion<br />

der eigenwilligen Komödiendarstellerin bereits<br />

zu einer wunderschönen Hommage zugefeilt werden,<br />

verdichtet sich alsbald zu einem intimen Drama,<br />

das die Dimension eines so opernhaften Films<br />

wie THE AVIATOR sprengt.« (Franz Everschor) Cate<br />

Blanchett gewann für ihre Darstellung von Katharine<br />

Hepburn 2005 den Oscar als beste Nebendarstellerin.<br />

Mittwoch, 19. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

The Life Aquatic with Steve Zissou (Die Tiefseetaucher)<br />

| USA 2004 | R: Wes Anderson | B: Wes Anderson,<br />

Noah Baumbach | K: Robert D. Yeoman | M:<br />

Mark Mothersbaugh | D: Bill Murray, Owen Wilson,<br />

Cate Blanchett, Angelica Huston, Willem Dafoe, Jeff<br />

Goldblum | 119 min | OF | Eine artifizielle Abenteuerkomödie<br />

über den in die Jahre gekommenen Meeresforscher<br />

und Dokumentarfilmer Steve Zissou, der aus<br />

Rache einen Hai töten will, weil dieser seinen langjährigen<br />

Partner gefressen hat. So beginnt ein seltsames<br />

Meeresabenteuer an Deck eines uralten Forschungsschiffes,<br />

das von einigen sehr ungewöhnlichen und<br />

exzentrischen Charakteren bevölkert wird. Cate Blanchetts<br />

Rolle der hochschwangeren Reporterin Jane<br />

Winslett-Richardson, die ihrem ungeborenen Kind laut<br />

aus »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« von Marcel<br />

Proust vorliest, wurde der Primatenforscherin und<br />

Anthropologin Jane Goodall nachempfunden.<br />

Mittwoch, 3. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Notes on a Scandal (Tagebuch eines Skandals)<br />

| GB 2006 | R: Richard Eyre | B: Patrick Marber | K:<br />

Chris Menges | M: Philip Glass | D: Judi Dench, Cate<br />

Blanchett, Bill Nighy, Andrew Simpson, Philip Davis | 92<br />

min | OmU | Die junge Lehrerin Sheba Hart lässt sich<br />

auf ein Verhältnis mit einem minderjährigen Schüler<br />

ein und wird erpressbar für die ältere Kollegin Barbara.<br />

»Diese ist die eigentliche Hauptfigur in Richard Eyres<br />

beklemmendem Psycho-Drama, die Agierende und Intrigierende,<br />

während sich die schöne, ätherische Sheba<br />

mit ihrer unbestimmten Traurigkeit und ihrem Lebenshunger<br />

zum Spielball fremder Sehnsüchte machen<br />

lässt. Es ist Barbara, deren Perspektive der Zuschauer<br />

teilt – durch die Kamera, die zärtlich Cate Blanchetts<br />

Körper und Gesicht abtastet und damit das lesbische,<br />

nie ausgesprochene Begehren Barbaras für die jüngere<br />

Kollegin vermittelt: Sheba erscheint als Lichtgestalt, die<br />

Farbe und Schönheit in eine triste Lebenswelt bringt.«<br />

(Felicitas Kleiner)<br />

Mittwoch, <strong>17</strong>. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Cate Blanchett<br />

35<br />

THE AVIATOR


Cate Blanchett<br />

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I’m Not There | USA 2007 | R: Todd Haynes | B: Todd<br />

Haynes, Oren Moverman | K: Ed Lachman | D: Christian<br />

Bale, Cate Blanchett, Marcus Carl Franklin, Richard<br />

Gere, Heath Ledger, Ben Whishaw | 130 min | OmU |<br />

Ohne dass dessen Name auch nur einmal fällt, kreiert<br />

Todd Haynes eine Art filmische Biografie des künstlerischen<br />

Multitalents Bob Dylan. Der Film nähert sich<br />

mit gleich sechs verschiedenen Darstellern dieser<br />

enigmatischen Persönlichkeit an – eine davon ist Cate<br />

Blanchett in der Rolle des Jude Quinn. »Der Film führt<br />

über biografische Sprünge und inszenatorische Klippen<br />

hinweg von einer Figur zur anderen, von Jack Rollins<br />

zu Cate Blanchetts elektrifiziertem Superstar, der mit<br />

der Maschinenpistole symbolisch auf das entsetzte<br />

Folk-Publikum anlegt und zur Strafe dafür von einem<br />

snobistischen BBC-Reporter mit Fragen zur gesellschaftlichen<br />

Verpflichtung des Künstlergenies verfolgt<br />

wird.« (Michael Kohler)<br />

Mittwoch, 26. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Ed<br />

Lachman<br />

The Curious Case of Benjamin Button (Der seltsame<br />

Fall des Benjamin Button) | USA 2008 | R: David<br />

Fincher | B: Eric Roth, nach der Kurzgeschichte von F.<br />

Scott Fitzgerald | K: Claudio Miranda | M: Alexandre<br />

Desplat | D: Brad Pitt, Cate Blanchett, Taraji P. Henson,<br />

<strong>Juli</strong>a Ormond, Jason Flemyng | 166 min | OmU<br />

| Ein Kind wird geboren, das alle Merkmale eines alten<br />

Mannes trägt und fortan immer jünger wird, während<br />

seine Umgebung langsam dem Tod entgegengeht.<br />

Ein melancholisch gefärbtes Epos über Sterblichkeit,<br />

Liebe und die Zufälligkeiten des Lebens, anekdotisch<br />

verknüpft mit wichtigen US-Ereignissen des 20. Jahrhunderts.<br />

Cate Blanchett spielt Daisy, die große Liebe<br />

des Protagonisten. Sie mimt eine knapp 20-Jährige<br />

und altert dann zur Sterbenden. Brad Pitt leiht seine<br />

Züge einem greisenhaften Gnom und verjüngt sich, bis<br />

seine Rolle in den letzten Minuten von Kinderdarstellern<br />

übernommen wird.<br />

Mittwoch, 24. Mai 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

Blue Jasmine | USA 2013 | R+B: Woody Allen | K:<br />

Javier Aguirresarobe | D: Cate Blanchett, Alec Baldwin,<br />

Sally Hawkins, Peter Sarsgaard, Louis C.K., Bobby Cannavale<br />

| 98 min | OmU | Nachdem ihr Mann wegen<br />

windiger Finanzgeschäfte verhaftet wurde und im Gefängnis<br />

Selbstmord beging, sucht Jasmine, eine Frau<br />

aus der New Yorker High Society, Zuflucht bei ihrer<br />

Schwester im Arbeitermilieu von San Francisco. Alte<br />

Konflikte um Werte und Ansprüche brechen wieder auf.<br />

Woody Allen zeichnet in seinem visuell eleganten und in<br />

Rückblenden erzählten Film nicht nur ein erbarmungsloses<br />

Porträt einer Frau, die der Finanzcrash weder von<br />

ihrer Oberflächlichkeit noch von übersteigerten Ansprüchen<br />

kurieren konnte, sondern offenbart eine Abrechnung<br />

mit einer ganzen Gesellschaftsschicht. Die Kunst<br />

von Cate Blanchetts Oscar-prämierter Darstellung lag<br />

darin, Jasmines Unfähigkeit zu zeigen, ihren tiefen Fall<br />

überhaupt zu begreifen.<br />

Mittwoch, 31. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Truth (Der Moment der Wahrheit) | USA 2015 | R+B:<br />

James Vanderbilt, nach dem Buch »Truth and Duty« von<br />

Mary Mapes | K: Mandy Walker | M: Brian Tyler | D: Cate<br />

Blanchett, Robert Redford, Topher Grace, Dennis Quaid,<br />

Stacy Keach | 126 min | OmU | Ein Fernsehsender gerät<br />

unter Druck nach einer Enthüllungsgeschichte über<br />

George W. Bush. »Alles, was wir im Kino haben, ist die<br />

Evidenz eines Gesichts, einer Stimme, eines Körpers,<br />

eines Blicks, deren Spiel die Asche der Fakten zur<br />

Flamme erweckt. Und deshalb liegt die entscheidende<br />

Qualität des Films TRUTH nicht darin, dass er einen<br />

Fernsehskandal von 2004 mit der dramaturgischen<br />

Präzision und berechenbaren Mechanik einer mittleren<br />

Hollywoodproduktion nacherzählt, sondern dass er die<br />

Hauptrolle, die Rolle der Mary Mapes, mit Cate Blanchett<br />

besetzt hat. Dies ist Cate Blanchetts Film, und<br />

wenn es darin einen Moment der Wahrheit gibt, dann<br />

liegt er in ihrem Spiel.« (Andreas Kilb)<br />

Mittwoch, 7. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Manifesto | Deutschland 2015 | R: <strong>Juli</strong>an Rosefeldt | B:<br />

<strong>Juli</strong>an Rosefeldt, Cate Blanchett, unter Verwendung von<br />

Texten von Filippo Tommaso Marinetti, Tristan Tzara,<br />

Kazimir Malevich, André Breton, Claes Oldenburg,<br />

Yvonne Rainer, Sturtevant, Adrian Piper, Sol LeWitt, Jim<br />

Jarmusch | K: Christoph Krauss | D: Cate Blanchett |<br />

90 min | OF | <strong>Juli</strong>an Rosefeldts Installation »Manifesto«<br />

besteht aus 13 miteinander in Beziehung stehenden<br />

Einzelfilmen, in denen Cate Blanchett in verschiedenen<br />

Masken als Grundschullehrerin, Fernsehmoderatorin,<br />

Witwe, Mutter, Bänkerin, Choreografin, Fabrikarbeiterin,<br />

Kunsthistorikerin, Puppenspielerin, Wissenschaftlerin,<br />

Obdachloser und Punk kulturelle und politische Manifeste<br />

des 20. und 21. Jahrhunderts vorträgt. Die lineare<br />

Variante vereint die poetischen Monologe, die »voller<br />

Lebensfreude, Energie und absoluter Überzeugung (...)<br />

nicht nur die Kunst sondern die ganze Welt verändern«<br />

wollen. (<strong>Juli</strong>an Rosefeldt)<br />

Mittwoch, 14. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr


<strong>17</strong>. Architekturfilmtage<br />

EERO SAARINEN – THE ARCHITECT WHO SAW THE FUTURE<br />

Let’s meet in St. Louis ... Lasst uns zusammenkommen<br />

am Mississippi, beim Gateway Arch, jener freischwingenden<br />

Stahlfigur, die ein Glücksmoment menschlichen<br />

Bauens und Konstruierens ist. Entworfen Ende der Vierziger<br />

vom genialen Eero Saarinen, 1961 war Baubeginn,<br />

1968 die Einweihung.<br />

Der Arch ist, wie auch die anderen Bauten von Saarinen,<br />

Inbegriff dessen, wie Architektur eine Vorstellung<br />

von Freiheit geben kann, in ihm ist ein weites, offenes,<br />

zukunftsorientiertes Amerika zu spüren, das der Fünfziger,<br />

zu dem in tristem Kontrast das Heute mit seiner<br />

Parole America first steht. Der Arch ist Pioniergeist pur,<br />

ein Impetus, der an der Küste nicht endete, sondern<br />

immer weiter zielte in die Welt und über die Welt hinaus.<br />

Er meint Aufbruch und Expansion und Eroberung<br />

des Raumes, aber ohne jeden Beiklang von Herrschaft<br />

und Unterdrückung. Der Parabelbogen schwingt sich<br />

empor und dann wieder zurück, er scheint in immerwährender<br />

Bewegung. Er steht für den Aufschwung der<br />

Postmoderne.<br />

Der Architekt Eero Saarinen, das ist finnische Lässigkeit,<br />

die mit amerikanischer Unternehmungslust zur<br />

Exaltation kommt. Seine Flughafenbauten sollen erlebbar<br />

machen, sagt Saarinen, was Fliegen, Schweben,<br />

Schwerelosigkeit ist. Dass Fliegen mehr als ein Transport-<br />

und Verkehrsmittel ist – ein American dream.<br />

Der Film EERO SAARINEN – THE ARCHITECT WHO<br />

SAW THE FUTURE erzählt vom Werden dieses Traums,<br />

dieses Werks. Es ist ein Architekturfilm, aber auch ein<br />

Liebesfilm – eine Liebe von Mann und Frau, Sohn und<br />

Vater, Architektur und Kino. Eric Saarinen, der Sohn des<br />

Architekten, hat die Bauten seines Vaters als Kameramann<br />

gefilmt, im Off hören wir Dialoge von Eero und<br />

Aline Saarinen. Es ist diese Liebe, die diesen Bauten<br />

ihre bescheidene Dynamik gibt, ihre Menschenfreundlichkeit.<br />

Der Architekt kennt das Chanson<br />

Stärker als in den vergangenen Jahren schauen die<br />

Architekturfilmtage diesmal auf seltsame Häuser und<br />

ihre Bewohner, auf die Menschen, für die konzipiert<br />

und konstruiert, gedacht und gebaut wird. Es geht um<br />

Wohnen, Leben, Existieren. Die performativen Momente<br />

überwiegen, die spielerischen. Manchmal spielt eine<br />

ganze Stadt mit.<br />

»Die Architektur«, sagt Mehdi Zannad, »ist eine Praxis,<br />

die Demut erfordert, gegenüber den Kunden, den Bewohnern,<br />

den Geldgebern, den Vorschriften, und vor allem<br />

der Natur.« Mehdi Zannad ist DER ARCHITEKT VON<br />

SAINT-GAUDENS im Film von <strong>Juli</strong>e Desprairies & Serge<br />

Bozon, der die Plätze und Häuser aneinanderhängt, die<br />

er im Ort errichtet hat. Menschen spielen und singen<br />

vor und in diesen Bauten und bringen sie zum Schweben<br />

wie in den Filmen von Jacques Demy und Alain<br />

Resnais, und der Architekt Mehdi Zannad hat auch die<br />

Musik geschrieben. »Gewöhnlich ist es die Erzählung,<br />

die einem Film die Einheit gibt«, sagt der Filmemacher<br />

Serge Bozon. »Vielleicht gibt hier die Einfachheit, die<br />

Architekturfilmtage<br />

37


Architekturfilmtage<br />

38<br />

Nacktheit der mise en scène, dem Film eine Einheit ...<br />

Die süßesten Träume, sind das nicht, definitionsgemäß,<br />

die unspektakulärsten?«<br />

Allen Klischees zum Trotz ist auch die Postmoderne<br />

alles andere als spektkulär. Die einfachste Sache der<br />

Welt, in der Architektur zumal. Man muss nur mitspielen.<br />

Ende der Achtziger, ein paar Jahre vor der Wende,<br />

ist die Postmoderne sogar in der DDR angekommen.<br />

1987 wurde der Bowlingtreff in Leipzig eröffnet, ein<br />

stilistisch kühnes und kompaktes Sportcenter mit 14<br />

Bowlingbahnen, Billard, Fitnessstudio. Viel Glas und<br />

Marmor und Parkett, mehr Fitness als Leibesertüchtigung,<br />

ein bisschen Luxus und absolut mondän. Dieser<br />

Bau war nicht bilanziert, heißt es, ein Schwarzbau also.<br />

Ein Moment der Verführung – haben die Baumeister<br />

von Las Vegas gelernt? Denise Scott Brown, die große<br />

amerikanische Architektin der Postmoderne, äußert<br />

sich beeindruckt in dem Film von Thomas Beyer &<br />

Adrian Dorschner.<br />

Die mit der Liebe spielen<br />

Eine andere Liebe, fern von Amerika, in Italien, Monica<br />

Vitti und Michelangelo Antonioni. Vier Filme hatten der<br />

Filmemacher und sein Star in den Sechzigern gemacht,<br />

darunter L’AVVENTURA und L’ECLISSE. Und eine Liebe<br />

hatte sich gestaltet während der Dreharbeiten, eine<br />

geheime, die dann einen eigenen Bau bekam, an der<br />

Nordwestküste Sardiniens, eine kuppelige Betonschale,<br />

in die Erde hineingebaut. Eine sogenannte Binishell,<br />

patentiert vom Architekten Dante Bini. Ein Haus, in dem<br />

die verschiedenen Wohn- und Lebens- und Liebesbereiche<br />

ineinander übergingen, das roh und kultiviert zugleich<br />

wirkt. Volker Sattel stellt in dem Film LA CUPOLA<br />

den inzwischen heruntergekommenen Liebes-Bau vor;<br />

er widmet sich gern Bauten, die außer Funktion gesetzt<br />

sind – in UNTER KONTROLLE hatte er die Aura stillgelegter<br />

Atomkraftwerke dokumentiert.<br />

Der Architekturkritiker Niklas Maak hat die Cupola entdeckt<br />

und erzählt von einem Gespräch mit Bini, der sich<br />

an das Paar erinnert: »Sie sagten, sie wollten kein Haus,<br />

sondern einen Raum, sie wollten im Raum leben, nicht<br />

zwischen Wänden. Antonioni sagte mir, er hasse gerade<br />

Wände und glatte Böden, er wolle mitten im Stein leben.<br />

Architektur sei nicht nur Licht, Schatten, sondern<br />

auch Geruch. Sein Haus solle nach der Natur riechen,<br />

die es umgibt.«<br />

Das Kernstück ist eine gewundene grobe Treppe aus<br />

Felsplatten, Monica sollte sie vor Antonionis Augen<br />

immer wieder auf- und absteigen. Ein vertikaler Laufsteg,<br />

ein Defilée der Lust, bei dem die Architektur zum<br />

Schauplatz wird. In seinem Film interessiert sich Volker<br />

Sattel mehr als für die Formen und ihre möglichen Bedeutungen<br />

– für die Geschichte des Paares Vitti/Antonioni<br />

– für die Materie, das Material, im Zustand seiner<br />

Zersetzung.<br />

Noch eine Liebe, vielfach verschränkt, unerklärlich, DIE<br />

MUTTER, DER SOHN UND DER ARCHITEKT von Petra<br />

Noordkamp. Am Rande, aber direkt ins Zentrum weisend,<br />

eine Kirche, die Chiesa Madre in Gibellina auf<br />

Sizilien, gebaut von Ludovico Quaroni, deren freischwebende<br />

Formen den Glauben atmen lassen, in Gelassenheit<br />

und Transzendenz. Quaronis Sohn Emilio war<br />

einst der Geliebte der Filmemacherin und hat 2001 seine<br />

Mutter umgebracht. Diese verstörende Geschichte<br />

hat auch die Filmemacherin erschüttert, ihre Reaktion<br />

auf die und ihre Beziehung zu der Kirche verändert, sie<br />

zum Spiel mit der Identität verleitet: »In Rom zögerte<br />

ich nicht, mich zu verhalten wie eine Frau in Antonionis<br />

L’AVVENTURA, ich war ich selbst, aber ich war<br />

auch Claudia, ich war auch Anna. Ich konnte sein, wer<br />

ich wollte. Es war als sähe ich mich in verschiedenen<br />

Kameraperspektiven. Ich hatte nicht das Gefühl, dass<br />

ich mich verloren hätte, jemand anderes trat aus mir<br />

hervor.«<br />

Funktionalismus heute<br />

Wie wohnen Architekten? Haben sie etwas, das sie<br />

Heim nennen? Gibt es ein Haus, eine Wohnung, die<br />

ihnen entspricht? Die ihnen passt, ihr Wesen zum<br />

Ausdruck bringt? Haben sie diese Wohnungen selbst<br />

gebaut und eingerichtet? Haben die Wohnungen Stil?<br />

Und was ist ein Stil?<br />

Architekten arbeiten nicht in der Ich-, sondern in der<br />

Möglichkeitsform, auf der Suche nach neuen Formen,<br />

in der Schleife zwischen Sinn und Zweck. Ihre Arbeit<br />

ist mehr Adaption als freie Schöpfung. Sie kommen<br />

ohne Inhalt aus, darin ist die Architektur anders als die<br />

übrigen Künste. »In produktivem Raumgefühl«, merkt<br />

Adorno an, »wird in weitem Maß der Zweck, gegenüber<br />

den Formkonstituenten, die der Architekt aus dem<br />

Raum schöpft, die Rolle des Inhalts übernehmen.« Die<br />

Architektur, besonders die Neusachlichkeit, war ihm<br />

sehr recht in seinem Bemühen, der Kunst jeden Inhalt,<br />

jede Message auszutreiben.<br />

Der Film WHERE ARCHITECTS LIVE von Francesca Molteni<br />

zeigt acht Architekten in ihren Wohnungen, und er<br />

zeigt darin die Schwierigkeit, dieses Wohnen zu beschreiben<br />

und zu erklären. Da ist viel Selbstdarstellung<br />

im Spiel, und Prestige.<br />

Einen angenehmen Ton setzt gleich zu Beginn Shigeru<br />

Ban, der sich zeigt wie der Anti-Architekt: Ein einfaches<br />

Apartment, viel Weiß, helles Holz. Ein Handwerker. Ich


in ein Zimmermann, sagt er, ich liebe es, mit Holz zu<br />

arbeiten. Sein Haus ist zwischen und um Bäume herum<br />

gebaut. Marco Bellini hat sich die Wände mit Büchern<br />

zutapeziert. Marcio Kogan hat einen Flügel mitten im<br />

Raum stehen, der mit griffbereiten Erinnerungs- und<br />

Inspirationsstücken belegt ist. In kleinen, spielerischen<br />

Filmen hat er einige seiner Bauten zum Spielen und<br />

Erzählen gebracht. Und zum Erinnern, wie es auch in<br />

Elizabeth Lennards Film TALKING HOUSE passiert, in<br />

der legendären Villa E.1027 von Eileen Gray & Jean<br />

Badovici. Mit Bildern und Dialogen durchquert das Haus<br />

die Zeiten. »Ich glaube, ›zukunftssicher‹ gibt es nicht,<br />

sagt Marcio Kogan, »und es ist vielleicht nicht nötig für<br />

ein gutes Projekt. Wenn ich mir Filme anschaue, denke<br />

ich, alle enden damit, dass sie eine gewisse Zeit repräsentieren,<br />

und das gleiche passiert mit Mode, Kunst,<br />

Literatur und Architektur. Ich mag diese Identifikation<br />

mit einer Zeit. Wenn ich Brasilia besuche, fühle ich<br />

mich, als wäre ich zurück in den Sechzigern. Und ich<br />

liebe dieses Gefühl.«<br />

Eine feste Burg baut unser Herr<br />

Das Gegenstück zum eleganten, geschwungenen Gateway<br />

Arch ist BATUSHAS HAUS. Batushas Haus ist<br />

Bauen nach Bedarf. Es ist illegal, also ein Konglomerat.<br />

Kadri Batusha hat es zunächst für sich gebaut, in<br />

Priština im Kosovo, wo die Wohnungsnot extrem groß<br />

war, dann kamen Leute zu ihm, und Batusha hat für sie<br />

weitergebaut, so ist das Haus gewachsen, ist unübersehbar<br />

geworden und schaut nun aus wie der Turm von<br />

Babel auf den klassischen Gemälden oder wie Kafkas<br />

Schloss. Stein für Stein wurde zusammengetragen, es<br />

gab keine großen Baumaschinen, illegal wurden die<br />

Wohnungen ans städtische Wasser- und Elektrizitätsnetz<br />

angeschlossen. Wenn Leute vom Amt kamen, hat<br />

Batusha schon mal zu seiner Kalaschnikow gegriffen.<br />

Meine Burg, sagt er. Der Film ist auch eine kleine Studie<br />

in feudalem Bauen.<br />

Man kann dieses Projekt nicht unter einem einzigen<br />

Gesichtspunkt sehen. Das Haus ist ganz und gar bodenständig,<br />

es hat eine wilde Schönheit und eine unglaubliche<br />

Dynamik, die den Film von Tino Glimmann<br />

& Jan Gollob wunderbar inspiriert. »Die Stadt im Film<br />

ist nie Kulisse«, schreibt Frieda Grafe, »Reflex, Spiegelung<br />

und Bühne, das ist die Ästhetik des neunzehnten<br />

Jahrhunderts, und das ist nicht Kino. Die Multiplikation<br />

der Blickwinkel, die das Verständnis der Stadt herausfordern,<br />

ist überhaupt erst da, seitdem man mit der<br />

Kamera alle Seiten eines Objekts aufnimmt.«<br />

Was besonders stimulierend ist an Batushas Haus –<br />

dass in einer Zeit, da die avancierte Computertechnik<br />

mit ihrem Alleskönnertum totalitär Kino und Architektur<br />

beherrscht, das Handgreifliche im Häuserbau immer<br />

noch existiert. Da gäb’s dann doch einen Bezug zum<br />

luftig kühnen Saarinen – der all seine Entwürfe immer<br />

erst als Modelle fertigte.<br />

Jeder Bau ist in diesen Filmen auch Modell. Modell für<br />

ein Wohnen und Leben, einen Glauben an die Zukunft,<br />

in der man, peu à peu, sich zurechtfinden muss. Ein<br />

Gespenst geht um in der modernen Architektur, ein<br />

fröhliches: »Ich kann mich nicht freimachen«, sagt<br />

Marcio Kogan zu den Filmen über seine eigenen Bauten,<br />

»von dem Phantom von Jacques Tati – das erklärt<br />

alles.«<br />

Fritz Göttler<br />

Ein Programm der Bayerischen Architektenkammer in Zusammenarbeit<br />

mit dem Filmmuseum München. Konzeption: Stephanie<br />

Hausmann, Klaus Volkmer.<br />

Where Architects Live | Italien 2014 | R+B: Francesca<br />

Molteni | K: Mario Flandoli, Massimo Pozzoli, Alvise<br />

Tedesco, Nicola Tranquillino | 78 min | OmeU | Acht<br />

Interpretationen des Wohnraums »für sich« – Ein blicke<br />

in das persönliche Lebens- und Arbeitsumfeld von<br />

Shigeru Ban (Tokyo), Mario Bellini (Milano) David Chipperfield<br />

(Berlin), Massimiliano & Doriana Fuksas (Paris),<br />

Zaha Hadid (London), Marcio Kogan (São Paulo), Daniel<br />

Libeskind (New York) Bijoy Jain (Mumbai). Reflexionen<br />

über mannigfaltige Lebensformen: persönliche, intime<br />

Erzählungen, Geschichten von Räumen und Objekten,<br />

neuen Bildern und versteckten Schlüsseln. – Peep<br />

| Cat | Modern Living | Casa Cubo | This Was Not<br />

My Dream (Casa Redux) | Brasilien 2012-14 | R+B:<br />

Marcio Kogan u.a. | K: Cleisson Vidal | 20 min | engl. OF<br />

Eero Saarinen<br />

Architekturfilmtage<br />

39


Architekturfilmtage<br />

40<br />

| Marcio Kogan baut monumentale postmoderne Villen<br />

für die Superreichen. In diesen filmischen Miniaturen<br />

porträtiert er einige davon – mal monumental, mal liebe -<br />

voll-spöttisch und selbstironisch.<br />

Freitag, 31. März 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Einführung:<br />

Mathieu Wellner<br />

Atlas der seltsamen Häuser und ihrer Bewohner<br />

| Buchvorstellung und Einführungsvortrag von Niklas<br />

Maak | Plötzlich steht da ein Haus: Eine gigantische<br />

Burg aus weißem Holz, errichtet von einem New<br />

Yorker Kunstspekulanten. Eine Halbkugel aus Beton,<br />

die ein Filmregisseur für sich und seine Geliebte auf<br />

einer Steilküste in Sardinien aufgestellt hat. Eine Hütte<br />

in Mexiko, in die sich ein amerikanischer Ex-Banker<br />

zurückgezogen hat. Exzentrische Bauherren gönnen<br />

sich bisweilen eigentümliche Häuser, denen Niklas<br />

Maak, Architekturkritiker der FAZ, auf der Spur war. –<br />

La Cupola | Deutschland 2016 | B+R: Volker Sattel |<br />

K: Volker Sattel, Thilo Schmidt | 40 min | OmU | Porträt<br />

eines Hauses ohne tragende Wände. Eine kühne Kuppel<br />

aus Beton, ein Open Space – inmitten bizarrer Felsformationen<br />

einer schroffen Küste. Das Haus gehörte<br />

der Schauspielerin Monica Vitti und dem Regisseur<br />

Michelangelo Antonioni. Die Leere der Cupola und die<br />

Verlassenheit des Ortes werden zum Ausgangspunkt<br />

für Spekulationen. Über der Kuppel schwebt noch<br />

heute die Utopie eines alternativen Wohn- und Lebenskonzepts.<br />

Freitag, 31. März 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Niklas<br />

Maak, Volker Sattel<br />

Für den Schwung sind Sie zuständig | Deutschland<br />

2003 | R+B: Margarete Fuchs | K: Andreas Faigle | 58<br />

min | Ulrich Müthers Häuser wirken, als kämen sie aus<br />

der Zukunft in unsere Gegenwart geflogen. In Wirklichkeit<br />

kommen sie aus der DDR. Der Ingenieur aus Binz/<br />

Rügen zauberte Gebäude aus Beton, die sich zwischen<br />

den Einheitsplattenbauten ausnahmen wie Schmetterlinge.<br />

Sein Credo: »Der rechte Winkel ist böse«.<br />

– Bowlingtreff | Deutschland 2016 | R+B: Thomas<br />

Beyer & Adrian Dorschner | K: Simone Friedel, Anna<br />

Baranowski, Adrian Dorschner | 60 min | Leipzig Ende<br />

der 1980er Jahre. Die Altbauten der Innenstadt verfallen,<br />

die Plattenbausiedlungen am Stadtrand wachsen<br />

nicht schnell genug, um dringend benötigten Wohnraum<br />

zu schaffen. Kurz vor dem Ende der DDR gibt es<br />

für öffentliche Bauten keine Mittel mehr. Doch dann<br />

wird 1987 überraschend ein luxuriöses Bowling-Center<br />

eröffnet: der Bowlingtreff – ein außergewöhnliches<br />

Zeichen postmoderner Architektur, das mit der üblichen<br />

DDR-Formsprache nichts mehr zu tun hat.<br />

Samstag, 1. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Zu Gast: Margarete<br />

Fuchs, Thomas Beyer & Adrian Dorschner<br />

Mies van der Rohe | BRD 1968 | R+B: Georgia van<br />

der Rohe & Sam Ventura | K: Gus Papajohn | 40 min<br />

| Porträt Mies van der Rohes (1886–1969) von seiner<br />

Tochter, mit ausführlichen Interview-Passagen zur Theorie<br />

der Architektur und einem kursorischen Überblick<br />

über die Hauptwerke – vom Barcelona-Pavillon bis<br />

zur Neuen Nationalgalerie in Berlin. – Eero Saarinen<br />

– The Architect Who Saw the Future | USA 2016 |<br />

BATUSHAS HAUS


R+B: Peter Rosen | K: Eric Saarinen | 54 min | OF | Eero<br />

Saarinen (1910–1961) war einer der berühmtesten Architekten<br />

im Amerika der 1950er Jahre. Er orientierte<br />

sich zunächst stark an den streng kubischen Formen<br />

von Mies van der Rohe, ehe er im Lauf der Zeit zu einer<br />

ganz eigenen, expressiven Formsprache fand, zu einem<br />

»funktionalen Expressionismus«, der die Funktion eines<br />

Bauwerks durch seine Konstruktion zum Ausdruck<br />

bringen sollte. Saarinen modellierte seine Bauten wie<br />

Skulpturen. Saarinens Sohn, der Kameramann Eric<br />

Saarinen, porträtiert sie in atemberaubenden Bildern.<br />

Samstag, 1. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Il Girasole - Una casa vicino a Verona (Ein Haus in<br />

der Nähe von Verona) | Schweiz 1995 | R+B: Christoph<br />

Schaub & Marcel Meili | K: Matthias Kälin | 15<br />

min | OmU | Ein Haus, das sich nach der Sonne richten<br />

kann: Die Villa Girasole, 1935 erbaut, kann sich mittels<br />

eines Motors 360 Grad um ihre eigene Achse drehen.<br />

Der Film evoziert die Zeit, in der dieser Bau entstanden<br />

ist. Man spürt die Faszination an der Technik und eine<br />

Verklärung der Neuen Welt, den Optimismus des späten<br />

italienischen Futurismus. – Batushas Haus | Schweiz<br />

2016 | R+B: Tino Glimmann & Jan Gollob | K: Royald<br />

Elezaj | 70 min | OmeU | Seit fünfzehn Jahren baut<br />

Kadri Batusha an einem wuchernden schlossartigen<br />

Haus in den Hügeln von Priština im Kosovo. Über 300<br />

Menschen leben in den bisher fertiggestellten Wohnungen.<br />

Mit all den Türmen, Treppen und Gängen bildet die<br />

ewige Baustelle die Komplexität des Zusammenlebens<br />

ab, aber auch Batushas Biografie – geprägt von Unabhängigkeitskampf,<br />

Gefängnis, Exil in der Schweiz und<br />

dem Krieg im Kosovo.<br />

Sonntag, 2. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Zu Gast: Tino Glimmann<br />

& Jan Gollob<br />

La madre, il figlio e l’architetto (Die Mutter, der<br />

Sohn und der Architekt | Niederlande 2012 | R+K:<br />

Petra Noordkamp | B: Maria Barnas | 16 min | engl.<br />

OF | Eine Untersuchung der Verbindungen zwischen<br />

metaphysischem Raum und der Alchemie einer Liebesbeziehung.<br />

– L’architecte de Saint-Gaudens (Der<br />

Architekt von Saint-Gaudens) | Frankreich 2015 | R:<br />

<strong>Juli</strong>e Desprairies & Serge Bozon | B: <strong>Juli</strong>e Desprairies |<br />

K: Céline Bozon | M+D: Mehdi Zannad | 28 min | OmeU<br />

| Ein Architektur-Musical. – A Man in Space No. 1 –<br />

Days of Zucco | Frankreich 2016 | R+B: Lucas Bacle,<br />

nach dem Stück »Roberto Zucco« von Bernard-Marie<br />

Koltès | K: Vincent Toujas | D: Thomas Barraud | 6 min<br />

| OmeU | Ein neuartiger Versuch der filmischen Visualisierung<br />

eines Gebäudes. Das Vertou Kulturzentrum, ein<br />

Beton-Massiv in einem dörflichen Vorort von Nantes.<br />

– Talking House | Frankreich 2016 | R+B: Elizabeth<br />

Lennard, nach dem Dialog »Maison en bord de mer«<br />

in »L’architecture vivante« von Eileen Gray & Jean<br />

Bado vici | K: Christophe Espenan | 42 min | engl. OF<br />

| Die Kamera führt uns durch die Villa E.1027, erbaut<br />

1926/29 an der Côte d’Azur von Eileen Gray & Jean<br />

Badovici.<br />

Sonntag, 2. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Architekturfilmtage<br />

41<br />

A MAN IN SPACE NO. 1 – DAYS OF ZUCCO


Thomas Mauch zum 80. Geburtstag<br />

Thomas Mauch<br />

42<br />

Thomas Mauch, Edgar Reitz<br />

Ein Pferd und ein Pflug und ein weites Feld, Bauernhäuser<br />

mit alten Balken, Stühle, aufgeschichtet im<br />

Innenraum eines Klosters, Treppenhaus eines Klosters,<br />

darin ein verschüchterter alter Mann und eine Frau,<br />

die vor der Kamera in eine Ecke flüchten, während die<br />

Kamera sie gar nicht mehr beachtet, eine Stiege hinaufsteigt,<br />

weiter, dann der Innenraum eines barocken<br />

Gotteshauses, Prunk, gemalter Himmel, der sich öffnet,<br />

schließlich ein Flughafen, von dem gerade ein Jet aufsteigt,<br />

frontal in die Kamera hinein und über sie hinweg,<br />

und eine Rollbahn übrig lässt, von der man erfährt,<br />

dass auf ihr aufständische Bauern gestraft und getötet<br />

wurden, Untertanen des Klosters Roggenburg, vor 450<br />

Jahren. Was ich da beschreibe, ist aber nur die Hälfte<br />

der Bilder, die obere, denn die untere wird eingenommen<br />

von der Akte, die die Strafung und Tötung jener<br />

Bauern beschreibt, rechtfertigt, ihre Namen nennt, den<br />

ihrer Anführer, immer wieder darauf hinweist, dass sie<br />

Verbrecher waren, Aufrührerische, Kirchenschänder,<br />

Gotteslästerliche, schlechte Untertanen.<br />

STRAFPROTOKOLL ALLER UND JEDER UNTERTA-<br />

NEN DES ALLHIESIGEN REICHSGOTTESHAUSES ROG-<br />

GENBURG – der Titel ist noch länger, aber so habe ich<br />

ihn noch gerade behalten können – ist ein Film von<br />

10 Minuten Länge, den Thomas Mauch jetzt fertiggestellt<br />

hat. Schwarzweiß, 35mm. Thomas Mauch ist, wie<br />

manch einer weiß, der Kameramann von UNTER DEM<br />

PFLASTER IST DER STRAND und SHIRINS HOCHZEIT.<br />

Seit ich mit ihm zusammenarbeite, bin ich, sind meine<br />

Filme erfolgreicher. Der erste Spielfilm von Werner<br />

Herzog, LEBENSZEICHEN, ist von Thomas Mauch gedreht<br />

worden, und auch der erste große internationale<br />

Erfolg von Werner Herzog, AGUIRRE, DER ZORN GOT-<br />

TES, Kluges ARTISTEN IN DER ZIRKUSKUPPEL, seine<br />

GELEGENHEITSARBEIT und sein STARKER FERDINAND.<br />

Thomas Mauch ist, zumindest für Herzog, Kluge und<br />

mich, ein Kameramann, dem wir einen Teil unserer<br />

Identität als Filmmacher verdanken. Er macht so viele<br />

Filme für andere, und er macht sie mit so viel Einfühlung<br />

und Intensität, dass er gar nicht oder nur selten<br />

dazu kommt, selbst und sozusagen für sich einen Film<br />

zu machen. Und wenn er dann mal einen macht, hastig<br />

zwischen zwei Produktionen von Leuten, die mit Recht<br />

annehmen, dass sie ohne ihn nicht zurecht kommen,<br />

und man sieht dann als einer seiner Regisseure diesen<br />

Film eines Kameramannes, der jeden Film eines anderen<br />

mit gleicher Leidenschaftlichkeit, Sensibilität und<br />

mitunter auch Angst betreibt wie einen eigenen – dann


möchte man ihn eigentlich bitten, nicht mehr so viel<br />

für die andern und mehr für sich selbst zu arbeiten.<br />

(Den Film, den man selbst gerade demnächst vorhat,<br />

möchte man da natürlich ausschließen, den müsste er<br />

doch noch machen!)<br />

Denn Thomas Mauchs Film STRAFPROTOKOLL<br />

ALLER UND JEDER UNTERTANEN… ist, je öfter man<br />

ihn sieht, je länger man über ihn nachdenkt, ein Meisterwerk<br />

an Konzentration und Genauigkeit, und obendrein<br />

spielerisch. Was sich anfänglich ansieht wie<br />

ästhetisierende Effekthascherei, nämlich die Bilder von<br />

Landschaft, Höfen, Kloster mit der flatternden Akte im<br />

Vordergrund, erweist sich immer mehr als äußerste<br />

Verknappung dessen, was geschehen ist, an welchem<br />

Ort, unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen,<br />

mit einem gleichzeitigen Bezug auf die jetzige<br />

Situation des Ortes. Da sind keine Menschen außer<br />

diesen beiden flüchtenden Alten im Klostergang und<br />

der Silhouette des pflügenden Bauern auf dem weiten<br />

Feld zu Beginn, aber da sind Namen, die Namen des<br />

Strafprotokolls, und da ist der Ort des Geschehens, wie<br />

er heute da ist: also das, was uns von der Geschichte,<br />

deren Kinder wir sind, zurückbleibt.<br />

Gerade das Fehlen aber von Gesichtern zu den<br />

Namen lässt den Betrachter nach Gesichtern in seiner<br />

Phantasie suchen, während diese Namen verlesen<br />

werden: längst Gestorbene, die ersten Revolutionäre in<br />

Deutschland, Untertanen des Klosters Roggenburg, das<br />

dann von dem, was sie zahlen mussten an Geld und<br />

beweglichen Gütern und auch an Blut, sich satt fraß<br />

und ein schönes Gotteshaus davon baute.<br />

Da wird, in dieser äußerst kurzen Form, unendlich viel<br />

klar: ein Acker, der bebaut wird, und vor den eine Akte<br />

gehalten wird mit Namen derer, die diesen Acker bebaut<br />

haben, und dann das Kloster, dem sie sich widersetzten<br />

und das sie bestrafte und sich an ihrer Bestrafung<br />

bereicherte, und der Beton des Flughafens, der<br />

heute die Stelle überzieht, wo ihr Anführer getötet wurde,<br />

und immer davor die im Wind bewegte, sich entrollende<br />

Akte, Namen, Beschimpfungen der Aufrührer,<br />

Zeugnis der gefräßigen Verwaltung und Beherrschung<br />

von Menschen, die danach sich nie wieder aufgelehnt<br />

haben, die gerade hier, in der Gegend des Ulmer Horns,<br />

verdämmert sind bis heute, unfähig, einen zweiten Versuch<br />

der Gerechtigkeit zu machen.<br />

Einmal flattert Wäsche auf der Leine wie die Akte, die<br />

den ganzen Film über den Vordergrund des Bildes flatternd<br />

bedeckt: Spiel mit den Bildelementen, die so für<br />

Sekunden ihre Bedeutsamkeit aufheben, zu denen der<br />

Autor einen Augenblick lächelnde Distanz einnimmt und<br />

so den Vorwurf der Ästhetisierung ad absurdum führt.<br />

Thomas Mauch ist in dieser Gegend geboren. Und<br />

in dem Dialekt dieser Gegend, der auch die Sprache<br />

jenes vierhundertfünfzig Jahre alten Strafprotokolls ist,<br />

liest er selbst, zum Teil mit leidenschaftlicher Anteilnahme,<br />

dieses beständig ins Bild hineinragende Protokoll<br />

vor. Aber es ist zu spüren, dass seine Anteilnahme nicht<br />

den Anklagen des Klosters, sondern den Angeklagten<br />

gehört: Mitgefühl, Empörung, Aufsässigkeit bestimmen<br />

den Klang und den Rhythmus des Sprechens. Es ist aus<br />

diesem Film zu lernen, wie man in einer sehr kurzen<br />

Form ein großes Geschehnis darstellen kann, ohne eine<br />

seiner vielen Facetten außer Acht zu lassen. Es ist auch<br />

technisch etwas zu lernen: Vordergrund und Hintergrund<br />

haben die gleiche Schärfe, also sowohl die Akte<br />

als auch der Acker weit hinten, ein Verfahren, wie es<br />

sich Schüfftan, der große Kameramann der deutschen<br />

Stummfilmzeit, hätte ausgeknobelt haben können.<br />

Helma Sanders-Brahms (1976)<br />

Die Lebenszeit des Kameramannes und Filmemachers<br />

Thomas Mauch deckt zwei Drittel der Filmgeschichte<br />

ab: So jung ist der Film. Thomas Mauch war Kameramann<br />

von Werner Herzog, Edgar Reitz, Werner Schroeter<br />

und vielen anderen Regisseuren des Jungen Deutschen<br />

Films. Seine eigenen Arbeiten bilden ein unverwechselbares<br />

Werk. Kameramänner wie Michael Ballhaus und<br />

Thomas Mauch sind für die Filme ihrer Ära genauso<br />

wichtig wie die Regisseure, die üblicherweise in Zusammenhang<br />

mit berühmten Filmen genannt werden. Das<br />

Auge der Kamera ist unbestechlich und korrigiert immer<br />

wieder das menschliche Auge, das keine Brennweiten<br />

kennt und je nach Phantasie die Bilder, die es sieht, verändert.<br />

Noch unbestechlicher als die zahlreichen Optiken<br />

der elektronischen und der traditionellen Kameras ist<br />

aber das Auge jener Künstler, die die Kamera beherrschen.<br />

Wie Goya sagen sie: »Io lo vi«, »das habe ich gesehen«.<br />

Alexander Kluge (20<strong>17</strong>)<br />

Strafprotokoll aller und jeder Untertanen des allhiesigen<br />

Reichsgotteshauses Roggenburg | BRD<br />

1976 | R+B+K: Thomas Mauch | 11 min | Preisgekrönter<br />

Kurzfilm über die Geschichte eines Bauernaufstands,<br />

der 1525 von den Truppen des schwäbischen<br />

Bundes niedergeschlagen wurde. – Die Macht der Gefühle<br />

| BRD 1983 | R+B: Alexander Kluge | K: Thomas<br />

Mauch | D: Hannelore Hoger, Alexandra Kluge, Edgar M.<br />

Böhlke, Klaus Wennemann, Beate Holle, Paulus Manker,<br />

Barbara Auer | 115 min | »In DIE MACHT DER GEFÜHLE<br />

geht es um die subjektive Seite: den Antirealismus des<br />

Gefühls. Dies ist die Schatzkiste, aus der Menschen<br />

ihre Waffen holen, wenn sie sich wehren. Wenn eine<br />

Thomas Mauch<br />

43


Thomas Mauch<br />

44<br />

Wirklichkeit mich als Menschen nicht achtet, wehre<br />

ich mich, indem ich sie leugne. Die Geschichten dieses<br />

Films, die ich besonders liebe, verbinden u.a. die Oper<br />

des 19. Jahrhunderts und das Kino, das man die Oper<br />

des 20. Jahrhunderts nennen kann.« (Alexander Kluge)<br />

Mit keinem anderen Filmemacher hat Thomas Mauch<br />

über die Jahrzehnte seines Schaffens als Kameramann<br />

so oft zusammengearbeitet wie mit Alexander Kluge,<br />

dessen Kino- und Kurzfilme er nahezu allesamt stilistisch<br />

entscheidend geprägt hat.<br />

Donnerstag, 6. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr | Zu Gast: Thomas<br />

Mauch, Alexander Kluge<br />

Nel regno di Napoli (Neapolitanische Geschwister) |<br />

BRD 1978 | R: Werner Schroeter | B: Werner Schroeter,<br />

Wolf Wondratschek | K: Thomas Mauch | M: Roberto<br />

Predagio | D: Romeo Giro, Tiziana Ambretti, Antonio<br />

Orlando, Maria Antonietta Riegel, Cristina Donaldio,<br />

Dino Melé, Renata Zamengo | 136 min | ital. OmU |<br />

»Über dreißig Jahre, von Kriegsende 1944 bis in die<br />

unmittelbare Gegenwart, verfolgt Schroeter in NEL<br />

REGNO DI NAPOLI die verschiedenen Schicksale einer<br />

Hausgemeinschaft aus dem Armenviertel Neapels. Wie<br />

selbstverständlich rundet sich da die Beschreibung dieser<br />

seltsamen, faszinierenden Stadt zu einem großen,<br />

sehr präzisen, ganz eigentümlichen und doch allgemeingültigen<br />

Lebensbogen. Ganz mühelos werden hier<br />

Geburt und Tod, Überlebenskampf und der Verlust von<br />

Liebe und Würde, Politik und Privatleben miteinander<br />

verknüpft zu einer Geschichte von großem Atem. Das<br />

Herrlichste aber an diesem Film, der sich gewiss nicht<br />

um die Schattenseiten herumdrückt, ist die ungeheuerliche,<br />

fast einmalige Zärtlichkeit der Bilder.« (Peter<br />

Buchka) Thomas Mauch erhielt für seine Kameraarbeit<br />

1979 den Bundesfilmpreis.<br />

Freitag, 7. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Thomas<br />

Mauch<br />

Shirins Hochzeit | BRD 1976 | R+B: Helma Sanders-Brahms<br />

| K: Thomas Mauch | M: Zülfü Livaneli<br />

| D: Ayten Erten, Jürgen Prochnow, Aras Ören, Aliki<br />

Georgoulis, Jannis Kyriakidis | 120 min | Shirin, eine<br />

junge Türkin aus Anatolien, flieht vor einer Zwangsheirat<br />

ins unbekannte Deutschland, nach Köln. »Verbündete<br />

findet die Verlorene im gelobten, verlogenen<br />

Land nur bei ihresgleichen: Die Türkinnen im Heim erklären<br />

ihr Fließwasser und Lippenstift, eine schwangere<br />

Griechin streichelt sie, ihre einzige Vertraute ist Helma<br />

Sanders. Denn die Autorin spricht leitmotivisch durch<br />

den ganzen Film mit ihrer Heldin und spricht ihr zu –<br />

Berichterstatter, Seelsorger, Ankläger in einem. Der<br />

Film ist aggressiv. Seine geholperten Dialoge, keine<br />

glatten Wortwechsel, erzwingen Zeit zum Nachdenken;<br />

das originale Türkisch, in Untertiteln übersetzt, macht die<br />

Sprachbarrieren auch sichtbar. Der Film ist aber auch<br />

weich. In seinem altmodischen Schwarzweiß, das die<br />

Kontraste, erstaunlich genug, mehr mildert als schärft,<br />

in seiner kargen Kameraführung ohne die Mätzchen der<br />

Routiniers, mit seinen vielen in der Türkei aufgenommenen<br />

Standfotos beansprucht und erfüllt er die Schmucklosigkeit<br />

eines Dokumentarberichts.« (Klaus Umbach)<br />

Samstag, 8. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Thomas<br />

Mauch<br />

Letzte Worte | BRD 1968 | R+B: Werner Herzog | K:<br />

Thomas Mauch | 13 min | griech. OmU | Zwei Polizeibeamte<br />

erzählen von einem alten Mann, der jahrelang<br />

auf einer einsamen griechischen Insel gelebt hat und<br />

schweigt: »Ich rede nicht, das ist mein letztes Wort!«<br />

– Die Achse | BRD 1985 | R+B+K: Thomas Mauch |<br />

D: Michael Weber | 32 min | Ein Erlass des Reichspro -<br />

pa gan daministeriums schreibt vor, deutsche Truppenbewegungen<br />

nur von links nach rechts zu filmen, damit<br />

eine Vorwärtsbewegung suggeriert wird. Thomas<br />

Mauchs Satire zeigt die Probleme eines PK-Kamera-<br />

manns, der in der endlosen russischen Landschaft<br />

vergeblich den richtigen Standpunkt für seine Kamera<br />

sucht, um einen Großangriff zu filmen. – Tod eines Vaters<br />

| BRD 1978 | R+B: Thomas Mauch | K: Wolfgang<br />

Knigge | D: Marianne Hoppe, Miguel Herz-Kestranek |<br />

47 min | An Heiligabend besucht der erwachsene Sohn,<br />

ein Fotograf, seine Mutter in ihrem großbürgerlichen<br />

Heim. Der kürzlich verstorbene Vater ist omnipräsent,<br />

es kommt zu Vorwürfen und gegenseitigen Verletzungen.<br />

Von dem beklemmenden, in Schwarzweiß gefilmten<br />

Mutter-Sohn-Kammerspiel hat nur eine Arbeitskopie<br />

überlebt, die für die Vorführung digitalisiert wird.<br />

Samstag, 9. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Thomas<br />

Mauch


Carte blanche à Helmut Färber<br />

Aufmerksamkeit<br />

Es gibt heutzutage sicherlich keinen Autor bei uns, dem<br />

es wie Helmut Färber gelingt, beim Schreiben über Kino<br />

einen unverwechselbaren eigenen Blick und eine ebensolche<br />

Sprache zu kreieren. »Es ist eigentlich maßlos<br />

erstaunlich«, schrieb Färber im Jahre 1965, »dass die<br />

deutsche Filmkritik es noch immer für ihre wichtigste<br />

Aufgabe hält, die jeweils neuesten Filme zu beurteilen.<br />

Denn: sofern sie sich mehr zutraut und abverlangt, als<br />

den Betrieb mit einer wirren Folge von Seufzern und<br />

Juchzern zu begleiten, Sonderform der Reklame, die<br />

gegenwärtig noch beliebte kulturelle Note – sofern sie<br />

anderes sein will als ihre Parodie, ist dies Verfahren<br />

völlig ungenügend.« Und in der Tat hat Färber diesen<br />

seinen Einwand gegen die Aktualitätsfokussierung und<br />

deren Kurzatmigkeit stets berücksichtigt. Im Gegensatz<br />

dazu ist sein Filmschreiben immer auch Erinnerungsarbeit<br />

gewesen, Bewusstmachung des Gespräches, das<br />

Filme und Menschen über Zeiten hinweg miteinander<br />

führen.<br />

Einer größeren Öffentlichkeit dürfte Färber erstmals<br />

als Autor der Filmkritik aufgefallen sein. Diese Zeitschrift,<br />

Ende der 1950er Jahre von einem Kreis junger<br />

Intellektueller gegründet, war wichtig in jener Zeit, als<br />

Westdeutschland von der in jeglicher Hinsicht miefig<br />

provinziellen Kulturpolitik unter dem Bundeskanzler<br />

Konrad Adenauer und seinen Nachfolgern geprägt wurde.<br />

Dagegen schrieb die Filmkritik an, war widerständig,<br />

horizonterweiternd, Vorreiter bei der Vermittlung<br />

des internationalen Kinos der Autoren. So etwa stellte<br />

man sich früh und entschieden auf die Seite der damals<br />

noch heftig umstrittenen französischen Nouvelle vague<br />

– und setzte sich somit auch für ein Kino ein, das seine<br />

Geschichte und seine Mittel reflektierte.<br />

Sorgfalt<br />

Die Filmkritik musste ihr Erscheinen im Jahre 1984<br />

einstellen. Als geraume Zeit später ein Essay Färbers in<br />

der Frankfurter Rundschau erschien, hieß es in dem von<br />

einem ihrer Redakteure verfassten Vorspann, Färber<br />

lebe im Verborgenen und schwiege. Was ganz falsch<br />

war und ist, denn Färber hat bis heute stetig und vernehmlich<br />

weitergewirkt in Sachen Film. Zu seinen Gebieten<br />

gehören: Das Edieren von Büchern (wunderbar<br />

erhellend etwa der 1977 erschienene Band über den<br />

Zusammenhang zwischen der jahrhundertealten Baukunst<br />

und dem noch jungen Film – immer aufs neue<br />

unsere Kinowahrnehmung erweiternd seine Bücher<br />

über einzelne Werke – oder auch einzelne Sequenzen<br />

– von Regisseuren wie D.W. Griffith, Mizoguchi Kenji,<br />

Ozu Yasujirō).<br />

Unbedingt erwähnt werden muss Helmut Färbers zuletzt<br />

erschienenes Buch über Jean Renoirs UNE PARTIE<br />

DE CAMPAGNE (1937), worin sein schauendes Eindringen<br />

in das Herz von Filmen zur vollen Entfaltung kommt.<br />

Das beginnt damit, dass im ersten Kapitel Renoirs Film<br />

Einstellung für Einstellung, Dialogsatz für Dialogsatz<br />

nacherzählt wird (dazu sind zahlreiche Einstellungen<br />

abgebildet). So lässt Färber einen Film für sich selbst<br />

sprechen, und erzeugt beim Leser jene Aufmerksamkeit,<br />

die hilft, die Künste des Regisseurs, aber eben<br />

auch die der Schauspieler, des Kameramanns, des<br />

Drehbuchschreibers, ja sogar der Beleuchter, besser<br />

in den Blick zu bekommen. Ferner sind Färbers Sätze<br />

präzise, aber niemals pedantisch. Stets lässt er einen<br />

Frei- und Denkraum, wissend, dass selbst die allergrößte<br />

Wortkunst nicht vollends zu fassen vermag, was<br />

das Faszinierende eines visuellen Werkes ausmacht<br />

(bzw. sogar in Gefahr ist, das Eigene des Visuellen zuzuschütten).<br />

Oftmals vergehen zwischen den Erscheinungsdaten<br />

dieser Bücher etliche Jahre. Wesentlicher Grund dafür:<br />

Färber verwendet derart viel Sorgfalt sowohl auf textliche<br />

als auch gestalterische Details, dass die Verlage<br />

abwinken und der Filmforscher sie selbst zur Erscheinung<br />

bringen muss.<br />

Freundschaft<br />

Färbers zweites Gebiet: das Lehren an den Filmhochschulen<br />

von Berlin, München und Wien (in einem seiner<br />

Bücher dankt er explizit allen Teilnehmern seiner<br />

Seminare, mehr noch: Er macht das Buch als Resultat<br />

der Erfahrungen gemeinsamen Sehens, Entdeckens,<br />

Lebens mit den Filmen kenntlich).<br />

Und schließlich ist da die Literatur. Als man Färber<br />

1994 den Petrarca-Preis, eine literarische Auszeichnung,<br />

verlieh, bemerkte der Laudator Peter Handke:<br />

»Färbers Sprache handelt vor allem in Paris, in einer<br />

ganz neuartigen Gemeinsamkeit von Innen- und Außenräumen,<br />

Erde und Unterirdischem, Jetzt und den<br />

Jahrtausenden.« Was Handke mit diesen Worten lobte,<br />

sind Skizzen, die ab 1988 fortlaufend unter dem Titel<br />

»Das Grau und das Jetzt« in Akzente und anderen Zeitschriften<br />

erschienen waren. Darin hielt Färber, inspiriert<br />

wohl von schreibenden Flaneuren wie Walter Benjamin,<br />

Franz Hessel, Siegfried Kracauer, seine Erkundungen<br />

der Stadtlandschaften von Berlin, Paris, München oder<br />

Rom fest. Texte, die weit über das Gebiet des Films<br />

Helmut Färber<br />

45


TOUTE RÉVOLUTION EST UN COUP DE DÉS<br />

hinausdrängen, in denen dieser aber dennoch stets<br />

präsent ist. Einmal in der Art, wie Färber die Oberflächenerscheinungen<br />

der Dinge gleichsam wie mit einem<br />

Kameraauge ertastet. Zum anderen ist seine Sprache<br />

von Cuts durchsetzt, macht auf diese Weise beständig<br />

ungesehene, unvermutete Zusammenhänge sichtbar.<br />

Acto da Primavera (Der Leidensweg Jesu in<br />

Curalha) | Portugal 1963 | R+B: Manoel de Oliveira,<br />

nach dem Passionsstück »Auto da Paixão« von Francisco<br />

Vaz de Guimarães | K: Manoel de Oliveira | D:<br />

Nicolau Nunes da Silva, Ermelinda Pires, Maria Madalena,<br />

Amélia Chaves, Luís de Sousa | 94 min | OmeU |<br />

Jedes Jahr führen die Bauern aus dem Dorf Curalha in<br />

der Region Trás-os-Montes in der Karwoche den Leidensweg<br />

Jesu auf. Oliveira stellte die Aufführung der<br />

Passionsgeschichte für seinen Film nach und integrierte<br />

die Dreharbeiten, das Filmteam und Szenen aus dem<br />

dörflichen Alltag ins Spiel. »Die Passion ist hier unmittelbare<br />

Repräsentanz. Es ist eine Welt, in der Biblisches<br />

unverstellte Wirklichkeit ist. Der leidende Mensch ist<br />

tatsächlich Christus und das Brot, das gebrochen wird,<br />

sein Leib, denn er hat ihn aufgezehrt bei der Mühsal<br />

seiner Gewinnung. Der Film ist ein Lehrstück über Religion.<br />

Und auch ein ethnographischer Film, von dem<br />

alle etwas lernen können. Auch diese Armen-Passion<br />

zehrt vom Matthäus-Evangelium. Jahrhunderte der<br />

Elendserfahrung sind in die weltliche Seite der Passion<br />

eingeflossen. Vom Krieg ist gleich zu Anfang die Rede.<br />

Geld und die Ränke der Mächtigen, von weltlicher und<br />

geistlicher Macht, geben dieser Passion eine Sprengkraft,<br />

die Oliveira genau erfasst, wenn er den Film mit<br />

Guernica und Hiroshima enden lässt: Krieg und Zerstörung<br />

als ultima ratio der Macht.« (Thomas Brandlmeier)<br />

Freitag, 14. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Einführung: Thomas<br />

Brandlmeier<br />

Helmut Färber<br />

46<br />

Für Helmut Färber gibt es eine kleine Riege Filmemacher,<br />

die in jeder Hinsicht unzweifelhaft sind, an<br />

die man sich halten kann. Ozu Yasujirō gehört dazu,<br />

Danièle Huillet & Jean-Marie Straub, Jean Renoir. Und<br />

auch die in der von ihm nun erstellten kleinen Reihe:<br />

Erich von Stroheim, Manoel de Oliveira und Gerhard<br />

Benedikt Friedl. Doch Färber findet kein Genügen darin,<br />

irgendwelche Meister, Stars oder gar Ruhm anzubeten.<br />

Worum es ihm geht, hat er einmal in die folgenden<br />

Worte gekleidet: mehrere Filme von Jean Renoir<br />

kurz hintereinander zu sehen, sei gleichbedeutend mit<br />

einem Besuch bei ihm und seinen Freunden; man sitze<br />

in einem weiten, hellen Raum zusammen, wo der Regisseur<br />

bei Rotwein, frischem Brot und Trauben erzähle.<br />

Filme als Freunde, die uns auf unserem Weg begleiten,<br />

uns im Miteinander beseelen, klüger machen, die Sinne<br />

erfreuen. Es mag noch viele andere Auffassungen der<br />

Wesenszüge des Kinos geben, eine schönere als bei<br />

Helmut Färber findet man indes nicht.<br />

<br />

Michael Girke<br />

Queen Kelly | USA 1928 | R+B: Erich von Stroheim,<br />

nach seiner Erzählung »The Swamp« | K: Gordon Pollock,<br />

Paul Ivano | M: Adolf Tandler | D: Gloria Swanson,<br />

Walter Byron, Seena Owen, Wilhelm von Brincken,<br />

Wildon Benge | 96 min | OF | »Ein geniales Fragment<br />

von 100 Minuten, ein Drittel des geplanten Ganzen. Auf<br />

Betreiben Gloria Swansons, des schockierten Stars, der<br />

den zweiten Teil des Films im afrikanischen Bordell als<br />

›widerwärtige, apokalyptische Vision der Hölle auf Erden‹<br />

befindet, werden die Dreharbeiten abgebrochen.<br />

Was verbleibt, ist Akt eins. Der kranke Kosmos des<br />

europäischen Adels, dessen sexuelle Dekadenz und<br />

perversen Luxus Stroheim mit rücksichtslos kaltem<br />

Auge gleichsam durchs Vergrößerungsglas betrachtet:<br />

exakt, isoliert, grotesk und funkelnd im Glanz eines<br />

phantastischen Hyperrealismus.« (Harry Tomicek) –<br />

Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?<br />

| Deutschland 2004 | R+B+K: Gerhard Benedikt<br />

Friedl | 73 min | »Ein hypnotisches Vexierspiel an der<br />

Schnittstelle von Dokument, Essay und pulp fiction<br />

facts. Auf der Tonspur: eine in gnadenlos ›objektivem‹<br />

Duktus vorgetragene Erzählung von den labyrinthischen<br />

Genea logien, verbrecherischen Verstrickungen<br />

und Gebrechen deutscher Wirtschaftsdynastien im 20.<br />

Jahrhundert. Im Bild: bestechend kadrierte Aufnahmen,<br />

meist Schwenks und Fahrten durch europäische<br />

Finanzzentren, Produktionsstätten und Landschaften.<br />

Manchmal kommen Bild und Ton zur Deckung, manchmal<br />

verfehlen sie sich knapp. Stets legen sie Zusammenhänge<br />

nahe.« (Christoph Huber)<br />

Donnerstag, 27. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr


Mit Kafka im Kino<br />

Kafka geht ins Kino<br />

DEN HVIDE SLAVEHANDELS SIDSTE OFFER – DIE WEISSE SKLAVIN<br />

Über Geschichtsbilder und Bildergeschichten<br />

Es gibt viele Wege, sich Kafkas Welt zu nähern. Es ist<br />

die Welt eines niedergehenden Kaiserreichs und der<br />

Entstehung neuer Nationalstaaten in Mitteleuropa, die<br />

Welt folgenschwerer mechanischer und chemischer<br />

Ingenieursleistungen – produktiver wie destruktiver Art<br />

(Maschinenbau, Baukultur, Vernichtungswaffen) – und<br />

zahlloser Patente, die Welt der elektrischen Jahrzehnte<br />

und der mit ihnen verschwisterten Massenmedien<br />

(Telefonie, Telegrafie, Audiografie, Kinematografie), die<br />

Welt wachsender Unfallrisiken und neuer Unfalltypen im<br />

zivilen und von Massenvernichtungen im militärischen<br />

Bereich – in einem Ausmaß, dass der Grundgedanke<br />

gegenseitiger Hilfe, also von Versicherung und Rückversicherung<br />

zum ersten Mal prekär ins Wanken gerät.<br />

In dieser Welt zählte Franz Kafka zu den führenden Versicherungsjuristen<br />

seiner Zeit. Wer auf diese Welt unter<br />

dem Gesichtspunkt einer potentiellen Gefahrenquelle<br />

blickt, in der Menschen mit Menschen und zunehmend<br />

mit Maschinen kollidieren, wird das Kino, das traumwandlerisch<br />

aus dieser Sphäre nicht nur seine Stoffe<br />

holt, sondern selbst ein Spektakel von (mechanischen<br />

wie psychischen) Kollisionen ist, mit ganz anderen Augen<br />

sehen als ein weniger mit Versehrungen, Unfällen<br />

und irreparablen Schäden befasster Beobachter.<br />

Das Bild oder die Bilder aber, die uns diese gewesene<br />

Welt hereinspiegeln und nach denen unsere Phantasie<br />

geformt ist, verdanken wir neben amtlichen, literarischen,<br />

diaristischen und brieflichen Quellen vor allem<br />

der Fotografie und nicht zuletzt dem Film. Das Kino besitzt<br />

die schwer zu beschreibende, aber unabweisbare<br />

Macht eines Orakels. Meist erkennen wir die Tiefenwirkung<br />

seiner Bilder nur bruchstückhaft; wir überlassen<br />

uns ihnen, werden von ihnen, ganz individuell, mitgenommen<br />

und ergriffen: wie in Trance. Doch wenn man<br />

auf eine ganze Epoche, wie den frühen Stummfilm der<br />

späten Zehnerjahre zurückblickt – oder auf das, was<br />

wir davon noch mittel- oder unmittelbar davon besitzen<br />

–, taucht die Physiognomie eines Zeitalters auf, das<br />

sich hinter unserem Rücken zu einem Geschichtsbild<br />

geformt hat.<br />

»Filmlückengeschichte«<br />

Es kann nicht schaden, daran zu erinnern, wie wenig<br />

47


Kafka geht ins Kino<br />

48<br />

vom historischen Filmbestand überliefert und erhalten<br />

ist, weil dessen Wahrung und Sicherung gerade<br />

in Deutschland ganz offenbar keine kulturpolitische<br />

Priorität besitzt – wie dies beispielsweise in Frankreich<br />

seit langem der Fall ist. Das Fehlen einer umfassenden<br />

und finanziell gesicherten Perspektive – das Zelluloid<br />

wartet nicht auf Rettung, es zerfällt einfach nach einer<br />

gewissen Zeit – ist umso paradoxer, als die technischen<br />

Möglichkeiten der digitalen Erfassung und Konservierung<br />

in den letzten Jahrzehnten sprunghaft angewachsen<br />

sind, während eine entsprechende Entschließung,<br />

die dringlich gebotene Rettung umfassend in Angriff zu<br />

nehmen, weit hinterher hinkt. Klaus Kreimeier bringt es<br />

auf den Punkt: Ȇber Werke der Literatur oder der bildenden<br />

Kunst lässt sich, wenn auch mit Verlusten, kontextfrei<br />

reden, über Filme nicht. Wie und warum Filme<br />

entstehen, warum sie bejubelt oder geschmäht werden<br />

– all dies ist subtil vernetzt mit dem gesellschaftlichen<br />

Nervensystem. Kommerz und Profitgier sind der Treibstoff,<br />

der die faszinierende Maschine in Gang hält, und<br />

nicht selten sind es Skandale, die das Selbstbild und<br />

die Verfassung des Kollektivs grell beleuchten... Es gibt<br />

nichts wegzuwerfen. Eine Selektion darf nicht stattfinden,<br />

von unserer frühen Filmgeschichte ist ohnehin nur<br />

ein kleiner Bruchteil erhalten.«<br />

Wenn Fritz Güttinger in den siebziger Jahren von einer<br />

»Filmlückengeschichte« gesprochen hat, so ist diese<br />

resignative Feststellung – vor allem im Hinblick auf den<br />

Stummfilm – heute mehr denn je als eine Aufforderung<br />

zu verstehen, diese Lücke nicht noch größer werden<br />

zu lassen, indem man beispielsweise aufgrund sehr<br />

zweifelhafter Bewertungen zwischen erhaltenswerten<br />

und weniger erhaltenswerten Filmen unterscheidet. Die<br />

›Schundfilms‹ von 1913 sind nicht minder aufschlussreich<br />

als vermeintlich höher zu bewertenden ›Kunstfilme‹.<br />

Und warum sollte man Peter Altenberg und Franz<br />

Kafka, deren Literatur bis heute geschätzt werden, auf<br />

einmal der Naivität zeihen, wenn es ums Kino geht?<br />

»Ich ruhe mich vor den Plakaten aus«<br />

Die alltägliche Wahrnehmung vordem vertrauter Räume<br />

veränderte sich vor allem in den Städten mit der Mechanisierung<br />

des Verkehrs rapide. Die Stadt verwandelt<br />

sich zum Resonanzkörper vielfältiger Synästhesien.<br />

»Die Pneumatiks rauschen auf dem nassen Asphalt<br />

wie der Apparat im Kinematographen«, notieren die<br />

Reisenden Franz Kafka und Max Brod. Der Wechsel von<br />

dem anthropologischen Medium des Gehens in das<br />

motorisch-mechanische des Transports (der ja auch<br />

einer vom Land in die Stadt ist) zeitigt eine ganz eigene,<br />

neue Form wahrnehmungsaktiver Passivität, für die<br />

es kein Vorbild gab. Mit der Mechanisierung ist auch<br />

die Typographie in den Stadtkörper eingedrungen, sie<br />

oszilliert zwischen Litfaßsäule, riesiger Plakatwand und<br />

Mauerinschrift und schiebt ihre lettristische Fläche wie<br />

eine Großprojektion vor die historischen Attraktionen.<br />

Franz Kafka, der für maschinengesteuerte Prozesse ein<br />

sehr aufmerksames Sensorium und über eine ungemein<br />

austarierte Sprache gebot, beschreibt – in einem Brief<br />

an seine Berliner Verlobte Felice Bauer – die Fahrt mit<br />

der Tram durch seine Stadt als einen Flug. Er blättert<br />

förmlich durch das Buch der an ihm vorübergleitenden<br />

Stadt: »Meine Zerstreutheit, mein Vergnügungsbedürfnis<br />

sättigt sich an den Plakaten von meinem gewöhnlichsten<br />

innerlichsten Unbehagen, von diesem ewigen Gefühl<br />

des Provisorischen ruhe ich mich vor den Plakaten aus,<br />

wenn ich von den Sommerfrischen, die ja schließlich<br />

doch unbefriedigend ausgegangen sind, in die Stadt<br />

zurückkam, hatte ich eine Gier nach Plakaten und von<br />

der Elektrischen, mit der ich nachhause fuhr, las ich im<br />

Fluge, bruchstückweise, angestrengt die Plakate ab, an<br />

denen wir vorüberfuhren.« Ein erstaunliches Stück unverhüllten<br />

Genusses (der auf die habituelle Enttäuschung<br />

des Wochenendurlaubs folgt!) wird hier entfaltet. Dieser<br />

im Zustand angestrengter Passivität erreichte Genuss<br />

ist doppelt, und diese Verdoppelung kann nur durch den<br />

»Flug« der Tram erreicht werden. Die Elektrische, wie<br />

sie genannt wurde, erfüllt die Funktion eines traveling


im Film: Wie eine Kamerafahrt auf Schienen mutet das<br />

Wiedereintauchen in die Stadt an.<br />

Diese Plakate sind potenzierte Schaufenster, sie senden<br />

ebenso triviale wie verheißungsvolle Signale aus, heißen<br />

sie nun DER ANDERE oder TREFF-BUBE oder SKLAVEN<br />

DES GOLDES oder KATASTROPHE IM DOCK. Sie sind<br />

plakative und extrem attraktive, zu Titeln komprimierte<br />

Verdichtungen von faits divers, – dem Stoff, aus dem das<br />

Kino gemacht ist und die von süchtigen »Zeitungsfressern«<br />

wie Kafka und Joyce besonders geschätzt werden.<br />

Diese Appelle aufzuschnappen, auswendig zu lernen und<br />

für sich weiter zu spinnen, entschädigt für die Enttäuschung<br />

der Sommerfrische.<br />

Es war nicht Kafka allein, der die Fahrt mit der Elektrischen<br />

oder mit dem nächtlichen Taxi in den besonderen<br />

Rang einer potenzierten Wahrnehmung erhoben hat.<br />

In seiner ersten erhaltenen Notiz zum Kino und zum<br />

Kinogehn – Kino hieß und heißt (?) immer Kinogehn,<br />

das sollte nicht vergessen werden –, einer Rohrpost-Karte<br />

an Max Brod vom Oktober 1908, ist diese<br />

rasante Fahrt gewissermaßen kinematografisch objektiviert.<br />

Er beschwört den Freund, dass wir lang und<br />

oft den Kinema, die Maschinenhalle und die Geishas<br />

zusammen ansehen müssen. Die Rede ist von der Prager<br />

Ausstellung für Gewerbe und Industrie anlässlich<br />

des 60-jährigen Jubiläums der Thronbesteigung von<br />

Kaiser Franz Joseph. Der tschechische Filmpionier Jan<br />

Kříženecký zeigte dort unter anderem in einem eigenen<br />

Messe-Palast die Fahrt einer Tram, die über die<br />

Czech-Brücke nach Prag hineinfährt. Und noch heute<br />

kann man sich der unmittelbar einsetzenden Trance,<br />

welche dieser kurze Film »im Fluge« auslöst, nicht entziehen.<br />

Man könnte von Kafkas brieflicher Erwähnung<br />

der »Elektrischen« (1913) auf eine fünf Jahre zurückliegende<br />

Erinnerung zu dem Film Kříženeckýs schließen<br />

– als sei er durch dessen unbeschwertes, gleitendes<br />

traveling zur Formulierung seiner eigenen Wahrnehmung<br />

inspiriert worden.<br />

Der erstarrte Zuschauer<br />

Vieles an Kafkas verstreuten Notizen zum Kino(gehn)<br />

ist ein heftiger Abdruck, ein Echo des meist unmittelbar<br />

Erlebten und Gesehenen. In ihrer elliptischen Knappheit<br />

sind sie Traumresten vergleichbar. Die einzige ausführlichere<br />

und zusammenhängende Betrachtung – ein<br />

Wort, das auch seinem ersten Prosaband vorangestellt<br />

ist – gilt weniger dem Kino als dem Kaiserpanorama.<br />

Kafka schätzt dieses schon aus der Mode gekommene<br />

Medium der plastischen Fotografie, weil hier die Bilder<br />

»lebendiger als im Kinematographen« seien, hingegen<br />

herrsche bei diesem »die Unruhe der Bewegung«;<br />

schließlich phantasiert er – wie schon vor ihm Peter<br />

Rosegger und auch aus rein kommerziellen Gründen<br />

der Erfinder des Kaiserpanoramas selbst – eine »Vereinigung<br />

von Kinema und Stereoskop«, mithin eine noch<br />

sehr viel weiter gehende Entrückung ins noktambule<br />

Abenteuer.<br />

Kafka registriert sehr genau die paradoxe Macht des<br />

Kinos: Ungeachtet des unbestreitbar trivialen Realismus,<br />

der leicht durchschaubaren Machart des Ganzen<br />

– Kafka spricht einmal von »alten Filmerfindungen« –,<br />

gelingt dem Kino mithilfe der überlebensgroßen Projektion<br />

im künstlich verdunkelten Raum eine bis dahin<br />

ungeahnte Überwältigung; diese ist so stark, dass sie,<br />

wie Kafka schreibt, die Zuschauer erstarren lässt. Die<br />

Ähnlichkeit mit Traumgesichten ist naheliegend und<br />

gleichzeitig irreführend, naheliegend weil das onirische<br />

Moment, der Tagtraum, sich ähnlich schwer resümieren<br />

und ›festhalten‹ lässt wie der Film, irreführend, weil<br />

der Tagtraum ein extrem individualisiertes, inneres Erlebnis<br />

ist, das ich mit anderen, im Gegensatz zum Film,<br />

nie werde teilen können. Ähnlich wie eine plötzlich hereinbrechende<br />

Naturerscheinung ist das Kino imstande,<br />

zu rühren, zu verwirren und zu überwältigen. Eine erste<br />

Demonstration dieser Überwältigungsmacht hat in Prag<br />

Rabbi Löw geliefert, als er Kaiser Rudolf II. und seinen<br />

Hof mit einer machtvollen Projektion der Laterna magica<br />

in Angst und Schrecken versetzte.<br />

Gegen diese flüchtigen Bilder, die ähnlich wie die Tageszeitungen<br />

eine rasch vergängliche Ware waren,<br />

mobilisiert Kafka den Depeschen- und des Telegrammstil,<br />

eine Rhetorik, die versierten Briefstellern im letzten<br />

Jahrhundert durchaus geläufig, ja gewissermaßen zur<br />

zweiten Sprachnatur geworden war. Mit stenografischer<br />

Ökonomie und mit einem untrüglichen Gespür für<br />

die Pointe – »Street full of water. Please Advise«, so das<br />

Telegramm von Robert Benchley bei seinem ersten Venedigbesuch<br />

– werden das flüchtige, das fliehende Bild<br />

und dessen unmittelbare affektive Wirkung »festgehalten«:<br />

»Im Kino gewesen. Geweint. Lolotte. Der gute<br />

Pfarrer. Das kleine Fahrrad. Die Versöhnung der Eltern.<br />

Maßlose Unterhaltung.« Das Wechselbad der Gefühle<br />

setzt sich sogleich fort: »Vorher trauriger Film DAS UN-<br />

GLÜCK IM DOCK, nachher lustiger ENDLICH ALLEIN.«<br />

Das Gelobte Land – aus der Ferne<br />

Doch der Film hört mit beendeter Projektion nicht auf<br />

und so wird auch noch das unfreiwillige und mitunter<br />

schmerzhafte Erwachen aus einem Tagtraum beim<br />

Verlassen des Kinos festgehalten: Bin ganz leer und<br />

sinnlos, die vorüberfahrende Elektrische hat mehr<br />

lebendigen Sinn. (Roland Barthes hat diesem langen<br />

Kafka geht ins Kino<br />

49


Kafka geht ins Kino<br />

50<br />

Augenblick der Trance ein schönes Denkbild gesetzt.)<br />

Was einmal dem enttäuschten Sommerfrischler »im<br />

Fluge« gelungen war, mit Hilfe der »Elektrischen« die<br />

Zeichen der Stadt wie eine Kamera (in sich) aufzunehmen<br />

und diese Fahrt als ein euphorisches Kino und<br />

einen spontan entstehenden und vergehenden Film<br />

zu erleben oder im bloßen Geräusch der Autoreifen zu<br />

halluzinieren, schlägt in tiefe Niedergeschlagenheit um.<br />

Kafka verharrt und resigniert vor der vorüberfahrenden<br />

Elektrischen – so wie Jahre zuvor die Zuschauer angesichts<br />

des vorbeifahrenden Zugs erstarrt sind.<br />

Oder er steigert diese Verknappung zu einem Dramolett,<br />

nicht unähnlich den Nachrichten zu drei Zeilen des<br />

Kunstkritikers und Journalisten Félix Fénéon. Kafka:<br />

»Heute abend mich vom Schreiben weggerissen. Kinematograf<br />

im Landestheater. Loge. Frl. Oplatka, welche<br />

einmal ein Geistlicher verfolgte. Sie kam ganz naß von<br />

Angstschweiß nachhause. Danzig. Körners Leben. Die<br />

Pferde. Das weiße Pferd. Der Pulverrauch. Lützows wilde<br />

Jagd.« Dicht gedrängt hasten die Nomina hintereinander<br />

her und werden allein durch die Interpunktion<br />

arretiert – und beschleunigt, ganz im Stil expressionistischen<br />

Staccatos. Kafka parodiert diese Rhetorik.<br />

Es liest sich wie ein Gedächtnisprotokoll von Zwischentiteln.<br />

Zu äußerster Knappheit verdichtet und ex negativo als<br />

Kommentar zu lesen, ist eine der letzten Erwähnungen<br />

eines Kinobesuchs: »Nachmittags Palästinafilm«<br />

schreibt er am 23. Oktober 1921. Bezeichnenderweise<br />

notiert er nicht den eigentlichen Titel dieses zionistischen<br />

Propagandafilms – SHIWAT ZION – der auf<br />

Betreiben der Zeitschrift Selbstwehr – aus berechtigter<br />

Angst vor antisemitischen Störern – nur in geschlossenen<br />

Vorführungen gezeigt wurde. Er blickt auf diesen<br />

Film wie Moses auf das Gelobte Land. Er wird es nicht<br />

betreten, sondern in ›sein‹ Jerusalem, nach Berlin zu<br />

seiner Verlobten Dora Diamant ziehen. Und von dort<br />

schreibt er an sein früheres Hausmädchen nach Prag,<br />

das zur Zeit einzige Sehenswerte in Berlin sei THE KID<br />

von Chaplin. <br />

Hanns Zischler<br />

In Zusammenarbeit mit dem Tschechischen Zentrum in München<br />

und dem Galiani-Verlag in Berlin. Ermöglicht durch die Unterstützung<br />

der Kulturstiftung des Bundes.<br />

Kafka | USA 1991 | R: Steven Soderbergh | B: Lem<br />

Dobbs | K: Walt Lloyd | M: Cliff Martinez | D: Jeremy<br />

Irons, Theresa Russell, Joel Grey, Ian Holm, Jeroen<br />

Krabbé, Armin Mueller-Stahl, Alec Guiness | 98 min |<br />

OmU | »Die expressionistische Ästhetik des Stummfilms<br />

wird Material, mit dessen Hilfe Soderbergh eine<br />

Geschichte erzählt, die Kafka hätte erfunden haben<br />

können. Denn Soderberghs Film ist zunächst ein ganz<br />

simpler Krimi. Menschen verschwinden und werden ermordet.<br />

Und Kafka, alles andere als ein Detektiv, findet<br />

in unschuldiger Anteilnahme ein Terrorsystem, dessen<br />

Herren im Schloss sitzen, im Hradschin, der sich wie<br />

ein ferner Gott über den Gassen erhebt. Soderberghs<br />

Collage aus Historie, Realfiktion und Kafkas Personal<br />

dient dazu, diesem Krimi eine Bühne zu verschaffen,<br />

wie sie artifizieller wohl kaum ein Krimi je gehabt<br />

hat. Alec Guinness als Abteilungsdirektor und Armin<br />

Mueller-Stahl als Inspektor: Selbst in den Nebenrollen<br />

ist Soderberghs Film perfekt.« (Ulrich Greiner)<br />

Dienstag, 18. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr Sonntag,<br />

23. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Kafka geht ins Kino | 120 min | Hanns Zischler spricht<br />

anlässlich der erweiterten Neuauflage seines Buches<br />

»Kafka geht ins Kino« (Verlag Galiani Berlin, 20<strong>17</strong>) und<br />

der in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum München<br />

entwickelten DVD-Edition »Kafka geht ins Kino«<br />

(Edition Filmmuseum 95) über Franz Kafkas Beziehungen<br />

zum Medium Film und den Einfluss des Kinos<br />

auf sein Schreiben. Er liest Passagen aus den Texten<br />

von Kafka, Stefan Drößler zeigt und kommentiert dazu<br />

Filmausschnitte aus den neu restaurierten Filmen und<br />

Bilddokumente aus dem Buch. Ralph Eue schrieb über<br />

die Erstausgabe von Zischlers Buch: »So legt ›Kafka<br />

geht ins Kino‹ verschiedene Spuren frei, ›wildert‹ zwischen<br />

biografischer Forschung, Wahrnehmungspsychologie,<br />

Kulturgeschichtsschreibung, Filmarchäologie<br />

und Literaturwissenschaft. Angereichert ist das Buch<br />

mit wunderbaren Abbildungen, die den Text, gleichsam<br />

nach musikalischen Gesichtspunkten ausgewählt, wie<br />

Obertonfrequenzen umspielen.«<br />

Donnerstag, 20. April 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr | Zu Gast: Hanns<br />

Zischler<br />

Primo Circuito Aereo Internazionale di Aeroplane<br />

in Brescia (Erster Internationaler Wettbewerb für<br />

Luftschiffe und Flugmaschinen, Brescia) | Italien<br />

1909 | P: Adolfo Croce | 13 min | OmU | Kafka schrieb<br />

einen langen Artikel über genau den Tag der Flugschau,<br />

den der Film dokumentiert. – Nick Winter et le vol<br />

de la Joconde (Nick Winter und der Diebstahl der<br />

Mona Lisa) | Frankreich 1911 | R: Paul Garbagni | D:<br />

Paul Viner | 10 min | OmU | Detektivfilmkomödie, die<br />

Franz Kafka und Max Brod in einem Pariser Kino sahen.<br />

– Den hvide slavehandels sidste offer (Die weiße<br />

Sklavin) | Dänemark 1911 | R: August Blom | B: Peter<br />

Christensen | K: Axel Grattjær | D: Clara Wieth, Lauritz<br />

Olsen, Thora Meincke, Otto Langoni, Frederik Jacobsen


| 55 min | dtF | Ein Sensationsfilm, angeblich initiiert<br />

vom »Verein zur Bekämpfung des Menschenhandels«,<br />

auf den sich Kafka in seinen Briefen mehrfach bezieht.<br />

Freitag, 21. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Live-Musik:<br />

Richard Siedhoff | Einführung: Hanns Zischler<br />

Theodor Körner | Deutschland 1912 | R+B: Gerhard<br />

Dammann, Franz Porten | K: Werner Brandes | D: Friedrich<br />

Feher, Hermann Seldeneck, Thea Sandten | 41 min<br />

| Den »vaterländischen Großfilm« zum 100. Geburtstag<br />

des »Freiheitsdichters« Theodor Körner (<strong>17</strong>91–1813)<br />

sah Kafka in Prag zusammen mit Fräulein Oplatka, die<br />

sich von dem Film mitreißen ließ. – Peschiera / Lago<br />

Maggiore et Lago di Como / Liguria (Italienische<br />

Reisebilder) | IT 1907-1913 | Anonima Ambrosia,<br />

Cines | 12 min, viragiert | engl.Titel | Aufnahmen von<br />

Städten und Landschaften, durch die Kafka reiste. – La<br />

broyeuse de coeurs (Die Herzensbrecherin) | Frankreich<br />

1913 | R+B: Camille de Morlhon | D: Léontine<br />

Massart, Pierre Magnier, Camille Licenay, Jenne Brindeau<br />

| 47 min | OmU | Kafkas Schwester sah das zum<br />

Teil in Spanien aufgenommene, »herrlich kolorierte«<br />

Melodram und berichtete ihrem Bruder, der darüber an<br />

seine Freundin Felice schrieb.<br />

Freitag, 21. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Live-Musik:<br />

Richard Siedhoff | Einführung: Hanns Zischler<br />

Daddy-Long-Legs (Vater Langbein) | USA 1919 | R:<br />

Marshall Neilan | B: Agnes Johnson, nach dem Briefroman<br />

von Jean Webster | K: Charles Rosher | D: Mary<br />

Pickford, Milla Davenport, Percy Haswell, Fay Lemport,<br />

Marshall Neilan | 97 min | OF | Max Brod schreibt in<br />

seiner Autobiografie über Kafka: »Besonders entzückte<br />

ihn ein Film, der tschechisch TÁTA DLOUHÁN hieß,<br />

was wohl mit VATER LANGBEIN zu übersetzen wäre.<br />

Er schleppte seine Schwestern zu diesem Film, später<br />

mich, immer mit großer Begeisterung, und war stundenlang<br />

nicht dazu zu bringen, von etwas anderem<br />

zu reden als gerade nur von diesem herrlichen Film.«<br />

»DADDY-LONG-LEGS war der archetypische Mary-<br />

Pickford-Film, der alle Erwartungen des Publikums erfüllte:<br />

Ein ausgesetztes Baby wird gerettet, ein Waisenhaus<br />

wie eine Strafanstalt, komische und berührende<br />

Szenen, viel Pathos, und ein Liebhaber, der wartet, bis<br />

die Protagonistin erwachsen wird.« (Kevin Brownlow)<br />

Samstag, 22. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Live-Musik:<br />

Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler<br />

Prazdnovanie 300-letija Doma Romanovych (300<br />

Jahrfeier des Hauses Romanoff) | Russland 1913 |<br />

16 min | OmU | »Der Zar, die Prinzessinnen verdrießlich<br />

in der Sonne stehend, nur eine zart, ältlich, schlaff,<br />

auf den Sonnenschirm gestützt, blickt vor sich hin. Der<br />

Thronfolger auf dem Arm des ungeheueren barhäuptigen<br />

Kosaken.« (Kafka) – Der Andere | Deutschland<br />

1913 | R: Max Mack | B: Paul Lindau, nach seinem<br />

Theaterstück | K: Hermann Böttger | D: Albert Bassermann,<br />

Emmerich Hanus, Nelly Ridou, Hanni Weisse,<br />

Léon Resemann, Otto Collet | 75 min | Der erste deutsche<br />

»Künstlerfilm«, für den ein bekannter Schriftsteller<br />

eines seiner Werke selber adaptierte und in dem<br />

Theaterstar Albert Bassermann die Hauptrolle des<br />

Rechtsanwalts übernahm, der unbewusst ein Doppelleben<br />

führt. Kafka schrieb an Felice: »Von Bassermann<br />

könnte ich Dir sehr viel erzählen, so elend das Stück ist,<br />

und so sehr Bassermann darin mißbraucht wird und<br />

sich selbst mißbraucht.«<br />

Samstag, 22. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Live-Musik:<br />

Richard Siedhoff | Einführung: Stefan Drößler<br />

Jízda Prahou otevřenou tramvají (Straßenbahnfahrt<br />

durch Prag) | Tschechien 1908 | R+B+K: Jan Kříženecký<br />

| 2 min | Filmdokument, das im Kinematografentheater<br />

der großen Jubiläumsausstellung 1908 in Prag<br />

zu sehen war. Franz Kafka und Max Brod besuchten<br />

die Ausstellung und die Filmvorführungen gemeinsam.<br />

Kafka war von dem neuen Medium fasziniert. – Shiwat<br />

Zion (Rückkehr nach Zion) | Palästina 1921 | R+B+K:<br />

Ya’akov Ben-Dov | 74 min | OmU | Ein zionistischer Dokumentarfilm<br />

über den Aufbau eines »jüdischen Palästina«,<br />

der um Unterstützung warb und im Oktober 1921<br />

in Prag gezeigt wurde. Kafka räsonierte einige Wochen<br />

später in einem Brief an Robert Klopstock: »Hauptsächlich<br />

gilt es ja nur für die Durchschnittsmasse der<br />

Juristen, daß sie erst zu Staub zerrieben werden müssen,<br />

ehe sie nach Palästina dürfen, denn Erde braucht<br />

Palästina, aber Juristen nicht.«<br />

Sonntag, 23. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Live-Musik:<br />

Günter A. Buchwald | Einführung: Stewart Tryster<br />

Kafka geht ins Kino<br />

51


Danielle Darrieux zum 100. Geburtstag<br />

Danielle Darrieux<br />

52<br />

Madame de ... Danielle Darrieux<br />

François Truffaut wusste, dass Film eine Frauen-, eine<br />

Schauspielerinnenkunst ist, die Kunst, hübsche Frauen<br />

hübsche Dinge machen zu lassen. Filme ohne Frauen<br />

sind unendlich langweilig. Paul Vecchiali, der Kriegsfilme<br />

hasst – es sei denn ein Soldat zieht das Foto einer<br />

Frau aus seiner Uniform –, war ein Kind, als er Danielle<br />

Darrieux zum ersten Mal sah: 1936 in einer Zeitschrift<br />

und dann im Kino. Der 6-jährige Vecchiali wollte sofort<br />

Filmregisseur werden, um ihr zu begegnen. Das hat geklappt,<br />

1961 bei seinem ersten Film.<br />

Paul Vecchiali, Jacques Demy, später François Ozon,<br />

sie bewundern die Grande Dame des französischen<br />

Kinos, die mit 14 loslegte und es mit <strong>17</strong> geschafft hatte.<br />

Entdeckt wurde sie von Wilhelm Thiele: Er brauchte eine<br />

Schauspielerin für die französische Fassung seines deutschen<br />

Films DER BALL. Das war 1931. Die 14-jährige<br />

Darrieux singt und sie tanzt, nicht nur so nebenbei. Singen<br />

und tanzen wird ihre Art des Spiels vor der Kamera.<br />

Auch wenn sie spricht, geht, sich bewegt. Ihr Sprechen<br />

ist Melodie, ihre Bewegungen sind eine unverwechselbare<br />

Choreografie. In acht Jahrzehnten in über 100 Filmen.<br />

Internationalen Erfolg hat sie 1936 mit dem Film<br />

MAYERLING von Anatole Litvak. Danielle Darrieux und<br />

Charles Boyer: Er ist österreichischer Thronfolger, sie<br />

seine verbotene Geliebte. Sie tanzen Walzer, dann gehen<br />

sie zusammen in den Tod. Der Film wird ein Kassenerfolg<br />

und für beide die Fahrkarte nach Hollywood.<br />

Das amerikanische Debüt der Darrieux: THE RAGE OF<br />

PARIS (DIE FLOTTE PARISERIN) von Henry Koster. Eine<br />

Französin in New York, die am Ende nur noch einen<br />

Wunsch hat: zurück nach Frankreich.<br />

1950. Max Ophüls und Danielle Darrieux. Beide<br />

sind seit den 1930er Jahren im Filmgeschäft, haben<br />

in Deutschland, in Frankreich, in den USA gearbeitet.<br />

Die Darrieux mit Billy Wilder, Henri Decoin, Robert<br />

Siodmak. Die erste Zusammenarbeit mit Ophüls: LA<br />

RONDE (DER REIGEN). Die gesamte Besetzung des<br />

Films: ein Starpaket. Lauter Nebenrollen, und die Darrieux<br />

ist mit das Teuerste, was das französische Kino zu<br />

bieten hat. Bei Ophüls’ nächstem Film macht sie wieder<br />

mit, wieder ist es ein Film ohne Hauptrolle: LE PLAISIR<br />

(PLÄSIER), drei Episoden nach Erzählungen von Maupassant.<br />

MADAME DE …


1953 MADAME DE ..., für Andrew Sarris »the greatest<br />

film of all time«, in der Hauptrolle die Darrieux.<br />

»Wegen ihr habe ich den Film gemacht. Nach REIGEN<br />

und PLÄSIER suchte ich für sie eine Rolle. Es war mir<br />

dabei klar, dass, wenn ich eine fände, es automatisch<br />

ein Thema für mich sein würde. Denn um die Darrieux<br />

herum liegen Leichtsinn und Glaube, Frivolität und<br />

Ernsthaftigkeit, Grazie und Grausamkeit, Lebensfreude<br />

und Tod. Alles das reflektiert aus ihr heraus in ihr Spiel,<br />

das zur Wahrheit wird, ehe man sich umdreht – und<br />

sicher, sobald man dreht.«<br />

Die Vorlage zu MADAME DE ..., eine Erzählung von<br />

Louise de Vilmorin, findet Ophüls »un peu maigre ...<br />

Madame de ... bien vide ... Die einzige Sache, die mich<br />

an diesem eigentlich schmalen Roman berührt, ist seine<br />

Konstruktion. Es ist immer die gleiche Achse: ein<br />

Paar Ohrringe. Aber dieses Detail der weiblichen Toilette<br />

vergrößert sich, erscheint in Großaufnahme, drängt<br />

sich auf, beherrscht das Schicksal der Helden des Buches<br />

und führt sie schließlich in die Tragödie. Wenn ich<br />

›Madame de ...‹ nicht für einen großen Roman halte, so<br />

sehe ich ihn doch als eine schöne literarische Verschlagenheit<br />

an. Und diese Verschlagenheit ist die Form.«<br />

Ophüls plant, den Film so zu drehen, dass die Schauspieler<br />

nie direkt zu sehen sind. Die Kamera soll die Figuren<br />

umkreisen, sie nur in Spiegeln oder eng begrenzten<br />

Ausschnitten zeigen. Mit dieser tollkühnen Idee beginnt<br />

MADAME DE ...: ein Schmuckkasten voller Juwelen und<br />

ruhelos suchende Hände. Wir hören nur die Stimme<br />

der Darrieux, ein trällernder Singsang, hingetupfte Worte:<br />

Je ne tirerai pas vingt mille francs de tous ça, ah,<br />

ah ... 20.000 Francs muss Madame auftreiben, um<br />

heimliche Schulden zu begleichen. Was könnte sie versetzen?<br />

Ihre Hand streift Spiegeltüren, öffnet Schränke,<br />

streichelt Kleider und Pelze – soll sie sich davon trennen?<br />

Auf keinen Fall. Nicht aus Sentimentalität, sondern aus<br />

Liebe zu den Dingen selbst. Ein einziges Objekt ist mit<br />

privaten Erinnerungen verbunden: ein Paar Ohrringe,<br />

herzförmige Diamanten, das Hochzeitsgeschenk ihres<br />

Mannes – davon kann sie sich trennen. Und jetzt sehen<br />

wir sie: Danielle Darrieux im kleinen Oval des pompös<br />

gerahmten Spiegels, ihr vanity table, wo Eitelkeit und Vergänglichkeit<br />

zusammenfinden. Die Darrieux als Baronin<br />

und Generalsgattin, Gefangene und Handelnde in einem<br />

überquellenden Boudoir.<br />

Sie ist die elegante Französin par excellence mit<br />

dem Talent, dann und wann mühelos leicht in Ohnmacht<br />

zu fallen. Wenn der Darrieux die Sinne schwinden,<br />

weiß niemand, wie ernst es ist, oder ob Madame<br />

nur ihren Wünschen ein wenig Nachdruck verleiht.<br />

Beim Verkauf der Ohrringe zögert der Juwelier ... die<br />

Darrieux hilft nach, mit einem kleinen Schwächeanfall.<br />

Allein Charles Boyer, in der Rolle ihres Gatten, lässt sich<br />

von ihren Unpässlichkeiten nicht beeindrucken und<br />

ermahnt sie, drei Minuten nicht zu überschreiten.<br />

Strenge, Sarkasmus, auch Hilflosigkeit eines Gatten,<br />

dessen Frau tatsächlich einen Anderen liebt.<br />

Je ne vous aime pas, je ne vous aime pas, flüstert<br />

die Darrieux zwischen Tür und Angel und weiß es<br />

besser. Beim ersten Walzer warnt sie lachend vor ihrer<br />

Koketterie. Immer wieder treffen sie sich, tanzen einen<br />

endlosen Walzer, die Leichtigkeit schwindet – von frivoler<br />

Konversation zum sprachlosen Ende. Sie, die<br />

Generalsgattin, flüchtet, weiß keinen Ausweg mehr und<br />

betrügt schließlich beide, den Liebhaber und den Ehemann,<br />

mit immer neuen Lügen, die sie seit dem Verkauf<br />

der Ohrringe begleiten.<br />

Sie habe die Ohrringe in der Oper verloren, lässt die<br />

Darrieux ihren Gatten wissen, der umgehend nach dem<br />

Hochzeitsgeschenk fahndet, um es dann beim Juwelier<br />

zu finden und erneut zu kaufen – ein Abschiedsgeschenk<br />

für seine Maitresse, die den Schmuck im Ausland<br />

zu Bargeld macht. Aus dem Ausland taucht er auf,<br />

Vittorio De Sica, Diplomat auf Reisen und im Gepäck<br />

die Ohrringe, die er als Liebesgabe der Darrieux reicht.<br />

Um sie öffentlich tragen zu können, erfindet sie neue<br />

Geschichten: eine für den geliebten Diplomaten, eine<br />

andere für ihren Gatten. Während De Sica an ihren Lügen<br />

verzweifelt, lässt sich Boyer nicht beirren. Er nimmt<br />

der Darrieux die Juwelen ab, gibt sie seinem Rivalen<br />

De Sica mit der Auflage zurück, sie zum Juwelier zu<br />

bringen, bei dem Boyer die Ohrringe zum dritten Mal<br />

kauft. Die Darrieux ergreift die Schmuckstücke wie eine<br />

Süchtige, küsst die Diamanten – nicht ihren Mann. Der<br />

zwingt sie nun, das von ihr so Begehrte einer verarmten<br />

Nichte zu schenken, die den Schmuck beim Juwelier<br />

versetzt, der diesmal nicht mit Boyer ins Geschäft<br />

kommt, aber mit Madame: Sie kauft die Ohrringe und<br />

stiftet sie der Kirche, als das Duell zwischen Gatte und<br />

Liebhaber bevorsteht. Ein von Geld und Lügen dirigierter<br />

Kreislauf endet in einem menschenleeren Kirchenraum,<br />

die Kamera gleitet über Säulen hin zum Altar<br />

und zu den unter Glas verschlossenen Juwelen der<br />

Madame de ... . Ophüls dachte an die Konstruktion des<br />

»Bolero« von Maurice Ravel: »Auch da dreht und entwickelt<br />

und kompliziert sich eine Aktion – oder genauer:<br />

das harmonische Material – ständig um eine winzige<br />

melodische Achse.«<br />

In LA RONDE dreht sich alles: das Karussell, die<br />

Musik, die Darsteller, die Dialoge – ein delirierender<br />

Kreislauf von Paarungen und Paarwechseln. Dirne,<br />

Soldat, Stubenmädchen, Dichter, Schauspielerin und<br />

Danielle Darrieux<br />

53


Graf, sie alle begegnen und trennen sich, das Ehepaar<br />

trennt sich nicht. Auf dem Kamin das Gleichmaß des<br />

Uhrpendels und im Schlafzimmer getrennte Betten.<br />

Die Darrieux liest Stendhal, ihr Gatte die Rechnungsbücher.<br />

Er vergnügt sich mit einem hübschen Mädel im<br />

Séparée, sie verführt einen Jungen: Daniel Gélin, der<br />

beim Liebesakt versagt. »Die Szene im Bett, in der ich<br />

etwas beschämt bin, mich entschuldige, haben Danielle<br />

und ich in ihrer Garderobe mit französischem Humor<br />

geprobt: ein bisschen Feydeau, ein bisschen Sacha<br />

Guitry mit der Absicht, lustig zu sein, und so haben wir<br />

es Ophüls vorgespielt. Aber diese Komik à la française<br />

wollte er überhaupt nicht, und ich erinnere mich noch,<br />

wie er mit seinem deutschen Akzent sagte: ›Zeigt die<br />

Melancholie der Impotenz‹.« (Gélin)<br />

Die einzige Großaufnahme des Films: das erstaunte<br />

Gesicht Simone Signorets, für einen Moment von den<br />

Schultern Gérard Philipes verdeckt, der in der Rolle des<br />

Grafen die Dirne zum Abschied auf die Augen küsst – in<br />

Erinnerung an eine andere.<br />

LE PLAISIR, 2. Episode: LA MAISON TELLIER. Hat je<br />

ein Film in einem Bordell gespielt, das die Kamera nicht<br />

betritt? Ophüls’ Kommentar: »Pardon, mais c’est une<br />

›maison close‹!« Wie ein Fassadenkletterer turnt die<br />

Kamera an Erkern, Mansarden und Fenstern entlang,<br />

beobachtet zwischen den Lamellen der Jalousie die<br />

Damen und die Gäste im Haus Tellier.<br />

Danielle Darrieux ist Rosa, zuständig für die Honoratioren<br />

der Stadt – den Reeder, den Fischhändler, den<br />

Holzhändler, den Handelsgerichtsrat. Wenn Rosa mal<br />

nicht trinkt oder singt, dann träumt sie, erzählt von ihrem<br />

Ehemann, dem Vicomte de ..., von den Kleidern,<br />

vom Schmuck, von den Blumen, die er ihr schenkt; sie<br />

schwärmt von Berührungen, von Champagner und all<br />

den Dingen, die der Vicomte ihr zuflüstert; langsam<br />

nähert sich die Kamera, verweilt in Großaufnahme auf<br />

dem Gesicht der Darrieux: ein Augenblick voller Lügen<br />

und wahrer Träume: merveilleuse, haucht Rosa.<br />

Jean Gabin, Madame Telliers Bruder und trunkener<br />

Schreiner, versteht seinen Versuch, sich gewaltsam<br />

und gratis bei Rosa zu bedienen als Familienangelegenheit.<br />

Er wolle sich ja nur bedanken. Das geht schief.<br />

Beschämt sitzt er neben der Darrieux auf der Wiese, sie<br />

pflückt Blumen und macht, was sie immer macht: Sie<br />

trällert vor sich hin: Combien je regrette mon bras si<br />

dodu, ma jambe bien faite et le temps perdu ...<br />

Danielle Darrieux<br />

54<br />

LE PLAISIR


Wenn Danielle Darrieux gar nicht mehr spricht<br />

und alles, was sie zu sagen hat, einfach singt, dann<br />

ist das den Filmen von Jacques Demy zu verdanken.<br />

Da hört sie nur auf zu singen, wenn sie raucht oder<br />

trinkt, und sie trinkt und raucht, um weiter zu singen.<br />

Dafür brauchte Demy keine Synchronstimme: »Sie hat<br />

ein nahezu absolutes Gehör. Sie hatte das feinste Ohr<br />

des gesamten Teams, sie hört sogar Vierteltöne, das<br />

können die wenigsten.«<br />

Mit acht sah Jacques Demy die Darrieux auf der<br />

Leinwand, mit vierzehn malte er sie, mit fünfzehn hingen<br />

ihre Fotos in seinem Zimmer. 1963 sollte sein Idol, der<br />

Kino- und Theaterstar, die Rolle der Mutter in LES PA-<br />

RAPLUIES DE CHERBOURG (DIE REGENSCHIRME VON<br />

CHERBOURG) spielen und singen, aber ihr Marktwert<br />

und sein Produktionsbudget waren meilenweit voneinander<br />

entfernt. Drei Jahre später LES DEMOISELLES<br />

DE ROCHEFORT (DIE MÄDCHEN VON ROCHEFORT), ein<br />

Pop-Musical mit Gene Kelly, Catherine Deneuve und<br />

Françoise Dorléac. Sie singen, tanzen, träumen von der<br />

großen Liebe; ein Reigen voller Sehnsucht, Hoffnungen<br />

und Begegnungen. Alle Glückssuchenden kommen in<br />

das Bistro von Danielle Darrieux, sie ist die Anlaufstelle<br />

für gesungene Wünsche und Träume – die Paare selbst<br />

treffen sich nicht. Lauter verpasste Gelegenheiten, auch<br />

für die Darrieux. Sie weiß nicht, dass der Mann, den sie<br />

vor zehn Jahren abgewiesen hat, wieder in der Stadt<br />

ist: Michel Piccoli, der Musikalienhändler Simon Dame,<br />

musste auf seine große Liebe verzichten – Madame<br />

wollte einfach nicht Dame heißen.<br />

Vouloir le bonheur, c‘est déjà un peu le bonheur, heißt<br />

es in LOLA, Jacques Demys Debütfilm, dem er Pleure<br />

qui peut, rit qui veut vorangestellt hat und eine<br />

Wid mung: »à Max Ophüls«, dazu die Musik aus LE<br />

PLAISIR.<br />

In den 1950er Jahren schreibt Demy die Geschichte<br />

zu UNE CHAMBRE EN VILLE (EIN ZIMMER IN DER<br />

STADT), 1982 kann er den Film drehen, alle Dialoge<br />

werden gesungen – ein Film für die Darrieux. Dreißig<br />

Jahre nach MADAME DE ... ist sie Baronin ohne Besitz<br />

und Titel. J‘ai perdu ma particule et mes illusions en<br />

épousant le colonel Langlois. Der Gatte ist tot, das Geld<br />

reicht nicht, Madame Langlois hat einen Untermieter:<br />

Guilbaud, Werftarbeiter. Er knallt die Türen, trinkt nicht<br />

mal ein Glas mit ihr, streikt und demonstriert, stellt sich<br />

gegen die Polizei. Das geht zu weit – einen Anarchisten<br />

möchte sie nicht beherbergen. Guilbaud droht mit<br />

Auszug, die Darrieux bittet um eine Zigarette in seinem<br />

Zimmer, raucht auf seinem Bett sitzend. Sie traue sich<br />

nicht auf die Straße, der Menschenauflauf mache sie<br />

nervös. Voyez-vous, nous ne sommes pas du même<br />

monde, cela ne veut pas dire que nous ne puissions<br />

pas être amis ... Guilbaud wechselt das Hemd, und<br />

Madame genießt es, einen Mann im Haus zu haben.<br />

Die Schroffheit des selbstbewussten Arbeiters und die<br />

Darrieux in Rot und Schwarz, perfekt frisiert, Baronin einer<br />

untergegangenen Epoche, dem Weißwein sehr zugetan,<br />

gleichwohl Contenance bewahrend. Vor die Tür<br />

geht sie nie, beschwert sich über Einsamkeit und zieht<br />

alle in ihre Wohnung – die Lebenden und die Toten.<br />

Die Darrieux war ein Geschenk, erzählt Demy,<br />

sie habe mal etwas Wunderbares zu ihm gesagt:<br />

»Ich bin ein Instrument, man muss mit mir spielen<br />

können, man kann es oder man kann es nicht.« Die<br />

Darrieux eine Stradivari, bereit für alles und ein Wunder<br />

an Ausgeglichenheit, Gesundheit und guter Laune.<br />

À votre santé, Madame!<br />

Martina Müller<br />

Mayerling | Frankreich 1936 | R: Anatole Litvak | B:<br />

Irma von Cube, Joseph Kessel, nach dem Roman von<br />

Claude Anet | K: Jean Isnard, Armand Thirard | M:<br />

Arthur Honegger | D: Charles Boyer, Danielle Darrieux,<br />

Marthe Régnier, Yolande Laffon, Suzy Prim | 92 min |<br />

OmU | Die tragische Liebesgeschichte zwischen Rudolf<br />

von Österreich-Ungarn und der <strong>17</strong>-jährigen Mary<br />

Vetsera im kaiserlichen Wien von 1888/1889 als<br />

großes Melodram, das seinerzeit in Amerika zum besten<br />

französischen Film aller Zeiten gewählt wurde.<br />

Dienstag, 25. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

8 femmes (8 Frauen) | Frankreich 2002 | R: François<br />

Ozon | B: Marina de Van, François Ozon, nach dem<br />

Stück von Robert Thomas | K: Jeanne Lapoirie | M:<br />

Krishna Levy | D: Danielle Darrieux, Catherine Deneuve,<br />

Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Virginie<br />

Ledoyen, Ludivine Sagnier | 111 min | OmU | Originelle<br />

bonbonfarbene Kriminalkomödie mit Gesangseinlagen,<br />

die den Diven des französischen Kinos große<br />

Danielle Darrieux<br />

55


Danielle Darrieux<br />

56<br />

Auftritte bietet und zahlreiche Anspielungen auf die<br />

Filmgeschichte aufweist.<br />

Mittwoch, 26. April 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

La ronde (Der Reigen) | Frankreich 1950 | R: Max<br />

Ophüls | B: Max Ophüls, Jacques Natanson, nach dem<br />

Stück von Arthur Schnitzler | K: Christian Matras | M:<br />

Oscar Straus | D: Anton Walbrook, Simone Signoret,<br />

Serge Reggiani, Danielle Darrieux, Jean-Louis Barrault,<br />

Gérard Philipe | 109 min | OmU | Wie eine Nummernrevue,<br />

aber kunstvoll miteinander verknüpft, rollen die<br />

Liebesgeschichten und Affären im Wien der Jahrhundertwende<br />

ab, bei denen immer einer der jeweiligen<br />

Partner sozusagen »von Hand zu Hand« geht.<br />

Freitag, 28. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Le plaisir (Pläsier) | Frankreich 1952 | R: Max Ophüls<br />

| B: Max Ophüls, Jacques Natanson, nach Geschichten<br />

von Guy de Maupassant | K: Christian Matras, Philippe<br />

Agostini | M: Joe Hayos | D: Danielle Darrieux, Pierre<br />

Brasseur, Jean Gabin, Claude Dauphin, Gaby Morlay,<br />

Daniel Gélin, Simone Simon | 97 min | OmeU | Drei<br />

Geschichten von Guy de Maupassant: »Französischer<br />

Impressionismus im Spiegel Wiens.« (Jean-Luc Godard).<br />

In der englisch untertitelten Version des Films<br />

spricht Peter Ustinov den Text von Maupassant.<br />

Samstag, 29. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Madame de … | Frankreich 1953 | R: Max Ophüls<br />

| B: Max Ophüls, Marcel Archard, Annette Wademant,<br />

nach dem Roman von Louise de Vilmorin | K: Christian<br />

Matras | M: Oscar Straus, Georges Van Parys |<br />

D: Charles Boyer, Danielle Darrieux, Vittorio De Sica,<br />

Jean Debucourt, Jean Galland, Mireille Perrey | 99 min<br />

| OmU | Zwei Ohrringe bilden die Achse, um die sich<br />

Liebesbeziehungen, Komplikationen, Versteckspiele<br />

und Eifersucht drehen, in deren Mittelpunkt die Gattin<br />

eines unflexiblen, hartherzigen Offiziers steht.<br />

Sonntag, 30. April 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Les demoiselles de Rochefort (Die Mädchen von<br />

Rochefort) | Frankreich 1967 | R+B: Jacques Demy |<br />

K: Ghislain Cloquet | M: Michel Legrand | D: Catherine<br />

Deneuve, Françoise Dorléac, Georges Chakiris, Michel<br />

Piccoli, Danielle Darrieux, Gene Kelly | 122 min | OmeU<br />

| Bonbonfarbenes Musical über zwei Zwillingsschwestern,<br />

die bei der 300-Jahr-Feier der Hafenstadt Rochefort<br />

den Männern ihres Lebens begegnen. Mit Ausnahme<br />

von Danielle Darrieux wurden alle Darsteller in den<br />

Gesangsszenen synchronisiert.<br />

Dienstag, 2. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Une chambre en ville (Ein Zimmer in der Stadt)<br />

| Frankreich 1982 | R+B: Jacques Demy | K: Jean<br />

Penzer | M: Michel Colombier | D: Dominique Sanda,<br />

Danielle Darrieux, Richard Berry, Michel Piccoli, Fabienne<br />

Guyon, Jean-François Stévenin | 90 min | OmeU |<br />

Eine »musikalische Tragikomödie«: Während des Werftarbeiterstreik<br />

in Nantes 1955 verlieben sich ein junger<br />

Arbeiter und die verheiratete Tochter einer von Danielle<br />

Darrieux gespielten mittellosen Baronin ineinander.<br />

Mittwoch, 3. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

8 FEMMES


DOK.fest: Georg Stefan Troller<br />

© Norbert Schmidt, Gießen/Wettenberg<br />

Der Interviewer als Menschenfresser<br />

Erst spät richtet Georg Stefan Troller, der für das Fernsehen<br />

unzählige Menschen vor die Kamera holte, den<br />

Blick auf seine eigene – von ironischen Zufällen durchzogene<br />

– Geschichte. In Österreich als Kind jüdischer<br />

Eltern geboren, entgeht er mit <strong>17</strong> Jahren nur knapp der<br />

Deportation. Kurz vor Kriegsende kehrt er als Soldat aus<br />

Amerika zurück und erhält die erste Gelegenheit, seine<br />

Menschenkenntnis zu schulen – bei der Vernehmung<br />

deutscher Kriegsgefangener, die in ihm den Besatzer<br />

sehen.<br />

Ab den 1960er Jahren berichtet Troller im PARISER<br />

JOURNAL aus der »einzigen Metropole« und bringt<br />

im Anschluss für das ZDF über zwanzig Jahre lang<br />

die berühmten PERSONENBESCHREIBUNGEN heraus.<br />

Sein radikal subjektiver Interviewstil und ein Interesse<br />

an widersprüchlichen Charakteren sind erst umstritten,<br />

dann stilprägend für das junge Medium Fernsehen. Im<br />

Mittelpunkt der Porträts und Reportagen steht dabei bis<br />

zuletzt: das Individuum als Selbstdarsteller, Maskenträger,<br />

leidvoll Verstrickter und Glücksuchender.<br />

Mit messerscharfen Fragen seziert der Interviewer seine<br />

Protagonisten und schält Schicht um Schicht ihre<br />

Wahrheit heraus, ohne jemals das innerste Geheimnis<br />

der Person, ihre Würde, preiszugeben. Dabei ist dem<br />

Beobachter bewusst: Es ist das eigene Gesicht, das<br />

das Gegenüber vor der Kamera zurückspiegelt. In seinen<br />

besten Momenten verwandelt sich das Frage-Antwort-Spiel<br />

zum tiefempfundenen »Beichtgespräch« und<br />

zur »Selbsttherapie«. Als »Menschenfresser« hat sich<br />

Troller selbst einmal bezeichnet und damit doch immer<br />

auch den Liebenden gemeint.<br />

Unter seinen Protagonisten finden sich radikale Einzelkämpfer<br />

(MUHAMMAD ALI – DER LANGE WEG ZURÜCK),<br />

Menschen, die von der Gesellschaft zu Außen seitern gemacht<br />

wurden (RON KOVIC – WARUM VERSCHWINDEST<br />

DU NICHT?) oder solche, die sich selbst ins Abseits<br />

katapultiert haben (AMOK!). Der Hunger nach Geschichten<br />

führt den Journalisten auf die Straßen seiner Pariser<br />

Wahlheimat (TAGE UND NÄCHTE IN PARIS) und zu<br />

den Mördern und Schwererziehbaren ins Gefängnis<br />

(MORD AUS LIEBE, BEGEGNUNGEN IM KNAST). Erst im<br />

Jahr 2001 konfrontiert sich der knapp 80-Jährige in<br />

seinem Film SELBSTBESCHREIBUNG vor der Kamera<br />

mit der eigenen Vergangenheit, der Kindheit in Wien<br />

und dem Trauma der Migration. Troller legt dem Zuschauer<br />

das eigene Schicksal so offen, dass der vor<br />

dem Bildschirm nicht umhin kommt, auszurufen: »Das<br />

bin ja ich!« Anne Thomé / Daniel Sponsel<br />

www.dokfest-muenchen.de<br />

Donnerstag, 4. Mai bis Sonntag, 14. Mai 20<strong>17</strong> | Zu<br />

Gast: Georg Stefan Troller<br />

Georg Stefan Troller<br />

57


Kurt Eisner<br />

58<br />

Kurt-Eisner-Ausstellung im Stadtmuseum<br />

Revolutionär und Ministerpräsident<br />

Vor 150 Jahren, am 14. Mai 1867 in Berlin geboren,<br />

wächst Kurt Eisner in einer bürgerlich-jüdischen Familie<br />

auf. Sein Studium muss er aus finanziellen Gründen<br />

aufgeben und beginnt eine journalistische Laufbahn<br />

beim Depeschenbüro Herold in der Hauptstadt<br />

des Deutschen Kaiserreichs. Über Frankfurt gelangt<br />

er nach Marburg und wird Redakteur der Hessischen<br />

Landeszeitung. Als Verfasser von Zeitschriftenbeiträgen<br />

kommentiert er mit spitzer Feder die gesellschaftlichen<br />

und politischen Kämpfe unter dem »Neuen Kurs« der<br />

Regierung Kaiser Wilhelm II. Das bringt ihm einen Gefängnisaufenthalt<br />

in Plötzensee wegen Majestätsbeleidigung<br />

ein. Danach – zum 1. Dezember 1898 – tritt<br />

Eisner in die Sozialdemokratische Partei ein und geht<br />

nach Berlin in die Vorwärts-Redaktion. Der radikalliberale,<br />

an Kant geschulte »Gefühls-Sozialist« Eisner<br />

erarbeitet sich schrittweise eine sozialistische Weltanschauung,<br />

die sich sowohl von dem an Marx orientierten,<br />

als auch vom sogenannten revisionistischen<br />

Parteiflügel unterscheidet: Ersteren hält er ihre »Politik<br />

des demonstrativen Nichtstuns vor«, weil sie auf die<br />

Revolution warten, die ihrer Auffassung nach auf Grund<br />

der sich zuspitzenden Klassengegensätze zwangsläufig<br />

kommen wird; letzteren wirft er vor, nicht konsequent<br />

mit dem herrschenden System brechen zu wollen.<br />

Schon früh schrieb er: »Wir müssen uns zur Socialdemokratie<br />

flüchten, selbst wenn wir ihre wirtschaftlichen<br />

und taktischen Grundanschauungen nicht teilen. Sie<br />

ist die einzige Zuflucht aller Idealisten, um sie kreisen<br />

die Sympathien der Gesund-Gebliebenen...Und wenn<br />

sie selbst kein anderes Verdienst hätten, diese Socialdemokraten,<br />

als daß sie die Massen organisieren, sie<br />

zu bestimmten Gedanken erziehen und dergestalt aus<br />

dem dunklen Chaos mit seinen unberechenbaren Explosionen<br />

eine in gesetzlichen Bahnen sich bewegende<br />

geordnete Welt schaffen, deren Ideen man kennt und<br />

mit deren Handlungen daher die Cultur rechnen kann,<br />

wenn sie nichts besäßen als dieses Glück rücksichtsloser<br />

Ansprache und diesen opferwilligen Mut der Ueberzeugung,<br />

es genügte, mit ihnen zu sympathisieren,<br />

selbst wenn man ihre Grundanschauungen nicht teilte.<br />

Man wird nie das Bedürfnis haben, sie zu bekämpfen,<br />

höchsten sie zu reformieren.«<br />

1910 gelangt Kurt Eisner über ein zirka dreijähriges<br />

Engagement bei der Fränkischen Tagespost nach München<br />

an das dortige SPD-Blatt Münchner Post. Kurz vor<br />

Ausbruch des Krieges 1914 ändert der Internationalist<br />

Eisner seine Überzeugung: Bis zur Balkankrise hatte er<br />

unermüdlich die Expansionsgelüste und Kriegstreiberei<br />

des deutschen Kaiserreichs angeprangert, jetzt, Ende<br />

<strong>Juli</strong> 1914, warnt er eindringlich: »Der Zarismus muss<br />

gebändigt werden durch die Einmütigkeit der Kulturvölker<br />

Europas, dann ist der Frieden für immer gesichert.«<br />

Er hat offiziösen Informationen seiner Münchner<br />

SPD-Genossen vertraut, die bereits 1912 kolportieren,<br />

der Angriff des zaristischen Russland stünde bevor.<br />

Doch für Kurt Eisner dürfen und können die Kriegsziele<br />

der deutschen Reichsregierung nicht die der<br />

Sozialdemokratischen Partei sein. Die Parteiführung,<br />

die Mehrheit der Reichstagsabgeordneten in Berlin<br />

und der Landtagsabgeordneten in München, sehen<br />

das anders. Schon zum Ende des Jahres 1914 wird<br />

er zum erklärten Kriegsgegner und sucht Kontakt zur<br />

Antikriegsopposition innerhalb und außerhalb der SPD.<br />

Im April 19<strong>17</strong> wird er Mitglied der neu gegründeten Unabhängigen<br />

Sozialdemokratischen Partei Deutschlands<br />

(USPD), die sich für den sofortigen Frieden ohne Annexionen<br />

einsetzt.<br />

In München wirkt er bereits seit 1916 als Integrationsfigur<br />

an die Seite junger Sozialisten und Sozialistinnen.<br />

Die jungen Arbeiterinnen und Arbeiter, darunter<br />

viele verwundete junge Kriegsheimkehrer, lehnen sich<br />

gegen die Bevormundung der sozialdemokratischen<br />

Mutter-Partei auf. Sie wollten diesen Krieg nicht. So


gewinnt Kurt Eisner diese keimende Jugendbewegung<br />

für eine wichtige Protestaktion auf dem Weg zur Revolution:<br />

den Januarstreik 1918. Der Hunger treibt die<br />

Leute auf die Straße, in Münchner Rüstungsbetrieben<br />

erwacht die Bereitschaft zum Widerstand. Eisner wird<br />

als einer der Streikführer verhaftet und kommt erst<br />

kurz vor Ausbruch der Revolution im Oktober 1918 als<br />

nominierter Spitzenkandidat der Münchner USPD aus<br />

der Untersuchungshaft. Die Tage vor der Bayerischen<br />

Revolution sind geprägt von Parteiversammlungen und<br />

öffentlichen Kundgebungen, auf denen der begnadete<br />

Redner Kurt Eisner für Frieden und Revolution spricht.<br />

Am 7. November folgen die auf der Theresienwiese versammelten<br />

Arbeiter und Soldaten der sich Bahn brechenden<br />

Bereitschaft zum Umsturz. Noch in der gleichen<br />

Nacht proklamiert Kurt Eisner die Gründung der<br />

bayerischen Republik. Er wird der erste Ministerpräsident<br />

des Volksstaates Bayern und regiert mit seinem<br />

Kabinett in Kooperation mit den in Selbstverwaltung<br />

tagenden Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte.<br />

Kurt Eisners unabhängige Sozialdemokraten sind im<br />

Kabinett zur Zusammenarbeit mit der Mehrheitssozialdemokratischen<br />

Partei (MSPD) gezwungen, die die politischen<br />

Ziele Eisners nur sehr bedingt toleriert und auf<br />

Neuwahlen zum bayerischen Landtag drängt. Gleichzeitig<br />

bringt Eisner mit seinen außen- und friedenspolitischen<br />

Vorstellungen und Aktivitäten bürgerlichkonservative<br />

und politisch stark rechts formierende<br />

Kreise gegen sich auf. Als sich Kurt Eisner am 21. <strong>Feb</strong>ruar<br />

1919 auf den Weg zum Bayerischen Landtag begibt,<br />

um seinen Rücktritt zu erklären, wird er von Anton<br />

Graf von Arco auf Valley erschossen. Arco gehörte zum<br />

Umfeld der rechtsnationalistischen antisemitischen<br />

Thule-Gesellschaft. Vom 11. Mai bis 8. Oktober 20<strong>17</strong><br />

präsentiert das Münchner Stadtmuseum die Ausstellung<br />

»Revolutionär und erster bayerischer Ministerpräsident<br />

– Kurt Eisner (1867–1919) zum 150. Geburtstag«.<br />

Sie will von ihrer Aufgabenstellung her endlich<br />

diesen homme de lettres, den politischen Journalisten,<br />

der konsequent seinen ganz eigenen Weg vom sozialdemokratischen<br />

zum sozialistischen Politiker vollzog,<br />

umfassend darstellen. Das begleitende Filmprogramm<br />

zeigt die sehr unterschiedliche Art von drei Fernsehsendern<br />

(ZDF, WDR und BR), sich in den Jahren 1969<br />

bis 1971 mit der Geschichte der Räterepublik auseinanderzusetzen.<br />

Ingrid Scherf<br />

Die Münchner Räterepublik | BRD 1971 | R: Helmuth<br />

Ashley | B: Hellmut Andics | K: Manfred Ensinger, Jürgen<br />

Schoenemann | D: Charles Regnier, Peter Pasetti,<br />

Carl Lange, Christoph Bantzer, Günther Ungeheuer,<br />

Werner Kreindl, Dieter Eppler | 90 min (1. Teil), 87 min<br />

(2. Teil) | »Die Anarchie, die abzuwehren die staatserhaltenden<br />

Figuren in Hellmut Andics’ Dokumentarspiel<br />

trachteten, ist, ins Apolitische und Theatermäßige<br />

gewendet, selber ein Ingredienz dieser Reihe, das jeden<br />

mal an die Rampe kommen lässt, wo er eine Bravournummer<br />

abliefern darf, das alles vorher Gezeigte desavouiert,<br />

und damit keinem recht gibt und allem. Politisches<br />

und Historisches ist diesem dramaturgischen<br />

Anarchismus schnuppe und höchstens als Vorwand für<br />

Schnauf- und Dröhn-Arien willkommen, wie man sie<br />

so burgtheaterhaft sonst nirgends mehr im Fernsehen<br />

Kurt Eisner<br />

59


Kurt Eisner<br />

60<br />

zu sehen kriegt.« (Melchior Schedler) »Wichtigstes fällt<br />

fort im Fernsehspiel; Belanglosigkeiten werden naturalistisch<br />

wiedergegeben; ganze Komplexe bleiben außer<br />

Betracht; phantasievolle Ergänzungen verfälschen den<br />

Duktus der Dokumente; Perspektiven und Tendenzen<br />

treten nicht zutag; alles Faktische ist dem Range nach<br />

gleich, rot gilt so viel wie weiß, das Mittel so viel wie<br />

das Ziel. Die Politik: ein schmutziges Geschäft. Die Geschichte:<br />

eine Mischung aus Genre-Szenen und unbegreifbarer<br />

Fatalität, im einzelnen scheinbar vertraut, im<br />

ganzen unerklärlich, irrational und von fremden Gesetzen<br />

bestimmt.« (Walter Jens)<br />

Dienstag, 16. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr (1. Teil: Kurt Eisner<br />

– Zwischen Demokratie und Diktatur) | Einführung:<br />

Ingrid Scherf Mittwoch, <strong>17</strong>. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

(2. Teil: Ende mit Schrecken)<br />

Rotmord | BRD 1969 | R: Peter Zadek | B: Tankred<br />

Dorst, Wilfried Minks, Peter Zadek, nach dem Stück<br />

»Toller. Szenen aus einer deutschen Revolution« von<br />

Tankred Dorst | K: Bruno Hoffmann | D: Gert Baltus, Helmuth<br />

Hinzelmann, Werner Dahms, Siegfried Wischnewski,<br />

Wolfgang Neuss, Hans Schweikart, Gernot Duda,<br />

Rudolf Forster | 85 min | Experimenteller Fernsehfilm<br />

nach Tankred Dorsts Theaterrevue. »Peter Zadek hatte<br />

für seine Fernsehfassung Negativfilm und Positivfilm<br />

so gemischt, übereinander kopiert, dass der flimmernd-unscharf-scharfe<br />

Eindruck historischer Filmdokumente<br />

entstand. Diese ›Verfremdung‹ war nicht die<br />

einzige, die Zadek seinem Fernsehspiel zufügte, dabei<br />

mit Recht von der Überlegung ausgehend, die meisten<br />

Fernsehspiele nutzten das Medium nicht aus, sondern<br />

seien entweder Tagesschau oder abfotografiertes<br />

Theater. Zadek blendete immer wieder distanzierende<br />

Hinweise ein, etwa wer wen spielt, drehte die Aktionen<br />

aus ungewöhnlichen Perspektiven oder ließ Toller und<br />

Leviné durch das München von 1968 spazieren, während<br />

sie die Probleme von 1919 besprachen. Das war<br />

ein geschicktes Distanzierungsmittel: den Zuschauer<br />

nicht zum Schlüssellochgucker der Geschichte zu machen,<br />

sondern ihm gleichzeitig den Eindruck zu vermitteln,<br />

wie die Wirklichkeit die Episode Räterepublik<br />

auch in München hinter modernen Kaufhausfassaden<br />

scheinbar spurlos hinter sich gelassen hat.« (Hellmuth<br />

Karasek)<br />

Dienstag, 23. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Revoluzzer, Räte, Reaktionäre | BRD 1969 | R+B:<br />

Wolfgang Kahle, Georg Walschus | K: Manfred Feichtner,<br />

Dieter L’Arronge | Mit Helmut Neubauer, Friedrich<br />

Burschell, Joseph Breitenbach, Wilhelm Hoegner, Maurus<br />

Graf, Pilar von Bayern, Josef Müller, Erich Wollenberg,<br />

Karl Retzlaw, Heinrich Klüglein, Rosa Meyer-<br />

Leviné, Anton Wolf | 93 min | Spannende Dokumentation<br />

des Bayerischen Fernsehens über die Entwicklung<br />

des bayerischen Freistaats vom Beginn der revolutionären<br />

Demonstrationen am 7. November 1918 auf der<br />

Theresienwiese bis zur Eroberung Münchens durch<br />

Freikorps-Truppen. Neben Historikern kommen prominente<br />

Zeitzeugen zu Wort, deren Berichte von Fotos<br />

und Filmaufnahmen illustriert werden: der erste bayerischen<br />

Ministerpräsident nach dem Zweiten Weltkrieg,<br />

der Sozialdemokrat Wilhelm Högner, der Bruder von<br />

Oskar Maria Graf, Maurus Graf, der deutschstämmige<br />

amerikanische Porträtfotograf Josef Breitenbach, der<br />

Journalist Erich Wollenberg, der Verleger Karl Retzlaw<br />

und die Ehefrau von Eugen Leviné. – Es geht durch die<br />

Welt ein Geflüster. München 7.11.1918–2.5.1919 |<br />

Deutschland 1989 | R+B: Ulrike Bez | K: Petra Gerschner,<br />

Thomas Willke | 42 min | Menschen, die als junge<br />

Arbeiter und Arbeiterinnen auf der Seite der Revolution<br />

standen, erzählen in diesem Videofilm, was für sie die<br />

Revolution bedeutet und wie sie die blutige Niederschlagung<br />

durch die Freikorps miterlebt haben.<br />

Donnerstag, 25. Mai 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ulrike<br />

Bez | Einführung: Ingrid Scherf


Hommage à Sterling Hayden<br />

JOHNNY GUITAR<br />

Ein Mann im Kampf mit sich selbst<br />

Paul Thomas Anderson (INHERENT VICE, THE MASTER)<br />

würde nur zu gerne eine Zeitmaschine haben, um mit<br />

ihm drehen zu können. Stanley Kubrick holte ihn zweimal<br />

vor die Kamera. Auch John Huston, Henry Hathaway,<br />

Nicholas Ray, Robert Altman, Francis Ford Coppola<br />

und Bernardo Bertolucci haben mit ihm gearbeitet.<br />

Sterling Hayden (1916–1986) ist als Schauspieler ebenso<br />

hoch geachtet wie seltsam. Nicht in allen seiner<br />

über 60 Filme war er gefordert. Seltsam schlafwandlerisch<br />

geht er oft durch seine Filme, cooler noch und<br />

distanzierter als Robert Mitchum. Die Augen, ohnehin<br />

für einen Mann seiner Größe zu klein, sind oft in unerreichbare<br />

Ferne gerichtet. Eine tiefe Heimatlosigkeit<br />

zeichnet ihn, seine Körperlichkeit und Kraft stehen dazu<br />

in eigentümlichem Kontrast. Er ist präsent auf der Leinwand,<br />

keine Frage, und mit seinen 1,95 m oft der Größte<br />

am Set. »Das ist eine Menge Mann, die du in diesen<br />

Stiefeln herumträgst, Fremder« sagt John Carradine zu<br />

ihm in JOHNNY GUITAR. Und dennoch ist dieser Mann<br />

tief verletzlich und verwundbar. Kim Morgan hat Hayden<br />

einmal in Sight & Sound gar mit Jesus verglichen.<br />

Wenn Robert Mitchum eine Karriere daraus gemacht<br />

hat, sich um nichts zu scheren (»Baby, I don’t care«),<br />

gibt es bei Hayden nicht einmal das Nichts. Wenn er<br />

die Nase rümpft, dann tut er das auch über sich selbst.<br />

Wenn am Ende von Kubricks THE KILLING das geraubte<br />

Geld in alle Winde zerstiebt, dreht er sich weg. Kunst?<br />

Ambition? Größenwahn? Hayden steht stattdessen der<br />

Fatalismus im Gesicht. Er hat echte Schiffbrüche erlitten,<br />

er war auch im wahren Leben DER HAVARIST – wie<br />

der ihm gewidmete Brecht’sche Spielfilm heißt.<br />

Kinogänger kennen Sterling Hayden als JOHNNY<br />

GUITAR, den nur noch mit einer Gitarre bewehrten, des<br />

Kämpfens müden Cowboy zwischen zwei Frauen aus<br />

jenem TruColor-Western von Nicholas Ray, der von der<br />

Surrealistischen Bewegung inszeniert zu sein scheint.<br />

(Wen sonst als Hayden könnte man sich in dieser<br />

Rolle vorstellen?) Kennen ihn als General Jack D. Ripper,<br />

der in Stanley Kubricks DR. STRANGELOVE OR HOW I<br />

LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB<br />

den Dritten Weltkrieg anfängt, oder als den baumlangen<br />

Gangster Dix Handley, der in John Hustons THE ASPHALT<br />

JUNGLE auf einer Pferdeweide in Kentucky ins Gras<br />

Sterling Hayden<br />

61


sinkt und stirbt. Vielleicht auch als Walfänger, der in<br />

einer Westernstadt mit der Harpune zum Duell schreitet<br />

(TERROR IN A TEXAS TOWN), als trunksüchtigen<br />

Schriftsteller in Altmans THE LONG GOODBYE oder<br />

als Landarbeiter-Patriarch in Bertoluccis NOVE CENTO.<br />

Nur auf wenige Rollen war Hayden stolz. Dix Handley<br />

gehört dazu. »Ich glaube nicht, dass es viele andere<br />

Beschäftigungen gibt, bei denen du so gutes Geld bekommst<br />

und nicht genau weißt, was du da eigentlich<br />

machst«, sagte er einmal. Die Schauspielerei blieb ihm<br />

recht fremd. Rüdiger Vogler muss man erlebt haben,<br />

wenn er, von bodenloser Nachdenklichkeit erfüllt, als<br />

einer der drei Hayden-Darsteller in Wolf-Eckart Bühlers<br />

DER HAVARIST sagt: »Aber was, wenn der Schauspieler<br />

den größten Teil seiner Schauspielerei gar nicht vor der<br />

Kamera verrichtet – wenn er vor der Kamera noch am<br />

allerwenigsten Schauspieler ist?«<br />

Arbeiten hatte Hayden auf die harte Art gelernt, als<br />

Schiffsjunge, beim Rudern in den Beifang-Dorys im<br />

sturmgepeitschten Nordatlantik, bei den Fischern von<br />

Neuengland, den Gloucestermen aus Massachusetts,<br />

die auf den Grand Banks mit den kanadischen Bluenoses<br />

um die besten Kabeljaufänge konkurrierten. Es<br />

galt, als erster mit dem Fang zurück am Pier zu sein.<br />

Hayden lernte so auch von Kapitalismus und Produktionsverhältnissen:<br />

Zwei Cent erhielt die Crew pro Pfund<br />

Fisch; bis mittags, wenn seine Mutter zum Einkauf kam,<br />

stieg der Preis auf elf.<br />

Zeitlebens liebte er es, in rauester See zu segeln, er<br />

war ein Windjammermann, ein Natural. Das Fieber der<br />

Schiffe ergriff ihn schon jung. Im Alter von 20 Jahren<br />

ging er als Erster Offizier mit dem Schoner »Yankee«<br />

auf eine Weltumsegelung. Im Jahr darauf gehörte er als<br />

Navigator zum Siegerteam des Fishermen’s Cup, des<br />

Sterling Hayden<br />

62<br />

Stanley Kubrick und Sterling Hayden bei den Dreharbeiten zu THE KILLING


»Rennens für wirkliche Seeleute«, bei dem nur Crews<br />

und Schoner aus dem tatsächlichen Fischeralltag teilnahmeberechtigt<br />

waren. »Sailor Like Movie Idol« stand<br />

unter dem Zeitungsfoto. Es wurde der Grundstein für<br />

Haydens Hollywoodkarriere. Zuvor aber segelte er noch<br />

einen Dreimaster nach Tahiti, ging erst nach Hollywood,<br />

als eine gerade erworbene frühere Kaiser-Yacht (die<br />

»Meteor III«) havarierte. Paramount Pictures nahm ihn<br />

als »den schönen blonden Wikinger-Gott« und »The<br />

Most Beautiful Man in Movies« unter Vertrag. In seinem<br />

ersten Film, dem Drama VIRGINIA, fand er sich neben<br />

Fred MacMurray und dem englischen Star Madeleine<br />

Carroll. Die Arbeit fand er lächerlich überbezahlt und<br />

belanglos, weil sie nicht zu spüren war und sich niemand<br />

richtig scherte. Aber sie brachte Geld für ein<br />

neues Schiff, und aus der Affäre mit Miss Carroll wurde<br />

eine Ehe (die erste von vieren). Beide unterbrachen<br />

wegen des Zweiten Weltkriegs ihre Karrieren.<br />

Er meldete sich zu den Marines, machte eine Geheimdienstkarriere,<br />

tat das, was er von der Pike auf gelernt<br />

hatte: nämlich mit Schiffen umzugehen. Als OSS-Agent<br />

dirigierte er von Bari aus eine Nachschubflotte von 400<br />

Booten für Titos jugoslawische Partisanen in der Adria,<br />

sprang auch hinter den Linien mit dem Fallschirm ab.<br />

Vom Kampfesgeist der Balkankämpfer und ihrem Glauben<br />

an eine Sache stark beeindruckt, wurde er, zurück<br />

in L.A., Mitglied der Kommunistischen Partei Amerikas<br />

– für ein halbes Jahr. Die Theoriediskussionen langweilten<br />

ihn schnell, aber er geriet dennoch zwischen die<br />

Fronten. Der hochdekorierte Marineoffizier, als einziger<br />

US-Soldat des Zweiten Weltkriegs von den USA wie von<br />

den Kommunisten (Tito) ausgezeichnet, ließ sich zu<br />

einer »patriotischen Aktion« überreden und sagte am<br />

10. April 1951 als freundlicher Zeuge vor dem Kongressausschuss<br />

zur Untersuchung unamerikanischer<br />

Umtriebe (HUAC) aus. Im Klima der Kommunistenhatz,<br />

in der die Hollywood-Kolumnistin Hedda Hopper »Konzentrationslager<br />

für die Roten« forderte, »ehe es zu spät<br />

ist«, fürchtete er, das Sorgerecht für seine Kinder zu<br />

verlieren. Also nannte er Namen. Ronald Reagan, damals<br />

(erst) Präsident der Schauspielergilde, schickte<br />

ihm ein Telegramm: »Sterling, ich bin stolz auf dich!«<br />

Über 2000 Presseausschnitte feierten ihn als Helden:<br />

»Hayden Strips Bare His Commie Past.«<br />

Hollywood belohnte ihn mit einer schnellen Folge von<br />

Filmen. Doch Hayden zerbrach fast an seinem Verrat.<br />

»Es kommt wohl selten vor, dass ein Mann mit Lobeshymnen<br />

überschüttet wird für etwas, wofür er sich zutiefst<br />

verachtet«, meinte er später. Verlorenheit lernte<br />

er nicht auf den Weltmeeren, sondern in Hollywood<br />

kennen. Zeit seines Lebens verachtete Hayden sich für<br />

seine bitter bereute Tat. »Shirley« nannte er sich in den<br />

Phasen der Selbstbezichtigung.<br />

Über viele Jahre lag er mit sich selbst im Krieg.<br />

Auch das steht in seinen Augen. Dreimal hat er die<br />

Welt umsegelt, 18 Schiffe hat er im Lauf seines Lebens<br />

besessen, vom Dreimastschoner bis zur Flussbarkasse,<br />

eines davon am Tag seines Eintritts in die KPUSA<br />

gekauft und »Quest« (Suche) getauft. »Nicht viele können<br />

von sich sagen, diese zwei Dinge an einem Tag<br />

gemacht zu haben«, kommentierte er das lakonisch.<br />

Seine 1964 erschienene Biografie »Wanderer« ist ein<br />

schonungsloses Buch der Abrechnung mit sich selbst,<br />

literarisch hochrangig, der Beat Generation ebenso<br />

zuzurechnen wie den großen Autoren der Ozeane. Bis<br />

heute hat sich dafür kein deutscher Verlag gefunden.<br />

Ebenso wenig wie für »Voyage. A Novel of 1896«, seine<br />

»great American novel« über zwei Schiffspassagen, die<br />

eine durch die Südsee nach Japan, die andere um Kap<br />

Hoorn, zugleich eine Klassengeschichte Amerikas und<br />

der Arbeiterbewegung. 700 gewaltige Seiten, das beste<br />

Seefahrerbuch seit »Moby Dick«.<br />

Hayden blieb ein Suchender, ein Nonkonformist. Marie<br />

Windsor, die mit ihm in THE KILLING spielte, sagt: »Ich<br />

habe Sterling Hayden ziemlich gut gekannt. Er war ein<br />

stiller Mann, der im Lauf der Jahre immer komplizierter<br />

und vielschichtiger wurde.«<br />

Seine Karriere hatte Brüche. Filme 1941 und<br />

1942, dann ab in den Krieg, 1949 Rückkehr im John-<br />

Wayne-Western EL PASO und dem Film noir MAN-<br />

HANDLED. 1950 John Hustons THE ASPHALT JUNGLE,<br />

dann die HUAC-Katastrophe mit dem Verrat an sich<br />

selbst, von Hollywood belohnt mit einem Rausch von<br />

Filmen, in vielen von ihnen neben sich stehend, seltsamerweise<br />

nur ein einziger Piratenfilm dabei (THE<br />

GOLDEN HAWK), 1956 in Kubricks THE KILLING, 1958<br />

Flucht auf die See und Bruch mit Hollywood, 1963 seine<br />

Autobiografie »Wanderer«, 1964 wieder Kubrick mit<br />

DR. STRANGELOVE, und ab da nur noch selten Filme.<br />

Die letzte Arbeit in der TV-Bürgerkriegsserie THE BLUE<br />

AND THE GRAY als der Revolutionär John Brown –<br />

»Raising Holy Hell«.<br />

Alf Mayer<br />

The Asphalt Jungle (Asphalt-Dschungel) | USA 1950<br />

| R: John Huston | B: Ben Maddow, John Huston, nach<br />

dem Roman von W.R. Burnett | K: Harold Rosson | M:<br />

Miklós Rózsa | D: Sterling Hayden, Jean Hagen, James<br />

Whitmore, Louis Calhern, Sam Jaffe, Marilyn Monroe |<br />

112 min | OF | Alles, was man sich nur wünschen kann,<br />

ein Edelstein. Hustons bester Film noir – und Haydens<br />

Lieblingsrolle. Ein Klassiker des Gangsterfilms nach einem<br />

Roman von W.R. Burnett, allen Moralins entkleidet.<br />

Sterling Hayden<br />

63


Sterling Hayden<br />

64<br />

Taffe Dialoge und harte Charaktere auf beiden Seiten<br />

des Gesetzes, eine junge Marilyn Monroe und Jean<br />

Hagen als Haydens Gegenüber, deren Filmname »Doll«<br />

nichts Lächerliches hat. Alles überschattet von der aufziehenden<br />

Kommunistenhatz in Hollywood, die Hauptdarsteller,<br />

Drehbuchautor und viele andere traf. Huston<br />

zog 1952 nach Irland, Hayden litt lebenslang.<br />

Freitag, 19. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Denver & Rio Grande (Terror am Rio Grande) | USA<br />

1952 | R: Byron Haskin | B: Frank Gruber | K: Ray Rennahan<br />

| M: Paul Sawtell | D: Edmond O’Brien, Sterling<br />

Hayden, Dean Jagger, Lyle Bettger, ZaSu Pitts | 89 min |<br />

OF | Ein Eisenbahnfilm über zwei konkurrierende Eisenbahngesellschaften<br />

von einem Regisseur, der weiß, wie<br />

man Landschaft dreht. Ray Rennahan, einer der ganz<br />

großen Technicolor-Kameraleute, setzt die über 60 historischen<br />

Fahrzeuge aus dem 19. Jahrhundert ins Bild,<br />

die für diesen Film reaktiviert wurden, darunter sechs<br />

Dampflokomotiven. Mit einer schönen Schurkenrolle<br />

für Hayden und mit zwei Zügen, die (von fünf Kamerateams<br />

gefilmt) aufeinander krachen. Edmond O’Brien<br />

als Haydens Widersacher, baumstammdicke Klischees<br />

und tolle Nebendarsteller, nicht nur das Drehbuch von<br />

Pulpautor Frank Gruber lässt die Funken stieben.<br />

Samstag, 20. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Prince Valiant (Prinz Eisenherz) | USA 1954 | R: Henry<br />

Hathaway | B: Dudley Nichols, nach dem Comic Strip<br />

von Hal Foster | K: Lucien Ballard | M: Franz Waxman<br />

| D: Robert Wagner, Janet Leigh, James Mason, Debra<br />

Paget, Sterling Hayden | 100 min | OmU | Ein Ritterfilm<br />

von hohen Graden, heute wohl camp pur. Robert<br />

J. Wagner, der sich in seiner Autobiografie immer noch<br />

über seine Perücke als Knappe von Haydens Sir Gawain<br />

geniert: »Dieser Film hat mir einige lebenslange<br />

Freunde eingebracht, Janet Leigh etwa und Lucien Ballard.<br />

Und ich lernte auch Sterling Hayden kennen, einen<br />

Mann, der – bis auf einige Ausnahmen – als Mensch<br />

sehr viel interessanter war als seine Rollen. Er war ein<br />

Purist mit interessanten politischen Ansichten, ziemlich<br />

weit links. Und er war ohne Frage einer der erfahrensten<br />

Seeleute, die ich je getroffen habe. Auf dem Schiff<br />

war er der Künstler, der er immer sein wollte.«<br />

Sonntag, 21. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Johnny Guitar (Wenn Frauen hassen) | USA 1954 |<br />

R: Nicholas Ray | B: Philip Yordan, Ben Maddow, Nicholas<br />

Ray, nach dem Roman von Roy Chanslor | K: Harry<br />

Stradling | M: Victor Young | D: Joan Crawford, Sterling<br />

Hayden, Mercedes McCambridge, Scott Brady, Ward<br />

Bond | 110 min | OF | Der seltsamste aller Western. Und<br />

einer der größten. »Ich habe bis heute keine Ahnung,<br />

worum es in diesem Film geht. Es war auch eine extrem<br />

schwere Zeit für mich. Am Abend lag ich mit meiner<br />

Frau im Krieg und tagsüber mit Joan Crawford. Joan<br />

machte allen das Leben zur Hölle. Und ich versuchte,<br />

Johnny Guitar zu spielen, aber ich kann weder Gitarre<br />

spielen, noch kann ich singen. In ganz Hollywood gäbe<br />

es nicht genug Geld, um mich je wieder in einen Film<br />

mit Joan zu locken. Und ich liebe Geld. An die Popularität<br />

des Films habe ich mich einigermaßen gewöhnt, in<br />

Frankreich ist es ein Kultfilm, in den USA hat niemand<br />

davon gehört.« (Sterling Hayden)<br />

Freitag, 26. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Suddenly (Der Attentäter) | USA 1954 | R: Lewis Allen<br />

| B: Richard Sale | K: Charles G. Clarke | M: David Raksin<br />

| D: Frank Sinatra, Sterling Hayden, Nancy Gates, Kim<br />

Charney, James Gleason | 75 min | OF | Ein Film noir<br />

wie ein Uhrwerk mit einem jazzigen, kantigen, komplex<br />

rhythmischen Score von David Raksin. Eine Perle des<br />

B-Films, nach dem Kennedy-Attentat von Hauptdarsteller<br />

Frank Sinatra aus dem Verkehr gezogen. Hayden<br />

als Kleinstadt-Cop in einem Nervenkrieg mit dem<br />

Auftragskiller John Baron, der den US-Präsidenten bei<br />

einem Zwischenstopp in der Kleinstadt erschießen will.<br />

Hier treffen auch zwei Schauspielkonzepte aufeinander.<br />

Hayden, ganz und gar minimalistisch, gewinnt. Nebenbei<br />

erfahren wir, wozu ein kaputter Fernseher gut ist,<br />

und lernen, wie wichtig es sei, dass Knaben mit Waffen<br />

aufwachsen, damit sie nicht zu Weicheiern werden.<br />

Samstag, 27. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Killing (Die Rechnung ging nicht auf) | USA<br />

1956 | R: Stanley Kubrick | B: Stanley Kubrick, Jim<br />

Thompson, nach dem Roman »Clean Break« von Lionel<br />

White | K: Lucien Ballard | M: Gerald Fried | D: Sterling<br />

Hayden, Coleen Gray, Vince Edwards, Marie Windsor,


Elisha Cook Jr. | 85 min | OF | Voll gepackt mit Schauspielveteranen<br />

und dem Geist des Film noir, in nur 20<br />

Tagen gedreht – der Schnitt brauchte mehr – wird lange<br />

vor Tarantino nonlinear erzählt. »Schon in Kubricks<br />

erstem von ihm selbst ernst genommenen Film muss<br />

Sterling Hayden, nachdem der Millionenraub geklappt<br />

hat, ohnmächtig zusehen, wie der Geldkoffer auf dem<br />

Weg zum Flugzeug vom Transporter fällt und die Scheine<br />

im Propellersog über das Flughafengelände wirbeln.<br />

Man sieht daran, dass Kubrick sich von Anfang an für<br />

Geschichten interessierte, in denen das Leben allen Visionen<br />

von der Berechenbarkeit des Menschen einen<br />

Strich durch die Rechnung macht.« (Michael Althen)<br />

Sonntag, 28. Mai 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Crime of Passion (Das war Mord, Mr. Doyle) | USA<br />

1958 | R: Gerd Oswald | B: Jo Eisinger | K: Joseph La-<br />

Shelle | M: Paul Dunlap | D: Barbara Stanwyck, Sterling<br />

Hayden, Raymond Burr, Fay Wray, Virginia Grey | 84<br />

min | OF | Aus Spaß wird Ernst, eine schlagfertige Zeitungskolumnistin<br />

lernt einen harten Polizisten kennen.<br />

Natürlich ist es undenkbar, dass sie in der Ehe weiter<br />

arbeitet. Sie erträgt die Untätigkeit nicht und leidet darunter,<br />

dass ihr Mann keinerlei Ehrgeiz hat. Also nimmt<br />

sie seine Karriere in die Hand, befreundet sich mit der<br />

Frau seines Vorgesetzten und flirtet mit ihm. Stanwyck<br />

war 50 und Hayden 41, als sie hier aufeinander trafen<br />

und außer Kraft setzten, was sie eingangs so postulierte:<br />

»Ehe, das ist Propaganda – nicht für mich!« Ein Film<br />

auf dem Höhepunkt des Schaffens von Gerd Oswald,<br />

dem Sohn von Richard Oswald, angesiedelt an der<br />

Grenzlinie von Film noir und Screwball Comedy.<br />

Freitag, 2. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Terror in a Texas Town (Sturm über Texas) | USA 1962<br />

| R: Joseph H. Lewis | B: Dalton Trumbo | K: Ray Rennahan<br />

| M: Gerald Fried | D: Sterling Hayden, Sebastian<br />

Cabot, Ned Young, Carol Kelly, Eugene Martin | 80 min |<br />

OF | Kameramann Ray Rennahan war schon für die Farbsequenzen<br />

in der 1923er Version der TEN COMMAND-<br />

MENTS verantwortlich gewesen, hatte Oscars für GONE<br />

WITH THE WIND und BLOOD AND SAND gewonnen.<br />

Hayden (mit schwedischem Akzent) kommt als Walfänger<br />

in seinen Heimatort zurück, wo sein Vater von einem raffgierigen<br />

Ölbaron ermordet worden ist. Zum finalen Duell<br />

kommt er mit einer Harpune. Der Soundtrack klingt wie<br />

aus einem Beatnik-Nachtclub. Das Drehbuch stammte<br />

vom blackgelisteten Dalton Trumbo, vor der Kamera traf<br />

Hayden auf Nedrick Young, der vor dem HUAC-Komitee<br />

die Aussage verweigert hatte.<br />

Samstag, 3. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Leuchtturm des Chaos | BRD 1982 | R+B: Wolf-Eckart<br />

Bühler, Manfred Blank | K: Bernd Fiedler | mit<br />

Sterling Hayden | 118 min | engl. OmU | Die New York<br />

Times sah hier »documentary film making […] at its<br />

most laissez faire« am Werk. Tatsächlich entstand der<br />

Film spontan und aus der hohlen Hand, allerdings mit<br />

einem in der Sache höchst vorbereiteten Filmemacher.<br />

Wolf-Eckart Bühler hatte Hayden auf einer Barkasse<br />

in Frankreich ausfindig gemacht, um sich die Filmrechte<br />

für dessen Autobiografie »Wanderer« zu holen,<br />

hatte das darauf beruhende Drehbuch dabei, was den<br />

ehemaligen Holly woodstar dazu brachte, ihn zu einer<br />

schnellen Dokumentation einzuladen. So entstand ein<br />

schonungsloses Porträt, das sich meilenweit von anderen<br />

unterscheidet. Ein ziemlich einzigartiges, heftiges<br />

Dokument der Filmgeschichte.<br />

Sonntag, 4. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Wolf-<br />

Eckart Bühler<br />

Dr. Strangelove, or How I Learned to Stop Worrying<br />

and Love the Bomb (Dr. Seltsam oder Wie ich lernte,<br />

die Bombe zu lieben) | USA 1964 | R: Stanley<br />

Kubrick | B: Stanley Kubrick, Terry Southern, Peter<br />

George, nach dem Roman »Red Alert« von Peter<br />

George | K: Gilbert Taylor | M: Laurie Johnson | D:<br />

Peter Sellers, George C. Scott, Sterling Hayden, Keenan<br />

Wynn, Peter Bull, James Earl Jones | 95 min | OmU |<br />

Hayden hatte einen schrecklichen ersten Tag vor der<br />

Kamera: 48 Takes mit einer Zigarre im Mund, jeder<br />

Dialogsatz schlimmer als der andere. Als er sich bei<br />

Kubrick entschuldigte, sagte der: »Gräm dich nicht.<br />

Der Terror in deinem Gesicht könnte uns gerade die<br />

Qualität geben, die wir brauchen.« Haydens Rolle in<br />

der – wieder äußerst aktuellen – pechschwarzen Weltuntergangskomödie<br />

ist dramatisch. Er löst den Dritten<br />

Weltkrieg aus und liefert dabei eines der akkuratesten<br />

Porträts von Militarismus.<br />

Montag, 5. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Sterling Hayden<br />

65


Sterling Hayden<br />

66<br />

Der Havarist | BRD 1983 | R: Wolf-Eckart Bühler | B:<br />

Wolf-Eckart Bühler, nach der Autobiografie »Wanderer«<br />

von Sterling Hayden | K: Peter Gauhe | M: Konstantin<br />

Wecker | D: Burkhard Driest, Rüdiger Vogler, Hannes<br />

Wader, Nicolas Brieger, Hans Michael Rehberg | 100<br />

min | Die selbstkritische Autobiografie des Seefahrers,<br />

Partisanenkämpfers, Hollywood-Stars, Kommunisten<br />

und FBI-Kollaborateurs Sterling Hayden als Literaturverfilmung,<br />

Tiefenanalyse, politisches Lehrstück, Exkurs<br />

in den Film noir, im Geiste von Straub & Huillet, von<br />

Brecht, Peter Weiss und Kellers »Der grüne Heinrich«.<br />

Ein geradezu symphonisch gefügtes Werk, die Titelrolle<br />

auf drei Schauspieler aufgespalten, die Musik von Konstantin<br />

Wecker komponiert, das heftige Klavierstück zu<br />

Beginn eine Deklination des wilden Ritts, der die Zuschauer<br />

erwartet. Ein politischer Film – heute sogar<br />

mehr denn je. Anpassung und Selbstverrat sind überall.<br />

Freitag, 9. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr | Zu Gast: Wolf-<br />

Eckart Bühler<br />

The Godfather (Der Pate) | USA 1972 | R: Francis Ford<br />

Coppola | B: Mario Puzo, Francis Ford Coppola, nach<br />

dem Roman von Mario Puzo | K: Gordon Willis | M: Nino<br />

Rota | D: Marlon Brando, Al Pacino, James Caan, Robert<br />

Duvall, Sterling Hayden | <strong>17</strong>5 min | OmU | »Einer der<br />

amerikanischen Klassiker, die das Wiedersehen immer<br />

wieder lohnen« (David Thomson). Zum Beispiel für Al<br />

Pacinos vielleicht wichtigste Szene. Als er in Gefahr<br />

stand, vom Projekt gefeuert zu werden, wurde sie der<br />

Wendepunkt seiner ganzen Schauspielerkarriere. Hayden<br />

als Kollege gab ihm Schub und das Gegenüber für<br />

die Szene, in der Michael Corleone sich aufrafft, stählt<br />

und zum ersten Mal tötet, indem er mitten in einem Lokal<br />

den korrupten, eisenharten Polizei-Captain McCluskey<br />

(Sterling Hayden) und den Mafiaboss Sollozzo (Al<br />

Lettieri) erschießt. Dies war auch jenseits der Leinwand<br />

Pacinos Durchbruch zum badass, eine Befreiung. Ab da<br />

war ihm alles zuzutrauen.<br />

Samstag, 10. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Long Goodbye (Der Tod kennt keine Wiederkehr)<br />

| USA 1973 | R: Robert Altman | B: Leigh Brackett,<br />

nach dem Roman von Raymond Chandler | K: Vilmos<br />

Zsigmond | M: John Williams | D: Elliott Gould, Nina van<br />

Pallandt, Sterling Hayden, Mark Rydell, Henry Gibson,<br />

Arnold Schwarzenegger | 112 min | OF | Das Drehbuch<br />

dieser Chandler-Verfilmung stammt von Leigh Brackett,<br />

1946 schon bei THE BIG SLEEP von Howard Hawks<br />

mit Humphrey Bogart dabei. Elliott Gould ist ein cooler<br />

Philip Marlowe, Hayden als der manisch-depressive,<br />

ruhm- und trunksüchtige Schriftsteller Roger Wade<br />

wirkt eigentümlich peripher und bildet doch das Zentrum.<br />

Wenn er sagt, »Ich bin ein Mann, der es nicht aushält,<br />

eingesperrt zu sein«, sagt er das auch über sich<br />

selbst. Robert Altman: »Hayden spielte dieselbe Szene<br />

zwei Mal, einmal war er betrunken, einmal bekifft, beide<br />

Male war er großartig.«<br />

Sonntag, 11. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Novecento (1900) | Italien 1976 | R: Bernardo Bertolucci<br />

| B: Franco Arcalli, Giuseppe Bertolucci, Bernardo<br />

Bertolucci | K: Vittorio Storaro | M: Ennio Morricone |<br />

D: Robert de Niro, Gérard Depardieu, Dominique Sanda,<br />

Sterling Hayden, Stefania Sandrelli, Burt Lancaster,<br />

Donald Sutherland, Alida Valli | 162 min (Teil 1), 154<br />

min (Teil 2) | engl. OmU | Der epische Klassenkampf,<br />

gesehen durch die Augen zweier Kindheitsfreunde am<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts in Italien. Auf Augen höhe<br />

sind hier auch Burt Lancaster und Sterling Hayden, dieser<br />

sogar viriler. Sie sind die Patriarchen. Hayden als<br />

bäuerlicher Großvater Leo Dalco in einer großen proletarischen<br />

Rolle: »Zuerst waren die Bauern in der Welt,<br />

erst dann kamen die Patrone.« Bertolucci traf Hayden<br />

in Beverly Hills und verpflichtete ihn als italienischen<br />

Bauern. »Warum mich?«, fragte ihn Hayden. Bertolucci<br />

antwortete: »Als ich jung war, hat mich THE ASPHALT<br />

JUNGLE auf immer beeindruckt. Deshalb.«<br />

Freitag, 16. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr (Teil 1: Gewalt,<br />

Macht, Leidenschaft) Samstag, <strong>17</strong>. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00<br />

Uhr (Teil 2: Kampf, Liebe, Hoffnung)<br />

The Outsider (Verrat in Belfast) | USA 1979 | R+B:<br />

Tony Luraschi, nach dem Roman von Colin Leinster |<br />

K: Ricardo Aronovich | M: Ken Thorne | D: Craig Wasson,<br />

Sterling Hayden, Patricia Quinn, Niall O‘Brien, T.P.<br />

McKenna | 122 min | OF | Einer der unbekanntesten<br />

und einer der besten Filme über die »Troubles« in Irland.<br />

Man kann Schlechteres über einen Film sagen, als dass<br />

er an Melvilles L’ARMÉE DES OMBRES anknüpft und<br />

dessen Direktheit hat. Luraschi war Regieassistent bei<br />

Stanley Kramer und Roger Vadim, versank nach diesem<br />

wenig erfolgreichen Erstling wieder in die Obskurität.<br />

Craig Wasson spielt einen amerikanischen Vietnam-<br />

Veteranen, der sich für seinen Großvater (Sterling Hayden)<br />

der IRA anschließt. Die eine Szene zwischen ihnen<br />

trägt den Film. Dass britische Offiziere folterten und<br />

sich beide Seiten des Konfliktes in zynischen Propagandaspielchen<br />

ergingen, weckte in den USA unliebsame<br />

Erinnerungen an Vietnam.<br />

Mittwoch, 21. Juni 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr


2. Juni 1967 und danach<br />

LIEBE UND SO WEITER<br />

Was man ihnen, den Filmen und den Protagonisten<br />

damals, am allerwenigsten nachsagen könnte, wäre<br />

Gelassenheit. Kämpferisch, eifernd, sendungsbewusst<br />

und aufgebracht sieht man sie in den Dokumentarfilmen<br />

der späten 1960er und frühen 1970er Jahre; in<br />

den Spielfilmen spürt man die Aufregung und Unruhe<br />

kaum weniger. Die Bereitschaft zur Diskussion schien<br />

groß zu sein, aber sie diente zu oft nur der Darstellung<br />

des eigenen Standpunkts, und die linken Proteste<br />

unterschieden sich in ihrer Wut kaum von der<br />

rechten Gegenseite, wenngleich deren Sprache die<br />

Parolen der Demonstranten auf der Straße an geistigem<br />

Niveau noch unterbot. Franz-Josef Strauß neigte<br />

zu Vergleichen mit wilden Tieren; Franz-Xaver Unertl,<br />

ein CSU-MdB, der damals auch gerne die Todesstrafe<br />

wieder eingeführt hätte, nannte Rudi Dutschke<br />

»eine ungewaschene, verlauste, verdreckte Kreatur«<br />

– so überliefert es Helga Reidemeister in ihrem Rückblick<br />

AUFRECHT GEHEN. RUDI DUTSCHKE – SPUREN<br />

(1988). Der zeit liche Abstand zu den 1968er Jahren tut<br />

nicht nur diesem Film gut und bewahrt das Ergebnis,<br />

bei aller Sympathie, vor hagiographischen Momenten.<br />

Archivmaterial ist reichlich vorhanden und eher den<br />

kämpferischen Filmstudenten der DFFB in Berlin zu<br />

verdanken als irgendeiner bewussten Aufmerksamkeit<br />

der TV-Redakteure. Die Wochenschauen lieferten<br />

vorzugsweise die Dokumente der politischen Gegner;<br />

sie erscheinen heute eher noch hasserfüllter als die<br />

gewachsene Gewaltbereitschaft der Studenten auf der<br />

Straße. Wer heute das Vokabular von Pegida und AfD<br />

beklagt, wird sich wundern, wenn er an die Sprache<br />

und an das Gedankengut der damaligen Großen Koalition<br />

erinnert wird.<br />

Im Nachhinein überrascht auch die unendliche<br />

Diskrepanz zwischen den vielen voller Leidenschaft<br />

geführten Diskussionen und einer tragfähigen Diskussionsbereitschaft.<br />

Ideologische Selbstgewissheiten<br />

dominierten, damals waren, auch in den Filmen, erstaunlich<br />

viele Verkünder von Heilslehren unterwegs,<br />

wie Fassbinders Hirte Hans Böhm, der in DIE NIKLAS-<br />

HAUSER FART (1970) den Aufstand der Armen predigt<br />

oder Lemkes Studentin Anka in BRANDSTIFTER,<br />

die nicht länger diskutieren, sondern endlich bomben<br />

will. Aber auch Ikonen des Protests, wie Fritz Teufel<br />

und noch mehr Dieter Kunzelmann (in Georg Hafners<br />

MÜNCHEN 1970 und in AUFRECHT GEHEN) befremden<br />

aus heutiger Sicht durch ihre offenkundige Unfähigkeit,<br />

eigene Meinungen zu überdenken oder zur Diskussion<br />

zu stellen. Die Zeit der APO waren auch Jahre der<br />

apodiktischen Verkünder. Bei aller erkennbaren Radikalität<br />

erscheint allein Rudi Dutschke dazu bereit, auch<br />

einmal eingenommene Positionen zu überdenken oder<br />

Zweifel zuzulassen. Besonders dem suchenden Fassbinder<br />

– auch darin war er bis zu seinem Beitrag zu<br />

DEUTSCHLAND IM HERBST eine Ausnahme – bedeuten<br />

die gestellten Fragen weit mehr als die gegebenen Antworten.<br />

Merkwürdigerweise erweisen sich auch viele<br />

prominente Bildende Künstler von damals als etwas<br />

selbstverliebt, auch in die eigenen Parolen, manchmal<br />

bis zur Eifersucht, wie es zwischen Wolf Vostell und<br />

Joseph Beuys in Helmut Herbsts enzyklopädisch großer<br />

und leidenschaftlicher Bestandsaufnahme HAPPENING.<br />

KUNST UND PROTEST 1968 zu beobachten ist.<br />

Von der Ikone zur Heroisierung ist es nur ein kleiner<br />

Schritt. Die Sehnsucht der protestierenden Studenten<br />

nach Harmonie mit den Arbeitern war nicht nur vergeblich,<br />

sondern verkannte auch die Wirklichkeit. In den Filmen<br />

kommt das kaum noch vor, allein Dutschke schien<br />

den Widerspruch klar erkannt zu haben – im Gegensatz<br />

zu manchen Filmemachern. Ich erinnere mich an die<br />

Kurzfilmtage in Oberhausen, es war wohl 1969. Da lief<br />

eine ganze Reihe von Dokus über diskutierende Arbeiter,<br />

die allesamt wie von angehenden Filmemachern zur<br />

Meinungsäußerung genötigt erschienen. Das Peinliche<br />

daran war, dass man sie kaum verstehen konnte, weil<br />

einfach der Ton zu schlampig aufgenommen wurde<br />

2. Juni 1967<br />

67


2. Juni 1967<br />

68<br />

und die Kamera einen chancenlosen Kampf gegen Unschärfen<br />

und Wackler führen musste. Meine Fragen, ob<br />

man damit den Arbeitern einen Dienst erweisen würde,<br />

wenn sie weder im Focus zu sehen noch akustisch zu<br />

verstehen sind, wurden in den folgenden Diskussionen<br />

abgeschmettert: Sie seien Ausdruck einer »bürgerlichen<br />

Scheiß-Ästhetik«. Manches Opus hatte damals<br />

seine Aufnahme ins Festivalprogramm allein dem<br />

Umstand zu verdanken, dass darin, wie auch immer,<br />

Arbeiter vorkamen.<br />

Im Rückblick ist es erstaunlich und nur mit einem<br />

heute kaum noch vorstellbaren politischen Engagement<br />

von Filmemachern und Produzenten zu erklären,<br />

wie viele Dokumentarfilme damals entstanden, die<br />

schon wegen ihrer Länge so gut wie keine Chancen auf<br />

eine Aufführung im Kino hatten und deren Herstellung<br />

auf 16mm-Filmmaterial weit kostspieliger war als die<br />

heutige digitale Technik. Aber es gab weit mehr alternative<br />

Spielstätten als heute, und die TV-Redaktionen,<br />

vor allem in den dritten Programmen, waren in einem<br />

ganz anderen Ausmaß für Abweichungen zu gewinnen;<br />

die Länge der Filme war nicht so streng genormt, die<br />

Redakteure zeigten sich offener und mutiger, egal ob<br />

in ästhetischer oder politischer Hinsicht, oder auch nur<br />

in den Sendelängen einzelner Arbeiten. Unvorstellbar<br />

wäre heute, dass eine Spielfilmredaktion wie die des BR<br />

Filme des experimentierfreudigen, anarchischen Vlado<br />

Kristl (zum Beispiel seine SEKUNDENFILME) produzierte.<br />

Ebenso würde sich heute schwerlich ein Sender an<br />

dem durchaus riskanten ersten Kinofilm Peter Zadeks<br />

beteiligen, an ICH BIN EIN ELEFANT, MADAME!, bei dem<br />

der WDR 1968 als Koproduzent firmierte. Hier erreicht<br />

der Protest von Abiturienten seinen Höhepunkt, als der<br />

Schüler Rull ein Hakenkreuz auf die Fassade des Gymnasiums<br />

pinselt – eine Provokation, die heute sicher<br />

als Gegenteil des Beabsichtigten verstanden würde.<br />

Zadek lässt in einem genialen Moment des Films die<br />

Wirklichkeit einbrechen, er verlässt die Fiktion, schickt<br />

den populären TV-Moderator Guido Baumann mit einem<br />

Kamerateam auf die Straße und dokumentiert die<br />

wütenden realen Reaktionen der Bürger. Als Zuschauer<br />

hat man das Gefühl, dass es gewiss nicht die Linken<br />

sind, die sich gegen die Darstellung des NS-Symbols<br />

ereifern – eher ist das Gegenteil zu spüren.<br />

Wenn das Wiedersehen nicht eine radikale Neueinschätzung<br />

gerade der Spielfilme von damals erzwingt,<br />

dann war in ihnen häufig schon die Kompromissbereitschaft<br />

angelegt, der einige Regisseure wenig später<br />

zum Opfer fielen. Wie zum Beispiel George Moorse, der<br />

in LIEBE UND SO WEITER (1968) neue Lebensentwürfe<br />

und Utopien zu karikieren, zu parodieren und damit<br />

auch zu entschärfen beginnt. Was ihn aber mit vielen<br />

anderen Arbeiten des einstigen Neuen Deutschen<br />

Films verbindet, ist die Auflösung einer traditionellen<br />

Dramaturgie zu Gunsten erzählerischer Collagen; das<br />

mag manchmal anarchisch aussehen, dient aber oft<br />

nur als Hilfsmittel beim Versuch, Geschichten voranzubringen.<br />

Notfalls durchbricht man einfach das Erzählte<br />

und weicht aus auf dokumentarisches Material, das<br />

dramaturgisch kaum mehr als die Funktion von Zwischenschnitten<br />

erfüllt.<br />

So sehr haben sich die Zeiten geändert: Wer aus<br />

der nächsten und übernächsten Generation würde<br />

heute noch die Abkürzung »APO« verstehen? Für die<br />

Jungen sei sie entschlüsselt: »Außerparlamentarische<br />

Opposition«. So gut wie nichts ist davon geblieben, und<br />

die Filme von oder über damals evozieren heute meist<br />

das Gefühl einer unendlichen Ferne – eben auch in Zeiten,<br />

in denen die militanteren Proteste auf den Straßen<br />

und Plätzen der deutschen Städte von rechts kommen.<br />

Pegida als außerparlamentarische Opposition? Was für<br />

eine traurige Entwicklung!<br />

»Geh doch nach drüben!« Nicht nur in Zadeks<br />

Schulklasse, sondern auch auf den Straßen, vor allem<br />

in Westberlin, wird damit Kritik runtergebügelt. Leider<br />

sind auch die Filme von drüben mit den Protesten im<br />

Westen nicht so umgegangen, als hätte man vielleicht<br />

lieber »drüben« gelebt. Ein ebenso perfides wie lächerliches<br />

Stück Propaganda war Harry Hornigs OSTERN<br />

68: heute eher ein Kuriosum, damals auch deshalb<br />

ärgerlich, weil man die Tonart dieses vom DEFA-Studio<br />

für Wochenschau produzierten Dokumentarfilms (vielleicht<br />

sollte man hier für den Begriff besser Anführungszeichen<br />

verwenden!) sonst eher von den Pamphleten<br />

des Armeefilm-Studios der DDR zu erwarten hatte.<br />

Zu den ersten Studentendemos gegen Axel Springer<br />

lässt Hornig anmerken: »Die Einheitsfront gegen den<br />

geplanten Staatsstreich beginnt sich zu formieren!«<br />

Mit »Staatsstreich« sind die umstrittenen deutschen<br />

LIEBE UND SO WEITER


Notstandsgesetze (1968) gemeint. »Die Koalition ist<br />

sich einig«, behauptet der Film, »gegen Demokraten<br />

helfen nur Soldaten!« Als hätte jemals Militär in die militanten<br />

Auseinandersetzungen auf den Straßen eingegriffen<br />

– und als hätte die Bundesrepublik in Westberlin<br />

Soldaten stationiert. Auch von Mordkommandos ist<br />

die Rede – viele Jahre bevor der Polizist, der den Studenten<br />

Benno Ohnesorg erschoss, als Mitarbeiter des<br />

MfS (Ministerium für Staatssicherheit) enttarnt wurde.<br />

Der Attentäter, der auf Rudi Dutschke schoss, wird als<br />

»regierungstreuer Faschist« bezeichnet. Weil der Film<br />

den Terminus »Deutschland« vermeiden will, heißt zum<br />

Beispiel die SPD hier nur »SP«; wenn es um Demonstranten<br />

geht, dann sind es hier vor allem die wackeren<br />

Genossen von der KP – sichtbar vor allem in den<br />

gezeigten Transparenten und Plakaten. Vielleicht aber<br />

hat kein anderer Film den ideologischen Irrsinn beider<br />

Seiten – wenngleich eher unfreiwillig – treffender und<br />

gleichzeitig unwahrhaftiger abgebildet als OSTERN 68.<br />

Besonders ärgerlich ist dabei, dass der DEFA-Regisseur<br />

auch noch versucht, die Bürger seines eigenen<br />

Landes für dumm zu verkaufen.<br />

Erstaunlich wenig ist – in fast allen Filmen der Zeit –<br />

von den Einflüssen der Proteste in Frankreich die Rede;<br />

schon früh ist der Blick beschränkt auf die eigene nationale<br />

Auseinandersetzung. Allenfalls übernahmen die<br />

Spielfilmregisseure neue Formen, wie sie vor allem von<br />

Jean-Luc Godard entwickelt wurden. Mit Anspielungen<br />

auf und Anleihen bei Godard schienen sich viele<br />

deutsche Filmemacher gleichsam selbst zu adeln und<br />

legitimieren zu wollen.<br />

Vielleicht ist es am Ende ausgerechnet ein Franzose,<br />

Jean-Gabriel Périot, dem die genaueste und umfassendste<br />

Beobachtung der 1968er Generation gelungen<br />

ist. In UNE JEUNESSE ALLEMANDE, realisiert allerdings<br />

erst 2014/15, blickt er kritisch und analytisch zurück<br />

auf die Bundesrepublik der sechziger und siebziger<br />

Jahre und auf die Entwicklung der RAF und ihre pervertierte<br />

Spätphase, in der Ulrike Meinhof erklärt hatte,<br />

Polizisten seien keine Menschen, sondern Schweine.<br />

Und auf sie könne geschossen werden. Der Kompilationsfilm,<br />

mit Ausschnitten aus Arbeiten von Hellmuth<br />

Costard, Thomas Mitscherlich, Holger Meins, Helke<br />

Sander, Rainer Werner Fassbinder und anderen, auch<br />

mit zeitgeschichtlichen TV-Dokumenten und Zitaten<br />

aus Talkshows und Politmagazinen, protokolliert er mit<br />

den filmischen Entwicklungslinien die einflussreiche<br />

Geschichte der Berliner Film- und Fernsehakademie;<br />

ebenso genau berichtet er von einem Schlüsselereignis<br />

der APO, vom Besuch des Schahs und seiner begleitenden<br />

Agenten, die auf protestierende Demonstranten<br />

eindreschen durften, ohne dass die Polizei eingegriffen<br />

hätte. Im Gegenteil: Die Polizei stellte sich mit Wasserwerfern<br />

und Knüppeln auf die Seite der Schläger aus<br />

Persien. So hatte ein Staatsbesuch, der trotz aller Proteste<br />

hätte marginal bleiben können, kaum absehbare<br />

Folgen. Von ihnen erzählt auch Georg M. Hafner in<br />

MÜNCHEN 1970 – ALS DER TERROR ZU UNS KAM. Die<br />

Bundesregierung hatte nichts gegen den Rechtsbruch<br />

der Schah-Agenten unternommen, hatte gekuscht, wie<br />

1972 nach den Terror-Anschlägen der PLO und anderen<br />

Gelegenheiten, als die Täter einfach nur abgeschoben<br />

wurden, aus Angst vor weiteren, möglicherweise<br />

noch brutaleren Anschlägen. Geholfen hat das, wie<br />

man heute weiß: nichts. Die zentrale Frage, wie man<br />

Gewalt begegnen oder bewerten, begründen oder bekämpfen<br />

soll, bleibt in all diesen Filmen ungelöst. Am<br />

beeindruckendsten stellen sie Helmut Gollwitzer und<br />

Karola Bloch in AUFRECHT GEHEN. Karola Bloch, die<br />

streitbare alte Dame, gesteht zunächst ihre Freude<br />

über Tomaten, die auf reaktionäre Professoren geworfen<br />

werden. Wenig später plädiert sie für Gewalt gegen<br />

»Menschen, die dem Fortschritt schaden«! Ohne zu<br />

erläutern, was Fortschritt denn sei. Heute würde man<br />

fragen, ob zum Beispiel Gentechnik ein Fortschritt sei.<br />

Damals hielt ihr Gollwitzer, der Theologe, der sich auch<br />

für das Engagement von Christen in revolutionären Bewegungen<br />

engagierte, entgegen: »Es hat keinen Sinn,<br />

auch nur einen Stein zu werfen! Gewalt ist Selbstbefriedigung!«<br />

Sinn, so Gollwitzer, macht allein Aufklärung.<br />

Auch deshalb lohnt sich der Blick auf diese Filme.<br />

<br />

Hans Günther Pflaum<br />

Une jeunesse allemande (Eine deutsche Jugend) |<br />

Frankreich 2015 | R+B: Jean-Gabriel Périot | M: Alan<br />

Mumenthaler | 93 min | OmU | Ein Kompilationsfilm, der<br />

mit Bildern und Szenen aus Nachrichten, Filmen und<br />

Fernsehsendungen eine Geschichte der Studentenrevolte<br />

von Mitte der 1960er Jahre und der Radikalisierung<br />

einiger ihrer Protagonisten entwickelt, die 1978<br />

mit den Selbstmorden in Stammheim endet. Erstaunlich<br />

ist die Fülle wenig bekannter Filmaufnahmen aus<br />

den Archiven von Fernsehsendern und der Deutschen<br />

Film- und Fernsehakademie in Berlin.<br />

Dienstag, 30. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ich bin ein Elefant, Madame! | BRD 1969 | R: Peter<br />

Zadek | B: Wolfgang Menge, Robert Muller, Peter Zadek,<br />

frei nach dem Roman »Die Unberatenen« von Thomas<br />

Valentin | K: Gérard Vandenberg | D: Wolfgang Schneider,<br />

Heinz Baumann, Margot Trooger, Günther Lüders,<br />

Tankred Dorst, Peter Palitzsch | 100 min | Bremen im<br />

2. Juni 1967<br />

69


2. Juni 1967<br />

70<br />

Jahr 1968: Der Schüler Rull revoltiert gegen Eltern<br />

und Lehrer. Zadek nutzt alle Stilmittel und Formen des<br />

Kinos, der hämmernde Sound von The Velvet Underground<br />

trifft auf Freddy Quinns Skandal-Lied »Wir« und<br />

Martin Böttchers Winnetou-Melodie.<br />

Mittwoch, 31. Mai 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

1968: Kunst, Protest, Happening | BRD 1981 (2010)<br />

| R: Helmut Herbst | B: Helmut Herbst, Friedrich Heubach<br />

| K: Helmut Herbst, Irina Hoppe | Mit Wolf Vostell,<br />

Allan Kaprow, Jean-Jacques Lebel, Al Hansen, Joseph<br />

Beuys, Nam June Paik, Ben Vautier, Peter O. Chotjewitz<br />

| 76 min | Ein spannender Dokumentarfilm über<br />

die Happening-Kunstszene Ende der 1960er Jahre und<br />

die Aktionen der Studentenrevolte, die ihre eigene Form<br />

des Happening entwickelten. Wolf Vostell zeigt sich<br />

enttäuscht, dass die Künstler »von den gesellschaftsverändernden<br />

Kräften« nicht in Anspruch genommen<br />

wurden.<br />

Dienstag, 6. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Zu Gast: Helmut<br />

Herbst<br />

Polizeifilm | BRD 1969 | R+ K: Wim Wenders | B: Albrecht<br />

Göschel, Wim Wenders | D: Jimmy Vogler, Kasimir<br />

Esser, Peter Frötschel | 12 min – Brandstifter | BRD<br />

1969 | R+B: Klaus Lemke | K: Robert van Ackeren | D:<br />

Margarethe von Trotta, Iris Berben, Veith von Fürstenberg,<br />

Christian Friedel, Dieter Noss, Marquard Bohm |<br />

65 min | Die in der außerparlamentarischen Opposition<br />

aktive Studentin Anka hat von folgenlosen Diskussionen<br />

die Nase voll. Da sie mit Worten allein die Welt nicht<br />

verändern kann, plant sie eine militante Aktion und deponiert<br />

in einem Kölner Kaufhaus eine Bombe.<br />

Mittwoch, 7. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ostern 68 | DDR 1968 | R+B: Harry Hornig | K: Werner<br />

Heydn, Artur Kilius | 14 min | Polemischer Blick auf die<br />

Studentenunruhen in West-Berlin. – Aufrecht gehen.<br />

Rudi Dutschke – Spuren | BRD 1988 | R+B: Helga<br />

Reidemeister | K: Lars Barthel, Judith Kaufmann, Hartmut<br />

Lange, Fritz Poppenberg | Mit Erich Fried, Karola<br />

Bloch, Helmut Gollwitzer, Alfred Dutschke, Hosea-Ché<br />

Dutschke, Bernd Rabehl, Dieter Kunzelmann, Klaus<br />

Wagenbach | 92 min | Dutschkes Lebensgeschichte<br />

als Ausgangspunkt für Fragen über gesellschaftliche<br />

Fragen, Widersprüche, Konflikte und Entwicklungen.<br />

Dienstag, 13. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Liebe und so weiter | BRD 1968 | R: George Moorse |<br />

B: George Moorse, Klaus Lea | K: Gérard Vandenberg |<br />

M: David Llewellyn | D: Vera Tschechowa, Vadim Glowna,<br />

Claudia Bremer, Rolf Zacher, David Llewellyn, Willy<br />

Semmelrogge, Wim Wenders | 84 min | Alltageleben<br />

und Liebesbeziehungen in einer Münchner Wohngemeinschaft<br />

als Pop-Collage mit Zwischentiteln, Leuchtschriften<br />

und bunt gefärbten Wochenschauaufnahmen<br />

von prügelnden Polizisten. Moorse stellt Hochkultur<br />

neben Subkultur, Konzertsaal neben Maoisten-Café,<br />

Jugendstilreminiszenzen neben Pissoir-Parolen.<br />

Mittwoch, 14. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

München 1970. Als der Terror zu uns kam |<br />

Deutschland 2012 | R+B: Georg M. Hafner | K: Svea<br />

Anderson, Detlev Dinges, Virginie Jolivet, Colin Rosen |<br />

90 min | Georg M. Hafner schaut zurück auf seine Zeit<br />

als Student in München, als er mit der Studentenbewegung<br />

sympathisierte. Als unmittelbarer und unbeteiligter<br />

Zeuge erlebt er antisemitische Terroranschläge, die<br />

er in seinem preisgekrönten Film nach mehr als vierzig<br />

Jahren mit Hilfe von Experten und Familienangehörigen<br />

der Opfer, mit Archivmaterial und aufgrund eigener Recherchen<br />

rekonstruiert – und bewertet.<br />

Dienstag, 20. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr | Zu Gast: Georg<br />

M. Hafner<br />

Die Niklashauser Fart | BRD 1970 | R+B: Rainer Werner<br />

Fassbinder, Michael Fengler | K: Dietrich Lohmann<br />

| M: Peer Raben | D: Michael König, Hanna Schygulla,<br />

Rainer Werner Fassbinder, Margit Carstensen, Günther<br />

Kaufmann, Walter Sedlmayr, Kurt Raab | 86 min | »In<br />

einer zeitlosen Epoche, deren äußere Merkmale meist<br />

dem heutigen Europa, zum Teil aber auch der Dritten<br />

Welt sowie dem europäischen Mittelalter und Rokoko<br />

zugehören, tritt ein Hirte als Laienprediger auf und erhebt<br />

in seinen Ansprachen sozialrevolutionäre Forderungen.«<br />

(Wilhelm Roth)<br />

Mittwoch, 21. Juni 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr


Zuschauerkino – Kurzfilmabend des MFZ<br />

?<br />

Beim Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V.<br />

(MFZ) können Amateure, Enthusiasten und Profis zweimal<br />

im Jahr ihre Filme auf der Leinwand des Filmmuseums<br />

einem interessierten Publikum präsentieren<br />

und sich mit anderen Filmemachern vernetzen.<br />

Vor jedem Film erzählen Beteiligte von Hintergründen,<br />

Entstehungsgeschichte oder Besonderheiten ihres<br />

Werks. Im Anschluss an die Vorführung bietet das MFZ<br />

eine Begegnungsmöglichkeit, damit alle Anwesenden<br />

miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen<br />

können (für Erfrischungen ist gesorgt).<br />

Filme einreichen können alle, die einen Kurzfilm gedreht<br />

haben, unabhängig von Inhalt oder Format des<br />

Films, ob Spielfilm oder Dokumentation, Real-, Kunstoder<br />

Animationsfilm. Das MFZ wählt unter den eingereichten<br />

Filmen aus und stellt ein etwa anderthalbstündiges<br />

Programm zusammen.<br />

Die Filme müssen bis Donnerstag, den 18. Mai 20<strong>17</strong><br />

im Filmmuseum vorliegen. Möglich sind die Formate<br />

35mm, 16mm, DigiBeta, BetaSP, DVD-Video, Blu-ray<br />

und DCP. Dateien wie mov, mp4 etc. müssen auf USB-<br />

Stick oder Festplatte eingereicht werden. Zugelassen<br />

sind nur Filme bis zu 12 Minuten Länge. Alle Einreichenden,<br />

deren Filme im Programm gezeigt werden,<br />

können an der Kasse bis zu fünf Freikarten für den<br />

Zuschauer kino-Filmabend erhalten. Darüber hinaus<br />

bestehen keine weiteren Verpflichtungen des Filmmuseums.<br />

Es wird vorausgesetzt, dass die Teilnehmer und<br />

Teilnehmerinnen über die Rechte an ihren Filmen verfügen<br />

und diese am Abend vor der Projektion kurz vorstellen.<br />

Kontakt: Filmmuseum München, St.-Jakobs-Platz 1,<br />

80331 München, zuschauerkino@yahoo.de, Telefon:<br />

089/23327718.<br />

Donnerstag, 1. Juni 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr | Die Filmemacher<br />

und Filmemacherinnen sind anwesend.<br />

MM & BB: Matthias Mondon, Brigitte Bruns<br />

Zuschauerkino<br />

71


Underdox-Halbzeit: Miranda Pennell<br />

Miranda Pennell<br />

THE HOST<br />

72<br />

Die britische Künstlerin Miranda Pennell (*1961 in London)<br />

studierte zeitgenössischen Tanz in New York und<br />

Amsterdam und später visuelle Anthropologie in London.<br />

Beide Seiten, Körper und Theorie, vereinen sich<br />

in ihren Filmen und lassen die Wirklichkeit in rituellen<br />

Phänomenen gesellschaftlicher Gewohnheiten erkennbar<br />

werden. So das winterliche Schlittschuhlaufen einer<br />

Gruppe von Mädchen auf einem zugefrorenen See inmitten<br />

einer finnischen Stadt, das Gitarrenspiel heranwachsender<br />

Jungs in ihrem Jugendzimmer (MAGNETIC<br />

NORTH, 2003), der Faustkampf zwischen (gecasteten)<br />

Hooligans in einem Londoner Pub (FISTICUFFS, 2004)<br />

oder die Muster alltäglicher Bewegungen, die Pennell<br />

durch die Eingriffe des kinematografischen Dispositivs<br />

rhythmisiert, be- und entschleunigt (LOUNGE, 1995).<br />

Rituale der militärischen Welt und der größeren geopolitischen<br />

Zusammenhänge finden bereits 2001 in<br />

TATTOO die Aufmerksamkeit der Künstlerin, wenn sie<br />

die Exerzitien eines Regiments inmitten der unberührten<br />

Natur als absurden militärischen Drill zeigt, dessen<br />

einzige Zeugen die Vögel und Bäume sind.<br />

In ihren beiden jüngsten Arbeiten wendet sich Pennell<br />

von inszenierten Choreografien der Präsenz ab. Ihr Interesse<br />

gilt nun dem Nachwirken der britischen Kolonialzeit,<br />

und sie taucht als Forscherin in die Archive der eigenen<br />

Familie und der offiziellen Geschichtsschreibung ein.<br />

Historische Fotografien, die sie wie Körper einsetzt, werden<br />

rhythmisiert und in neue Konfigurationen gebracht<br />

– eine choreografierte Vergangenheit, die neue Bezüge<br />

offenbart. WHY COLONEL BUNNY WAS KILLED (2010)<br />

basiert auf den Tagebüchern eines ihrer Urväter während<br />

einer medizinischen Mission im afghanischen Grenzgebiet<br />

und seziert die britische Selbstdarstellung an der<br />

nordwestlichen Grenze von Indien. THE HOST (2015) ist<br />

Pennells erster Langfilm und Bestandteil ihrer Doktorarbeit<br />

»Film as an archive for colonial photographs« am<br />

Arts Council England. Der Film über die British Petroleum<br />

Company liest sich wie eine kinematografische Forensik.<br />

Die geopolitische Historie, dokumentiert in den Archiven<br />

der Ölgesellschaft, verwebt sie mit den psychoanalytischen<br />

Schichten des Familienalbums. Ein detektivisches<br />

Essay, das ins Zentrum der eigenen Familie führt.<br />

<br />

Dunja Bialas<br />

Underdox zeigt zur Halbzeit<br />

eine Auswahl der filmischen<br />

Arbeiten von Miranda Pennell<br />

seit 1995 sowie ihre beiden<br />

jüngsten Werke. Miranda<br />

Pennell präsentiert ihre Arbeiten<br />

in einer Film Lecture.<br />

www.underdox-festival.de<br />

Donnerstag, 8. Juni 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr | Zu Gast: Miranda<br />

Pennell


Jazz im Film<br />

»Jazz ist für mich eine Geistes- oder Lebenshaltung und<br />

nicht so sehr eine bestimmte Musikrichtung. Ebenso wie<br />

eine Filmvorführung im Kinosaal kann der Jazz eine Form<br />

des Sich-Lösens und des Sich-Entfernens vom Alltäglichen<br />

sein. Wenn ich ein bekanntes Stück wie z.B. ›Summertime‹<br />

von Gershwin zum wiederholten Male höre und dennoch immer<br />

wieder von der Interpretation berührt werde oder nicht<br />

mehr über die Grundmelodie nachdenke, dann ist das für<br />

mich Jazz. Dieses Erlebnis kann ich sowohl auf die Musik als<br />

auch auf den Film übertragen.« <strong>Juli</strong>an Benedikt<br />

»Im Gegensatz zu anderen Kunstformen ist der Film nie<br />

das Werk eines Einzelnen. Er basiert auf einem Kollektiv,<br />

fast wie eine Jam-Session im Jazz. Der Bassist hat<br />

zum Beispiel seinen eigenen Verantwortungsbereich, er<br />

liefert das rhythmische Rückgrat. Der Schlagzeuger vervollständigt<br />

das zusammen mit dem Pianisten – das harmonisch-rhythmische<br />

Rückgrat. Diese Dinge lassen sich<br />

auch auf den Film übertragen. Er ist eine Ganzheit. Der<br />

Regisseur ist das Gehirn, der Kameramann das Auge, der<br />

Cutter die DNA, der Produzent die Lunge und der Komponist<br />

das Ohr.« <br />

Lalo Schifrin<br />

Mit dem Aufkommen des Tonfilms ab 1927 kam es<br />

zu ersten Annäherungsversuchen der beiden Medien<br />

Jazz und Film. Doch die meisten Spielfilme dieser Zeit<br />

vermarkteten das Modewort »Jazz« nur als Schlagwort<br />

für die ausgelassenen Roaring Twenties. Die Darstellung<br />

der afroamerikanischen Gesellschaft im Umfeld<br />

des Jazz ist von rassistischen Untertönen geprägt.<br />

Schwarze Musiker erscheinen in den Spielfilmen nur<br />

als Randfiguren, in Kurzfilmen, die hauptsächlich Songs<br />

illustrieren, müssen sie in klischeehaften Spielszenen<br />

agieren, die diese Songs miteinander verbinden. Dennoch<br />

sind Filme wie ST. LOUIS BLUES (1929), A RHAP-<br />

SODY IN BLACK AND BLUE (1932) heute einzigartige<br />

Dokumente, in manchen Fällen die einzigen erhaltenen<br />

filmischen Aufnahmen legendärer Jazzgrößen, die die<br />

ihnen auferlegten mitunter absurden Szenarien einfach<br />

überstrahlen. Am besten gelingt die Symbiose von Jazz<br />

und Film in einigen frühen Zeichentricktonfilmen: Insbesondere<br />

Dave Fleischer konnte Exzentriker wie Cab<br />

Calloway und Louis Armstrong mit ihrer Musik mühelos<br />

in das anarchistische Universum seines Zeichentrickfilmvamps<br />

Betty Boop integrieren, MINNIE THE MOO-<br />

CHER (1932), I’LL BE GLAD WHEN YOU’RE DEAD, YOU<br />

RASCAL YOU (1932) und SNOW-WHITE (1933) gehören<br />

zu den schönsten Beispielen origineller Jazz-Filme<br />

– bevor der Production Code die Serie zähmte und ihr<br />

Ende einläutete.<br />

In den 1930er Jahren greifen Musicals und Revuefilme<br />

zunehmend Jazzelemente auf, es entstehen erste<br />

Biopics und Filme über die Anfänge und Entwicklung<br />

des Jazz. Durch das Radio bekannt gewordene Stars<br />

wie Louis Armstrong, Duke Ellington und Benny Goodman<br />

werden in Spielfilme wie SYNCOPATION (1942),<br />

NEW ORLEANS (1947), oder A SONG IS BORN (1948)<br />

Jazz im Film<br />

73<br />

PARIS BLUES


Jazz im Film<br />

74<br />

THE SOUND OF JAZZ<br />

integriert. Doch die Rollenverteilung entspricht dem<br />

damaligen Zeitgeist: Im Mittelpunkt stehen weiße Musiker,<br />

die den Jazz in verruchtem Halbweltmilieu entdecken<br />

und ihn zur Kunst entwickeln. Afroamerikaner<br />

spielen Nebenfiguren wie Hausmädchen, Diener oder<br />

Kleinkriminelle oder dürfen im Hintergrund oder als<br />

Staffage für heiße Musiknummern agieren. Es sind<br />

dann vornehmlich französische Filmemacher, die den<br />

Jazz und die farbigen Musiker ernst nehmen. In den<br />

1950er Jahren wird Jazz als Filmmusik insbesondere<br />

in Kriminalfilmen eingesetzt, und Musiker wie John<br />

Lewis (SAIT-ON JAMAIS, 1957), Miles Davis (ASCEN-<br />

SEUR POUR L’ÉCHAFAUD, 1958), Art Blakey (LES LI-<br />

AISONS DANGEREUSES, 1959), Martial Solal (À BOUT<br />

DE SOUFFLE, 1960) schaffen stilprägende Filmscores.<br />

Langsam öffnet sich auch Hollywood den Jazzmusikern<br />

und engagiert sie als Filmkomponisten: Duke Ellington,<br />

John Lewis, Quincy Jones, Henry Mancini schrieben<br />

berühmte Scores für Filme wie ODDS AGAINST TO-<br />

MORROW (1959), ANATOMY OF A MURDER (1959)<br />

oder PARIS BLUES (1961).<br />

Der amerikanische Fotograf Gjon Mili, der vor allem<br />

für das Life-Magazin arbeitete, gelingt 1944 mit<br />

JAMMIN’ THE BLUES, ein Konzert mit Lester Young<br />

kongenial zu visualisieren. Richard Leacock und Roger<br />

Tilton schaffen 1954 mit JAZZ DANCE einen Klassiker<br />

des Direct Cinema: Mit mehreren Kameras wird eine<br />

Jazz-Session in der New Yorker Central Plaza Dance<br />

Hall gefilmt und zu einer furiosen Montage zusammengefügt,<br />

die die entfesselte Stimmung der Tanzenden<br />

wiedergibt. Der für das amerikanische Fernsehen produzierte<br />

THE SOUND OF JAZZ (1957) zeigt ein einzigartiges<br />

Zusammentreffen berühmter Jazzlegenden wie<br />

Lester Young, Billie Holiday, Count Basie und Thelonious<br />

Monk und konzentriert sich darauf, die Interaktion der<br />

Musiker und ihre Reaktionen aufeinander zu zeigen.<br />

Der Film JAZZ ON A SUMMER’S DAY (1960) dokumentiert<br />

das Newport Jazz Festival im <strong>Juli</strong> 1958 und versucht<br />

die Atmosphäre des Ereignisses zu fassen, indem<br />

er Impressionen der Musiker mit Aufnahmen der Stadt,<br />

einer dort gleichzeitig stattfindenden Segelregatta und<br />

der Konzertbesucher verknüpft. Erst in den 1980er entstehen<br />

weitere Dokumentarfilme über Jazz, die Marksteine<br />

setzen. Sie untersuchen nun verstärkt soziologische<br />

Zusammenhänge und loten auch ästhetisch neue<br />

Möglichkeiten aus. So beschreibt <strong>Juli</strong>an Benedikt seine<br />

Arbeitsweise: »In BLUE NOTE – A STORY OF MODERN<br />

JAZZ (1997) habe ich versucht, den Geist des Jazz,<br />

das, was für mich den Jazz ausmacht, auf die Leinwand<br />

zu übertragen; an den Film heranzugehen, wie bei einem<br />

Stück Musik, mit dem Willen zur Improvisation.«<br />

Martin Scorseses NEW YORK, NEW YORK (1977)<br />

belebte das Thema Jazz in einem aufwändigen Hollywoodfilm<br />

wieder. Die Geschichte um einen Saxofonisten<br />

und eine Sängerin im New York zum Ende des<br />

Zweiten Weltkriegs beschreibt den Übergang vom<br />

Swing zum Bebop, die Geschichte der Protagonisten<br />

wird zum weiten gesellschaftlichen Panorama erweitert.<br />

Es folgen in den 1980er und 1990er Jahren weitere<br />

an reale Biografien und Ereignisse angelehnte große<br />

Meisterwerke des Jazzfilms von Filmemachern, die als<br />

ausgewiesene Fans des Jazz gelten und Jazzmusik<br />

auch in ihren anderen Filmen gern einsetzen: ROUND<br />

MIDNIGHT (1986) von Bertrand Tavernier, BIRD (1988)<br />

von Clint Eastwood, KANSAS CITY (1996) von Robert<br />

Altman und SWEET AND LOWDOWN (1999) von Woody<br />

Allen. In diesen Filmen sind die Protagonisten »in eine<br />

Szene von Musikern integriert, die ihre musikalischen<br />

und arbeitsrechtliche Entwicklung begleiten, kommentieren<br />

und regulieren. Die Arbeitgeber der Musiker sind<br />

für die Handlung so wichtig wie die Musiker selbst, und<br />

die Musik liefert (...) nicht nur den atmosphärischen,<br />

sondern auch den soziokulturellen Hintergrund der<br />

filmischen Diegesen.« (Willem Strank / Claus Tieber)<br />

Diese Filme brechen mit den eingefahrenen Hollywood-


klischees der frühen Jazz-Filme, sind keine verklärende<br />

Porträts erfolgreicher weißer Musiker oder gescheiterter<br />

Existenzen, sondern realistische Annäherungen an<br />

Künstler, den musikalischen Schaffensprozess und das<br />

gesellschaftliche Umfeld.<br />

Im Vorwort zur Neuauflage seines Buches »Jazz in<br />

the Movies« zieht David Meeker 1981 Bilanz: »Es ist<br />

traurig, dass von vielen Größen des Jazz, insbesondere von<br />

denen, die in der Frühzeit der Filmgeschichte aktiv waren<br />

und inzwischen verstorben sind, keine Aufnahmen<br />

existieren. Wenn es doch welche gibt, wie die legendären<br />

verschollenen Tonzylinder-Aufnahmen von Buddy<br />

Bolden, müssen sie noch entdeckt werden. Es wäre<br />

für den Jazz ein großer Gewinn, wenn wir Auftritte von<br />

Scott Joplin, King Oliver, Bix Beiderbecke, ›Jelly Roll‹<br />

Morton u.a. auf Film sehen könnten. Aber wir müssen<br />

dankbar sein für das, was wir haben und für alles, was<br />

in Zukunft noch kommen wird.« Das jüngste Beispiel<br />

der Jazzfilmreihe des Filmmuseums ist der Spielfilm<br />

MILES AHEAD (2015), der auf zahlreiche Filmfestivals<br />

eingeladen und hoch gelobt wurde: »Es ist nicht nur<br />

der Darsteller Cheadle, der sein Verständnis von Miles<br />

Davis erstaunlich authentisch zum Leben erweckt,<br />

sondern es ist der Regisseur Cheadle, der in waghalsig<br />

montierten Rückblenden, Parallelmontagen und<br />

Traumsequenzen die Musik von Miles Davis deutet. Aus<br />

diesem wirren Konglomerat aus Krimi, Melodram, Biopic<br />

und absurder Komödie, in der kompletten Dekonstruktion<br />

einer linearen Lebensgeschichte, kommt der<br />

Film dem Jazz auf die Spur, der den giftigen, lebenshungrigen<br />

und selbstzerstörerischen Menschen Miles<br />

Davis ausmacht.« (Jörg Gerle) Der afroamerikanische<br />

Schauspieler Don Cheadle, der in zahlreichen Blockbustern<br />

in Nebenrollen mitwirkt, hat MILES AHEAD<br />

selbst produziert. Und es ist leider bezeichnend für die<br />

gegenwärtige Kinosituation, dass der Film in Deutschland<br />

nur auf DVD herausgebracht wurde.<br />

Klaus Huckert / Stefan Drößler<br />

Willi-Johanns-Jazzquartett: »Bebop Spoken Here«<br />

| Konzert mit Willi Johanns (vocal), Tizian Jost (piano),<br />

Andreas Kurz (bass), Michael Keul (drums). Willi<br />

Johanns (*1934) kam 1957 nach München und trat<br />

als Scat-Sänger in US-Clubs und auf Festivals auf. Er<br />

wurde mehrfach als bester deutscher Jazzsänger ausgezeichnet.<br />

Tizian Jost (*1966) ist Dozent für Jazzklavier<br />

am Richard-Strauss-Konservatorium in München<br />

und spielte in verschiedenen Bands und mit<br />

namhaften Musikern zusammen. Michael Keul (*1961)<br />

studierte an der Swiss Jazz School in Bern bei Billy<br />

Brooks und gehört als einer der meistbeschäftigten<br />

Drummer zur Münchner Jazzszene. Andreas Kurz<br />

(*1979) war Mitglied des Bundesjugendjazzorchesters<br />

und studierte Kontrabass an der Hochschule für Musik<br />

und Theater sowie am Richard-Strauss-Konservatorium.<br />

– Paris Blues | USA 1961 | R: Martin Ritt | B:<br />

Jack Sher, Irene Kamp, Walter Bernstein, nach dem<br />

Roman von Harold Flender | K: Christian Matras | M:<br />

Duke Ellington | D: Paul Newman, Joanne Woodward,<br />

Sidney Poitier, Diahann Carroll, Louis Armstrong, Serge<br />

Reggiani | 98 min | OF | Paris als die Stadt der Liebe<br />

und des Jazz. Filmklassiker über zwei amerikanische<br />

Jazzmusiker im Exil, die in Kellern und Clubs auftreten.<br />

Sie bandeln mit zwei Amerikanerinnen an, die sie in die<br />

Staaten zurückholen wollen.<br />

Sonntag, 2. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 19.00 Uhr<br />

Young Man With a Horn (Der Jazztrompeter) | USA<br />

1950 | R: Michael Curtiz | B: Carl Foreman, Edmund<br />

H. North, nach dem Roman von Dorothy Baker | K: Ted<br />

D. McCord | M: Ray Heindorf | D: Kirk Douglas, Lauren<br />

Bacall, Doris Day, Hoagy Carmichael, Juano Hernandez<br />

| 112 min | OF | YOUNG MAN WITH A HORN ist<br />

lose an das Leben des Jazzkornettisten Bix Beiderbecke<br />

(1903-1931) angelehnt, der mit 28 Jahren an den<br />

Folgen seines hohen Alkoholkonsums starb. Grund lage<br />

Jazz im Film<br />

75


Jazz im Film<br />

76<br />

war die Novelle von Dorothy Baker über den Jazzmusiker.<br />

Rick Martin, ein kleiner, mutterloser Straßenjunge,<br />

entwickelt sich zu einem hervorragenden Trompeter.<br />

Hoagy Carmichael, Gelegenheitsschauspieler, Musiker<br />

und Komponist von z.B. »Georgia on my mind« oder<br />

»Stardust«, überzeugt als Pianist/Erzähler und Freund<br />

von Rick Martin. Das Trompetenspiel von Kirk Douglas<br />

ist durch den Hoch-Trompeter Harry James geghostet.<br />

»Mit Harry James zu arbeiten war sagenhaft. Ich lernte<br />

sogar ein paar Stücke auf der Trompete, ein verflucht<br />

schwieriges Instrument.« (Kirk Douglas)<br />

Dienstag, 4. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Freitag, 7. <strong>Juli</strong><br />

20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Kansas City | USA 1996 | R: Robert Altman | B: Robert<br />

Altman, Frank Barhydt | K: Oliver Stapleton | M: Hal<br />

Willner | D: Jennifer Jason Leigh, Miranda Richardson,<br />

Harry Belafonte, Michael Murphy, Dermot Mulroney,<br />

Steve Buscemi | 114 min | OmU | Der Film spielt 1934<br />

im Milieu des organisierten Verbrechens in Kansas City,<br />

das zu dieser Zeit eine der Jazzmetropolen war. Eine<br />

eigene Stilrichtung, der Kansas City Jazz, hatte sich<br />

dort etabliert. Die Geschichte um eine Ganovenbraut,<br />

die die Ehefrau eines einflussreichen Senators entführt,<br />

damit dieser ihr hilft, ihren Mann aus der Gewalt des<br />

Hey-Hey-Club-Besitzers zu befreien. Wichtiger als die<br />

Handlung ist die Musik, die in fast jeder Szene präsent<br />

ist. Robert Altman hatte einundzwanzig der besten<br />

Jazzmusiker eingeladen, die Musik von Duke Ellington,<br />

Count Basie, Marie Lou Williams, und Bennie und<br />

Buster Moten in einer dreiwöchigen Jam-Session im<br />

Hey-Hey-Club einzuspielen. Höhepunkt ist ein nachgespieltes<br />

Konzert mit Soli von Coleman Hawkins (Craig<br />

Handy), Lester Young (Joshua Redman) und Ben Webster<br />

(James Carter).<br />

Mittwoch, 5. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Samstag,<br />

8. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Gene Krupa Story (Jazz-Ekstase) | USA 1959<br />

| R: Don Weis | B: Orin Jannings, Charles Lawton | M:<br />

Leith Stevens | D: Sal Mineo, Susan Kohner, James Darren,<br />

Susan Oliver, Yvonne Craig, Red Nichols | 101 min<br />

| OF | Gene Krupa (1909–1973) zählt zu den bedeutendsten<br />

Musikern der Dixieland- und Swing-Ära. Sein<br />

Spiel auf dem Schlagzeug war energiegeladen und<br />

zur damaligen Zeit äußerst innovativ. So setzte er als<br />

einer der ersten Drummer afrikanische Percussions-Instrumente<br />

und entsprechende Rhythmen ein. Für THE<br />

GENE KRUPA STORY spielte er den kompletten Schlagzeugpart<br />

ein. Trotz der üblichen Hollywoodklischees<br />

bezüglich Jazz (Alkohol, Rauschgift, Rotlichtmilieu,<br />

verführerische Frauen, überbordendes Ego gegen die<br />

Werte der Familie, eine hilfreiche und treue Freundin,<br />

die helfende Mutter, Happy-End) und kleinerer historischer<br />

Unkorrektheiten einer der besten Jazzfilme, der<br />

vor allem durch die überzeugende Darstellung von Sal<br />

Mineo (REBEL WITHOUT A CAUSE) fasziniert, der Gene<br />

Krupas Schlagzeugspiel faszinierend imitiert.<br />

Donnerstag, 6. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Sonntag,<br />

9. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Syncopation | USA 1942 | R: William Dieterle | B: Philip<br />

Yordan, Frank Cavett, nach der Erzählung »The Band<br />

Played On« von Valentine F. Davies | K: J. Roy Hunt |<br />

M: Leith Stevens | D: Jackie Cooper, Bonita Granville,<br />

Adolphe Menjou, George Bancroft, Robert Benchley,<br />

Rex Stewart | 89 min | OF | Anhand einer Liebesgeschichte<br />

zwischen einem Bandleader und einer Sängerin<br />

erzählt der Film »the story of a nation from Ragtime<br />

to Boogie-Woogie« und umspannt die Zeit von 1906<br />

bis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im furiosen<br />

Finale treten dann sieben berühmte Bandleader (Benny<br />

Goodman, Harry James, Charlie Barnet, Joe Venuti,<br />

Gene Krupa, Jack Jenney, Alvino Rey) in einer legendären<br />

Blues-Jam-Session gemeinsam auf. Afroamerikanische<br />

Musiker sind nicht dabei, obwohl ihre Rolle<br />

in der Entwicklung des Jazz durchaus gewürdigt wird.<br />

»Einerseits den Schwarzen Gerechtigkeit widerfahren<br />

zu lassen, andererseits aber keinen Film über sie zu<br />

machen, dürfte den Drehbuchautoren einiges an Akrobatik<br />

abverlangt haben.« (Manny Farber)<br />

Freitag, 7. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

St. Louis Blues | USA 1929 | R+B: Dudley Murphy |<br />

K: Walter Strenge | D: Bessie Smith, Jimmy Mordecai,<br />

Isabel Washington, Hall Johnson Choir | 16 min | OF –<br />

A Rhapsody in Black and Blue | USA 1932 | R:<br />

Aubrey Scotto | B: Phil Cohan | D: Louis Armstrong,<br />

Fanny Belle DeKnight, Sidney Easton | 9 min | OF –<br />

I’ll Be Glad When You’re Dead, You Rascal You | USA<br />

1932 | R+B: Dave Fleischer | D: Louis Armstrong | 7<br />

min | OF – Cab Calloway’s Hi-De-Ho | USA 1934 |<br />

R: Fred Waller | B: Milton Hocky, Fred Rath | K: William<br />

O. Steiner | D: Cab Calloway, Fredi Washington, Sidney<br />

Easton | 10 min – Minnie the Moocher | USA 1932 |<br />

R+B: Dave Fleischer | D: Cab Calloway | 8 min | OF –<br />

Snow-White | USA 1933 | R+B: Dave Fleischer | 7 min<br />

| OF – Symphony in Black | USA 1935 | R: Fred Waller<br />

| B: Milton Hocky, Fred Rath | K: William O. Steiner | D:<br />

Duke Ellington, Barney Bigard, Billie Holiday, Joe ›Tricky<br />

Sam‹ Nanton, Earl ›Snake Hips‹ Tucker | 9 min | OF –<br />

Date with Duke | USA 1947 | R: George Pal | B: Jack


Miller | K: William E. Snyder | D: Duke Ellington | 7 min<br />

| OF – Jazz Dance | USA 1954 | R+B: Roger Tilton | K:<br />

Richard Leacock, Robert Campbell | D: Jimmy McPartland,<br />

Pee Wee Russell, Willie ›The Lion‹ Smith, Jimmie<br />

Archey, George Wettling, Leon James, Al Minns | 22<br />

min | OF – Einzigartige Trick-, Kurz- und Dokumentarfilme<br />

aus der Frühzeit des Tonfilms und ein Klassiker<br />

des Direct cinema, in dem der Lindy hop zelebriert wird.<br />

Samstag, 8. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

New Orleans | USA 1947 | R: Artur Lubin | B: Elliot<br />

Paul, Dick Irving Hyland | K: Lucien N. Andriot | M: Nat<br />

W. Finston, Woody Herman | D: Arturo de Córdova,<br />

Dorothy Patrick, Marjorie Lord, Irene Rich, Louis Armstrong,<br />

Billie Holiday, Woody Herman | 89 min | OmU |<br />

Eine weiße, klassisch ausgebildete Sängerin erliegt der<br />

Faszination des Jazz im Rotlichtbezirk Storyville in New<br />

Orleans. Bei mehreren Jam-Sessions in einem verruchten<br />

Spielcasino mit Billie Holiday und Louis Armstrong<br />

wird sie zu einer überzeugten Anhängerin dieser Musik.<br />

Durch eine Intrige ihrer einflussreichen Mutter, die<br />

sie auf den rechten Weg zurückführen will, wird das<br />

verrufene Storyville geschlossen. In Wirklichkeit fand<br />

dies 19<strong>17</strong> auf Anordnung der amerikanischen Bundesbehörden<br />

gegen den Widerstand der Stadtverwaltung<br />

statt. Die Maßnahme wurde damit begründet, dass<br />

Prostitution in der Nähe von Marinestützpunkten zu<br />

verbieten sei. Der Film lebt von der mitreißenden Musik<br />

von Billie Holiday und Louis Armstrong mit seiner Band.<br />

Sonntag, 9. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

New York, New York | USA 1977 | R: Martin Scorsese<br />

| B: Earl Mac Rauch, Mardik Martin | K: László Kovács<br />

| M: Ralph Burns | D: Liza Minnelli, Robert De Niro,<br />

Lionel Stander, Barry Primus, Mary Kay Place, Georgie<br />

Auld, Clarence Clemons, Diahnne Abbott, Steven Prince<br />

| 163 min | OmU | Im August 1945 wird in New York<br />

das Kriegsende gefeiert. Jimmy Doyle, ein Saxofonist,<br />

lernt bei der Siegesfeier in einem Club zu der Musik<br />

von Tommy Dorsey die junge, erfolglose Sängerin Francine<br />

Evans kennen. Beide treten bald als Jazz-Duo<br />

auf, verlieben sich und heiraten. Doch damit beginnen<br />

die Verwicklungen, da Jimmy ganz Künstler sein will,<br />

während Francine eine Karriere auf den Showbühnen<br />

anstrebt. Ein modernes Hollywood-Musical über die<br />

Big-Band-Ära der 1950er Jahre. Die Musik für den Film<br />

(Swing und Bebop) ist mitreißend. Georgie Auld, Saxofonist<br />

und Bandleader des Swing und Bebop, hat einen<br />

Jazz im Film<br />

77<br />

NEW ORLEANS


Cameo-Auftritt. Kameramann László Kovács vollbrachte<br />

das Kunststück, den klassischen Technicolor-Look<br />

wiederauferstehen zu lassen.<br />

Dienstag, 11. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Freitag, 14.<br />

<strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Jazz »Hot« | GB 1939 | Mit Django Reinhardt, Stéphane<br />

Grappelli | 6 min | OF | Extrem rare Filmaufnahmen<br />

mit Django Reinhardt, in denen er mit seinem Quintet<br />

du Hot Club de France »J’attendrai« spielt. – Sweet<br />

and Lowdown | USA 1999 | R+B: Woody Allen | K:<br />

Zhao Fei | M: Dick Hyman | D: Sean Penn, Samantha<br />

Morton, Uma Thurman, Tony Darrow, Anthony LaPaglia,<br />

John Waters | 95 min | OmU | In einer fiktiven Künstlerbiografie<br />

lässt Woody Allen die goldene Swing-Ära<br />

aufleben und verbeugt sich vor dem legendären Gitarristen<br />

Django Reinhardt. Der Jazzmusiker Emmet Ray<br />

gilt als der zweitbeste Gitarrist der Welt nach Django<br />

Reinhardt, hält sich mit Engagements in Nachtclubs<br />

über Wasser und bessert seine Gagen ab und zu als<br />

Teilzeit-Zuhälter auf. Wie sein berühmter Kollege ist<br />

er unzuverlässig, liebt schnelle Autos, spielt und stellt<br />

schönen Frauen nach. Doch dann trifft er die stumme<br />

Wäscherin Hattie, die seinem unsteten Leben Ruhe<br />

verleiht. Kein anderer Film im Schaffen Woody Allens<br />

strahlt eine ähnliche Heiterkeit und Gelassenheit aus.<br />

Mittwoch, 12. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Samstag,<br />

15. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Whiplash | USA 2014 | R+B: Damien Chazelle | K:<br />

Sharone Meir | M: Justin Hurwitz | D: Miles Teller, J. K.<br />

Simmons, Paul Reiser, Melissa Benoist, Austin Stowell<br />

| 107 min | OmU | WHIPLASH erzählt vom Kampf um<br />

Perfektion im Jazz, von Kunst, Obsessionen, Machthunger,<br />

Verzweiflung und Gewalt. Der 19-jährige Andrew<br />

Neiman ist Jazz-Schlagzeuger. Er studiert in New York<br />

am renommiertesten Konservatorium des Landes und<br />

träumt von einer großen Karriere. Er trifft dort den gefürchteten<br />

Bandleader Terence Fletcher, der ständig<br />

auf der Suche nach Talenten ist, die in seiner Big-Band<br />

spielen können. Mit Macho-Gehabe, sexistischen Sprüchen,<br />

Lügen und vermeintlicher Einfühlsamkeit versucht<br />

er seine Band zu Höchstleistungen zu bringen.<br />

»Damien Chazelle macht in seinem zweiten Spielfilm<br />

aus einem Lehrer-Schüler-Drama einen mitreißenden,<br />

ja wahrlich schweißtreibenden Actionfilm über den<br />

schmalen Grat zwischen Ansporn und Missbrauch,<br />

Motivation und Schinderei auf der Suche nach dem<br />

perfekten Takt.« (Anke Sterneborg)<br />

Donnerstag, 13. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Sonntag,<br />

16. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

A Song is Born (Die tollkühne Rettung der Gangsterbraut<br />

Honey Swanson) | USA 1948 | R: Howard<br />

Hawks | B: Harry Tugend, nach der Geschichte »From<br />

A to Z« von Billy Wilder und Thomas Monroe | K: Gregg<br />

Toland | M: Hugo Friedhofer, Emil Newman | D: Danny<br />

Kaye, Virginia Mayo, Benny Goodman, Tommy Dorsey,<br />

Louis Armstrong, Lionel Hampton, Charlie Barnet, Mel<br />

Powell, Felix Bressart, Ludwig Stössel | 113 min | OmU<br />

| Sieben Musik-Professoren haben sich zurückgezogen,<br />

um eine Enzyklopädie der Musikgeschichte zu schrei-<br />

Jazz im Film<br />

78<br />

SWEET AND LOWDOWN


en. Durch zwei Fensterputzer erfahren sie von Jazz,<br />

Swing, Boogie Woogie und Bebop. Um tiefer in die Thematik<br />

einsteigen zu können, werden Jazzmusiker eingeladen,<br />

darunter Tommy Dorsey, Louis Armstrong und<br />

Charlie Barnet. Da taucht plötzlich die Gangsterbraut<br />

Honey Swanson auf, die sich vor der Polizei ver stecken<br />

muss, und sorgt für Aufregung. Wie eine Jukebox funktioniert<br />

dieses Danny-Kaye-Vehikel in knallbuntem<br />

Technicolor: Auf Stichwort spielen die Giants of Jazz<br />

hier ihre großen Hits auf.<br />

Freitag, 14. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Artie Shaw’s Class in Swing | USA 1939 | R+B: Leslie<br />

Roush | K: George Webber | D: Artie Shaw, Helen Forrest<br />

| 10 min | OF – Jammin’ the Blues | USA 1944 |<br />

R+B: Gjon Mili | K: Robert Burks | Mit Lester Young, Red<br />

Callender, Harry Edison, Marlowe Morris, Sidney Catlett,<br />

Barney Kessel, Mary Bryant | 10 min | OF – Begone<br />

Dull Care (Jazz in Farben) | Kanada 1949 | R+B+K:<br />

Norman McLaren, Evelyn Lambart | M: Oscar Petersen,<br />

Auston Roberts, Clarence Jones | 9 min | OF – Charlie<br />

Parker & Dizzy Gillespie | USA 1952 | R: Bill Seaman<br />

| Mit Earl Wilson, Charlie Parker, Dizzy Gillespie | 5 min |<br />

OF – The Sound of Jazz | USA 1957 | R: Jack Smight<br />

| B: John McGiffert | K: Hal Warner | Mit John Crosby,<br />

Red Allen, Thelonious Monk, Count Basie, Billie Holiday,<br />

Lester Young, Jimmy Guiffre, Vic Dickenson, Coleman<br />

Hawkins, Jo Jones, Ben Webster, Pee Wee Russell,<br />

Rex Stewart, Nat Pierce | 56 min | OF – Nach einem<br />

Lehrfilm über den Swing folgen legendäre Konzertfilme<br />

mit bekannten Jazzgrößen, unterbrochen von einem<br />

klassischen Animationsfilm von Norman McLaren, der<br />

Jazzmusik in Farben und bewegte abstrakte Grafiken<br />

umsetzt.<br />

Samstag, 15. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Swing Kids | USA 1993 | R: Thomas Carter | B: Jonathan<br />

Marc Feldman | K: Jerzy Zieliński | M: James<br />

Horner | D: Robert Sean Leonard, Christian Bale,<br />

Frank Whaley, Barbara Hershey, Kenneth Branagh<br />

| 112 min | OF | Hamburg 1939. Seit sechs Jahren<br />

sind die Nationalsozialisten an der Macht. In einigen<br />

Tanzsälen in der Hansestadt wird immer noch dem<br />

Swing und dem Swing-Tanz Lindy hop von Jugendlichen<br />

gehuldigt. Drei der sogenannten »Swing Kids«<br />

– Thomas, Peter und Arvid – sind miteinander befreundet<br />

und begeisterte Anhänger dieser Musik. Sie<br />

hören die Musik von Benny Goodman, Cab Calloway,<br />

Duke Ellington und Django Reinhardt. Konflikte mit den<br />

Nazi-Machthabern sind vorprogrammiert. »Mischung<br />

aus Musikfilm und dramatischer Entwicklungsgeschichte;<br />

zwar bleibt der historische Hintergrund stereotyp,<br />

doch dank hervorragender Darsteller gelingt ein<br />

ebenso lebendiges wie differenziertes Bild jener Loyalitätskonflikte,<br />

die sich durch Freundschaften und Familien<br />

ziehen und sie letztlich zerstören.« (Horst Peter Koll)<br />

Sonntag, 16. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Round Midnight (Um Mitternacht) | Frankreich 1986<br />

| R: Bertrand Tavernier | B: David Rayfiel, Bertrand<br />

Tavernier | K: Bruno de Keyzer | M: Herbie Hancock |<br />

D: Dexter Gordon, François Cluzet, Gebrielle Haker,<br />

Sandra Reaves-Phillips, Herbie Hancock, Martin Scorsese,<br />

Philippe Noiret | 133 min | engl. OmU | Ein melancholischer<br />

Jazzfilm, der dem Pianisten Bud Powell<br />

und dem Saxofonisten Lester Young gewidmet ist. Der<br />

Jazz-Saxofonist Dexter Gordon überzeugt in seiner<br />

Rolle mit seiner bewegenden Darstellung des alkoholkranken<br />

Tenorsaxofonisten Dale Turner, der nach langer<br />

Zeit des Nichtstuns in New York 1959 in Paris endlich<br />

wieder auftreten kann. Dort trifft er einen französischen<br />

Fan und Bewunderer, der ihm durch seine Freundschaft<br />

Halt und Lebensfreude zu vermitteln versucht.<br />

ROUND MIDNIGHT gilt mit SWEET AND LOWDOWN<br />

als einer der besten Jazzfilme. Herbie Hancock erhielt<br />

einen Oscar für die beste Filmmusik, Dexter Gordon<br />

eine Oscar-Nominierung als bester Schauspieler(!).<br />

Dienstag, 18. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Freitag,<br />

21. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Bird | USA 1988 | R: Clint Eastwood | B: Joel Oliansky |<br />

K: Jack N. Green | M: Lennie Niehaus | D: Forest Whitaker,<br />

Diane Venora, Michael Zelniker, Samuel E. Wright,<br />

Keith David | 161 min | OF | In Rückblenden wird das<br />

Leben des legendären Jazzmusikers Charlie (»Bird«)<br />

Parker erzählt. Die künstlerische Laufbahn Parkers<br />

wurde durch seinen Drogenkonsum beeinflusst, der zu<br />

familiären und beruflichen Problemen und schließlich<br />

zu seinem frühen Tode führte. »In BIRD dominiert die<br />

Musik. Sie durchzieht den Bilderbogen total. Zu hören<br />

sind Parker-Kompositionen, Soli in ungekürzter Form.<br />

In welchen Filmen mit Musik ist das sonst der Fall?<br />

Bemerkenswert auch die technische Feinheit, mit der<br />

hier gearbeitet wurde. Der frühere Saxofonist bei Stan<br />

Kenton, Lennie Niehaus, hat den Soundtrack kompositorisch<br />

und technisch begleitet. Originalbänder wurden<br />

derart präpariert, dass Musiker von heute die Begleitstimmen<br />

beisteuern konnten, mit dabei sind Größen<br />

wie Barry Harris, Walter Davis jr. oder Monty Alexander.«<br />

(Michael Lang)<br />

Mittwoch, 19. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Samstag, 22.<br />

<strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Jazz im Film<br />

79


CHICO & RITA<br />

Jazz im Film<br />

80<br />

Chico & Rita | Spanien 2010 | R: Fernando Trueba,<br />

Javier Mariscal, Tono Errando | B: Fernando Trueba,<br />

Ignacio Martínez de Pisón | M: Bebo Valdés | 94 min |<br />

OmU | Havanna 2008. Chico, ein alter Schuhputzer und<br />

ehemaliger Jazz-Pianist in Havanna, erinnert sich an<br />

das Leben in Kuba vor dem Castro-Regime, an Swing,<br />

Bebop und Latin Jazz und seine bittersüße Liebesgeschichte<br />

mit der Sängerin Rita. »CHICO & RITA ist ein<br />

Animationsfilm. Doch die flächige Zeichenästhetik hat<br />

mit Comic und mit japanischen Mangas wenig und mit<br />

den dreidimensionalen Plastikpuppen aus Hollywoods<br />

3D-Labors gar nichts zu tun. Es ist ein erwachsener<br />

Film, der sich zugleich dazu bekennt, unterhalten zu<br />

wollen. Überaus liebevoll setzt Trueba dem Latin Jazz<br />

und Größen wie Dizzy Gillespie, Charlie Parker oder<br />

Chano Pozo ein Denkmal. CHICO & RITA ist zuallererst<br />

ein Film über die herrliche kubanische Musik, die alle<br />

politischen Wirren überdauert und die die ideologischen<br />

Lager verbindet.« (Rüdiger Suchsland)<br />

Donnerstag, 20. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Sonntag,<br />

23. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Jazz on a Summer’s Day (Jazz an einem Sommerabend)<br />

| USA 1960 | R: Bert Stern, Aram Avakian | B:<br />

Albert D’Annibale, Arnold Perl | K: Courtney Hesfela,<br />

Raymond Phelan, Bert Stern | Mit Louis Armstrong,<br />

Gerry Mulligan, Buck Clayton, Thelonious Monk, Jack<br />

Teagarden, Dinah Washington, Sonny Stitt, Jo Jones,<br />

Chico Hamilton, Jim Hall, Jimmy Giuffre, Bob Brookmeyer,<br />

Terry Gibbs, Urbie Green, Max Roach, Art Farmer,<br />

George Shearing, Chuck Berry | 86 min | OF |<br />

Der Film des Mode- und Werbefotografen Bert Stern<br />

beginnt mit Aufnahmen zum Admirals-Cup-Segelrennen,<br />

das parallel 1958 zum Jazzfestival in Newport<br />

stattfand. Natürlich war aber die Musik der Hauptgrund<br />

für Newport und diesen Film. Stern präsentiert die besten<br />

Jazz-, R&B- und Boogie-Woogie-Künstler der 1950er<br />

Jahre. Als Spike Lee 2004 gebeten wurde, zum 50.<br />

Jubiläum des Newport Jazz Festivals einen Dokumentarfilm<br />

zu drehen, lehnte er den Auftrag ab mit dem<br />

Verweis auf Sterns Klassiker: »Einen besseren Film zu<br />

diesem Festival kann es nicht mehr geben«.<br />

Freitag, 21. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Thelonious Monk – Straight, No Chaser | USA 1988<br />

| R+B: Charlotte Zwerin | K: Christian Blackwood |<br />

M: Dick Hyman | Mit Thelonious Monk, John Coltrane,<br />

Nica de Koenigswarter, Tommy Flanagan, Johnny Griffin<br />

| 90 min | OF | Thelonious Monk (19<strong>17</strong>–1982) war<br />

un bestritten mit Charlie Parker, Dizzy Gillespie und<br />

Kenny Clarke einer der Wegbereiter des Bebop. 1967<br />

erhielten die Dokumentarfilmer Michael und Christian<br />

Blackwood vom Deutschen Fernsehen die Aufgabe, ein<br />

Feature über den Pianisten Monk zu produzieren.<br />

Dieses Material nutzten später der Produzent Bruce<br />

Ricker und Charlotte Zwerin als Basis für STRAIGHT, NO<br />

CHASER. Zusätzlich gedrehte Aufnahmen von Monks<br />

Beerdigung und Interviews mit Familienangehörigen,<br />

Musikern und Freunden geben Auskunft über das Leben<br />

des Pianisten. Die dokumentarischen Aufnahmen<br />

zeigen Monk beim Klavierspiel, wie er in die Tasten des<br />

Pianos greift und seine Musik zu erklären versucht.


»STRAIGHT, NO CHASER sets the standard for jazz<br />

documentaries.« (Scott Yanow)<br />

Samstag, 22. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Blue Note – A Story of Modern Jazz | Deutschland<br />

1997 | R: <strong>Juli</strong>an Benedikt, Andreas Morell | B: <strong>Juli</strong>an<br />

Benedikt | K: William Rexer, Georg Steinweh | Mit Freddie<br />

Hubbard, Gil Melle, Herbie Hancock, Horace Silver,<br />

Bertrand Tavernier, Ron Carter, Max Roach, Joachim E.<br />

Behrendt | 91 min | engl. OmU | Die Geschichte des von<br />

den Emigranten Alfred Lion und Francis Wolff gegründeten<br />

Jazz-Plattenlabels Blue Note Records beschreibt<br />

die Erfüllung des amerikanischen Traums: Der Weg<br />

einer Firma, die es aus dem Nichts bis zur Welt geltung<br />

brachte. Eine Collage aus Interviews, grafischen Elementen,<br />

Konzert- und Archivaufnahmen. Herausgekommen<br />

ist dabei einer der erfolgreichsten deutschen<br />

Dokumentar-Jazzfilme der neueren Zeit. Durch die<br />

Kameraeinstellungen und Bildausschnitte ist man den<br />

Musikern, Freunden, Begleitern und Fans der legendären<br />

Blue-Note-Aufnahmen sehr nahe. Man könnte die<br />

Erzählfreude im Film auch im »deutschen Englisch« von<br />

Alfred Lion beschreiben: »It must schwing«.<br />

Sonntag, 23. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ascenseur pour l’échafaud (Fahrstuhl zum Schafott)<br />

| Frankreich 1958 | R: Louis Malle | B: Roger<br />

Nimier, Louis Malle, nach einem Roman von Noël Calef<br />

| K: Henri Decaë | M: Miles Davis | D: Jeanne Moreau,<br />

Maurice Ronet, Lino Ventura, Georges Poujouly, Ivan<br />

Petrovich | 91 min | OmU | »Wenige Soundtracks haben<br />

die Verwendung des Jazz im Film so definitiv geprägt<br />

wie die Musik, die ein Quintett um Miles Davis in der<br />

Nacht vom 4. zum 5. September 1957 in den Poste-<br />

Parisien-Studios einspielte. Und wenige Filme haben<br />

so definitiv dazu beigetragen, dem Jazz die Semantik<br />

von Urbanität, Ausweglosigkeit, Verbrechen aufzuprägen.<br />

Der Vermittlung Marcel Romanos, der mit dem<br />

französischen Regisseur zusammenarbeitete, ist es<br />

zu verdanken, dass es zur Begegnung von Malle und<br />

Davis kam. Davis hatte, so Romano, den Film bereits<br />

kurz nach seiner Ankunft in Paris zu sehen bekommen,<br />

hatte sich eingehend nach der Handlung und den Charakteren<br />

erkundigt und in den kommenden zwei Wochen<br />

bis zur Aufnahme in seinem Hotelzimmer Skizzen<br />

ausgearbeitet.« (Peter Niklas Wilson)<br />

Dienstag, 25. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Freitag,<br />

28. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

The Fabulous Baker Boys (Die fabelhaften Baker<br />

Boys) | USA 1989 | R+B: Steve Kloves | K: Michael<br />

Ballhaus | M: Dave Grusin | D: Jeff Bridges, Michelle<br />

Pfeiffer, Beau Bridges, Ellie Raab, Xander Berkeley |<br />

114 min | OmU | Zwei Brüder, die als Barpianisten in<br />

Seattle spielen, und Michelle Pfeiffer als Sängerin, um<br />

die die Kamera von Michael Ballhaus herumkreist, während<br />

sie – auf dem Flügel liegend – »Makin’ Whoopee«<br />

interpretiert. »Dies ist kein Film wie das Leben, weil er<br />

von einem Leben erzählt, das es nur im Kino gibt. Das<br />

bedeutet, dass er einen Großteil seiner schmerzhaften<br />

Jazz im Film<br />

81<br />

THE FABULOUS BAKER BOYS


Jazz im Film<br />

82<br />

Schönheit aus der Einsicht bezieht, dass im wirklichen<br />

Leben weit und breit kein Jazz zu hören ist, wenn man<br />

nach einer miesen Nacht frühmorgens nach Hause<br />

kommt. Wer sich eine Vorstellung machen möchte<br />

von den FABULOUS BAKER BOYS, der muß eine Platte<br />

von Duke Ellington auflegen und dem Klang von<br />

Worten wie ›Hotel Bar‹ oder ›Cocktail Lounge‹ nachschmecken.<br />

Dazu sollte er versuchen, sich eine Komödie<br />

der 1940er Jahre im heutigen Amerika auszumalen.«<br />

(Michael Althen)<br />

Mittwoch, 26. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Samstag,<br />

29. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Miles Ahead | USA 2015 | R: Don Cheadle | B:<br />

Steven Baigelman, Don Cheadle | K: Roberto Schaefer<br />

| M: Robert Glasper | D: Don Cheadle, Ewan McGregor,<br />

Emayatzy Corinealdi, Lakeith Lee Stanfield, Michael<br />

Stuhlbarg | 100 min | OmU | New York 1980. Miles<br />

Davis lebt seit mehreren Jahren wie ein Einsiedler<br />

in seiner Wohnung, Kokain, Alkohol und Depressionen<br />

sind ständige Begleiter. Lange Zeit hat er keine<br />

Plattenaufnahmen mehr eingespielt. Doch es geht das<br />

Gerücht, dass bald eine neue Veröffentlichung ansteht.<br />

Ein Reporter des Rolling Stone erfährt davon und will<br />

eine Story daraus machen. Widerstrebend erzählt Miles<br />

dem Journalisten aus seinem Leben. »Cheadle vollbringt<br />

das Wunder, aus diesem Krisenmoment heraus<br />

Türen zum Ganzen dieses Lebens zu öffnen. Zwischen<br />

erzählerischer Freiheit und Faktentreue hält er mustergültig<br />

die Balance. Was rein technisch Rückblicke sind,<br />

explodiert in einem impressionistischen Feuerwerk, in<br />

dem Gegenwart und Vergangenheit einander durchdringen.«<br />

(Gregor Dotzauer)<br />

Donnerstag, 27. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 20.00 Uhr Sonntag,<br />

30. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 21.00 Uhr<br />

Odds Against Tomorrow (Wenig Chancen für<br />

morgen) | USA 1959 | R: Robert Wise | B: Abraham<br />

Polonsky, Nelson Gidding, nach dem Roman von<br />

William P. McGivern | K: Joseph C. Brun | M: John<br />

Lewis | D: Harry Belafonte, Robert Ryan, Shelley Winters,<br />

Ed Begley, Gloria Grahame, Kim Hamilton | 96 min |<br />

OF | Um seinen Ruhestand angemessen finanzieren zu<br />

können, plant der unehrenhaft aus dem Dienst entlassene<br />

New Yorker Polizist Dave Burke einen Bankraub in einem<br />

nahegelegenen Provinzstädtchen. Da er seinen Plan allein<br />

nicht umsetzen kann, versucht er, zwei Komplizen dafür<br />

zu gewinnen: den rassistischen Ex-Sträfling Earl Slater,<br />

der wegen Totschlags im Gefängnis war, und den jungen<br />

puerto-ricanischen Jazzmusiker Johnny Ingram,<br />

der sich bei Pferdewetten hoch verschuldet hat. Der<br />

exzellente Jazzscore von John Lewis unterstreicht die<br />

düstere Stimmung dieses Nachzüglers des Film noir.<br />

»Skating in Central Park« wurde zum Hit des Modern<br />

Jazz Quartet und ein fester Bestandteil ihres Repertoires.<br />

Freitag, 28. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

À bout de souffle (Außer Atem) | Frankreich 1960 |<br />

R+B: Jean-Luc Godard | K: Raoul Coutard | M: Martial<br />

Solal | D: Jean Seberg, Jean-Paul Belmondo, Daniel<br />

Boulanger, Henri-Jacques Huet, Jean-Pierre Mel ville<br />

| 90 min | OmU | »Schon nach den ersten Szenen<br />

sind alle außer Atem, die Schauspieler, die Zuschauer,<br />

die Bilder, und als Belmondo dann mit einer Kugel<br />

im Rücken auf dem Pflaster zusammenbricht, bläst er<br />

noch eine Rauchwolke aus, wie eine Pistole nach dem<br />

Schuss. Unsterblich werden und dann sterben, das<br />

dauert neunzig Minuten, und am Ende ist Belmondo ein<br />

Star, Godard ein Genie und der Film ein Klassiker. Die<br />

revolutionären Schnitte, die unverschämten Ellipsen,<br />

mit denen Godard die Illusionshülle des Kinos zerbricht,<br />

sie sind vervielfachte Liebesblicke; die legendären<br />

Kamerafahrten und Schwenks nur der zerstreute Ausdruck<br />

eines Gefühls, das in der Außenwelt keine Entsprechung<br />

mehr findet.« (Andreas Kilb) Untrennbar mit<br />

den Bildern verbunden ist die am Cool Jazz orientierte<br />

Filmmusik des Jazzpianisten Martial Solal.<br />

Samstag, 29. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr<br />

Let’s Get Lost | USA 1988 | R+B: Bruce Weber | K: Jeff<br />

Preiss | M: Chet Baker | Mit Chet Baker, Carol Baker,<br />

Vera Baker, William Claxton | 120 min | OF | Chet Baker<br />

(1929–1988) war einer der wenigen Jazzmusiker, die<br />

man sofort am ersten Ton erkannte. Sein Spiel mit der<br />

Trompete und dem Flügelhorn war geprägt von einem<br />

weichen, lyrischen, ruhigen und depressiven Ton, der<br />

die Zuhörer sofort in seinen Bann schlug. Der Dokumentarfilm<br />

präsentiert Einspielungen aus den 1950er<br />

Jahren, als Baker den West Coast Jazz mitbegründete.<br />

Berühmte Bilder des Jazzfotografen William Claxton<br />

zeigen ihn als »James Dean des Jazz«. Einen Kontrast<br />

bilden dagegen Aufnahmen des Musikers aus dem<br />

Jahr 1987/1988. Sein Gesicht ist durch seine Drogensucht<br />

zerstört, er steht während der Dreharbeiten sichtlich<br />

unter Heroineinfluss. Weiterhin gibt es Interviews<br />

mit seiner Mutter, Ex-Frauen, Kindern und Mitmusikern.<br />

Etwa ein halbes Jahr nach den Dreharbeiten starb Chet<br />

Baker durch einen Fenstersturz aus seinem Hotelzimmer<br />

in Amsterdam.<br />

Sonntag, 30. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong>, 18.30 Uhr


Donnerstag, 23. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong><br />

19.00 Deutsche Filme 2016 Toni Erdmann Seite 4<br />

DE 2016 | Maren Ade | 162 min | OmeU<br />

Freitag, 24. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Zły chłopiec (Der böse Knabe) | Ceramika iłzecka (Die Keramik aus Ilza) Seite 10<br />

Kiedy ty śpisz (Während du schläfst) | Pokolenie (Eine Generation)<br />

PL 1951–1955 | Andrzej Wajda | 118 min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Junges Licht Seite 4<br />

DE 2016 | Adolf Winkelmann | 122 min<br />

Samstag, 25. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Idę do słońca (Ich gehe zur Sonne) Seite 10<br />

PL 1955 | Andrzej Wajda | 13 min | OmeU<br />

Kanał (Der Kanal)<br />

PL 1957 | Andrzej Wajda | 91 min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Toni Erdmann Seite 4<br />

DE 2016 | Maren Ade | 162 min | OmeU<br />

Sonntag, 26. <strong>Feb</strong>ruar 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Popiół i diament (Asche und Diamant) Seite 10<br />

PL 1958 | Andrzej Wajda | 97 min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Havarie Seite 4<br />

DE 2016 | Philip Scheffner | 93 min | OmeU<br />

Mittwoch, 1. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Deutsche Filme 2016 Chamissos Schatten: Alaska und die Aleutischen Inseln Seite 5<br />

DE 2016 | Ulrike Ottinger | 193 min<br />

Donnerstag, 2. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Freitag, 3. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Wajda – Une leçon de cinéma (Großes Kino aus Polen) Seite 10<br />

FR 2016 | Andrzej Wolski | 95 min | dtF | Andrzej Wolski<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Nebel im August Seite 5<br />

DE 2016 | Kai Wessel | 126 min<br />

Samstag, 4. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Lotna Seite 11<br />

PL 1959 | Andrzej Wajda | 85 min | OmeU<br />

21.30 Deutsche Filme 2016 Vor der Morgenröte Seite 5<br />

DE 2016 | Maria Schrader | 105 min | OmeU<br />

Sonntag, 5. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Niewinni czarodzieje (Die unschuldigen Zauberer) Seite 11<br />

PL 1960 | Andrzej Wajda | 83 min | OmeU<br />

Przekładaniec (Organitäten)<br />

PL 1968 | Andrzej Wajda | 35 min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Landstück Seite 6<br />

DE 2016 | Volker Koepp | 122 min | OmeU<br />

Kalenderübersicht<br />

83


Kalenderübersicht<br />

84<br />

Dienstag, 7. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Deutsche Filme 2016 Vor der Morgenröte Seite 5<br />

DE 2016 | Maria Schrader | 105 min | OmeU<br />

21.00 Universal Monsters Universal Horror (Horror ohne Ende) Seite 22<br />

USA 1995 | Kevin Brownlow | 95 min | OmU<br />

Mittwoch, 8. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Deutsche Filme 2016 Chamissos Schatten: Tschukotka und die Wrangelinsel 1 Seite 5<br />

DE 2016 | Ulrike Ottinger | 192 min<br />

Donnerstag, 9. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Open Scene<br />

Freitag, 10. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Samson Seite 12<br />

PL 1961 | Andrzej Wajda | 1<strong>17</strong> min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Die Hände meiner Mutter Seite 6<br />

DE 2016 | Florian Eichinger | 106 min | OmeU<br />

Samstag, 11. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda L’amour à 20 ans (Liebe mit 20) Seite 12<br />

FR 1962 | F. Truffaut, R. Rossellini, S. Ishihara, M. Ophüls, A. Wajda | 126 min | OmU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 24 Wochen Seite 6<br />

DE 2016 | Anne Zohra Berrached | 103 min | OmeU<br />

Sonntag, 12. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Popioły (Legionäre) Seite 12<br />

PL 1965 | Andrzej Wajda | 226 min | OmeU<br />

Dienstag, 14. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Deutsche Filme 2016 24 Wochen Seite 6<br />

DE 2016 | Anne Zohra Berrached | 103 min | OmeU<br />

21.00 Universal Monsters Dracula Seite 22<br />

USA 1931 | Tod Browning | 75 min | OmU<br />

Mittwoch, 15. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Deutsche Filme 2016 Chamissos Schatten: Tschukotka und die Wrangelinsel 2 Seite 5<br />

DE 2016 | Ulrike Ottinger | 156 min<br />

Donnerstag, 16. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Freitag, <strong>17</strong>. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Sibirska Ledi Magbet (Blut der Leidenschaft) Seite 12<br />

YU 1962 | Andrzej Wajda | 92 min | OmeU<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Wild Seite 7<br />

DE 2016 | Nicolette Krebitz | 93 min<br />

Samstag, 18. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Gates to Paradise (Die Pforten des Paradieses) Seite 13<br />

GB 1967 | Andrzej Wajda | 79 min | dtF<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Samstag, 18. März 20<strong>17</strong><br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Tschick Seite 7<br />

DE 2016 | Fatih Akin | 93 min | OmeU<br />

Sonntag, 19. März 20<strong>17</strong><br />

<strong>17</strong>.30 Film und<br />

Psychoanalyse<br />

Gravity Seite 26<br />

USA 2013 | Alfonso Cuarón | 90 min | OF | 3D | 2 Salek Kutschinski<br />

21.00 Deutsche Filme 2016 Austerlitz Seite 7<br />

DE 2016 | Sergei Loznitsa | 94 min<br />

Dienstag, 21. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Deutsche Filme 2016 Wild Seite 7<br />

DE 2016 | Nicolette Krebitz | 93 min<br />

21.00 Universal Monsters Drácula Seite 22<br />

USA 1931 | George Melford | 104 min | span.OmU<br />

Mittwoch, 22. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Deutsche Filme 2016 Chamissos Schatten: Kamtschatka und die Beringinsel Seite 5<br />

DE 2016 | Ulrike Ottinger | <strong>17</strong>7 min<br />

Donnerstag, 23. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene Haymatloz – Exil in der Türkei<br />

DE 2016 | Even Öusöz | 95 min | türk. OmU<br />

Hasnain Kazim, Jutta Prediger, Christiane Schlötzer<br />

Freitag, 24. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Wszystko na sprzedaż (Alles zu verkaufen) Seite 13<br />

PL 1968 | Andrzej Wajda | 105 min | OmeU<br />

21.00 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Samstag, 25. März 20<strong>17</strong><br />

Ucho (Das Ohr) Seite 29<br />

CS 1970 | Karel Kachyňa | 94 min | OmeU<br />

18.30 Andrzej Wajda Polowanie na muchy (Fliegenjagd) Seite 13<br />

PL 1969 | Andrzej Wajda | 108 min | OmeU<br />

21.00 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Sonntag, 26. März 20<strong>17</strong><br />

Nineteen Eighty-Four (1984) Seite 29<br />

GB 1984 | Michael Radford | 108 min | OF<br />

18.30 Andrzej Wajda Krajobraz po bitwie (Landschaft nach der Schlacht) Seite 13<br />

PL 1970 | Andrzej Wajda | 108 min | OmeU<br />

21.00 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Dienstag, 28. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

The Conversation (Der Dialog) Seite 30<br />

USA 1974 | Francis Ford Coppola | 109 min | OmU<br />

Alles unter Kontrolle Seite 30<br />

AT 2015 | Werner Boote | 93 min<br />

21.00 Universal Monsters Frankenstein Seite 22<br />

USA 1931 | James Whale | 71 min | OmU<br />

Kalenderübersicht<br />

85<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Kalenderübersicht<br />

86<br />

Mittwoch, 29. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Der Riese Seite 30<br />

BRD 1983 | Michael Klier | 82 min<br />

21.00 Cate Blanchett Oscar and Lucinda (Oscar und Lucinda) Seite 34<br />

AU 1997 | Gillian Armstrong | 132 min | OF<br />

Donnerstag, 30. März 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene La teta asustada (Eine Perle Ewigkeit)<br />

ES 2009 | Claudia Llosa | 100 min | OmU | Claudia Llosa<br />

Freitag, 31. März 20<strong>17</strong><br />

18.30 Architekturfilmtage Where Architects Live Seite 39<br />

IT 2014 | Francesca Molteni | 78 min | OmeU<br />

Peep | Cat | Modern Living | Casa Cubo | This Was Not My Dream (Casa Redux)<br />

BR 2012-14 | Marcio Kogan | 20 min | engl.OF | 2 Mathieu Wellner<br />

21.00 Architekturfilmtage Atlas der seltsamen Häuser und ihrer Bewohner Seite 40<br />

Buchvorstellung und Einführungsvortrag von Niklas Maak<br />

La Cupola<br />

DE 2016 | Volker Sattel | 40 min | OmU | Volker Sattel<br />

Samstag, 1. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Architekturfilmtage Für den Schwung sind Sie zuständig Seite 40<br />

DE 2003 | Margarete Fuchs | 58 min | Margarete Fuchs<br />

Bowlingtreff<br />

DE 2016 | Thomas Beyer & Adrian Dorschner | 60 min | Thomas Beyer & Adrian Dorschner<br />

21.00 Architekturfilmtage Mies van der Rohe Seite 40<br />

BRD 1968 | Georgia van der Rohe & Sam Ventura | 40 min<br />

Eero Saarinen – The Architect Who Saw the Future<br />

USA 2016 | Peter Rosen | 54 min | OF<br />

Sonntag, 2. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Architekturfilmtage Il Girasole – Una casa vicino a Verona (Ein Haus in der Nähe von Verona) Seite 41<br />

CH 1995 | Christoph Schaub & Marcel Meili | 15 min | OmU<br />

Batushas Haus<br />

CH 2016 | Tino Glimmann & Jan Gollob | 70 min | OmU | Tino Glimmann & Jan Gollob<br />

21.00 Architekturfilmtage La madre, il figlio e l’architetto (Die Mutter, der Sohn und der Architekt) Seite 41<br />

NL 2012 | Petra Noordkamp | 16 min | engl.OF<br />

L’architecte de Saint-Gaudens (Der Architekt von Saint-Gaudens)<br />

FR 2015 | <strong>Juli</strong>e Desprairies & Serge Bozon | 28 min | OmeU<br />

A Man in Space No. 1 – Days of Zucco<br />

FR 2016 | Lucas Bacle | 6 min | OmeU<br />

Talking House<br />

FR 2016 | Elizabeth Lennard | 42 min | engl.OF<br />

Dienstag, 4. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Citizenfour Seite 31<br />

USA 2014 | Laura Poitras | 114 min | OmU<br />

21.00 Universal Monsters The Mummy (Die Mumie) Seite 23<br />

USA 1932 | Karl Freund | 74 min | OmU<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Mittwoch, 5. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Low Definition Control – Malfunctions #0 Seite 31<br />

AT 2011 | Michael Palm | 95 min<br />

21.00 Cate Blanchett Elizabeth Seite 34<br />

GB 1998 | Shekhar Kapur | 124 min | OmU<br />

Donnerstag, 6. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Thomas Mauch Strafprotokoll aller und jeder Untertanen des allhiesigen Seite 43<br />

Reichsgotteshauses Roggenburg<br />

BRD 1976 | Thomas Mauch | 11 min<br />

Die Macht der Gefühle<br />

BRD 1983 | Alexander Kluge | 115 min<br />

Thomas Mauch, Alexander Kluge<br />

Freitag, 7. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Brzeżina (Das Birkenwäldchen) Seite 13<br />

PL 1970 | Andrzej Wajda | 99 min | OmeU<br />

21.00 Thomas Mauch Nel regno di Napoli (Neapolitanische Geschwister) Seite 44<br />

BRD 1978 | Werner Schroeter | 136 min | ital.OmU | Thomas Mauch<br />

Samstag, 8. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Wesele (Die Hochzeit) Seite 14<br />

PL 1973 | Andrzej Wajda | 110 min | OmeU<br />

21.00 Thomas Mauch Shirins Hochzeit Seite 44<br />

BRD 1976 | Helma Sanders-Brahms | 120 min | Thomas Mauch<br />

Sonntag, 9. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda The Shadow Line (Die Schattenlinie) Seite 14<br />

GB 1976 | Andrzej Wajda | 100 min | OF<br />

21.00 Thomas Mauch Letzte Worte Seite 44<br />

BRD 1968 | Werner Herzog | 13 min<br />

Die Achse<br />

BRD 1985 | Thomas Mauch | 32 min<br />

Tod eines Vaters<br />

BRD 1978 | Thomas Mauch | 47 min | Thomas Mauch<br />

Dienstag, 11. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

A Good American Seite 31<br />

AT 2015 | Friedrich Moser | 104 min | OmU<br />

21.00 Universal Monsters The Invisible Man (Der Unsichtbare) Seite 23<br />

USA 1933 | James Whale | 71 min | OmU<br />

Mittwoch, 12. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Bilder der<br />

Überwachung<br />

Il Castello (Die Festung) Seite 31<br />

IT 2011 | Massimo D‘Anolfi & Martina Parenti | 90 min | OmeU<br />

21.00 Cate Blanchett Heaven Seite 34<br />

DE 2002 | Tom Tykwer | 97 min | OmU<br />

Donnerstag, 13. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Kalenderübersicht<br />

87<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Kalenderübersicht<br />

88<br />

Freitag, 14. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Pilatus und andere – Ein Film für Karfreitag Seite 14<br />

BRD 1972 | Andrzej Wajda | 94 min<br />

21.00 Helmut Färber Acto da Primavera (Der Leidensweg Jesu in Curalha) Seite 46<br />

PT 1963 | Manoel de Oliveira | 94 min | OmeU | 2 Thomas Brandlmeier<br />

Samstag, 15. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Andrzej Wajda Ziemia obiecana (Das gelobte Land) Seite 14<br />

PL 1975 | Andrzej Wajda | <strong>17</strong>0 min | OmeU<br />

Sonntag, 16. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Andrzej Wajda Człowiek z marmuru (Der Mann aus Marmor) Seite 14<br />

PL 1977 | Andrzej Wajda | 161 min | OmeU<br />

Montag, <strong>17</strong>. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Andrzej Wajda Człowiek z żelaza (Der Mann aus Eisen) Seite 15<br />

PL 1981 | Andrzej Wajda | 147 min | OmeU<br />

Dienstag, 18. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kafka geht ins Kino Kafka Seite 50<br />

USA 1991 | Steven Soderbergh | 98 min | OmU<br />

21.00 Universal Monsters The Bride of Frankenstein (Frankensteins Braut) Seite 23<br />

USA 1935 | James Whale | 75 min | OmU<br />

Mittwoch, 19. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Cate Blanchett The Aviator Seite 35<br />

USA 2004 | Martin Scorsese | <strong>17</strong>8 min | OmU<br />

Donnerstag, 20. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Kafka geht ins Kino Kafka geht ins Kino Seite 50<br />

Lesung mit Filmausschnitten | Hanns Zischler<br />

Freitag, 21. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kafka geht ins Kino Primo Circuito Aereo Internazionale di Aeroplane in Brescia Seite 50<br />

IT 1909 | Adolfo Croce | 13 min | OmU<br />

Nick Winter et le vol de la Joconde (Nick Winter und der Diebstahl der Mona Lisa)<br />

FR 1911 | Paul Gabigni | 10 min | OmU<br />

Den hvide slavehandels sidste offer (Die weiße Sklavin)<br />

DK 1911 | August Blom | 55 min | dtF | \ Richard Siedhoff | 2 Hanns Zischler<br />

21.00 Kafka geht ins Kino Theodor Körner Seite 51<br />

DE 1912 | Gerhard Dammann, Franz Porten | 41 min<br />

La broyeuse de cœurs (Die Herzensbrecherin)<br />

FR 1913 | Camille de Morlhon | 47 min | OmU | \ Richard Siedhoff | 2 Hanns Zischler<br />

Samstag, 22. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kafka geht ins Kino Daddy-Long-Legs (Vater Langbein) Seite 51<br />

USA 1919 | Marshall Neilan | 97 min | OF | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler<br />

21.00 Kafka geht ins Kino Prazdnovanie 300-letija Doma Romanovych (300 Jahrfeier des Hauses Romanoff)<br />

RU 1913 | 16 min | OmU Seite 51<br />

Der Andere<br />

DE 1913 | Max Mack | 75 min | \ Richard Siedhoff | 2 Stefan Drößler<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Sonntag, 23. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kafka geht ins Kino Jízda Prahou otevřenou tramvají (Straßenbahnfahrt durch Prag) Seite 51<br />

CZ 1908 | Jan Kříženecký | 2 min<br />

Shiwat Zion (Heimkehr nach Zion)<br />

Palästina 1921 | Ya'acov Ben-Dov | 74 min | OmU | \ Günter A. Buchwald | 2 Stewart Tryster<br />

21.00 Kafka geht ins Kino Kafka Seite 50<br />

USA 1991 | Steven Soderbergh | 98 min | OmU<br />

Dienstag, 25. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Danielle Darrieux Mayerling Seite 55<br />

FR 1996 | Anatole Litvak | 92 min | OmU<br />

21.00 Universal Monsters Dracula’s Daughter (Draculas Tochter) Seite 24<br />

USA 1936 | Lambert Hillyer | 71 min | OF<br />

Mittwoch, 26. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Danielle Darrieux 8 femmes (8 Frauen) Seite 55<br />

FR 2002 | François Ozon | 111 min | OmU<br />

21.00 Cate Blanchett I’m Not There Seite 36<br />

USA 2007 | Todd Haynes | 130 min | OmU | Ed Lachman<br />

Donnerstag, 27. April 20<strong>17</strong><br />

19.00 Helmut Färber Queen Kelly Seite 46<br />

USA 1929 | Erich von Stroheim | 96 min | OF<br />

Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?<br />

AT 2004 | Gerhard Benedikt Friedl | 72 min<br />

Freitag, 28. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Bez znieczulenia (Ohne Betäubung) Seite 15<br />

PL 1978 | Andrzej Wajda | 125 min | OmeU<br />

21.00 Danielle Darrieux La ronde (Der Reigen) Seite 56<br />

FR 1950 | Max Ophüls | 109 min | OmU<br />

Samstag, 29. April 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Panny z Wilka (Die Mädchen von Wilko) Seite 15<br />

PL 1979 | Andrzej Wajda | 116 min | OmeU<br />

21.00 Danielle Darrieux Le plaisir (Pläsier) Seite 56<br />

FR 1951 | Max Ophüls | 97 min | OmeU<br />

Sonntag, 30. April 20<strong>17</strong><br />

<strong>17</strong>.30 Film und<br />

Psychoanalyse<br />

Birdman or The Unexpected Virtue of Ignorance Seite 26<br />

(Birdman oder Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)<br />

USA 2014 | Alejandro G. Iñárritu | 119 min | OmU | 2 Matthias Baumgart, Eva Friedrich<br />

21.00 Danielle Darrieux Madame de … Seite 56<br />

FR 1953 | Max Ophüls | 99 min | OmU<br />

Dienstag, 2. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Danielle Darrieux Les demoiselles de Rochefort (Die Mädchen von Rochefort) Seite 56<br />

FR 1967 | Jacques Demy | 122 min | OmeU<br />

21.00 Universal Monsters Son of Frankenstein (Frankensteins Sohn) Seite 24<br />

USA 1939 | Rowland V. Lee | 99 min | OF<br />

Kalenderübersicht<br />

89<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


filmmuseummünchen<br />

Mittwoch, 3. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Danielle Darrieux Une chambre en ville (Ein Zimmer in der Stadt) Seite 56<br />

FR 1982 | Jacques Demy | 90 min | OmeU<br />

21.00 Cate Blanchett The Life Aquatic with Steve Zissou (Die Tiefseetaucher) Seite 35<br />

USA 2004 | Wes Anderson | 119 min | OF<br />

Donnerstag, 4. Mai bis Sonntag, 14. Mai 20<strong>17</strong><br />

Dok.Fest: Retrospektive Georg Stefan Troller Seite 57<br />

Dienstag, 16. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kurt Eisner Die Münchner Räterepublik I: Seite 59<br />

Kurt Eisner – Zwischen Demokratie und Diktatur<br />

BRD 1971 | Helmuth Ashley | 90 min | 2 Ingrid Scherf<br />

21.00 Universal Monsters The Invisible Man Returns (Der Unsichtbare kehrt zurück) Seite 24<br />

USA 1940 | Joe May | 81 min | OmU<br />

Mittwoch, <strong>17</strong>. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kurt Eisner Die Münchner Räterepublik II: Ende mit Schrecken Seite 59<br />

BRD 1971 | Helmuth Ashley | 87 min<br />

21.00 Cate Blanchett Notes on a Scandal (Tagebuch eines Skandals) Seite 35<br />

GB 2006 | Richard Eyre | 92 min | OmU<br />

Donnerstag, 18. Mai 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Freitag, 19. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Dyrygent (Der Dirigent) Seite 15<br />

PL 1980 | Andrzej Wajda | 102 min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden The Asphalt Jungle (Asphalt-Dschungel) Seite 63<br />

USA 1950 | John Huston | 112 min | OF<br />

Samstag, 20. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Danton Seite 15<br />

FR 1983 | Andrzej Wajda | 136 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden Denver & Rio Grande (Terror am Rio Grande) Seite 64<br />

USA 1952 | Byron Haskin | 89 min | OF<br />

Sonntag, 21. Mai 20<strong>17</strong><br />

Kalenderübersicht<br />

90<br />

<strong>17</strong>.30 Film und<br />

Psychoanalyse<br />

Ultimo Tango a Parigi (Der letzte Tango in Paris) Seite 27<br />

IT 1972 | Bernardo Bertolucci | 129 min | engl.OmU<br />

2 Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger<br />

21.00 Sterling Hayden Prince Valiant (Prinz Eisenherz) Seite 64<br />

USA 1954 | Henry Hathaway | 100 min | OmU<br />

Dienstag, 23. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Kurt Eisner Rotmord Seite 60<br />

BRD 1968 | Peter Zadek | 85 min<br />

21.00 Universal Monsters The Wolf Man (Der Wolfsmensch) Seite 24<br />

USA 1941 | George Waggner | 70 min | OmU<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


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Mittwoch, 24. Mai 20<strong>17</strong><br />

19.00 Cate Blanchett The Curious Case of Benjamin Button (Der seltsame Fall des Seite 36<br />

Benjamin Button)<br />

USA 2008 | David Fincher | 166 min | OmU<br />

Donnerstag, 25. Mai 20<strong>17</strong><br />

19.00 Kurt Eisner Revoluzzer, Räte, Reaktionäre Seite 60<br />

BRD 1969 | Wolfgang Kahle & Georg Walschus | 93 min<br />

Es geht durch die Welt ein Geflüster. München 7.11.1918 – 2.5.1919<br />

BRD 1989 | Uli Bez | 42 min | Uli Bez | 2 Ingrid Scherf<br />

Freitag, 26. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Eine Liebe in Deutschland Seite 16<br />

BRD 1983 | Andrzej Wajda | 107 min<br />

21.00 Sterling Hayden Johnny Guitar (Wenn Frauen hassen) Seite 64<br />

USA 1954 | Nicholas Ray | 110 min | OF<br />

Samstag, 27. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Kronika wypadków miłosnych (Eine Chronik von Liebesunfällen) Seite 16<br />

PL 1986 | Andrzej Wajda | 114 min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden Suddenly (Der Attentäter) Seite 64<br />

USA 1954 | Lewis Allen | 75 min | OF<br />

Sonntag, 28. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Schuld und Sühne Seite 16<br />

BRD 1987 | Andrzej Wajda | 118 min<br />

21.00 Sterling Hayden The Killing (Die Rechnung ging nicht auf) Seite 64<br />

USA 1956 | Stanley Kubrick | 85 min | OF<br />

Dienstag, 30. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Une jeunesse allemande (Eine deutsche Jugend) Seite 69<br />

FR 2015 | Jean-Gabriel Périot | 93 min | OmU<br />

21.00 Universal Monsters Frankenstein Meets the Wolf Man (Frankenstein trifft den Wolfsmenschen) Seite 25<br />

USA 1943 | Roy William Neill | 74 min | OF<br />

Mittwoch, 31. Mai 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Ich bin ein Elefant, Madame! Seite 69<br />

BRD 1969 | Peter Zadek | 100 min<br />

21.00 Cate Blanchett Blue Jasmine Seite 36<br />

USA 2013 | Woody Allen | 98 min | OmU<br />

Donnerstag, 1. Juni 20<strong>17</strong><br />

19.00 Zuschauerkino Kurzfilmabend des Münchner Filmzentrums e.V. (MFZ) Seite 71<br />

Freitag, 2. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Les possédés (Die Dämonen) Seite 16<br />

FR 1988 | Andrzej Wajda | 114 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden Crime of Passion (Das war Mord, Mr. Doyle) Seite 65<br />

USA 1957 | Gerd Oswald | 86 min | OF<br />

Kalenderübersicht<br />

91<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


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Samstag, 3. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Korczak Seite 16<br />

PL 1990 | Andrzej Wajda | 1<strong>17</strong> min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden Terror in a Texas Town (Sturm über Texas) Seite 65<br />

USA 1958 | Joseph H. Lewis | 80 min | OF<br />

Sonntag, 4. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Wielki tydzień (Die Karwoche) Seite <strong>17</strong><br />

PL 1995 | Andrzej Wajda | 90 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden Leuchtturm des Chaos Seite 65<br />

BRD 1983 | Wolf-Eckart Bühler | 119 min | OmU | Wolf-Eckart Bühler<br />

Kalenderübersicht<br />

92<br />

Montag, 5. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Panna Nikt (Fräulein Niemand) Seite <strong>17</strong><br />

PL 1996 | Andrzej Wajda | 98 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden Dr. Strangelove, or How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb Seite 65<br />

(Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben)<br />

USA 1964 | Stanley Kubrick | 93 min | OmU<br />

Dienstag, 6. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

1968: Kunst, Protest, Happening Seite 70<br />

BRD 1981 (2010) | Helmut Herbst | 76 min | Helmut Herbst<br />

21.00 Universal Monsters Son of Dracula (Draculas Sohn) Seite 25<br />

USA 1943 | Robert Siodmak | 80 min | OF<br />

Mittwoch, 7. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Polizeifilm Seite 70<br />

BRD 1969 | Wim Wenders | 12 min<br />

Brandstifter<br />

BRD 1969 | Klaus Lemke | 65 min<br />

21.00 Cate Blanchett Truth (Der Moment der Wahrheit) Seite 36<br />

USA 2015 | James Vanderbilt | 126 min | OmU<br />

Donnerstag, 8. Juni 20<strong>17</strong><br />

19.00 Underdox-Halbzeit Filme von Miranda Pennell Seite 72<br />

Miranda Pennell<br />

Freitag, 9. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Pan Tadeusz Seite <strong>17</strong><br />

PL 1999 | Andrzej Wajda | 125 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden Der Havarist Seite 66<br />

BRD 1984 | Wolf-Eckart Bühler | 100 min | Wolf-Eckart Bühler<br />

Samstag, 10. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Zemsta (Die Rache) Seite <strong>17</strong><br />

PL 2002 | Andrzej Wajda | 100 min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden The Godfather (Der Pate) Seite 66<br />

USA 1972 | Francis Ford Coppola | <strong>17</strong>5 min | OmU<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


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Sonntag, 11. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Katyń (Das Massaker von Katyn) Seite 18<br />

PL 2007 | Andrzej Wajda | 122 min | OmU<br />

21.00 Sterling Hayden The Long Goodbye (Der Tod kennt keine Wiederkehr) Seite 66<br />

USA 1973 | Robert Altman | 113 min | OF<br />

Dienstag, 13. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Ostern 68 Seite 70<br />

DDR 1968 | Harry Hornig | 14 min<br />

Aufrecht gehen. Rudi Dutschke – Spuren<br />

BRD 1988 | Helga Reidemeister | 92 min<br />

21.00 Universal Monsters Creature from the Black Lagoon (Der Schrecken vom Amazonas) Seite 25<br />

USA 1954 | Jack Arnold | 79 min | OF | 3D<br />

Mittwoch, 14. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Liebe und so weiter Seite 70<br />

BRD 1968 | George Moorse | 84 min<br />

21.00 Cate Blanchett Manifesto Seite 36<br />

DE 2015 | <strong>Juli</strong>an Rosefeldt | 90 min | OF<br />

Donnerstag, 15. Juni 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Freitag, 16. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Tatarak (Der Kalmus) Seite 18<br />

PL 2009 | Andrzej Wajda | 85 min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden Novecento I (1900 – 1.Teil: Gewalt, Macht, Leidenschaft) Seite 66<br />

IT 1976 | Bernardo Bertolucci | 162 min | OmU<br />

Samstag, <strong>17</strong>. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 Andrzej Wajda Wałęsa - Człowiek z nadziei (Wałęsa – Mann aus Hoffnung) Seite 18<br />

PL 2013 | Andrzej Wajda | 127 min | OmeU<br />

21.00 Sterling Hayden Novecento II (1900 – 2.Teil: Kampf, Liebe, Hoffnung) Seite 66<br />

IT 1976 | Bernardo Bertolucci | 154 min | OmU<br />

Sonntag, 18. Juni 20<strong>17</strong><br />

<strong>17</strong>.30 Film und<br />

Psychoanalyse<br />

Dienstag, 20. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

The Age of Innocence (Zeit der Unschuld) Seite 27<br />

USA 1993 | Martin Scorsese | 138 min | OmU | 2 Katharina Leube, Irmgard Nagel<br />

München 1970. Als der Terror zu uns kam Seite 70<br />

DE 2012 | Georg M. Hafner | 90 min | Georg M. Hafner<br />

21.00 Universal Monsters Young Frankenstein (Frankenstein Junior) Seite 25<br />

USA 1974 | Mel Brooks | 106 min | OmU<br />

Mittwoch, 21. Juni 20<strong>17</strong><br />

18.30 2. Juni 1967<br />

und die Folgen<br />

Die Niklashauser Fart Seite 70<br />

BRD 1970 | Rainer Werner Fassbinder, Michael Fengler | 86 min<br />

21.00 Sterling Hayden The Outsider (Verrat in Belfast) Seite 66<br />

USA 1979 | Tony Luraschi | 122 min | OF<br />

Kalenderübersicht<br />

93<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


filmmuseummünchen<br />

Kalenderübersicht<br />

94<br />

Donnerstag, 22. Juni 20<strong>17</strong><br />

19.00 Open Scene<br />

Freitag, 23. Juni – Samstag, 14. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

Filmfest München<br />

Sonntag, 2. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

19.00 Jazz im Film Willi-Johanns-Jazzquartett: »Bebop Spoken Here« Seite 75<br />

Willi Johanns (vocal), Tizian Jost (piano), Andreas Kurz (bass), Michael Keul (drums)<br />

Paris Blues<br />

USA 1961 | Martin Ritt | 98 min | OF<br />

Dienstag, 4. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Young Man with a Horn (Der Jazztrompeter) Seite 75<br />

USA 1950 | Michael Curtiz | 112 min | OF<br />

Mittwoch, 5. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Kansas City Seite 76<br />

USA 1996 | Robert Altman | 114 min | OmU<br />

Donnerstag, 6. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film The Gene Krupa Story (Jazz-Ekstase) Seite 76<br />

USA 1959 | Don Weis | 101 min | OF<br />

Freitag, 7. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Syncopation Seite 76<br />

USA 1942 | William Dieterle | 89 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Young Man with a Horn (Der Jazztrompeter) Seite 75<br />

USA 1950 | Michael Curtiz | 112 min | OF<br />

Samstag, 8. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Jazz-Kurzfilme und Zeichentrickfilme Seite 76<br />

USA 1929–1954 | Dudley Murphy, Aubrey Scotto, Dave Fleischer,<br />

Fred Waller, George Pal, Roger Tilton | 95 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Kansas City Seite 76<br />

USA 1996 | Robert Altman | 116 min | OmU<br />

Sonntag, 9. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film New Orleans Seite 77<br />

USA 1947 | Arthur Lubin | 90 min | OmU<br />

21.00 Jazz im Film The Gene Krupa Story (Jazz-Ekstase) Seite 76<br />

USA 1959 | Don Weis | 101 min | OF<br />

Dienstag, 11. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film New York, New York Seite 77<br />

USA 1977 | Martin Scorsese | 163 min | OmU<br />

Mittwoch, 12. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Jazz »Hot« Seite 78<br />

GB 1939 | 4 min | OF<br />

Sweet and Lowdown Seite 78<br />

USA 1999 | Woody Allen | 95 min | OmU<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


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Donnerstag, 13. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Whiplash Seite 78<br />

USA 2014 | Damien Chazelle | 107 min | OmU<br />

Freitag, 14. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film A Song Is Born (Die tollkühne Rettung der Gangsterbraut Seite 78<br />

Honey Swanson)<br />

USA 1948 | Howard Hawks | 113 min | OmU<br />

21.00 Jazz im Film New York, New York Seite 77<br />

USA 1977 | Martin Scorsese | 163 min | OmU<br />

Samstag, 15. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Artie Shaw’s Class in Swing Seite 79<br />

USA 1939 | Leslie Roush | 10 min | OF<br />

Jammin’ the Blues<br />

USA 1944 | Gjon Mili | 10 min | OF<br />

Begone Dull Care (Jazz in Farben)<br />

CA 1949 | Norman McLaren | 9 min | OF<br />

Charlie Parker & Dizzy Gillespie<br />

USA 1952 | Bill Seaman | 5 min | OF<br />

The Sound of Jazz<br />

USA 1957 | Jack Smight | 56 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Jazz »Hot« Seite 78<br />

GB 1939 | 4 min | OF<br />

Sweet and Lowdown<br />

USA 1999 | Woody Allen | 95 min | OmU<br />

Sonntag, 16. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Swing Kids Seite 79<br />

USA 1993 | Thomas Carter | 112 min | OF<br />

21.00 Jazz im Fillm Whiplash Seite 78<br />

USA 2014 | Damien Chazelle | 107 min | OmU<br />

Dienstag, 18. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Round Midnight (Um Mitternacht) Seite 79<br />

FR 1986 | Bertrand Tavernier | 133 min | engl.OmU<br />

Mittwoch, 19. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Bird Seite 79<br />

USA 1988 | Clint Eastwood | 161 min | OF<br />

Donnerstag, 20. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Chico & Rita Seite 80<br />

ES 2010 | Fernando Trueba, Tono Errando, Javier Mariscal | 94 min | OmU<br />

Freitag, 21. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Jazz on a Summer’s Day (Jazz an einem Sommerabend) Seite 80<br />

USA 1960 | Bert Stern, Aram Avakian | 86 min | OF<br />

21.00 Jazz im Fillm Round Midnight (Um Mitternacht) Seite 79<br />

FR 1986 | Bertrand Tavernier | 133 min | OmU<br />

Kalenderübersicht<br />

95<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


filmmuseummünchen<br />

Kalenderübersicht<br />

96<br />

Samstag, 22. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Thelonious Monk – Straight, No Chaser Seite 80<br />

USA 1988 | Charlotte Zwerin | 90 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Bird Seite 79<br />

USA 1988 | Clint Eastwood | 161 min | OF<br />

Sonntag, 23. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Blue Note – A Story of Modern Jazz Seite 81<br />

DE 1997 | <strong>Juli</strong>an Benedikt, Andreas Morell | 91 min | engl.OmU<br />

21.00 Jazz im Film Chico & Rita Seite 80<br />

ES 2010 | Fernando Trueba, Tono Errando, Javier Mariscal | 94 min | OmU<br />

Dienstag, 25. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Ascenseur pour l’échafaud (Fahrstuhl zum Schafott) Seite 81<br />

FR 1958 | Louis Malle | 91 min | OmU<br />

Mittwoch, 26. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film The Fabulous Baker Boys (Die fabelhaften Baker Boys) Seite 81<br />

USA 1989 | Steve Kloves | 114 min | OmU<br />

Donnerstag, 27. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

20.00 Jazz im Film Miles Ahead Seite 82<br />

USA 2015 | Don Cheadle | 100 min | OmU<br />

Freitag, 28. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Odds Against Tomorrow (Wenig Chancen für morgen) Seite 82<br />

USA 1959 | Robert Wise | 96 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Ascenseur pour l’échafaud (Fahrstuhl zum Schafott) Seite 81<br />

FR 1958 | Louis Malle | 91 min | OmU<br />

Samstag, 29. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film À bout de souffle (Außer Atem) Seite 82<br />

FR 1960 | Jean-Luc Godard | 90 min | OmU<br />

21.00 Jazz im Film The Fabulous Baker Boys (Die fabelhaften Baker Boys) Seite 81<br />

USA 1989 | Steve Kloves | 114 min | OmU<br />

Sonntag, 30. <strong>Juli</strong> 20<strong>17</strong><br />

18.30 Jazz im Film Let’s Get Lost Seite 82<br />

USA 1988 | Bruce Weber | 120 min | OF<br />

21.00 Jazz im Film Miles Ahead Seite 82<br />

USA 2015 | Don Cheadle | 100 min | OmU<br />

Sommerpause: Das Filmmuseum ist vom 31. <strong>Juli</strong> bis zum 30. August 20<strong>17</strong> geschlossen.<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München · Tel 089/233 96450


Für Unterstützung und Kooperation bei der Realisierung unseres Programms danken wir:<br />

Andrzej Wajda · Arte, Mainz (Nina Goslar) · Arte, Strasbourg<br />

(Marie-Laure Rodier) · Avala Film Way, Belgrad (Marina<br />

Ivanović) · Cinémathèque française, Paris (Emilie Cauquy,<br />

Matthieu Grimault) · Cinémathèque Suisse, Lausanne<br />

(André Schäublin) · Filmoteka Narodowa, Warschau (Kamila<br />

Bilman, Elżbieta Wysocka) · Cyfrowe Repozytorium Filmowe,<br />

Warschau (Martyna Korablewska-Szpetmánska, Stanisław<br />

Bardadin) · Generalkonsulat der Republik Polen, München<br />

(Andrzej Osiak, Marcin Król) · Jugoslovenska Kinoteka, Belgrad<br />

(Aleksandr Erdeljanovic) · Szkoła Filmowa, Łodz (Mariusz<br />

Grzegorzk, Krzysztof Brzezowski)<br />

Film und Psychoanalyse · Akademie für Psychoanalyse und<br />

Psychotherapie, München (Matthias Baumgart, Eva Friedrich,<br />

Andreas Hamburger, Vivian Pramataroff-Hamburger, Salek<br />

Kutschinski, Mathias Lohmer, Katharina Leube-Sonnleitner,<br />

Corinna Wernz)<br />

Bilder der Überwachung · Cinémathèque de la ville de<br />

Luxembourg (Claude Bertemes, Georges Bildgen) · Národní<br />

Filmový Archiv, Prag (Kateřina Fojtová) · Tschechisches Zentrum,<br />

München (Anett Browarzik, Ondřej Černý) · Münchner<br />

Stadtmuseum (Rudolf Scheutle)<br />

Cate Blanchett · Kino der Kunst, München (Heinz Peter<br />

Schwerfel, Isabel Kienemann) · National Film and Sound Archive,<br />

Canberra (Michael Loebenstein, Steph Carter) · Svenska<br />

Filminstitutet, Stockholm (Jon Wengström, Johan Ericsson)<br />

· Museum Villa Stuck, München (Verena Hein) · Sammlung<br />

Goetz, München (Cornelia Gockel)<br />

Architekturfilmtage · Arte, Mainz (Nina Goslar) · Bayerische<br />

Architektenkammer, München (Präsidentin Christine Degenhart,<br />

Sabine Picklapp) · Brumm, Bordeaux (Lucas Bacle) · Les<br />

Films de la Liberté, Paris (Vladimir Léon) · Studio MK27, São<br />

Paulo (Carlos Costa, Laura Guedes) · Thirteen / American Masters,<br />

New York (Junko Tsunashima) · Fritz Göttler, München ·<br />

Elizabeth Lennard, Paris · Niklas Maak, Berlin · Volker Sattel,<br />

Berlin · Mathieu Wellner, München<br />

Thomas Mauch · Deutsche Kinemathek, Berlin (Anke Hahn)<br />

· Bärbel Freund, Berlin · Alexander Kluge, München · Thomas<br />

Mauch, Berlin<br />

Helmut Färber · Cinemateca Portuguesa, Lissabon (Sara Moreira)<br />

· Öste rreichisches Filmmuseum, Wien (Regina Schlagnitweit)<br />

· Michael Girke, Herford · Markus Nechleba, Berlin<br />

Franz Kafka · Alpha Omega Digital, München (Thomas Bakels,<br />

Marie Bendl) · Bundesarchiv, Berlin (Doris Hackbarth, Karl<br />

Griep) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin)<br />

· Det Danske Filminstitut, Kopenhagen (Thomas Christensen)<br />

· Deutsche Kinemathek, Berlin (Martin Koerber, David Meiller)<br />

· Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden (Ernst Szebedits)<br />

· Kulturstiftung des Bundes, Halle (Alexander Farenholtz)<br />

· La cineteca del Friuli, Gemona (Livio Jacob) · La cineteca di<br />

Bologna (Andrea Meneghelli, Gian Luca Farinelli) · Library of<br />

Congress, Washington D.C. (Mike Mashon) · Národní Filmový<br />

Archiv, Prag (Matej Strnad, Michal Bregant) · Tschechisches<br />

Zentrum, München (Anett Browarzik, Ondřej Černý) · Verlag<br />

Galiani Berlin (Wolfgang Hörner, Florian Ringswald) · Christian<br />

Ketels, Großdingharting · Arndt Pawelczik, Köln · Stewart Tryster,<br />

Berlin · Hanns Zischler, Berlin<br />

Danielle Darrieux · Deutsches Institut für Filmkunde, Frankfurt/Wiesbaden<br />

(Markus Wessolowski)<br />

Sterling Hayden · Cinémathèque française, Paris (Emilie<br />

Cauquy, Matthieu Grimault) · Wolf-Eckart Bühler, München<br />

Kurt Eisner · Münchner Stadtmuseum (Manfred Wegner) ·<br />

Telepool, München (Annemarie Rösing) · ZDF, Mainz (Christiane<br />

Mayer, Janine Göllner) · Ingrid Scherf, München<br />

Berlin, 2. Juni 1967 · Hessischer Rundfunk, Wiesbaden<br />

(Michael Hofmann) · City 46, Bremen (Karl-Heinz Schmid) ·<br />

Westdeutscher Rundfunk, Köln (Birol Teke) · Georg M. Hafner,<br />

Frankfurt<br />

Jazz im Film · British Film Institute, London (Hannah Prouse) ·<br />

Cinémathèque Suisse, Lausanne (André Schäublin) · Film Archiv<br />

Austria, Wien (Nikolaus Wostry, Anna Dobringer) · Library of<br />

Congress, Washington (Lynanne Schweighofer) · Anna-Maria<br />

Babin, München · Klaus Huckert, Riegelsberg · Willi Johanns,<br />

München<br />

Das Kino ist mit einer Induktionsschleife<br />

für Hörgerätebesitzer ausgestattet<br />

Fotos · Arsenal Distribution, Berlin (Annette Lingg) · Cinémathèque Suisse, Lausanne (Carina Carballo) · Deutsches Filminstitut,<br />

Wiesbaden (André Mieles) · Dynweb Net Services, München (Heiner Gassen) · Filmmuseum München (Gerhard Ullmann, Michael<br />

Kuch, Christoph Michel, Stefan Drößler, Claudia Engelhardt) · Sammlung Goetz, München (Cornelia Gockel)


Das Kino der Stadt<br />

Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum · St.-Jakobs-Platz 1 · 80331 München<br />

Tel 089/233 96450 · Fax 089/233 23931 · www.muenchner-stadtmuseum.de/film

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