03/2017
Fritz+Fränzi
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Eine Frage – drei Meinungen<br />
Unsere Tochter, 9, hat Angst vor Dieben. Ich erkläre ihr, dass da, wo wir<br />
wohnen, keine Diebe seien. Das ist aber gelogen. Wenn ich ihr nun sage,<br />
es gebe zwar Diebe, aber die könnten uns nichts stehlen, weil wir starke<br />
Türen haben, sorgt sie sich weiterhin. Wissen Sie einen Rat?<br />
Gregor, 51, Altstätten<br />
Nicole Althaus<br />
Schön wärs, man könnte den<br />
geliebten Kleinen alle Ängste<br />
nehmen, sie luftdicht verschliessen<br />
und mit dem Müll<br />
entsorgen. Doch die Angst<br />
gehört zum Leben. So wie die<br />
Freude und die Trauer. Sagen<br />
Sie Ihrer Tochter das. Und<br />
dass Angst die Menschen<br />
lehrt, aufzupassen. Schliessen Sie abends gemeinsam<br />
die Tür zu und wenn nötig die Fensterläden. Und dann<br />
singen und kochen Sie zusammen und zeigen, dass<br />
man mit der Angst gut leben kann.<br />
Tonia von Gunten<br />
Wie gehen Sie heute mit<br />
Ihren eigenen Ängsten um?<br />
Und wie war es als Kind für<br />
Sie? Sprechen Sie mit Ihrer<br />
Tochter: «Ich habe heute keine<br />
Angst mehr vor Dieben.<br />
Doch du machst dir Sorgen.<br />
Sage es mir bitte, wenn du<br />
selber eine gute Idee gegen<br />
diese Angst hast, okay?» Als Kind lernt man den<br />
Umgang mit der eigenen Angst am besten, indem man<br />
erlebt, dass dieses Gefühl zum grossen Ganzen im<br />
Leben mit dazugehört und alle Menschen hin und<br />
wieder solche Gefühle erleben.<br />
Peter Schneider<br />
Ich fürchte, die Sorge können<br />
Sie ihr kaum abnehmen. Sie<br />
müssen Ihrerseits aber auch<br />
nicht befürchten, die Angst<br />
vor Dieben würde darum zu<br />
einem ständigen Begleiter im<br />
Leben Ihrer Tochter. Kinder<br />
sind hilfloser als Erwachsene;<br />
sie verfügen auch nicht über<br />
die relativierende Wurschtigkeit, die uns Erwachsenen<br />
den Alltag erleichtert. Sie haben mehr Zeit, sich in ihre<br />
Ängste zu vertiefen und sie mit allerlei Fantasien auszuschmücken.<br />
(Dasselbe gilt oft auch für alte Menschen.)<br />
Im Alter Ihrer Tochter haben Kinder auch den Glauben<br />
verloren, dass ihre Eltern sie vor allem schützen können.<br />
Das ergibt eine Neigung zur Hilflosigkeit, auf die<br />
man beruhigend reagieren sollte, die man aber eben<br />
auch nicht ausmerzen kann.<br />
Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin und<br />
Mitglied der Chefredaktion der «NZZ am Sonntag».<br />
Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und<br />
hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger.ch» initiiert<br />
und geleitet. Nicole Althaus ist Mutter von zwei<br />
Kindern, 16 und 12.<br />
Tonia von Gunten, 43, ist Elterncoach, Pädagogin<br />
und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein<br />
Programm, das frische Energie in die Familien<br />
bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz<br />
stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet<br />
und Mutter von zwei Kindern, 10 und 7.<br />
Peter Schneider, 59, ist praktizierender<br />
Psychoanalytiker, Autor und SRF-Satiriker («Die<br />
andere Presseschau»). Er lehrt als Privatdozent<br />
für klinische Psychologie an der Uni Zürich und<br />
ist Professor für Entwicklungspsychologie an<br />
der Uni Bremen. Peter Schneider ist Vater eines<br />
erwachsenen Sohnes.<br />
Haben Sie auch eine Frage?<br />
Schreiben Sie eine E-Mail an:<br />
redaktion@fritzundfraenzi.ch<br />
Bilder: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, Pino Stranieri, HO<br />
82 März <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi