03/2017
Fritz+Fränzi
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diert dafür, Jugendliche adäquat<br />
über Wirkung und Gefahren zu<br />
informieren. Als besonders pro ble <br />
ma tisch be urteilt er die Interaktion<br />
mit anderen Substanzen, etwa Alkohol:<br />
«Diese Kombination erhöht das<br />
Risiko für eine Vergiftung.»<br />
Über www.know-drugs.ch können<br />
Eltern und Jugendliche das<br />
Info-Set «Drugs – just say know»<br />
bestellen, das aus einem Faltprospekt<br />
mit allgemeinen Informationen<br />
und 24 Karten be steht, die über<br />
mehr als 30 psychoaktive Substanzen<br />
informieren. Bisher wurde das<br />
Set bereits über 50 000 Mal angefordert.<br />
In Zürich (www.safeparty.ch/<br />
wo-wird-getestet.html) und Bern<br />
(www.raveitsafe.ch/angebot/dib)<br />
haben Jugendliche die Möglichkeit,<br />
Substanzen anonym und kostenlos<br />
testen zu lassen.<br />
Nur noch auf Rezept<br />
Cornelia Reichert, Oberärztin bei<br />
Tox Info Suisse, ist überzeugt, dass<br />
Jugendliche die Risiken von Medikamenten<br />
unterschätzen. Sie erklärt:<br />
«Hustensirup ist günstig und vielerorts<br />
rezeptfrei erhältlich. Je nach<br />
Dosierung kann Codein eine starke<br />
Abnahme der Atemfrequenz verursachen<br />
und im Extremfall sogar zu<br />
einem Koma oder zum Tod führen.<br />
Dextromethorphan kann zusätzlich<br />
noch zu Agitation, Halluzinationen<br />
und epileptischen Krampfanfällen<br />
führen.» Die Olympia-Apotheke hat<br />
gehandelt und gibt den an sich frei<br />
verkäuflichen Hustensirup nur noch<br />
bei Reizhusten auf Rezept ab, wenn<br />
ein Verdacht auf nicht verschreibungsgemässen<br />
Gebrauch besteht.<br />
Valeria Rauseo wirft ein: «Allerdings<br />
gehen manche Jugendliche so weit,<br />
dass sie Rezepte fälschen, um an den<br />
Sirup zu gelangen.»<br />
Tox Info Suisse erhält immer wieder<br />
Anfragen zu neuartigen Drogen<br />
mit psychoaktiver Wirkung. Diese<br />
sogenannten Legal Highs, Designerdrogen<br />
oder Research Chemicals<br />
werden vor allem im Internet unter<br />
so harmlos klingenden Namen wie<br />
Badesalz, Spice, Räuchermischung<br />
oder Raumlufterfrischer angeboten<br />
– oft noch mit dem Hinweis «not for<br />
human consumption» (nicht für die<br />
Konsumation durch Menschen).<br />
Legal Highs enthalten oft Substanzen<br />
aus der medizinischen Forschung,<br />
synthetisch hergestellte<br />
Wirkstoffe, die ähnlich wie Cannabis,<br />
Kokain, Amphetamine oder<br />
LSD wirken. Die Substanzen stammen<br />
meist aus China, werden in<br />
Osteuropa konfektioniert und in<br />
peppig aufgemachten kleinen Päckchen<br />
übers Netz relativ günstig verkauft.<br />
Oft fehlen Angaben zu den<br />
Inhaltsstoffen oder sie entsprechen<br />
nicht dem tatsächlichen Inhalt – wer<br />
sie bestellt, kauft eine Wundertüte<br />
und spielt Russisches Roulette.<br />
Diese Substanzen beurteilt Cornelia<br />
Reichert als potenziell sehr ge <br />
fährlich, weil Erfahrungen mit den<br />
Hunderten von Wirkstoffen fehlten:<br />
«Eine genaue Risikoeinschätzug bei<br />
einer Überdosierung ist deshalb<br />
äusserst schwierig.»<br />
Die Gesetzeslage<br />
Legal Highs, die gemäss Thilo Beck<br />
in der Schweiz nicht sehr populär<br />
sind und eher von älteren Jugendlichen<br />
und jungen Erwachsenen ausprobiert<br />
werden, können am Anfang<br />
Glücksgefühle hervorrufen, oft aber<br />
auch zu schweren Psychosen wie<br />
zum Beispiel Halluzinationen führen.<br />
Die Wirkung ist unberechenbar.<br />
Betroffene können je nach Substanz,<br />
Dosis, Begleitumständen und eigener<br />
psychischer Verfassung sehr<br />
aggressiv werden. In den USA sind<br />
einige Fälle beschrieben, in denen<br />
Jugendliche, die vermutlich zuvor<br />
Legal Highs konsumiert hatten,<br />
Amok gelaufen sind, Selbstmord<br />
begangen oder sich selbst verstümmelt<br />
haben.<br />
Legal Highs gibt es in unzähligen<br />
Variationen. Damit die Substanzen<br />
nicht unter das Betäubungsmittelgesetz<br />
fallen, spielen die Hersteller mit<br />
dem Gesetzgeber Katz und >>><br />
Bei einer Kombination von<br />
Alkohol und Hustenpräparaten<br />
droht Vergiftungsgefahr!<br />
Finger weg von Suchtmitteln – das können<br />
Eltern tun<br />
• Legen Sie möglichst früh in der Kindheit die<br />
Basis für eine gute Beziehung zu Ihrem Kind.<br />
Ein durch Respekt und Vertrauen geprägtes<br />
Verhältnis erleichtert es, auch in schwierigen<br />
Situationen im Gespräch zu bleiben.<br />
• Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass Sie da sind.<br />
Das gibt Kindern und Jugendlichen Halt.<br />
• Fragen Sie nach und zeigen Sie Interesse an<br />
dem, was Ihr Kind in seiner Freizeit tut. Dabei<br />
geht es nicht um Kontrolle.<br />
• Schaffen Sie eine Beziehung, die auf<br />
gegenseitigem Vertrauen und Offenheit für die<br />
Sichtweise des Gegenübers aufbaut. So schaffen<br />
Sie eine Atmosphäre, in der Ihr Kind Ihnen eher<br />
mitteilt, was es in der Freizeit tut.<br />
• Bleiben Sie offen für Gespräche und insistieren<br />
Sie, wenn Sie sich Sorgen machen.<br />
• Wenn Sie das Gefühl haben, nicht mehr an Ihren<br />
Sohn oder Ihre Tochter heranzukommen, suchen<br />
Sie dennoch immer wieder das Gespräch.<br />
• Wenn Sie nicht weiterkommen, wenden Sie sich<br />
an eine Erziehungs- und Jugendberatungsstelle.<br />
• Lassen Sie zu, dass Ihr Kind Freundschaften<br />
pflegt und ausgeht – schaffen Sie fürs Ausgehen<br />
am Abend einen klaren Rahmen (wann, wie<br />
häufig und bis um welche Uhrzeit darf unser<br />
Sohn / unsere Tochter in den Ausgang).<br />
• Wenn Jugendliche abends weggehen, sollten Sie<br />
immer wissen, wohin Ihr Kind geht, mit wem und<br />
wie es nach Hause kommt.<br />
• Besprechen Sie vorab die Konsequenzen, wenn<br />
sich Ihr Kind nicht an die Regeln hält.<br />
• Thematisieren Sie mit Ihrem Kind den Umgang<br />
mit psycho aktiven Substanzen.<br />
Quelle und weitere Informationen:<br />
www.suchtschweiz.ch/eltern<br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
März <strong>2017</strong>67