03/2017
Fritz+Fränzi
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Welches sind denn die möglichen Folgen<br />
seelischer Gewalt?<br />
Diese können sehr vielfältig sein und<br />
umfassen beispielsweise das ganze<br />
Spektrum psychischer Störungen,<br />
aggressives oder depressives Verhalten,<br />
Drogen- oder Alkoholmissbrauch.<br />
Ein Kind, das über Jahre<br />
kleingehalten wurde, kann kein<br />
gesundes Selbstbewusstsein entwickeln.<br />
Dies wiederum führt zu<br />
Beziehungsproblemen, sozialen Problemen.<br />
Oder die kognitive Entwicklung<br />
des Kindes wird beeinträchtigt,<br />
weil es den Kopf nicht frei hat für<br />
intellektuelle Leistungen. Es entwickelt<br />
massive Schulprobleme. Und<br />
klar ist, wenn man einem Kind Ge -<br />
walt antut, dann lernt es primär eins:<br />
Gewalt. Das Kind imitiert die Eltern.<br />
Es wird ein Lernprozess in Gang<br />
gesetzt.<br />
Wie machen es diese Kinder später<br />
mit ihren eigenen Kindern?<br />
Da gibt es diejenigen, die bewusst<br />
oder unbewusst auf die eigene Kindheit<br />
zurückblicken und das, was sie<br />
selbst erlebt haben, so weitergeben.<br />
Und es gibt die anderen, die aus<br />
Überzeugung genau das Gegenteil<br />
machen. Die sagen, ich werde meine<br />
Kinder niemals so erziehen, wie ich<br />
selbst erzogen wurde! Dazwischen<br />
gibt es viele Varianten.<br />
Ist jedes Kind, dem psychisches Leid<br />
angetan wird, gleichermassen stark<br />
betroffen?<br />
Die Verletzlichkeit ist von Kind zu<br />
Kind sehr unterschiedlich. Und<br />
damit auch die Eigenschaft der Resilienz,<br />
der psychischen und physischen<br />
Widerstandsfähigkeit, Dinge<br />
auszuhalten. Es gibt Kinder, die<br />
zehn, zwölf Jahre schlimmsten Psychoterrors<br />
ausgesetzt sind und die<br />
trotzdem eine unglaubliche Selbstbehauptung,<br />
ein Selbstbewusstsein<br />
entwickeln. Das sind Kinder, denen<br />
«Wenn man einem<br />
Kind Gewalt antut,<br />
lernt es primär<br />
eins: Gewalt.»<br />
kann man einen Felsbrocken in den<br />
Weg legen und sie kommen drum<br />
herum, anderen legt man einen Kieselstein<br />
in den Weg und sie stolpern<br />
darüber.<br />
Da sprechen Sie von Extremfällen.<br />
Trotzdem, das Leben mit Kindern kann<br />
sehr fordernd sein, einen manches<br />
Mal an seine Grenzen bringen. Da passiert<br />
es doch wahnsinnig schnell, dass<br />
«Klar ist:<br />
Psychische Gewalt<br />
ist die häufigste<br />
Form von Gewalt.»<br />
einem in einer Stresssituation eine<br />
unüberlegte Bemerkung herausrutscht.<br />
Absolut. Wie oft das passiert, wissen<br />
wir leider nicht. Es gibt keine aussagekräftigen<br />
Erhebungen beziehungsweise<br />
Untersuchungen. Es ist<br />
sehr schwer abzugrenzen, wo psychische<br />
Gewalt anfängt und wo sie<br />
endet. Klar ist aber: Psychische<br />
Gewalt ist die häufigste Form von<br />
Gewalt, da sie sowohl in physischer<br />
und sexueller Gewalt impliziert ist<br />
als auch alleine vorkommen kann.<br />
Sie beschäftigen sich beruflich schon<br />
über ein Vierteljahrhundert mit Kindern<br />
und Jugendlichen. Dabei sind<br />
Ihnen sicher einige Fälle von psychischer<br />
Gewalt begegnet.<br />
Ja, sehr viele und auch unterschiedliche.<br />
Doch häufig lässt sich ein solches<br />
elterliches Verhalten in Scheidungssituationen,<br />
besonders bei<br />
Kampfscheidungen, beobachten.<br />
Oder in Familien, in denen ein oder<br />
beide Elternteile psychisch erkrankt<br />
sind. In beiden Situationen sind die<br />
Eltern derart mit sich selbst beschäftigt,<br />
dass sie für die Anliegen und<br />
Bedürfnisse der Kinder nicht offen<br />
sind. Ihnen fehlt die Sensibilität<br />
gegenüber den Kindern oder sie instrumentalisieren<br />
die Kinder für ihre<br />
eigenen Anliegen. Kinder werden<br />
dann oft auch in eine Erwachsenenrolle<br />
gedrängt und müssen quasi für<br />
einen Elternteil sorgen – physisch<br />
und psychisch.<br />
Können Sie uns ein Beispiel nennen?<br />
Ein 12-jähriger Junge, integriert und<br />
aktiv, zieht sich plötzlich zurück,<br />
bleibt dem geliebten Training im<br />
Fussballklub fern, entwickelt körperliche<br />
Symptome wie Entzün- >>><br />
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