Monatsinterview «Eltern, holt euch Hilfe!» Drohen, Erpressen, Demütigen – im Familienalltag können nicht nur Ohrfeigen Kinder verletzen. Psychische Gewalt ist die häufigste Form von Gewalt gegen Minderjährige, sagt der Psychologe und Heilpädagoge Franz Ziegler. Der Kinderschutzexperte über ein Phänomen, das schwer einzugrenzen ist, aber quasi jede Familie betrifft. Interview: Evelin Hartmann Bilder: Ruben Wyttenbach / 13 Photo Der Weg zu Franz Ziegler führt vorbei am Kindergarten und der Dorfschule. Kindergeschrei, dann wieder Stille. Noch schnell die Dorfstrasse überqueren, und man steht vor einem schneeweissen Haus, dahinter grasen Kühe und Schafe. «Sie haben es aber schön hier!», sage ich, als die Tür aufgeht. Franz Ziegler lächelt: «Nicht wahr? In Zäziwil scheint seit Monaten die Sonne.» Herr Ziegler, eine Mutter, total gestresst, sagt im Zorn zu ihrer kleinen Tochter: «Manchmal würde ich dich am liebsten verkaufen!» Da hat die Mutter ihre Tochter ge schlagen, würde ich sagen. Geschlagen? Ja, mit Worten. Verbale Gewalt ist die typischste Form von psychischer Gewalt. Deshalb spricht man auch von Wortschlägen. Wie definiert man generell psychische oder seelische Gewalt an Kindern? Das ist ein sehr komplexes und weites Thema. Psychische Gewalt kann von einem einfachen Nebensatz wie «Kapierst du das eigentlich nie?» bis zum verbalen Treiben in den Selbstmord führen: «Ich wünschte, du wärst tot.» Das wichtigste Merkmal von psychischer Gewalt ist, dass Eltern ihrem Kind das Gefühl von Minderwertigkeit oder Wertlosigkeit vermitteln, sei es durch Drohen, Erpressen, Lächerlichmachen, Demütigen, Isolieren, Ignorieren oder auch permanente Schuldzuweisungen. «Mit dem Kind nicht mehr zu reden, ist eine Form der Erpressung.» Selbstvertrauens und das Vertrauen in andere zu untergraben anfange, reden wir von psychischer Gewalt. Mit dem Kind nicht mehr zu reden beziehungsweise ihm zu vermitteln, ich lieb dich nur, wenn dein Zimmer aufgeräumt ist, und trete auch erst dann wieder in sozialen Kontakt mit dir, ist eine Form von Erpressung. Und wenn sich die Mutter nur zurückzieht, um am Ende nicht die Fassung zu verlieren? Das ist eine andere Situation. Es ist ein Unterschied, ob sich eine Mutter ein Timeout von zehn Minuten nimmt, dieses auch als solches deklariert, um dann wieder ruhiger mit dem Kind sprechen zu können, oder ob sie beharrlich schweigt und jeden Versuch des Kindes, wieder mit ihr in Kontakt zu treten, boykottiert. Nehmen wir ein anderes Beispiel. Eine 13-Jährige kommt wiederholt mit schlechten Noten nach Hause, am Nachmittag möchte sie mit ihren Freundinnen reiten gehen. «Lern du erst einmal vernünftig rechnen, so blöd wie du kann man doch gar nicht sein», macht ihr Vater ihren Freizeit- Ein Fünfjähriger will sein Zimmer nicht aufräumen, die Mutter redet auf ihn ein, nichts passiert. Irgendwann sagt sie gar nichts mehr. Auch auf die verunsicherte Nachfrage des Kindes hin, «Mama, was ist denn?», schweigt sie beharrlich. Kann man in diesem Fall von seelischer Gewalt sprechen? Auf jeden Fall. In dem Moment, in plan zunichte. Was tut er mit diesem dem ich die Entwicklung seines Satz seiner Tochter an? >>> Franz Ziegler beschäftigt sich schon seit über 25 Jahren mit Kinderschutz. Er studierte Heilpädagogik und Psychologie. 32 März <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
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