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«Mit Teenagern ist es normal,<br />

dass es täglich kracht»<br />

Eltern haben die Pflicht, Konflikte mit ihren Kindern auszutragen, sagt die Psychotherapeutin<br />

Annette Cina vom Institut für Familienforschung der Universität Freiburg. Sie müssen aber<br />

nicht jedem Wunsch der Kinder entsprechen. Interview: Sandra Casalini<br />

Frau Cina, wie entsteht ein Konflikt?<br />

Wenn Menschen aufeinandertreffen,<br />

die andere Ansichten, Absichten,<br />

Vorstellungen und Ziele haben,<br />

entstehen Konflikte. Dabei spielen<br />

auch andere Einflüsse eine Rolle,<br />

zum Beispiel wie es einem grundsätzlich<br />

gerade geht, ob man ge ­<br />

stresst ist oder eher gelassen. Ein<br />

Konflikt geht meist mit dem Gefühl<br />

einher, überhört und übergangen zu<br />

werden. Dabei ist das eigentliche<br />

Thema der Diskussion oft gar nicht<br />

so relevant wie dieses Grundgefühl.<br />

Warum geraten wir gerade mit den<br />

Menschen, die wir lieben, am häufigsten<br />

in Konflikt?<br />

Familienmitglieder, mit denen wir<br />

zusammenleben, sind tagtäglich da,<br />

mit all ihren Launen, Erlebnissen,<br />

Emotionen, Wünschen und Ansprüchen.<br />

Innerhalb der Familie traut<br />

man sich eher, Konflikte anzusprechen,<br />

und meist hat man auch höhere<br />

Ansprüche als an andere.<br />

Sind Konflikte zwischen Eltern und<br />

Kindern besonders schwierig, gerade<br />

weil es ein gewisses Machtgefälle<br />

gibt?<br />

«Ich rate Eltern zu mehr Gelassenheit.<br />

Was kann schon passieren, wenn das<br />

Kind im Winter in Turnschuhen in die<br />

Schule geht? Es wird selber merken,<br />

dass es kalte Füsse kriegt.»<br />

Ja und nein. Im Gegensatz zu Konflikten<br />

unter Erwachsenen haben<br />

Eltern bei Streitereien mit ihren<br />

Kindern die Macht, sie zu beenden,<br />

indem sie einfach entscheiden. Sie<br />

haben aber auch die Pflicht, Konflikte<br />

mit ihren Kindern auszutragen,<br />

und dabei müssen sie nicht<br />

jedem Wunsch der Kinder entsprechen.<br />

Handfeste Streite mit Kritik,<br />

Abfuhren und harten Strafen müssen<br />

aber nicht sein.<br />

Geht denn Erziehung ohne Strafen<br />

und Belohnen?<br />

Nein. Kinder müssen gewisse Regeln<br />

der Gesellschaft lernen, Kompromisse<br />

schliessen, den Umgang mit<br />

Frust lernen. Gerade kleineren Kindern<br />

kann man nicht alles erklären.<br />

Sie lernen vieles durch die Erfahrung,<br />

wie auf ihr Verhalten reagiert<br />

wird. Es ist eine Illusion, zu denken,<br />

dass Kinder sich ausschliesslich aus<br />

sich selbst entwickeln. Sie brauchen<br />

und möchten ein Feedback. Ich bin<br />

ganz klar dafür, dass man einem<br />

Kind zeigt, wenn es etwas gut gemacht<br />

hat. Wie beispielsweise durch<br />

ein ehrlich gemeintes Lob. Umgekehrt<br />

soll Fehlverhalten Konsequenzen<br />

haben. Diese dürfen aber nicht<br />

so stark sein, dass das Kind nicht die<br />

Chance erhält, es nochmals zu versuchen<br />

und selbst lernen zu können.<br />

Können Sie ein Beispiel nennen?<br />

Wenn ein Kind sich weigert, den<br />

Computer auszuschalten, ist die<br />

logische Konsequenz, dass seine Zeit<br />

am Computer für eine Weile gestrichen<br />

wird. Danach soll das Kind<br />

aber wieder an das Gerät dürfen und<br />

die Gelegenheit erhalten, zu lernen,<br />

den Computer selbst abzustellen,<br />

wenn die ausgemachte Zeit abgelaufen<br />

ist.<br />

Worauf sollten Eltern im Streit mit<br />

ihren Kindern besonders achten?<br />

Beide Parteien müssen die Möglichkeit<br />

haben, ihre Empfindungen mitzuteilen.<br />

Es geht nämlich oft nicht<br />

um reine Tatsachen – ob man nun<br />

eine halbe Stunde mehr oder weniger<br />

am Handy spielt, ist irrelevant<br />

–, sondern um Ängste und Empfindungen.<br />

Da haben die Eltern auch<br />

die Pflicht, die Kinder miteinzubeziehen,<br />

nachzufragen, was ihre Beweggründe<br />

sind. Kinder haben ein<br />

sehr starkes Ungerechtigkeitsempfinden<br />

und fühlen sich oft unverstanden.<br />

Da muss man Kompromisse<br />

suchen.<br />

Führt das nicht zu stundenlangen<br />

Diskussionen?<br />

Grundsätzlich sollten Diskussionen<br />

nicht ewig dauern. Das frustriert<br />

und oft werden dieselben Argumente<br />

wieder und wieder ins Spiel ge ­<br />

30 März <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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