Bild: Anne Gabriel-Jürgens / 13 Photo Alleinerziehender Vater: Adrian Halter mit Tochter Jennifer, 16. 24 März <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Dossier «Um einen Lerneffekt zu erzielen, muss man sein Kind auch mal reinlaufen lassen» Adrian Halter wohnt mit seiner Tochter Jennifer, 16, in Brüttisellen ZH. Der alleinerziehende Vater hat noch einen Sohn aus einer anderen Beziehung. Jerôme, 14, lebt bei der Mutter und verbringt jedes zweite Wochenende und einen Teil der Ferien bei Vater und Schwester. Adrian: Ich gebe sehr selten nach. Mein Job als Vater ist es, Grenzen zu setzen. Wenn ich mit mir verhandeln lasse, diskutieren wir ewig ums Gleiche herum. Dinge wie Respekt und gutes Benehmen sind mir extrem wichtig. Aber klar gibts auch Sachen, die ich mal gerade sein lasse. Zum Beispiel beim Thema Handy. Ich habe versucht, das mehr einzugrenzen, aber ich denke, das ist heutzutage einfach nicht realistisch. Ganz streng bin ich beim Thema Ehrlichkeit. Jennifer: Wenn du merkst, dass ich gelogen habe, gibts Konsequenzen. Wenn ich zum Beispiel woanders war, als ich gesagt habe, darf ich nicht mehr raus. Adrian: Über Ausgang diskutieren wir sonst eigentlich nicht viel. Ich möchte wissen, wo du mit wem hingehst. Das gilt auch für den Umgang mit Jungs. Ich möchte informiert sein. Sonst passiert so was wie vor kurzem. Jennifer: Oh je … der war doch gar nicht mein Freund! Adrian: Der tauchte abends um halb zehn an unserer Tür auf und stellte sich mir als dein Freund vor. Ich war total enttäuscht, dass ich von nichts wusste. Jennifer: Das war echt schwierig, dir zu erklären, dass er nicht mein Freund ist. Adrian: Schau, ich möchte das Beste für dich. Wenns mir egal wäre, würde etwas nicht stimmen. Mir ist schon klar, dass du eigene Erfahrungen machen musst. Man muss das Kind auch mal reinlaufen lassen, um einen Lerneffekt zu erzielen. Aber bei matchentscheidenden Dingen, wie wenn es um eine Lehrstelle geht, ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Da benutze ich das Handy – beziehungsweise Handyverbot – oder das Ausgangsverbot schon mal als Druckmittel. Jennifer: Ausgehverbot war hart. Handyverbot war nicht so schlimm. Adrian: Es ist ein Machtkampf. Mit Jerôme ist das Konfliktpotenzial viel kleiner. Sicher gehe ich Konflikten auch bewusst aus dem Weg, um die wenige gemeinsame Zeit nicht mit Diskussionen zu belasten. Ich hatte zum Beispiel immer Mühe mit Jerômes Essensgewohnheiten. Er ist extrem heikel. Ich habe eine Zeitlang versucht, da streng zu sein, aber das war jedes Mal ein Riesendrama. Darauf hatte ich dann keine Lust mehr, zumal es bei allen negative Gefühle hinterliess, auch in den zwei Wochen, die wir uns dann nicht mehr gesehen haben. Jennifer: Du schaust trotzdem, dass du uns einigermassen gleich behandelst. Ich komme mir nur sehr, sehr selten benachteiligt vor, wenn mein Bruder hier ist. Adrian: Es liegt in der Natur der Sache, dass gewisse Dinge bei Jerôme weniger relevant sind. Sein Alltag geht halt mehr oder weniger an mir vorbei. Aber Jerôme weiss, dass meine Tür immer offen steht für ihn. Evelin Männel Fretz, Pro Juventute Elternberatung, über die Familie Halter: «Bei Familie Halter scheint es so, als hätte der Vater eine gute Mischung zwischen elterlicher Präsenz und Freiraumlassen gefunden. Dies ist gut erkennbar in der Diskussion bezüglich der Ehrlichkeit. Regeln, die dem Vater wichtig sind, bieten dem jungen Menschen Orientierung und damit Halt in einer turbulenten Zeit. Es ist in der Familie Halter offenbar sehr klar, in welchen Bereichen Jennifer Freiraum hat, zu entscheiden, und in welchen sie sich den elterlichen Regeln beugen muss. Schulische und berufliche Anforderungen fallen mit einer Entwicklungsphase zusammen, in der ein junger Mensch eh schon mit grossen Veränderungen zu kämpfen hat. Es zeigt sich aber immer wieder, dass auch ein heranwachsender Mensch erst einen Entwicklungsschritt tut, wenn er bereit dazu ist. Daher ist eine der wichtigsten Aufgaben von Eltern in der Teenagerphase das ‹Standhalten› bzw. ‹Aushalten› einer Situation.» >>> einer Situation geht, statt den anderen zu beschuldigen, komme dieser nicht automatisch in eine Verteidigungshaltung. Priska Wenk erzählt ein Beispiel aus ihrer eigenen Familie: Die sechsjährige Tochter erscheint in einem T-Shirt, das vor Dreck steht, am Frühstückstisch. «Wer hat nun hier das Problem?», fragt sich Wenk. «Sie nicht, sie würde noch wochenlang im dreckigen Shirt herumlaufen. Das Problem habe ich – und das muss ich auch so kommunizieren.» Priska Wenks Ansage an ihre Tochter: «Ich habe Angst, dass du ausgelacht wirst, wenn du in diesem T-Shirt in den Kindergarten gehst.» Eine Ich-Botschaft und das Aufzeigen der Konsequenz. Fünf Minuten später steht das Mädchen in einem sauberen T-Shirt da. «Hätte ich ihr einfach befohlen, etwas anderes anzuziehen, hätte es endlose Diskussionen gegeben», ist Priska Wenk überzeugt. Richtig zuhören Ein zweiter wichtiger Pfeiler im Gordon-Modell: Zuhören. «Es ist erstaunlich, was man herausholen kann, wenn man dem Kind einfach mal richtig zuhört», sagt Wenk. Einen geeigneten Rahmen dafür bildet die Familienkonferenz. Dort kommt jeder zu Wort, es werden Konsequenzen aufgezeigt und Vereinbarungen getroffen statt Befehle erteilt. «Das Ziel einer solchen Konferenz und auch das Ziel unserer Kurse ist nicht, weniger zu streiten, sondern Konflikte anders anzugehen. Und vor allem, sie nicht gären zu lassen, bis sie explodieren», erklärt Priska Wenk. Kinder brauchen Konflikte Mit den Worten von Konfliktforscher Glasl ausgedrückt, sollte man es nicht so weit kommen lassen, dass «der Konflikt mich hat, statt ich ihn». Dann können alle Parteien aus einer Auseinandersetzung lernen. «Im besten Fall fragen wir uns, wie >>> 25
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