03/2017
Fritz+Fränzi Fritz+Fränzi
Dossier man erst dann von einem Konflikt, wenn jemand diese Differenzen so erlebt, dass er sich im Verwirklichen dessen, was er denkt, fühlt oder will, von jemand anderem beeinträchtigt fühlt. Es wird also auch dann von einem Konflikt gesprochen, wenn dies nur die eine Partei so erlebt, während sich die andere noch in einer total «problemfreien Zone» wähnt. Ein Konflikt (lateinisch confligere, «zusammentreffen, kämpfen») ist eine «schwierige Situation infolge des Aufeinanderprallens unterschiedlicher Interessen, Forderungen und Meinungen.» So umschreibt der Duden das Wort «Konflikt». Fachleute stehen dieser Definition allerdings skeptisch gegenüber. «Verschiedene oder gegensätzliche Vorstellungen, Ideen, Gefühle, Werte oder Ziele sind an sich noch keine Konflikte», schreibt der österreichische Konfliktforscher Friedrich Glasl im Buch «Wie Familienmediation gelingen kann». «Es kommt darauf an, wie wir mit den Unterschieden umgehen, ob daraus ein sozialer Konflikt entsteht oder nicht.» In der Forschung spricht Palette an Gefühlen Wie aber entsteht aus einer alltäglichen Meinungsverschiedenheit ein Konflikt? «Indem man gewahr wird, dass die Bedürfnisse und Ziele einer anderen Person den eigenen Zielen oder Bedürfnissen im Weg steht», sagt Familienforscher Dominik Schöbi, Direktor des Institutes für Familienforschung und -beratung der Universität Freiburg. Sprich: Wenn die Mutter die Unordnung im Zimmer der Tochter als «Puff» empfindet, während sie sich dort vollkommen wohl fühlt, haben sie per definitionem noch keinen Konflikt. Dieser entsteht erst dann, wenn die Mutter der Tochter befiehlt, sofort aufzuräumen, sie aber weiter am Handy chatten möchte. Die Tochter wird also gewahr, dass das Bedürfnis ihrer Mutter nach sofortiger Ordnung ihrem eigenen Bedürfnis (Chatten) im Weg steht. Ist die Konfliktsituation erst einmal da, geht es meist nicht mehr nur um deren Auslöser – das «Puff» im Zimmer – sondern je länger, je mehr um eine ganze Palette an Gefühlen, von Unsicherheit über Ärger bis hin zu unkontrollierbarer Wut: «Unsere psychischen Fähigkeiten werden wesentlich eingeschränkt, wenn wir unter Druck, Spannung und Stress stehen, wie das bei einem Konflikt der Fall ist», sagt Friedrich Glasl. «Unsere Wahrnehmungs fähigkeit, unser Denkvermögen, unser Um gang mit Emotionen und auch das Bewusstsein für das, was uns treibt, werden einseitig. Das führt Ein Konflikt entsteht, wenn eine andere Person den eigenen Zielen und Bedürfnissen im Weg steht. >>> Streitregel Nummer 2: Nach einer Auszeit gehts meistens ruhiger weiter. 12
Bild: Ornella Cacace / 13 Photo Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi März 201713
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Dossier<br />
man erst dann von einem Konflikt,<br />
wenn jemand diese Differenzen so<br />
erlebt, dass er sich im Verwirklichen<br />
dessen, was er denkt, fühlt oder will,<br />
von jemand anderem beeinträchtigt<br />
fühlt. Es wird also auch dann von<br />
einem Konflikt gesprochen, wenn<br />
dies nur die eine Partei so erlebt,<br />
während sich die andere noch in<br />
einer total «problemfreien Zone»<br />
wähnt.<br />
Ein Konflikt (lateinisch<br />
confligere, «zusammentreffen,<br />
kämpfen») ist<br />
eine «schwierige Situation<br />
infolge des Aufeinanderprallens<br />
unterschiedlicher<br />
Interessen, Forderungen und Meinungen.»<br />
So umschreibt der Duden<br />
das Wort «Konflikt».<br />
Fachleute stehen dieser Definition<br />
allerdings skeptisch gegenüber.<br />
«Verschiedene oder gegensätzliche<br />
Vorstellungen, Ideen, Gefühle, Werte<br />
oder Ziele sind an sich noch keine<br />
Konflikte», schreibt der österreichische<br />
Konfliktforscher Friedrich<br />
Glasl im Buch «Wie Familienmediation<br />
gelingen kann». «Es kommt<br />
darauf an, wie wir mit den Unterschieden<br />
umgehen, ob daraus ein<br />
sozialer Konflikt entsteht oder<br />
nicht.» In der Forschung spricht<br />
Palette an Gefühlen<br />
Wie aber entsteht aus einer alltäglichen<br />
Meinungsverschiedenheit ein<br />
Konflikt? «Indem man gewahr wird,<br />
dass die Bedürfnisse und Ziele einer<br />
anderen Person den eigenen Zielen<br />
oder Bedürfnissen im Weg steht»,<br />
sagt Familienforscher Dominik<br />
Schöbi, Direktor des Institutes für<br />
Familienforschung und -beratung<br />
der Universität Freiburg.<br />
Sprich: Wenn die Mutter die<br />
Unordnung im Zimmer der Tochter<br />
als «Puff» empfindet, während sie<br />
sich dort vollkommen wohl fühlt,<br />
haben sie per definitionem noch keinen<br />
Konflikt. Dieser entsteht erst<br />
dann, wenn die Mutter der Tochter<br />
befiehlt, sofort aufzuräumen, sie<br />
aber weiter am Handy chatten<br />
möchte. Die Tochter wird also<br />
gewahr, dass das Bedürfnis ihrer<br />
Mutter nach sofortiger Ordnung<br />
ihrem eigenen Bedürfnis (Chatten)<br />
im Weg steht.<br />
Ist die Konfliktsituation erst einmal<br />
da, geht es meist nicht mehr nur<br />
um deren Auslöser – das «Puff» im<br />
Zimmer – sondern je länger, je mehr<br />
um eine ganze Palette an Gefühlen,<br />
von Unsicherheit über Ärger bis hin<br />
zu unkontrollierbarer Wut: «Unsere<br />
psychischen Fähigkeiten werden<br />
wesentlich eingeschränkt, wenn wir<br />
unter Druck, Spannung und Stress<br />
stehen, wie das bei einem Konflikt<br />
der Fall ist», sagt Friedrich Glasl.<br />
«Unsere Wahrnehmungs fähigkeit,<br />
unser Denkvermögen, unser Um <br />
gang mit Emotionen und auch das<br />
Bewusstsein für das, was uns treibt,<br />
werden einseitig. Das führt<br />
Ein Konflikt entsteht, wenn<br />
eine andere Person den<br />
eigenen Zielen und<br />
Bedürfnissen im Weg steht. >>><br />
Streitregel<br />
Nummer 2: Nach<br />
einer Auszeit<br />
gehts meistens<br />
ruhiger weiter.<br />
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