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Untersuchung zur Einbindung des Öffentlichen ...

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Zivilschutz-<br />

Forschung<br />

Schriftenreihe der Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

Herausgegben vom Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums <strong>des</strong> Innern<br />

Neue Folge Band 54<br />

Prof. Dr. med. E. Pfenninger<br />

Dr. med. S. Himmelseher<br />

Dr. med. S. König<br />

<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes<br />

in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung in der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

ISSN 0343-5164


ZIVILSCHUTZFORSCHUNG<br />

Neue Folge Band 54


Zivilschutz-<br />

Forschung<br />

Schriftenreihe der Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

Herausgegber Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums <strong>des</strong> Innern<br />

Neue Folge Band 54<br />

Prof. Dr. med. E. Pfenninger<br />

Dr. med. S. Himmelseher<br />

Dr. med. S. König<br />

<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes<br />

in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung in der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

ISSN 0343-5164


Herausgeber: Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

Deutschherrenstraße 93-95, 53177 Bonn<br />

Telefon: (01888) 550-0<br />

Telefax: (01888) 550-580<br />

Internet: www.bbk.bund.de<br />

Anmerkung:<br />

Dieser Bericht ist vom AN im Auftrag der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland im Rahmen<br />

<strong>des</strong> Vorhabens 1014/00/1/BZS-XA erstellt worden. Die Verantwortung für<br />

den Inhalt liegt allein bei den Autoren. Insbesondere gibt dieser Bericht die Meinung<br />

und Auffassung <strong>des</strong> Auftragnehmers wieder und muss nicht mit der Meinung<br />

<strong>des</strong> Auftraggebers übereinstimmen.<br />

Autoren:<br />

Prof. Dr. med Ernst Pfenninger<br />

Universitätsklinik für Anästhesiologie<br />

Universitätsklinikum Ulm<br />

Steinhövelstr. 9<br />

89075 Ulm<br />

Dr. med. Sabine Himmelseher<br />

Klinikum rechts der Isar<br />

Technische Universität München<br />

Ismaningerstr. 22<br />

81675 München<br />

Dr. med. Silke König<br />

Universitätsklinik für Anästhesiologie<br />

Universitätsklinikum Ulm<br />

Steinhövelstr. 9<br />

89075 Ulm<br />

© 2004 by Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn<br />

Satz und Druck: media consult, Bonn<br />

4


Inhaltsverzeichnis<br />

Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

2. Grundsätzliche Überlegungen und Definitionen . . . . . . . . . . . . 29<br />

2.1 Bedrohungspotenzial der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

2.2 Schadensszenarien unter Aspekten der medizinischen<br />

Versorgung der Bevölkerung und <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

2.3 Mögliche Anforderungen an den <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst im Katastrophenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

2.4 Aufgabenstellung und Bedeutung <strong>des</strong> Projektes <strong>zur</strong><br />

Verbesserung <strong>des</strong> Schutzes der Bevölkerung für einen<br />

Katastrophenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

3. Analyse und Kommentierung der Rechtsgrundlagen<br />

sowie synoptische Auflistung der einschlägigen Regelungsgegenstände<br />

und Fundstellen hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

3.1 Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

3.2 Analyse und Kommentierung der Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . 48<br />

3.3 Synoptische Auflistung der einschlägigen Regelungsgegenstände<br />

und ihrer Fundstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92<br />

3.4 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

4. Inhalte der Ausbildung <strong>des</strong> ärztlichen und nicht-ärztlichen<br />

Personals im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

4.1 Der Öffentliche Gesundheitsdienst im Katastrophenschutz . . . . . 97<br />

4.2 Ärztliches Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97<br />

4.3Nicht-ärztliches Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126<br />

4.4 Schlussbemerkungen zu den Lehr- und Lerninhalten in der<br />

Aus-, Weiter- und Fortbildung für das ärztliche und nichtärztliche<br />

Personal <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens . . . . . . . . 134<br />

5


5. Evaluation <strong>des</strong> ärztlichen Personals der unteren Gesundheitsbehörde<br />

bezüglich katastrophenmedizinischer<br />

Kenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

5.1 Material und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

5.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142<br />

5.3Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156<br />

6. Evaluation der unteren Katastrophenschutzbehörden <strong>zur</strong><br />

Integration der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes<br />

in die katastrophen-medizinische Versorgung . . . . . . . . . . . . . 166<br />

6.1 Material und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />

6.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167<br />

6.3Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181<br />

7. Evaluation der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes in allgemeine und spezielle Katastrophenschutzplanungen<br />

– Ein Vergleich vor und nach dem<br />

11. September 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190<br />

7.1 Material und Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190<br />

7.2 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192<br />

7.3Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

8. Die Funktion der im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

tätigen Ärzte bei Schadensereignissen nach (inter-)<br />

nationaler Vorstellung als Basis für ein neues Konzept<br />

zu ihrer besseren Integration in die Schadensabwehr . . . . . . . 202<br />

8.1 Allgemeine Aufgaben <strong>des</strong> ärztlichen Personals . . . . . . . . . . . . . . 202<br />

8.2 Die Beraterfunktion der Gesundheitsbehörden bei Auftreten<br />

einer Katastrophe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203<br />

8.3Die Aufgabenstellung und Funktion der Gesundheitsbehörden<br />

in der Vorbereitung, Bewältigung und Nachbereitung<br />

eines Großschadensereignisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204<br />

8.4 Die Funktion der Gesundheitsbehörden bei Auftreten einer<br />

hochkontagiösen Erkrankung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205<br />

8.5 Ausgangslage <strong>zur</strong> Entwicklung eines Konzeptes für die<br />

verbesserte Integration der Ärzte in die Schadensabwehr . . . . . . . 206<br />

8.6 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209<br />

9. Konzepte <strong>zur</strong> verbesserten katastrophenmedizinischen<br />

Aus- und Weiterbildung der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210<br />

9.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210<br />

9.2 Externe Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211<br />

6


9.3Verbesserung der katastrophenmedizinischen Ausbildung<br />

der Studenten im Rahmen <strong>des</strong> Studiums der Humanmedizin . . . . 213<br />

9.4 Verbesserung der katastrophenmedizinischen Berufsausbildung<br />

im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt für<br />

das Öffentliche Gesundheitswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218<br />

9.5 Erweiterte Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222<br />

10. Konzepte <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz der Ärzte<br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes <strong>zur</strong> Planung,<br />

Vorbereitung und Praxis der Katastrophenabwehr . . . . . . . . . 228<br />

10.1 Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228<br />

10.2 Modelle <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz der Ärzte im<br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdiensts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229<br />

10.3Wissens- und Kompetenzzentren in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 237<br />

10.4 Erfordernisse und Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259<br />

Anhang – Adressenliste Wissens- und Kompetenzzentren . . . . 264<br />

11. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270<br />

Anhang<br />

Textlaut der Fragebögen der Umfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273<br />

7


Zusammenfassung<br />

1. Einleitung<br />

Unter dem Blickwinkel <strong>des</strong> aktuellen Zeitgeschehens müssen bei globalisiert möglichem<br />

Terrorismus manche Gefahrenpotenziale, die fast schon als unbedenklich<br />

akzeptiert wurden, wieder als sehr bedrohlich eingestuft werden. Spätestens seit<br />

dem 11. September 2001 ist die Sorge vor Katastrophen allgegenwärtig.<br />

Die Abwendung von Gefahren und Schäden, die im Katastrophenfall drohen,<br />

obliegt in Friedenszeiten den Bun<strong>des</strong>ländern (Katastrophenschutzgesetze der Länder),<br />

während im Kriegsfall der Bund für den Zivilschutz (Zivilschutzgesetz)<br />

zuständig ist. „Katastrophenschutz (KatS)“ wird definiert als die Maßnahmen der<br />

Bun<strong>des</strong>länder <strong>zur</strong> Verhinderung, Abwehr und Beseitigung von Katastrophen oder<br />

ihren Folgen. Die Gesetzesnovelle <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes vom 25.<br />

März 1997 (geändert durch das Haushaltssanierungsgesetz vom 22. Dezember<br />

1999) regelt die Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes durch Behörden oder öffentliche und<br />

private Organisationen.<br />

Das Öffentliche Gesundheitswesen (ÖGW) soll <strong>zur</strong> Gesundheitssicherung der<br />

Bevölkerung durch Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Abwehr von<br />

Gesundheitsgefahren beitragen. Artikel 74 <strong>des</strong> Grundgesetzes verankert als wichtige<br />

Zuständigkeiten Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare<br />

Krankheiten bei Mensch und Tier, die öffentliche Fürsorge sowie den Schutz<br />

gegen Gefahren bei Freiwerden radioaktiver oder ionisierender Strahlung. Der<br />

Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist Teil <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens,<br />

die Aufgaben werden auf Lan<strong>des</strong>ebene von unterschiedlichen Ministerien<br />

durchgeführt, wobei der ÖGD auf drei Stufen arbeitet: den Gesundheitsabteilungen<br />

der Ministerien, den Medizinaldezernaten der Regierungsbezirke und den<br />

Gesundheitsämtern der Kreise und kreisfreien Städte.<br />

2. Aufgabenstellung <strong>des</strong> Forschungsvorhabens<br />

Aufgabenstellung <strong>des</strong> vorliegenden Forschungsvorhabens war es, die aktuelle <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die Zivil- und Katastrophenschutzplanung<br />

der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland festzustellen, die vorliegende<br />

Situation zu analysieren und potenziell Vorschläge zu einer Verbesserung der Integration<br />

aufzuzeigen. Angesichts eines Mangels an katastrophenmedizinischen<br />

Themen in den Curricula der Aus- und Fortbildungskataloge sowohl während <strong>des</strong><br />

Medizinstudiums als auch in der Facharztweiterbildung zum Arzt für Öffentliches<br />

Gesundheitswesen, bewertete schon 1999 eine Arbeitsgruppe der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern in ihrem „Bericht über die gesetzlichen<br />

Regelungen zum Schutz und <strong>zur</strong> Rettung von Menschenleben sowie <strong>zur</strong> Wahrung<br />

und Wiederherstellung der Gesundheit bei Großschadensereignissen“ die Situation<br />

<strong>zur</strong> Integration der Gesundheitsämter in den Katastrophenschutz wie folgt: „Die<br />

9


<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes bei der Bewältigung von Katastrophen<br />

und Großschadensereignissen ist ungenügend gelöst.“<br />

Im Einzelnen sollten im vorliegenden Forschungsprojekt folgende Punkte untersucht<br />

werden:<br />

• Gesetzesgrundlagen <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in<br />

die katastrophenmedizinische Versorgung der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland und deren Umsetzung.<br />

• Richtlinien und Erlasse auf Länder- und Kreisebenen, die Bezug <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die Bewältigung von Katastrophensituationen<br />

aufweisen<br />

• Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten <strong>des</strong> ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst bezüglich katastrophenmedizinischer<br />

Versorgung der Bevölkerung<br />

• Ausbildungsstand <strong>des</strong> Personals im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst <strong>zur</strong> notfall-<br />

/katastrophenmedizinischen Versorgung<br />

• Evaluierung der Katastrophenschutzbehörden bezüglich der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die Bewältigung von Katastrophensituationen<br />

• Erstellung eines Konzeptes <strong>zur</strong> Behebung der festgestellten Defizite <strong>des</strong> ärztlichen<br />

Personals und der Fachberufe im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst <strong>zur</strong><br />

besseren <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die notfall-/katastrophenmedizinische<br />

Versorgung.<br />

3. Methodik und Ergebnisse<br />

3.1 Rechtsgrundlagen<br />

Es wurde eine ausführliche Analyse und Kommentierung der Gesetzeslage im<br />

Bund sowie in den Bun<strong>des</strong>ländern erarbeitet. Daran anschließend erfolgte eine<br />

synoptische Auflistung der einschlägigen Regelungsgegenstände und ihrer Fundstellen.<br />

In einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung wurde versucht, ein länderübergreifen<strong>des</strong><br />

Gesamtfazit zu ziehen, verbunden mit einem vorsichtigen Ausblick<br />

auf etwaige Konsequenzen für den Gesetzgeber und die gesetzanwendende<br />

Verwaltung.<br />

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass auf der Grundlage der geltenden Katastrophenschutz-<br />

und Gesundheitsdienstgesetze deren erkennbarer Normzweck erfüllt werden<br />

kann. Wo es dem Gesetzeswortlaut an Explizität mangelt – dies ist der Regelfall<br />

–, sollte nicht mit dem Verlangen nach Klartext i. S. von Buchstäblichkeit rea-<br />

10


giert werden. Dies würde zu einer unnötigen Aufblähung der Gesetze durch Überregulierung<br />

führen, die den rechtspolitisch immer wieder geltend gemachten<br />

Bestrebungen nach Deregulierung zuwiderliefe. Dafür, dass die hier zu würdigende<br />

Gesetzeslage keineswegs defizitär ist, spricht auch der Umstand: In den Katastrophenschutzgesetzen<br />

der Länder sind Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen<br />

nur sporadisch erfolgt und, wo dies der Fall ist, thematisch nicht einschlägig<br />

(s. hierzu etwa die Ausführungen zu § 43 Abs. 1 Nr. 1 LBKG Rh.-Pf.).<br />

Dies wiederum kann als Indiz dafür gewertet werden, dass es aus der Sicht <strong>des</strong><br />

Gesetzgebers einer weiteren Durchnormierung – und sei es durch die Exekutive –<br />

nicht bedarf, die formelle Gesetzeslage vielmehr ausreicht und alles Weitere auf<br />

Verwaltungsebene, also durch administrative und organisatorische Maßnahmen<br />

im Wege <strong>des</strong> Gesetzesvollzugs und damit durch Ausfüllung und Ausführung<br />

der Gesetze i. S. <strong>des</strong> Normzwecks zu erfolgen hat und – von der Gesetzeslage<br />

gedeckt – auch erfolgen kann. Somit ergibt sich – thesenförmig verkürzt – die folgende<br />

richtungweisende Handlungsempfehlung: Das Ausschöpfen der Möglichkeiten<br />

vorhandener Gesetze geht vor Schaffung weiterer neuer oder Änderung<br />

bestehender Gesetze.<br />

3.2 Inhalte der Ausbildung <strong>des</strong> ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Es wurden die aktuellen Curricula der obligatorischen Ausbildung für ärztliches<br />

Personal innerhalb <strong>des</strong> Studiums der Humanmedizin und im Rahmen der Weiterbildung<br />

zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen systematisch nach<br />

Bezügen <strong>zur</strong> Beherrschung von Katastrophen durchforscht. Hierfür wurde im studentischen<br />

Bereich der Gegenstandskatalog <strong>des</strong> Instituts für medizinische und<br />

pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) zugrunde gelegt. Im Bereich der fachärztlichen<br />

Weiterbildung wurden die vom Bun<strong>des</strong>verband der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes e.V. herausgegebenen (Muster-)Richtlinien <strong>zur</strong> Weiterbildung<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen als Basis verwendet. Außerdem wurde<br />

der 6-monatige Kurs in der Facharztweiterbildung für das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

bezüglich katastrophenmedizinischer Weiterbildungsaspekte analysiert.<br />

Im Hinblick auf fakultative Fortbildungsmöglichkeiten wurden die Programme<br />

der in Deutschland bestehenden Lehr- und Forschungsakademien für das<br />

Öffentliche Gesundheitswesen in Berlin, Düsseldorf, München und Schwerin<br />

sowie der Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler erkundet.<br />

Ärztliches Personal<br />

In allen Abschnitten von Studium und Facharztweiterbildung finden sich vereinzelt<br />

Punkte, die zwar Bezug zu einer Katastrophe haben, aber es ist kein durchgehen<strong>des</strong><br />

Gesamtkonzept erkenntlich. Zwei- bis dreistündige Referate zu Katastrophensituationen<br />

stellen einen Bruchteil der Ausbildung; viele dringend für einen<br />

Katastrophenfall zu unterrichtenden Themen werden nicht einmal erwähnt. Praktische<br />

Anwendungen und Übungen für den Ernstfall sind im Curriculum nicht enthalten.<br />

11


Das Wissen, das für ein erfolgreiches Management einer Katastrophe im<br />

Zusammenwirken mit anderen Institutionen, Behörden, etc. notwendigerweise<br />

vorhanden sein muss, wird – wenn überhaupt – nur als fakultative, freiwillige Fortbildungsmöglichkeit<br />

angeführt. Zuständigkeitsgrenzen und Schnittstellen zu anderen<br />

medizinischen Diensten sind in der Aus- und Weiterbildung nicht transparent;<br />

eine Schulung für Prioritäten oder Gewichtsverteilungen im ÖGD für den Katastrophenfall<br />

ist nicht erkenntlich. Logistische Abläufe, strategisches Vorgehen,<br />

koordiniertes Handeln und kommunikative Eigenschaften werden nicht vermittelt.<br />

Ob sich der neu entwickelte Studiengang Rescue Engineering etablieren und ob<br />

katastrophenmedizinische Fachkompetenz generiert wird, kann noch nicht beurteilt<br />

werden.<br />

Nicht-ärztliches Personal<br />

Als Ausgangslage zeigt sich eine inhomogene Mischung verschiedenster Berufsgruppen<br />

innerhalb <strong>des</strong> nicht-ärztlichen Personals der Gesundheitsämter, die verschiedenste<br />

Ausbildungsgrundlagen und- schwerpunkte aufweisen. Je nach Ausbildungsstätte<br />

und der beruflichen Aus- und Fortbildung und Spezialisierung im<br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen nimmt die Vermittlung katastrophenmedizinisch<br />

relevanter Lehr- und Lerninhalte einen sehr unterschiedlichen Umfang und Stellenwert<br />

ein. Eine katastrophenmedizinische Ausbildung im Sinne eines Gesamtkonzeptes<br />

für eine Berufsgruppe oder alle beteiligten Gruppen ist nicht erkenntlich.<br />

3.3 Evaluierung <strong>des</strong> ärztlichen Personals der unteren Gesundheitsbehörde<br />

bezüglich katastrophenmedizinischer Kenntnisse<br />

Zur Erhebung der Kenntnisse und Vorstellungen der Ärzte, die im ÖGD für die<br />

katastrophenmedizinische Belange zuständig sind oder es sein sollten, wurde ein<br />

Fragebogen an der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Universität Ulm, entwickelt.<br />

Der Fragebogen umfasste drei katastrophenmedizinisch relevante Hauptthemenkomplexe,<br />

die evaluiert werden sollten:<br />

1. Berufsausbildung der im ÖGD tätigen Ärzte (Studium, Facharztweiterbildung)<br />

2. Katastrophenmedizinische Kenntnisse und deren Herkunft<br />

3. Intentionen und Perspektiven<br />

Der Fragenkatalog wurde anhand von in der Literatur vorgegebenen Anforderungsprofilen<br />

an die Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall erstellt. Nach Abstimmung<br />

mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag wurde er<br />

Anfang Mai 2001 an alle unteren Gesundheitsbehörden der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland (Anzahl n = 429) verschickt. Die Auswertung der <strong>zur</strong>ückgesandten<br />

Fragebögen erfolgte anonym.<br />

Von n = 429 angeschriebenen Gesundheitsämtern antworteten insgesamt bun<strong>des</strong>weit<br />

n = 339 (79 %). Das ärztliche Personal im ÖGD, das für die Katastrophenbewältigung<br />

zuständig ist, besteht zu 91 % aus Fachärzten für Öffentliches Gesund-<br />

12


heitswesen, 22 % besitzen den Fachkundenachweis Rettungsdienst, 4% haben den<br />

Kurs Leitender Notarzt absolviert. Fast zwei Drittel der Ärzte im ÖGD sind eigenen<br />

Angaben zufolge bereits in Katastrophenplanungen involviert. Kenntnisse zu<br />

einzelnen medizinischen Teilbereichen werden im Rahmen <strong>des</strong> Studiums erworben.<br />

Hier muss jedoch ausdrücklich betont werden, dass dies keine spezifisch katastrophenmedizinischen<br />

Kenntnisse sind, sondern nur Wissen <strong>zur</strong> Behandlung von<br />

Einzelfällen darstellt. Auch während der Facharztweiterbildung zum Facharzt für<br />

Öffentliches Gesundheitswesen wird nur zu einem geringen Anteil katastrophenmedizinisches<br />

Wissen (Seuchenbekämpfung) vermittelt. Es werden jedoch immer<br />

nur punktuell Inhalte mit Bezug <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin unterrichtet. Es besteht<br />

ein ausgeprägtes Problembewusstsein bei den Ärzten im ÖGD hinsichtlich ihrer<br />

Integration in den Katastrophenschutz. Der Bedarf nach speziellen Fortbildungen<br />

ist erkannt, die Wünsche nach speziellen Fortbildungsinhalten (hauptsächlich Einsatztaktik,<br />

Seuchenbekämpfung und Planung zum Management von Gefahrgutunfällen)<br />

werden klar geäußert.<br />

3.4 Evaluation der unteren Katastrophenschutzbehörden <strong>zur</strong> Integration<br />

der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung<br />

Zur Evaluation der für die Katastrophenbewältigung zuständigen Behörden und<br />

Personen (Katastrophenschutzbeauftragte) wurde wiederum ein Fragebogen [in<br />

Zusammenarbeit mit Katastrophenschutzbeauftragten und dem Deutschen Städteund<br />

Landkreistag] entwickelt, mit welchem drei Hauptthemenkomplexe eruiert<br />

werden sollten:<br />

1. Aktueller Stand der Integration der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz<br />

2. Erwartungen der Katastrophenschutzbeauftragten an die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD<br />

3. Identifikation von Problemen und Vorschlägen zu deren Lösung für die<br />

Zukunft<br />

Der Fragebogen wurde Ende August 2001 an n = 438 Katastrophenschutzbeauftragte<br />

in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland verschickt. Die Auswertung der Fragebögen<br />

erfolgte anonym.<br />

Insgesamt wurden 338 Bögen von den angeschriebenen Katastrophenschutzbehörden<br />

<strong>zur</strong>ückgeschickt. Bezüglich der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in ihre Katastrophenplanungen<br />

geben 12 (3,5 %) Landkreise oder Städte an, dass keine <strong>Einbindung</strong><br />

besteht. Die häufigste Art der <strong>Einbindung</strong> stellt die <strong>Einbindung</strong> in Einzelfällen<br />

mit 50,6 % der Antworten dar. Eine feste <strong>Einbindung</strong> in die Katastrophenoder<br />

Alarmpläne oder die Existenz einer festen Rufbereitschaft eines Arztes <strong>des</strong><br />

Gesundheitsamtes geben nur 19,6 % beziehungsweise 12,8 % der Befragten an.<br />

Die aktuelle <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in Katastrophenpläne ist vor allem<br />

für die Situationen Seuchenfall, besondere Erkrankungen von Einzelpersonen und<br />

amtlich festgestellte Katastrophen vorgesehen. Fast 60 % der Befragten haben<br />

Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Ärzten <strong>des</strong> ÖGD aus Übungen und/oder<br />

Realeinsätzen. Diese Zusammenarbeit wird in 44–56 % der Fälle als sehr gut beurteilt.<br />

Die Katastrophenschutzbeauftragten erwarten von der Integration der Ärzte<br />

13


<strong>des</strong> ÖGD in die Katastrophenmedizinische Versorgung vor allem Informationen<br />

zu Symptomen, therapeutischen Maßnahmen und organisatorischer Bewältigung<br />

im A-, B-, C- und Seuchenfall. Des Weiteren werden allgemeine medizinische<br />

Informationen und die Planung der Einsatzabläufe innerhalb der unteren Gesundheitsbehörden<br />

von den Amtsärzten gewünscht. Nach Meinung der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

der Landkreise und kreisfreien Städte sollte die katastrophenmedizinische<br />

Ausbildung der Ärzte für Öffentliches Gesundheitswesen im Rahmen<br />

der Facharztweiterbildung deutlich verstärkt werden.<br />

3.5 Konzepte <strong>zur</strong> verbesserten katastrophenmedizinischen Aus- und<br />

Weiterbildung der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Zur Verbesserung <strong>des</strong> katastrophenmedizinischen Wissens im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst wird ein modulares Ausbildungskonzept mit katastrophenmedizinischen<br />

Lehrinhalten vorgeschlagen, das in die Weiterbildung zum Facharzt für<br />

Öffentliches Gesundheitswesen zu integrieren ist. Es beinhaltet die Module:<br />

– Studium der Humanmedizin<br />

– Weiterbildung zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen<br />

– Fakultative Fortbildung<br />

– Eigenständiger Informationsgewinn<br />

Als langfristige und effektive Lösung ist die Schaffung einer eigenständigen Vorlesung<br />

„Katastrophenmedizin“ vorzusehen in der die Grundlagen rechtlicher,<br />

medizinischer und organisatorischer Belange, die bei der Katastrophenbewältigung<br />

essenziell sind, zu vermitteln sind.<br />

Die wesentlichen Inhalte zum Erwerb katastrophenmedizinischer Kenntnisse sind<br />

in die Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen zu integrieren<br />

Es wird ein 120-stündiges Curriculum vorgeschlagen, das im Rahmen<br />

einer dreiwöchigen intensiven katastrophenmedizinischen Basisausbildung zum<br />

einen die Anforderungen aus der Literatur an die Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall<br />

abdeckt, zum anderen werden aber auch die schwerpunktmäßig von den Ärzten<br />

im ÖGD geforderten Weiterbildungsinhalte berücksichtigt.<br />

Nach unseren <strong>Untersuchung</strong>en sind die Ärzte im ÖGD an eine umfassendere<br />

berufliche Ausbildung für den Katastrophenfall interessiert und auch bereit, eine<br />

solche zu absolvieren. Nationale und wünschenswert auch internationale Akademien<br />

müssen Wissen <strong>zur</strong> medizinisch-organisatorischen Katastrophenbewältigung,<br />

das auf das Aufgabenprofil der Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall zugeschnitten<br />

ist, vermitteln.<br />

3.6 Konzepte <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst <strong>zur</strong> Planung, Vorbereitung und Praxis der<br />

Katastrophenabwehr<br />

Jeder Arzt im ÖGD besitzt ein allgemeines katastrophenmedizinisches Basiswissen,<br />

das im Studium, während der Facharztweiterbildung sowie in entsprechenden<br />

14


katastrophenmedizinischen Fortbildungsmöglichkeiten erworben worden ist. Für<br />

die Bewältigung von Katastrophen, Großschadensereignissen und speziellen Situationen<br />

sind weiterführende Informationen abrufbar. Der Arzt im ÖGD weiß um<br />

diese Möglichkeiten <strong>zur</strong> Informationsgewinnung und kann diese nutzen. Als Informationsquellen<br />

werden zum einen lokal im Gesundheitsamt eine jederzeit verfügbare<br />

Wissensdatenbank bereitgestellt und zum anderen werden Anlaufstellen für<br />

den Arzt im ÖGD in vorhandenen und zu etablierenden Wissenszentren mit besonderen<br />

Kompetenzen als Ansprechpartner für weiterführen<strong>des</strong> professionelles Spezialwissen<br />

eingerichtet. Durch den Erwerb katastrophenmedizinischer Basisqualifikation<br />

von allen Ärzten im ÖGD wird erzielt, dass grundsätzlich jeder Arzt im<br />

ÖGD im Bedarfsfall innerhalb eines festen Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienstes<br />

gewisse, bei einer Katastrophe erforderliche Basisaufgaben, in ihren<br />

Grundzügen übernehmen kann. Art und der Umfang eines solchen Trainings sollten<br />

vom Aufwand <strong>des</strong> zu vermittelnden Wissens und von den Anstrengungen, die<br />

der Arzt für diese Ausbildung investieren müsste, in der Wirklichkeit als Rahmenmodell<br />

implementierbar sein. Die Quellen, die <strong>zur</strong> Informationsschöpfung für den<br />

Arzt im ÖGD geschaffen werden müssen, sollten als weiterführende Auskunftsmöglichkeiten<br />

dienen und ein aktualisiertes Basiswissen, Hintergrundwissen und<br />

bei speziellen Fragestellungen spezifische Erkenntnisse <strong>zur</strong> Findung von Problemlösungen<br />

anbieten. Hierdurch sollte jeder Arzt im ÖGD der Situation angemessen<br />

im jeweiligen Fall reagieren können.<br />

Als organisatorische Struktureinheit dieser spezifischen Katastrophenabwehr wird<br />

für die Bereiche Freisetzung radioaktiver Substanzen, Freisetzung biologischer<br />

(Kampf-)Stoffe, Freisetzung chemischer Schad-/Kampfstoffe sowie Management<br />

von hochkontagiösen Erkrankungen jeweils die bun<strong>des</strong>weite Schaffung von<br />

„Kompetenzzentren“ empfohlen, die durch ein übergeordnetes Netzwerk koordiniert<br />

werden.<br />

4. Schlussfolgerungen und Empfehlungen<br />

Als Ergebnisse der sehr ausführlichen <strong>Untersuchung</strong>en können folgende Schlussfolgerungen<br />

bzw. Empfehlungen ausgesprochen werden:<br />

• Nach Analysen der Gesetzeslage besteht keine Notwendigkeit <strong>zur</strong> Änderung<br />

der Katastrophenschutzgesetze hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes. Sowohl eine implizite <strong>Einbindung</strong> in den meisten<br />

Bun<strong>des</strong>ländern als auch die explizite <strong>Einbindung</strong> in einigen wenigen Bun<strong>des</strong>ländern<br />

kann für die Lösung der anstehenden verbesserten <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD als ausreichend bewertet werden. Als Empfehlung kann vorgegeben werden,<br />

bei einer anstehenden Neufassung der Katastrophenschutzgesetze eine<br />

explizite <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD analog zum Gesetz über den <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst in Sachsen-Anhalt vorzunehmen.<br />

• De facto ist die Einbeziehung der Ärzte im ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland z.Z. nur<br />

situationsadaptiert und bedarfsorientiert. Eine feste <strong>Einbindung</strong> besteht in<br />

15


geringem Umfang. Die Integration <strong>des</strong> ÖGD in Katastrophenpläne ist für<br />

spezifische Situationen, wie Auftreten einer Seuche, hochkontagiöse Infektionen<br />

von Einzelpersonen und amtlich festgestellte Katastrophen, meistens zwar<br />

etabliert, eine explizite Implementierung ist jedoch zu fordern.<br />

• Eingehende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD nach<br />

unseren <strong>Untersuchung</strong>en nur für Seuchenfälle. Die unmittelbare <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD bei spezifischen Situationen, wie zum Beispiel dem Ausbruch von<br />

Seuchen oder bei Bioterrorismus, ist jedoch unabdingbar. Die Kenntnisse <strong>des</strong><br />

ärztlichen Personals im ÖGD in den Bereichen Unfälle mit chemischen und<br />

radioaktiven Stoffen müssen deutlich erweitert werden. Eine große Diskrepanz<br />

besteht zwischen dem tatsächlich vorhandenen Wissen und dem Wunsch nach<br />

tiefergehenden Kenntnissen. Das ärztliche Personal im ÖGD erkennt den<br />

bestehenden Fortbildungsbedarf sehr wohl und signalisiert Bereitschaft,<br />

zusätzliche Fortbildungen zu absolvieren.<br />

• Die Katastrophenschutzbeauftragten erwarten durch die Integration der Ärzte<br />

im ÖGD vor allem Informationen zu Symptomen, therapeutischen Maßnahmen<br />

und organisatorischer Bewältigung von A-, B-, C- und Seuchenfällen,<br />

diese Erwartungen können die meisten Ärzte im ÖGD bedingt durch den derzeitigen<br />

Wissensstand jedoch nicht bieten.<br />

• Die Katastrophenschutzbehörden müssen in ihre Katastrophenpläne und vorbereitenden<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr die Gesundheitsämter verbindlich<br />

unter definierten Kriterien integrieren (z.B. Rufbereitschaftspläne,<br />

Festlegung von konkreten Alarmierungsplänen). Alarmierungspläne sollten das<br />

real existierende Gefahrenpotenzial in den jeweiligen Stadt- und Landkreisen<br />

besonders berücksichtigen. Anhand der Einsatzpläne muss die genaue vertikale<br />

und horizontale <strong>Einbindung</strong>sstruktur sowie Weisungskompetenz geregelt<br />

werden.<br />

• Es gilt in entscheidendem Umfang, die tatsächlichen katastrophenmedizinischen<br />

Kenntnisse der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst zu steigern.<br />

Hierfür müssen Konzepte und Modellstrukturen <strong>zur</strong> Verbesserung der studentischen<br />

Ausbildung und der Weiterbildung für den Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen sowie <strong>zur</strong> Verbesserung der Sachkompetenz der<br />

momentan im ÖGD tätigen Ärzte entwickelt werden.<br />

• Ein wissensbasiertes Management innerhalb der unteren Gesundheitsbehörden<br />

ist unabdingbar. Es beinhaltet die Einrichtung nationaler Wissenszentren mit<br />

spezifischen Aufgaben (A-, B-, C- und Infektabwehr) mit ständiger Erreichbarkeit,<br />

sowie die Schaffung „vor Ort“ anwendbarer Wissensdatenbanken und<br />

Expertensysteme mit ÖGD-spezifischen Gefahrenabwehr-Modulen.<br />

• Als längerfristige Lösung und damit in die Zukunft weisend, erscheint uns<br />

zudem die Einrichtung eines nationalen Netzwerks <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

mit direkter <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD <strong>zur</strong> Vorsorge und zum Schutz der<br />

Bevölkerung bei Katastrophen empfehlenswert.<br />

16


Summary<br />

Title<br />

Investigation of the Integration of the German Public Health Service into the<br />

Medical Care for Catastrophe Preparedness and Response in the Federal<br />

Republic of Germany<br />

Authors<br />

Prof. Dr. med. E. Pfenninger, MD PhD; Dr. med. S. Himmelseher, MD<br />

1. Introduction<br />

Recent aspects of the contemporary worldwide scenario with the possibility of<br />

global terrorist attacks demand that some risks with hazardous potential which had<br />

almost been considered as acceptable must be reevaluated as very threatening<br />

again. Since September, the 11 th , 2001, at the latest, concerns surrounding catastrophes<br />

are permanent.<br />

In times of peace, it is the task of the individual German State (Deutsches<br />

Bun<strong>des</strong>land) to prepare for, detect and prevent dangerous incidents and injuries<br />

that could cause disaster, disease and deaths in sufficient numbers to gravely<br />

impact the civilian population or a region, such as in a catastrophe (individually<br />

regulated by catastrophe prevention legislation of each German State). In times of<br />

war, the task of Civil Defense and Civil Protection is performed nationwide by the<br />

Federal Republic of Germany as a union (regulated by Federal Civil Defence<br />

legislation). “Catastrophe Prevention” inclu<strong>des</strong> all efforts of the German States to<br />

prevent, respond, manage, contain and overcome catastrophes and their consequences.<br />

The new federal act “Re-Regulation of the German Civil Defence Act“<br />

of March, 25 th , 1997 (updated by the budget containment act of December, 22 nd ,<br />

1999) reformed the tasks of civil defence and civil protection for administrative<br />

institutions and public and private relief agencies.<br />

The German Public Health System (Deutsches Oeffentliches Gesundheitswesen)<br />

aims at maintaining the health of the German population by means of health<br />

protection, disease control, and containment of health threats. Article 74 of the<br />

German Constitution (Deutsches Grundgesetz) <strong>des</strong>cribes as important areas of<br />

public health service’s responsibility all precautions and measures against publicly<br />

dangerous and infectious diseases for human beings and animals, Public Health<br />

Care, and protection as well as defence against dangers of radioactive and ionizing<br />

incidents. The German Public Health Service (GPHS, Deutscher Oeffentlicher<br />

Gesundheitsdienst) is part of the German Public Health System and performs its<br />

tasks in various state departments. The GPHS is located in state health authorities,<br />

17


in local district authorities, and in regional health authorities and district-free city<br />

health authorities.<br />

2. Objective of Research Project<br />

This research project aimed at investigating the integration of the GPHS into the<br />

plans for civil defence and protection as well as catastrophe prevention of the<br />

Federal Republic of Germany. Following a comprehensive analysis of the current<br />

situation, potential proposals for an improved integrative approach will be presented.<br />

In view of the lack of topics relevant for medical care in disaster medicine<br />

in educational curricula and training programs for medical students and<br />

postgraduate board programs for public health physicians, a working group of the<br />

Civil Protection Board of the German Federal Ministry of the Interior already<br />

complained in their “Report on execution of legal rules for protection and rescue<br />

of human life as well as restitution of public health after disaster” in 1999, that the<br />

integration of the GPHS into catastrophe and disaster prevention programs has<br />

insufficiently been solved.<br />

On a point-by-point approach, our project analysed the following issues:<br />

• Legislative acts for integration of the German Public Health Service into<br />

medical care in catastrophes and disasters to protect the civilian population of<br />

Germany and their implementation and execution<br />

• Administrative rules and directives on state and district levels that show<br />

relationship to integration of the German Public Health Service into<br />

preparedness programs for catastrophe prevention and management and their<br />

implementation and execution<br />

• Education and postgraduate training options for physicians and non-physician<br />

employees of the German Public Health Service to prepare for medical care in<br />

catastrophes and disasters<br />

• State of knowledge and experience of the German Public Health Service<br />

personnel in emergency and disaster medicine<br />

• Evaluation of the German administrative catastrophe prevention authorities<br />

with regard to their integration of the German Public Health Service into<br />

preparedness programs for catastrophe prevention and management<br />

• Development of a concept to remedy the identified deficiencies in catastrophe<br />

and emergency physician training and in the educational programs for<br />

professional employees in the German Public Health Service to allow for a<br />

better integration of both groups into emergency and disaster medical care<br />

18


3. Methods and Results<br />

3.1 Law<br />

A comprehensive analysis and profound commentary on Germany’s Federal acts<br />

and the acts of each German State has been worked out. The information obtained<br />

was synthesized in a synoptic listing of all relevant acts, administrative rules, and<br />

directives identified with their sources indicated. In a closing summary,<br />

considerations for drafts for conclusions valid for all German states were made and<br />

were connected with cautious perspectives for potential consequences for the<br />

German legislation and the executing administration.<br />

The results of our analysis indicate that based on the currently valid catastrophe<br />

prevention and health service acts the tasks of catastrophe prevention can be<br />

completely fulfilled. Where there is lack of explicit wording in the acts – and this<br />

is the regular case – reactions in the sense of clear wording to the letter should not<br />

be demanded. This would only lead to an unnecessary legislative over-expansion<br />

through over-regulation; such a development, however, would be contrarily to all<br />

repeated efforts of de-regulation. In favour for the fact that the existing acts do not<br />

have deficits, the following must be taken into consideration: in the catastrophe<br />

prevention acts of the German States, authorizations to enact administrative rules<br />

and directives can only be found sporadically, and where it is the case, they are not<br />

specifically related to a topic (e.g., see § 43, part 1, No. 1, LBKG (catastrophe<br />

prevention act of the State Rheinland-Pfalz). From the legislative body’s viewpoint,<br />

this indicates also that there is no need for a more intensive regulation, even with<br />

regard to the executive. The formal acts are regarded to be dedicated and sufficient;<br />

everything else can be regulated on an operational level, i.e. by means of<br />

administrative and organisational measures through executive ways. Thus, all goals<br />

must be achieved through fulfilment and execution of the existing acts in the sense<br />

of their true meaning, and – protected by law – can be accomplished. As a<br />

conclusion – shortened as a thesis – the following recommendation for future<br />

direction is made: Comprehensive use of all options of the existing acts prece<strong>des</strong><br />

the creation of further new acts or a change of existing acts.<br />

3.2 Matters of Education and Training of Physicians and Non-Physician<br />

Professionals in the German Public Health Service<br />

All current curricula from the obligatory educational study programs for<br />

physicians in medical schools and postgraduate training programs for the boards<br />

of public health physicians were systematically evaluated for items related to<br />

preparedness, response, and containment of catastrophes and disasters. The<br />

evaluations were based on the official German “Item Catalogue of the Institute for<br />

Medical and Pharmaceutical Questions for Examinations” for medical students<br />

and on the official educational Guidelines of the German Federal Board of Public<br />

Health Physicians for public health physicians. Additionally, the obligatory 6months<br />

school course during the training for public health physicians in Germany<br />

was evaluated for aspects relevant for catastrophe and disaster medicine. With<br />

19


egard to facultative educational options, the teaching programs of the German<br />

Teaching and Research Academies for Public Health in Berlin, Duesseldorf,<br />

Munich, and Schwerin as well as the programs of the Academy for Crisis<br />

Management, Emergency Planning and Civil Defence in Ahrweiler were assessed.<br />

Physicians<br />

All parts of medical school and postgraduate training programs contain singular<br />

aspects relevant for catastrophe and disaster medicine, but it is impossible to<br />

recognize any structured concept behind this. Two- or three-h lectures make up a<br />

fractional amount of all training; many urgently needed topics from an educational<br />

point of view have not even been mentioned. There is no training of practical skills<br />

and applicable knowledge, let alone be instructional training sessions in simulated<br />

scenarios.<br />

That knowledge, which should necessarily be available for a successful<br />

management of catastrophes in cooperation with other institutions, administrative<br />

bodies, etc. has been listed – if at all- only as a facultative, voluntary optional<br />

training. Throughout all stages of medical education, there is no transparency with<br />

regard to responsibility limits and potential overlapping or cutting points with<br />

other medical relief agencies; it is also impossible to spot any training for priorities<br />

or hierarchical orders in the German Public Health System in case of a catastrophe<br />

or disaster. Logistic operating, strategic proceeding, coordinated acting, and<br />

communicative skills are no subject of teaching. Whether the newly <strong>des</strong>igned<br />

study for the degree of a master of “Rescue Engineering” may establish itself and<br />

whether occupational competence for catastrophe and disaster medicine will be<br />

generated, cannot yet be decided.<br />

Non-Physician Professionals<br />

As a starting base, the non-physician professionals of the German Public Health<br />

departments build up an absolutely inhomogeneous group with various occupations<br />

that have multiple distinguished essentials of educational training and occupational<br />

skills. Varying according to location of training, occupational and facultative<br />

mainstays of education, and the specialization within the public health system, the<br />

teaching of matters relevant for catastrophe and disaster medicine is differently<br />

appreciated and realized. It is impossible to recognize any education for catastrophe<br />

or disaster medicine in the sense of a broadly structured concept for one<br />

professional group or all groups participating in public health service activities.<br />

3.3 Evaluation of Physicians of the Lower German Public Health Service<br />

Authorities for Knowledge Relevant in Catastrophe and Disaster<br />

Medicine<br />

To evaluate the knowledge and notion of the physicians who are or should be<br />

responsible for matters relevant for catastrophe medicine in the GPHS, a<br />

questionnaire was developed at the University Hospital of Ulm, Department of<br />

20


Anesthesiology. The survey requested information about three main complexes of<br />

topics relevant for catastrophe and disaster medicine:<br />

1. Occupational training of physicians working in the GPHS<br />

(medical school, postgraduate training)<br />

2. Knowledge of catastrophe and disaster medicine and its source<br />

3. Opinions and perspectives<br />

The set of questions had been set up according to profiles for public health service<br />

physicians as requested in the literature. After approval and consensus<br />

agreement on study procedures and the survey by the German City Council and<br />

the German District Council, the questionnaire was mailed to all lower public<br />

health service authorities of the Federal Republic of Germany (number n = 429)<br />

at the beginning of Mai 2001. All responses were processed anonymously.<br />

Overall, responses were received from n = 339 of 429 contacted lower PHS<br />

authorities of the Federal Republic of Germany (79%). Respondents report that<br />

91% of the GPHS physicians who are responsible for catastrophe and disaster<br />

medicine are board-qualified public health service physicians, 22% have<br />

completed a training in emergency and rescue service, and 4% participated in a<br />

training program for the leading emergency physician. Almost two-third of the<br />

GPHS physicians indicate that they are already involved in catastrophe and<br />

disaster medicine preparedness plans. They state that they gained their knowledge<br />

of medical topics relevant for catastrophe medicine while being educated in<br />

medical school. However, it has to be stressed here, that this knowledge is not<br />

specifically related to catastrophe and disaster medicine, but only related to skills<br />

for treatment of individual cases. The answers to the questionnaire also show that<br />

merely a very small part of the training for the boards of public health service<br />

physicians inclu<strong>des</strong> education in expert knowledge of catastrophe medicine<br />

(management of infectious disease in epidemics). Nevertheless, only a few items<br />

with relevance for catastrophes and disasters are subject of teaching. The survey<br />

also demonstrates that GPHS physicians are well aware of the problem of their<br />

integration into catastrophe preparedness and management plans. They recognize<br />

their clear need for special catastrophe preparedness training and explicitly state<br />

wishes for particular teaching sessions (mainly in catastrophe response tactics,<br />

epidemic infectious disease containment, management planning of incidents with<br />

transports of hazardous material).<br />

3.4 Evaluation of the Lower Catastrophe Prevention Authorities for<br />

Integration of German Public Health Service Physicians into<br />

Preparedness Planning of Medical Care for Catastrophes and<br />

Disasters<br />

To evaluate the administrative authorities and officers who are responsible for<br />

catastrophe prevention (catastrophe prevention officers) a questionnaire survey<br />

was developed in cooperation with the German City Council and the German<br />

District Council again, that addressed three main complexes of topics:<br />

21


1. Current state of integration of the GPHS physicians into catastrophe<br />

preparedness and response planning<br />

2. Expectations of catastrophe prevention officers towards GPHS physicians<br />

3. Identification of problems and proposals to solve these<br />

The questionnaire was mailed to all lower catastrophe prevention officers of the<br />

Federal Republic of Germany (number n = 438) at the end of August 2001. All<br />

responses were processed anonymously.<br />

Overall, responses were received from n = 338 contacted catastrophe prevention<br />

officers. With regard to integration of GPHS physicians into their catastrophe<br />

preparedness plans, 12 (3.5%) districts and cities report that they do not have any<br />

integration of the GPHS physicians. The most frequent way of integration is<br />

indicated as integration into management of individual cases with 50.6% of<br />

answers. A permanent integration into all catastrophe preparedness and notification<br />

plans or the existence of an on-call protocol for PHS physicians is reported by only<br />

19.6% resp. 12.8% of respondents.<br />

The current integration of the GPHS physicians into the catastrophe prevention and<br />

preparedness plans is centered mainly around situations of epidemic infectious<br />

diseases, with special plans for diseases of individual patients and officially<br />

acknowledged catastrophes. Almost 60% of respondents indicate experiences in<br />

concerted and coordinated actions with PHS physicians during simulated scenarios<br />

or real disaster management. This cooperation is judged as very good in 44-56%<br />

by respondents. With regard to the integration of the GPHS physicians into the<br />

medical care in catastrophes and disasters, the catastrophe prevention officers<br />

primarily expect comprehensive information about symptoms, therapeutic<br />

measures, and organisational responses to cope with radioactive, biological,<br />

chemical, and epidemic infectious disease incidents. The catastrophe prevention<br />

officers also wish to receive general pieces of medical information as well as<br />

information about strategic plans for management procedures within the lower<br />

public health service authorities from the PHS physicians. According to the opinion<br />

of the catastrophe prevention officers of the districts and district-free cities, training<br />

in catastrophe and disaster medicine should be massively strengthened within the<br />

postgraduate education for the boards of public health service physicians.<br />

3.5 Concepts for an Improved Training and Postgraduate Education of<br />

Physicians in the German Public Health Service<br />

To enhance the knowledge and skills relevant for medical care in catastrophes and<br />

disasters within the German public health service, a modular training concept with<br />

teaching contents of catastrophe medicine is proposed. It consists of the following<br />

modules:<br />

– Medical school<br />

– Postgraduate education for the boards of public health physicians<br />

– Facultative training<br />

– Personal, self-motivated gain of information<br />

22


In medical school, a long-lived and effective solution can be achieved by<br />

implementation of an independent lecture series on “Catastrophe Medicine”. Here,<br />

the basics of medical, operative, and legal issues which are essential for<br />

catastrophe and disaster preparedness and response should be taught.<br />

It is an absolute necessity to integrate the main contents of catastrophe and disaster<br />

medicine into the postgraduate education for the boards of public health care<br />

physicians. A 120-h program curriculum is proposed that should be taught within<br />

a three-week period as intensive training in all basic aspects of catastrophe and<br />

disaster medicine <strong>des</strong>cribed as essential in the literature, but also including special<br />

instructions that were independtly requested by the GPHS physicians.<br />

According to the data of our survey, the GPHS physicians are very much interested<br />

in a more comprehensive professional training program for catastrophe<br />

preparedness, and they are willing to go through it. National and – wishfully as<br />

well international – academies must supply public health service physicians with<br />

contents of knowledge and experience needed for operative and medical<br />

management of catastrophes so that tailored responses of the public health service<br />

physicians in case of incidents become feasible.<br />

3.6 Concepts for an Expansion of Physicians’ Competence in the<br />

German Public Health Service for Planning, Preparedness, and<br />

Procedures in Response to Catastrophes and Disasters<br />

Every GPHS physician holds a generally valid knowledge of the basics of<br />

catastrophe and disaster medicine, gained in medical school, postgraduate<br />

education for the boards and adequate optional training. To immediately manage<br />

catastrophes, disasters, major damaging incidents and specific situations, further<br />

information is easily accessible. The GPHS physician knows the possible locations<br />

and devices for rapid knowledge gain and is capable of using them. On one hand,<br />

as a source of information, a local knowledge data bank is provided in every public<br />

health service communal building. On the other hand, offices of contact will be<br />

set up in existing centres of excellence for expert knowledge and in specific centres<br />

with special competences to be established that will serve as partners to ask for<br />

advice and further guiding professional expert knowledge. By means of qualifying<br />

all GPHS physicians in catastrophe and disaster medicine basics, it is achieved that<br />

in case of need every GPHS physician may carry out certain first, in the incident<br />

of a catastrophe necessary, broad-scale principle tasks within a permanent on-call<br />

or out-of-house on-call schedule. With regard to the basic skills and capabilities<br />

to be taught and the efforts every GPHS physician would have to undertake to<br />

participate in such a basic response training program, both program fashion and<br />

extent should be within realistic possibilities to be implemented as a frame model.<br />

The offices of contact for gain of information that would have to be created for<br />

the GPHS physician should serve as further guiding information resources and<br />

should provide current basics of knowledge, background knowledge and – in case<br />

of special questions – should supply specific experience and recommendations to<br />

find out problem solutions. Thus, every GPHS physicians should be capable of<br />

responding in an appropriate way in a specific situation.<br />

23


As a structure for the organisational units of the specific catastrophe and disaster<br />

response centres, the federal establishment of “centres of competence” that are<br />

coordinated by an extra-regional network is recommended for incidents with<br />

radioactive, biological and chemical (warfare) substances and the management of<br />

highly infectious diseases, respectively.<br />

4. Conclusions and Recommendations<br />

Resulting from our very comprehensive investigations, the following final<br />

conclusions and recommendations can be put forth:<br />

• According to analyses of the German States’ legislation, there is no need to<br />

alter the catastrophe prevention acts with regard to integration of the public<br />

health service into catastrophe and disaster preparedness and response. Both<br />

the implicit integration in most of the German States and the explicit<br />

integration in a few German States may be regarded as sufficient base for the<br />

improved integration of the German Public Health Service to come. As a<br />

recommendation in case of new formulation of catastrophe prevention acts it<br />

may be proposed to explicitly integrate the GPHS in analogy to the act of the<br />

State Sachsen-Anhalt.<br />

• De facto has the integration of the physicians of the GPHS into the medical<br />

care for catastrophe and disaster preparedness and response only been realized<br />

with the purpose to adapt to particular situations and to be orientated for<br />

particular needs. A close integration exists only on a small scale. The<br />

integration of the public health service into catastrophe preparedness plans has<br />

been established only for specific situations, such as for the incident of an<br />

epidemic with infectious diseases, for the case of a highly contagious disease<br />

in a single person and for officially acknowledged catastrophes; nevertheless,<br />

an explicit implementation has to be demanded.<br />

• According to our studies, the physicians of the GPHS hold profound knowledge<br />

and experience only for an epidemic incident with infectious diseases.<br />

The direct integration of the public health service into specific situations, such<br />

as e.g., in case of an epidemic with an infectious disease or bio terrorism, is<br />

however, indispensible. The capabilities of the physician employees in the<br />

GPHS must be strongly enhanced in the fields of incidents with chemical and<br />

radioactive agents. There is a huge discrepancy between the actual existing<br />

knowledge and wishes for more profound skills. The physician employees of<br />

the GPHS recognize their need for further training indeed and indicate<br />

willingness to go through additional training programs.<br />

• The catastrophe prevention authorities must bindingly integrate the public<br />

health service into their catastrophe preparedness and response plans based on<br />

defined criteria (e.g., on-call schedules, protocols of concrete notification<br />

plans). Alarming plans should pay special attention to the real existing<br />

potentials of hazards in the respective city and district areas. The response<br />

24


plans must exactly regulate both the vertical and horizontal structure of<br />

integration and the hierarchical competences to enact orders.<br />

• There is an absolute necessity to enhance the capabilities and real knowledge<br />

of catastrophe and disaster medicine of the GPHS physicians in a broad extent.<br />

To reach this goal, concepts and model structures to improve the training in<br />

medical school and in the postgraduate education for the boards of public<br />

health service physicians as well as plans to extend the skills of the physicians<br />

currently working in the GPHS must be developed.<br />

• In the lower public health care authorities, management strategies based on<br />

knowledge are indispensable. This implies the establishment of national centres<br />

of excellent and expert knowledge with special tasks (response to radioactive,<br />

biological, and chemical incidents) which can permanently be reached around<br />

the clock as well as the creation of locally applicable knowledge data banks<br />

and expert systems with modules specifically <strong>des</strong>igned for public health<br />

service.<br />

• As a durable solution directing towards the future, we think that the additional<br />

implementation of a national network structure with direct integration of the<br />

GPHS physicians to prepare and protect the German civil population in case<br />

of catastrophes and disasters is recommendable.<br />

25


1. Problemstellung<br />

„Krieg, Pestilenz und Katastrophenereignisse erheischen nur solange das Interesse<br />

wie sie bestehen“ warnte schon der berühmte Chirurg Billroth. Spätestens seit<br />

dem 11. September 2001 [1] ist aber die Sorge vor Katastrophen allgegenwärtig<br />

und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung hält Ereignisse größerer Dimensionen<br />

als einen Flugzeugabsturz wie den der Concorde in Paris 2000 oder den <strong>des</strong><br />

Airbus in New York 2001, ein Zugunglück wie in Eschede 1999 oder einen Störfall<br />

in einem Reaktor wie in Tschernobyl 1986 auch auf deutschem Staatsgebiet<br />

für möglich.<br />

Der Anschlag von New York 2001 zeigte eine Größenordnung von über 5000<br />

To<strong>des</strong>opfern bei über 2000 Verletzten. Im Hinblick auf die Versorgung einer ähnlich<br />

großen Zahl von Verunfallten in Deutschland ist jedoch sowohl die Ständige<br />

Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz [2] als auch der Präsident<br />

der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin [3] der Meinung, dass<br />

der deutsche Katastrophenschutz weder den organisatorischen Anforderungen<br />

noch dem notfallmedizinischen Bedarf gewachsen gewesen wäre.<br />

Bereits 1996 resümierte die Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

sinngemäß [4]: „Haben Naturkatastrophen bisher nur begrenzt Gesundheitsschäden<br />

verursacht, so bilden technische Katastrophen stets eine nach Zahl, Art und<br />

Schwere der Gesundheitsschädigungen unabwägbare Gefahr. Gewaltaktionen und<br />

von außen geführte Angriffe auf die Bun<strong>des</strong>republik können die Gesundheit der<br />

Bevölkerung bedrohen. Ohne Berücksichtigung der Vorschläge durch den Katastrophenschutz<br />

der Länder und eine Einwirkung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> auf sie, dürfen die<br />

Regierungen und die Bevölkerung nicht darauf hoffen, dass der medizinische<br />

Katastrophenschutz der Länder sowie deren Eingreifen im Verteidigungsfall in der<br />

Lage ist, unnötige Opfer an Leben und Gesundheit zu vermeiden: „Das Sterben<br />

der Opfer beginnt im Augenblick <strong>des</strong> Schadenseintrittes und nimmt von Minute<br />

zu Minute zu.“<br />

Zur Verbesserung der Lage wurden Empfehlungen ausgesprochen [4], die unter<br />

anderem auch die Intention haben, den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst vermehrt<br />

in den Katastrophenschutz einzubeziehen. So sollte<br />

• die Verbindung der Gesundheitsämter zu den jeweiligen Katastrophenschutzbehörden<br />

und die Mitwirkung der Leiter dieser Ämter bei den Schutzplanungen<br />

und Schutzvorbereitungen verbindlich geregelt werden;<br />

• ein ständiger Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsämtern und<br />

dem Robert-Koch-Institut obligatorisch sein;<br />

• es ein offizielles Anliegen sein, die Ärzteschaft ... über drohende Gefahren<br />

frühzeitig zu informieren;<br />

• an den Universitäten der ... Lehrstoff „Allgemeine Hygiene“ unter dem<br />

Gesichtspunkt <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes aktiviert werden.<br />

26


Das Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes (ZSNeuOG) von 1997 legt in § 5,<br />

Abs.1 fest [5]: „Die nach Lan<strong>des</strong>recht zuständigen Behörden haben ergänzende<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung im Verteidigungsfall<br />

zu planen. Sie ermitteln insbesondere die Nutzungs- und Erweiterungsmöglichkeiten<br />

der vorhandenen Einrichtungen sowie den voraussichtlichen personellen<br />

und materiellen Bedarf und melden ihn an die für die Bedarfsdeckung zuständigen<br />

Behörden. Mit den für das Gesundheits- und Sanitätswesen der Bun<strong>des</strong>wehr<br />

zuständigen Stellen ist eng zusammenzuarbeiten. Soweit die zuständigen Behörden<br />

nach Satz 1 nicht die Gesundheitsämter sind, ist deren Mitwirkung bei der<br />

Planung sicherzustellen“.<br />

Im Folgenden bewertete 1999 eine Arbeitsgruppe der Schutzkommission beim<br />

Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern in ihrem „Bericht über die gesetzlichen Regelungen<br />

zum Schutz und <strong>zur</strong> Rettung von Menschenleben sowie <strong>zur</strong> Wahrung und Wiederherstellung<br />

der Gesundheit bei Großschadensereignissen“ [6] die Situation <strong>zur</strong><br />

Integration der Gesundheitsämter in den Katastrophenschutz wie folgt: „Die <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes bei der Bewältigung von Katastrophen<br />

und Großschadensereignissen ist ungenügend gelöst.“ Außerdem ist die<br />

un<strong>zur</strong>eichende Integration der Gesundheitsämter bei unklarer rechtlicher Lage zu<br />

bemängeln und die <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung fehlende Qualifikation der Amtsärzte.<br />

Erneut werden Vorschläge <strong>zur</strong> Beseitigung der Mängel unterbreitet:<br />

• in die Katastrophenschutzgesetze und vergleichbare Regelungen sollte die Mitwirkung<br />

von Ärzten <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Planung,<br />

Vorbereitung und Durchführung von Abwehrmaßnahmen verpflichtend aufgenommen<br />

werden;<br />

• der Amtsarzt sollte in dem Beratungsorgan der Katastrophenschutzbehörde und<br />

im Katastrophenschutzstab einen Platz haben und an allen Planungen, Vorbereitungen<br />

und Durchführungsmaßnahmen mitwirken, die seine speziellen, aber<br />

auch allgemein gesundheitsdienstliche Aufgaben berühren. Er benötigt <strong>zur</strong><br />

Wahrnehmung dieser Aufgabe fachliche Fortbildung;<br />

• die Mitwirkung <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes sollte über allgemeine<br />

Feststellungen hinaus in den Katastrophenschutzgesetzen ausdrücklich festgeschrieben<br />

werden. Dies gilt für die Planung, Vorbereitung und Durchführung<br />

von Abwehrmaßnahmen. Ebenso sollte die Gesundheitsbehörde ständiges Mitglied<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beirates für den Katastrophenschutz sein.<br />

Eine zeitnahe Analyse der Umsetzung dieser Empfehlungen gibt es aber bisher<br />

nicht, und Fragen nach Wissen und Können <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes<br />

und <strong>des</strong> Amtsarztes im Katastrophenfall innerhalb <strong>des</strong> deutschen Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

[7] können nicht konkret beantwortet werden. Diese haben aber<br />

angesichts der aktuellen Sicherheitslage und der Diskussion über den Stand der<br />

Notfallvorsorge für die Bevölkerung durch die deutschen Behörden besondere<br />

Brisanz erlangt.<br />

27


Literatur<br />

[1] From the Center for Disease Control and Prevention, New York City Department<br />

of Health response to terrorist attack, September 11, 2001. JAMA 2001;<br />

286:1830<br />

[2] Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz: Katastrophen<br />

in Deutschland – sind wir ausreichend gesichert. Presseinformation<br />

vom 20. September 2001. Köln. Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de.<br />

Zugang verifiziert am 23. November 2001<br />

[3] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage einstellen.<br />

Dtsch Ärzteblatt 2001; 43:C2208-C2210<br />

[4] Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern: Mögliche Gefahren für<br />

die Bevölkerung bei Großkatastrophen und im Verteidigungsfall („Gefahrenbericht“).<br />

Oktober 1996<br />

[5] Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz –<br />

ZSNeuOG) vom 25. März 1997 (BGBl.I S.726); geändert durch das Haushaltssanierungsgesetz<br />

vom 22. Dezember 1999 (BGBl.I S.2534)<br />

[6] Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern: Bericht über <strong>Untersuchung</strong>en<br />

der gesetzlichen Regelungen zum Schutz und <strong>zur</strong> Rettung von Menschenleben<br />

sowie <strong>zur</strong> Wahrung und Wiederherstellung der Gesundheit bei<br />

Großschadensereignissen. Mai 1999<br />

[7] Domres B, Schauwecker HH, Rohrmann K, Roller G, Maier GW, Manger A:<br />

The German approach to emergency/disaster management. Med Arh 2000;<br />

54:201-203 (Abstract)<br />

28


2. Grundsätzliche Überlegungen und<br />

Definitionen<br />

2.1 Bedrohungspotenzial der Bevölkerung der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

Unter dem Blickwinkel <strong>des</strong> aktuellen Zeitgeschehens müssen bei globalisiert möglichem<br />

Terrorismus manche Gefahrenpotenziale, die fast schon als unbedenklich<br />

akzeptiert wurden, wieder als sehr bedrohlich eingestuft werden [1].<br />

2.1.1 Großunfälle, geotektonische und klimatische Ereignisse<br />

Schadensszenarien wie Gewalteinwirkungen jeglicher Art bei Großveranstaltungen<br />

oder in Ballungsgebieten lösen Großunfälle aus, die zu einem erheblichen<br />

Bedarf bei Rettung und Erst- sowie Weiterversorgung der Verunfallten, Erkrankten<br />

und Patienten führen. Bei Schäden an Versorgungsinfrastrukturen, der Trinkwasserversorgung<br />

oder der Abwasserentsorgung werden <strong>zur</strong> Bewältigung der<br />

Schadenslage spezifische organisatorische und logistische Kenntnisse nötig, wie<br />

z.B. beim Zusammensturz <strong>des</strong> World Trade Centers in New York 2001 deutlich<br />

wurde. Über solche sollte in Deutschland auch der Öffentliche Gesundheitsdienst<br />

verfügen [2,3], wobei dies ebenso für Anschläge mit Sprengstoffen oder bei konventionellen<br />

Terrorakten ohne atomare, biologische oder chemische (ABC-) Waffen,<br />

bei Erdbeben, Wirbelstürmen, Überschwemmungen, Flutwellen, Großfeuern,<br />

Vulkanausbrüchen etc. sowie bei Sekundärkatastrophen wie Hungersnöten gilt [4].<br />

2.1.2 Unfälle mit nuklearem Material und Kernwaffen<br />

Großunfälle: Bei Unfällen in Krankenhäusern ist bei kleinen Mengen radioaktiven<br />

Materials von einer geringen Zahl kontaminierter Personen auszugehen. In<br />

Großbestrahlungseinrichtungen oder Forschungsreaktoren können bei Unfällen<br />

erhebliche Strahlendosen frei werden und zu einer Exposition <strong>des</strong> Personals, der<br />

Bevölkerung der Umgebung und der Rettungskräfte führen [5]. Beim Transport<br />

von radioaktiven Produkten wie z.B. für Kliniken werden verschlossene Behälter<br />

(sog. Typ-B-Behälter, die einen Straßenunfall unbeschadet überstehen sollen) verwendet.<br />

Wie viel Restradioaktivität und welche Gefährdung vom Inhalt der Castorbehälter<br />

oder von Behältern mit abgebrannten Brennelementen beim Transport mit<br />

Schiffen ausgeht, ist nicht geklärt.<br />

Reaktorunglücke: Der größte anzunehmende Unfall (GAU) ist der bei Planung<br />

und Bau eines Reaktors zugrunde gelegte schwerste Unfall mit nuklearem Material,<br />

wobei nur die Exposition <strong>des</strong> Betriebspersonals <strong>des</strong> Reaktors angenommen<br />

wird. Als Super-GAU hingegen wird ein Unfall betrachtet, der <strong>zur</strong> Exposition der<br />

Bevölkerung durch freiwerdende Radioaktivität in Form von Aerosolen oder korpuskulären<br />

Partikeln führt. Bei Eintreten käme es automatisch zu Katastrophen-<br />

29


alarm; Schätzungen gehen von bis zu 40 000 Verletzten aus [3]. Bestehende Kapazitäten<br />

können aber geschätzterweise nur ca. 1000 Patienten pro Tag versorgen<br />

[1,5].<br />

Militärische und terroristische Bedrohungen: Ein militärischer Einsatz von<br />

Nuklearwaffen führt sehr wahrscheinlich zu einer Katastrophe mit vielen Verletzten<br />

mit thermonuklearen Schäden [5]. Andere Waffensysteme könnten auch <strong>zur</strong><br />

Verbreitung von Radioaktivität z.B. durch uranhaltige Munition verwendet werden.<br />

Terroristische Vereinigungen sind zumin<strong>des</strong>t im Besitz von radioaktiven Stoffen,<br />

möglicherweise auch waffenfähigem Material [6]. So hatten z.B. tschetschenische<br />

Rebellen im Jahr 1995 radioaktives Cäsium-137 in einem Moskauer Park<br />

vergraben [7]. Die Bevölkerung könnte auch durch in die Erdatmosphäre eintretende<br />

Satellitenteile radioaktiver Strahlung ausgesetzt werden; Vorstellungen über<br />

mögliche Dosen oder andere Konsequenzen liegen nicht vor [5].<br />

2.1.3 Chemieunfälle und Risiken durch chemische Waffen<br />

Unfälle, Brände und Leckagen: In jüngerer Zeit ereigneten sich verschiedenste<br />

durch Chemikalien verursachte Schadensszenarien, so z.B. 1984 in Bophal, Indien,<br />

mit nach einer Explosion freigesetztem Methylisocyanat und 1100 Toten, dem<br />

Dioxinskandal in Seveso, Italien, mit langfristigen Konsequenzen für die exponierte<br />

Bevölkerung und Umwelt oder die Explosion der Düngemittelfabrik in Toulouse,<br />

Frankreich, im September 2001 [8].<br />

Militärische und terroristische Bedrohungen: Als Waffen verwendete chemische<br />

Substanzen stellen eine große Bedrohung der Bevölkerung dar, wie z.B. 1995<br />

in Tokio, Japan, beim Anschlag durch den Aum Shinrikyo Kult auf die Untergrundbahn<br />

mit dem Nervengas Sarin mit 11 Toten und über 5000 Verletzten deutlich<br />

wurde [9] (Sarin ist bei Umgebungstemperatur flüssig, die Dampfform ist<br />

schwerer als Luft und setzt sich am Boden ab [10]). Trotz internationaler Vereinbarungen,<br />

solche Waffen zu verbannen (Genfer Protokoll 1925, Biological and<br />

Toxin Weapons Convention 1975) gibt es keine internationalen Vorkehrungen, ihre<br />

Entwicklung oder Anwendung zu regulieren [11]. Die Besonderheiten bei deren<br />

Einsatz beruhen auf schwierig vorhersagbarer geographischer Ausbreitung und<br />

variierenden bis tödlichen Effekten durch unterschiedliche Mengen der Gifte. Es<br />

wurden verschiedene Kategorien von chemischen Kampfstoffen beschrieben [10]:<br />

• Lungenkampfstoffe wie Phosgen, Chlor<br />

• Blutkampfstoffe wie Cyanwasserstoff<br />

• Hautkampfstoffe wie Senfgas<br />

• Nervenkampfstoffe der G-Reihe wie Tabun, Sarin, Soman und der V-Reihe<br />

wie VX .<br />

30


2.1.4 Seuchen 1 und biologische Kampfstoffe<br />

Im Gegensatz zu den USA gibt es in Deutschland keine Weiterbildung zum Facharzt<br />

für Infektiologie. Bei einem Ausbruch von gemeingefährlichen Infektionskrankheiten<br />

stünden <strong>des</strong>halb nur sehr wenig kompetente Ansprechpartner <strong>zur</strong> Verfügung,<br />

die durch Mitarbeiter <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes ersetzt werden<br />

müssten. Hierzulande wurden bisher nur sehr wenige Konsequenzen aus den<br />

Attacken mit biologischen Waffen, die in den USA bereits stattgefunden haben,<br />

gezogen, wenn auch das Robert-Koch-Institut sein Internetangebot erweitet hat<br />

[12]. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin, Bartels,<br />

fürchtet [1], dass „uns ein Terroranschlag mit B- oder C- Kampfstoffen in Ballungszentren<br />

vor gravierende Probleme stellen würde“.<br />

Angesichts fehlender Aus- und Weiterbildung der Ärzte lägen die Besonderheiten<br />

für den Bevölkerungsschutz beim Ausbruch infektiöser Erkrankungen zuerst in der<br />

Schwierigkeit <strong>des</strong> Erkennens zugrunde liegender Ursachen und deren diagnostischer<br />

Abklärung [12]. Da dies bereits für bekannte Keime wie z.B. Anthrax-, Clostridien-<br />

und Pest-Bakterien oder Pockenviren zutrifft [13], ist in einer großen<br />

Population bei einer seuchenartigen unkontrollierbaren Verbreitung von gegen<br />

Antibiotika multiresistenten Keimen oder gentechnisch veränderten Erregern von<br />

gravierenden Szenarien auszugehen [14]. Wäre die Erkrankung dann erkannt, so<br />

müsste die Mehrheit der Infizierten bei therapierbaren Keimen mit Antibiotika<br />

oder Gegengiften behandelt werden, vorausgesetzt die Vorräte reichten. Das Paul-<br />

Ehrlich-Institut stellte im Oktober 2001 bezüglich der Erhältlichkeit von Impfstoffen<br />

gegen Milzbrand, Pest und Pocken fest, dass solche „in Deutschland weder<br />

zugelassen noch kurzfristig verfügbar“ seien [13]. Würde eine Epidemie ausbrechen,<br />

so wären Maßnahmen wie Isolierung, Evakuierung und Dekontamination bei<br />

einer großen Zahl an Personen nötig, wobei stets von großflächiger Ausbreitung<br />

und schwieriger Überwachung der Schwebstoffkonzentrationen der Erreger in der<br />

Umwelt auszugehen wäre.<br />

Kontamination von Luft, Wasser, Lebensmitteln: Typisch für den Kontakt mit<br />

infektiösen Keimen sind unterschiedliche Reaktionen der exponierten Personen,<br />

was auf variierende Mengen aufgenommener Erreger, verschiedene Inkubationszeiten<br />

und die individuelle Immunabwehr der Betroffenen <strong>zur</strong>ückzuführen ist. Bei<br />

einem Unfall in einer sowjetischen B-Fabrik in Swerdlowsk 1979 mit einer Freisetzung<br />

von Milzbrandsporen gab es mehr als 60 Tote. Da nachfolgend angeordnet<br />

wurde, die Straßen zu fegen, kam es zu einer zweiten Erkrankungswelle und<br />

Epidemie [15].<br />

Fernreisen: Durch Reisen in die Tropen kam es auch in Deutschland zu einzelnen<br />

Erkrankungen von z.B. Malaria, Gelbfieber, oder dem Lassa-Fieber wie bei<br />

der im Januar 2000 in Würzburg verstorbenen Studentin. Insbesondere durch<br />

„Tröpfchen“ übertragbare Infektionskrankheiten dieser Art erfordern zwingend<br />

eine Isolation der Erkrankten und Kontaktpersonen, um eine größere Ausbreitung<br />

oder Seuche zu verhindern [5].<br />

1 Von einer Seuche spricht man, wenn in einem festgelegten Zeitraum 400 von 100 000 Personen an<br />

einer bestimmten Infektionskrankheit erkrankt sind (9).<br />

31


Militärische und terroristische Bedrohungen: In den USA und Russland gibt es<br />

seit Jahren Streit über die Vernichtung von Restbeständen von Pockenviren, die<br />

aus der Biowaffenproduktion stammen [13]. So arbeiteten z.B. bis 1992 wohl über<br />

7000 Wissenschaftler in der ehemaligen Sowjetunion an Biowaffenprogrammen<br />

mit dem Ziel der Entwicklung tödlicher Viren [16], und Gerüchte wollen nicht verstummen,<br />

dass Viren in falsche Hände geraten seien [16]. Außerdem wurden<br />

bereits die Genomsequenzen versehentlich hergestellter tödlicher Virusvarianten<br />

öffentlich publiziert [17] und das Erzeugen „biotechnologisch verstärkter Designer-Waffen“<br />

ist logistisch relativ einfach geworden [14]. In den USA betrachtet<br />

man unter dem Eindruck der jüngsten terroristischen Attacken und dem Versand<br />

von mit Milzbranderregern infizierten Poststücken die öffentliche Gesundheit<br />

als nationales Sicherheitsrisiko. Als Konsequenz aus vergangenen Anschlägen<br />

werden die dezentrale Verfügbarkeit von Ressourcen „vor Ort“ als entscheidende<br />

Maßnahme der Sicherheitsvorsorge gesehen [18]. So konnten z.B. über 750<br />

Erkrankungen an Salmonellose im September und Oktober 1984 in The Dalles,<br />

Oregon, auf ein durch die Rajneeshee-Sekte kontaminiertes Salatbuffett <strong>zur</strong>ükkgeführt<br />

werden [18].<br />

Als biologische Waffen einsetzbar wären folgende Erreger und deren Abkömmlinge:<br />

• (gentechnisch modifizierte) Bakterien wie Bacillus anthracis, Yersinia pestis,<br />

Brucellen, etc.<br />

• (gentechnisch modifizierte) Viren wie Pocken-, Marburg-, venezuelanische<br />

equine Enzephalitis-Viren, etc.<br />

• (gentechnisch modifizierte) Toxine wie Botulismus-, Rizin-, Staphylokokken-<br />

Toxine, Enterotoxin B, etc.<br />

Bei der Simulation eines biologischen Militärangriffs mit Pocken im Frühjahr<br />

2001 auf die USA unterbrachen hochrangige Verteidigungsexperten auf der<br />

Andrews Air Base bei Washington ihr makabres Planspiel bei 300 000 Toten und<br />

über einer Million Erkrankten [13,16]. Die Freisetzung von Milzbrandsporen<br />

durch einen terroristischen Anschlag ergab theoretischen Modellen zufolge bei<br />

einer in Windrichtung exponierten Population von 100 000 Personen 50 000<br />

Erkrankungsfälle von Anthrax bei 32 000 Toten [19]. Der sozioökonomische<br />

Impakt einer solchen Attacke wurde auf 26,2 Milliarden US-amerikanische Dollar<br />

geschätzt. Die rasche Implementierung eines prophylaktischen „Postattack“-<br />

Programms zeigte sich in der wissenschaftlichen <strong>Untersuchung</strong> als das entscheidende<br />

Mittel und war nach Analogschlüssen zu Versicherungskalkulationen wirtschaftlich<br />

gerechtfertigt [19].<br />

32


2.2 Schadensszenarien unter Aspekten der medizinischen<br />

Versorgung der Bevölkerung und <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

Eine Katastrophe ist ein über ein Großschadensereignis hinausgehen<strong>des</strong> Ereignis<br />

mit einer wesentlichen Zerstörung oder Schädigung der örtlichen Infrastruktur<br />

(speziell der medizinischen Versorgungseinrichtungen) [20], das das Leben oder<br />

die Gesundheit vieler Menschen, die Umwelt, erhebliche Sachwerte oder die<br />

lebensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in ungewöhnlichem Maße schädigt<br />

oder gefährdet [21]. Im Hinblick auf die Rettung der Bevölkerung ist die<br />

Anzahl der Opfer und der Konsequenzen dieses Ereignisses aber nicht nur von der<br />

unmittelbaren Schadenseinwirkung, sondern auch von anderen, durch Vorsorge<br />

zum Teil erheblich beeinflussbarer Faktoren abhängig:<br />

• der Vorbereitung für das Katastrophenmanagement<br />

• den vorgehaltenen Einsatzmitteln und Ressourcen (z.B. Notfallausrüstungen)<br />

• den medizinischen Notfallkapazitäten (z.B. Rettungsdienste, Personal, Krankenhäuser)<br />

• den Katastrophenvorsorgeplanungen (z.B. vor Ort, bekannt, geübt, akzeptiert)<br />

• den Warnsystemen, der Kooperation und Koordination .<br />

2.2.1 Definitionen von Schadensszenarien<br />

Katastrophe: Der Chirurg Lanz definiert eine Katastrophe als ein außergewöhnliches<br />

Schadensereignis, das zusätzliche Hilfe von außen notwendig macht [22]<br />

und die australische Regierung sieht eine solche als Situation, in der normale Vorkehrungen<br />

von Gemeinden und Organisationen überfordert sind und besondere<br />

Maßnahmen getroffen werden müssen [23]. Aus dem Blickwinkel der „Public<br />

Health Policy“ beschreibt Sidell weiterführend eine Katastrophe als Ereignis,<br />

welches ernsthafte Störungen von Abläufen, die für ein normales Funktionieren<br />

der Gesellschaft notwendig sind, verursacht, und häufig mit großen Verlusten an<br />

Menschen und Natur einhergeht [24].<br />

Das Katastrophenschutzgesetz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen definiert<br />

in der Fassung von 1977 [25]: „Katastrophe im Sinne <strong>des</strong> Gesetzes ist eine<br />

durch Naturereignis, Unglücksfall, Explosion oder ähnliches Ereignis verursachte<br />

so erhebliche Störung oder unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit<br />

oder Ordnung, dass sie nur durch Einsatz der für den Katastrophenschutz bereitgehaltenen<br />

Einheiten und Einrichtungen von der Katastrophenschutzbehörde<br />

beseitigt werden kann; es müssen Leben und Gesundheit zahlreicher Menschen,<br />

erhebliche Sachwerte oder die lebensnotwendige Unterkunft oder Versorgung der<br />

Bevölkerung unmittelbar gefährdet oder wesentlich beeinträchtigt sein“ und<br />

das Lan<strong>des</strong>katastrophenschutzgesetz von Schleswig-Holstein besagt [26]:<br />

„Eine Katastrophe ist ein Ereignis, welches das Leben, die Gesundheit oder die<br />

33


lebensnotwendige Versorgung zahlreicher Menschen oder bedeutende Sachgüter<br />

in so außergewöhnlichem Maße gefährdet oder schädigt, dass Hilfe und Schutz<br />

wirksam nur gewährt werden können, wenn verschiedene Einheiten und Einrichtungen<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzdienstes sowie die zuständigen Behörden, Organisationen<br />

und die sonstigen eingesetzten Kräfte unter einheitlicher Leitung der<br />

Katastrophenschutzbehörde zusammenwirken“.<br />

Für ein erfolgreiches Management einer Katastrophe entscheidend ist also nicht<br />

nur das Kriterium verfügbarer Hilfe von außen, sondern die Option für den Einsatz<br />

bereit gehaltener Katastrophenschutzeinheiten [2].<br />

Massenanfall: Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivmedizin<br />

(DIVI) definiert einen Massenanfall von Patienten als eine so große Zahl an Verletzten<br />

oder Erkrankten, dass die Leistungsfähigkeit <strong>des</strong> medizinischen Personals<br />

(Notarzt und Sanitäter) und die materiellen Hilfsmöglichkeiten nicht ausreichen,<br />

um jeden Patienten individualmedizinisch zu versorgen [27]. Der Massenanfall<br />

erfüllt nicht die Kriterien einer Katastrophe, da er als lokal begrenztes Ereignis mit<br />

intakter Infrastruktur und der Möglichkeit für unbehinderten Abtransport der Verunfallten<br />

betrachtet wird. Die Leitung vor Ort hat der Rettungsdienst (Leitender<br />

Notarzt und Organisatorischer Einsatzleiter). Bei Bedarf können aber Einheiten<br />

aus den Katastrophenschutzdiensten angefordert werden.<br />

Großschadensereignis: Ein Großschadensereignis ist ein Notfall im Rettungsdienst<br />

mit einer größeren Anzahl Verletzter, Erkrankter oder auf andere Weise<br />

Geschädigter und Betroffener, deren Versorgung Erfordernisse oberhalb der regulären<br />

Vorhaltung durch den Rettungsdienst aufweist [20] (DIN 13 050).<br />

Trotz dieser Abgrenzung der Schadensszenarien gelten gewisse Vorschriften <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes auch bei der Abwehr schwerer Gefahren unterhalb der Katastrophenschwelle,<br />

vor allem bei Freisetzung schädlicher Stoffe, Strahlen oder<br />

Organismen (§39 LKatSG Schleswig-Holstein) [26].<br />

2.2.2 Katastrophen- und Zivilschutz<br />

Die Abwendung von Gefahren und Schäden, die im Katastrophenfall drohen,<br />

obliegt in Friedenszeiten den Bun<strong>des</strong>ländern (Katastrophenschutzgesetze der Länder),<br />

während im Kriegsfall der Bund für den Zivilschutz (Zivilschutzgesetz)<br />

zuständig ist. „Katastrophenschutz (KatS)“ wird definiert als die Maßnahmen der<br />

Bun<strong>des</strong>länder <strong>zur</strong> Verhinderung, Abwehr und Beseitigung von Katastrophen oder<br />

ihren Folgen. Der Bund ergänzt die Ausstattung der Länder mit Einsatzfahrzeugen<br />

und Maßnahmen für besondere Gefahren im Verteidigungsfall [21]. „Zivilschutz<br />

(ZS)“ ist die Sammelbezeichnung für öffentliche und private Maßnahmen<br />

zum Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall [21]. Die Gesetzesnovelle <strong>zur</strong><br />

Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes vom 25. März 1997 (geändert durch das Haushaltssanierungsgesetz<br />

vom 22. Dezember 1999) [28] regelt die Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes<br />

durch Behörden oder öffentliche und private Organisationen. Der Zivil-<br />

34


schutz gehört zu den nicht-militärischen Maßnahmen im Rahmen der zivilen<br />

Gesamtverteidigung, die sich auf Artikel 73 Nr.1 <strong>des</strong> Grundgesetzes beziehen.<br />

Das deutsche System der Notfallvorsorge basiert auf dem Subsidiärprinzip zwischen<br />

öffentlichen Behörden und Einrichtungen, wie dem Technischen Hilfswerk<br />

und dem Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile<br />

Verteidigung der Länder sowie öffentlich-rechtlichen Trägern <strong>des</strong> Bevölkerungsschutzes,<br />

der Notfallvorsorge und der Gefahrenabwehr (Kreise, Städte und<br />

Gemeinden) und gemeinnützigen Hilfsorganisationen wie z.B. dem Deutschen<br />

Roten Kreuz, dem Deutschen Feuerwehrverband oder der Deutschen Gesellschaft<br />

für Katastrophenmedizin [27]. Das Bun<strong>des</strong>ministerium der Verteidigung leistet im<br />

Inland ergänzende Katastrophenhilfe im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit<br />

über die territorialen Kommandobehörden. Als integratives Gremium<br />

<strong>zur</strong> interdisziplinären Zusammenarbeit aller im Katastrophen- und Zivilschutz<br />

Verantwortung Tragenden soll die 1997 gegründete Ständige Konferenz für<br />

Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz dienen [27].<br />

2.2.3 Katastrophenmedizin<br />

Katastrophenmedizin ist die Gesamtheit der im Rahmen <strong>des</strong> KatS durchgeführten<br />

medizinischen Maßnahmen, mit denen unter geringstem Zeit- und Ressourcenaufwand<br />

eine möglichst große Zahl von Erkrankten und Bedrohten am Leben erhalten<br />

werden soll [29]. Charakteristischerweise umfasst das Fachgebiet das professionelle<br />

Wissen vieler Disziplinen, die sich mit der Prävention, Notfall- und Krankenhausversorgung<br />

sowie Erholungsmöglichkeiten und Rehabilitationsbedarf von<br />

durch Katastrophen geschädigten Bevölkerungsgruppen befassen.<br />

2.2.4 Katastrophenschutzbehörden<br />

Als Katastrophenschutzbehörden (KatSBehörden) fungieren die Verwaltungen der<br />

Landkreise oder der kreisfreien Städte, die Bezirksregierungen und die Innenministerien<br />

der Länder (untere, höhere und oberste KatSBehörden). Diese treten im<br />

Bedarfsfall zusammen und bilden den Katastrophenschutzstab. Der Leiter ist der<br />

Höchste Verwaltungsbeamte (z.B. Landrat, Oberbürgermeister). Über Auslösung<br />

von Katastrophenalarm entscheidet die KatSBehörde [3].<br />

2.2.5 Öffentliches Gesundheitswesen und Öffentlicher Gesundheitsdienst<br />

Das Öffentliche Gesundheitswesen (ÖGW) soll <strong>zur</strong> Gesundheitssicherung der<br />

Bevölkerung durch Gesundheitsschutz, Krankheitsbekämpfung und Abwehr von<br />

Gesundheitsgefahren beitragen. Artikel 74 <strong>des</strong> Grundgesetzes verankert als wichtige<br />

Zuständigkeiten Maßnahmen gegen gemeingefährliche und übertragbare<br />

Krankheiten bei Mensch und Tier, die Öffentliche Fürsorge sowie den Schutz<br />

gegen Gefahren bei Freiwerden radioaktiver oder ionisierender Strahlung. Die<br />

Aufgaben <strong>des</strong> ÖGW werden auf Bun<strong>des</strong>- und Lan<strong>des</strong>ebene von unterschiedlichen<br />

35


Ministerien und Behörden wahrgenommen. So sind z.B. das Paul-Ehrlich-Institut<br />

oder das Robert-Koch-Institut dem Bun<strong>des</strong>ministerium für Gesundheit oder Verbraucherschutz<br />

<strong>zur</strong> Beratung unterstellt [30]. Der Öffentliche Gesundheitsdienst<br />

(ÖGD) ist Teil <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens, die Aufgaben werden auf<br />

Lan<strong>des</strong>ebene von unterschiedlichen Ministerien durchgeführt, wobei der ÖGD auf<br />

drei Stufen arbeitet: den Gesundheitsabteilungen der Ministerien, den Medizinaldezernaten<br />

der Regierungsbezirke und den Gesundheitsämtern der Kreise und<br />

kreisfreien Städte. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. [30]:<br />

• die Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten<br />

• die Überwachung von Wasser, Boden und Luft<br />

• der Umweltschutz und die Umwelthygiene<br />

• die Hygiene und Seuchenbekämpfung<br />

• die Überwachung von Einrichtungen <strong>des</strong> Gesundheitswesen und<br />

• Beratungen, <strong>Untersuchung</strong>en und Begutachtungen der Bevölkerung .<br />

Zurzeit sind ca. 5000 Ärztinnen und Ärzte hauptberuflich bei den Gesundheitsämtern<br />

tätig, hierzu kommen noch ca. 1500 in wissenschaftlichen Behörden, Ministerien<br />

oder anderen Einrichtungen [30]. Der Leiter eines Gesundheitsamtes ist ein<br />

Amtsarzt, in der Regel ein Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen mit<br />

besonderer Qualifikation. Die Weiterbildungsordnung für Ärzte <strong>des</strong> Saarlands<br />

beschreibt die Beschäftigung im ÖGD als „die ärztliche Tätigkeit in Einrichtungen<br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Dienstes, die dazu bestimmt sind, unmittelbar den Gesundheitszustand<br />

der Bevölkerung und bestimmter Bevölkerungsgruppen zu ermitteln<br />

und laufend zu überwachen, drohende Gefahren festzustellen und zu beseitigen<br />

[31]. Neben den Amtsärzten sind im ÖGD auch Fachärzte anderer Gebiete, Zahnärzte,<br />

Psychologen und medizinisches Hilfspersonal wie Krankenpflegepersonal,<br />

Laborassistenten sowie Gesundheitsingenieure, Gesundheitsaufseher und Desinfektoren<br />

beschäftigt.<br />

2.3 Mögliche Anforderungen an den <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst im Katastrophenfall<br />

Für den Verteidigungsfall verlangt §15 Abs.1 Satz 4 <strong>des</strong> ZSNeuOG von 1997 [28],<br />

dass die Mitwirkung der Gesundheitsämter bei der Planung der Notfallvorsorge<br />

sicherzustellen ist, soweit diese nicht schon zuständig sind. Für den Katastrophenfall<br />

in Friedenszeiten findet jedoch die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in vielen KatSGesetzen<br />

der Länder und oder der KatS in den Gesetzen über den ÖGD entweder<br />

keine oder nur un<strong>zur</strong>eichende Erwähnung.<br />

2.3.1 Gesetzeslage<br />

Die Gesetzestexte von Baden-Württemberg, Sachsen, und Sachsen-Anhalt lauten<br />

wie folgt:<br />

36


Baden-Württemberg: Lan<strong>des</strong>katastrophenschutzgesetz – KatSG vom 24. April<br />

1979 in der Fassung <strong>des</strong> Gesetzes vom 3. Juli 1995 [32]:<br />

§ 2, Abs. 1: Als vorbereitende Maßnahmen haben die Katastrophenschutzbehörden<br />

... regelmäßig Übungen unter einheitlicher Führung der KatSBehörde<br />

unter Beteiligung der Träger der Katastrophenhilfe, der im Katastrophenschutz<br />

Mitwirkenden, von Angehörigen der Berufe <strong>des</strong> Gesundheitswesens ... durchzuführen.<br />

§ 5, Abs. 3: Die Alarm- und Einsatzpläne der Krankenhäuser berücksichtigen<br />

die Unterstützungsmöglichkeiten ... durch Personal nicht-akademischer Helferberufe<br />

<strong>des</strong> Gesundheitswesens.<br />

Sachsen: Gesetz über den Katastrophenschutz im Freistaat Sachsen (Sächsisches<br />

Katastrophenschutzgesetz- SächsKatSG) vom 22. Januar 1993, zuletzt geändert<br />

durch Gesetz vom 25. Juli 1994 [33]:<br />

§ 19 Besondere Pflichten der Angehörigen der Berufe <strong>des</strong> Gesundheitswesens:<br />

Abs. 1: Die in ihrem Beruf tätigen niedergelassenen Ärzte bilden sich auf der<br />

Grundlage ihrer Fortbildungspflicht ... auch für die besonderen Anforderungen<br />

einer Hilfeleistung bei der Bekämpfung von Katastrophen und der unmittelbar<br />

folgenden vorläufigen Beseitigung erheblicher Katastrophenschäden fort. Sie<br />

können verpflichtet werden, an den von der KatSBehörde angeordneten Übungen<br />

teilzunehmen.<br />

Abs. 2: Für das in seinem Beruf tätige Krankenpflege-, Röntgen- und medizinisch-technische<br />

Laborpersonal gilt der Absatz 1 Satz 2 ... entsprechend.<br />

Sachsen-Anhalt: Gesetz über den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst und die<br />

Berufsausübung im Gesundheitswesen im Land Sachsen-Anhalt (Gesundheitsdienstgesetz-GDG<br />

LSA) vom 21. November 1997 [34]:<br />

§ 1 Ziele und Aufgaben<br />

Abs. 1: Der öffentliche Gesundheitsdienst schützt und fördert die Gesundheit<br />

der Bevölkerung. Er wirkt an einer bedarfsgerechten gesundheitlichen Versorgung<br />

nach Maßgabe dieses Gesetzes insbesondere in folgenden Aufgabenbereichen<br />

mit:<br />

Abs. 5: Katastrophenschutz und Zivilschutz<br />

§ 4 Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.<br />

Darüber hinaus ordnet bereits 1990 §13 <strong>des</strong> Gesetzes über die Erweiterung <strong>des</strong><br />

Katastophenschutzes [35] den ÖGD im Katastrophenfall dem Katastrophenschutzstab<br />

(KatSStab) zu, und es wird erwartet, dass dieser Vorschläge unterbreiten kann<br />

bezüglich [3]:<br />

• Einschätzung der Lage<br />

• Logistik und Organisation<br />

• Aktivierung von materiellen und personellen Reserven.<br />

37


2.3.2 Katastrophenschutzstab und zugeordnete Einrichtungen<br />

Die Projektgruppe 5 der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz<br />

hält in ihrer Vorlage einer Dienstvorschrift für „Führung und Leitung<br />

im Einsatz“ <strong>des</strong> Jahres 2000 fest [36]: „Bei Großschadensereignissen oder<br />

Katastrophen muss der politisch Gesamtverantwortliche <strong>zur</strong> Gefahrenabwehr<br />

sowohl Einsatz- als auch Verwaltungsmaßnahmen veranlassen ... Hierbei bedient<br />

er sich ... der operativ-taktischen Maßnahmen eines Führungsstabes bzw. einer<br />

technischen Einsatzleitung und ... einer nach Lan<strong>des</strong>recht geltenden administrativ-organisatorischen<br />

Komponente“ [36]. Aufgabe und Zweck derselben ist, „unter<br />

den zeitkritischen Bedingungen eines Einsatzes umfassende Entscheidungen<br />

schnell, ausgewogen und unter Beachtung aller notwendigen Gesichtspunkte zu<br />

treffen.“ Als Beispiele für Maßnahmen werden die Gesundheitsversorgung und<br />

Hygienevorsorge für die Bevölkerung genannt und als Behörden, die Fachberater<br />

und Verbindungspersonen für alle Sachgebiete stellen können, werden die<br />

Gesundheitsbehörden aufgeführt.<br />

Sachgebiet 1<br />

Personal/<br />

Innerer Dienst<br />

Sachgebiet 2<br />

Lage<br />

Höchster Verwaltungsbeamter (HVB)<br />

Landrat/Oberbürgermeister<br />

als Einsatzleiter<br />

Sachgebiet 3<br />

Einsatz<br />

Sachgebiet 4<br />

Versorgung<br />

Fachberater/Verbindungspersonen<br />

GESUNDHEITSBEHÖRDEN<br />

Sachgebiet 5<br />

Presseund<br />

Medienarbeit<br />

Sachgebiet 6<br />

InformationsundKommunikationswesen<br />

Abb. 1: Die Gesundheitsbehörden als Fachberater im Katastrophenschutzstab (modifiziert nach<br />

[36] und Katastrophenschutzgesetzen der Länder [37])<br />

2.3.3 Aufgaben der im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst tätigen Ärzte<br />

Früher wurde empfohlen, den Amtsarzt nicht dem KatSStab hinzuzufügen [2,38].<br />

Bereits 1990 bestätigt aber der Geschäftsführer der Bun<strong>des</strong>ärztekammer, die die<br />

Fachlichkeit der Ärzte im Katastrophenschutz vertritt, dass sich „der Amtsarzt in<br />

seiner Doppelfunktion als Träger staatlicher Aufgaben und Befugnisse einerseits<br />

und andererseits mit dem Sachverstand <strong>des</strong> Arztes versehen, für diese Aufgaben<br />

in idealer Weise eignet“ [39] und unterstreicht damit § 13 <strong>des</strong> Gesetzes über die<br />

Erweiterung <strong>des</strong> KatS [35].<br />

Die rechtliche Planung von Nordrhein-Westfalen für die gesundheitliche Versorgung<br />

in Unglücks- und Katastrophenfällen, Runderlass <strong>des</strong> nordrhein-westfä-<br />

38


lischen Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 8. Januar 1991 sagt<br />

diesbezüglich [40]:<br />

1.2.1 „Er (der Amtsarzt) hat mit seinem Amt in enger Zusammenarbeit mit den<br />

Krankenhäusern und anderen Stellen und Einrichtungen <strong>des</strong> Gesundheitswesens<br />

... , die bei einem Massenanfall von Verletzten und Erkrankten notwendigen<br />

Maßnahmen zu planen, vorzubereiten und für die entsprechende Aufnahme<br />

in den Katastrophenschutzplan und andere Einsatzpläne zu sorgen“.<br />

Die Mitarbeit <strong>des</strong> Arztes im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst bei der Versorgung<br />

der Bevölkerung im Ernstfall stellt also nach den KatSGesetzen der Länder (§ 13<br />

Gesetz über die Erweiterung <strong>des</strong> KatSStabes) nicht die Ausnahme sondern den<br />

Regelfall dar [35,37]. Der Amtsarzt soll nach gültigem Recht bei einer Katastrophe<br />

– nicht wie vor zehn Jahren noch angedacht als Leitender Notarzt oder in der<br />

Patientenversorgung eingesetzt werden [38] sondern – beratende, aber keine kurativen<br />

Tätigkeiten im KatSStab oder einer sog. Koordinierungsgruppe bei Ereignissen<br />

unter der Katastrophenschwelle übernehmen.<br />

Damit hat der Gesetzgeber dem im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst tätigen Arzt<br />

einen sehr großen Ermessensspielraum, aber auch ein immens großes Aufgabenfeld<br />

zugewiesen. Denkbar wären u.a. nach dem Vorschlag der Dienstvorschrift<br />

„Führung und Leitung im Einsatz“ der Ständigen Konferenz für Katastrophenvorsorge<br />

und Katastrophenschutz [36] folgende Aufgaben im Ernstfall der Katastrophe<br />

im KatSStab:<br />

• Im Rahmen der Lagefeststellung: Beratung zu Einschätzung <strong>des</strong> Schadensereignisses<br />

und der Gefahrenlage, speziell <strong>des</strong> Schadens, <strong>des</strong> Schadensobjektes<br />

und <strong>des</strong> Schadensumfangs (insbesondere zu Menschen und Umwelt)<br />

• Im Rahmen <strong>des</strong> Auftrags: Beratung zu Einschätzung der Schaden- und<br />

Gefahrenabwehr, speziell der nötigen Führung, der Einsatzkräfte und der Einsatzmittel<br />

(insbesondere <strong>zur</strong> Rettung von Menschen und Umwelt)<br />

• Im Rahmen der Planung für den Einsatz: Beratung zu Beurteilung der<br />

Gefahren für Menschen und Umwelt, den Prioritäten der Gefahrenbekämpfung,<br />

den Möglichkeiten <strong>zur</strong> Gefahrenabwehr, der Gefahrenlage für die Einsatzkräfte<br />

und der Entscheidung über die besten Möglichkeiten<br />

• Im Rahmen der Entschlussfassung für die Einsatzdurchführung: Beratung<br />

zu den Zielen, den Einsatzschwerpunkten, der Einteilung der Kräfte, der Bewegungsabläufe,<br />

der Ordnung <strong>des</strong> Raums, der Versorgung (insbesondere der<br />

medizinischen Versorgung und Koordination der Rettungskräfte) und der Kommunikationsmöglichkeiten<br />

.<br />

Der Arzt im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst ist dem höchsten Verwaltungsbeamten,<br />

mit der Ausnahme <strong>des</strong> Transportes von hochkontagiösen Patienten in Spezialkliniken,<br />

weisungsgebunden (hier hat der Amtsarzt auch in Einzelfällen beratende<br />

Funktion und fachliche Weisungsbefugnis [41,42]).<br />

Außerdem wird aktuell in Deutschland gefordert, sogenannte „Kompetenzzentren“<br />

für die besonders problematische Handhabung von Ereignissen mit atomaren,<br />

biologischen und chemischen Mitteln zu schaffen [1]. Hier sollen Personen mit<br />

39


spezifischen Fachkenntnissen zusammengeführt werden, so z.B. der Arzt <strong>des</strong><br />

Gesundheitsamtes als Leiter, die Organisationen <strong>des</strong> Rettungsdienstes, Personen<br />

der Krankenhaushygiene, Chirurgen, Epidemiologen, Immunologen, Psychologen,<br />

Kriseninterventionsteams etc. Diese Zentren wären vor allem in den Ballungsgebieten<br />

mit bekannt hohen Verletzlichkeiten angesiedelt.<br />

2.3.4 Aus- und Weiterbildungsbedarf <strong>des</strong> Arztes im ÖGD <strong>zur</strong><br />

Katastrophenbewältigung<br />

Vor diesem Hintergrund erscheint es als selbstverständlich, dass der Arzt im ÖGD<br />

für die Anforderungen seiner Tätigkeit im ZS und KatS eine besondere Aus- und<br />

Weiterbildung haben sollte. Wichtig sind allgemeine Vorbereitungen auf die Konfrontation<br />

mit Schadensereignissen multipelster Art und ein fundiertes Wissen über<br />

die (medizinischen) Hilfsmöglichkeiten [2,3,4].<br />

Für „einfache Szenarien“ (begrenzte Patientenzahl ohne weitere Bedrohung der<br />

Bevölkerung, z.B. Flugzeugabsturz, Krankenhausbrand) sollten nach Meinungen<br />

in der Literatur vorhanden sein:<br />

• Medizinischer Sachverstand <strong>zur</strong> individuellen (Notfall-)Versorgung vieler<br />

Betroffener und prophylaktischen Betreuung potenziell Bedrohter<br />

• Kenntnisse über klimatische und topographische Besonderheiten <strong>des</strong> Amtsbezirkes,<br />

einschließlich der Bestandsaufnahme von Anlagen, die mit gesundheitsschädigenden<br />

Stoffen umgehen<br />

• Logistisches Wissen <strong>zur</strong> Abschätzung <strong>des</strong> Ausmaßes und der möglichen<br />

Weiterentwicklung einer Katastrophe einschließlich der Kenntnisse <strong>des</strong> Katastrophenschutzplanes<br />

der Verwaltungsbehörde, der Hilfsmöglichkeiten <strong>des</strong><br />

eigenen Kreises, der internen Vorkehrungen und Aufgabenverteilung im<br />

Gesundheitsamt selbst, der Kommunikations- und Transportmittel und der<br />

Möglichkeit der Hilfe von außen<br />

• Erkenntnisse über das geplante strategische Vorgehen <strong>zur</strong> Bewältigung einer<br />

Katastrophe einschließlich <strong>des</strong> Wissens um Personalreserven, Rückgriff auf die<br />

Bun<strong>des</strong>wehr, Transportmöglichkeiten, medizinischen Behandlungskapazitäten,<br />

Ressourcen und Spezialkliniken, der Vorratshaltung (technische Gerätschaften,<br />

medizinisches Behandlungsmaterial, Sanitätslager, Medikamentenvorräte,<br />

Adresslisten von Herstellern, Antidota, etc.), <strong>des</strong> Blutspendewesens, der Einrichtung<br />

von Hilfskrankenhäusern 2<br />

• Organisatorisches und rechtliches Wissen <strong>zur</strong> Erfüllung von Koordinierungsund<br />

Managementaufgaben in Zusammenarbeit mit Rettungsdienst, Feuerwehr<br />

und dem technischen Hilfswerk einschließlich Aufbau, Leistungsmöglichkeit<br />

und Funktion im Katastrophenfall<br />

• Kenntnisse der Katastrophensoziologie, der Psychologie der Menschenführung<br />

2 Hilfskrankenhäuser sind ortsfeste Einrichtungen <strong>des</strong> Zivilschutzes, in denen ergänzend zu den bestehenden<br />

Krankenhäusern Verletzte und Kranke medizinisch behandelt und untergebracht werden<br />

können<br />

40


unter Krisenbedingungen, einschließlich <strong>des</strong> Wissens um Kommunikationsund<br />

Informationspolitik<br />

• Wissen um Aufgaben <strong>des</strong> Meldewesens bei entsprechenden Institutionen im Inund<br />

Ausland.<br />

Für „komplexe Szenarien“ (große Anzahl von Patienten mit Bedrohung der<br />

Bevölkerung, auch über das akute Ereignis hinaus, z.B. Dammbrüche oder<br />

Anschläge mit chemischen, biologischen, radioaktiven Stoffen) sollten zusätzlich<br />

vorliegen:<br />

• Kenntnisse der Möglichkeiten <strong>zur</strong> raschen Beschaffung von speziellen Informationen<br />

in Datenbanken, bei Behörden, der Industrie über gesundheits- und<br />

umweltgefährliche Stoffe und deren Abbauprodukte einschließlich toxischer<br />

Bestandteile von Brandgasen, Zersetzungsprodukten von Kunststoffen sowie<br />

der Verfügbarkeit von Toxikologen und Spezialisten<br />

• Umfangreiches Wissen um das Vorgehen bei Evakuierungen von Wohngebieten,<br />

Krankenhäusern, etc und Ausarbeitung von Plänen.<br />

Für Trinkwasserunfälle: Wissen um Trinkwasserverordnung, Notbrunnen, Min<strong>des</strong>twasserbedarf,<br />

Trinkwassertransport und -wiederaufbereitungsanlagen; Kenntnisse<br />

der Nahrungsnotfallvorsorge, <strong>des</strong> Selbstschutzes, über Möglichkeiten internationaler<br />

Hilfe; Kenntnisse der Hygiene im Katastrophenfall [42].<br />

Für nukleare Unfälle: Wissen um Symptome, Behandlung und Dekontamination<br />

der betroffenen Bevölkerung; Kenntnisse um mögliche Ausbreitungswege und um<br />

prophylaktische Maßnahmen zum Schutz der noch nicht betroffenen Bevölkerung<br />

(Jodidtabletten).<br />

Für Chemieunfälle: Wissen um Symptome, Behandlung und Dekontamination<br />

der betroffenen Bevölkerung; Kenntnisse über mögliche Ausbreitungswege (Luft,<br />

Wasser, Mensch, Tier, Nahrung); Wissen um prophylaktische Schutzmaßnahmen<br />

der noch nicht betroffenen Bevölkerung und Umwelt einschließlich <strong>des</strong> Trinkwasserschutzes<br />

[42].<br />

Für Seuchen und Unfälle mit biologischen Kampfstoffen: Wissen um Symptome,<br />

Behandlung und Dekontamination der betroffenen Bevölkerung; Kenntnisse<br />

über Isolierungs- und Quarantänemöglichkeiten; Wissen um mögliche Ausbreitungswege<br />

und prophylaktische Schutzmaßnahmen der noch nicht betroffenen<br />

Bevölkerung (einschließlich Chemoprophylaxe oder Impfungen); Wissen um<br />

Koordinierungsaufgaben <strong>des</strong> Robert-Koch-Institutes, WHO und Europäisches<br />

Netzwerk [42].<br />

Damit dieses Wissen im Ernstfall einer Katastrophe im jeweiligen Amtsbezirk für<br />

das der Arzt zuständig ist, angewendet werden kann, dürfen auch die folgenden<br />

praktischen Vorbereitungen und die zwingend erforderliche Fähigkeit <strong>zur</strong><br />

Zusammenarbeit nicht vernachlässigt werden [2,3,4]:<br />

• Erstellen von Alarmkatalogen und Notfallplänen (Handlungskonzepte, Erreichbarkeit<br />

von Personal, etc.)<br />

41


• Durcharbeitung <strong>des</strong> Katastrophenschutzplanes, Ergänzung <strong>des</strong>selben bei<br />

Bedarf und Aktualisierung im Abstand von 6 Monaten<br />

• Durchführung von Katastrophenschutzübungen zum Ablauftraining, der Kommunikation<br />

mit Rettungsleitstelle und Feuerwehr, anderen Institutionen wie<br />

Blutbanken, Vergiftungszentralen, Zusammenarbeit mit dem Veterinärdienst,<br />

der Lebensmittelüberwachung etc.<br />

2.4 Aufgabenstellung und Bedeutung <strong>des</strong> Projektes <strong>zur</strong><br />

Verbesserung <strong>des</strong> Schutzes der Bevölkerung für einen<br />

Katastrophenfall<br />

Aufgabenstellung <strong>des</strong> Forschungsvorhabens ist es, die aktuelle <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die Zivil- und Katastrophenschutzplanung der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland festzustellen, die vorliegende Situation zu analysieren<br />

und potenziell Vorschläge zu einer Verbesserung der Integration aufzuzeigen.<br />

Da nicht bekannt ist, wie und ob das ärztliche Personal sowie die Angehörigen der<br />

Fachberufe im ÖGD die ihnen für den Katastrophenfall zugedachten Aufgaben<br />

wahrnehmen können, soll dieses Prozedere auch auf die genannten Berufsgruppen<br />

angewendet werden. Angesichts eines Mangels an katastrophenmedizinischen<br />

Themen in den Curricula der Aus- und Fortbildungskataloge [1] ist aber mutmaßlich<br />

von einem erheblichen Mangel an Wissen <strong>des</strong> ärztlichen und fachdienstlichen<br />

Personals im ÖGD auszugehen.<br />

Bezüglich der Inneren Sicherheit der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland und der Vorsorge<br />

für den Katastrophenfall wäre es fatal, wenn es aufgrund mangelnder Effizienz<br />

und Effektivität, fehlender Vorbereitung und un<strong>zur</strong>eichender Organisation<br />

<strong>des</strong> ÖGD für den Katastrophenschutz durch ein Schadensereignis zu einer erheblichen<br />

Belastung der Bevölkerung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, der sozioökonomischen Situation<br />

und einer Verschärfung unsozialer Zustände käme. Die zu erwartenden Ergebnisse<br />

<strong>des</strong> Projektes werden aber wissenschaftlicher Natur sein und können nur als<br />

Diskussionsgrundlage und Handlungsbasis für Politiker und Gesetzgeber dienen.<br />

Es ist vorstellbar, dass sich u.a. Folgen<strong>des</strong> ergibt:<br />

• Empfehlungen <strong>zur</strong> Konkretisierung der Aufgaben <strong>des</strong> ÖGD im Zivil- und<br />

Katastrophenschutzfall für die Gesetzgebung der Länder<br />

• Aufgabenbeschreibungen der Beraterfunktion <strong>des</strong> Amtsarztes in der Katastrophenschutzbehörde<br />

und im Katastrophenschutzstab<br />

• Beschreibungen amtsärztlicher Aufgaben in der Planung, Vorbereitung und<br />

Durchführung von gesundheitsdienstlicher Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

• Erstellung von Aus- und Weiterbildungsinhalten für das ärztliche und nichtärztliche<br />

Personal im ÖGD<br />

• Entwicklung von Übungsszenarien für den ÖGD.<br />

42


Literatur<br />

[1] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage<br />

einstellen. Dtsch Ärzteblatt 2001;43:C2208-C2210<br />

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Öff Gesundh.-Wesen 1981;43:632-646<br />

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11. November 2001<br />

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Leitfaden für die ärztliche Versorgung im Katastrophenfall. ISBN 3-00-<br />

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Geheimdienste fürchten, Islamisten könnten auf Pakistan’s Atomwaffen<br />

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[8] Luxbacher G, Schuh H: Das Rätsel von Toulouse. Die Explosion einer Düngemittelfabrik<br />

erschüttert Frankreich. Die Zeit 2001; 41:39<br />

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management, part 1: community emergency response. Acad Emerg Med<br />

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Dtsch Ärzteblatt 2001; 42:C2148-C2150<br />

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nicht total. Die Zeit 2001; 43:1<br />

43


[14] Dennis C: The bugs of war. Nature 2001; 411:232-235<br />

[15] Spiegel Online vom 09. November 2001. Milzbrand: Die Lehren von Swerdlowsk.<br />

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[16] Pinzler P: Supermacht in Angst. Die Zeit 2001; 43:39<br />

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“Rettungsdienst und Krankenhaus” im DIN Deutsches Institut für Normung<br />

e.V., Normenausschuss Feuerwehrwesen im DIN. Deutsche Norm Rettungswesen<br />

Begriffe – DIN 13050:2002-09; Version September 2002<br />

[21] Friedrich M, Göbel D, Gringmuth H et al: Zentrale Begriffe <strong>des</strong> Zivil- und<br />

Katastrophenschutzes. In: Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und<br />

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Stand August 2000. Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de.<br />

Zugang verifiziert am 21. November 2001<br />

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[23] Anonymous: Australian Emergency Manual – Disaster medicine. Emergency<br />

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[24] Sidell VW, Onel E, Giger JH, Leaning J, Foege WH: Public health responses<br />

to natural and man-made disasters. In: Maxcy, Rosenau, Last (Hrsg.). Public<br />

health and preventive medicine. 13th edition. Appleton and Lange 1992, S.<br />

1173-1185<br />

[25] Nordrhein-Westfalen: Katastrophenschutzgesetz – Kat SG – Nordrhein-Westfalen,<br />

§1, Abs. 2 vom 20. Dezember 1977 (GV. NW S.492)<br />

[26] Schleswig-Holstein: Gesetz über den Kastrophenschutz in Schleswig-Holstein<br />

vom 4. Dezember 1995 (GVOBl. Schl.-H. 1996, S. 2, geändert durch<br />

Artikel 67 der Verordnung vom 24. Oktober 1996 (GVOBl. Schl.-H. S. 652))<br />

44


[27] Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz. Auftrag<br />

und Mitglieder. Internetadresse: http: www. katastrophenvorsorge. de.<br />

Zugang verifiziert am 20. November 2001<br />

[28] Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz –<br />

ZSNeuOG) vom 25. März 1997 (BGBl.I S.726); geändert durch das Haushaltssanierungsgesetz<br />

vom 22. Dezember 1999 (BGBl.I S.2534)<br />

[29] SAEM Disaster Medicine White Paper Subcommittee: Disaster medicine:<br />

current assessment and blueprint for the future. Acad Emerg Med 1995;<br />

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[30] Heon-Klin V (unterstützt durch die Ärztekammer Berlin): Medizinstudium<br />

und was dann. Gesundheitssystem. Öffentliches Gesundheitswesen. Internetadresse:<br />

http: www.medatwork.com/berufsplaner. Zugang verifiziert am 21.<br />

November 2001<br />

[31] Ärztekammer <strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong>: Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und<br />

Ärzte <strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong> 1994. Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen.<br />

S. 68<br />

[32] Baden-Württemberg: Gesetz über den Katastrophenschutzgesetz – KatSG<br />

vom 24. April 1979 in der Fassung <strong>des</strong> Gesetzes vom 3. Juli 1995<br />

[33] Sachsen: Gesetz über den Katastrophenschutz im Freistaat Sachsen (Sächsisches<br />

Katastrophenschutzgesetz – SächsKatSG) vom 22. Januar 1993, zuletzt<br />

geändert durch Gesetz vom 25. Juli 1994:<br />

[34] Sachsen-Anhalt: Gesetz über den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst und die<br />

Berufsausübung im Gesundheitswesen im Land Sachsen-Anhalt (Gesundheitsdienstgesetz-GDG<br />

LSA) vom 21. November 1997<br />

[35] Gesetz über die Erweiterung <strong>des</strong> Katastrophenschutzes vom 14. Februar<br />

1990, BGBl.I S.229<br />

[36] Projektgruppe 5 „Harmonisierung“: Führung und Leitung im Einsatz. Führungssystem.<br />

Vorschlage einer Dienstvorschrift. DV 100. In: Ständige Konferenz<br />

für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz (Hrsg.). Köln<br />

August 2000. Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de. Zugang<br />

verifiziert am 24. November 2001<br />

[37] Projektgruppe Gesetze – Synopse – Musterlösungen: Katastrophenschutz in<br />

Gesetzen der Länder. Vergleichende Darstellung. In: Ständige Konferenz für<br />

Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz (Hrsg.). Köln 2000; Stand:<br />

Oktober 2000. Internetadresse: http://www. katastrophenvorsorge.de. Zugang<br />

verifiziert am 23. November 2001<br />

[38] Neuhauser S: Der Amtsarzt im Rettungsdienst und Katastrophenschutz, eine<br />

vernachlässigte Aufgabe. Öff Gesundh.-Wesen 1988; 50: 683-687<br />

45


[39] Knuth P: Die katastrophenmedizinischen Aspekte <strong>des</strong> Katastrophenschutzgesetzes<br />

1990 (KatSG). In: Schöttler H. (Hrsg.): Katastrophenschutzergänzungsgesetz<br />

1990, S.87<br />

[40] Nordrhein-Westfalen: Vorsorgeplan für die gesundheitliche Versorgung in<br />

Unglücks- und Katastrophenfällen, Runderlass <strong>des</strong> nordrhein-westfälischen<br />

Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 8. Januar 1991<br />

(MBl.NW 1991, S.119)<br />

[41] Rönnfeld J: Seuchenvorbereitung am Beispiel einer Berufsfeuerwehr. Vortrag<br />

im Workshop „Kehren die Seuchen <strong>zur</strong>ück – (neue) Gefahren durch biologische<br />

Kampfstoffe“ in Rahmen <strong>des</strong> Fortbildungsprogramms der Akademie für<br />

Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler am 18. Mai 2001.<br />

[42] Bun<strong>des</strong>republik Deutschland: Infektionsschutzgesetz IFSG; Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung<br />

seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchenrechtsneuverordnungsgesetz<br />

– SeuchRNeuG) vom 20. Juli 2000<br />

46


3. Analyse und Kommentierung der Rechtsgrundlagen<br />

sowie synoptische Auflistung der<br />

einschlägigen Regelungsgegenstände und<br />

Fundstellen hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die<br />

katastrophen-medizinische Versorgung der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

3.1 Vorbemerkung<br />

Die nachfolgende Analyse der beiden Bun<strong>des</strong>gesetze (IfSG, ZSNeuOG) und der<br />

thematisch einschlägigen Gesetze der Länder (ÖGD-Gesetze, Katastrophenschutzgesetze,<br />

Rettungsdienstgesetze, Krankenhausgesetze) sowie deren Kommentierung<br />

wird zeigen, dass sich – vom ZSNeuOG abgesehen – nur in den Gesetzen<br />

weniger Bun<strong>des</strong>länder (z. B. Berlin, Sachsen-Anhalt, ähnlich Brandenburg) und<br />

auch hier nur im jeweiligen ÖGD-Gesetz und/oder Katastrophenschutzgesetz<br />

„explizit formulierte Normen“ finden, die die „<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung betreffen“.<br />

Demgegenüber enthalten die Gesetze der weitaus meisten Bun<strong>des</strong>länder eine<br />

Reihe mehr oder weniger allgemein-abstrakt gefasster Vorschriften (sei es als Einzelnormen<br />

oder als „Normengeflecht“), deren Inhalt sich nicht unmittelbar vom<br />

Wortlaut her, sondern erst im Wege konkretisierender und teleologischer Auslegung<br />

durch Rückgriff auf den möglichen Wortsinn und den erkennbaren Normzweck<br />

(ratio legis) erschließt. Dabei offenbaren sich, was die Intensität der Verbindung<br />

zwischen ÖGD und KatS-Behörde anbelangt, von Land zu Land teilweise<br />

erhebliche graduelle Unterschiede. Man kann nachgerade von einer Klimax sprechen,<br />

auf deren unterster Stufe Regelungen angesiedelt sind, die eine nur mittelbar<br />

und vage zum Ausdruck gelangte, punktuelle bzw. partielle Verbindung zwischen<br />

ÖGD und katastrophenmedizinischer Versorgung begründen (z.B. Hessen,<br />

Saarland). Hier kann von einer <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD i. S. der Auftragsvorgabe<br />

schlechterdings keine Rede sein.<br />

Auf den nächsthöheren Stufen, jeweils danach unterschieden, in welchem Maße<br />

der ÖGD in die Katastrophenabwehr involviert ist, liegen Regelungen, die, auch<br />

wenn sie die sprachlich rigide Voraussetzung einer „expliziten Formulierung“<br />

nicht lupenrein erfüllen, doch die Gefahrenabwehraufgaben <strong>des</strong> ÖGD mit denen<br />

der KatS-Behörde so normenklar (etwa durch Komplementärvorschriften und<br />

Gewährleistung der Reziprozität, vgl. z.B. Art. 7 BayGDG) verschränken, dass sie<br />

immerhin einer „Implicite-<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung gleichkommen (vgl. etwa Bayern, Bremen). Auf der obersten<br />

Sprosse schließlich stehen die eingangs erwähnten, absolut eindeutig formulierten<br />

Rechtsnormen, die schon vom Text her keinerlei Zweifel daran lassen, dass der<br />

ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung eingebunden ist.<br />

47


Ergibt somit eine Sichtung und Analyse der einschlägigen Gesetze das Bild einer<br />

je nach <strong>Einbindung</strong>sintensität abgestuften Regelungsvielfalt, so liegt dabei nach<br />

der Auftragsvorgabe der Hauptakzent auf jenen „explizit formulierten Normen“,<br />

die einer Auslegung weder bedürfen noch zugänglich sind, weil ihr Inhalt unüberbietbar<br />

präzise bestimmt, mithin evident ist. Was auch immer der Grund für diese<br />

Akzentuierung sein mag, eine am strengen Maßstab absoluter Rechtsklarheit und<br />

Eindeutigkeit ausgerichtete Betrachtungsweise sollte nicht etwa in die rechtspolitische<br />

Forderung münden, alle Rechtsnormen, die diesen Eindeutigkeitsstandard<br />

expressis verbis nicht erreichen, positivistisch aufzublähen. Diese Bemerkung de<br />

lege ferenda sei hier ungeachtet der ansonsten auf die Darstellung und Kommentierung<br />

der bestehenden Gesetzeslage beschränkten <strong>Untersuchung</strong> erlaubt.<br />

Aber ebendiese, an der lex lata orientierte <strong>Untersuchung</strong> darf, wenn sie nicht<br />

Stückwerk sein soll, keineswegs auf die (wenigen) „explizit formulierten Normen“<br />

fixiert bleiben; sie muss vielmehr auch diejenigen Rechtsvorschriften in die Analyse<br />

miteinbeziehen, die zwar die formal strengen Voraussetzungen der Explizität<br />

nicht erfüllen, aber gleichwohl materiell-rechtlich eine – variierend intensive –<br />

Verschränkung <strong>des</strong> ÖGD mit der Katastrophenabwehr begründen. Und schließlich<br />

dürfen bei einer solchen Vorgehensweise auch diejenigen Rechtsnormen nicht<br />

außer Betracht bleiben, deren Regelungssubstanz sich in einer allenfalls peripheren<br />

Verbindung erschöpft, so dass selbst das Prädikat „implizite <strong>Einbindung</strong>“ nicht<br />

gerechtfertigt ist.<br />

Es folgt jetzt die Analyse und Kommentierung der Gesetzeslage im Bund sowie<br />

in den Bun<strong>des</strong>ländern, alphabetisch geordnet. Daran schließt sich die synoptische<br />

Auflistung der einschlägigen Regelungsgegenstände und ihrer Fundstellen an. In<br />

einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung soll dann versucht werden, ein länderübergreifen<strong>des</strong><br />

Gesamtfazit zu ziehen, verbunden mit einem vorsichtigen Ausblick<br />

auf etwaige Konsequenzen für den Gesetzgeber und die gesetzanwendende<br />

Verwaltung.<br />

3.2 Analyse und Kommentierung der Rechtsgrundlagen<br />

3.2.1 Bun<strong>des</strong>gesetze<br />

Gesetz <strong>zur</strong> Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim<br />

Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)<br />

Gegenüber der bisherigen Gesetzeslage führt das IfSG zu größerer<br />

Übersichtlichkeit und Effektivität, indem es mit Wirkung vom 01.01.2001 die<br />

inzwischen veralteten Rechtsvorschriften, darunter insbesondere das Bun<strong>des</strong>seuchengesetz,<br />

durch ein modernes Regelwerk ersetzt und dabei vor allem das Meldewesen<br />

neu strukturiert (§§ 6 ff.) und zeitlich gestrafft (§ 9 Abs. 3) hat.<br />

48


Damit verschafft das Gesetz – seiner Zielsetzung (§ 1 Abs. 1) entsprechend – den<br />

Gesundheitsbehörden die Möglichkeit, auf Infektionen schneller als bisher zu<br />

reagieren und ihrer Weiterverbreitung entgegenzuwirken. Dies wiederum ist bei<br />

„Ereignissen in denen Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen gefährdet<br />

sind“, die also das Ausmaß einer Katastrophe (in NRW: eines Großschadensereignisses)<br />

erreichen, u.U. von entscheidender Bedeutung. So wird z.B. bei<br />

Überschwemmungen oder unabhängig davon auftretenden Seuchen der ÖGD – als<br />

Sonderbehörde der Gefahrenabwehr aus der Natur der Sache in den Katastrophenschutz<br />

involviert – auf eine möglichst rasche und zuverlässige Information über<br />

bereits aufgetretene Infektionen und deren Krankheitserreger angewiesen sein.<br />

Dem dient das im IfSG verankerte duale Mel<strong>des</strong>ystem, das zwischen einer Meldepflicht<br />

für Krankheiten durch den feststellenden Arzt (§ 6 i.V.m. § 8 Abs.<br />

1 Nr. 1) und einer Meldepflicht für die Nachweise von Krankheitserregern<br />

durch ein Labor (§ 7 i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2) unterscheidet und nach Maßgabe<br />

<strong>des</strong> § 15 an die jeweilige epidemische Lage angepasst werden kann. Damit<br />

schafft das IfSG die unerlässlichen Voraussetzungen dafür, dass der ÖGD<br />

(Gesundheitsamt) als Meldeadressat (vgl. z.B. § 6 Abs. 2 und 3; § 8 Abs. 5; § 9<br />

Abs. 3) auf Katastrophenszenarien, die seine Fachkompetenz und <strong>des</strong>halb seine<br />

Mitwirkung bei der Katastrophenbekämpfung fordern, prompt, wirksam und flexibel<br />

reagieren kann.<br />

Insofern nimmt es nicht wunder, dass das Gesetz – von seiner Zielsetzung her folgerichtig<br />

– keinerlei „explizit formulierte Normen“ enthält, die die „<strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung betreffen“. Gleichwohl<br />

ist das IfSG im vorliegenden Sachzusammenhang durchaus von Belang, weil<br />

es mit einer signifikanten Verbesserung <strong>des</strong> Infektionsschutzes zugleich dazu beiträgt,<br />

das Gefahrenabwehrpotential (auch) <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenfall nicht<br />

unwesentlich zu stärken. Aber es bleibt dabei: Se<strong>des</strong> materiae <strong>des</strong> IfSG ist, wie<br />

schon aus der Benennung erhellt, der Infektionsschutz, nicht der Katastrophenschutz<br />

und die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in diesen. Anders sieht dies, wie sogleich<br />

deutlich wird, im Zivilschutzneuordnungsgesetz aus, das nach Regelungsgegenstand<br />

und Zielsetzung eine Art spezielles Katastrophenschutzgesetz für den Verteidigungsfall<br />

darstellt.<br />

Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong> Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz –<br />

ZSNeuOG)<br />

Mit dem Zivilschutzgesetz (ZSG, Art. 1 ZSNeuOG) hat sich der Bund, indem er<br />

von seiner ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat,<br />

aus eigenen Strukturen <strong>des</strong> Erweiterten Katastrophenschutzes <strong>zur</strong>ückgezogen, wie<br />

die Aufhebung <strong>des</strong> ErwKatSG durch Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 ZSNeuOG zeigt. Der Bund<br />

ergänzt nunmehr nur noch den als Teil der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in<br />

der Kompetenz der Länder verbleibenden Katastrophenschutz im Hinblick auf<br />

seine Verpflichtungen nach Art. 73 Nr. 1 GG (Schutz der Zivilbevölkerung als<br />

Annexkompetenz <strong>zur</strong> Verteidigung).<br />

49


An dieser Stelle sei wenigstens andeutungsweise die Frage aufgeworfen, ob das<br />

dieser Kompetenzverteilung zugrunde liegende Schema „Katastrophenschutz in<br />

Friedenszeiten, Zivilschutz im Verteidigungsfall“, zugespitzt auf die Alternative<br />

„Krieg oder Frieden, tertium non datur“ angesichts der Terroranschläge vom 11.<br />

September 2001 der Realität noch gerecht wird. Nach völkerrechtlichen Maßstäben<br />

(UN-Charta) gehört der internationale, jeder Hemmschwelle enthobene Terrorismus<br />

mit den von ihm heraufbeschworenen Bedrohungsszenarien (z. B. nicht<br />

mehr unwahrscheinliche ABC-Anschläge) weder in die Kategorie „Krieg“ noch<br />

in die Kategorie „Frieden; er ist sozusagen eine Gefahrensituation sui generis.<br />

Auf diese Weise entsteht eine Gemengelage, die nicht nur zum Nachdenken über<br />

neue Gefahrenabwehrkonzepte nötigt, sondern möglicherweise auch verfassungsrechtliche<br />

Probleme aufwirft.<br />

Nach gegenwärtiger Gesetzeslage ist es Aufgabe <strong>des</strong> Zivilschutzes, die Bevölkerung<br />

… vor Kriegseinwirkungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZSG, wohingegen<br />

die Abwehr von Katastrophen bzw. Großschadensereignissen in Friedenszeiten<br />

sich ausschließlich nach dem jeweiligen Lan<strong>des</strong>katastrophenschutzgesetz<br />

richtet.<br />

Aufgabe <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> nach dem ZSG bleibt es, die Länder, Gemeinden und<br />

Gemeindeverbände bei ihren Abwehrmaßnahmen „im Verteidigungsfall“ zu<br />

unterstützen (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c i.V.m. § 5 Abs. 1; § 6 Abs. 2). Soweit<br />

diese Aufgaben bisher dem Bun<strong>des</strong>amt für Zivilschutz übertragen waren, werden<br />

sie nach <strong>des</strong>sen Auflösung nunmehr vom Bun<strong>des</strong>verwaltungsamt wahrgenommen.<br />

Demgegenüber nehmen die „nach Lan<strong>des</strong>recht im Katastrophenschutz mitwirkenden<br />

Einheiten und Einrichtungen“ neben ihren originären Aufgaben der<br />

Katastrophenbekämpfung „auch“ die Aufgaben zum Schutz der Bevölkerung vor<br />

den besonderen Gefahren und Schäden wahr, die „im Verteidigungsfall“ drohen<br />

(§ 11 Abs. 1 Satz 1 ZSG). Diese Regelung ist – z.B. in Nordrhein-Westfalen –<br />

fast wörtlich in das einschlägige Lan<strong>des</strong>recht übernommen worden (§ 1 Abs. 6<br />

FSHG NRW). Mit der von Gesetzes wegen erfolgten Aufgabenkumulierung<br />

(Gefahrenabwehr im Katastrophenfall plus Gefahrenabwehr im Verteidigungsfall)<br />

bei den „für die Großschadensereignisse zuständigen Behörden“ ist zugleich die<br />

Verbindungslinie für den Aufgabenvollzug vorgezeichnet: In beiden Gefahrensituationen<br />

wird gleichermaßen ein Koordinierungsbedarf zwischen den je nach<br />

Fachkompetenz mitwirkenden Behörden, darunter auch der ÖGD (!), bestehen.<br />

Insofern gelten die Ausführungen zu § 1 Abs. 3 FSHG NRW (s. u.) auch an dieser<br />

Stelle.<br />

Abgesehen davon gehören zum Zivilschutz insbesondere auch „Maßnahmen zum<br />

Schutz der Gesundheit“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. dem Siebten Abschnitt, §§ 15 –<br />

18 ZSG). Dementsprechend haben die nach Lan<strong>des</strong>recht zuständigen Behörden<br />

ergänzende Maßnahmen <strong>zur</strong> gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung im<br />

Verteidigungsfall zu planen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 ZSG). Entweder sind insoweit<br />

die Gesundheitsämter zuständige Behörden, oder – wenn nicht – ist „deren Mitwirkung<br />

bei der Planung sicherzustellen“ (§ 15 Abs. 1 Satz 4 ZSG). Damit ist der<br />

ÖGD explizit – denn die Gesundheitsämter werden ausdrücklich genannt – in die<br />

zivilschutzmedizinische Versorgung der Bevölkerung, und zwar (bereits) im Sta-<br />

50


dium der Planung eingebunden. Entsprechen<strong>des</strong> kann sich – je nach lan<strong>des</strong>rechtlicher<br />

Regelung – beim Vollzug der Aufgaben nach § 15 Abs. 4, § 16 ergeben.<br />

Bei der Sanitätsmaterialbevorratung dürfte dies allerdings nicht der Fall<br />

sein, wie § 17 ZSG erkennen lässt. Dem Vernehmen nach beabsichtigt der BMI<br />

auf der Ermächtigungsgrundlage <strong>des</strong> § 17 eine Verordnung über eine Sanitätsmittelbevorratung<br />

zu erlassen, die nach den gesetzlichen Vorgaben (Vorhaltung ausreichenden<br />

Sanitätsmaterials durch Herstellungsbetriebe, Großhandlungen sowie<br />

öffentliche und Krankenhausapotheken) wesentlich weitergehen wird als z.B. die<br />

Arzneimittelbevorratungsverordnung in Nordrhein-Westfalen, die nur, und zwar<br />

auf freiwilliger Basis, eine bestimmte Anzahl dafür geeigneter Krankenhäuser mit<br />

einer Krankenhausapotheke betrifft und der sich – ebenfalls – keine Verbindung<br />

zum ÖGD entnehmen lässt.<br />

3.2.2 Lan<strong>des</strong>gesetze<br />

Baden-Württemberg<br />

ÖGDG<br />

§ 1 Abs. 3: Der ÖGD berät „Behörden und andere öffentliche Stellen in allen Fachbereichen<br />

seines Aufgabengebiets.“ Angesichts dieser offenen Formulierung kann<br />

nicht bezweifelt werden, dass auch, wie sich im Wege der Deduktion ergibt, die<br />

KatS-Behörden vom ÖGD zu beraten sind. Was die auch in vielen anderen Gesetzen<br />

vorkommende Formulierung „berät“ anbelangt, so ist hier der Indikativ nicht<br />

Aussage i. S. einer tatsächlichen Feststellung, sondern verbindliche Anweisung an<br />

denjenigen, der das Gesetz anzuwenden hat, also an den Normadressaten. Einer<br />

solchen Anweisung ist – unabhängig von ihrer grammatischen Form als Aussage<br />

– ein imperativer Sinn immanent (wie er z.B. in § 1 Abs. 5 ÖGDG Bremen<br />

expressis verbis [„haben... zu unterrichten“] zum Ausdruck gelangt ist).<br />

Die Frage, ob die Beratung von Amts wegen erfolgt, oder ob ein Beratungsersuchen<br />

der KatS-Behörde vorausgehen, diese also initiativ werden muss, beantwortet<br />

sich nach den Regeln der Amtshilfe, die ein Ersuchen voraussetzt. Dies gilt<br />

auch für den Fall, dass der ÖGD entweder aufgrund expliziter Gesetzesvorschrift<br />

(so z.B. Berlin, Sachsen-Anhalt) als mitwirkende Behörde in den Katastrophenschutz<br />

eingebunden ist (s. u. zu § 5 LKatSG), oder dass er aufgrund verwaltungsinterner<br />

Organisation Teil der KatS-Behörde ist (wie z.B. in Hamburg, NRW,<br />

Sachsen, S.-H.).<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Vorschrift auch ohne namentliche Nennung<br />

<strong>des</strong> ÖGD hinreichend normenklar ist, so dass ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf<br />

i. S. einer Konkretisierung (Katalogisierung der zu beratenden Behörden)<br />

nicht besteht. Auch der im Gesetz formulierte Beratungsgegenstand („alle Fachfragen<br />

seines Aufgabengebiets“) genügt dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot,<br />

da sich die dem ÖGD zugewiesenen Aufgaben (und damit inzident die<br />

51


ihm insoweit zugestandene Fachkompetenz) aus dem Gesetz ergeben (vgl. § 1<br />

Abs. 1 i.V.m. den Vorschriften <strong>des</strong> Zweiten Abschnitts, insbes. §§ 6 – 9). Aber es<br />

handelt sich eben nur um Beratung, nicht etwa um „Mitwirkung“ (hierzu verhält<br />

sich allerdings § 5 Abs. 1 LKatSG; s. dort), so dass angesichts dieser marginalen<br />

Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz von einer <strong>Einbindung</strong><br />

... keine Rede sein kann.<br />

Dass unter den in § 9 Abs. 1 Satz 1 enumerativ aufgeführten Einrichtungen, die<br />

der hygienischen Überwachung durch die Gesundheitsämter unterliegen, KatS-<br />

Einrichtungen nicht genannt sind, ist kein Defizit, sondern im Hinblick auf den<br />

aus der Vorschrift ersichtlichen Normzweck verständlich, einleuchtend und folgerichtig;<br />

denn bei den genannten Einrichtungen handelt es sich entweder um solche,<br />

die nach ihrer Zweckbestimmung von vielen Menschen aufgesucht zu werden<br />

pflegen und <strong>des</strong>halb mit erhöhten hygienischen Risiken behaftet sind, oder es<br />

geht dabei um – ebenfalls hygienisch riskante – Versorgungs- bzw. Entsorgungsanlagen.<br />

Diese Bedingungen sind jedenfalls nicht von vornherein typisch für<br />

Behörden, auch nicht für solche mit Publikumsverkehr, so dass deren Nennung<br />

(womöglich explizit, z. B. als „KatS-Behörde“) im Katalog <strong>des</strong> § 9 Abs. 1 Satz 1<br />

nachgerade implausibel („systemfremd“) wäre. Außerdem enthält § 9 Abs. 1 Satz 2<br />

– sozusagen für den Fall der Fälle – eine Auffangregelung in Form einer Kann-<br />

Bestimmung („können“), der zufolge „sonstige öffentlich zugängliche Einrichtungen“<br />

– eine allumfassende Formulierung, unter die auch sämtliche Behörden, mithin<br />

auch KatS-Behörden zu subsumieren sind – überwacht werden können, wenn<br />

Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Anforderungen der Hygiene dort nicht<br />

eingehalten werden (Ausdruck <strong>des</strong> Verhältnismäßigkeitsprinzips). Die damit hergestellte<br />

Verbindung zwischen ÖGD und KatS-Behörden ist allerdings lediglich<br />

institutionsbezogen, nicht katastrophenfallspezifisch (vgl. entsprechend z.B.<br />

Hamburg, NRW, Rh.-Pf., M-V.; anders Saarland).<br />

Außerdem ist zu beachten, dass § 9 Abs. 2 in seiner entsprechenden Kann-Bestimmung<br />

ausdrücklich „die im Sanitätsdienst eingesetzten Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes“<br />

nennt. Daraus, dass hier namentlich „Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes“<br />

als solche erwähnt sind, diese aber nicht insgesamt, sondern nur<br />

partiell, nämlich beschränkt auf die im Sanitätsdienst eingesetzten, einer<br />

Hygieneüberwachungsmöglichkeit durch den ÖGD unterworfen werden, folgt<br />

nach hiesiger Auffassung, dass § 9 Abs. 2 lex specialis gegenüber § 9 Abs. 1 Satz<br />

2 ist und diesen insoweit verdrängt. Somit ist also nach der Gesetzeslage <strong>des</strong><br />

ÖGDG der ÖGD in den Katastrophenschutz nur sehr begrenzt involviert, nämlich<br />

in der Weise, dass er – außer der Beratungsverpflichtung nach § 1 Abs. 3 – dort<br />

nur eine bedingte („wenn Anhaltspunkte vorliegen“), zudem nur institutionsbezogene<br />

Hygieneüberwachungsmöglichkeit („können“) hat, und auch diese nur<br />

beschränkt auf „die im Sanitätsdienst eingesetzten Einrichtungen“. Dies alles<br />

bleibt fraglos unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle.<br />

LKatSG<br />

§ 5 Abs. 1 Satz 1 enthält eine allumfassende Aufzählung der „im Rahmen ihres<br />

Aufgabenbereichs im Katastrophenschutz“ Mitwirkenden. Darunter fallen zwei-<br />

52


fellos auch die Gesundheitsämter. Sie sind damit bereits in die vorbereitenden<br />

Maßnahmen der KatS-Behörden nach § 2 Abs. 1 (vgl. etwa § 2 Abs. 1 Nr. 7: Heranziehung<br />

zu regelmäßigen Übungen) einbezogen. Auch „bei Katastrophen“<br />

kommt ein – von der KatS-Behörde anzuordnender und zu leitender – Einsatz von<br />

„Kräften“ <strong>des</strong> ÖGD (hier Weisungsgebundenheit nach § 19 Abs. 2) in Betracht<br />

(vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2, ferner auch Nr. 3).<br />

Weitere normenklar formulierte Beispiele („insbesondere“) für die aus § 5 Abs. 1<br />

Satz 1 folgende Mitwirkungspflicht <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutz ergeben sich<br />

aus § 5 Abs. 2 (Abgabe von Meldungen, Nr. 1; Ausarbeitung abgestimmter (!)<br />

Alarm- und Einsatzpläne, Nr. 2; Teilnahme an Übungen auf Anforderung, Nr. 3).<br />

§ 8 Abs. 1: Bestellung eines Lan<strong>des</strong>beirats für den Katastrophenschutz, der in<br />

grundsätzlichen Fragen zu hören ist (also sehr abgehoben und ohne Entscheidungsbefugnis;<br />

ähnlich S.-H.); ihm gehören, wenngleich Satz 3 keine abschließende<br />

(„insbesondere“) Regelung darstellt, keine originären Vertreter <strong>des</strong> ÖGDG an,<br />

wie sich aus Abs. 1 Satz 3 ergibt; ihre Heranziehung zu den Beratungen ist aber<br />

möglich („können“), wie zumin<strong>des</strong>t andeutungsweise aus § 8 Abs. 2 Satz 3 hervorgeht.<br />

Alles in allem wird damit über den Lan<strong>des</strong>beirat nur eine sehr mittelbare<br />

und sachlich eingeschränkte („nur zu hören“) Verbindung zwischen ÖGD und<br />

Katastrophenschutz bewirkt.<br />

Die Fortbildungspflicht in § 26 betrifft nur die „niedergelassenen“ Ärzte, mithin<br />

nicht die <strong>des</strong> ÖGDG (ähnliche Regelung auch in anderen Ländern, z. B. Hessen).<br />

RDG<br />

§ 6 Abs. 1 Satz 3: Die Rettungsleitstelle, die mit den dort genannten Stellen, wozu<br />

aber nicht der ÖGD gehört, zusammenarbeitet, wirkt im Katastrophenschutz mit.<br />

Normadressat <strong>des</strong> § 10 Abs. 1 (Mitwirkung von „geeigneten“ Ärzten,<br />

Satz 1) sind nicht, jedenfalls nicht hinreichend normenklar, die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD.<br />

Ausdrücklich genannt sind die Krankenhausärzte (Satz 3) und die niedergelassenen<br />

Ärzte (Satz 4).<br />

Ergebnis: Das RDG hat keinerlei Bezug zum ÖGD, ist mithin für das Auftragsthema<br />

irrelevant.<br />

LKHG<br />

Die durch § 39 Abs. 1 Satz 1 dem Gesundheitsamt und <strong>des</strong>sen Beauftragten eingeräumte<br />

Möglichkeit („können“) der Überprüfung der Krankenhäuser hinsichtlich<br />

der Einhaltung ihrer Verpflichtungen nach dem Vierten Abschnitt (§§ 28–33)<br />

hat keinerlei Bezug zum Katastrophenschutz. Das LKHG ist für das Auftragsthema<br />

irrelevant.<br />

53


FAZIT<br />

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass das ÖGDG zwar eine Reihe punktueller<br />

und partieller Verbindungen zwischen ÖGD und Katastrophenabwehr enthält,<br />

insgesamt aber den Standard einer – und sei es nur impliziten – „<strong>Einbindung</strong>“ nicht<br />

erreicht. Anders sieht dies nach dem LKatSG aus; hier ergibt sich, wenn auch nicht<br />

explizit, so doch im Wege der Auslegung, dass die Gesundheitsämter im Rahmen<br />

ihres Aufgabenbereichs im Katastrophenschutz Mitwirkende sind (§ 5 Abs. 1<br />

Satz 1; § 2 Abs. 1 Nr. 7, § 5 Abs. 2 Nrn. 1–3). RDG und LKHG sind für das Auftragsthema<br />

irrelevant.<br />

Bayern<br />

GDG<br />

Art. 1 Abs. 2 enthält eine recht allgemein gehaltene Beratungspflicht <strong>des</strong> ÖGD<br />

(„berät andere Behörden“; <strong>zur</strong> normativen Bedeutung dieses Indikativs s. o. zu<br />

B.-W.) in ... Fachfragen. Damit erstreckt sich die Beratung, wie sich durch Deduktion<br />

ergibt, auch auf die KatS-Behörde. Dennoch bleibt die Vorschrift erheblich<br />

unter der <strong>Einbindung</strong>sschwelle, da sie punktuell auf Beratung beschränkt und<br />

überdies nicht katastrophenspezifisch gefasst ist.<br />

Konkreter ist insoweit Art. 7 Abs. 1 Satz 1: Behörden <strong>des</strong> ÖGD „beteiligen und<br />

unterstützen ... andere Behörden“, also auch die KatS-Behörde, „soweit“ (dieser<br />

Vorbehalt bedeutet eine wichtige Relativierung) „dies durch Rechtsvorschrift“<br />

(als solche kommt Art. 7 BayKSG in Betracht; s. dort) „angeordnet oder <strong>zur</strong> rechtmäßigen<br />

Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der unterstützten Behörde“ (d. h.<br />

KatS-Behörde) „erforderlich ist“. Diese Mitwirkung in Form der Beteiligung und<br />

Unterstützung wird von Art. 7 Abs. 1 BayKSG als Katastrophenhilfe definiert<br />

(s. dort). Hierzu erfolgt eine sehr klare Verzahnung durch die Komplementärvorschrift<br />

<strong>des</strong><br />

Art. 7 Abs. 2 Satz 1: Die „übrigen Behörden“ (= andere Behörden, also auch<br />

KatS-Behörde) „beteiligen und unterstützen“ (= wortwörtliche Übereinstimmung<br />

mit Abs. 1) „die Behörden <strong>des</strong> ÖGD ...“ Ergänzung durch Unterrichtungspflicht<br />

nach Satz 2. Aufgrund von Art. 7 Abs. 2 GDG findet mithin eine Inpflichtnahme<br />

der KatS-Behörden durch eine Rechtsnorm im GDG, also außerhalb <strong>des</strong> BayKSG<br />

statt. Normadressat sind die KatS-Behörden (ähnlich z.B. § 12 Abs. 1 und 2 ÖGdG<br />

Rh.-Pf.). Die Reziprozität beider Regelungen wird durch das Wort „ihrerseits“ in<br />

Art. 7 Abs. 2 Satz 1 unterstrichen.<br />

Nach hiesiger Auffassung kann angesichts <strong>des</strong> Ineinandergreifens der Art. 7 Abs.<br />

1 und 7 Abs. 2 von einer von zwei Seiten her abgesicherten <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD<br />

in den Katastrophenschutz gesprochen werden, und zwar ungeachtet <strong>des</strong> Umstan<strong>des</strong>,<br />

dass infolge der Gesetzestechnik (generell-abstrakte Formulierung statt Enumeration)<br />

der Katastrophenschutz namentlich nicht genannt wird. Die Akzentuie-<br />

54


ung der Explizität (s. o. Vorbemerkung) sollte nicht dazu führen, implizit normierte<br />

<strong>Einbindung</strong>en als defizitär zu betrachten und infolge<strong>des</strong>sen einen legislatorischen<br />

Aktionismus auszulösen. Von der gesetzlichen Aufgabe der Überwachung<br />

durch die Gesundheitsämter sind nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 die Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes nicht generell erfasst, wohl aber die Rettungswachen<br />

u.s.w. (Nr. 3!). Dementsprechend lässt Art. 5 Abs. 4 BayRDG die Befugnisse der<br />

Gesundheitsämter nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Art. 9 GDG unberührt (s.<br />

dort). Die Überwachung von Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes durch den<br />

ÖGD ist allerdings nur unter den (mehrfachen) Einschränkungen <strong>des</strong> Art. 8 Abs.<br />

2 möglich:<br />

• Anordnungsmöglichkeit („kann“) im Einzelfall,<br />

• aber selbst dann nur Überwachung der im Sanitätsdienst eingesetzten Einrichtungen<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

• und dies wiederum nur, wenn Anhaltspunkte für die Nichteinhaltung der<br />

Hygieneanforderungen vorliegen.<br />

Unter diesen – stark eingeschränkten – Voraussetzungen ist also der ÖGD qua<br />

Überwachungsaufgabe mit dem Katastrophenschutz verbunden und überdies<br />

durch die Konkretisierungsvorschrift <strong>des</strong> Art. 9 mit besonderen Befugnissen<br />

(Auskunftsrecht, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; Betretungsrecht, Nr. 2; <strong>Untersuchung</strong>s- und<br />

Einsichtsrecht, Nr. 3; Recht vorläufiger Anordnungen, Nr. 4) ausgestattet. Dennoch<br />

erreicht diese Verbindung keineswegs den Grad der „<strong>Einbindung</strong>“, zumal sie nur<br />

institutionsbezogen („Einrichtungen“) und auch hier wiederum auf „die im Sanitätsdienst<br />

eingesetzten“ begrenzt ist.<br />

Die aufgrund der Ermächtigung in Art. 17 Abs. 1 ergangene Verordnung ...<br />

(AVGDG) → Ordner I – berührt den ÖGD im Hinblick auf <strong>des</strong>sen Zusammenwirken<br />

mit dem Katastrophenschutz nicht.<br />

BayKSG<br />

Hier stellt sich die Frage (mit Bejahungstendenz), ob nicht bereits durch die Legaldefinition<br />

der „Katastrophe“ in Art. 1 Abs. 2 aufgrund <strong>des</strong> Hinweises auf das<br />

Zusammenwirken der im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden (das<br />

ist z. B. der ÖGD nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 GDG, s. dort) als unerlässliche („nur“<br />

abgewehrt, „nur“ unterbunden) Bedingung („wenn ... zusammenwirken“) für<br />

Gefahrenabwehr und -beseitigung eine <strong>Einbindung</strong>swirkung qua definitione<br />

geschaffen wird. Diese Überlegung gilt für die meisten anderen Bun<strong>des</strong>länder<br />

entsprechend.<br />

Art. 1 Abs. 3 lässt die für die im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden (also<br />

nach Art. 1 Abs.2 BayKSG zwar sehr allgemein, aber nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1<br />

GDG deutlich: der ÖGD) geltenden gesetzlichen Bestimmungen (also diejenigen<br />

<strong>des</strong> GDG) unberührt, soweit dieses Gesetz (also das BayKSG) keine entgegenstehenden<br />

Regelungen enthält (letzteres ist ersichtlich nicht der Fall). An dieser Stelle<br />

ist noch einmal daran zu erinnern, dass Normadressat <strong>des</strong> Art. 7 Abs. 2 GDG<br />

nicht der ÖGD ist, sondern die KatS-Behörden (s. o.).<br />

55


Art. 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 4: Kreisverwaltungsbehörden haben rasche Alarmierung<br />

der an der Gefahrenabwehr Beteiligten (also nach Maßgabe von Art. 7 Abs.<br />

1 GDG auch <strong>des</strong> ÖGD) sicherzustellen (Nr. 3) und... Katastrophenschutzübungen<br />

unter Beteiligung der <strong>zur</strong> Mitwirkung im Katastrophenschutz Verpflichteten (also<br />

auch <strong>des</strong> ÖGD!) durchzuführen (Nr. 4). Dies bedeutet sehr wohl eine Verschränkung<br />

zwischen Katastrophenschutz und ÖGD.<br />

Nach der Legaldefinition in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 ist die auf Ersuchen der KatS-<br />

Behörden zu leistende Mitwirkung (also auch diejenige <strong>des</strong> ÖGD, vgl. Art. 7 Abs.<br />

1 GDG) Katastrophenhilfe. Sie muss (z.B. vom ÖGD) bis an die Grenze der<br />

Gefährdung dringender eigener Aufgabenerfüllung geleistet werden (Art. 7 Abs.<br />

1 Satz 2). Bei der Vorbereitung der Katastrophenabwehr erstreckt sich die Katastrophenhilfe<br />

auf die in Art. 7 Abs. 2 enumerativ aufgezählten Maßnahmen.<br />

Art. 7 Abs. 3 normiert noch einmal ausdrücklich, wenn auch allgemein, eine Verpflichtung<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenhilfe insbesondere für die Gemeinden, Landkreise und<br />

Bezirke (auch insoweit ist der ÖGD miterfasst; vgl. im übrigen Art. 2 Abs. 1 Nr.<br />

1 GDG: Landratsämter).<br />

BayRDG<br />

Art. 5 Abs. 4 lässt die Überwachungsaufgaben <strong>des</strong> ÖGD nach Art. 8 Abs. 1 Satz<br />

1 Nr. 3, Art. 9 GDG (s. dort) unberührt.<br />

BayKrG<br />

Keinerlei Bezug zum ÖGD. Wohl aber sind die Krankenhäuser Normadressat <strong>des</strong><br />

Art 8 Abs. 1 BayKSG: Krankenhausträger haben ... Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen<br />

und fortzuschreiben und mit der KatS-Behörde sowie benachbarten<br />

Krankenhäusern abzustimmen ... und diesen und der Rettungsleitstelle <strong>zur</strong> Verfügung<br />

zu stellen.<br />

FAZIT<br />

Aus dem „Normengeflecht“ <strong>des</strong> GDG und <strong>des</strong> BayKSG mit seinen vielfältigen,<br />

hinreichend normenklar geregelten Verschränkungen zwischen ÖGD und Katastrophenschutzbehörden<br />

ergibt sich implizit eine <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die<br />

katastrophenmedizinische Versorgung.<br />

Berlin<br />

GDG<br />

§ 11 Abs. 2: Der Überwachung durch den ÖGD unterliegen zwar die Einrichtungen<br />

<strong>des</strong> Rettungs- und Krankentransportwesens, nicht aber (verständlicherweise!)<br />

die KatS-Behörde als Sonderordnungsbehörde der Gefahrenabwehr.<br />

56


§ 19: „Der ÖGD wirkt im Katastrophenfall und bei vorbeugenden Maßnahmen<br />

für den Katastrophenfall mit und berät den Katastrophen-Hilfsdienst.“<br />

Damit ist der ÖGD explizit und normenklar in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung eingebunden, ungeachtet der ansonsten allgemein gehaltenen Formulierung.<br />

Zur Frage der Reziprozität zu §§ 11 Nr. 3, 15 KatSG s. dort. Eine nähere<br />

Konkretisierung im Gesetz ist kaum möglich, da sich Art und Umfang der Mitwirkung<br />

je nach den Umständen im Einzelfall richten (müssen). Zudem ist die Mitwirkung<br />

„im Katastrophenfall“ wesentlich konkreter als die Statuierung eines allgemeinen<br />

Kooperationsgebotes.<br />

Die Erfüllung der Mitwirkungs- und Beratungsaufgabe <strong>des</strong> ÖGD dürfte ohne<br />

Übermittlung personenbezogener Daten (Offenbarung von Patientendaten) möglich<br />

sein. Ansonsten sind Datenschutz und Schweigepflicht zu beachten (§ 32<br />

GDG), insbesondere das Gebot der Datenvermeidung durch Anonymisierung.<br />

KatSG<br />

Nach § 11 Nr. 3 wirken beim Katastrophenschutz außer den KatS-Behörden „insbesondere“<br />

(also kein abschließender Katalog) mit: „die der Aufsicht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />

Berlin unterliegenden juristischen Personen <strong>des</strong> öffentlichen Rechts (§15)“. Nach<br />

§ 15 Satz 1 wirken die der Aufsicht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Berlin unterliegenden juristischen<br />

Personen <strong>des</strong> öffentlichen Rechts beim Katastrophenschutz mit, soweit die Mitwirkung<br />

im Einzelfall zu ihren Aufgaben gehört. Letzteres ist beim ÖGD der<br />

Fall (§ 19 GDG). Dennoch ist die Formulierung „juristische Personen <strong>des</strong> öffentlichen<br />

Rechts“ keineswegs normenklar auf den ÖGD zugeschnitten. Statt<strong>des</strong>sen<br />

ist vielmehr abzuheben auf § 3; danach sind Katastrophenschutzbehörden die Ordnungsbehörden<br />

… und die Sonderbehörden, die für Ordnungsaufgaben zuständig<br />

sind. Hierzu gehören auch die Gesundheitsämter als Sonder(ordnungs)behörden<br />

der Gefahrenabwehr. Somit ist Katastrophenschutzbehörde in Berlin (auch) der<br />

ÖGD, der, soweit auf seine Fachkompetenz nicht verzichtet werden kann – man<br />

denke z.B. an den Seuchenfall oder allgemein an eine „gegenwärtige Gefahr für<br />

das Leben oder die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen“ (vgl. die Legaldefinition<br />

der Katastrophe in § 2 Abs. 1) – in die Katastrophenbekämpfung eingebunden<br />

ist. Zu demselben Ergebnis führt § 19 GDG (s. dort). Der Aufgabenvollzug<br />

im Einzelnen, <strong>des</strong>sen Regelung nicht Sache <strong>des</strong> Gesetzgebers ist, erfolgt<br />

aufgrund eigenverantwortlicher Gestaltung der verwaltungsinternen Organisation<br />

(vgl. hierzu insbes. die Ausführungen zu § 3 Abs. 1 HmbKatSG und § 1 Abs. 3<br />

FSHG NRW, außerdem zu § 1 Abs. 1 LKatSG S.-H.).<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 5 Abs. 6 i.V.m. der „VO über die externen Notfallpläne“<br />

vom 26.07.2000 (s. Ordner I) betrifft den ÖGD – wenn überhaupt – allenfalls<br />

peripher, insofern nämlich, als nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 KatSG externe Notfallpläne<br />

zu erstellen sind, um notwendige Informationen an betroffene Behörden<br />

oder Dienststellen „in dem betreffenden Gebiet“ weiterzugeben. Selbst wenn darunter,<br />

was nicht zweifelsfrei ist, auch der ÖGD fiele, so könnte von seiner expliziten<br />

<strong>Einbindung</strong> insoweit nicht die Rede sein.<br />

57


RDG<br />

Im RDG finden sich keine Regelungen bezüglich einer <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD<br />

in die Katastrophenabwehr. Allerdings hat der ÖGD die Einrichtungen <strong>des</strong> Rettungs-<br />

und Transportwesens zu überwachen, und zwar nach § 11 Abs. 2 GDG<br />

(s. dort).<br />

LKG<br />

§ 29 Abs. 1: „Die Krankenhäuser stellen Einsatzpläne für den Katastrophenschutz<br />

auf, stimmen sie mit den zuständigen Behörden ab und führen Übungen durch.“<br />

Der ÖGD ist insoweit nicht tangiert; dies gilt auch für die RVO-Ermächtigung<br />

nach § 29 Abs. 2.<br />

FAZIT<br />

Insgesamt kann aufgrund von § 19 GDG, der – deutlicher und konkreter, als dies<br />

in entsprechenden Normen anderer Bun<strong>des</strong>länder zum Ausdruck gelangt ist, –<br />

zweimal expressis verbis auf den „Katastrophenfall“ abhebt, sowie im Hinblick<br />

auf die Bestimmung der Katastrophenschutzbehörden in § 3 KatSG i.V.m. den aus<br />

der Organisationshoheit folgenden verwaltungsinternen Zuständigkeitsregelungen<br />

von einer – sogar expliziten – <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung gesprochen werden.<br />

Brandenburg<br />

BbgGDG<br />

§ 1 Abs. 3: Zusammenarbeitsgebot <strong>des</strong> ÖGD „mit den anderen an der gesundheitlichen<br />

Versorgung Beteiligten“. Dies können – im Katastrophenfall – sehr wohl<br />

auch die Mitarbeiter der Katastrophenschutzbehörde sein (vgl. die Legaldefinition<br />

in § 1 BbgKatSG: „Beeinträchtigung oder unmittelbare Gefährdung von ...<br />

Gesundheit einer Vielzahl von Menschen...“). Dennoch kann aufgrund dieses allgemein<br />

gehaltenen Kooperationsgebotes nicht schon von einer „expliziten <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung“ gesprochen werden<br />

(s. aber unten zu § 29).<br />

Dies gilt auch für § 3 Abs. 5 Satz 2, wonach die Träger <strong>des</strong> ÖGD „andere Behörden“<br />

(d. h. angesichts dieser offenen, weitgefassten Formulierung: alle in Betracht<br />

kommenden Behörden, also auch die Katastrophenschutzbehörden) in allen<br />

gesundheitlichen Fragen beraten.<br />

§ 4 Abs. 2 Satz 1: Die Landkreise und kreisfreien Städte (als untere Gesundheitsbehörden<br />

Träger <strong>des</strong> ÖGD, § 3 Abs. 1) haben für den Seuchenfall, der als zivilisationsbedingtes<br />

Gefahrenszenario sehr wohl das Ausmaß einer Katastrophe i. S.<br />

58


von § 1 BbgKatSG erreichen kann, vorbereitende Maßnahmen zu treffen, insbesondere<br />

Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und diese nach dem jeweiligen<br />

Stand von Wissenschaft und Technik fortzuschreiben.<br />

§ 19 Abs. 1 Nr. 2: ÖGD überwacht die Einhaltung der Anforderungen an die<br />

Hygiene und berät in Fragen <strong>des</strong> Gesundheitsschutzes Einrichtungen <strong>des</strong> Zivilund<br />

Katastrophenschutzes.<br />

§ 29 Abs. 1 regelt Unterstützungsgebot <strong>des</strong> ÖGD gegenüber „anderen Behörden“,<br />

also auch KatS-Behörden, sowie Datenübermittlungsbefugnis in den Grenzen<br />

der Erforderlichkeit. § 29 Abs. 1 ist gegenüber § 1 Abs. 3 die speziellere<br />

Norm, erreicht aber ebenfalls nicht den Grad der „<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD.<br />

BbgKatSG<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 10 Abs. 2 Satz 4 hat keinerlei Bezug zum ÖGD.<br />

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 gehören der Katastrophenschutzleitung auch Vertreter<br />

anderer Behörden an, deren Mitwirkung im Katastrophenfall erforderlich werden<br />

kann. Dazu zählen zweifelsfrei Bedienstete der Gesundheitsämter, die dann in<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 3 noch einmal ausdrücklich als solche genannt werden. Somit<br />

besteht eine enge institutionelle und personelle Verzahnung zwischen Katastrophenschutz<br />

und ÖGD. Diese Vorschrift kann daher als Beispiel einer expliziten<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung gewertet werden.<br />

§ 14 Abs. 1: Sicherstellung durch die unteren Katastrophenschutzbehörden, dass<br />

die ... niedergelassenen und „angestellten“ Ärzte ... benachrichtigt werden können.<br />

Hierunter dürften auch die Ärzte u.s.w. <strong>des</strong> Gesundheitsamtes fallen (arg.<br />

§ 22 Abs. 3). Ersichtliche ratio legis ist die Erfassung aller Angehörigen der<br />

Gesundheitsberufe, denn nur so entfaltet die Vorschrift die von ihr bezweckte<br />

maximale Effektivität. Damit bedeutet auch diese Vorschrift eine hinreichend normenklare<br />

Verknüpfung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

§ 22 Abs. 3: Meldepflicht der Gesundheitsämter bezüglich der nach § 14 Abs. 1<br />

erforderlichen Angaben (vgl. oben zu § 14 Abs. 1). Darunter fallen mit Blick auf<br />

den Normzweck auch die Angaben über die eigenen Ärzte u.s.w. <strong>des</strong> ÖGD selbst.<br />

Insoweit also wiederum Verzahnung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz.<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 22 Abs. 4 betrifft „Art und Umfang der erforderlichen<br />

Daten“, berührt also nicht die „<strong>Einbindung</strong>sfrage“.<br />

BbgRettG<br />

Enthält keinerlei Regelungen, die den ÖGD tangieren; keinerlei Bezug zwischen<br />

Rettungsdienst und ÖGD.<br />

59


LKGBbg<br />

§ 9 Abs. 1 Satz 1: Verpflichtung der Krankenhäuser <strong>zur</strong> Zusammenarbeit (u.a.)<br />

mit dem ÖGD, dem RettD, den KatS-Behörden. Insoweit handelt es sich um<br />

jeweils von den Krankenhäusern ausgehende bilaterale Zusammenarbeits-<br />

Stränge, also Krankenhaus mit ÖGD, Krankenhaus mit RettD, Krankenhaus mit<br />

KatS-Behörde, mithin nicht dieser Stellen untereinander. Die Vorschrift schafft<br />

also nicht etwa einen „Zusammenarbeitspool“ (Interaktionen aller mit allen) mit<br />

der Folge einer Verzahnung <strong>des</strong> ÖGD mit Katastrophenschutz und Rettungsdienst.<br />

Dies könnte auch nicht Regelungsgegenstand im LKGBgb sein (vgl. die entsprechenden<br />

Ausführungen zu § 3 Abs. 2 LKHG M-V).<br />

§ 10 Abs. 1 konkretisiert das Zusammenwirken <strong>des</strong> Krankenhauses mit dem Rettungsdienst:<br />

Verpflichtung, alle notwendigen Angaben über die Aufnahmebereitschaft<br />

zu geben, insbesondere Meldung der Anzahl der freien Betten, aufgegliedert<br />

nach Fachrichtungen.<br />

§ 10 Abs. 2 konkretisiert das Zusammenwirken <strong>des</strong> Krankenhauses mit dem Katastrophenschutz:<br />

Aufstellung von Einsatz- und Alarmplänen und deren Abstimmung<br />

mit der zuständigen KatS-Behörde. In beiden Fällen ist der ÖGD nicht<br />

betroffen.<br />

FAZIT<br />

Das Normengeflecht BbgGDG/BbgKatSG mit seinen z. T. recht markanten Verzahnungsregelungen<br />

und der sogar expliziten <strong>Einbindung</strong>snorm <strong>des</strong> § 11 Abs. 1<br />

BbgKatSG rechtfertigt die Feststellung, dass de lege lata insgesamt eine – zumin<strong>des</strong>t<br />

implizite – <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung<br />

besteht.<br />

Bremen<br />

ÖGDG<br />

§ 1 Abs. 5 enthält ein recht allgemein gehaltenes gegenseitiges Unterrichtungsund<br />

Anhörungsgebot für den ÖGD und „die anderen Behörden“, also auch zwischen<br />

ÖGD und KatS-Behörden. Dabei scheidet wohl vom Unterrichtungs- und<br />

Anhörungsgegenstand (Planungen, bevölkerungsbedeutsame Maßnahmen) her<br />

Datenverarbeitung, also Übermittlung und Austausch personenbezogener Daten,<br />

aus, so dass sich datenschutzrechtliche Probleme in diesem Zusammenhang nicht<br />

ergeben dürften. – Aber: Gegenseitige Unterrichtung und Anhörung, zumal mit<br />

Blick auf den Gegenstand, ist weniger als <strong>Einbindung</strong>.<br />

Brem.KatSG<br />

§ 4 Abs. 1 Nr. 1 führt allerdings insofern zu einer Intensivierung der Beziehungen,<br />

als im Katastrophenschutz außer den KatS-Behörden „für Gefahrenabwehr und<br />

60


Gefahrenbekämpfung fachlich zuständige ... Institutionen“ mitwirken. Dies<br />

bedeutet eine Mitwirkung (und insoweit <strong>Einbindung</strong>) auch <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz.<br />

Denn der ÖGD (Gesundheitsamt – §§ 4 Abs. 1 Satz 1; 5 Abs. 1<br />

Nr. 3; 6 Abs. 1 Satz 1 ÖGDG – als Sonderordnungsbehörde) ist nach Maßgabe<br />

und im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenzuweisung durch das ÖGDG (vgl.<br />

etwa §§ 1 und 2 ÖGDG) „fachlich zuständige“ Gefahrenabwehr-Institution. Die<br />

generell-abstrakte Formulierung, also der Verzicht auf eine buchstäbliche Nennung<br />

<strong>des</strong> ÖGD bedeutet keine Verletzung <strong>des</strong> Bestimmtheitsgebots. Man darf die Anforderungen<br />

an die Eindeutigkeit der Norm (etwa durch das Verlangen einer expliziten<br />

Formulierung) nicht überspannen.<br />

§ 5 regelt die Voraussetzungen und Bedingungen der Mitwirkung von Einheiten<br />

und Einrichtungen (= Institutionen i. S. v. § 4 Abs. 1 Nr. 1) öffentlicher Träger<br />

(wie z. B. ÖGD): „hierzu bestimmt“; „zugeordnet“; „anfordert“ oder „vereinbart“.<br />

Die Weisungsbefugnis liegt – folgerichtig und ähnlich wie z. B. in Hamburg, vgl.<br />

§ 15 Abs. 1 HmbKatSG – bei der KatS-Behörde (§ 5 Satz 2 Brem.KatSG).<br />

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3: Koordinierung der Katastrophenschutzpläne der mitwirkenden<br />

Einheiten und Einrichtungen (wozu u.a. der ÖGD gehört, natürlich auch<br />

andere) ist als vorbereitende Maßnahme (§ 7 Abs. 1 Satz 1) Aufgabe der KatS-<br />

Behörden.<br />

BremRettDG<br />

§ 9 Abs. 1: Beratende Mitwirkung der Gesundheitsämter im Rettungsdienst<br />

(„Unbeschadet weitergehender Befugnisse“). So klar findet sich dies, soweit<br />

ersichtlich, in keinem anderen RettDG.<br />

BremKHDSG<br />

Das Krankenhausdatenschutzgesetz ist, da für das Auftragsthema nicht einschlägig,<br />

in die Zusammenstellung (Ordner I) nicht aufgenommen worden. Ein spezielles<br />

Krankenhausgesetz existiert in Bremen nicht (Auskunft der Senatsverwaltung).<br />

FAZIT<br />

Die Regelungen über das gegenseitige Unterrichtungs- und Anhörungsgebot (§ 1<br />

Abs. 5 ÖGDG) i.V.m. dem Mitwirkungsgebot (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Brem.KatSG), dieses<br />

wiederum konkretisiert durch §§ 5, 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Brem.KatSG, führen<br />

insgesamt zu einer Verschränkung zwischen ÖGD und KatS-Behörde, wenngleich<br />

eine strikte, ausdrücklich so genannte „<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD damit noch nicht<br />

explizit festgeschrieben ist. – Zudem haben in Bremen die Gesundheitsämter eine<br />

beratende Mitwirkung im Rettungsdienst (§ 9 Abs. 1 BremRettDG, in dieser Normenklarheit<br />

singulär!); sie sind damit auch insoweit, nämlich wegen der Verbindung<br />

zwischen Rettungsdienst und Katastrophenschutz (vgl. etwa § 3 Abs. 1<br />

BremRettDG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Brem.KatSG), – wenngleich nur mittelbar –<br />

in die Katastrophenabwehr involviert. Insgesamt gewährt damit die Gesetzeslage<br />

61


der gesetzanwendenden Verwaltung den nötigen Handlungsspielraum für eine –<br />

dem Normzweck entsprechende – maximal-effiziente Katastrophenabwehr<br />

durch ein je nach fachlicher Kompetenz im Einzelfall gebotenes Zusammenwirken<br />

(vgl. § 1 Abs. 2 Brem.KatSG!) von KatS-Behörde und ÖGD. Ein darüber hinausgehender<br />

legislatorischer Handlungsbedarf wird nicht gesehen.<br />

Hamburg<br />

HmbGDG<br />

Das Gesetz gibt für eine Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz so<br />

gut wie nichts her. Weder die Aufgabenzuweisungsnorm <strong>des</strong> § 2 noch die Regelung<br />

der Zusammenarbeit (§ 3) bieten für eine solche Verbindung eine hinreichend<br />

normenklare und konkrete Stütze. Allenfalls die in § 13 Nr. 1 verankerte Aufgabe<br />

<strong>des</strong> ÖGD, die Betreiber der Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes zu<br />

beraten und die Einhaltung der Hygieneanforderungen in diesen Einrichtungen<br />

zu überwachen (ähnlich § 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG NRW, s. dort), bedeutet eine<br />

ansatzweise, im übrigen nur einrichtungsbezogene und nicht katastrophenfallspezifische<br />

Beziehung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz, die – gemessen an<br />

der <strong>Einbindung</strong> in die katastrophenmedizinische Versorgung – nicht ins Gewicht<br />

fällt.<br />

HmbKatSG<br />

Aus § 3 Abs. 1 ergibt sich, dass beim Katastrophenschutz in erster Linie „die dazu<br />

bestimmten Behörden (Katastrophenschutzbehörden)“ mitwirken. Welche<br />

Behörden dazu bestimmt sind, lässt sich dem Gesetz selbst, das damit die Organisationshoheit<br />

als Teil der kommunalen Selbstverwaltung respektiert, nicht entnehmen.<br />

Maßgebend sind insoweit die einschlägigen, auf Verwaltungsvorschriften<br />

gegründeten, internen Zuständigkeitsregelungen. Danach ist Katastrophenschutzbehörde<br />

in Hamburg auch der ÖGD, − ein Ergebnis, das mit Blick auf den<br />

Katastrophenfall und die dabei – zumin<strong>des</strong>t situativ – sich ergebende Notwendigkeit<br />

eines je nach Fachkompetenz behördenübergreifenden Zusammenwirkens<br />

(vgl. § 1 Abs. 1: „Abwehrmaßnahmen mehrerer Behörden erforderlich“) durchaus<br />

einleuchtet (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu § 8 Abs. 2 Satz 2 Sächs-<br />

KatSG).<br />

Wirkt demnach der ÖGD als Katastrophenschutzbehörde beim Katastrophenschutz<br />

mit, so bedeutet eine derartig intensive Form der Partizipation an der<br />

Katastrophenbekämpfung zugleich, und zwar ohne eine dementsprechende explizite<br />

Formulierung im Gesetz, seine <strong>Einbindung</strong> in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung. Eine dahinter <strong>zur</strong>ückbleibende Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz<br />

wäre mit der dem HmbKatSG ersichtlich immanenten Intention<br />

einer maximal-effektiven Katastrophenbekämpfung nicht zu vereinbaren (s. in diesem<br />

Zusammenhang auch die Ausführungen unter § 1 Abs. 3 FSHG NRW sowie<br />

unter § 11 Nr. 3 KatSG Berlin und unter § 1 Abs. 1 LKatSG S.-H.).<br />

62


HmbRDG<br />

Die in § 6 Abs. 2 Satz 1 beschriebenen Aufgaben <strong>des</strong> öffentlichen Rettungsdienstes<br />

sind auf die Notfallrettung und den Krankentransport (einschließlich <strong>des</strong><br />

Transports der in Abs. 2 Satz 2 genannten Güter) beschränkt, heben sich somit –<br />

ungeachtet der Qualifizierung als „medizinisch-organisatorische Einheit der Gefahrenabwehr<br />

und Gesundheitsvorsorge“ (ähnlich Hessen, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1,<br />

§ 3 Abs. 2 Satz 1 HRDG) – von den Aufgaben <strong>des</strong> ÖGD ab. Hier zeigt sich also<br />

die Trennung, nicht etwa eine Verbindung zwischen Rettungsdienst und ÖGD.<br />

HmbKHG<br />

§ 1 Abs. 2: Vom Gebot <strong>des</strong> Zusammenwirkens der Krankenhäuser „mit anderen<br />

Trägern der ambulanten und stationären gesundheitlichen Versorgung“ dürfte der<br />

ÖGD nicht erfasst sein. Jedenfalls findet sich, soweit ersichtlich, eine solchermaßen<br />

definierte Aufgabe <strong>des</strong> ÖGD im HmbGDG nicht.<br />

Wohl aber schafft § 3 Verbindungen zwischen Krankenhaus und Rettungsdienstaufgaben<br />

(Abs. 1 und 2) sowie zwischen Krankenhaus und KatS(-Behörden),<br />

Abs. 3.<br />

Auch für die Krankenhaushygiene ist das Krankenhaus selbst verantwortlich (§4<br />

Abs. 1). Und in die durch RVO-Ermächtigung gedeckte Materie (vgl. § 4 Abs. 2,<br />

Normzweck: „Verhinderung der Übertragung von Infektionen in Krankenhäusern“,<br />

also Prophylaxe) ist ebenfalls (primär) das Krankenhaus selbst verantwortlich<br />

eingebunden; dies (nämlich Nrn. 1–5) ist nicht Sache <strong>des</strong> ÖGD, jedenfalls<br />

gibt der Gesetzestext dafür nichts her.<br />

FAZIT<br />

Die Gesetzeslage in Hamburg ist zwar , bezogen auf das HmbGDG, unergiebig,<br />

aus § 3 Abs. 1 HmbKatSG i.V.m. den einschlägigen verwaltungsinternen Zuständigkeitsregelungen<br />

ergibt sich jedoch, dass (auch) der ÖGD dazu bestimmt ist,<br />

beim Katastrophenschutz mitzuwirken, so dass er – im Einklang mit der ratio<br />

legis – zugleich in die katastrophenmedizinische Versorgung eingebunden ist.<br />

– HmbRDG und HmbKHG bieten hierfür allerdings keinerlei Anhaltspunkte.<br />

Hessen<br />

GDG<br />

Ähnlich wie in Niedersachsen fehlt in Hessen (bis jetzt) eine eigenständige, lan<strong>des</strong>spezifische<br />

Regelung <strong>des</strong> ÖGD in einem Gesundheitsdienstgesetz. Deshalb ist<br />

hier auf die als Lan<strong>des</strong>recht weitergeltenden Regelungen <strong>des</strong> Gesetzes über die<br />

Vereinheitlichung <strong>des</strong> Gesundheitswesens vom 3.7.1934 und <strong>des</strong>sen I. bis III.<br />

DVO <strong>zur</strong>ückzugreifen.<br />

63


Die den Gesundheitsämtern nach § 3 Abs. 1 Nr. I Buchst. a GesVereinhG obliegende<br />

„Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit“ ist in dieser Allgemeinheit<br />

(nämlich wesentlich allgemeiner als Buchst. b-f) weit weg von der Zuständigkeit<br />

– und sei es mitwirkend, beratend usw. – der Gefahrenabwehr im<br />

Katastrophenfall. Insoweit entspricht die Aufgabenzuweisung nicht dem<br />

Bestimmtheitsgebot. Auch die Konkretisierung in § 4 Abs. 1 Satz 2 I. DVO führt<br />

nicht zu einer normenklaren Verbindung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz.<br />

Schon eher wird dies erreicht durch die in § 4 Abs. 3 I. DVO normierte – wenn<br />

auch allgemein, aber dennoch hinreichend normenklar formulierte – Funktion <strong>des</strong><br />

Gesundheitsamts als „ Berater anderer Behörden“; denn hierzu zählt je nach<br />

den Umständen auch die KatS-Behörde. Jedenfalls ist diese Formulierung offen<br />

für alle anderen Behörden, schließt also die KatS-Behörde ein, nicht aus.<br />

§ 19 Abs. 1 und 2 der I. DVO normiert eine „enge Zusammenarbeit“ und „stete<br />

Fühlungnahme“ (vgl. § 14 Satz 1 der II. DVO) zwischen Gesundheitsamt und<br />

Verwaltungsbehörde, die wiederum den Amtsarzt nach Maßgabe von Abs. 2 zu<br />

beteiligen hat. Diese Formulierungen sind so weitgefasst, dass der ÖGD davon<br />

auch im Katastrophenfall nicht ausgenommen ist, sofern (mit Blick auf die ratio<br />

legis wohl zu bejahen) „Verwaltungsbehörde“ auch als KatS-Behörde zu verstehen<br />

ist.<br />

§ 15 Abs. 2 der II. DVO normiert eine Unterstützungspflicht der (Orts-)Polizeibehörden<br />

gegenüber dem Gesundheitsamt, das wiederum nach Abs. 1 Adressat<br />

von unmittelbaren (Amtshilfe-)Ersuchen der (Orts-)Polizeibehörden sein kann.<br />

§ 15 Abs. 2 der II. DVO normiert eine Unterrichtungspflicht der Polizeibehörde<br />

gegenüber dem Gesundheitsamt („von allen wichtigen, das Gesundheitswesen<br />

betreffenden Vorkommnissen“). Auch dies kann je nach den Umständen im<br />

Katastrophenfall akut werden.<br />

Insgesamt sind alle diese – größtenteils antiquierten – Rechtsvorschriften unter<br />

dem hier zu prüfenden Gesichtspunkt keineswegs besonders normenklar.<br />

HBKG<br />

§ 2 Abs. 3 normiert ein – prima facie auch den ÖGD einbeziehen<strong>des</strong> –<br />

Zusammenarbeitsgebot bei der Gefahrenabwehr „für alle Dienststellen, Einheiten<br />

und Einrichtungen „(vgl. ähnlich § 27 Abs. 1 und 4) „sowie deren Träger“.<br />

Dennoch dürfte die Frage, ob insoweit (auch) der ÖGD Normadressat ist, zu<br />

verneinen sein, da Abs. 3 nach seiner systematischen Stellung in Zusammenhang<br />

mit Abs. 1 (und 2) zu würdigen ist, wo die Aufgabenträger enumerativ und<br />

explizit genannt sind, der ÖGD aber nicht.<br />

§ 21 Abs. 1 Satz 1 und 2: Bei den von der Gesamteinsatzleitung veranlassten <strong>zur</strong><br />

Gefahrenabwehr notwendigen Maßnahmen (dies gilt nur für „Abwehrenden<br />

Brandschutz und Allgemeine Hilfe“, vgl. Überschrift Siebter Titel sowie § 1 Abs.<br />

64


1 Nr. 1 und 2: Katastrophenschutz ist ein aliud!) sollen die von den fachlich<br />

berührten Behörden (das kann auch der ÖGD sein) für erforderlich gehaltene<br />

Maßnahmen berücksichtigt werden. Aber – wie oben aufgeführt –: keine Verbindung<br />

zum Katastrophenschutz! (Dessen Regelung beginnt erst mit § 24).<br />

Demgemäß spricht vieles dafür, dass die Unterstützungspflicht nach § 28 auch<br />

den ÖGD trifft.<br />

Aus § 29 ergibt sich nicht hinreichend normenklar, dass etwa der ÖGD in die<br />

vorbereitenden Katastrophenschutzmaßnahmen mit eingebunden ist. Dies gilt<br />

auch hinsichtlich <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes (§ 30), dem nach Satz 2 – wenngleich<br />

nur exemplarisch („insbesondere“) – Vertreter der Feuerwehr und der „im<br />

Katastrophenschutz mitwirkenden Einheiten und Einrichtungen“ (s. hierzu die<br />

Bedenken unter § 2 Abs. 3) angehören; insoweit also keine Verbindung zum<br />

ÖGD; dies gilt auch für die Katastrophenschutzübungen nach § 32 Satz 1, wo sich<br />

die gleiche Formulierung (s. o. und bei § 2 Abs. 3) findet. Und zu den „Einheiten<br />

und Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes“ i. S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 gehört<br />

der ÖGD schon gleich gar nicht.<br />

Das Zusammenarbeitsgebot <strong>des</strong> § 36 Abs. 1 bezieht sich nicht auf den ÖGD als<br />

solchen, sondern nur auf <strong>des</strong>sen berufsständische Vertretung. Andererseits sind<br />

nach § 36 Abs. 2 „die Angehörigen der Gesundheitsberufe“ (das sind auch die<br />

Ärzte usw. <strong>des</strong> ÖGD) sowie „die Stellen und Einrichtungen <strong>des</strong> Gesundheitswesens“<br />

(das sind auch die Gesundheitsämter) in die Alarm- und Einsatzpläne sowie<br />

die Katastrophenschutzpläne einzubeziehen, – was ja durchaus sinnvoll und notwendig<br />

ist und <strong>des</strong>halb einleuchtet.<br />

Hierzu wiederum folgerichtig: Verpflichtung <strong>zur</strong> katastrophenschutzbezogenen<br />

Fortbildung und Übungsteilnahme nach § 37 Abs. 1 für die dort genannten Angehörigen<br />

der Gesundheitsberufe, wozu – weil eine Beschränkung auf niedergelassene<br />

oder praktisch tätige Ärzte usw. fehlt – auch diejenigen <strong>des</strong> ÖGD zählen.<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 69 berührt nicht den Katastrophenschutz (nur<br />

die Feuerwehr) und schon gar nicht den ÖGD und <strong>des</strong>sen <strong>Einbindung</strong> in den<br />

Katastrophenschutz.<br />

HRDG<br />

Die Legaldefinition <strong>des</strong> „Rettungsdienstbereichs“ in § 2 Abs. 5 belegt, dass die<br />

Leistungen <strong>des</strong> Rettungsdienstes mit denen <strong>des</strong> Brand- und Katastrophenschutzes<br />

durch eine Zentrale Leitstelle, deren Aufgaben sich entsprechend aus § 5 ergeben,<br />

gelenkt und aufeinander abgestimmt werden. Der ÖGD ist insoweit nicht involviert.<br />

§ 3 Abs. 1 Satz 1: „Der Rettungsdienst ist eine Aufgabe der Gefahrenabwehr und<br />

der Gesundheitsvorsorge“. Von letzterer wird aber nicht der ÖGD berührt (vgl.<br />

§ 3 Abs. 2 Satz 1, der nur von „niedergelassenen“ Ärzten spricht).<br />

65


§ 4 Abs. 2 zeigt zwar eine gewisse Verklammerung <strong>des</strong> Rettungsdienstes mit dem<br />

Katastrophenschutz; der ÖGD wird davon aber nicht berührt.<br />

§ 6 regelt die rettungsdienstliche Versorgung bei besonderen Gefahrenlagen („größeren<br />

Notfallereignissen unterhalb der Katastrophenschwelle“), betrifft also nicht<br />

den Katastrophenfall.<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 6 Abs. 6 berührt nicht den ÖGD. In Abs. 6 Nr. 3<br />

ist nur von einer Zusammenarbeit <strong>des</strong> Rettungsdienstes mit den „niedergelassenen“<br />

Ärzten sowie dem Katastrophenschutz, nicht aber vom ÖGD die Rede.<br />

Auch die RVO-Ermächtigung in § 6 Abs. 8 Satz 2 berührt nicht den ÖGD.<br />

HKHG<br />

§ 4 Abs. 2 mit seinem Gebot der Zusammenarbeit (sogar „eng“) nennt als Partner<br />

der Krankenhäuser die „niedergelassenen“ Ärzte (also nicht ÖGD) und die „übrigen<br />

an der Patientenversorgung beteiligten ambulanten und stationären Dienste<br />

und Einrichtungen <strong>des</strong> Gesundheits- und Sozialwesens“, eine Formulierung, die<br />

nicht normenklar auf den ÖGD zugeschnitten ist.<br />

§ 8 regelt die Verpflichtung der Krankenhäuser, mit der Zentralen Leitstelle für den<br />

Brand- und Katastrophenschutz sowie für den Rettungsdienst Vereinbarungen zu<br />

treffen über die Organisation eines Bettennachweises. Der ÖGD ist nicht betroffen.<br />

§ 9 verpflichtet die Krankenhäuser, <strong>zur</strong> Mitwirkung im Brand- und Katastrophenschutz<br />

Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen usw. Auch insoweit ist der<br />

ÖGD nicht tangiert.<br />

§ 10 erwähnt bei der Krankenhaushygiene den ÖGD nicht, auch nicht <strong>des</strong>sen<br />

Überwachungsverpflichtung, die in anderen Bun<strong>des</strong>ländern z. T. explizit im jeweiligen<br />

GDG geregelt ist, vgl. z. B. § 9 Abs. 1 Satz 1 ÖGDG B-W.; § 13 Nr. 1<br />

HmbGDG. Das GesVereinhG – in Hessen se<strong>des</strong> materiae – ist insoweit nicht<br />

sonderlich konkret: „Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit (§ 3 Abs. 1<br />

Nr. I Buchst. a); „ärztliche Mitwirkung bei Maßnahmen <strong>zur</strong> Förderung der Körperpflege“<br />

(Nr. II). § 4 Abs. 3 der I. DVO nennt nur – unter Bezug auf § 3 I a <strong>des</strong><br />

Gesetzes – das Gebiet der „Lebensmittel- und Gewerbehygiene“, nicht die Krankenhaushygiene.<br />

Auch der Katalog <strong>des</strong> § 1 Satz 2 der II. DVO gibt für Krankenhaushygiene<br />

und deren Überwachung durch das Gesundheitsamt nichts Konkretes<br />

her; ebenso wenig § 2 der II. DVO. Aber letztlich kann diese Frage auf sich<br />

beruhen, da sie für die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung ohne Bedeutung ist.<br />

FAZIT<br />

Die Gesetzeslage im Gesundheitswesen in Hessen fußt auf den alten Regelungen<br />

<strong>des</strong> Gesundheitsvereinheitlichungsgesetzes von 1934 und den DVO hierzu, die<br />

66


hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong>sfrage an Normenklarheit zu wünschen übrig lassen.<br />

Im Wege der Auslegung <strong>des</strong> § 19 Abs. 1 und 2 der I. DVO ergibt sich aber immerhin<br />

– wenn auch nicht ganz zweifelsfrei – ein Zusammenarbeitsgebot zwischen<br />

ÖGD und KatS-Behörde, doch scheidet § 2 Abs. 3 HBKG als Komplementärvorschrift<br />

hierzu aus, wohingegen die Unterstützungspflicht nach § 28 HBKG auch<br />

den ÖGD angehen dürfte. Damit bleibt aber gleichwohl die Gesetzeslage insgesamt<br />

deutlich unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle, zumal konkret formulierte<br />

Vorschriften fehlen und sich durch Auslegung nicht alle Zweifel ausräumen lassen.<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

ÖGDG<br />

Im Pflichtaufgaben-Katalog für den ÖGD in § 1 Abs. 2 kommt die „katastrophenmedizinische<br />

Versorgung“ als solche und die „<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD in diese<br />

nicht vor.<br />

Das Zusammenarbeitsgebot in § 5 Abs. 1 erstreckt sich lediglich allgemein auf<br />

„andere Behörden“ (also auch auf die KatS-Behörde), doch wird die KatS-Behörde<br />

nicht exemplarisch („insbesondere“) genannt, so dass durch die Textfassung der<br />

Eindruck eines minderen Ranges dieser Zusammenarbeit vermittelt wird, eine<br />

Schlussfolgerung, die jedoch von der Sache her nicht unproblematisch erscheint.<br />

Vielmehr ist es angeraten, die ohnehin nicht abschließende Aufzählung nicht überzubewerten.<br />

Dies umso mehr, als die<br />

Komplementärvorschrift <strong>des</strong> § 5 Abs. 2 als Normadressaten ganz allgemein und<br />

ohne Hervorhebung einzelner „die anderen Behörden“ nennt, so dass die KatS-<br />

Behörden davon gleichermaßen (ohne etwaige Rangfolge) betroffen sind, den<br />

ÖGD also bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen haben (Abs. 2 Satz<br />

1) und ihn über Vorgänge, die die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung<br />

berühren, rechtzeitig zu unterrichten haben. − Und wiederum komplementär<br />

hierzu bestimmt § 5 Abs. 3, dass der ÖGD „andere Behörden“ (also auch die<br />

KatS-Behörden) in gesundheitlichen Fragen berät und sie, soweit deren Belange<br />

berührt sind, rechtzeitig unterrichtet.<br />

Somit zeigt sich in der Gesamtschau der Absätze 1–3 <strong>des</strong> § 5 eine Verzahnung<br />

zwischen ÖGD und (auch!) den KatS-Behörden. Auch angesichts der nicht ausdrücklichen<br />

Erwähnung der KatS-Behörden im Gesetzestext ergeben sich keinerlei<br />

Anhaltspunkte dafür, dass die KatS-Behörden etwa nicht von dem Interaktionsgeflecht<br />

der Absätze 1–3 <strong>des</strong> § 5 erfasst wären; eine derartige Schlussfolgerung<br />

fände im Gesetz keine Stütze, insbesondere dann nicht, wenn man die ratio<br />

legis (Sicherstellung funktionsfähiger, „aufeinander abgestimmter“, Abs. 1, maximal-effektiver<br />

Gefahrenabwehr) mit ins Kalkül zieht (teleologische Interpretation).<br />

Etwa dennoch verbleibenden Restzweifeln ließe sich schließlich mit einem<br />

Hinweis auf § 5 Abs. 5 begegnen, der auf die Einbeziehung auch „mittelbar an<br />

67


Gesundheitsfragen beteiligter Stellen“ (auch hierzu wird man die KatS-Behörden<br />

zu rechnen haben) abhebt.<br />

§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2: Der ÖGD hat die Einrichtungen (auch) <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

u.a. darauf zu überwachen, dass die Anforderungen der Hygiene<br />

beachtet und die gesundheitlichen Vorschriften eingehalten werden. Diese Verbindung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz ist allerdings institutionsbezogen,<br />

nicht katastrophenfallspezifisch (vgl. entsprechend § 17 NRW; § 7 Abs. 1<br />

Nr. 3 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ÖGdG Rh.-Pf.; § 13 Nr. 1 HmbGDG; anders § 12<br />

Abs. 1 Nr. 3 ÖGDG Saar; in Sachsen nur als Kann-Bestimmung, § 8 Abs. 1 Satz 3<br />

SächsGDG).<br />

§ 9 Abs. 1 Satz 3: Der ÖGD berät „alle Einrichtungen“ (diese Formulierung<br />

greift diejenige in Satz 1 Nr. 2 wieder auf), also auch die <strong>des</strong> Katastrophenschutzes,<br />

in Fragen <strong>des</strong> Gesundheitsschutzes. Dies bedeutet eine Verbindung auf niedrigem<br />

Niveau: Beratung ist weniger als Mitwirkung.<br />

LKatSG<br />

Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 leiten und koordinieren die KatS-Behörden die<br />

Zusammenarbeit im Katastrophenschutz mit „anderen fachlich zuständigen<br />

Behörden“ und übertragen ihnen spezielle damit verbundene Aufgaben, wie Maßnahmen<br />

auf dem Gebiet <strong>des</strong> Gesundheitswesens .... Das ist doch wohl Sache <strong>des</strong><br />

ÖGDG, der folglich hier gemeint sein dürfte.<br />

§ 7 a Abs. 1 normiert ein Zusammenarbeitsgebot der unteren KatS-Behörden mit<br />

(auch) den „berufsständischen Vertretungen der Angehörigen der Berufe <strong>des</strong><br />

Gesundheitswesens“ aus ihrem Bezirk. Damit wird allenfalls eine mittelbare Verbindung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz hergestellt.<br />

Nach dem Wortlaut <strong>des</strong> § 10 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 (s. dort) müsste auch „min<strong>des</strong>tens<br />

ein Vertreter“ <strong>des</strong> ÖGD dem Beraterstab angehören.<br />

Nach § 12 ist der ÖGD als „im Katastrophenschutz mitwirkende Einrichtung“<br />

auch in die Katastrophenschutzübungen einbezogen.<br />

RDG M-V<br />

Berührungspunkte zwischen Rettungsdienst und ÖGD sind im Gesetz nicht normiert.<br />

So ist z. B. der ÖGD im Lan<strong>des</strong>beirat für das Rettungswesen nicht vertreten<br />

(vgl. § 12 Abs. 2). Allerdings können nach § 12 Abs. 6 Vertreter anderer<br />

Behörden, damit also auch <strong>des</strong> ÖGD, sowie fachkundige Personen zu den Sitzungen<br />

hinzugezogen werden. Diese allenfalls mittelbare Verbindung zwischen<br />

Rettungsdienst und ÖGD ist aber im Zusammenhang mit dem Auftragsthema<br />

(„<strong>Einbindung</strong> in die katastrophenmedizinische Versorgung“) nicht von Belang. −<br />

Eine Verbindung aller Stellen (also ÖGD, Rettungsdienst und KatS-Behörden)<br />

erfolgt jedoch über das an die Krankenhäuser gerichtete Zusammenarbeitsgebot<br />

<strong>des</strong> § 3 Abs. 2 LKHG M-V (hierzu sogleich).<br />

68


LKHG M-V<br />

§ 3 Abs. 2: Die Krankenhäuser arbeiten „auf der Grundlage dieses Gesetzes und<br />

<strong>des</strong> Krankenhausplanes“ (hierzu vgl. §§ 23 ff.) u.a. mit dem ÖGD, dem Rettungsdienst<br />

und den KatS-Behörden zusammen. Insoweit handelt es sich um jeweils<br />

von den Krankenhäusern ausgehende bilaterale Zusammenarbeits-Stränge, also<br />

Krankenhaus mit ÖGD, Krankenhaus mit Rettungsdienst, Krankenhaus mit KatS-<br />

Behörde, mithin nicht dieser Stellen untereinander. Die Vorschrift schafft also<br />

nicht etwa einen „Zusammenarbeitspool“ (Interaktionen aller mit allen) mit der<br />

Folge einer Verzahnung <strong>des</strong> ÖGD mit Katastrophenschutz und Rettungsdienst.<br />

Dies könnte auch nicht Regelungsgegenstand im LKHG M-V sein (vgl. die entsprechenden<br />

Ausführungen zu § 9 Abs. 1 Satz 1 LKGBbg).<br />

§ 4 Abs. 2 Satz 1: Verpflichtung der Krankenhäuser, <strong>zur</strong> Mitwirkung im Brandund<br />

Katastrophenschutz Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen und mit den zuständigen<br />

Stellen abzustimmen. Dies sind zumin<strong>des</strong>t die KatS-Behörden und RettD-<br />

Einrichtungen, nach hiesiger Auffassung aber auch der ÖGD, der ja in seinem<br />

Fachbereich als Sonderordnungsbehörde für die Gefahrenabwehr (man denke<br />

etwa an einen Seuchenfall; IfSG!) zuständig ist und <strong>des</strong>halb insoweit in die<br />

Alarm- und Einsatzplanung einbezogen werden muss − ratio legis!)<br />

Zudem ist der ÖGD („Gesundheitsamt“) in diesem Bereich Krankenhausaufsichtsbehörde<br />

(vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, der u.a. den § 4 zitiert).<br />

FAZIT<br />

Bei einer Gesamtbetrachtung <strong>des</strong> § 5 Abs. 1–3 ÖGDG M-V ergibt sich eine Verzahnung<br />

zwischen ÖGD und KatS-Behörden von unterschiedlicher Intensität<br />

(Beratung, Unterrichtung, Unterstützung, Überwachung, Zusammenarbeit) und<br />

mit wechselnden Normadressaten (einmal ÖGD, ein anderes Mal KatS-Behörde).<br />

Den Grad der Mitwirkung im Sinne einer <strong>Einbindung</strong> (Integration) in die<br />

katastrophenmedizinische Versorgung erreicht diese Verzahnung allerdings nicht.<br />

Das an die KatS-Behörde gerichtete, auf die Zusammenarbeit bezogene<br />

Koordinierungsgebot (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LKatSG), das − an der Zielsetzung <strong>des</strong><br />

Gesetzes orientiert − auch den ÖGD betrifft, geht jedoch weiter und wird schließlich<br />

ergänzt durch die − nach hiesigem Verständnis der §§ 10,12 − Einbeziehung<br />

<strong>des</strong> ÖGD in Beraterstab und Katastrophenschutzübungen. Damit ist insgesamt ein<br />

Verschränkungsgrad erreicht, der einer <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz<br />

zumin<strong>des</strong>t nahekommt. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf wird<br />

nicht gesehen.<br />

Niedersachsen<br />

GDG<br />

In Niedersachen fehlt ähnlich wie in Hessen (bis jetzt) eine eigenständige, lan<strong>des</strong>spezifische<br />

gesetzliche Regelung <strong>des</strong> ÖGD und seiner Aufgaben in einem<br />

69


Gesundheitsdienstgesetz. Deshalb ist hier auf die als Lan<strong>des</strong>recht weitergeltenden<br />

Regelungen <strong>des</strong> Gesetzes über die Vereinheitlichung <strong>des</strong> Gesundheitswesens<br />

vom 03.07.1934 und der I. bis III. DVO <strong>zur</strong>ückzugreifen (s. hierzu im Einzelnen<br />

die Ausführungen zu Hessen).<br />

NKatSG<br />

§ 4 statuiert eine Verpflichtung „anderer Behörden“ <strong>zur</strong> Mitwirkung „im Katastrophenschutz“.<br />

Wenngleich allgemein-abstrakt formuliert, so genügt diese<br />

Vorschrift doch dem Bestimmtheitsgebot, da auch der ÖGD in diesem Kontext<br />

unter den Begriff „andere Behörden“ zu subsumieren ist, ihn also eine Mitwirkungspflicht<br />

trifft.<br />

Nach § 6 Abs. 2 sollen Mitglieder <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes „Vertreter der in<br />

Katastrophenfällen mitwirkenden Behörden“ sein. Dies bedeutet i.V.m. § 4, dass<br />

(auch) der ÖGD im Katastrophenschutzstab vertreten ist (sein soll) und damit<br />

an der Beratung der KatS-Behörde bei ihren Vorbereitungsmaßnahmen beteiligt<br />

ist (vgl. § 6 Abs. 3), ebenso an der Beratung und Unterstützung der „zentralen Leitung<br />

der Katastrophenbekämpfung“ (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2).<br />

Die Frage, ob der ÖGD (auch) unter die Mitwirkungspflicht der „Einheiten und<br />

Einrichtungen öffentlicher Träger“ nach § 14 Abs. 1 fällt, dürfte zu verneinen<br />

sein, weil § 4 neben den „sonstigen Trägern öffentlicher Aufgaben“ (= eine Art<br />

Auffangformulierung) an erster Stelle „andere Behörden“ nennt und diese Formulierung<br />

auf den ÖGD zugeschnitten ist.<br />

NRettDG<br />

Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 führt die Rettungsleitstelle „Verzeichnisse der für die<br />

Durchführung <strong>des</strong> Rettungsdienstes bedeutsamen medizinischen und pharmazeutischen<br />

Dienste und Einrichtungen“ und kann die dafür notwendigen Auskünfte<br />

von ... (anderen) Dritten verlangen. Selbst wenn davon auch der ÖGD betroffen<br />

sein sollte, so wäre damit seine <strong>Einbindung</strong> in die katastrophenmedizinische Versorgung<br />

nicht vollzogen, da sich die Zielsetzung <strong>des</strong> NRettDG von derjenigen <strong>des</strong><br />

NkatSG signifikant abhebt.<br />

Insgesamt ist das NRettDG für das Auftragsthema unergiebig.<br />

Nds.KHG<br />

Das Gesetz ist – ähnlich wie in S.-H. – als Ausführungsgesetz zum entsprechenden<br />

Bun<strong>des</strong>gesetz <strong>zur</strong> wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und <strong>zur</strong><br />

Regelung der Krankenhauspflegesätze konzipiert, weist demgemäß keinerlei<br />

Berührungspunkte zum Gefahrenabwehrbereich und damit zu Katastrophenschutz<br />

und ÖGD auf.<br />

70


FAZIT<br />

Zur Gesetzeslage im Gesundheitswesen gelten hier die entsprechenden Bemerkungen<br />

zu Hessen (s. dort). Aus dem NKatSG ergibt sich eine Verpflichtung <strong>des</strong> ÖGD<br />

<strong>zur</strong> Mitwirkung im Katastrophenschutz (§ 4) und in Verbindung damit eine „Soll“-<br />

Vertretung <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutzstab (§ 6 Abs. 2) mit entsprechender<br />

Beratungsbeteiligung (§ 6 Abs. 3, § 21 Abs. 1 Satz 2). „Mitwirkung im Katastrophenschutz“,<br />

deren Intensität sich nach den jeweiligen Erfordernissen <strong>des</strong> Einzelfalles<br />

richtet, bedeutet faktisch <strong>Einbindung</strong>; jedenfalls liefe ein Minus dem<br />

ersichtlichen Normzweck <strong>des</strong> Gesetzes (nämlich maximal-effektive Katastrophenbekämpfung)<br />

zuwider. – NRettDG und Nds.KHG sind für das Auftragsthema unergiebig.<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

ÖGDG<br />

Der allgemeinen Aufgabenbeschreibung <strong>des</strong> § 2 Abs. 1, wonach der ÖGD „im<br />

Rahmen seiner Zuständigkeit nach Maßgabe dieses Gesetzes eine ... Versorgung<br />

der Bevölkerung unterstützt“, lässt sich eine Verbindung zum Katastrophenschutz<br />

nicht entnehmen. Auch der die Aufgaben exemplarisch („insbesondere“)<br />

konkretisierende Katalog <strong>des</strong> § 2 Abs. 2 enthält insoweit keine normenklare<br />

Regelung.<br />

Die dem ÖGD nach § 3 obliegende Zusammenarbeit und Koordination<br />

erstreckt sich lediglich auf die „anderen an der gesundheitlichen Versorgung<br />

Beteiligten“, mithin nicht auf die KatS-Behörde.<br />

Allenfalls die in § 2 Abs. 2 Nr. 3 i. V. m. § 17 Abs. 1 Nr. 4 verankerte Aufgabe<br />

der Überwachung der Einhaltung der Hygienevorschriften bei Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes (ähnlich u.a. § 13 Nr. 1 HmbGDG, s. dort) bedeutet eine<br />

ansatzweise, im übrigen nur periphere, nicht katastrophenfallspezifische Beziehung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz, hat mithin keineswegs „<strong>Einbindung</strong>squalität“.<br />

FSHG<br />

ist an die Stelle <strong>des</strong> Katastrophenschutzgesetzes getreten, § 46.<br />

§ 1 Abs. 3 überträgt den Kreisen die Funktion der Leitung und Koordinierung<br />

<strong>des</strong> Einsatzes bei Ereignissen i. S. <strong>des</strong> Abs. 1, in denen Leben oder Gesundheit<br />

zahlreicher Menschen gefährdet sind und ein „erheblicher Koordinierungsbedarf“<br />

besteht. Liegen diese Voraussetzungen vor – dies lässt sich nicht abstrakt,<br />

sondern immer nur nach den Umständen <strong>des</strong> Einzelfalls beurteilen –, so ergibt sich<br />

daraus folgerichtig und geradezu zwangsläufig (sozusagen aus der Natur der<br />

Sache) die – situative – Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit (auch)<br />

mit der unteren Gesundheitsbehörde (Gesundheitsamt, vgl. § 31 Abs. 2 ÖGDG).<br />

71


Insofern impliziert § 1 Abs. 3 FSHG von seiner Zielsetzung her auch ohne<br />

„explizite Formulierung“ die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung. Der Aufgabenvollzug im Einzelnen, <strong>des</strong>sen Regelung nicht<br />

Sache <strong>des</strong> Gesetzgebers ist, erfolgt dann aufgrund eigenverantwortlicher<br />

Gestaltung der verwaltungsinternen Organisation. Dies kann aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen<br />

dazu führen, dass der ÖGD – ähnlich wie z.B. in Hamburg<br />

(s. dort unter § 3 Abs. 1 HmbKatSG; außerdem Berlin zu § 11 Nr. 3 KatSG und<br />

S.-H. zu § 1 Abs. 1 LKatSG) – als für das Gesundheitswesen fachkompetente<br />

Sonderordnungsbehörde Teil der Katastrophenschutzbehörde ist (man denke etwa<br />

an den Seuchenfall).<br />

In die nach § 21 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 4 von den kreisfreien Städten und Kreisen<br />

zu unterhaltende ständig besetzte Leitstelle für den Feuerschutz, die mit der<br />

Leitstelle für den Rettungsdienst zusammenzufassen ist (vgl. die Komplementärvorschrift<br />

<strong>des</strong> § 7 Abs. 1 Satz 1 RettG), ist der ÖGD von Gesetzes wegen nicht<br />

ausdrücklich einbezogen, was aber nichts daran ändert, dass er, wenn und<br />

soweit dies im Einzelfall erforderlich ist, jeweils beteiligt wird; dies insbesondere<br />

<strong>zur</strong> Bewältigung von Großschadensereignissen (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2).<br />

RettG<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 4 Abs. 6 betrifft nicht den ÖGD.<br />

Mitteilungspflicht bezüglich Erkrankungen nach § 5 Abs. 2 (übertragbare<br />

Krankheiten i. S. <strong>des</strong> IfSG) durch Träger und Unternehmen an das Gesundheitsamt<br />

(§ 5 Abs. 4 Satz 2); damit soll diesem die Prüfung ermöglicht werden, ob<br />

weitergehende Maßnahmen nach dem IfSG einzuleiten sind. Eine Verbindung<br />

zum Katastrophenschutz kann sich daraus für den Fall ergeben, dass der ÖGD<br />

aufgrund verwaltungsinterner Zuständigkeitsregelung Teil der Katastrophenschutzbehörde<br />

ist (vgl. oben zu § 1 Abs. 3 FSHG).<br />

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ist die Leitstelle <strong>des</strong> Rettungsdienstes mit der Leitstelle<br />

<strong>des</strong> Feuerschutzes nach § 21 FSHG (s. dort) zusammenzufassen; die Vorschrift<br />

tangiert nicht unmittelbar den ÖGD; <strong>des</strong>sen Beteiligung erfolgt aufgrund von<br />

Verwaltungsentscheidungen nach Maßgabe der Erforderlichkeit im Einzelfall.<br />

Das Zusammenarbeitsgebot Rettungsdienst / Krankenhäuser (§ 11) berührt<br />

nicht den ÖGD.<br />

Im Lan<strong>des</strong>fachbeirat für den Rettungsdienst ist der ÖGD nicht vertreten (§ 16).<br />

KHG NRW<br />

§ 1 Abs. 1 Satz 3 enthält ein recht allgemein gehaltenes Gebot der Förderung<br />

der Zusammenarbeit der Krankenhäuser „mit den sonstigen Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Gesundheitswesens“, insofern also auch mit dem ÖGD. – Das Zusammenarbeitsgebot<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> (§ 1 Abs. 2 Satz 3) lässt aber den ÖGD außen vor.<br />

72


Der soziale Dienst, den das Krankenhaus sicherzustellen hat, berücksichtigt bei<br />

seiner Aufgabenerfüllung (Ergänzung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung<br />

der Patienten, Beratung in sozialen Fragen etc.) die Ergebnisse der Gesundheitskonferenzen<br />

nach §§ 24, 26 ÖGDG, in die wiederum die Gesundheitsberichterstattung<br />

der Gesundheitsämter nach §§ 6 Abs. 1 Nr. 5; 21 ÖGD einfließt. Aber eine<br />

Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz ergibt sich daraus nicht.<br />

Dessen ungeachtet besteht ein Gebot enger Zusammenarbeit zwischen sozialem<br />

Dienst und Gemeinden / Gemeindeverbänden, also auch mit dem ÖGD (vgl. § 5<br />

Abs. 1 und 2 Nr. 1 ÖGDG; sowie § 3 ÖGDG als Komplementärvorschrift zu § 6<br />

Abs. 1 Satz 4 KHG NRW).<br />

Diese Vorschriften ermächtigen allerdings nicht zum Austausch personenbezogener<br />

Daten, insbesondere Patientendaten. Die Zulässigkeit der Datenverarbeitung<br />

richtet sich allein nach dem Gesundheitsdatenschutzgesetz – GDSG NW.<br />

Die aufgrund § 11 Abs. 4 erlassene Arzneimittelbevorratungsverordnung vom<br />

30. 08. 2000 ( GV. NRW S.632) stellt ausdrücklich auf die erhöhte Bedarfslage<br />

bei Großschadensereignissen (i.S. von § 1 Abs. 3 FSHG) ab und betrifft 29 ausgewählte<br />

Krankenhäuser, die freiwillig an einem im Einzelnen geregelten Bevorratungs-<br />

und Versorgungssystem teilnehmen. Eine Verbindung zwischen ÖGD<br />

und KatS-Behörde ergibt sich daraus jedoch nicht (dies gilt ebenso für die Sanitätsmaterialbevorratung<br />

nach § 17 ZSG, s. dort)<br />

§ 17 Abs. 1 Nr. 3 ÖGDG regelt die Überwachung der Krankenhaus-Hygiene,<br />

also der vom Krankenhaus nach § 8 Abs. 1 sowie aufgrund der nach § 8 Abs. 2<br />

erlassenen Rechtsverordnung („Krankenhaushygieneverordnung“) zu treffenden<br />

Maßnahmen durch den ÖGD.<br />

Alle vorstehend aufgeführten Regelungen <strong>des</strong> KHG NRW geben für eine <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung nichts her.<br />

Die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KHG NRW zu bildende Arzneimittelkommission<br />

hat u.a. die Aufgabe, durch Beratung an der Arzneimittelbevorratung für Großschadensereignisse<br />

(Legaldefinition in § 1 Abs. 3 Satz 1 FSHG) mitzuwirken.<br />

Insoweit besteht also eine Verknüpfung der Krankenhausaufgaben mit den Aufgaben<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes; im Übrigen wird auf die Regelungen in der Arzneimittelbevorratungsverordnung<br />

vom 30. 08. 2000 verwiesen.<br />

§ 10 Abs. 1 KHG NRW enthält ein weit gestecktes, nach § 2 dem Ziel der Verzahnung<br />

von stationärer, teilstationärer und ambulanter Versorgung dienen<strong>des</strong><br />

Gebot der Zusammenarbeit, das sich nicht nur auf den Rettungsdienst und die<br />

FSHG-Behörden, sondern auch auf den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

erstreckt.<br />

Dieses Zusammenarbeitsgebot als solches legitimiert allerdings nicht zum Austausch<br />

personenbezogener Daten, insbesondere Patientendaten. Deren Erhebung<br />

und Übermittlung durch das Krankenhaus und den ÖGD richten sich<br />

73


allein nach dem Gesundheitsdatenschutzgesetz – GDSG NW (vgl. § 2 Abs. 1 Nrn.<br />

1 und 3 GDSG NW).<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 40 Satz 2 betrifft nicht den ÖGD.<br />

FAZIT<br />

Im ÖGDG fehlen explizit formulierte Normen, die die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in<br />

die katastrophenmedizinische Versorgung regeln. So sind z. B. in § 3 ÖGDG als<br />

Kooperations- und Koordinationspartner <strong>des</strong> ÖGD die Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

nicht genannt. Die dem öffentlichen Gesundheitsdienst obliegende<br />

Überwachung der Einhaltung der Hygienevorschriften bei den Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes (§§ 2 Abs. 2 Nr. 3; 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG) führt nicht zu<br />

einer katastrophenfallspezifischen Verknüpfung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz.<br />

Dies geschieht aber sehr wohl – wenn auch nicht explizit – durch § 1 Abs.<br />

3 FSHG, wie sich aufgrund <strong>des</strong> Koordinierungsbedarfs ergibt. Das RettG und das<br />

KHG NRW bieten dagegen keine hinreichend normenklaren Anhaltspunkte für<br />

eine Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

Rheinland-Pfalz<br />

ÖGdG<br />

Die allgemeine Aufgabennorm <strong>des</strong> § 1 Abs. 1 gibt nichts her für eine „<strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGDG in die katastrophenmedizinische Versorgung.“<br />

Das Gebot enger Zusammenarbeit in § 1 Abs. 2 ist ausdrücklich beschränkt auf<br />

die Behörden der Lebensmittelüberwachung.<br />

§ 1 Abs. 3 statuiert eine – im übrigen subsidiäre („soweit nicht andere Stellen<br />

zuständig sind“) – allgemeine, auf „andere Behörden“ (also auch auf KatS-<br />

Behörden) bezogene Beratungspflicht <strong>des</strong> ÖGD, allerdings beschränkt auf<br />

humanmedizinische, toxikologische, pharmazeutische und hygienische Fachfragen.<br />

Insoweit besteht eine, allerdings periphere Verbindung zwischen ÖGD und<br />

KatS-Behörden. Dies gilt auch im Hinblick auf<br />

§ 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 5, wonach der ÖGD die Einhaltung der<br />

Hygiene-Anforderungen in Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes überwacht<br />

(ähnlich z. B. § 13 Nr. 1 HmbGDG; § 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG NRW; § 9 Abs. 1<br />

Satz 1 Nr. 2 ÖGDG M-V; anders § 12 Abs. 1 Nr. 3 ÖGDG Saar; in Sachsen nur<br />

als Kann-Bestimmung, § 8 Abs. 1 Satz 3 SächsGDG). Diese Verbindung ist lediglich<br />

einrichtungsbezogen, nicht katastrophenfallspezifisch.<br />

§ 12 Abs. 1 normiert ein Beteiligungs- und Unterstützungsgebot für den ÖGD<br />

gegenüber „anderen Behörden“, damit auch gegenüber der KatS-Behörde, die<br />

jedenfalls nicht ausgeschlossen ist. Daran ändert auch der Vorbehalt in Satz 1<br />

(„soweit“) nichts, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Beteiligung und Unter-<br />

74


stützung „durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift angeordnet“ ist (in Bayern<br />

kommt insoweit Art. 7 BayKSG in Betracht); allein die Bindung an die Erforderlichkeit<br />

<strong>zur</strong> rechtmäßigen Aufgabenerfüllung („Soweit“-Satz, letzte Alternative)<br />

trägt der Zielsetzung der Vorschrift hinreichend Rechnung. Hinzu kommt<br />

eine Unterrichtungspflicht <strong>des</strong> ÖGD gegenüber den „zuständigen Behörden“<br />

(das kann je nach den Umständen auch die KatS-Behörde sein), wenn ihm bei der<br />

Aufgabenwahrnehmung Verstöße gegen Vorschriften <strong>des</strong> Gesundheitsrechts<br />

bekannt werden.<br />

§ 12 Abs. 2 als Komplementärvorschrift zu Abs. 1 greift <strong>des</strong>sen Regelung, und<br />

zwar wortgleich, nur eben in umgekehrter Richtung auf. Normadressat sind hier<br />

u. a. die KatS-Behörden; deren Inpflichtnahme erfolgt mithin durch eine Rechtsnorm<br />

im ÖGdG, also außerhalb <strong>des</strong> LBKG (ähnlich z. B. Art. 7 Abs. 2 GDG<br />

Bayern). Die Reziprozität beider Regelungen ist offensichtlich („ihrerseits“).<br />

LBKG<br />

Dem nach § 7 zu bildenden Lan<strong>des</strong>beirat gehört nach § 1 Abs. 1 Nr. 20 der gemäß<br />

RVO-Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 ergangenen Lan<strong>des</strong>verordnung... vom<br />

5.3.1985 (s. Ordner II hinter LBKG) auch ein Vertreter <strong>des</strong> Berufsverban<strong>des</strong> der<br />

Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes an. Angesichts dieser nur sehr mittelbaren<br />

Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz über das Beratungsgremium<br />

Lan<strong>des</strong>beirat kann von einer „<strong>Einbindung</strong>...“ keine Rede sein.<br />

Die durch § 22 Abs. 1 und 2 geregelte Zusammenarbeit der Katastrophenschutz-<br />

Aufgabenträger liegt weit unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle, zumal der ÖGD<br />

nicht als solcher Normadressat ist, sondern allenfalls höchst mittelbar über die<br />

„berufsständischen Vertretungen der Gesundheitsberufe“ ins Spiel kommt.<br />

Demgegenüber bindet § 23 die Krankenhäuser ganz konkret, nämlich durch die<br />

Verpflichtung <strong>zur</strong> Aufstellung von Alarm- und Einsatzplänen, in den Katastrophenschutz<br />

ein. Der ÖGD ist nicht berührt.<br />

§ 24 erlegt allerdings den Angehörigen der Gesundheitsberufe, also auch denjenigen<br />

<strong>des</strong> ÖGD (denn eine Beschränkung auf bestimmte Institutionszugehörigkeit<br />

fehlt), eine Pflicht <strong>zur</strong> Fortbildung für die Anforderungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

auf. Dadurch wird aber nur eine indirekte und periphere Verbindung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz hergestellt.<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 1 bedeutet nach hiesiger Auffassung<br />

lediglich, dass durch die in der Rechtsverordnung zu treffenden Regelungen die<br />

den kommunalen Aufgabenträgern durch Gesetz zugewiesenen (und in Nr. 1 noch<br />

einmal genannten) Pflichten und Aufgaben konkretisiert („nähere Regelungen“)<br />

werden. Materiell mehr, als das Gesetz regelt, soll die Rechtsverordnung, die sich<br />

ohnehin im Rahmen der Ermächtigung halten muss, ersichtlich nicht regeln. Dies<br />

erhellt hinreichend klar aus der Formulierung „nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 und<br />

9...“ sowie aus der Bezugnahme auf § 19 <strong>des</strong> Gesetzes (Gesetzesakzessorietät). Ein<br />

weiteres Indiz für die hier vertretene Auffassung bietet der Vergleich zwischen § 7<br />

75


LBKG, wo die Zusammensetzung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beirats nur grob geregelt ist, und § 1<br />

der aufgrund der RVO-Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Nr. 4 ergangenen Lan<strong>des</strong>verordnung,<br />

wo die Zusammensetzung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beirats konkret und enumerativ<br />

festgelegt ist.<br />

Die Bedeutung der hier aufgeworfenen Fragen schwindet in<strong>des</strong> angesichts der<br />

Tatsache, dass der zuständige Minister von der Ermächtigung nach § 43 Abs. 1<br />

Nr. 1 bis jetzt keinen Gebrauch gemacht hat (Auskunft <strong>des</strong> zuständigen Referenten).<br />

Es gibt nur – außer der bereits erwähnten (in den Ordner II aufgenommenen)<br />

Lan<strong>des</strong>verordnung über den Lan<strong>des</strong>beirat...vom 5.5.1985 – vier weitere<br />

Rechtsverordnungen, und zwar eine Feuerwehrverordnung, eine Werkfeuerwehrverordnung,<br />

eine Brandverhütungsschauverordnung und eine Feuerwehrentschädigungsverordnung,<br />

die jedoch allesamt keinerlei Bezug zum ÖGD haben,<br />

weshalb von einer Aufnahme in die Gesetzessammlung abgesehen worden ist.<br />

RettDG<br />

§ 7 Abs. 3: Das der Rettungsleitstelle auferlegte Zusammenarbeitsgebot erfasst<br />

nicht den ÖGD.<br />

§ 10 Abs. 1: Die „zuständige Behörde“ (= Kreise und kreisfreie Städte, je nach<br />

Rettungsdienstbereich, § 3 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1) hat im Rahmen ihrer<br />

Aufsichtspflicht bei Aufgaben, die den Bereich der Gesundheitsverwaltung berühren,<br />

die Behörden der Gesundheitsverwaltung, also das Gesundheitsamt, zu beteiligen.<br />

Dies bedeutet aber keine Verbindung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz.<br />

LKG<br />

§ 30 Abs. 2: Verpflichtung der Krankenhäuser <strong>zur</strong> Zusammenarbeit mit dem ÖGD,<br />

aber keine Verbindung ÖGD/Katastrophenschutz. Die Kooperationspflicht <strong>des</strong><br />

§ 30 Abs. 2 als solche eröffnet keine normenklare Befugnis zum Austausch personenbezogener<br />

Daten, insbesondere Patientendaten und stellt erst recht keine<br />

Offenbarungsbefugnis i. S. von § 203 Abs. 1 StGB dar. Abgesehen davon dürfte<br />

im Rahmen <strong>des</strong> § 30 Abs. 2 personenbezogene Datenverarbeitung i. d. R. nicht<br />

erforderlich sein, so dass dem Gebot der Datenvermeidung entsprechend mit<br />

anonymisierten Daten auszukommen ist. Ausnahme: namentliche Meldepflicht<br />

nach §§ 6, 7 i. V. m. § 8 Abs. 1 Nr. 1 IfSG (Krankenhaus an Gesundheitsamt);<br />

diese bereichsspezifischen bun<strong>des</strong>rechtlichen Befugnisnormen gehen § 36 Abs. 3<br />

Satz 1 Nr. 1 LKG vor.<br />

§ 34 Abs. 1 Satz 1 und 2: Tägliche Meldepflicht je<strong>des</strong> Krankenhauses im Einsatzbereich<br />

einer Rettungsleitstelle (§ 4 Abs. 3 i. V. m. § 7 RettDG) dieser gegenüber<br />

bezüglich der Zahl der freien Betten. Der ÖGD ist nicht berührt.<br />

76


FAZIT<br />

Das ÖGdG enthält neben peripheren Verbindungen zum Katastrophenschutz (allgemeine,<br />

auf Fachfragen beschränkte Beratungspflicht, § 1 Abs. 3; institutionsbezogene<br />

Überwachung der Hygiene-Anforderungen, § 7 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 1<br />

Abs. 1 Nr. 5) für ÖGD und KatS-Behörde ein – hinreichend normenklares – Gebot<br />

der gegenseitigen (!) Beteiligung und Unterstützung (§ 12 Abs. 1 und 2), was zu<br />

einer wesentlich engeren Verschränkung zwischen beiden Behörden führt, wenngleich<br />

die Stufe der Mitwirkung i. S. einer faktischen <strong>Einbindung</strong> damit noch<br />

nicht erreicht wird. Deutlich unter diesem Niveau bleibt allerdings das LBKG,<br />

aus dem sich nur mittelbare und periphere Verbindungen zwischen ÖGD und Katastrophenschutz<br />

ergeben. Keinerlei derartige Verbindungen lassen sich dem<br />

RettDG und dem LKG entnehmen.<br />

Saarland<br />

ÖGDG<br />

§ 1 Abs. 1 enthält einen allgemeinen Aufgabenkatalog ohne jeden Bezug auf<br />

eine <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung.<br />

§ 1 Abs. 2 normiert demgegenüber eine – wenngleich allgemein gehaltene – Beratungspflicht<br />

<strong>des</strong> ÖGD gegenüber „Behörden und anderen öffentlichen Stellen“,<br />

mithin auch gegenüber der KatS-Behörde. Beratung ist allerdings weniger als<br />

Mitwirkung, liegt also deutlich unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle.<br />

§ 10 Abs. 1 intensiviert die Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz,<br />

indem er dem ÖGD gebietet, bei Umweltbeeinträchtigungen eng (!) mit<br />

den Behörden der Gefahrenabwehr zusammenzuarbeiten. Dazu gehört auch<br />

die KatS-Behörde, was durch die Legaldefinition der „Katastrophe“ in § 1 Abs.<br />

2 LKatSG-Saarland („Umwelt ... gefährdet oder beeinträchtigt“) erhärtet wird.<br />

§ 11 Abs. 1 statuiert für den ÖGD die Verpflichtung <strong>zur</strong> Wahrnehmung von Aufgaben<br />

der Infektionshygiene. Dabei können sich durchaus Berührungspunkte<br />

mit den KatS-Behörden ergeben. Dies gilt insbesondere für die für den Seuchenfall<br />

(Abs. 2) zu treffenden vorbereitenden Maßnahmen, namentlich die Aufstellung<br />

von Alarm- und Einsatzplänen. Neben diesen speziellen – den „Seuchenfall“<br />

betreffenden Alarm- und Einsatzplänen, deren Aufstellung dem ÖGD obliegt<br />

(§ 11 Abs. 2), haben nach § 8 Nr. 2 Buchst. a LKatSG-Saarland die KatS-Behörden<br />

einen Katastrophenschutzplan mit obligatorischer Alarm- und Meldeordnung<br />

zu erstellen.<br />

Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 überwacht der ÖGD die Einhaltung der Anforderungen<br />

der Hygiene in Einrichtungen <strong>des</strong> Rettungsdienstes, der Notfallrettung und<br />

<strong>des</strong> Krankentransports (anders z. B. § 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG NRW sowie § 13<br />

Nr. 1 HmbGDG, wo die Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes ausdrücklich<br />

genannt sind). Ansonsten überwacht der ÖGD die Anforderungen der Hygiene<br />

77


in Krankenhäusern (§ 12 Abs. 1 Nr. 1) als Teil der Krankenhausaufsicht (§ 6 Abs.<br />

3 Satz 1 SKHG). Für die in § 12 Abs. 1 Nr. 3 genannten Einrichtungen gilt aber<br />

das SRettG (§ 1), nicht das LKatSG-Saarland.<br />

§ 17 regelt Beziehungen zwischen ÖGD einerseits und Rettungsdienst, Notfallrettung<br />

und Krankentransport andererseits (vgl. Abs. 6 i. V. m. Abs. 1–3). § 17<br />

stellt aber keine Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz her.<br />

Abschnitt VIII (§§ 19–22) regelt den Datenschutz beim ÖGD (anders in NRW,<br />

hier gilt das Gesundheitsdatenschutzgesetz – GDSG NW; s. hierzu die Ausführungen<br />

unter KHG NRW).<br />

LKatSG-Saarland<br />

Nach § 10 Abs. 1 hat die KatS-Behörde bei der ihr obliegenden einheitlichen Leitung<br />

aller Abwehrmaßnahmen andere für die Gefahrenabwehr verantwortliche<br />

Behörden zu beteiligen. Hierzu gehören auch die Gesundheitsämter als<br />

Sonderordnungsbehörden.<br />

Von dieser Vorschrift abgesehen, finden sich im LKatSG-Saarland keine<br />

Regelungen, die eine Verbindung zwischen Katastrophenschutz und ÖGD<br />

betreffen. Insbesondere wird der ÖGD nirgendwo namentlich erwähnt. Auch<br />

eine RVO-Ermächtigung findet sich nicht.<br />

SRettG<br />

Nach § 7 Abs. 1 Satz 5 wirkt die Rettungsleitstelle im Katastrophenschutz mit.<br />

Vom ÖGD ist in<strong>des</strong>sen nicht die Rede. Wohl aber bestehen wechselseitige Informationsströme<br />

zwischen Rettungsleitstelle und Krankenhäusern (§ 7 Abs. 2<br />

Satz 2 und 3).<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 7 Abs. 3 betrifft nur die Krankenhäuser, nicht<br />

den ÖGD.<br />

Nach § 8 Abs. 2 ist der ÖGD bei Aufgaben, die den „Bereich der Gesundheitsverwaltung<br />

berühren“, zu beteiligen. Dies bedeutet aber keine Verbindung zwischen<br />

ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

Nach § 11 Abs. 2 Nr. 6 gehört dem Beirat für den Rettungsdienst je ein Vertreter<br />

der Staatlichen Gesundheitsämter an, nach Nr. 9 auch je ein Vertreter der im<br />

Katastrophenschutz anerkannten Hilfsorganisationen. Insofern besteht eine mittelbare<br />

Verbindung ÖGD/Katastrophenschutz, die aber von einer „<strong>Einbindung</strong>“<br />

weit entfernt ist.<br />

Die RVO-Ermächtigung in § 16 Abs. 4 tangiert nicht den ÖGD.<br />

78


SKHG<br />

§ 1 Abs. 4 betrifft die Förderung <strong>des</strong> wechselseitigen Zusammenwirkens zwischen<br />

Krankenhäusern und ÖGD sowie Rettungsdienst, wohingegen das Zusammenarbeitsgebot<br />

nach § 4 Abs. 2 sich auf die Krankenhäuser untereinander bezieht. Aus<br />

beiden Vorschriften ergibt sich keine Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

Auch § 4 Abs. 6, der eine zwar wichtige Verknüpfung der Krankenhäuser mit den<br />

für Brand- und Katastrophenschutz zuständigen Stellen (Aufstellung von Alarmund<br />

Einsatzplänen und deren Abstimmung) enthält, betrifft nicht den ÖGD.<br />

FAZIT<br />

Das ÖGDG enthält keinerlei explizit formulierte <strong>Einbindung</strong>sregelungen,<br />

lediglich im Wege der Auslegung ergeben sich Berührungspunkte zwischen<br />

ÖGD und Katastrophenschutz (Beratungspflicht <strong>des</strong> ÖGD nach § 1 Abs.2; enge<br />

Zusammenarbeit bei Umweltbeeinträchtigungen § 10 Abs. 1; Aufgaben der Infektionshygiene,<br />

insbesondere im Seuchenfall, § 11 Abs. 1 und 2), die jedoch insgesamt<br />

das Niveau der <strong>Einbindung</strong> nicht erreichen. Auffallend unergiebig ist auch<br />

das LKatSG-Saarland, das insoweit hinter dem Standard der entsprechenden<br />

Gesetze anderer Bun<strong>des</strong>länder deutlich <strong>zur</strong>ückbleibt. Die einzige, zudem allgemein<br />

gehaltene Vorschrift in diesem Gesetz, die überhaupt eine Verbindung zwischen<br />

Katastrophenschutz und ÖGD vorsieht, ist § 10 Abs. 1; aber die dort vorgesehene<br />

Beteiligung der Gesundheitsämter durch die KatS-Behörden bleibt ebenfalls<br />

unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle. – SRettG und SKHG geben für eine<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung nichts her.<br />

Sachsen<br />

SächsGDG<br />

§ 1 Abs. 2 normiert eine allgemeine Beratungspflicht <strong>des</strong> ÖGD gegenüber<br />

„anderen Behörden“, also auch KatS-Behörden.<br />

§ 7 Abs. 1 Satz 1 normiert eine Beteiligungs- und Unterstützungspflicht <strong>des</strong> ÖGD<br />

gegenüber „anderen Behörden“, also auch KatS-Behörden; allerdings gebunden an<br />

zwei alternative („oder“) Voraussetzungen: es muss dies durch Rechtsvorschriften<br />

festgelegt oder <strong>zur</strong> rechtmäßigen Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der unterstützenden<br />

Behörde erforderlich sein.<br />

Hinzu kommt eine Unterrichtungspflicht <strong>des</strong> ÖGD nach Maßgabe <strong>des</strong> § 7 Abs. 1<br />

Satz 2.<br />

Zu diesen Regelungen – hier ist Normadressat der ÖGD – stellt § 7 Abs. 2 eine<br />

gesetzestechnisch gelungene Komplementärvorschrift (hier sind Normadressat die<br />

übrigen Behörden, also auch die KatS-Behörden) dar (so beinahe wortgleich § 12<br />

79


Abs. 1 und 2 ÖGdG Rh.-Pf., s. dort). Die begriffliche Inkongruenz („andere“<br />

Behörden in § 7 Abs. 1; die „übrigen“ Behörden in § 7 Abs. 2) ist irrelevant;<br />

gemeint ist das Gleiche. Dies erhellt aus dem Wort „ihrerseits“ in § 7 Abs. 2 Satz<br />

1, wodurch auf Abs. 1 Bezug genommen und die Reziprozität beider Vorschriften<br />

hergestellt wird. Bemerkenswert auch hier (wie z. B. in Rh.-Pf.) die Inpflichtnahme<br />

der KatS-Behörden durch eine Rechtsnorm <strong>des</strong> SächsGDG, also außerhalb <strong>des</strong><br />

SächsKatSG (ähnlich auch Art. 7 Abs. 2 GDG Bayern).<br />

Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 geregelten Überwachungsaufgaben erstrecken sich nicht<br />

auf den Katastrophenschutz. Der abschließende Katalog ist insoweit normenklar.<br />

In § 8 Abs. 1 Satz 3 ist lediglich durch Kann-Bestimmung, und zwar beschränkt<br />

auf „für den Sanitätsdienst aufgestellte Einrichtungen und Einheiten <strong>des</strong> Katastrophenschutzes“<br />

die Möglichkeit („können“) der Überwachung vorgesehen,<br />

und selbst dies nur unter der Bedingung („wenn“), dass „Anhaltspunkte dafür<br />

vorliegen, dass die Anforderungen der Hygiene dort nicht eingehalten werden“.<br />

Diese Regelung als bedingt mögliche Überwachung der Hygiene-Anforderungen<br />

bei Sanitätsdienst-Einrichtungen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes kann allenfalls als<br />

periphere, zudem institutionsbezogene, nicht katastrophenfallspezifische Verbindung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz gewertet werden (vgl. ähnlich,<br />

aber nicht als Kann-Bestimmung, sondern zwingend § 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG –<br />

NRW – ; § 13 Nr. 1 HmbGDG; § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ÖGDG M-V; § 7 Abs. 1<br />

Nr. 3 i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ÖGdG Rh.-Pf.; anders § 12 Abs. 1 Nr. 3 ÖGDG<br />

Saar).<br />

SächsKatSG<br />

§ 2 Abs. 1 Nr. 6 normiert die Verpflichtung der KatS-Behörden, <strong>zur</strong> Vorbereitung<br />

auf den Eintritt von Katastrophen „insbesondere“... „die schnelle Alarmierung der<br />

an der Katastrophenbekämpfung Beteiligten“ (das kann nach den jeweiligen<br />

Umständen auch der ÖGD sein!) jederzeit sicherzustellen. Insofern ist also auch<br />

der ÖGD, und zwar bereits im Stadium der Vorbereitung auf den sog. Ernstfall, in<br />

den Katastrophenschutz involviert. Zwar ist dies noch keine direkte „<strong>Einbindung</strong><br />

in die katastrophenmedizinische Versorgung“, aber immerhin Vorbedingung<br />

dafür: ohne schnelle, d. h. rechtzeitige Alarmierung läuft (auch für den ÖGD)<br />

nichts.<br />

Nach § 2 Abs. 2 sind im Katastrophenschutzstab und in der Technischen Einsatzleitung<br />

Vertreter der Fachbehörden (dazu zählt fraglos auch der ÖGD) „in der<br />

erforderlichen Weise zu beteiligen“. Damit wird eine wichtige Verbindung zwischen<br />

ÖGD und Katastrophenschutz geschaffen.<br />

§ 8 regelt die Zusammensetzung <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beirats. Nach Nr. 4 sind auch die „im<br />

Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen“ vertreten. Diese Formulierung<br />

spricht nicht – jedenfalls nicht normenklar – dafür, dass damit auch der ÖGD<br />

– er ist eine Behörde – gemeint ist. Aber der ÖGD kann durchaus unter § 8 Abs.<br />

2 Satz 2 fallen, wonach Vertreter von Behörden, die mit dem KatSch „befasst“<br />

sind, zu den Verhandlungen hinzugezogen werden können. Bleibt die Frage: Ist<br />

der ÖGD mit dem Katastrophenschutz „befasst“? Zumin<strong>des</strong>t auch, und zwar je<br />

80


nach den Umständen; bisweilen sogar originär, z. B. im Seuchenfall, der von<br />

der Legaldefinition der Katastrophe (§ 1 Abs. 2) gedeckt ist.<br />

An dieser Stelle ist im Übrigen auf die Ausführungen zu § 3 Abs. 1 HmbKatSG<br />

(außerdem zu § 1 Abs. 3 FSHG NRW; § 11 Nr. 3 KatSG Berlin und § 1 Abs. 1<br />

LKatSG S.-H.) zu verweisen. So wie die dortige Formulierung: „die dazu (nämlich<br />

zu KatS-Behörden) bestimmten Behörden“ Raum lässt für verwaltungsinterne<br />

Zuständigkeitsregelungen, die der Notwendigkeit behördlich-fachkompetenten<br />

Zusammenwirkens Rechnung tragen, so hebt die Formulierung: „mit dem Katastrophenschutz<br />

befasst“ auf situativ-organisatorische Entscheidungen nach Ermessen<br />

(„können“!) ab, die nur auf Verwaltungsebene – gleichsam „vor Ort“ – den<br />

aktuellen Erfordernissen oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen entsprechend getroffen<br />

werden können.<br />

§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 verpflichtet „die Gemeinden und Landkreise“ (und damit<br />

als Normadressat auch den ÖGD, nämlich die Gesundheitsämter, deren Aufgaben<br />

die „Landkreise und kreisfreien Städte“ nach § 4 Abs. 1 SächsGDG wahrnehmen)<br />

<strong>zur</strong> Mitwirkung im Katastrophenschutz, soweit (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2) die<br />

Erfüllung dringender eigener Aufgaben dadurch nicht ernstlich gefährdet wird.<br />

„Mitwirkung im KatS“ bedeutet faktisch <strong>Einbindung</strong>, ist jedenfalls intensiver<br />

als Unterrichtung, Beratung, Beteiligung, Unterstützung.<br />

§ 9 Abs. 2 konkretisiert exemplarisch („insbesondere“) die Gegenstände und<br />

Maßnahmen, – diese sind sehr wohl auch auf den ÖGD zugeschnitten, kommen<br />

jedenfalls auch für ihn in Betracht –, auf die sich die Pflicht <strong>zur</strong> Mitwirkung<br />

erstreckt (Nrn. 1–6).<br />

§ 9 Abs. 4 richtet sich (wegen der Bezugnahme auf „die nach Abs. 1 Verpflichteten“)<br />

auch an den ÖGD und erlegt ihm eine entsprechende Unterrichtungspflicht<br />

gegenüber der KatS-Behörde auf.<br />

Die Mitwirkungspflichten <strong>des</strong> § 12 treffen nur die „niedergelassenen“ Ärzte,<br />

nicht diejenigen <strong>des</strong> ÖGD. Dies gilt auch für § 12 Abs. 2, der auf die „niedergelassenen<br />

Kammermitglieder“ abhebt.<br />

Nach § 20 Abs. 2 ist die KatS-Behörde gegenüber „allen nach § 9 <strong>zur</strong> Mitwirkung<br />

im Katastrophenschutz Verpflichteten“ (also auch – s. o. – dem ÖGD gegenüber)<br />

weisungsberechtigt („kann“), allerdings nur in den Grenzen der Erforderlichkeit<br />

(„notwendige Weisungen“). Diese Weisungsbefugnis ist im Interesse einer funktionstüchtigen<br />

und reibungslosen (effizienten) Katastrophenabwehr nur folgerichtig:<br />

Einer (und das ist hier – sachlich geboten – die KatS-Behörde) muss das Sagen<br />

haben!<br />

SächsRettDG<br />

Direkte, normenklar geregelte Verbindungen zwischen RettD und ÖGD sind im<br />

Gesetz nicht verankert. Insbesondere im Lan<strong>des</strong>beirat für den Rettungsdienst ist<br />

der ÖGD mit einem „geborenen“, „originären“ Mitglied (der Katalog <strong>des</strong> § 7 Abs.<br />

81


1 Satz 2 ist nur beispielhaft) nicht vertreten; ein solches kann aber gemäß § 7 Abs.<br />

2 Satz 2 („Vertreter von Behörden und fachkundige Personen“, darunter kann sehr<br />

wohl ein Vertreter <strong>des</strong> ÖGD fallen) zu den Verhandlungen hinzugezogen werden.<br />

Aber für eine Verbindung ÖGD/Katastrophenschutz gibt die Vorschrift nichts<br />

her.<br />

§ 8 trifft (wie § 7 für den Lan<strong>des</strong>beirat) eine entsprechende Regelung für den<br />

Bereichsbeirat.<br />

§ 10 Abs. 1, der die Mitwirkung von Ärzten regelt, betrifft als Verpflichtete nur<br />

die Krankenhäuser (sie haben nach Abs. 1 Satz 2 Ärzte gegen Kostenausgleich<br />

<strong>zur</strong> Verfügung zu stellen) und – über den Sicherstellungsauftrag nach § 75 Abs.<br />

1 SGB V – die Kassenärzte. Ärzte <strong>des</strong> ÖGD bleiben außen vor; keinerlei Verbindung<br />

zwischen ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

SächsKHG<br />

§ 27 Abs. 1 Satz 1 verpflichtet die Krankenhäuser <strong>zur</strong> Zusammenarbeit mit<br />

dem ÖGD. Hierüber sind nach Abs. 1 Satz 2 Vereinbarungen zu treffen.<br />

§§ 30, 31 normieren gewisse Verbindungen (Pflichten) <strong>des</strong> Krankenhauses zu<br />

Katastrophenschutz und Rettungsdienst, tangieren aber nicht den ÖGD.<br />

FAZIT<br />

Nach dem SächsGDG reichen die Beziehungen zwischen ÖGD und KatS-Behörden<br />

von der allgemeinen Beratung (§ 1 Abs. 2) über die Unterrichtung (§ 7 Abs.<br />

1 Satz 2) bis <strong>zur</strong> wechselseitigen (!) Beteiligung und Unterstützung (§ 7 Abs. 1<br />

Satz 1, Abs. 2). Außerdem hat der ÖGD eine – allerdings beschränkte und bedingte,<br />

zudem nur institutionsbezogene Hygiene-Überwachungsmöglichkeit (§ 8 Abs.<br />

1 Satz 3). Alle diese vom SächsGDG normierten Verbindungen erreichen jedoch<br />

nicht den Intensitätsgrad der <strong>Einbindung</strong>; so fehlt insbesondere eine tragfähige<br />

Grundlage für eine Mitwirkung <strong>des</strong> ÖGD bei der katastrophenmedizinischen<br />

Versorgung. Insoweit ist das SächsKatSG stringenter: Sicherstellung schneller<br />

Alarmierung <strong>des</strong> ÖGD (§ 2 Abs. 1 Nr. 6), Beteiligung <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutzstab<br />

und (evtl.) in der Technischen Einsatzleitung (§ 2 Abs. 2); mögliche<br />

Hinzuziehung von Vertretern <strong>des</strong> ÖGD zu den Verhandlungen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>beirats<br />

(§ 8 Abs. 2 Satz 2); und schließlich Mitwirkung <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutz<br />

(§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) als intensivste Form der Verschränkung. –<br />

SächsRettDG und SächsKHG geben für eine Verbindung zwischen ÖGD und<br />

KatS-Behörden nichts her. Die nach der Gesetzeslage in Sachsen bestehenden vielfältigen<br />

Verbindungen zwischen ÖGD und Katastrophenschutz erreichen insgesamt<br />

ein Niveau, das vor allem im Hinblick auf die Mitwirkung <strong>des</strong> ÖGD im<br />

Katastrophenschutz einer <strong>Einbindung</strong> zumin<strong>des</strong>t nahe kommt.<br />

82


Sachsen-Anhalt<br />

GDG LSA<br />

Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, <strong>des</strong>sen Verzahnung mit § 3 KatSG-LSA zu beachten<br />

ist, wirkt der ÖGD an einer bedarfsgerechten gesundheitlichen Versorgung<br />

nach Maßgabe dieses Gesetzes im Katastrophenschutz mit, wobei die ärztlichen<br />

Aufgaben <strong>des</strong> Sanitätsdienstes im Katastrophenschutz nicht zum ÖGD gehören,<br />

§ 1 Abs. 2.<br />

Die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 enthält somit eine „explizit formulierte“<br />

Verpflichtung <strong>des</strong> ÖGD <strong>zur</strong> Mitwirkung im Katastrophenschutz. Die Vorschrift<br />

geht als lex specialis dem allgemeinen Gebot der Zusammenarbeit „mit<br />

den zuständigen anderen Behörden“ (damit also auch KatS-Behörden) in § 22 Abs.<br />

1 Satz 1 vor. Der Katalog in § 22 Abs. 1 Satz 2 zählt – im übrigen nicht abschließend<br />

(„insbesondere“) – die beim ÖGD angesiedelten, weil in seiner Fachkompetenz<br />

liegenden Gegenstände der Zusammenarbeit auf.<br />

§ 22 Abs. 2 GDG LSA – und nicht erst das KatSG-LSA ! – stellt – wenn auch<br />

recht allgemein gehalten und beinahe generalklauselartig – die Reziprozität zu<br />

Abs. 1 her, in dem er den „übrigen Lan<strong>des</strong>- und Kommunalbehörden“ (also auch<br />

den KatS-Behörden) auferlegt, die Träger <strong>des</strong> ÖGD in allen Angelegenheiten,<br />

soweit diese für die Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben bedeutsam<br />

sind, zu beteiligen und zu unterstützen (Abs. 2 Satz 1) und ferner die zu beteiligenden<br />

Träger <strong>des</strong> ÖGD über den Inhalt der getroffenen Entscheidungen zu<br />

unterrichten, soweit dies für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist.<br />

Selbstverständlich stehen alle Vorgänge der Zusammenarbeit (Beteiligung, Unterstützung,<br />

Unterrichtung), soweit dabei Datenverarbeitung stattfindet, unter<br />

einem (datenschutzrechtlichen) Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d. h. die Übermittlung<br />

bzw. der Austausch personenbezogener Daten, soweit er überhaupt <strong>zur</strong><br />

Aufgabenerfüllung erforderlich ist – grundsätzlich gilt das Gebot tunlichster<br />

Datenvermeidung durch Verwendung anonymisierter Daten –, ist nur zulässig,<br />

wenn dafür eine Befugnisnorm besteht. Als solche kommen die Vorschriften <strong>des</strong><br />

Abschnitts 4 (§§ 23 ff.), also auch § 24 nicht in Betracht, weil sie nur für Verarbeitung<br />

von Daten geimpfter Personen (§ 4 Abs. 3 Satz 1) sowie beratener oder<br />

untersuchter Personen (§ 23 Abs. 1 Satz 1) oder von Daten Dritter, die dabei<br />

bekannt geworden sind (§ 23 Abs. 1 Satz 2), gelten. Deshalb ist hier – entsprechend<br />

der Subsidiaritätsklausel <strong>des</strong> § 23 Abs. 1 Satz 3 – auf die Vorschriften <strong>des</strong><br />

Datenschutzgesetzes <strong>zur</strong>ückzugreifen.<br />

KatSG-LSA<br />

Nach § 3 haben sich „andere Behörden“, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (im<br />

Katastrophenschutz) mitwirken (das ist beim ÖGD explizit der Fall, § 1 Abs. 1<br />

Satz 2 Nr. 5 GDG LSA, s. dort) im Katastrophenfall mit der KatS-Behörde abzustimmen<br />

und sollen, nur im Einvernehmen mit ihr handeln. Der ÖGD ist auch im<br />

Katastrophenschutzstab vertreten (§ 8 Abs. 1 Satz 2).<br />

83


Nach § 5 Abs. 1 hat die KatS-Behörde als geeignete Vorbereitungsmaßnahme für<br />

eine wirkungsvolle Katastrophenabwehr die Risiken- und Gefahrenquellen „in<br />

Zusammenarbeit mit den zuständigen Fachbehörden“ (also ggf. auch mit dem<br />

ÖGD) zu untersuchen. Außerdem hat die KatS-Behörde nach § 5 Abs. 3 mit den<br />

Fachbehörden (also auch mit dem ÖGD) Absprachen über die unverzügliche<br />

Weitergabe von Störfallmeldungen zu treffen.<br />

§ 16 Abs. 2 enthält eine RVO-Ermächtigung für den Minister <strong>des</strong> Innern, die Einzelheiten<br />

der öffentlichen Bekanntgabe <strong>des</strong> Katastrophenfalles zu regeln (dürfte<br />

den ÖGD nicht berühren).<br />

RettDG-LSA<br />

§ 5 Abs. 3 Satz 1: Zusammenarbeit der Rettungsleitstelle mit den genannten Stellen,<br />

darunter aber nicht der ÖGD.<br />

Auch im Lan<strong>des</strong>beirat für das Rettungswesen ist der ÖGD nicht (jedenfalls nicht<br />

originär) vertreten (§ 13 Abs. 1).<br />

KHG LSA<br />

weist keinerlei Bezug zum ÖGD auf.<br />

FAZIT<br />

Das GDG LSA enthält in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 eine explizit formulierte Mitwirkungsverpflichtung<br />

<strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutz. Diese wird konkretisierend<br />

ergänzt durch § 3 KatSG-LSA. Weiterer Ausdruck der Verzahnung zwischen<br />

ÖGD und Katastrophenschutz sind z.B. § 8 Abs. 1 Satz 2 KatSG-LSA<br />

(ÖGD ist im Katastrophenschutzstab vertreten) sowie § 5 Abs. 1 und 3 KatSG-<br />

LSA. Damit ist insgesamt die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung normenklar und konkret geregelt.<br />

Schleswig-Holstein<br />

GDG<br />

(Stand 23.10.2001; s. Hinweis unten)<br />

Nach § 1 Satz 2 werden vom Geltungsbereich <strong>des</strong> Gesetzes und damit vom ÖGD<br />

nicht erfasst die ärztlichen Aufgaben in den Einheiten und Einrichtungen <strong>des</strong> Sanitätsdienstes<br />

im Katastrophenschutz.<br />

§ 5 Abs. 2 enthält eine sehr allgemein gehaltene gegenseitige Unterrichtungsund<br />

Anhörungspflicht für „Behörden und öffentliche Planungsträger“. Eine derart<br />

pauschale, generelle Formulierung, die einer Blankettvorschrift nahe kommt,<br />

deckt und gebietet beinahe alles und insofern auch die Interaktion zwischen<br />

84


ÖGD und KatS-Behörde und umgekehrt („gegenseitig“). Aber von Normenklarheit,<br />

geschweige denn „expliziter Formulierung“ kann insoweit keine Rede<br />

sein.<br />

Ähnlich allgemein ist § 5 Abs. 3 gefasst, indem „die Gesundheitsbehörden“ (der<br />

Normadressat ist also eindeutig definiert) darauf hinzuwirken haben, dass „alle<br />

Behörden“ (insofern also auch die KatS-Behörde) und öffentlichen Planungsträger<br />

… die gesundheitlichen Belange der Bevölkerung berücksichtigen.<br />

Nach § 11 Abs. 3 hat – hinsichtlich der sonstigen Behandlungseinrichtungen<br />

besteht insoweit nur eine Kann-Vorschrift, nämlich § 12 Abs. 1 Satz 1 – „die Kreisgesundheitsbehörde“<br />

(das ist das Gesundheitsamt, vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 4<br />

Abs. 1) die Krankenhäuser daraufhin zu überwachen, dass die Anforderungen der<br />

Hygiene erfüllt werden. Zu diesem Zweck Erfassung der Krankenhäuser und Mitteilungspflicht<br />

der Krankenhausträger hinsichtlich der für die Erfassung notwendigen<br />

Daten (§ 11 Abs. 4). Aber eine Verbindung ÖGD / Katastrophenschutz<br />

ergibt sich daraus nicht.<br />

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass das GDG die KatS-Behörden als solche<br />

an keiner Stelle explizit erwähnt. Lediglich in der Bestimmung <strong>des</strong> Geltungsbereichs<br />

(§ 1) taucht der Begriff „Katastrophenschutz“ auf, aber auch hier nur<br />

bezogen auf die dortigen Einheiten und Einrichtungen <strong>des</strong> Sanitätsdienstes, und<br />

zudem mit negativem Vorzeichen, nämlich als Ausgrenzungsnorm („ausgenommen“,<br />

vgl. § 1 Satz 2). Ansonsten existieren nur die sehr allgemein gehaltenen<br />

Interaktionspflichten in§ 5 Abs. 2 und 3, die weit entfernt sind von einer hinreichend<br />

konkreten Verschränkung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz.<br />

Hinweis: Das nach dem Stichtag (01. 09. 2001) verkündete Gesetz vom 14.<br />

12. 2001, in Kraft getreten am 01. 01. 2002, konnte hier nicht im Einzelnen berücksichtigt<br />

werden. Bei kursorischer Betrachtung ergibt sich jedoch, dass das<br />

neue Gesetz unter dem Aspekt der „<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung“ geradezu leer läuft und damit hinter den insoweit niedrigen<br />

Standard <strong>des</strong> bis zum 31. 12. 2001 geltenden GDG sogar noch <strong>zur</strong>ückfällt.<br />

LKatSG<br />

Schon aus der Legaldefinition <strong>des</strong> Katastrophenbegriffs in § 1 Abs. 1 wird deutlich,<br />

dass Katastrophenschutz effizient („wirksam“) nur möglich ist, wenn die<br />

KatS-Behörde (§ 3) und die „zuständigen Behörden“ zusammenwirken. Demgemäß<br />

ist der Begriff „zuständige Behörden“ dergestalt auslegungsbedürftig und<br />

fähig, dass es sich dabei um die mit je nach den Umständen erforderlicher Fachund<br />

Sachkompetenz ausgestatteten und insoweit unentbehrlichen Behörden handelt,<br />

also z.B. (auch) den ÖGD, <strong>des</strong>sen Betätigungsfeld durch das GDG umrissen<br />

ist (vgl. § 5 Abs. 1 GDG). Insofern ist also der ÖGD schon qua definitione<br />

inzident in den Katastrophenschutz, und zwar auch in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung eingebunden. Hinzu kommt, dass das Gesetz mit dem Begriff<br />

„zuständige“, ohne ihn selbst zu konkretisieren, Raum lässt für verwaltungsin-<br />

85


terne Zuständigkeitsregelungen (vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen<br />

zu § 3 Abs. 1 HmbKatSG; § 1 Abs. 3 FSHG NRW; § 11 Nr. 3 KatSG Berlin<br />

und § 8 SächsKatSG).<br />

In die von der KatS-Behörde nach § 6 zu treffenden, vorbereitenden Maßnahmen,<br />

wie sie für die oberste KatS-Behörde beispielhaft („insbesondere“) in § 6<br />

Abs. 1 aufgeführt sind, ist der ÖGD nach dem Gesetzeswortlaut nicht, jedenfalls<br />

nicht explizit einbezogen. Insoweit kaum deutlicher ist § 6 Abs. 2, der (ebenfalls<br />

beispielhaft: „insbesondere“) die vorbereitenden Maßnahmen der unteren<br />

KatS-Behörde aufzählt. Allenfalls Abs. 2 Nr. 4 („oder gemeinsam mit anderen<br />

Behörden“) lässt Raum für die Einbeziehung auch <strong>des</strong> ÖGD. Aber normenklar<br />

ist dies mitnichten.<br />

In<strong>des</strong> rechtfertigt diese – der Konkretisierung ermangelnde – Gesetzeslage keineswegs<br />

den (Umkehr-)Schluß, dass die Katastrophenschutzbehörde etwa gehindert<br />

ist, den ÖGD – je nach Erforderlichkeit und Zweckdienlichkeit – in die vorbereitenden<br />

Maßnahmen einzubeziehen. Eine solche Einschätzung würde die Zielsetzung<br />

<strong>des</strong> Gesetzes, nämlich eine maximal-effektive Katastrophenbekämpfung<br />

verkennen. Folglich wird man auch in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis<br />

gelangen, dass der Gesetzgeber indem er, wie § 6 LKatSG zeigt, sich darauf<br />

beschränkt hat, die wichtigsten („insbesondere“) Maßnahmen – gleichsam als<br />

unerlässliches Minimum – selbst zu normieren, damit zugleich der gesetzanwendenden<br />

Verwaltung den nötigen Ermessensspielraum gelassen hat sowohl für<br />

die organisatorische Umsetzung der zwingend („hat zu …“) vorgeschriebenen<br />

Maßnahmen als auch für die Anordnung und Durchführung weiterer, jeweils von<br />

der Behörde selbst für erforderlich gehaltener Maßnahmen.<br />

Die von der unteren KatS-Behörde (nach § 6 Abs. 2 Nr. 5) auszuarbeitenden Katastrophenschutzpläne<br />

haben „insbesondere“ die in § 6 Abs. 3 genannten Angaben<br />

zu enthalten. Hier setzen die Angaben nach Nr. 2 „über die für die Katastrophenbekämpfung<br />

geeigneten vorhandenen Einsatzkräfte“ (wozu auch der ÖGD bzw.<br />

<strong>des</strong>sen in Betracht kommende Mitarbeiter gehören [können]) eine (vorherige)<br />

Kontaktierung (Beteiligung) ebengerade <strong>des</strong> ÖGD zwecks Bekanntgabe der erforderlichen<br />

Angaben, die die KatS-Behörde von sich aus nicht kennt, voraus. Insofern<br />

ergibt sich hier, wenngleich nur im Rückschluss und aus der Natur der<br />

Sache, auch ohne ausdrückliche Kodifizierung ein Zusammenwirken zwischen<br />

KatS-Behörde und ÖGD. Aber von einer „expliziten Formulierung …“ ist dieses<br />

Ergebnis weit entfernt.<br />

Auch bei den – zumin<strong>des</strong>t bei einigen der – in § 7 Abs. 1 exemplarisch („insbesondere“)<br />

geregelten Maßnahmen, die die KatS-Behörde „bei Katastrophen …<br />

unter Anwendung der Katastrophenschutzpläne“ zu treffen hat, kann sehr wohl<br />

der ÖGD involviert sein; dies gilt zumin<strong>des</strong>t für Nr. 2 mit ihrer Verweisung auf<br />

§ 1 Abs. 1 („Leben, Gesundheit… zahlreicher Menschen“).<br />

§ 8 Abs. 1 enthält ein, was die Normadressaten angeht, allumfassen<strong>des</strong> Hilfeleistungsgebot<br />

(vgl. die zweimalige Formulierung „alle“), begrenzt freilich durch die<br />

gesetzliche Aufgabenzuweisung („im Rahmen ihres Aufgabenbereiches“, → für<br />

86


den ÖGD also insbes. § 5 Abs. 1 GDG). § 8 Abs. 2 konkretisiert dann, wenn auch<br />

nur beispielhaft, die einzelnen Hilfeleistungsverpflichtungen, die je nach den<br />

Umständen auch den ÖGD treffen können (etwa Nr. 1, aber auch die anderen<br />

Nrn.).<br />

Im Beirat für Katastrophenschutz sind gemäß § 9 Abs. 1 u.a. die „für Aufgaben<br />

der Gefahrenabwehr zuständigen Lan<strong>des</strong>ministerien“ vertreten. Dazu gehört<br />

(auch) das MAGS als Lan<strong>des</strong>gesundheitsbehörde (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 GDG) und<br />

damit Teil <strong>des</strong> ÖGD (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GDG), der „auf dem Gebiet <strong>des</strong> Gesundheitswesens“<br />

(so § 1 Satz 1 GDG) als Sonderordnungsbehörde Gefahrenabwehr<br />

zu betreiben hat (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 GDG). Insofern (nämlich über den „Beirat“)<br />

besteht also eine Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz, allerdings,<br />

wie insbes. § 9 Abs. 1 Satz 3 zeigt, nur in einem recht abgehobenen Sinne,<br />

nämlich auf der „Hoch“-Ebene <strong>des</strong> Ministeriums, das – eingebunden in das Gremium<br />

Beirat - lediglich „zu hören“ ist, und dies wiederum nur „in grundsätzlichen<br />

Fragen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes“, die dann beispielhaft ein wenig konkretisiert<br />

werden („Festlegung der Stärke, Gliederung und Min<strong>des</strong>tausstattung <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzdienstes“), damit aber ihren allgemein-organisatorischen Charakter,<br />

also das Grundsätzliche nur unterstreichen, so vor allem durch den letzten<br />

Halbsatz <strong>des</strong> Satzes 3: „ … sowie bei allgemeinen Regelungen, welche …“. Dies<br />

alles ist weit entfernt von einer situationsbezogenen, praxisorientierten, an den<br />

Einsatzerfordernissen im Katastrophenfall ausgerichteten Verschränkung zwischen<br />

ÖGD und unterer, im Normalfall sachlich zuständiger (vgl. § 4 Abs. 1<br />

LKatSG) KatS-Behörde, und zwar selbst dann, wenn nach § 9 Abs. 2 Satz 3 von<br />

der Möglichkeit („können“) Gebrauch gemacht wird, zu den Beratungen „andere<br />

sachkundige Personen“ hinzuzuziehen.<br />

Nach § 18 Abs. 4 Satz 1 „kann“ der am Einsatzort eingesetzte Einsatzleiter zu<br />

seiner Unterstützung „fachlich geeignete Personen“ – das können, soweit es um<br />

Fragen der Abwehr von Gesundheitsgefahren geht, Mitarbeiter (Ärzte) <strong>des</strong> Gesundheitsamtes<br />

(ÖGD) sein – hinzuziehen.<br />

Auffallend ist, dass, soweit es, wie in Abschnitt V (§§ 21 – 23), speziell um die<br />

Zusammenarbeit im Gesundheitswesen geht, zwar die Krankenhäuser und Apotheken<br />

(§ 21 Abs. 1), außerdem die Kammern (§ 23 Abs. 1) namentlich genannt<br />

sind, nicht aber der ÖGD, der lediglich mittelbar über die „berufsständischen Vertretungen“<br />

involviert ist. Ansonsten bleibt es dabei, dass sich ein Zusammenwirken<br />

zwischen KatS-Behörde und ÖGD nur aufgrund und im Rahmen der insoweit<br />

allgemein-abstrakt gefassten Vorschriften (§ 1 Abs. 1 „qua definitione“; § 6 Abs.<br />

2 Nr. 4; § 6 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr. 2 „Rückschluss“; § 7 Abs. 1, § 8<br />

Abs. 1; § 9 Abs. 1 mittelbar, grundsätzlich und abgehoben), und auch nur mit einigem<br />

Interpretationsaufwand ergibt. Dennoch steht die Gesetzeslage, die den organisatorischen<br />

Ermessensspielraum der Gefahrenabwehrbehörden (KatS-Behörde,<br />

ÖGD) unangetastet lässt, einer wirksamen Katastrophenbekämpfung unter<br />

Einbeziehung <strong>des</strong> ÖGD nicht im Wege.<br />

87


RDG<br />

Das Gesetz enthält kaum – zumin<strong>des</strong>t keine expliziten – Berührungspunkte<br />

zwischen Rettungsdienst und ÖGD, auch in der Lan<strong>des</strong>arbeitsgemeinschaft (§ 9)<br />

ist der ÖGD als solcher nicht vertreten, allenfalls indirekt über den Marburger<br />

Bund (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 17). Allerdings können „Vertreter anderer Behörden<br />

sowie weitere fachkundige Personen“ (damit auch Mitarbeiter <strong>des</strong> ÖGD) zu den<br />

Sitzungen hinzugezogen werden (§ 9 Abs. 3, der insoweit eine „Öffnungsklausel“<br />

für den ÖGD darstellt). Verbindungen zwischen ÖGD und Katastrophenschutz<br />

ergeben sich nicht.<br />

AG-KHG<br />

Schleswig-Holstein hat – ähnlich wie z.B. Bremen und Niedersachsen – kein<br />

„eigenständiges“ Krankenhausgesetz wie z.B. Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern<br />

u.a. Das die Krankenhausmaterie regelnde Gesetz existiert nur als<br />

„Gesetz <strong>zur</strong> Ausführung <strong>des</strong> (Bun<strong>des</strong>-)krankenhausfinanzierungsgesetzes“, also<br />

gleichsam als <strong>des</strong>sen Annex. Die gesetzliche Regelung der Materie Krankenhaus<br />

erfolgt also ganz primär über den Regelungsgegenstand „Finanzierung“<br />

(Ausnahme lediglich § 1 Abs. 1, der aber auch nur in allgemeiner Form die Sicherstellung<br />

der Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern, also der Krankenhausversorgung,<br />

als Programmsatz proklamiert). – Ansonsten werden in § 11 Abs.<br />

1 Satz 1 GDG (!) die Krankenhäuser näher definiert, und in § 11 Abs. 3 GDG wird<br />

in Form der Hygieneüberwachung eine Verbindung zwischen ÖGD und Krankenhäusern<br />

geschaffen. Gleichwohl bleibt festzustellen, dass das AG-KHG für das –<br />

hier allein interessierende – Gefahrenabwehrproblem „<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in<br />

die katastrophenmedizinische Versorgung“ nichts hergibt.<br />

FAZIT<br />

Die im GDG – keineswegs normenklar – geregelte gegenseitige Unterrichtungsund<br />

Anhörungspflicht zwischen ÖGD und KatS-Behörde (§ 5 Abs. 2) und die ähnlich<br />

allgemein gefasste Verpflichtung der Gesundheitsbehörden, (auch gegenüber<br />

der KatS-Behörde) auf die Berücksichtigung der gesundheitlichen Belange der<br />

Bevölkerung hinzuwirken (§ 5 Abs. 3) erreichen nicht annähernd den Grad einer<br />

hinlänglich konkreten Verschränkung <strong>des</strong> ÖGD mit dem Katastrophenschutz (erst<br />

recht gilt dies für das am 01.01.2002 in Kraft getretene neue GDG). Aus § 1 Abs.<br />

1 LKatSG ergibt sich qua definitione i.V.m. dem Normzweck und der kommunalen<br />

Organisationshoheit eine „Inzident-<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung. Die Regelung der Einbeziehung <strong>des</strong> ÖGD in die<br />

von der KatS-Behörde zu treffenden vorbereitenden Maßnahmen (§ 6 Abs. 1 und<br />

2) lässt zwar die erforderliche Normenklarheit vermissen, ermöglicht aber eine den<br />

jeweiligen Erfordernissen angemessene organisatorische Umsetzung durch die<br />

Gefahrenabwehrbehörden (KatS-Behörde, ÖGD). Bei der (der KatS-Behörde<br />

obliegenden) Ausarbeitung der Katastrophenschutzpläne ergibt sich im Rückschluss<br />

aus § 6 Abs. 3 Nr. 2 sowie aus der Natur der Sache auch ohne explizite<br />

Formulierung ein Zusammenwirken zwischen KatS-Behörde und ÖGD. Weitere<br />

Verbindungen zwischen beiden Gefahrenabwehrbehörden ergeben sich insbeson-<br />

88


dere aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 sowie aus § 8 Abs. 1 und 2, ferner –<br />

nur mittelbar und peripher – aus § 9 Abs.1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 sowie aus<br />

§ 18 Abs. 4 Satz 1. Insgesamt steht die – im Einzelnen keineswegs immer normenklare<br />

– Gesetzeslage, indem sie der Verwaltung den nötigen, von ihr auszugestaltenden<br />

organisatorischen Freiraum lässt, einer effektiven Katastrophenbekämpfung<br />

nicht entgegen.<br />

Thüringen<br />

GD-VO<br />

§ 1 Abs. 2 enthält eine Beratungspflicht <strong>des</strong> ÖGD („berät“ ist nicht Feststellung,<br />

sondern Aufgabenzuweisung) gegenüber „anderen Behörden“, also auch gegenüber<br />

den KatS-Behörden. Die Beratung steht allerdings unter zwei einschränkenden<br />

Bedingungen: a) Begrenzung auf medizinische Fragen, insoweit aber<br />

ohne Einschränkung (arg. „alle“); b) Vorrang „besonderer Dienste der öffentlichen<br />

Verwaltung“; er besteht im vorliegenden Kontext nicht. Beratung durch den ÖGD<br />

schafft eine nur periphere Verbindung <strong>zur</strong> KatS-Behörde.<br />

§ 5 geht insofern deutlich weiter in Richtung einer Verschränkung zwischen<br />

ÖGD und Katastrophenschutz, wenngleich auch hier die KatS-Behörden nicht<br />

expressis verbis genannt sind.<br />

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 beteiligt und unterstützt der ÖGD „andere Behörden“,<br />

also auch die KatS-Behörde. Auch hier bedeutet der Indikativ nicht lediglich Aussage,<br />

sondern Geltungsanordnung, hat also einen imperativen Sinn. Einschränkung<br />

durch „Soweit“-Satz: Festlegung durch Rechtsvorschrift oder Erforderlichkeit.<br />

Letztere kennzeichnet Einzelfallbezogenheit, d. h. die Beteiligung und Unterstützung<br />

– und zwar: ob überhaupt und in welcher Weise sie stattzufinden haben –<br />

richten sich nach den jeweiligen Umständen.<br />

§ 5 Abs. 1 Satz 2 normiert eine Unterrichtungspflicht <strong>des</strong> ÖGD. Insoweit Lockerung<br />

<strong>des</strong> Datenschutzes nach Maßgabe von Abs. 1 Satz 3.<br />

§ 5 Abs. 2 stellt eine gelungene Komplementärregelung zu § 5 Abs. 1 dar, die<br />

eine tragfähige normative Grundlage für ein effizientes Tätigwerden von ÖGD<br />

und KatS-Behörde <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr gewährleistet. Insofern sind also,<br />

wenn es um die „<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung“<br />

geht, nicht Forderungen de lege ferenda vonnöten, geboten ist vielmehr<br />

eine konsequente Ausschöpfung der gesetzlichen Vorgaben auf Verwaltungsebene.<br />

§ 6 Satz 3 sieht die Möglichkeit („können“) der Hygiene-Überwachung durch<br />

Gesundheitsämter bei den „im Sanitätsdienst eingesetzten Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes“ vor, wenn Anhaltspunkte ... vorliegen... Dies bedeutet<br />

eine lediglich periphere, mehrfach eingeschränkte und zudem institutionsbezo-<br />

89


gene, nicht katastrophenfallspezifische Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz.<br />

ThBKG<br />

§ 1 Abs. 2 enthält eine Subsidiaritätsklausel: andere Rechtsvorschriften gehen dem<br />

Gesetz vor.<br />

§ 2 Abs. 3: Aufgabenträger <strong>des</strong> Katastrophenschutzes haben die Behörden, deren<br />

Belange (bei Erfüllung der Katastrophenschutzaufgaben) berührt werden (das ist<br />

beim ÖGD durchaus der Fall) zu beteiligen. Dies stellt zwar keine explizit formulierte<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische Versorgung, aber<br />

immerhin eine gewisse Verzahnung dar.<br />

§ 2 Abs. 4 normiert eine sehr allgemeine und weitgefasste, aber dennoch normenklare<br />

Unterstützungspflicht („sollen“) der „Behörden und Dienststellen <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> sowie der der Aufsicht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> unterstehenden Träger öffentlicher Aufgaben“<br />

(darunter fällt jedenfalls auch der ÖGD) gegenüber den Aufgabenträgern<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes, und zwar über ihre (scil. der unterstützenden Behörden)<br />

Zuständigkeiten und die Amtshilfe hinaus. Die Unterstützungspflicht bezieht sich<br />

auf die „Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen für die Abwehr von<br />

Gefahren, allerdings „nur“ (insoweit Limitierung) im Rahmen ihrer Möglichkeiten<br />

(das ist selbstverständlich, ultra posse nemo obligatur); soweit nicht die Erfüllung<br />

dringender eigener Aufgaben vorrangig ist.<br />

Das Zusammenarbeitsgebot <strong>des</strong> § 23 Abs. 1 erfasst nicht den ÖGD als solchen.<br />

Der ÖGD ist jedenfalls keine „Sanitätsorganisation“. – Zwar gehört zu den<br />

„berufsständischen Vertretungen der Angehörigen der Gesundheitsberufe“ auch<br />

diejenige <strong>des</strong> ÖGD. Aber damit stellt die Vorschrift nur eine sehr mittelbare Verbindung<br />

zwischen Katastrophenschutz und ÖGD her.<br />

Normadressat <strong>des</strong> § 23 Abs. 3 sind lediglich die Krankenhäuser, nicht der ÖGD.<br />

§ 24 Abs. 1 normiert für die „in ihrem Beruf tätigen Ärzte“ usw. (also auch für<br />

die im ÖGD tätigen genannten Berufsgruppen) eine katastrophenschutzbezogene<br />

Fortbildungs- und Übungsteilnahmeverpflichtung. Für das Nähere haben die<br />

in § 24 Abs. 2 genannten Berufskammern zu sorgen.<br />

§ 26 Abs. 1: Bei den vom (Katastrophenschutz-)Einsatzleiter veranlassten notwendigen<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Gefahrenabwehr sollen die von den in ihrem Aufgabenbereich<br />

berührten Fachbehörden (das ist u. U. auch der ÖGD) für erforderlich<br />

gehaltenen Maßnahmen berücksichtigt werden. Diese Vorschrift bewirkt eine –<br />

u. U. erhebliche – Einflussnahme <strong>des</strong> ÖGD auf die Katastrophenabwehr, und<br />

zwar ungeachtet der allgemeinen Formulierung ohne buchstäbliche Nennung<br />

<strong>des</strong> ÖGD. Die allgemeine, aber gleichwohl normenklare Textfassung vermeidet<br />

<strong>des</strong>sen Aufblähung durch Enumeration und Behördenkataloge. Eine explizite Nennung<br />

<strong>des</strong> ÖGD wäre hier weder notwendig noch gesetzestechnisch sinnvoll.<br />

90


Die RVO-Ermächtigung in § 44 Abs. 1 tangiert erkennbar nicht den ÖGD. Dies<br />

gilt ohne jeden Zweifel auch für die RVO-Ermächtigung in § 44 Abs. 4.<br />

ThürRettG<br />

§ 8 Abs. 3 bezieht sich auf die Krankenhäuser und nimmt (durch Abs. 3 Satz 2)<br />

diese (d. h. die „Krankenhausträger“) in Pflicht: laufende Meldung der Anzahl<br />

freier Betten an die Zentrale Leitstelle. Der ÖGD ist nicht tangiert.<br />

Das Zusammenarbeitsgebot <strong>des</strong> § 10 Abs. 5 (Zusammenarbeit mit der Einsatzleitung)<br />

richtet sich an „die Krankenhäuser und Zentralen Leitstellen“, nicht an<br />

den ÖGD.<br />

Auch § 10 Abs. 6 ist nicht – jedenfalls nicht normenklar – auf den ÖGD zugeschnitten.<br />

Im Lan<strong>des</strong>beirat ist der ÖGD nicht vertreten (§ 11 Abs. 2).<br />

ThürKHG<br />

Nach § 25 Abs. 3 sind die Krankenhäuser gehalten, mit dem ÖGD zusammenzuarbeiten.<br />

Dies hat (und ist auch i. d. R. so möglich) grundsätzlich ohne Austausch<br />

personenbezogener Daten zu geschehen, also entsprechend dem Gebot der<br />

Datenvermeidung mit anonymisierten Daten, reinen Sach- bzw. Falldaten, Summenangaben<br />

etc. Ansonsten Übermittlung nach Maßgabe <strong>des</strong> § 27 Abs. 6. – Eine<br />

Verbindung zwischen ÖGD und Katastrophenschutz besteht nicht.<br />

FAZIT<br />

Aufgrund der GD-VO hat der ÖGD vielfältige Verbindungen <strong>zur</strong> Katastrophenschutzbehörde<br />

(Beratung, § 1 Abs. 2; Beteiligung und Unterstützung, § 5 Abs. 1<br />

Satz 1; Unterrichtung, § 5 Abs. 1 Satz 2) intensiviert durch die Komplementärvorschrift<br />

<strong>des</strong> § 5 Abs. 2, sodass damit, was die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD anbelangt,<br />

normative Defizite nicht zu erkennen sind. Das THBKG normiert eine Beteiligungspflicht<br />

(§ 2 Abs. 3), die zwar unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle bleibt, aber<br />

immerhin eine gewisse Verzahnung <strong>des</strong> ÖGD mit der KatS-Behörde bedeutet.<br />

Hinzu kommt eine Unterstützungspflicht (§ 2 Abs. 4) und die – als recht bedeutsam<br />

einzuschätzende – Berücksichtigung der vom ÖGD <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

für erforderlich gehaltenen Maßnahmen (§ 26 Abs. 1). Insgesamt<br />

bleibt festzustellen, dass die Gesetzeslage einer maximal-effektiven Katastrophenbekämpfung<br />

unter Einbeziehung <strong>des</strong> ÖGD nicht im Wege steht.<br />

91


3.3 Synoptische Auflistung der einschlägigen Regelungsgegenstände<br />

und ihrer Fundstellen<br />

92<br />

Regelungsgegenstand Fundstelle<br />

„<strong>Einbindung</strong>“ <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung durch<br />

explizit formulierte Mitwirkung<br />

Implizite bzw. faktische <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD (als im Katastrophenschutz<br />

Mitwirkender)<br />

Der <strong>Einbindung</strong> nahekommende Verbindung<br />

zwischen ÖGD und KatS-<br />

Behörde<br />

§ 15 Abs. 1 Satz 1 und 4 ZSG; § 19<br />

GDG Berlin; § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5<br />

GDG LSA i.V.m. § 3 KatSG-LSA<br />

§ 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr.<br />

7 und § 5 Abs. 2 Nrn. 1 – 3 LKatSG<br />

B.-W.; Art 7 Abs. 1 und 2 GDG Bay;<br />

§ 11 Abs. 1 Satz 2 und 3 BbgKatSG;<br />

§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Brem.KatSG; § 3 Abs.<br />

1 HmbKatSG; § 4 NKatSG; § 1 Abs. 3<br />

FSHG NRW; § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

SächsKatSG<br />

§ 3 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. §§ 10,12<br />

LKatSG M.-V. (s. auch Fazit zu M.-V.);<br />

§ 9 Abs. 1Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2<br />

SächsKatSG; § 26 Abs. 1 ThBKG<br />

Inzident-<strong>Einbindung</strong> qua definitione ergibt sich häufig aus der Legaldefinition<br />

<strong>des</strong> Katastrophenbegriffs, z.B. Art.<br />

1 Abs. 2 BayKSG; § 3 i.V.m. § 2 Abs. 1<br />

KatSG Berlin; § 1 Abs. 1 LKatSG S.-H.<br />

Verbindung ÖGD / KatS-Behörde<br />

unterhalb der <strong>Einbindung</strong>sschwelle,<br />

und zwar durch Verpflichtung<br />

– <strong>zur</strong> Beratung<br />

– <strong>zur</strong> (gegenseitigen) Unterrichtung<br />

(und Anhörung)<br />

– <strong>zur</strong> (gegenseitigen) Beteiligung (und<br />

Unterstützung)<br />

§ 1 Abs. 3 ÖGDG B.-W.; § 1 Abs. 2<br />

GDG Bay; § 5 Abs. 3 sowie § 9 Abs. 1<br />

Satz 3 ÖGDG M.-V.; § 1 Abs. 3 ÖGdG<br />

Rh.-Pf.; § 1 Abs. 2 ÖGDG Saar; § 1<br />

Abs. 2 SächsGDG; § 1 Abs. 2 GD-VO<br />

Thür.<br />

Art. 7 Abs. 2 Satz 2 GDG Bay; § 1<br />

Abs. 5 ÖGDG Brem.; § 12 Abs. 1 Satz<br />

2 ÖGdG Rh.-Pf.; § 7 Abs. 1 Satz 2<br />

SächsGDG; § 9 Abs. 4 SächsKatG;<br />

§ 22 Abs. 2 Satz 2 GDG LSA; § 5<br />

Abs. 2 GDG S.-H. (sehr allgemein, nur<br />

inzident)<br />

Art. 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 2<br />

Satz 1 GDG Bay; § 29 Abs. 1<br />

Bbg.GDG; § 12 Abs. 1 u. 2 ÖGdG Rh.-<br />

Pf.; § 10 Abs. 1 LKatSG-Saarland; § 7<br />

Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SächsGDG;<br />

§ 22 Abs. 2 GDG LSA; § 5 Abs. 1 u. 2<br />

GD-VO Thür i.V.m. § 2 Abs. 3<br />

ThBKG; § 2 Abs. 4 ThBKG


Regelungsgegenstand Fundstelle<br />

– <strong>zur</strong> Zusammenarbeit (Zusammenwirken)<br />

Weitere Verbindungen ÖGD / Katastrophenschutz<br />

– Vertretung <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenschutzstab<br />

(Beraterstab)<br />

– Absprachen über Weitergabe von<br />

Störfallmeldungen<br />

– <strong>Untersuchung</strong> der Risiken- und<br />

Gefahrenquellen<br />

– Verbindung bei Ausarbeitung und<br />

Koordinierung von Katastrophenschutzplänen<br />

– Vertretung <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenbeirat<br />

– Hinzuziehung fachlich geeigneter<br />

Personen (<strong>des</strong> ÖGD) am Einsatzort<br />

– Katastrophenschutzbezogene Fortbildung,<br />

Übungsteilnahme, Alarmierung<br />

<strong>des</strong> ÖGD<br />

– Beschränkte, bedingte, lediglich<br />

institutionsbezogene Hygieneüberwachungsmöglichkeit<br />

<strong>des</strong> ÖGD<br />

– Sicherstellung der Benachrichtigung<br />

der ÖGD-Ärzte etc. und entspr. Meldepflicht<br />

der Gesundheitsämter; Einbeziehung<br />

<strong>des</strong> ÖGD in Alarm- und<br />

Einsatzpläne sowie deren Aufstellung<br />

durch den ÖGD<br />

§ 5 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ÖGDG M.-V.;<br />

§ 3 Abs. 2 Satz 2 LKatSG M.-V.; § 10<br />

Abs. 1 ÖGDG Saar<br />

§ 10 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 LKatSG<br />

M.-V.; § 6 Abs. 2 i.V.m. § 4 NKatSG;<br />

§ 2 Abs. 2 SächsKatSG (Beteiligung);<br />

§ 8 Abs. 1 Satz 2 KatSG-LSA<br />

§ 5 Abs. 3 KatSG-LSA<br />

§ 5 Abs. 1 KatSG-LSA<br />

§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Brem.KatSG;<br />

§§ 6 Abs. 2 Nr. 5; 7 Abs. 1 LKatSG S.-<br />

H.<br />

§ 8 Abs. 2 Satz 2 SächsKatSG; § 9 Abs.<br />

1 LKatSG S.-H. i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 1<br />

und Abs. 1 Satz 1 GDG S.-H.<br />

§ 18 Abs. 4 Satz 1 LKatSG S.-H.<br />

Art. 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 BayKSG; §<br />

37 Abs. 1 HBKG; § 24 LBKG Rh.-Pf.;<br />

§ 24 Abs. 1 ThBKG<br />

§ 9 Abs. 2 ÖGDG B.-W.; § 8 Abs. 1<br />

Satz 1 sowie Abs. 2 i.V.m. Art. 9 GDG<br />

Bay; § 13 Nr. 1 HmbGDG; § 9 Abs. 1<br />

Satz 1 Nr. 2 ÖGDG M.-V.; § 2 Abs. 2<br />

Nr. 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 4 ÖGDG<br />

NRW; § 7 Abs. 1 Nr.3 i.V.m. § 1 Abs. 1<br />

Nr. 5 ÖGdG Rh.-Pf.; § 8 Abs. 1 Satz 1<br />

u. 3 SächsGDG (als Kann-Bestimmung);<br />

§ 6 Satz 3 GD-VO Thür.<br />

§§ 14 Abs. 1, 22 Abs. 3 BbgKatSG;<br />

§ 36 Abs. 1 HBKG; § 11 Abs. 2 ÖGDG<br />

Saar; § 2 Abs. 1 Nr. 6 SächsKatSG<br />

93


3.4 Schlussbetrachtung<br />

Die Analyse der dieser <strong>Untersuchung</strong> zugrunde zu legenden Rechtsvorschriften hat<br />

im Detail bestätigt, was eingangs nur grob skizziert werden konnte: „Explizit formulierte<br />

Normen, die eine Regelung der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung betreffen“, finden sich, wenn überhaupt, nur vereinzelt.<br />

Aber selbst da, wo explizite <strong>Einbindung</strong> als gegeben anzusehen ist, lässt<br />

sich dieses Ergebnis nicht wortwörtlich aus dem Gesetzestext ablesen, sondern<br />

immer nur in Verbindung mit <strong>des</strong>sen interpretatorischer Wertung gewinnen. Denn<br />

der Begriff „<strong>Einbindung</strong>“ ist kein gesetzestechnischer Begriff, kein terminus<br />

technicus; er kommt in den untersuchten Gesetzen nicht vor. Dies wiederum ist<br />

nicht etwa ein de lege ferenda behebungsbedürftiger Mangel, vielmehr benennt das<br />

Gesetz – insoweit hinreichend konkret – jeweils die unterschiedlich intensiven<br />

Verbindungen zwischen ÖGD und Katastrophenschutzbehörde, also Beratung,<br />

Unterrichtung, Unterstützung, Nr. 5 GDG LSA, die allesamt eine an Intensität<br />

nicht zu überbietende Verschränkung zwischen ÖGD und Katastrophenschutzbehörde<br />

vorsehen, ohne den Begriff „<strong>Einbindung</strong>“ zu verwenden, dennoch als explizit<br />

formulierte <strong>Einbindung</strong>snormen i. S. der Vorgabe zu charakterisieren sind.<br />

Wenn darüber hinaus die Gesetzeslage in mehreren Bun<strong>des</strong>ländern (etwa Bayern,<br />

Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein)<br />

als implizite bzw. faktische <strong>Einbindung</strong> oder ihr zumin<strong>des</strong>t nahe<br />

kommend zu kennzeichnen ist, obwohl sich dies vom Gesetzeswortlaut her keineswegs<br />

immer unmittelbar aufdrängt, so sind hierfür folgende Überlegungen<br />

maßgebend: Jede Rechtsnorm muss vereinfachen, vergröbern, verallgemeinern<br />

und sich dem gemäß einer generalisierenden, bisweilen typisierenden Wortwahl<br />

bedienen, um die unübersehbare Mannigfaltigkeit der zu regelnden Sachverhalte<br />

erfassen zu können. Diese generell-abstrakte Gesetzestechnik geht freilich zu<br />

Lasten der sprachlichen Evidenz mit der Folge, dass sich der Regelungsinhalt oft<br />

erst im Wege einer teleologischen, d. h. am Normzweck orientierten Auslegung<br />

erschließt; wobei wiederum der Normzweck insbesondere der Katastrophenschutzgesetze<br />

nicht selten bereits aus der Definition <strong>des</strong> Katastrophenbegriffs<br />

erhellt (vgl. etwa die Ausführungen unter II.2 zum BayKSG sowie zum KatSG<br />

S.-H.: <strong>Einbindung</strong>swirkung qua definitione).<br />

Aber jegliche Auslegung setzt voraus, dass der Gesetzgeber auf ein Min<strong>des</strong>tmaß<br />

an Allgemeinverständlichkeit nicht verzichtet. Er darf demjenigen, an den er sich<br />

wendet, dem sog. Normadressaten keine Rätsel aufgeben, muss vielmehr das verfassungsrechtliche<br />

Bestimmtheitsgebot erfüllen. Die daran zu stellenden Anforderungen<br />

dürfen allerdings weder überspannt werden (s. die Ausführungen zu § 4<br />

Abs. 1 Nr. 1 Brem.KatSG sowie § 4 NKatSG), noch sind sie am Verständnishorizont<br />

der Laiensphäre zu messen (wie dies nach den Grundsätzen der Normenklarheit<br />

von Rechtsvorschriften, die in Grundrechte der Bürger eingreifen, zu<br />

geschehen hat). Vielmehr handelt es sich bei den hier zu untersuchenden Normen<br />

um solche der Aufgabenzuweisung. Normadressaten sind also nicht Durchschnittsbürger<br />

ohne fachliches Vorverständnis im Umgang mit Gesetzen, sondern<br />

Behörden und deren Repräsentanten, die es von ihrer Aufgabenwahrnehmung her<br />

94


gewohnt sind, Gesetze zu lesen, ihren Sinn zu erschließen und sie dementsprechend<br />

anzuwenden. Bei diesen Normadressaten sind daher die Bestimmtheitskriterien<br />

eher erfüllt, als dies mit Blick auf den Normalbürger der Fall ist, der mit<br />

einer Generalklausel oder einem unbestimmten Rechtsbegriff womöglich nichts<br />

anfangen kann. „Der Text sagt dem nichts, der nicht schon etwas von der Sache,<br />

von der er handelt, versteht“ (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.<br />

Aufl., S. 313).<br />

Aus den dargelegten Gründen bedienen sich die gesetzlichen Instrumente der<br />

Gefahrenabwehr, vom klassischen preußischen Polizeiverwaltungsgesetz bis zu<br />

den modernen Ordnungsbehörden- und Polizeigesetzen der Länder, von jeher einer<br />

Vielzahl sog. Generalklauseln und unbestimmter Rechtsbegriffe, ohne dass dagegen<br />

ernsthaft der Einwand der Unbestimmtheit oder mangelnder Handhabbarkeit<br />

zu erheben wäre. Im Gegenteil: Indem der Gesetzgeber die Verwaltung nicht an<br />

einen oder mehrere bestimmte Begriffe, sondern an einen unbestimmten Begriff<br />

bindet, vertraut er <strong>des</strong>sen Anwendung der besonderen Fachkenntnis und Erfahrung<br />

der zuständigen Behörde an, die damit in den Stand gesetzt wird, ihre Aufgabenerfüllung<br />

(Gefahrenabwehrmaßnahmen) in dem durch das Gesetz vorgegebenen<br />

Rahmen an den jeweiligen Umständen und Erfordernissen <strong>des</strong> konkreten Einzelfalles<br />

aus<strong>zur</strong>ichten. Eine derartige „Funktionsteilung“ zwischen dem Gesetzgeber,<br />

der (nur) das Wesentliche selbst regelt, indem er – mehr oder weniger allgemein-abstrakt<br />

– den Rahmen für die Aufgabenwahrnehmung absteckt, und der<br />

gesetzanwendenden Verwaltung, die diesen Rahmen einzelfallbezogen auszufüllen<br />

hat, garantiert die Zwecktauglichkeit <strong>des</strong> Systems. Denn nur so bewahrt sich<br />

das Gesetz die gebotene Elastizität, ohne die der Gesetzgeber gezwungen wäre,<br />

durch ständige textliche Anpassungsänderungen mit den sich wandelnden Lebensumständen<br />

Schritt zu halten; und nur so, d.h. ohne gesetzliche „Strangulierung“<br />

ist die das Gesetz vollziehende Verwaltungsbehörde (hier: Katastrophenschutzbehörde,<br />

ÖGD) aufgrund <strong>des</strong> ihr verbleibenden Handlungsspielraums in der<br />

Lage, auf den jeweiligen Katastrophenfall aktuell-angemessen zu reagieren. Deshalb<br />

überrascht es auch nicht, dass die beiden hier in Betracht kommenden Behörden<br />

– stichprobenartig, aber in der Sache eingehend befragt – keinerlei legislatorische<br />

Defizite geltend machen, vielmehr ausdrücklich bestätigen, dass jedenfalls<br />

die bestehende Gesetzeslage kein Hindernis darstellt für eine maximal-effektive<br />

Katastrophenbekämpfung durch Bündelung aller in Betracht kommenden Einsatzkräfte,<br />

also auch <strong>des</strong> ÖGD sowie <strong>des</strong>sen „<strong>Einbindung</strong> in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung“.<br />

Somit ist festzuhalten, dass auf der Grundlage der geltenden Katastrophenschutzund<br />

Gesundheitsdienstgesetze deren erkennbarer Normzweck ohne weiteres erfüllt<br />

werden kann. Wo es dem Gesetzeswortlaut an Explizität mangelt – dies ist der<br />

Regelfall –, sollte nicht mit dem Verlangen nach Klartext i. S. von Buchstäblichkeit<br />

reagiert werden. Dies würde zu einer unnötigen Aufblähung der Gesetze<br />

durch Überregulierung führen (s. die Ausführungen zu § 26 Abs. 1 ThBKG), die<br />

den rechtspolitisch immer wieder geltend gemachten Bestrebungen nach Deregulierung<br />

zuwiderliefe. Wer sein Augenmerk nicht ausschließlich auf den mehr oder<br />

weniger abstrakten Gesetzestext richtet, sondern dem im Gesetz zum Ausdruck<br />

gelangten Normzweck nachspürt, wird erkennen, dass sich vermeintliche Geset-<br />

95


zeslücken mit den Mitteln methodisch gesicherter Interpretation in der Regel<br />

(s. aber das Fazit zu Hessen) sehr wohl schließen lassen.<br />

Dafür, dass die hier zu würdigende Gesetzeslage keineswegs defizitär ist, spricht<br />

übrigens ein weiterer Umstand: In den Katastrophenschutzgesetzen der Länder<br />

sind Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nur sporadisch<br />

erfolgt und, wo dies der Fall ist, thematisch nicht einschlägig (s. hierzu etwa die<br />

Ausführungen zu § 43 Abs. 1 Nr. 1 LBKG Rh.-Pf.). Dies wiederum kann als Indiz<br />

dafür gewertet werden, dass es (auch) aus der Sicht <strong>des</strong> Gesetzgebers einer<br />

weiteren Durchnormierung – und sei es durch die Exekutive – nicht bedarf, die<br />

formelle Gesetzeslage vielmehr ausreicht und alles Weitere auf Verwaltungsebene,<br />

also durch administrative und organisatorische Maßnahmen im Wege <strong>des</strong><br />

Gesetzesvollzugs und damit durch Ausfüllung und Ausführung der Gesetze<br />

i. S. <strong>des</strong> Normzwecks zu erfolgen hat und – von der Gesetzeslage gedeckt – auch<br />

erfolgen kann.<br />

Somit ergibt sich – thesenförmig verkürzt – die folgende richtungweisende Handlungsempfehlung:<br />

Das Ausschöpfen der Möglichkeiten vorhandener Gesetze geht<br />

vor Schaffung weiterer neuer oder Änderung bestehender Gesetze.<br />

Erstellt von der Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf im Auftrag<br />

der Universität Ulm im Rahmen <strong>des</strong> Forschungsprojekts „<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland“, Düsseldorf, Februar 2002<br />

96


4. Inhalte der Ausbildung <strong>des</strong> ärztlichen und<br />

nicht-ärztlichen Personals im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst<br />

4.1 Der Öffentliche Gesundheitsdienst im<br />

Katastrophenschutz<br />

In der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland wird der Öffentliche Gesundheitsdienst<br />

(ÖGD) nach den rechtlichen Vorgaben zum Schutz der Bevölkerung bei Auftreten<br />

einer Katastrophe den Katastrophenschutzbehörden zugeordnet [1]. Der Gesetzgeber<br />

erwartet, dass das Gesundheitsamt (GA) kompetente Beraterfunktionen<br />

basierend auf Expertenwissen <strong>zur</strong> bedarfsgerechten Versorgung und Rettung der<br />

betroffenen Einwohner übernimmt. Diese ordnungspolitische Grundentscheidung<br />

wirft die Frage nach beruflicher Ausbildung und Vorbereitung der im ÖGD<br />

Beschäftigten in Bezug auf Anforderungen für Katastrophensituationen auf. Es<br />

war das Ziel <strong>des</strong> nachfolgenden Teilabschnitts unseres Projektes, eine systematische<br />

Analyse und Bestandsaufnahme der momentanen Ausbildung für eine Tätigkeit<br />

im ÖGD mit Blick auf Lehr- und Lerninhalte bezüglich der Thematik der<br />

Katastrophenprävention, der Katastrophenbewältigung und Katastrophennachbereitung<br />

vorzunehmen.<br />

4.2 Ärztliches Personal<br />

Material und Methodik<br />

Im Vorfeld der Analyse wurden anhand von Angaben in der Literatur<br />

[1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13] die Anforderungen an den Arzt für Öffentliches<br />

Gesundheitswesen bei diversen vorstellbaren Szenarien herausgearbeitet.<br />

4.2.1 Potenzielle Anforderungen an den Arzt im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitswesen<br />

Stichpunktartig ergibt sich für einfache Ereignisse wie Massenverkehrsunfälle,<br />

Flugzeugabstürze über bewohntem Gebiet, Feuerausbrüche bei Massenveranstaltungen,<br />

Brand eines Altenheims oder Krankenhauses, etc. folgen<strong>des</strong> Anforderungsprofil:<br />

97


Anforderungen an den Arzt im ÖGD bei einfachen (Katastrophen-)<br />

Szenarien<br />

(z.B. zeitlich definierter Massenanfall von Verletzten ohne weitere Schädigung<br />

der Bevölkerung)<br />

Medizinisch: – umfassender Sachverstand <strong>zur</strong> individuellen (Notfall)-<br />

Versorgung vieler Patienten und/oder der prophylaktischen<br />

Betreuung potenziell Bedrohter<br />

Klimatisch/<br />

Topographisch:<br />

Darüber hinaus zeigen sich für komplexe Ereignisse wie Unfälle oder Anschläge<br />

mit radioaktiven Stoffen, biologischen Kampfstoffen, chemischen Gefahrstoffen,<br />

Erdbeben, Überschwemmungen, Einwirkung giftiger Stoffe auf Trinkwasser und<br />

/oder Lebensmittel, bei hochkontagiösen Erkrankungen oder Seuchenausbruch,<br />

etc. folgende Anforderungen an den Arzt im ÖGD:<br />

98<br />

– gründliche Kenntnisse über Besonderheiten <strong>des</strong> Versorgungsgebietes<br />

<strong>des</strong> Amtsbezirks, einschließlich der<br />

Bestandsaufnahme von Anlagen, die mit gesundheitsschädigenden<br />

Stoffen umgehen<br />

Logistisch: – detailliertes Wissen <strong>zur</strong> Abschätzung <strong>des</strong> Ausmaßes und der<br />

möglichen Weiterentwicklung der Situation einschließlich<br />

der Kenntnis <strong>des</strong> Katastrophenschutzplanes der Verwaltungsbehörde,<br />

der Hilfsmöglichkeiten <strong>des</strong> eigenen Kreises, der<br />

internen Vorkehrungen und Aufgabenverteilung im Gesundheitsamt<br />

selbst, der Kommunikations- und Transportmittel<br />

und der Möglichkeit der Anforderung der Hilfe von außen<br />

Strategisch: – umfassende Erkenntnisse über das geplante Vorgehen <strong>zur</strong><br />

Bewältigung der Lage, einschließlich <strong>des</strong> Wissens um<br />

Personalreserven, Rückgriff auf die Bun<strong>des</strong>wehr, Transportmöglichkeiten,<br />

medizinischen Behandlungskapazitäten,<br />

Ressourcen und Spezialkliniken sowie der Vorratshaltung<br />

(technische Gerätschaften, medizinisches Behandlungsmaterial,<br />

Sanitätslager, Medikamentenvorräte, Adresslisten<br />

von Herstellerfirmen, Antidota etc.), <strong>des</strong> Blutspendewesens<br />

und der Errichtung von Hilfskrankenhäusern<br />

Organisatorisch/<br />

Rechtlich:<br />

Soziologisch/<br />

Psychologisch:<br />

– umfangreiches Wissen <strong>zur</strong> Erfüllung von Koordinierungsund<br />

Managementaufgaben in Zusammenarbeit mit dem<br />

Rettungsdienst, der Feuerwehr und dem technischen Hilfswerk<br />

einschließlich Aufbau, Leistungsmöglichkeiten und<br />

Funktion dieser Dienste<br />

– ausreichende Kenntnisse der „Katastrophensoziologie“, der<br />

Menschenführung unter Krisenbedingungen sowie <strong>des</strong> Wissens<br />

um Kommunikations- und Informationspolitik<br />

Meldetechnisch: – Wissen um Aufgaben <strong>des</strong> Meldewesens bei entsprechenden<br />

Behörden und Institutionen im In- und Ausland


Anforderungen an den Arzt im ÖGD bei (Katastrophen-)<br />

Szenarien besonderer Art<br />

(z.B. Massenanfall von Patienten mit Bedrohung der Bevölkerung<br />

über das Schadensereignis hinaus)<br />

Informationstechnisch:<br />

Genaue Kenntnisse der Möglichkeiten <strong>zur</strong> Beschaffung von<br />

speziellen Informationen in Datenbanken, bei Behörden und<br />

der Industrie über gesundheits- und umweltgefährliche Stoffe<br />

und Abbauprodukte einschließlich toxischer Bestandteile von<br />

Brandgasen, Zersetzungsprodukten von Kunststoffen sowie<br />

der Verfügbarkeit von Toxikologen und Spezialisten<br />

Organisatorisch: Umfangreiches Wissen um das Vorgehen bei Evakuierungen<br />

von Wohngebieten, Krankenhäusern, Altenheimen, etc.<br />

Bei nuklearen<br />

Unfällen oder<br />

Freisetzung<br />

radioaktiver<br />

(Kampf-)Stoffe:<br />

Bei Freisetzung<br />

biologischer<br />

(Kampf-)Stoffe:<br />

Bei der Bekämpfung<br />

von hochkontagiösen<br />

Erkrankungen<br />

und Seuchen:<br />

– Wissen um Symptome, Therapie und Dekontamination der<br />

betroffenen Bevölkerung<br />

– Wissen um mögliche Ausbreitungswege (Luft, Wasser,<br />

Mensch, Tier, Nahrung, etc.)<br />

– Wissen um prophylaktische Schutzmaßnahmen der noch<br />

nicht betroffenen Bevölkerung (Jodidverabreichung, etc.)<br />

und Umwelt einschließlich <strong>des</strong> Trinkwasserschutzes<br />

– Wissen um Symptome, Therapie und Dekontamination der<br />

betroffenen Bevölkerung<br />

– Wissen um Isolierungs- und Quarantänemöglichkeiten<br />

– Wissen um mögliche Ausbreitungswege (Luft, Wasser,<br />

Mensch, Tier, Nahrung, etc.)<br />

– Wissen um prophylaktische Schutzmaßnahmen der noch<br />

nicht betroffenen Bevölkerung (Chemoprophylaxe,<br />

Immunisierungen, etc.) und Umwelt einschließlich <strong>des</strong><br />

Trinkwasserschutzes<br />

– Wissen um Symptome, Therapie und Dekontamination der<br />

betroffenen Bevölkerung<br />

– Wissen um Isolierungs- und Quarantänemöglichkeiten<br />

– Wissen um mögliche Ausbreitungs- und Ansteckungswege<br />

(Luft, Wasser, Mensch, Tier, Nahrung, etc.)<br />

– Wissen um prophylaktische Schutzmaßnahmen der noch<br />

nicht betroffenen Bevölkerung (Chemoprophylaxe,<br />

Immunisierungen, etc.) und Umwelt einschließlich <strong>des</strong><br />

Trinkwasserschutzes<br />

– Wissen um Koordinierungsaufgaben mit Robert-Koch-<br />

Institut, Bund-Länder-Informationsnetz, Meldewesen an<br />

die WHO und das Europäische Netzwerk<br />

99


Bei Chemieunfällen<br />

oder<br />

Freisetzung<br />

chemischer<br />

(Kampf-)Stoffe:<br />

Bei Trinkwasserunfällen:<br />

Bei allen Ereignissen:<br />

Vor dem Hintergrund dieser Anforderungsprofile wurden die aktuellen Curricula<br />

der obligatorischen Ausbildung für ärztliches Personal innerhalb <strong>des</strong> Studiums der<br />

Humanmedizin und im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen systematisch nach Bezügen <strong>zur</strong> Beherrschung von Katastrophen<br />

durchforscht. Hierfür wurde im studentischen Bereich der Gegenstandskatalog<br />

<strong>des</strong> Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen<br />

(IMPP) zugrunde gelegt. Im Bereich der fachärztlichen Weiterbildung wurden die<br />

vom Bun<strong>des</strong>verband der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes e.V. herausgegebenen<br />

(Muster-)Richtlinien <strong>zur</strong> Weiterbildung im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen,<br />

die für die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern der Länder maßgebend<br />

ist, als Basis verwendet. Außerdem wurde der 6-monatige Kurs in der<br />

Facharztweiterbildung für das Öffentliche Gesundheitswesen bezüglich katastrophenmedizinischer<br />

Weiterbildungsaspekte analysiert.<br />

Im Hinblick auf fakultative Fortbildungsmöglichkeiten wurden die Programme der<br />

in Deutschland bestehenden Lehr- und Forschungsakademien für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen in Berlin, Düsseldorf, München und Schwerin sowie der Akademie<br />

für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler erkundet.<br />

In einem weiteren Schritt wurden andere Aufbaustudien- und Hauptstudiengänge<br />

wie z.B. im Fachgebiet Public Health unter dem Blickwinkel von Themen<br />

mit möglicher katastrophen-medizinisch relevanter Bedeutung betrachtet.<br />

100<br />

– Wissen um Symptome, Therapie und Dekontamination der<br />

betroffenen Bevölkerung<br />

– Wissen um mögliche Ausbreitungswege (Luft, Wasser,<br />

Mensch, Tier, Nahrung, etc.)<br />

– Wissen um prophylaktische Schutzmaßnahmen der noch<br />

nicht betroffenen Bevölkerung (Chemoprophylaxe,<br />

Immunisierungen, etc.) und Umwelt einschließlich <strong>des</strong><br />

Trinkwasserschutzes<br />

– Wissen um Trinkwasserverordnungen, Notbrunnen, Vorschriften<br />

für den Trinkwassertransport, den Min<strong>des</strong>twasserbedarf<br />

der Bevölkerung und Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />

– Kenntnisse der Nahrungsnotfallvorsorge für den Katastrophenfall<br />

– Kenntnisse <strong>des</strong> Selbstschutzes<br />

– Kenntnisse um Möglichkeiten (inter)nationaler Hilfe<br />

– Erschöpfende Erkenntnisse der Hygiene im Katastrophenfall,<br />

einschließlich Maßnahmen der Desinfektion <strong>zur</strong> Seuchenprophylaxe,<br />

<strong>zur</strong> Aufbereitung von Trinkwasser und<br />

zum Leichenwesen<br />

– umfassende Feststellung von Aspekten, die auch nach dem<br />

Ereignis noch weiter überwacht werden sollten


Ergebnisse<br />

4.2.2 Lehr- und Lerninhalte im Studium der Humanmedizin, die unter Umständen<br />

in einer Katastrophensituation von Bedeutung sein könnten<br />

Unter Zugrundelegen <strong>des</strong> Gegenstandskatalogs 2 <strong>des</strong> IMPP (Institut für medizinische<br />

und pharmazeutische Prüfungsfragen) für den Ersten Abschnitt der<br />

Ärztlichen Prüfung sind nachfolgend in kursiver Schrift unter dem jeweils<br />

genannten Fachbereich Lehr- und Lerninhalte aufgeführt, die möglicherweise<br />

Bezug zu Situationen in einer Katastrophe haben könnten und bis zu diesem Prüfungsabschnitt<br />

im Studium als Basis <strong>zur</strong> Versorgung von Patienten vermittelt werden<br />

[14].<br />

PATHOLOGIE<br />

Exogene Noxen, chemische Noxen<br />

Stoffe mit schädlicher Wirkung<br />

Inkorporationswege<br />

MEDIZINISCHE MIKROBIOLOGIE<br />

Allgemeine Infektionslehre und Epidemiologie der Infektionskrankheiten,<br />

Spezielle Bakteriolog<br />

Grampositive Kokken Staphylokokken, Streptokokken,<br />

Pneumokokken<br />

Gramnegative Kokken Meningokokken<br />

Gramnegative Stäbchen Salmonellen<br />

Aerobe Sporenbildner Bacillus anthracis<br />

Anaerobe Sporenbildner Clostridium botulinum<br />

Viren Pocken, Flaviviren<br />

Toxine Staphylokokkentoxine, Botulisnustoxin,<br />

Anthrax<br />

Schutzimpfungen Passive Immunisierung<br />

Aktive Immunisierung Impfstoffe; Wirksamkeiten, Applikation<br />

101


GRUNDLAGEN der RADIOLOGIE<br />

Physikalische Grundlagen und Biologische Grundlagen<br />

Messung ionisierender Strahlen Wichtigste Nachweismethoden, Messung<br />

der (nukleid-spezifischen) Aktivität,<br />

Begriffe, Messung der Dosis,<br />

Begriffsdefinitionen<br />

Grundkenntnisse strahlenbiologischer<br />

Phänomene<br />

Biochemische, zytogenetische und<br />

zelluläre Antwort auf Bestrahlung<br />

Strahleninduzierte Spätschäden<br />

Akutes Strahlensyndrom (cerebral,<br />

gastrointestinal, hämatopoetisch)<br />

Relative biologische Wirksamkeit,<br />

zeitliche Dosisverteilung, räumliche<br />

Dosisverteilung, zeitliche Entwicklung<br />

biologischer Strahlenwirkung<br />

ALLGEMEINE PHARMAKOLOGIE und TOXIKOLOGIE<br />

Eingriffe in das parasympathische Nervensystem, Eingriffe in das motorische<br />

Nervensystem und an vegetativen Ganglien und Giftstoffen<br />

Cholinesterasehemmstoffe Typische Wirkstoffe,<br />

z.B. Carbaminsäureester,<br />

organische Phosphorsäureester<br />

Nicht depolarisierende<br />

Muskelrelaxantien<br />

Grundlagen der<br />

Vergiftungsbehandlung<br />

102<br />

Antagonisten,<br />

Cholinesterasehemmstoffe<br />

Dekontamination und Verhinderung<br />

der Resorption, beschleunigte Elimination<br />

nach erfolgter Resorption,<br />

Symptombehandlung mit Antidoten<br />

Gase und Aerosole Reizgase und chemische Kampfstoffe<br />

Insektizide Organische Phosphorsäureester<br />

Bakterielle Gifte Botulinustoxin


AKUTE NOTFÄLLE<br />

Auf der Basis <strong>des</strong> Gegenstandskatalogs 3 <strong>des</strong> IMPP für den Zweiten Abschnitt<br />

der Ärztlichen Prüfung finden sich unter dem jeweils genannten Fachbereich folgende<br />

Lehr- und Lerninhalte, die im Fall einer Katastrophe <strong>zur</strong> Versorgung von<br />

Leitsymptome von Intoxikationen, Diagnostik und Erstmaßnahmen<br />

Patienten von Relevanz sein könnten [15]:<br />

INNERE MEDIZIN<br />

Erkrankungen, die mehrere Zellsysteme betreffen, Krankheiten <strong>des</strong> Lungenparenchyms,<br />

Infektionskrankheiten<br />

Hämozytopenien durch ionisierende<br />

Strahlen oder Zytostatika<br />

Strahlenpneumonitis Ursachen, Diagnostik<br />

Pneumokoniosen Ursachen, Diagnostik, Differentialdiagnose,<br />

Therapie<br />

chemisch-irritativ, chemisch-toxisch<br />

und physikalisch verursachte Krankheiten<br />

der Lunge und Bronchien<br />

Infektionskrankheiten: allgemeine<br />

Grundlagen<br />

Bakterielle Infektionskrankheiten<br />

Infektionen <strong>des</strong> Respirationstraktes<br />

durch obligat pathogene Bakterien<br />

Infektionen durch fakultativ pathogene<br />

Bakterien<br />

Virusbedingte hämorrhagische Fieber<br />

Ursachen, Symptome, Diagnostik,<br />

Therapie<br />

Pneumonien, Bakterielle Meningitiden<br />

103


PÄDIATRIE<br />

Infektionskrankheiten<br />

Epidemiologie und Prophylaxe Epidemiologische Grundlagen, Impfungen<br />

und Seuchenbekämpfung<br />

Viruskrankheiten Adenovirusinfektionen, Herpes simplex-Infektionen,<br />

Varizellen-Zoster-<br />

Infektionen, Zytomegalie<br />

DERMATOLOGIE<br />

Physikalisch oder chemisch bedingte Hauterkrankheiten<br />

Hautschäden durch ionisierende<br />

Strahlen<br />

Allergische und irritativ oder toxisch<br />

ausgelöste Erkrankungen<br />

ANÄSTHESIE und INTENSIVMEDIZIN<br />

Grundlagen der intensivmedizinischen Behandlung<br />

Behandlung, Überwachung, Pflege<br />

<strong>des</strong> Patienten<br />

Spezielle Aspekte der operativen und<br />

nicht-operativen Intensivmedizin<br />

CHIRURGIE<br />

Unfallchirurgie<br />

Polytrauma und Trauma-Management<br />

Physikalische und chemische<br />

Verletzungen<br />

104<br />

Allgemeines, Kontaktekzem


KLINISCHE PHARMAKOLOGIE<br />

Therapie von Vergiftungen<br />

Allgemeine Maßnahmen<br />

Verminderung der Resorption und lokalen<br />

Wirkung<br />

RECHTSMEDIZIN<br />

Einwirkungen von Hitze, Kälte, Strahlung<br />

auf den menschlichen Körper<br />

Magenentleerung, Adsorption und Ausscheidung<br />

in den Faeces, lokale Dekontamination<br />

Forensische Toxikologie Giftaufnahme, heimliche Giftbeibringung,<br />

akute Vergiftungen und deren<br />

Nachweis, vergiftungsassoziierte Leichenbefunde<br />

105


HYGIENE<br />

Individualhygiene, Umwelthygiene, Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten<br />

und Kontaminationen<br />

Grundlagen der Hygiene der Ernährung<br />

und der Nahrung<br />

Wasserbedarf, Wasserverbrauch und<br />

-vorkommen<br />

106<br />

Grundbegriffe, Lebensmittelinfektionen,<br />

Lebensmittelintoxikationen,<br />

Gesundheitsschäden durch fehlerhafte<br />

Zusammensetzung der Nahrung<br />

Hygiene <strong>des</strong> Trinkwassers Wasserförderung und Wasseraufbereitung,<br />

Trinkwasserqualität, Trinkwasserbeurteilung<br />

Gesundheitliche Schäden durch Luftverunreinigung<br />

Infektionskrankheiten und Kontaminationen<br />

– Verfahren und Maßnahmen<br />

Definitionen, Grenzwerte, Emissionsprodukte<br />

und Emissionsquellen, belebte<br />

Luftverunreinigungen, Inkorporation<br />

von Luftverunreinigungen<br />

Begriffsdefinitionen und allgemeine<br />

Grundlagen, Sterilisation mittels thermischer<br />

Verfahren, Sterilisation mittels<br />

energiereicher Strahlung, Sterilisation<br />

mittels Chemikalien, Keimentfernung<br />

mittels Filtration, thermische, chemisch-thermische<br />

Desinfektion, Desinfektion<br />

mittels Chemikalien, spezielle<br />

Anwendungsbereiche und Verfahren der<br />

Desinfektion, Desinfektion und Entwesung,<br />

Schutzimpfungen<br />

Seuchenhygiene Seuchenbekämpfung, Infektionsrisiken<br />

in Gemeinschaftseinrichtungen, Prävention<br />

von Kontaminationen bei der<br />

Lebensmittelherstellung und -bearbeitung,<br />

Infektionsrisiken bei Freizeit,<br />

Sport und Reiseverkehr


ARBEITSMEDIZIN<br />

Analyse von Arbeitsplatz- und Berufsbelastungen, Berufskrankheiten<br />

Ionisierende Strahlen und Radionuklide<br />

Erstickungsgase Erstickungsgase allgemein, Kohlenmonoxid,<br />

Schwefelwasserstoff<br />

Lösungsmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel<br />

(Pestizide) und sonstige<br />

chemische Stoffe<br />

NOTFALLMEDIZIN<br />

Lösungsmittel allgemein; Schädlingsbekämpfungsmittel<br />

allgemein; aromatische<br />

Amine; Halogenkohlenwasserstoffe;<br />

Benzol und seine Homologe, Nitround<br />

Aminoverbindungen <strong>des</strong> Benzols,<br />

seiner Homologe und ihrer Abkömmlinge;<br />

Schwefelkohlenstoff; Methanol;<br />

organische Phosphorverbindungen;<br />

Fluor und seine Verbindungen; Salpetersäureester;<br />

halogenierte Alkyl-, Aryloder<br />

Alkylaryloxide; halogenierte<br />

Alkyl-, Aryl- oder Alkylarylsulfide;<br />

Erkrankungen der Zähne durch Säuren;<br />

Benzochinon; p-t-Butylphenol<br />

Akute Störungen der Atmung, Akute Herz-Kreislauf-Störungen, Akute<br />

Funktionsstörungen <strong>des</strong> Zentralnervensystems, Komaformen bei Diabetes<br />

mellitus und Leberkoma, spezielle Notfallsituationen, Intoxikationen, Neurologisch-psychiatrische<br />

Erkrankungen<br />

Atmung<br />

– Ätiologie Zentral, mechanisch, peripher<br />

– Klinik Pathophysiologie, Symptomatik, Diagnostik<br />

– Therapie Sofortmaßnahmen, Beatmung,<br />

Pharmakotherapie<br />

Akute Herz-Kreislauf-Störungen<br />

– Ätiologie Kardial, Embolie, Schock<br />

– Klinik Pathophysiologie, Symptomatik, Diagnostik<br />

– Therapie Sofortmaßnahmen, Beatmung,<br />

Pharmakotherapie<br />

107


Akute Funktionsstörungen <strong>des</strong><br />

ZNS<br />

– Ätiologie<br />

Kommentar:<br />

Punktuell sind alle diese auffindbaren Lehr- und Lerninhalte als (Hintergrund-)<br />

Wissen auch in Katastrophensituationen von Bedeutung; sie bilden aber nur einen<br />

außerordentlich kleinen Bruchteil <strong>des</strong> Spektrums an medizinischem Wissen, das in<br />

einer Katastrophensituation <strong>zur</strong> Bewältigung in Bezug auf die Patientenversorgung<br />

vorhanden sein muss. Es lässt sich jedoch im gesamten Studium kein Lehrund<br />

Lerninhalt im Sinne einer spezifischen Vorlesung und kein Praktikum<br />

direkt zu Themen der Katastrophenmedizin zum Stand Frühjahr 2002 ermitteln.<br />

108<br />

Trauma, zerebrovaskuläre Erkrankungen,<br />

Infektionen<br />

– Klinik Symptomatik, Diagnostik<br />

– Therapie Sofortmaßnahmen, Pharmakotherapie<br />

Stoffwechselkomata<br />

– Komaformen bei Diabetes mellitus<br />

und Leberkoma<br />

– Ätiologie, Klinik, Pathophysiologie,<br />

Diagnostik und Therapie<br />

Spezielle Notfallsituationen<br />

– Trauma, Polytrauma Prioritäten und Prinzipien der Versorgung<br />

– Akutes Abdomen Klinik, Diagnostik, Differentialdiagnostik<br />

und primäre Versorgung<br />

– Verbrennungen Pathophysiologie, Klinik, Diagnostik und<br />

Therapie<br />

Intoxikationen – Ätiologie, Pathogenese, Symptomatik,<br />

Erstmaßnahmen u.a. mit Antidota bei Vergiftungen<br />

mit Alkylphosphaten, Zyaniden,<br />

Nitrosegasen, Thallium, Chlorgasen, Digitalis<br />

und Knollenblätterpilzen<br />

– Ätiologie, Pathogenese, Symptomatik,<br />

Erstmaßnahmen u.a. mit Antidota bei Vergiftungen<br />

mit Sedativa, Drogen, Äthanol,<br />

Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Giftpflanzen<br />

Neurologisch-psychiatrische<br />

Erkrankungen<br />

Ätiologie, Klinik, Diagnostik, Therapie z.B.<br />

bei Epilepsie, Delirien und Suizidalität


4.2.3 Lehr- und Lerninhalte in der Weiterbildung zum Facharzt für das<br />

Öffentliche Gesundheitswesen, die in Katastrophensituationen von<br />

Bedeutung sein könnten<br />

4.2.3.1 Die Inhalte der Musterweiterbildung<br />

Die Ziele und Inhalte der Weiterbildung zum Facharzt für Öffentliches Gesundheitswesen<br />

weisen in ihren Statuten unter den Aspekten der Erkennung von<br />

Gesundheitsgefahren, in der Beurteilung der Möglichkeiten, diese zu beseitigen<br />

oder auf deren Beseitigung hinzuwirken, kaum Bezüge zu Katastrophensituationen<br />

auf. Die Auszubildenden sollen <strong>zur</strong> Durchführung von Maßnahmen der allgemeinen<br />

und speziellen Hygiene sowie <strong>des</strong> gesundheitlichen Umweltschutzes<br />

befähigt werden. Die Wahrnehmung von Planungsaufgaben im gesundheitlichen<br />

Interesse der Bevölkerung wird angegeben. Kenntnisse über die Verfahren der<br />

empirischen Sozialforschung, der Biostatistik, der Toxikologie und der Gesundheitspolitik<br />

sollen vermittelt werden.<br />

Im Nachfolgenden werden mögliche inhaltliche Anknüpfungspunkte <strong>zur</strong> Katastrophenschutz-planung<br />

und Katastrophenbewältigung in der von der Bun<strong>des</strong>ärztekammer<br />

herausgegebenen Musterweiterbildungsordnung und in der am 27. Oktober<br />

2000 verabschiedeten Musterrichtlinie <strong>zur</strong> Weiterbildung im Gebiet „Öffentliches<br />

Gesundheitswesen“ aufgezeigt [16,17]:<br />

Inhalte der Musterweiterbildungsordnung für den Facharzt<br />

für das Öffentliche Gesundheitswesen in Deutschland [16,17]<br />

THEORETISCHE WEITERBILDUNG<br />

Erwerb von eingehenden Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in<br />

– Recht und Verfahren der öffentl. Gesundheitsverwaltung<br />

– Planungs-, Aufsichts-, Ordnungs- und Beratungsaufgaben <strong>zur</strong> Sicherung der<br />

gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung<br />

– Gesundheitsförderung, Prävention, Seuchenmedizin und Impfprophylaxe<br />

– Gesundheitsberichterstattung, Epidemiologie, und Gesundheitsforschung<br />

– Aufgaben <strong>des</strong> Managements im Gesundheitswesen<br />

– Grundlagen der Hygiene unter besonderer Berücksichtigung der Krankenhaus-,<br />

Praxis-, Sozial-, Umwelt- und Stadthygiene<br />

– Gesundheitlicher Umweltschutz einschließlich der technischen Verfahren<br />

<strong>zur</strong> Verhütung und Verringerung umweltbedingter Gesundheitsschäden<br />

unter besonderer Berücksichtigung der Epidemiologie umweltbedingter<br />

Erkrankungen<br />

– Grundlagen der Ernährungsmedizin<br />

Vermittlung und Erwerb von Kenntnissen in<br />

– Biostatistik<br />

– Sozialmedizin<br />

– Gesundheitsökonomie<br />

– Toxikologie<br />

– Rettungswesen, Zivil- und Katastrophenschutz<br />

109


PRAKTISCHE WEITERBILDUNGSZEITEN<br />

– 3 Jahre an einer Weiterbildungsstätte<br />

wie 12 Monate Allgemeinmedizin, Innere Medizin oder Kinderheilkunde,<br />

wie 18 Monate in einer Einrichtung <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens<br />

(davon min<strong>des</strong>tens 9 Monate in einem Gesundheitsamt)<br />

– erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs für Öffentliches Gesundheitswesen<br />

von 6 Monaten Dauer<br />

der theoretische Teil eines abgeschlossenen Kurses über Gesundheitswissenschaften<br />

(Public Health) kann bis zu 3 Monaten angerechnet werden<br />

– 2 Jahre klinische Tätigkeit<br />

wie 1,5 Jahre Allgemeinmedizin, Innerer Medizin oder Kinderheilkunde,<br />

wie 6 Monate Psychiatrie, Psychotherapie; auf die 1,5 Jahre anrechenbar<br />

sind 6 Monate Anästhesiologie, Arbeitsmedizin, Chirurgie, Frauenheilkunde<br />

und Geburtshilfe, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Hals-Nasen-<br />

Ohrenkunde, Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, Infektionsepidemiologie,<br />

Neurologie, Orthopädie, Psychiatrie, Psychotherapie oder Urologie<br />

Inhalte der Musterrichtlinien für den Facharzt<br />

Öffentliches Gesundheitswesen [16,17]<br />

– 20 Nachweise in der Hygiene, davon min<strong>des</strong>tens<br />

3 in der Überwachung von Friedhöfen und öffentlichen Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Bestattungswesens<br />

10 Überprüfungen von Einrichtungen <strong>des</strong> Gesundheitswesens, hierzu<br />

gehören Krankenanstalten, Heime, Tageskliniken, Einrichtungen <strong>des</strong> Rettungswesens<br />

und <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

– Nachweise in der Gesundheitsberichterstattung, davon<br />

regionale, kleinräumige epidemiologische <strong>Untersuchung</strong>en, dazu gehören<br />

handlungsorientierte Auswertung eigener Daten und von Dritten erhobener Daten<br />

Auswertung populationsbezogener Reihenuntersuchungen <strong>zur</strong> Früherkennung<br />

und Entwicklung epidemiologischer Kennzahlen für verschiedene<br />

Arbeitsfelder<br />

– Nachweise in der Planung medizinischer Versorgungsbereiche, davon im<br />

Rettungswesen, im Katastrophenschutz, Planung subsidiärer Versorgungsangebote,<br />

Krankenhausplanung, Planung (post-)stationärer Versorgung;<br />

Vernetzung bestehender Angebote der gesundheitlichen Versorgung,<br />

Umsetzung der Planung mit Körperschaften, freien Trägern, kommunalen<br />

und staatlichen Stellen<br />

110


– 75 Nachweise im Infektionsschutz, davon<br />

30 Nachweise in der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer<br />

Krankheiten, Beurteilung serologischer und mikrobiologischer Befunde<br />

sowie klinische <strong>Untersuchung</strong>en und Beratung der Betroffenen und deren<br />

Umgebung<br />

10 Nachweise in der Beratung der Bevölkerung in Fragen <strong>des</strong> Schädlings-<br />

und Lästlingsbefalls, ggf. Desinfektions- und Entwesungsmaßnahmen<br />

– 30 Nachweise im medizinischen Umweltschutz, davon<br />

5 umwelthygienische Begehungen und Begutachtungen von Wohnungen,<br />

Wohngebäuden sowie öffentlichen Einrichtungen wie Sport- und Campingplätzen<br />

sowie hygienische und umweltmedizinische Beurteilungen unter<br />

Berücksichtigung der Funktionsabläufe und Hygiene in Schulen und anderen<br />

Einrichtungen der Gemeinschaftsunterbringung<br />

5 Überwachungen von Trinkwasserversorgungsanlagen sowie gutachterliche<br />

Stellungsnahmen zu Neu-, Um- und Erweiterungsbauten, Bearbeitung<br />

von Beanstandungen nach der Trinkwasserverordnung<br />

5 Überwachungen von Bädern und Badegewässern nach EG-Richtlinien<br />

und sonstigen rechtlichen Bestimmungen<br />

1 städtehygienische Beurteilung von Stadtplanungs- und Bauvorhaben,<br />

Flächennutzungsplänen, gesundheitliche Planung von Lebensräumen<br />

– Nachweise in<br />

der Mitwirkung bei umwelthygienischen Begutachtungen von Neu- Umund<br />

Erweiterungsbauten gewerblicher und industrieller Anlagen nach dem<br />

Bun<strong>des</strong>immissionsschutzgesetz<br />

– Nachweise in<br />

der Mitwirkung bei der Bewertung <strong>des</strong> Gefahrenpotentials von Altablagerungen<br />

der Bewertung von Anwohnerbeschwerden, Ortsbegehungen, Überwachung<br />

von Abfall- und Abwasserbeseitigungsanlagen einschließlich<br />

Beurteilung physikalischer, chemischer und mikrobiologischer Befunde,<br />

Gefahrenabschätzung<br />

der umweltmedizinischen Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen<br />

von chemischen, physikalischen und mikrobiologischen Belastungen<br />

von Wasser, Boden, Luft einschließlich raumklimatischer Bedingungen.<br />

Kommentar:<br />

Es imponiert hier eine längere Liste mit Lehr- und Lerninhalten, die punktuell<br />

auch Bezug zu Katastrophensituationen haben können. Spezifisch katastrophenme-<br />

111


dizinische Themen oder direktes organisatorisches Wissen für den Katastrophenfall<br />

wird aber nur sehr vereinzelt angesprochen, viele dringend für den Katastrophenfall<br />

zu unterrichtende medizinische Themen werden nicht einmal erwähnt. Es<br />

dominieren Weiterbildungsinhalte zu sozial- und umweltmedizinischen Problemen.<br />

Im Rahmen der sogenannten praktischen Weiterbildungszeiten enthalten nur die<br />

als 6-monatige Tätigkeit anrechenbaren Zeiten in den Fachgebieten Anästhesie<br />

oder Infektionsepidemiologie direkte praktische Ausbildungserfahrungen mit<br />

unmittelbarer Bedeutung für Katastrophensituationen. Die aber überwiegend für<br />

den Facharzt anrechenbare praktische Tätigkeit in Allgemeinmedizin, Innerer<br />

Medizin oder Kinderheilkunde vermittelt kaum katastrophenmedizinisch bedeutsame<br />

Kenntnisse oder gar medizinisch-organisatorisches Wissen für Katastrophenereignisse.<br />

4.2.3.2 Der Kurs für das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

Die Teilnahme an dem obligatorischen Kurs für das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

von 6 Monaten Dauer kann an verschiedenen Ausbildungsstätten im Bun<strong>des</strong>gebiet<br />

erfolgen:<br />

a) im gesamten Umfang an der<br />

Akademie für das Öffentliche Gesundheitswesen in Düsseldorf [18]<br />

(Auf’m Hennekamp 70, 40225 Düsseldorf; Tel: 0211-31096-0)<br />

Weiterbildungslehrgänge für Ärztinnen und Ärzte für die Gebietsbezeichnung<br />

Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen (zeitlicher Umfang<br />

gesamt 600<br />

Nach persönlicher Auskunft <strong>des</strong> Leiters der Akademie zum Erhebungszeitpunkt<br />

(Frühjahr 2001) enthält der Lehrgang wenige Aspekte <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin.<br />

Es war lediglich ein Vortrag in Kooperation mit der Akademie für Krisenmanagement,<br />

Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler mit den Schwerpunkten<br />

• Rechtsgrundlagen<br />

• Aufgaben und Funktion <strong>des</strong> Arztes für ÖGW im Katastrophenfall<br />

• Organisation <strong>des</strong> Katastrophenschutzes<br />

• Darstellung <strong>des</strong> Fortbildungsbedarfes und Mitteilung von qualifizierenden<br />

Fortbildungen<br />

angeboten. Gemäß der persönlichen Mitteilung <strong>des</strong> wissenschaftlichen Leiters der<br />

Akademie dauerte dieser Vortrag 2 Stunden. Sozialmedizinische Themen mit möglichem<br />

Bezug zu Katastrophen werden zusammen mit den Studierenden der<br />

„Gesundheitswissenschaften und Sozialmedizin“ an der Heinrich-Heine-Universität<br />

in Düsseldorf vermittelt.<br />

112


) im gesamten Umfang an der<br />

Akademie für das öffentliche Gesundheitswesen im Bayerischen<br />

Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und<br />

Gesundheit [19]<br />

(Winzererstr. 9, 80797 München; Tel: 089-1261-01)<br />

Lehrgang <strong>zur</strong> Vorbereitung auf die Prüfung für den höheren öffentlichen<br />

Gesundheitsdienst (Gesamtumfang 642 Stunden)<br />

In dem Stoffplan <strong>des</strong> Lehrgangs 2000 finden sich folgende Bezugspunkte zu einer<br />

potenziellen Katastrophensituation:<br />

Modul IV: gastrointestinale Lebensmittelvergiftungen, trinkwasserassoziierte<br />

Infektionen mit einem Umfang von 10 Stunden, Desinfektion, Schädlingsbekämpfung<br />

mit einem Umfang von 4 Stunden<br />

Modul V: Strahlenzwischenfälle mit einem Unfang von 5 Stunden<br />

Referat: Katastrophenschutz und Katastrophenmedizin – Organisatorische<br />

Aspekte für das Gesundheitsamt<br />

mit dem Schwerpunkt „Aufgaben und Anforderungsprofil an den Arzt<br />

im öffentlichen Gesundheitsdienst“ mit einer Zeitdauer von 3 Stunden<br />

(persönliche Mitteilung <strong>des</strong> Referenten)<br />

c) im gesamten Umfang an der<br />

Akademie für Sozialmedizin Mecklenburg-Vorpommern e.V. [20]<br />

(Lessingstr. 31, 19059 Schwerin; Tel: 0385-7440-150)<br />

Kurse <strong>zur</strong> theoretischen Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen (Gesamtumfang von 460 Stunden)<br />

In den Eckdaten <strong>des</strong> Kursprogramms 2000/2001 der Akademie finden sich inhaltlich<br />

nachfolgende Bezugspunkte mit möglicher Relevanz für Katastrophensituationen:<br />

Modul 16: Referat Aufgaben im Katastrophenschutz (2,5 Stunden)<br />

(Referent Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, persönliche<br />

Angaben) mit den Themenschwerpunkten<br />

• Allgemeine Strukturen <strong>des</strong> Katastrophenschutzes in Mecklenburg-<br />

Vorpommern und auf Bun<strong>des</strong>ebene<br />

• Führungsstrukturen<br />

113


• <strong>Einbindung</strong> und Aufgaben <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />

• Darstellung einzelner Szenarien<br />

Modul 18/19: Mikrobiologie, Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten<br />

(13 Stunden)<br />

Modul 22: ionisierende Strahlen und Wirkung auf den Menschen (45 Minuten)<br />

Modul 24: Referat Krisenmanagement im Gesundheitsamt (1,5 Stunden)<br />

4.2.3.3 Der Studiengang Gesundheitswissenschaften (Public Health)<br />

Der Studiengang Gesundheitswissenschaften (Public Health), <strong>des</strong>sen Abschluss<br />

bis zu 3 Monate auf den Kurs für Öffentliches Gesundheitswesen angerechnet werden<br />

kann, enthält vor allem Aspekte der Sozial,- Umwelt- und Arbeitsmedizin<br />

sowie von Arbeitsunfällen, Chemie- und Strahlenunfällen (Auskünfte der<br />

Geschäftsstellen der Sozial- und Arbeitsmedizinischen Akademie Baden-Württemberg,<br />

Ulm, der Bayerischen Akademie für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin,<br />

München, sowie aktuelles Vorlesungsverzeichnis Universität Ulm) [21].<br />

Abb. 1 Inhalte der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen mit katastrophenmedizinischer<br />

Relevanz<br />

Kommentar:<br />

Die katastrophenmedizinisch relevanten Inhalte aller Kurse sind verschwindend<br />

gering. Berechnet man summarisch die Mittelwerte der Inhalte der Kurse aller<br />

Akademien (gesamt 1702 Stunden), werden 7,5 Stunden (= 1%) mit sicherer kata-<br />

114


strophenmedizinischer Relevanz, 32 Stunden (=5 %) mit fraglichem und 1662,5<br />

Stunden mit gar keinem Bezug zu einer Katastrophe gelehrt. In der praktischen<br />

Ausbildung lassen sich keine Themen mit katastrophenmedizinischer Bedeutung<br />

erkennen. Graphisch dargestellt sieht die Vermittlung von Kenntnissen in Theorie<br />

und Praxis zum Katastrophen- und Zivilschutz in der Facharztweiterbildung wie<br />

folgt aus (Abbildung 1):<br />

Angesichts <strong>des</strong> initial geschilderten, sehr umfangreichen, Anforderungsprofils an<br />

den Arzt im ÖGD für Katastrophensituationen und den nur in außerordentlich<br />

geringem Umfang vermittelten Kenntnissen in der obligatorischen Weiterbildung<br />

zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen drängt sich hier bereits der<br />

Verdacht auf erhebliche Defizite in der Berufsausbildung der Ärzte <strong>zur</strong> Bewältigung<br />

von Katastrophen auf.<br />

4.2.4 Lehr- und Lerninhalte Fakultativer Fortbildungsmöglichkeiten für<br />

das ärztliche Personal im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen<br />

Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz<br />

(AKNZ) Ahrweiler [22]<br />

(Ramersbacherstr. 95, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler; Tel: 02461-381-0)<br />

Im Rahmen fakultativer Fortbildungsoptionen mit direktem Bezug <strong>zur</strong> Vorbereitung<br />

auf Katastrophensituationen bietet die Zentralstelle für Zivilschutz <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>verwaltungsamtes zusammen mit der Akademie für Krisenmanagement,<br />

Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler innerhalb ihres Lehrauftrages eine<br />

Reihe von theoretischen und praktischen Fortbildungsmöglichkeiten an. Hiervon<br />

werden nachfolgend Seminare und Kurse mit besonderer Bedeutung für Ärzte im<br />

ÖGD aufgeführt.<br />

Programm: Seminarthemen zum Zivil- und Katastrophenschutz 2001<br />

1. Fachseminare Zivile Verteidigung<br />

• Allgemeine Fragen der Notfallvorsorge und zivilen Verteidigung<br />

• Ernährungsnotfallvorsorge für Führungskräfte<br />

• Ernährungsnotfallvorsorge <strong>zur</strong> Unterweisung <strong>des</strong> auf diesem Gebiet tätigen<br />

oder dafür vorgesehenen verantwortlichen Personals<br />

• Zivile Verteidigung und zivile Infrastruktur von militärischem Interesse im<br />

Straßenbau<br />

• Wirtschaftssicherstellung im Rahmen der staatlichen Notfallvorsorge<br />

• Wirtschaftssicherstellung für Führungskräfte<br />

• Erhaltung von Anlagen der Trinkwassernotvorsorge<br />

• Zivile Alarmplanung<br />

• Zivil-militärische Zusammenarbeit<br />

115


2. Fachseminare Zivilschutz/Selbstschutz<br />

• Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes incl. <strong>des</strong> Katastrophenschutzes – Wirtschaftliche<br />

Angelegenheiten<br />

• Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes incl. <strong>des</strong> Katastrophenschutzes – Amtsleiter<br />

• Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes incl. <strong>des</strong> Katastrophenschutzes – Kreisangehörige<br />

Städte und Gemeinden<br />

• Warnung der Bevölkerung im Verteidigungsfall über den Rundfunk<br />

• Schutzraumverwaltung<br />

• Schutzrauminstandhaltung<br />

• Schutz der Gesundheit<br />

• Führen in einer (Technischen) Einsatzleitung 1, 2 und 3<br />

• Leiter von Führungsgremien, Mitarbeiter im Bereich Planung und Einsatz<br />

• Führung und Leitung auf der Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter<br />

Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher Regelungen 1, 2 und 3<br />

• Öffentlichkeitsarbeit in der Katastrophe, Krise und im Zivilschutzfall 1/2<br />

• Führung und Leitung unter hoher psychischer Belastung<br />

• Berater für Sanitäts-/Gesundheitsfragen in Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde<br />

• Berater für Betreuung/soziale Dienste in Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde<br />

• Kommunikationstechnik<br />

• Berater für ABC-Fragen in Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde<br />

• Biologische Risiken<br />

• Chemische Risiken<br />

• Führungskräfte im ABC-Schutz<br />

• Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz (Blockseminar)<br />

• Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz – (Aufbau)<br />

• Aufgaben der Gemeinden im Selbstschutz<br />

• Katastrophenschutz und Selbstschutz in Dienstleistungsunternehmen<br />

3. Informationsangebote zu verschiedenen zivilschutzbezogenen Themen<br />

• Zivile Notfallvorsorge in Europa<br />

• Humanitäres Völkerrecht<br />

• Zivilschutz<br />

• Informationen <strong>zur</strong> Ernährungsnotfallvorsorge<br />

• Workshop-Führung und Leitung unter hoher psychischer Belastung<br />

• Workshop-Selbstschutz und Katastrophenabwehr in Krankenhäusern 1, 2, 3<br />

116


4. Sonstige Veranstaltungen<br />

• Unternehmerisches Denken und Handeln im THW-Ortsverband<br />

• Öffentlichkeitsarbeit und Helferwerbung im THW<br />

5. Workshop – Selbstschutz und Katastrophenabwehr in Krankenhäusern<br />

Die detailliertere Beschreibung der Lehrinhalte der Seminare mit unmittelbarem<br />

Bezug zu einer möglichen Katastrophensituation wird folgendermaßen<br />

angegeben:<br />

Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes incl. <strong>des</strong> Katastrophenschutzes – Amtsleiter<br />

Teilnehmer: Amtsleiter, Sachgebietsleiter und deren Stellvertreter der Katastrophenschutzbehörden<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Übertragung von Aufgaben <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

im hauptamtlichen Tätigkeitsbereich<br />

Seminarziel: Umfassende Kenntnisse rechtlicher und organisatorischer Regelungen<br />

<strong>des</strong> Zivilschutzes; Vermittlung von Einsatzerfahrungen bei komplexen Schadensereignissen<br />

Themenübersicht: Rechtliche Grundlagen und Auftrag <strong>des</strong> Zivilschutzes; Aufgaben<br />

im Zivil- und Katastrophenschutz; Zivilschutzrelevante Erfahrungen und<br />

Erkenntnisse aus Großschadensereignissen und Katastrophen; Selbstschutz<br />

Schutz der Gesundheit<br />

Teilnehmer: Medizinische und nichtmedizinische Leiter aus den Bereichen<br />

Gesundheitsverwaltung, Krankenhaus und Pflegedienst<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Tätigkeit im entsprechenden Bereich<br />

Seminarziel: Wahrnehmung der Aufgaben nach §§ 15 und 16 ZSG<br />

Themenübersicht: Zivilschutz in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland; Konzepte <strong>des</strong><br />

Zivilschutzes im Gesundheitswesen; Gesundheitliche Vorsorgeplanung; Organisatorische<br />

Aspekte für das Gesundheitsamt; Planungsverpflichtungen für das Krankenhaus<br />

<strong>Untersuchung</strong>sämter<br />

Teilnehmer: Chemiker und Lebensmittelchemiker von Chemischen <strong>Untersuchung</strong>sämtern,<br />

Umwelt- und Veterinäruntersuchungsämtern sowie der Gesundheitsverwaltung<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Betraut mit Aufgaben der Vorsorgeplanung im Rahmen<br />

<strong>des</strong> Zivilschutzes<br />

Seminarziel: Kenntnisse über Handhabung und Analytik von Lebensmittelproben<br />

bei chemischen Kontaminationen<br />

Themenübersicht: Zivilschutz in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland; Gefahrenabwehr<br />

nach Freisetzung chemischer Kampfstoffe/Schadstoffe; Physikalische,<br />

chemische und toxische Eigenschaften ausgewählter toxischer Chemikalien;<br />

Handhabung und Analytik hochtoxischer Proben vor Ort und im Labor<br />

117


Leiter von Führungsgremien, Mitarbeiter im Bereich Planung und Einsatz<br />

Teilnehmer: Führungskräfte der Katastrophenschutzbehörden und <strong>des</strong> Katastrophenschutzes,<br />

die als Leiter bzw. als Verantwortliche im Bereich Planung und Einsatz<br />

in Führungsgremien berufen sind<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Teilnahme am Seminar Führung und Leitung auf der<br />

Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher<br />

Regelungen<br />

Seminarziel: Kenntnis der Einsatzgrundsätze anderer Behörden/Organisationen<br />

mit Sicherheitsaufgaben; Kenntnis der Rahmenbedingungen für die Einsatzplanung;<br />

Differenzierung der Planungen und Durchführung der Maßnahmen auf<br />

unterschiedlichen Führungsebenen<br />

Themenübersicht: Rahmenbedingungen der zivilen Verteidigung; Erfahrungen<br />

aus Katastrophen/Großschadenereignissen und Konsequenzen für den Zivilschutz;<br />

Planungen <strong>des</strong> Einsatzablaufs bei großflächigen Schadenereignissen; Einsatzgrundsätze<br />

und Zusammenarbeit mit Bun<strong>des</strong>wehr, Polizei und Bun<strong>des</strong>grenzschutz<br />

Führung und Leitung auf der Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter<br />

Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher Regelungen 1<br />

Teilnehmer: Führungs- und Leitungskräfte der Katastrophenschutzbehörden und<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes, die in das Führungsgremium einer Katastrophenschutzbehörde<br />

berufen sind und in dieser Funktion auch Zivilschutzaufgaben wahrnehmen.<br />

Innerhalb <strong>des</strong> Führungsgremiums einer Katastrophenschutzbehörde werden<br />

maximal 12 Personen auf Kosten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> ausgebildet. Für weitere Teilnehmer<br />

werden Seminargebühren erhoben, über deren Höhe das Lehrgangsbüro Auskunft<br />

erteilt. Freie Plätze können auch von anderen Katastrophenschutzbehörden belegt<br />

werden. Zur Optimierung der Übungsergebnisse sollten auch Vertreter der im<br />

Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen (sog. Fachberater) als Teilnehmer<br />

mitwirken, ggf. nach Abstimmung zwischen den zum selben Termin gemeldeten<br />

Führungsgremien.<br />

Seminarziel: Wahrnehmung der Aufgaben im Führungsgremium der Katastrophenschutzbehörde<br />

unter Berücksichtigung zivilschutzrelevanter Aspekte; Konstruktive<br />

Mitwirkung an der zivilschutzorientierten Planung der Behörde; Umsetzung<br />

dieser Planung im Verbund mit anderen Mitwirkenden<br />

Themenübersicht: Aufgaben der Katastrophenschutzbehörde im Katastrophenund<br />

Zivilschutzfall; Führungsorganisation <strong>des</strong> Katastrophenschutzes; <strong>Einbindung</strong><br />

anderer Behörden und Stellen; Planungsverantwortung der zuständigen Behörde;<br />

Planung im Sinne <strong>des</strong> Führungsvorgangs und Umsetzung an Beispielen; Änderungen<br />

in den Verwaltungsstrukturen; Bedeutung <strong>des</strong> Selbstschutzes; Genfer Abkommen;<br />

Information und Warnung der Bevölkerung<br />

Führung und Leitung auf der Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter<br />

Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher Regelungen 2<br />

Teilnehmer: Führungs- und Leitungskräfte der Katastrophenschutzbehörden und<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes, die in das Führungsgremium einer Katastrophenschutzbehörde<br />

berufen sind und in dieser Funktion auch Zivilschutzaufgaben wahrneh-<br />

118


men. Innerhalb <strong>des</strong> Führungsgremiums einer Katastrophenschutzbehörde werden<br />

maximal 12 Personen auf Kosten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> ausgebildet. Für weitere Teilnehmer<br />

werden Seminargebühren erhoben, über deren Höhe das Lehrgangsbüro Auskunft<br />

erteilt. Freie Plätze können auch von anderen Katastrophenschutzbehörden belegt<br />

werden. Zur Optimierung der Übungsergebnisse sollten auch Vertreter der im<br />

Katastrophenschutz mitwirkenden Organisationen (sog. Fachberater) als Teilnehmer<br />

mitwirken, ggf. nach Abstimmung zwischen den zum selben Termin gemeldeten<br />

Führungsgremien.<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Teilnahme am Seminar Führung und Leitung auf der<br />

Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher<br />

Regelungen 1<br />

Seminarziel: Darstellung der Funktionszusammenhänge und Arbeitsabläufe<br />

innerhalb <strong>des</strong> Führungsgremiums bei Planung, Einsatz und Nachbereitung im<br />

Zusammenwirken mit der Verwaltung unter Berücksichtigung zivilschutzrelevanter<br />

Aspekte; Eigenverantwortliche Bewältigung der zu lösenden Aufgaben auch<br />

in extremen Situationen; Zweckmäßige und sachgerechte Mitwirkung im Gesamtsystem<br />

der Gefahrenabwehr; Zweckmäßige und einsatzbezogene Gliederung und<br />

Größe <strong>des</strong> Führungsgremiums.<br />

Themenübersicht: Aufarbeiten und Vertiefen der Themen <strong>des</strong> Seminars Führung<br />

und Leitung auf der Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter Berücksichtigung<br />

lan<strong>des</strong>rechtlicher Regelungen 1; Wahrnehmung der Aufgaben unter Einbeziehung<br />

von Kontaminationslagen; Wahrnehmung der Aufgaben unter Einbeziehung mehrerer<br />

Schadenslagen im eigenen und im benachbarten Zuständigkeitsbereich.<br />

Führung und Leitung auf der Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter<br />

Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher Regelungen 3<br />

Teilnehmer: Führungs- und Leitungskräfte der Katastrophenschutzbehörden und<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes, die in das Führungsgremium einer Katastrophenschutzbehörde<br />

berufen sind und in dieser Funktion auch Zivilschutzaufgaben wahrnehmen.<br />

Das Seminar wird nur für geschlossene Führungsgremien und deren Übungsleitung<br />

durchgeführt. Eine Teilnahme von Einzelmitgliedern ist nicht möglich.<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Teilnahme am Seminar Führung und Leitung auf der<br />

Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher<br />

Regelungen 2<br />

Seminarziel: Planung der Gefahrenabwehr im Zusammenwirken mit der Verwaltung<br />

unter Berücksichtigung zivilschutzrelevanter Aspekte auf dem Hintergrund<br />

standortbezogener Gefährdungen und Gegebenheiten <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

unter schwierigen Rahmenbedingungen; Wirkungsvolle Umsetzung der<br />

Planung unter individueller Belastung<br />

Themenübersicht: Entscheidungstraining (Führungsvorgang unter Unsicherheit);<br />

Gefahrenabwehr im Aufgabenverbund mit der Verwaltung; Bevölkerungsschutz<br />

in unterschiedlichen Kontaminationslagen; Zivilschutzplanung; Rechnergestütztes<br />

Katastrophenmanagement<br />

Bemerkung: Für die Teilnahme gelten bestimmte Voraussetzungen (Pflichtenheft),<br />

die erfüllt sein müssen, ehe eine Zulassung erfolgen kann. Die Übungsteile<br />

werden durch ein vorgeschaltetes Seminar in Zusammenarbeit mit der Akademie<br />

vorbereitet. Die Seminare werden intern von der Akademie vergeben.<br />

119


Berater für Sanitäts-/Gesundheitswesen in Führungsgremien der<br />

Katastrophenschutzbehörde<br />

Teilnehmer: Führungskräfte aus Fachbehörden/-ämtern und Hilfsorganisationen,<br />

die im Rahmen ihrer Berufung in Führungsgremien Zivilschutzaufgaben wahrnehmen<br />

Seminarziel: Umsetzung von Planungen auf dem Gebiet der Sicherstellung der<br />

medizinischen Versorgung entsprechend §§ 15 und 16 ZSG<br />

Themenübersicht: Rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> Zivilschutzes; Planungsaufgaben<br />

der Katastrophenschutzbehörde; Entscheidungsfindung in Führungsgremien;<br />

Organisatorische Vorkehrungen für den Massenanfall von Verletzten und Erkrankten;<br />

Regelungen für den Verteidigungsfall; Zivil-militärische Zusammenarbeit im<br />

medizinischen Bereich<br />

Berater für ABC-Fragen in Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde<br />

Teilnehmer: Führungskräfte der Katastrophenschutzbehörde und der Hilfsorganisationen,<br />

die in Führungsgremien (KatSL, (T)EL) berufen und mit der Beurteilung<br />

von ABC-Gefahren betraut sind; Lehrkräfte der Lan<strong>des</strong>feuerwehrschulen<br />

Seminarziel: Beurteilung zivilschutzrelevanter ABC-Gefahren und Ableitung situationsgerechter<br />

Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung<br />

Themenübersicht: Aufgaben und Arbeitsweise im Führungsgremium; Gefahren<br />

durch Freisetzung radioaktiver und chemischer Stoffe; Abschätzung der Gefahrenbereiche<br />

und Gefahrenentwicklungen bei großflächigen Kontaminationen; Toxikologische<br />

Beurteilung/Grenz-/Richtwerte; Ableitung von Schutzmaßnahmen;<br />

Lagevortrag mit Übungen<br />

Biologische Risiken<br />

Teilnehmer: Führungskräfte der Katastrophenschutzbehörde und der Hilfsorganisationen,<br />

die in Führungs-/Beraterfunktionen tätig und mit der Beurteilung von<br />

ABC-Gefahren betraut sind; Lehrkräfte der Lan<strong>des</strong>feuerwehrschulen<br />

Seminarziel: Beurteilung zivilschutzrelevanter Gefahren durch biologische Agenzien<br />

und Ableitung situationsgerechter und vorbeugender Maßnahmen zum Schutz<br />

der Bevölkerung<br />

Themenübersicht: Gefahren durch biologische Waffen/biologische Agenzien;<br />

Arten und Einstufung von Erregern; Seuchenrechtliche und andere Hygiene- und<br />

Schutzvorschriften beim Umgang mit biologischen Agenzien; Methoden <strong>zur</strong> Identifizierung<br />

und quantitativen Erfassung von B-Kontaminationen; B-Schutzmaßnahmen<br />

(Schutzausstattung, Dekontamination usw.); Administrative Planung und<br />

Zusammenarbeit.<br />

Chemische Risiken<br />

Teilnehmer: Führungskräfte der Katastrophenschutzbehörde und der Hilfsorganisationen,<br />

die in Führungs-/ Beraterfunktionen tätig und mit der Beurteilung von<br />

ABC-Gefahren betraut sind; Lehrkräfte der Lan<strong>des</strong>feuerwehrschulen<br />

120


Seminarziel: Beurteilung zivilschutzrelevanter C-Gefahren und Ableitung situationsgerechter<br />

Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung<br />

Themenübersicht: Gefahren durch Freisetzung chemischer Kampf- und Schadstoffe;<br />

Bedeutung <strong>des</strong> kleinräumigen Wetters, der Topographie, <strong>des</strong> Bewuchses<br />

und der Bebauung auf die Ausbreitung; Methoden <strong>zur</strong> Identifizierung und quantitativen<br />

Erfassung von C-Kontaminationen/Messtechnik; Ausbreitungsmodelle:<br />

Modellrechnungen/Abschätzungsmöglichkeiten (mit Übung am PC); C-Schutzmaßnahmen<br />

Führungskräfte im ABC-Schutz<br />

Teilnehmer: Führungskräfte, die Gefahrgut- und Strahlenschutzeinheiten sowie<br />

die ABC-Erkundungs- und Dekontaminationsgruppen <strong>des</strong> ABC-Schutzes im Rahmen<br />

der integrierten ABC-Gefahrenabwehr führen sollen<br />

Teilnahme-Voraussetzungen: Abgeschlossene Führungsausbildung (min<strong>des</strong>tens<br />

Gruppenführer Feuerwehr oder ABC); Gefahrgut- oder Strahlenschutzausbildung<br />

Seminarziel: Lageangemessene Führung von ABC-Schutzkräften im Rahmen der<br />

integrierten ABC-Gefahrenabwehr bei zivilschutzrelevanten Kontaminationslagen<br />

Themenübersicht: Rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes;<br />

Gefahren durch Freisetzung radioaktiver, biologischer und chemischer Agenzien;<br />

Ausstattung der ABC-Erkundungs- und Dekontaminationsgruppen; Messtechnik,<br />

Messstrategie und -taktik sowie Probennahme bei großflächigen Kontaminationen;<br />

Dekontamination von Einsatzkräften, Material und Verletzten; Einsatzplanung,<br />

Zusammenwirken mit anderen Diensten, Stellen und Ämtern; Führung in Extremsituationen<br />

Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

Teilnehmer: Ärzte, die als Führungskräfte im Katastrophenschutz arbeiten<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Approbation als Arzt<br />

Seminarziel: Der Teilnehmer soll aufbauend auf seinen bisher erworbenen Kenntnissen<br />

in der Notfallmedizin Grundlagen der medizinischen Katastrophenhilfe<br />

kennen sowie fähig und willens sein, seine medizinischen Aufgaben und Führungsaufgaben<br />

auch unter Berücksichtigung zivilschutzrelevanter Aspekte verantwortlich<br />

wahrzunehmen.<br />

Themenübersicht: Rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes;<br />

Genfer Abkommen/Zusatzprotokolle; Führungsorganisation/Führungsmittel/Führungsvorgang;<br />

Zusammenarbeit mit anderen in der Gefahrenabwehr Beteiligten;<br />

Einsatzleitung, Koordination und Kooperation im Schadensgebiet; Einsatztaktik,<br />

Kooperation zwischen Rettungsdienst und Katastrophenschutz auch in besonderen<br />

Lagen; Aufbau- und ablauforganisatorische Maßnahmen beim Massenanfall<br />

von Verletzten/Erkrankten; Ärztliche Maßnahmen beim Massenanfall von Verletzten/Erkrankten;<br />

Sichtung in Theorie und Praxis; Medizinische Versorgung bei<br />

Kontaminationen; Seuchen und Seuchenbekämpfung; Arznei- und Sanitätsmittelbevorratung;<br />

Krankenhausalarmplanung; Umgang mit psychischen Belastungen in<br />

Extremsituationen<br />

Hinweis: Anerkennung der Veranstaltung nach § 7 Bildungsfreistellungsgesetz<br />

(BFG) <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Rheinland-Pfalz ist beantragt. Die Veranstaltung ist gemäß § 20<br />

121


<strong>des</strong> Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetzes (BFQG) <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />

Schleswig-Holstein anerkannt. Das Seminar entspricht den Leitsätzen und Empfehlungen<br />

der Bun<strong>des</strong>ärztekammer für ärztliche Fortbildung.<br />

Früher war dieser Kurs unterteilt in zwei verschiedene Seminare: Ärzte im Zivilund<br />

Katastrophenschutz 1+2, diese sind ab dem Jahre 2001 als Blockseminar zu<br />

absolvieren. (Teilnehmerlimit 16 Personen, 3 Veranstaltungen pro Jahr)<br />

Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz – Aufbau<br />

Teilnehmer: Ärzte, die als Führungskräfte im Katastrophenschutz arbeiten<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Approbation als Arzt; Teilnahme am Blockseminar<br />

Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz; Teilnahme an den Seminaren Ärzte im<br />

Zivil- und Katastrophenschutz 1 und Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz 2<br />

Seminarziel: Der Teilnehmer soll aufbauend auf bisher erworbenen Kenntnissen<br />

im Seminar Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz Grundlagen der medizinischen<br />

Katastrophenhilfe bei der Ablauforganisation auf einem Behandlungsplatz<br />

anwenden und medizinische Führungsaufgaben wahrnehmen können.<br />

Themenübersicht: Aufbau-/Ablauforganisation auf einem Behandlungsplatz;<br />

Sichtung in Theorie und Praxis anhand eines Übungsszenarios; Einweisung,<br />

Durchführung und Auswertung der Übung<br />

Hinweis: Die Anerkennung der Veranstaltung gemäß § 7 <strong>des</strong> Bildungsfreistellungsgesetzes<br />

(BFG) <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Rheinland-Pfalz ist beantragt.<br />

Anlegen und Durchführen von Übungen für Führungsgremien auf der<br />

Ebene der Katastrophenschutzbehörde<br />

Teilnehmer: Mitglieder von Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde;<br />

Katastrophenschutz- und Zivilschutzmitarbeiter der Katastrophenschutzbehörde<br />

Teilnahme-Voraussetzung: Teilnahme am Seminar Führung und Leitung auf der<br />

Ebene der Katastrophenschutzbehörde unter Berücksichtigung lan<strong>des</strong>rechtlicher<br />

Regelungen<br />

Seminarziel: Kenntnisse über das Anlegen und Durchführen von Übungen mit<br />

Zivilschutz-Charakter<br />

Themenübersicht: Rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> Zivilschutzes; Rechnergestützte<br />

Übungsvorbereitung; Leitungs- und Schiedsrichterdienst; Schadenszenarien und<br />

-darstellung; Auswertung von Übungen<br />

Zivile Alarmplanung<br />

Teilnehmer: Funktionsträger der Verwaltungen und Verwaltungsebenen sowie<br />

anderer Bereiche, die mit Aufgaben der zivilen Alarmplanung befasst sind oder<br />

diese wahrnehmen sollen<br />

Seminarziel: Kenntnis der Aufgaben und Verfahren <strong>zur</strong> zivilen Alarmplanung<br />

Themenübersicht: Sicherheitspolitische Ausgangslage, Instrumente; Zivile<br />

Alarmplanung als Instrument der Krisenbewältigung; Anlegen von Alarmunterlagen<br />

122


Kommentar:<br />

Spezifisches, in Katastrophensituationen benötigtes Umfeld- und Hintergrundwissen<br />

sowie medizinisches Wissen und organisatorische Kenntnisse, die für die<br />

Patientenversorgung und das erfolgreiche Management einer Katastrophe im<br />

Zusammenwirken mit anderen Institutionen und Behörden unbedingt vorhanden<br />

sein muss, wird nur unter fakultativen, freiwilligen Fortbildungsmöglichkeiten<br />

angeboten.<br />

4.2.5 Lehr- und Lerninhalte weiterer Studiengänge<br />

Studiengang „Rescue Engineering“<br />

Zum Sommersemester 2002 bietet die Fachhochschule Köln (in Zusammenarbeit<br />

mit dem Institut für Notfallmedizin der Berufsfeuerwehr Köln) erstmals den Studiengang<br />

Rescue Engineering an [23]. Ziel der Fortbildung soll die Fähigkeit <strong>zur</strong><br />

Bewältigung einfacher Notfälle bis hin zu nationalen oder internationalen Katastrophenfällen<br />

sein. Darüber hinaus sollen Leitung von Rettungsstellen und Erstellen<br />

von Planungen Ausbildungsinhalte sein. Die Fortbildung wird in verschiedenen<br />

Modulen angeboten, die aktuelles Wissen aus der Medizin, Notfallmedizin,<br />

Soziologie, den Wirtschafts- und Ingenieurswissenschaften (z.B. Nachrichtentechnik,<br />

Bauingenieurswesen, Anlagen- und Verfahrenstechnik, etc.) vereinigt. Eine<br />

praktische Fortbildung wird durch Mitarbeit in einem von der Hochschule betreuten<br />

Rettungsprojekt, bevorzugt im Ausland, gewährleistet.<br />

Der Bachelor-Studiengang (6 Semester) dient der Vermittlung von ingenieurtechnischem,<br />

medizinischem, betriebswirtschaftlichem, soziologischem und juristischem<br />

Basiswissen. Der Master-Studiengang (10 Semester, aufbauend auf dem<br />

Bachelor-Studiengang) bietet ein Curriculum mit eher internationalen Bezügen<br />

und Vertiefung der technischen und notfallmedizinischen Schwerpunkte, der Forschungs-<br />

und Investitionsplanung sowie die Durchführung zweier Projekte aus der<br />

Praxis <strong>des</strong> Rettungsingenieurswesens [23]. Konkrete Pläne hinsichtlich der Fortbildungsschwerpunkte<br />

standen im Mai 2001 aber noch aus, da der Studiengang<br />

noch nicht abschließend genehmigt war (Auskunft Fachhochschule Köln, Referat<br />

Anlagen- und Verfahrenstechnik).<br />

Aufbaustudiengang Public Health<br />

Der exemplarisch hier aufgeführte an der Universität Ulm angebotene viersemestrige<br />

Aufbaustudiengang Public Health bietet in den verschiedenen Semestern Vorlesungen<br />

und Übungen zu folgenden Themenkomplexen an [21]:<br />

1. Semester: Biostatisik, Epidemiologie, Hygiene, Toxikologie, Sozialmedizin,<br />

Gesundheitsförderung, Gesundheitsökonomie (gesamt 26 Stunden)<br />

2. Semester: Biostatistik, Epidemiologie, Ökotoxikologie, Humanökologie,<br />

Medizinische Soziologie und Psychologie (gesamt 109 Stunden)<br />

123


3. Semester: Biostatistik, Epidemiologie, Hygiene, Toxikologie, Sozialmedizin,<br />

Gesundheitsförderung, Gesundheitsökonomie-Aufbau (gesamt 29<br />

Stunden)<br />

4. Semester: Biostatistik, Epidemiologie, Ökotoxikologie, Humanökologie, Sozialmedizin,<br />

Medizinische Psychologie und Soziologie (gesamt 61<br />

Stunden)<br />

Es gibt keine Unterrichtseinheit mit speziellem Bezug zu Katastrophenfällen.<br />

Kommentar:<br />

Vergleicht man <strong>des</strong>kriptiv summarisch die punktuell bestehenden ärztlichen Ausund<br />

Weiterbildungsinhalte und die fakultativen Fortbildungsmöglichkeiten mit<br />

dem am Beginn <strong>des</strong> Methodenteils grob skiziierten Raster <strong>des</strong> Anforderungsprofils<br />

an den Arzt im ÖGD für den Katastrophenfall, so ergibt sich der in der nachfolgenden<br />

Abbildung 2 dargestellte Überblick.<br />

Ganz besonders auffallend ist der eklatante Mangel an Inhalten mit Bezug <strong>zur</strong><br />

Bewältigung von Katastrophen nahezu jeglicher Art während der obligatorischen<br />

Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen. (Abb. 2)<br />

124


Einfach antizipierbare Szenarien<br />

Studium Weiterbildung fakultative<br />

Facharzt ÖGW Fortbildung<br />

Medizinische Notfallversorgung X X X<br />

Medizinische Notfallvorsorge X X X<br />

Kenntnisse über lokales Gebiet X<br />

Wissen um Logistik/Kat.schutzplan X<br />

Wissen um interne Hilfsmöglichkeiten<br />

Wissen um strategisches Vorgehen X<br />

Wissen um Ressourcen X<br />

Organisatorisches Wissen/Koordination X<br />

Organisatorisches Wissen/Kooperation X<br />

Kenntnisse Katastrophensoziologie X<br />

Wissen um Informationspolitik<br />

Wissen um Alarmierung/Meldewesen X<br />

Katastrophen besonderer Art<br />

Datenbanken-Kenntnisse X<br />

Vorgehen bei Evakuierungen X<br />

Vorgehen bei Chemieunfällen X<br />

Vorgehen bei nuklearen Unfällen X X<br />

Vorgehen bei Unfall mit biologischen<br />

Kampfstoffen<br />

Wissen um Seuchenbekämpfung X<br />

Vorgehen bei Trinkwasserkontamination X<br />

Kenntnisse der Nahrungsnotfallvorsorge X<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> Selbstschutzes X<br />

Wissen um internationale Hilfe<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> Leichenwesens X<br />

Kenntnisse der Hygiene X X X<br />

Abb. 2 Katastrophenmedizinisch-relevante Inhalte in der beruflichen Ausbildung für Ärzte; Alle<br />

mit x gekennzeichneten Felder verweisen auf mögliche Bezüge zu Katastrophen oder Katastrophenmedizin.<br />

ÖGW = Öffentliches Gesundheitswesen<br />

X<br />

125


4.3 Nicht-ärztliches Personal<br />

In Entsprechung der Evaluation der Inhalte der ärztlichen Aus- und Weiterbildung<br />

im Hinblick auf die Katastrophenmedizin sollten auch die <strong>des</strong> nicht-ärztlichen Personals,<br />

<strong>des</strong> medizinischen Hilfspersonals, im öffentlichen Gesundheitsdienst zu<br />

diesen Aspekten untersucht werden.<br />

Material und Methodik<br />

Für diese Analyse galt es zunächst, die Berufsgruppen zu identifizieren, die im<br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst vertreten und im Katastrophenfall von Bedeutung<br />

sind. Nach Literaturrecherche und Expertenauskünften [2,3,4,5,24] gehören hierzu:<br />

– Gesundheitsassistenten, Gesundheitsingenieure<br />

– Gesundheitsaufseher<br />

– Krankenpflegepersonal<br />

– Arzthelferinnen<br />

– Assistenten in der Radiologie- und im Labor<br />

– Desinfektoren.<br />

Da nach Informationen der Industrie- und Handelskammer (IHK) die Berufe<br />

Gesundheitsassistenten, Gesundheitsingenieure und Desinfektoren keine Ausbildungsberufe<br />

darstellen, sondern lediglich Zusatzqualifikationen, ergab sich, dass<br />

jede Akademie, die Kurse hierfür anbietet, ihre diesbezügliche Ausbildung nach<br />

eigenem Ermessen gestalten kann.<br />

Deshalb können an dieser Stelle nur die Inhalte der Ausbildungspläne der einzelnen<br />

Akademien für die jeweiligen Berufe betrachtet werden. Aufgrund nicht existierender<br />

Angaben im einschlägigen Schrifttum konnte außerdem kein dem ärztlichen<br />

Personal entsprechend formuliertes Anforderungsprofil für katastrophenmedizinische<br />

Belange in diesem Zusammenhang erstellt werden.<br />

Ergebnisse<br />

4.3.1 Inhalte der Berufsausbildungen an Akademien für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen<br />

Akademie für das Öffentliche Gesundheitswesen in Düsseldorf [18]<br />

(Auf’m Hennekamp 70, 40225 Düsseldorf; Tel: 0211-31096-0)<br />

Lehrgang zum Gesundheitsaufseher/Gesundheitsassistenten (Programm 2001)<br />

Der Lehrgang zum Gesundheitsaufseher und zum Gesundheitsassistenten beinhaltet<br />

insgesamt 600 Unterrichtseinheiten, die im Schwerpunkt II „Öffentliches<br />

126


Gesundheitswesen“ einen zweistündigen Vortrag zu Themen <strong>des</strong> Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

einschließen.<br />

Der Fokus dieses Referates ist frei wählbar (Auskunft Akademie für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen, Düsseldorf).<br />

Die anderen Schwerpunkte mit potenziellem Punktbezug zu Katastrophen sowie<br />

ein Referat zum Schutz bei Katastrophen lauten wie folgt:<br />

Teil 1 – Rechts- und Verwaltungskunde<br />

• Allgemeine Rechtsgrundlagen<br />

• Allgemeine Verwaltungsverfahren<br />

• Haushalts- und Dienstrecht<br />

• Polizei- und Ordnungsrecht<br />

Teil 2 – Öffentliches Gesundheitswesen<br />

• Struktur und Aufgaben<br />

• Berichtswesen<br />

• Medizinalstatistik<br />

• Dokumentation<br />

Katastrophenschutz, Zivilschutz, Rettungswesen<br />

(2 Stunden Vortrag zum Thema Katastrophenmedizin)<br />

Teil 3 – Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten<br />

• Biologie und Mikrobiologie<br />

• Parasitologie<br />

• Epidemiologie<br />

• Übertragbare Krankheiten<br />

• Zooanthroponosen<br />

• Desinfektion, Sterilisation<br />

• Schädlingsbekämpfung<br />

• Krankenhaushygiene<br />

Teil 4 – Hygiene und Gesundheitsschutz<br />

• Grundlagen der Raumordnung und Lan<strong>des</strong>planung<br />

• Siedlungs- und Ortshygiene<br />

• Umwelttoxikologie<br />

• Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung<br />

• Strahlenschutz<br />

• Wasser-, Abwasser- und Bäderhygiene<br />

• Gewerbehygiene<br />

• Hygienische Überwachung <strong>des</strong> Verkehrs mit Lebensmitteln<br />

• Überwachung <strong>des</strong> Inverkehrbringens von frei verkäuflichen Arzneimitteln<br />

und Gefahrstoffen außerhalb der Apotheke<br />

127


Lehrgang zum Lebensmittelkontrolleur (Programm 2001)<br />

Der Lehrgang zum Lebensmittelkontrolleur vermittelt in katastrophenmedizinischer<br />

Hinsicht nur partiell relevante Aspekte in den Gebieten Mikrobiologie und<br />

Parasitologie.<br />

Akademie für das öffentliche Gesundheitswesen im<br />

Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie,<br />

Frauen und Gesundheit [25]<br />

(Winzererstr. 9, 80797 München; Tel: 089-1261-01 )<br />

Das Angebot in München umfasst drei Lehrgänge mit möglichen katastrophenmedizinisch<br />

relevanten Inhalten. Der Lehrgang zum Gesundheitsaufseher schließt<br />

keine katastrophenmedizinischen Aspekte oder einen Vortrag zu diesem Themenkomplex<br />

ein. Die Ausbildung zum Assistenten im Gesundheitsdienst vermittelt<br />

keine Kenntnisse außer einem zweistündigen Vortrag zu den Grundlagen <strong>des</strong><br />

Katastrophenschutzes.<br />

Lehrgang <strong>zur</strong> Vorbereitung auf die Anstellungsprüfung für den mittleren<br />

Gesundheitsdienst<br />

(8. Januar – 27. April 2001)<br />

Teil 1 – Recht, Verwaltung, Staatsbürgerkunde<br />

• Staatsbürgerkunde<br />

• Zivil- und Strafrecht<br />

• Verwaltung<br />

• Berufe <strong>des</strong> Gesundheitswesens<br />

Teil 2 – Biologie, ergänzende Fächer<br />

• Biologie<br />

• Gesundheits- und Krankheitslehre<br />

• Medizinalstatistik<br />

• Rettungswesen und Katastrophenschutz<br />

(2 Stunden Vortrag Katastrophenschutz)<br />

• Arbeitsschutz und Unfallverhütung<br />

• Seminar „Umgang mit Bürgern“<br />

Teil 3 – Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten<br />

• Infektionsschutzgesetz<br />

• Übertragbare Krankheiten<br />

• Impfwesen<br />

• Desinfektion/Sterilisation/Schädlingsbekämpfung<br />

• Krankenhaushygiene<br />

128


Teil 4 – Umwelthygiene<br />

• Wasser<br />

• Abwasser<br />

• Luft<br />

• Lärm<br />

• Strahlenschutz<br />

• Elektrische und magnetische Felder<br />

• Ortshygiene<br />

• Lebensmittelhygiene<br />

• Diskussion zu ausgewählten Kapiteln der Umwelthygiene<br />

• Besichtigungen<br />

Teil 5 – EDV<br />

• EDV im Gesundheitsamt, Internetrecherche, Datenbanken<br />

Lehrgang für Assistenten im Gesundheitsdienst<br />

(10. Januar – 14. April 2000)<br />

Teil 1 – Staatsbürgerkunde, Recht und Verwaltung, Berufskunde<br />

Teil 2 – Umgang mit dem Bürger, Gesundheitserziehung, Sozial-<br />

und Jugendhilfe, Mutterschutz, Statistik, Kindergarten und<br />

Schulwesen<br />

Teil 3 – Gesundheitshilfe<br />

• Seelische und körperliche Entwicklung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong><br />

• Sehbehinderte und blinde Kinder<br />

• Hörbehinderte und taube Kinder<br />

• Sprachbehinderte Kinder<br />

• Körperbehinderte Kinder<br />

• Geistig behinderte Kinder<br />

• Verhaltensgestörte Kinder<br />

• Schulgesundheitspflege<br />

Teil 4 – Seuchen- und Umwelthygiene<br />

• Übertragbare Krankheiten<br />

• Impfwesen<br />

• Umwelthygiene<br />

129


Lehrgang zum Lebensmittel-Überwachungsbeamten (Programm 2001)<br />

Der Lehrgang zum Lebensmittel-Überwachungsbeamten enthält einige ausgewählte<br />

fraglich relevante Aspekte für den Katastrophenfall in den Bereichen<br />

Mikrobiologie und Parasitologie [25].<br />

Akademie für Sozialmedizin Mecklenburg-Vorpommern e.V. [20]<br />

(Lessingstr. 31, 19059 Schwerin; Tel: 0385-7440-150)<br />

An der Akademie in Schwerin wird eigenen Angaben zufolge kein nicht-ärztliches<br />

Personal ausgebildet (telefonische Auskunft).<br />

Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe Berlin [26]<br />

(Straßburgerstr. 56, 10405 Berlin, Tel: 030-9020-5836)<br />

Nach eigenen Angaben ist die Akademie mit der Fort- und Weiterbildung der<br />

nicht-ärztlichen Mitarbeiter unter anderem der Berliner Gesundheits- und Sozialverwaltung<br />

beauftragt. Die eigentliche Zielgruppe aber seien Mitarbeiter der stationären<br />

und/oder ambulanten Versorgung von Patienten. Hinsichtlich katastrophenmedizinischer<br />

Fortbildungsmöglichkeiten heißt es wörtlich: „Die Akademie<br />

für Gesundheits- und Sozialberufe hat bisher keine Angebote für den öffentlichen<br />

Gesundheitsdienst im Bereich der Notfall- bzw. Katastrophenmedizin durchgeführt.<br />

Auch für die Plan- und Leitstellen der Gesundheitsämter hat es bisher keine<br />

Angebote – allerdings auch keinen Auftrag oder Nachfrage – zum Management<br />

von Katastrophenfällen gegeben“ (Mai 2001).<br />

Lehrgang zum Gesundheitsaufseher<br />

Der Lehrgang zum Gesundheitsaufseher beinhaltet wenige Ausbildungsinhalte<br />

zum Thema Katastrophenschutz mit folgenden Schwerpunkten (16 Doppelstunden):<br />

• Katastrophenschutz im Gesundheitswesen<br />

• Aufgaben der Gesundheitsämter/gesetzliche Grundlagen<br />

• Seuchenalarmplan und -planung<br />

• Srahlenschutz<br />

• Trinkwasserversorgung<br />

• Exkursionen zu Feuerwehr und Rettungsdienst<br />

Darüber hinaus ist eine praktische Übung Seuchenalarm am Beispiel eines Falles<br />

von Gelbfieber vorgesehen. Damit vermittelt dieser Lehrgang ähnliche Wissensschwerpunkte<br />

wie der in Düsseldorf. Lediglich der Themenkomplex Katastro-<br />

130


phenmedizin erfährt hier eine höhere Gewichtung durch Veranschlagung von<br />

16 Doppellehrstunden mit Übung und Exkursion.<br />

Gesundheitsingenieure<br />

Generell konnten keine detaillierte Beschreibungen zu Ausbildungsinhalten von<br />

Gesundheitsingenieuren in den Programmen der Akademien gefunden werden.<br />

4.3.2 Inhalte der Berufsausbildungen an Lan<strong>des</strong>untersuchungsämtern<br />

Lehrgang zum Desinfektor<br />

Die Weiterbildung zum Erwerb dieser Zusatzqualifikation findet meist an den Lan<strong>des</strong>untersuchungsämtern<br />

der jeweiligen Länder statt oder aber auch im Rahmen<br />

von bun<strong>des</strong>wehr-internen Lehrgängen. Da es keine bun<strong>des</strong>einheitliche Regelung<br />

der beruflichen Ausbildungsinhalte gibt, ist zu vermuten, dass die Themenschwerpunkte<br />

je nach Land etwas variieren werden.<br />

Beispielhaft sei hier die Ausbildung zum Desinfektor am Lan<strong>des</strong>untersuchungsamt<br />

Stuttgart (Tel: 0711-1849-219) dargestellt. Die sechswöchige Weiterbildung<br />

umfasst 120 Stunden mit theoretischen Themenschwerpunkten und praktischen<br />

Übungen zu:<br />

• Grundlagen der Mikrobiologie, Virologie und Parasitologie<br />

• Grundlagen der Desinfektion<br />

• Sterilisation, chemische Desinfektion<br />

• Seuchengesetze<br />

• Entwesung<br />

• Epidemiologie<br />

• Immunologie<br />

Es gibt keine Hauptthemen mit katastrophenmedizinischem Schwerpunkt.<br />

Kommentar:<br />

Betrachtet man die Lehr- und Lerninhalte in der Berufsausbildung der Gesundheitsaufseher<br />

als Fachpersonal im ÖGD, so sind die katastrophenmedizinisch<br />

bedeutsamen Themen aller Kurse minimal vertreten. Berechnet man nach Stunden<br />

der Inhalte der Kurse aller Akademien für die Ausbildung der Gesundheitsaufseher<br />

mit katastrophenmedizinischem Inhalt, so ergibt sich Folgen<strong>des</strong>:<br />

Von insgesamt 1544 theoretischen Unterrichts-Stunden (Summe der Akademien<br />

in Düsseldorf, München und Berlin) sind 20 Stunden (=1,5%) von der Vermittlung<br />

sicher katastrophen-medizinisch relevanter Inhalte gekennzeichnet. Die<br />

praktische Ausbildung vermittelt einen winzigen Anteil – eine Übung – (gerundet<br />

0%) an Wissen für den Katastrophenfall (Abbildung 3):<br />

131


Abb. 3 Inhalte der Ausbildung zum Gesundheitsaufseher im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen mit<br />

katastrophenmedizinischer Relevanz<br />

4.3.3 Lehr- und Lerninhalte Fakultativer Fortbildungsmöglichkeiten für<br />

das nicht-ärztliche Personal im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen<br />

Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz<br />

(AKNZ) Ahrweiler [22]<br />

(Ramersbacherstr. 95, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler; Tel: 02461-381-0)<br />

Viele Fortbildungsangebote der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung<br />

und Zivilschutz sind sowohl für ärztliches als auch nicht-ärztliches Personal ausgelegt.<br />

Katastrophenmedizinisch von Bedeutung auch für nicht-ärztliches Personal<br />

könnten exemplarisch nachfolgende Seminare sein:<br />

Programm: Seminarthemen zum Zivil- und Katastrophenschutz 2001<br />

Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes incl. <strong>des</strong> Katastrophenschutzes – Amtsleiter, Sachbearbeiter<br />

... (Dauer 3 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Rechtliche Grundlagen und Aufgaben <strong>des</strong> Zivilschutzes<br />

132


• Aufgaben im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

• Zivilschutzrelevante Erfahrungen und Erkenntnisse aus Großschadensereignissen<br />

und Katastrophen<br />

• Selbstschutz<br />

<strong>Untersuchung</strong>sämter (Dauer 5 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Zivilschutz in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

• Gefahrenabwehr nach Freisetzung chemischer Kampfstoffe<br />

• Physikalische, chemisch und toxische Eigenschaften ausgewählter toxischer<br />

Chemikalien<br />

• Handhabung und Analytik hochtoxischer Proben vor Ort und im Labor<br />

Berater für Sanitäts-/Gesundheitswesen in Führungsgremien der Katastrophenschutzbehörde<br />

(Dauer 4 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Rechtliche Grundlagen <strong>des</strong> Zivilschutzes<br />

• Planungsaufgaben der Katastrophenschutzbehörde<br />

• Organisatorische Vorkehrungen für den Massenanfall<br />

• Regelungen für den Verteidigungsfall<br />

• Zivil-militärische Zusammenarbeit im medizinischen Bereich<br />

Biologische Risiken (Dauer 4 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Gefahren durch biologische Waffen<br />

• Seuchenrechtliche und andere Hygiene- und Schutzvorschriften beim Umgang<br />

mit biologischen Agenzien<br />

• B-Schutzmaßnahmen<br />

• Administrative Zusammenarbeit und Planung<br />

Chemische Risiken (Dauer 4 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Gefahren durch Freisetzung chemischer Kampf- und Schadstoffe<br />

• Bedeutung <strong>des</strong> kleinräumigen Wetters, der Topographie, <strong>des</strong> Bewuchses und<br />

der Bebauung auf die Ausbreitung<br />

• Methoden <strong>zur</strong> Identifizierung von C-Kontamination<br />

• Ausbreitungsmodelle<br />

• Schutzmaßnahmen<br />

133


Führungskräfte im ABC-Schutz mit entsprechender Vorausbildung (Dauer 5<br />

Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Rechtliche Grundlagen<br />

• Ausstattung der Erkundungs- und Dekontaminationsgruppen<br />

• Messtechnik, Messstrategie<br />

• Dekontamination von Einsatzkräften, Material und Verletzten<br />

• Einsatzplanung, Zusammenwirken mit anderen Diensten<br />

Schutz der Gesundheit (Dauer 3 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Zivilschutz in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

• Konzepte <strong>des</strong> Zivilschutzes im Gesundheitswesen<br />

• Organisatorische Aspekte für das Gesundheitsamt<br />

Zivile Alarmplanung (Dauer 2 Tage)<br />

Themenschwerpunkte:<br />

• Zivile Alarmplanung als Instrument der Krisenbewältigung<br />

• Anlagen von Alarmunterlagen<br />

4.4 Schlussbemerkungen zu den Lehr- und Lerninhalten<br />

in der Aus-, Weiter- und Fortbildung für das ärztliche<br />

und nicht-ärztliche Personal im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitswesen<br />

Diskussion<br />

Ärztliches Personal<br />

Unsere Analyse zeigt insbesondere, dass eine deutliche Diskrepanz zwischen den<br />

formulierten Anforderungsprofilen an den Arzt für das Öffentliches Gesundheitswesen<br />

in Katastrophensituationen und den tatsächlichen Inhalten in der Facharztweiterbildung<br />

besteht. Die geforderten Kenntnisse lassen sich nur zu einem minimalen<br />

Teil in der theoretischen und überhaupt nicht in der praktischen Weiterbildung<br />

finden. Würde man von jedem Gesundheitsamt (n= 427), das im Rahmen<br />

dieses Projektes angeschrieben wurde, jeweils nur einen Arzt zum Blockseminar<br />

„Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz“ schicken, würde dies bis <strong>zur</strong> kompletten<br />

Fortbildung der Ärzte der Gesundheitsämter fast 10 Jahre dauern<br />

(berechnet nach den Informationen der AKNZ in Ahrweiler bei 3 Seminaren pro<br />

Jahr, Teilnehmerlimit pro Seminar, 16 Personen; Stand Mai 2001).<br />

134


Nicht-ärztliches Personal<br />

Als spezielle Schwierigkeiten in der Analyse der beruflichen Ausbildungsinhalte<br />

dieser Gruppe waren zunächst die in einschlägigem Schrifttum fehlenden Aufgabenprofile<br />

für Katastrophenfälle. Es war von extrem unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkten<br />

in den diversen medizinischen Hilfsberufen auszugehen.<br />

Zusammenfassend lässt sich aber doch konstatieren, dass die beruflichen Spezialisierungen<br />

und fakultativen Fortbildungen nur in minimalem Umfang theoretische<br />

Inhalte mit katastrophenmedizinischer Relevanz ohne jegliche Vermittlung praktischen<br />

Wissens aufweisen.<br />

Auch in den USA und Großbritannien wurden Bemühungen angestellt, die Curricula<br />

der Aus- und Weiterbildung im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesen hinsichtlich<br />

katastrophenmedizinischer Inhalte zu untersuchen [8,9,11,27,28]. Es resultierten<br />

aus diesen Studien ganz ähnliche Ergebnisse und damit Kritikpunkte wie bei unserer<br />

Analyse: auch hier ließen sich nur eine kleine Anzahl von Kursen oder Vorlesungen<br />

mit Inhalten, die Bezug zu Katastrophen haben könnten, finden. Es gab<br />

kein Gesamtkonzept <strong>zur</strong> Ausbildung in der Katastrophenmedizin. Als Schwerpunkte<br />

in den angloamerikanischen Ländern fielen Kurse zu Risikoeinschätzungen,<br />

Risikominimierungen, Abwasserentsorgung und Umweltrecht auf; einige<br />

Kurse beschäftigten sich mit der Thematik der Naturkatastrophen mit den Schwerpunkten<br />

Epidemiologie, Politik und Zuständigkeiten einzelner Hilfsdienste. In<br />

einer Analyse von 24 Schulen und 18 sogenannten „Graduate Programs“ in den<br />

USA stellte man fest, dass 23 gar keine Kurse mit möglichen katastrophenmedizinischen<br />

Inhalten anboten. Die Universitäten mit dem größten Ausbildungsangebot<br />

waren die ohnehin größten Universitäten der USA wie Harvard, Berkeley, etc.<br />

Die offensichtlich un<strong>zur</strong>eichende Aus- und später Weiterbildung für Katastrophenfälle<br />

wurde massiv kritisiert [27,28].<br />

Generell liegt so der Verdacht von beträchtlichen Qualifikationsdefiziten <strong>des</strong> ärztlichen<br />

und nicht-ärztlichen Personals im ÖGD für die Bewältigung von Katastrophen<br />

nahe. Es sollten <strong>des</strong>halb unbedingt Reformansätze <strong>zur</strong> Etablierung einer<br />

umfassenderen beruflichen Ausbildung im Gebiet Katastrophenmedizin im ärztlichen<br />

und nicht-ärztlichen Bereich diskutiert und Ideen <strong>zur</strong> Steigerung der Effizienz<br />

und Effektivität dieser Maßnahmen umgesetzt werden.<br />

135


Fazit<br />

Bei der Gegenüberstellung von eruiertem Anforderungsprofil und tatsächlicher<br />

Berufsausbildung imponieren für die Ärzte im ÖGD folgende Auffälligkeiten:<br />

Ärztliches Personal<br />

1. In allen Abschnitten von Studium und Facharztweiterbildung finden sich<br />

vereinzelt Punkte, die zwar Bezug zu einer Katastrophe haben könnten, aber<br />

es ist keinerlei Gesamtkonzept erkenntlich. Zwei- bis dreistündige Referate<br />

zu Katastrophensituationen stellen einen Bruchteil der Ausbildung; viele<br />

dringend für einen Katastrophenfall zu unterrichtenden Themen werden<br />

nicht einmal erwähnt. Praktische Anwendungen und Übungen für den<br />

Ernstfall sind im Curriculum nicht enthalten.<br />

2. Weder die Fragen der medizinischen Notfallversorgung einzelner Verunfallter<br />

noch die Versorgung bei Massenanfall von Verunglückten wird in Theorie<br />

oder Praxis der Weiterbildung für den Facharzt für das öffentliche<br />

Gesundheitswesen thematisiert. Möglicherweise ist dieses Aufgabenfeld für<br />

den Arzt im ÖGD im Katastrophenfall aber auch von eher untergeordneter<br />

Bedeutung.<br />

3. Im Rahmen der verpflichtenden Weiterbildungsinhalte für den Facharzt für<br />

das <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens werden eher sozial- und umweltmedizinische<br />

Kenntnisse vermittelt, die im Bedarfsfall in Katastrophensituationen<br />

keine Entscheidungsgrundlagen bieten.<br />

4. Das Wissen, das für ein erfolgreiches Management einer Katastrophe im<br />

Zusammenwirken mit anderen Institutionen, Behörden, etc. notwendigerweise<br />

vorhanden sein muss, wird – wenn überhaupt – nur als fakultative,<br />

freiwillige Fortbildungsmöglichkeit angeführt. Zuständigkeitsgrenzen und<br />

Schnittstellen zu anderen medizinischen Diensten sind in der Aus- und<br />

Weiterbildung nicht transparent; eine Schulung für Prioritäten oder<br />

Gewichtsverteilungen im ÖGD für den Katastrophenfall ist nicht erkenntlich.<br />

Das Training logistischer Abläufe, <strong>des</strong> strategischen Vorgehens, <strong>des</strong><br />

koordinierten Handelns und kommunikativer Eigenschaften in Simulationen<br />

<strong>des</strong> Ernstfalles ist praktisch nicht berücksichtigt, geschweige denn werden<br />

die Anforderungen der besonderen psychischen Lage der Helfer und der<br />

zu versorgenden Bevölkerung unter der Extremsituation einer Katastrophe<br />

unterrichtet.<br />

5. Ob sich der neu entwickelte Studiengang Rescue Engineering etablieren<br />

und ob katastrophenmedizinische Fachkompetenz generiert wird, ist abzuwarten.<br />

Vielleicht erweist er sich als ein Mittel <strong>zur</strong> fakultativen Fortbildung<br />

der Ärzte im ÖGD. Es könnten auch einzelne Module <strong>des</strong> Studienganges<br />

zukünftig in die Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliches Gesund-<br />

136


heitswesen integriert werden. Der Aufbaustudiengang Public Health vermittelt<br />

keine katastrophenmedizinisch relevanten Inhalte.<br />

Ähnlich zum Stand der Berufsausbildungsinhalte im ärztlichen Bereich lassen<br />

sich folgende Auffälligkeiten für das nicht-ärztliche Personal im Hinblick auf<br />

<strong>des</strong>sen berufliche Qualifikationen für Katastrophensituationen feststellen:<br />

Nicht-ärztliches Personal – medizinisches Hilfspersonal<br />

1. Als Ausgangslage zeigt sich eine inhomogene Mischung verschiedenster<br />

Berufsgruppen innerhalb <strong>des</strong> nicht-ärztlichen Personals der Gesundheitsämter,<br />

die verschiedenste Ausbildungsgrundlagen und- schwerpunkte aufweisen.<br />

2. Je nach Ausbildungsstätte und der beruflichen Aus- und Fortbildung und<br />

Spezialisierung im öffentlichen Gesundheitswesen nimmt die Vermittlung<br />

katastrophenmedizinisch relevanter Lehr- und Lerninhalte einen sehr unterschiedlichen<br />

Umfang und Stellenwert ein.<br />

3. Eine katastrophenmedizinische Ausbildung im Sinne eines Gesamtkonzeptes<br />

für eine Berufsgruppe oder alle beteiligten Gruppen ist nicht erkenntlich.<br />

4. Fakultative Fortbildungsveranstaltungen scheinen ihre Zielgruppe verstärkt<br />

im Führungsbereich der nicht-ärztlichen Mitarbeiter zu suchen.<br />

5. Es gibt nur sehr vereinzelt Übungsangebote <strong>zur</strong> praktischen Umsetzung von<br />

erworbenen Kenntnissen.<br />

6. Eine klare Vorstellung für Anforderungsprofile an das medizinische Hilfspersonal<br />

im Katastrophenfall ist nicht gegeben, sodass eine umfassendere<br />

Konkretisierung der Bewertung zu möglichen Defiziten in der Qualifikation<br />

derzeit nicht möglich ist.<br />

Addendum<br />

Im Bun<strong>des</strong>gesetzesblatt 2002, Teil I, Nr. 44, wird die Novelle der ärztlichen Approbationsordnung<br />

geregelt. Auf Seite 2435, Anlage 15 (zu § 29 Abs. 3 Satz 2) wurde<br />

als Prüfungsstoff für den Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung ein Punkt<br />

„Erkennung und Behandlung akut lebensbedrohender Zustände, Notfallund<br />

Katastrophenmedizin“ mit aufgenommen. Ausführungsbestimmungen im<br />

Sinne <strong>des</strong> Gegenstandskatalogs sind <strong>zur</strong>zeit noch nicht vorhanden. Es ist <strong>des</strong>halb<br />

nicht beurteilbar, in wieweit katastrophenmedizinische Inhalte in das Studium der<br />

Humanmedizin aufgenommen werden.<br />

137


Literatur<br />

[1] Femmer HJ, Mais H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen.<br />

Öff Gesundh-Wesen 1981;43:632-646<br />

[2] www. medatwork.com/berufsplaner/oeffentl_gesundh<br />

[3] Curio F: Zivil- und Katastrophenschutz in Das grüne Gehirn, der Arzt <strong>des</strong><br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens. Bachmann W (Hrsg.) Loseblattwerk,<br />

August 2002<br />

[4] Neuhauser S: Der Amtsarzt im Rettungsdienst und Katastrophenschutz, eine<br />

vernachlässigte Aufgabe. Öff Gesundh-Wesen 1988;50:683-687<br />

[5] Fock R, Wirtz A, Peters M et al: Management und Kontrolle lebensbedrohender<br />

hochkontagiöser Infektionskrankheiten. Bun<strong>des</strong>gesundheitsbl Gesundheitsforsch<br />

Gesundheitsschutz 1999;42:389-401<br />

[6] Michels H: Notwendige Planungen für Behörden und Krankenhäuser. Vortrag<br />

im Rahmen <strong>des</strong> Workshops Kehren die Seuchen <strong>zur</strong>ück – (neue) Gefahren<br />

durch biologische Kampfstoffe? am 25./26.2.2000 an der Akademie für Notfallplanung<br />

und Zivilschutz, Bad-Neuenahr-Ahrweiler<br />

[7] Wenzel G: Mitwirkung der Gesundheitsämter bei Katastrophen- und Zivilschutz.<br />

Vortrag vor der Amtsärztebesprechung <strong>des</strong> Ministeriums für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales, Schleswig-Holstein. Mitteilungen <strong>des</strong> Schleswig-<br />

Holsteinischen Landtages, 1/1998<br />

[8] Merchant JA: Preparing for disaster. American journal of public health<br />

1986;76:223-235<br />

[9] Gunnell DJ: The public health physician’s role in chemical incidents. Journal<br />

of public health medicine. 1993;15:352-357<br />

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for today. Annals of emergency medicine 1994;23:715- 718<br />

[11] Sidell VW, Onel E, Giger JH, Leaning J, Foege WH: Public health responses<br />

to natural and man-made disasters. in Maxcy, Rosenau, Last (eds.) Public<br />

health and preventive medicine. 13th edition, Appleton and Lange, 1992,<br />

S. 1173- 1185<br />

[12] Weber K: Neuere Aspekte rettungsdienstlicher Aufgabenstellungen für<br />

Gesundheitsämter. Öff Gesundh-Wesen 1989;51:674-681<br />

138


[13] Lillibridge SR, Noji EK, Burkle FM: Disaster assessment: the emergency<br />

health evaluation of a population affected by disaster. Annals of emergency<br />

medicine 1993; 22:1715-1720<br />

[14] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den ersten Teil der Ärztlichen Prüfung, 1991<br />

[15] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den zweiten Teil der Ärztlichen Prüfung,<br />

zweiter Nachdruck 1999<br />

[16] Lan<strong>des</strong>ärztekammer <strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong>: Weiterbildungsordnung für Ärztinnen<br />

und Ärzte <strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong> 1994, S. 68<br />

[17] Bun<strong>des</strong>ärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern,<br />

Köln: Musterweiterbildungsordnung und Musterrichtlinien zum Facharzt für<br />

öffentliches Gesundheitswesen in der Fassung 10/2000<br />

[18] Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf, Auf’m Hennekamp<br />

70, 40225 Düsseldorf, Fortbildungskatalog 2001. Tel: 0211-31096-0;<br />

www.afoeg.nrw.de<br />

[19] Akademie für das öffentliche Gesundheitswesen im Bayerischen Staatsministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit, Winzererstr.<br />

9, 80797 München, Gedruckter Stoffplan <strong>des</strong> Lehrganges <strong>zur</strong> Vorbereitung<br />

auf die Prüfung für den öffentlichen Gesundheitsdienst, April-<br />

Dezember 2000. Tel: 089-1261-01<br />

[20] Akademie für Sozialmedizin Mecklenburg-Vorpommern e.V., Lessingstr. 31,<br />

19059 Schwerin, Programm Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen,<br />

1995. Tel: 0385-7440-150<br />

[21] Universität Ulm, Vorlesungsverzeichnis der Universität Ulm, Wintersemester<br />

1999/2000 und Sommersemester 2000<br />

[22] Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ), Ramersbacherstr. 95,<br />

53474 Bad-Neuenahr-Ahrweiler, Fortbildungsangebot nach Internetangaben,<br />

Stand Frühjahr 2001. Tel: 02641-38-10; www.bzs.bund.de/aknz.htm<br />

[23] Fachhochschule Köln: Fachbereich Anlagen- und Verfahrenstechnik: Leitsätze<br />

zum Bachelor- und Masterstudiengang Rescue Engineering. Stand Januar<br />

2001<br />

[24] Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz Ahrweiler: Arbeitsmaterial<br />

zum Seminar Anlegen und Durchführen von Übungen. Februar 1998<br />

[25] Akademie für das öffentliche Gesundheitswesen im Bayerischen Staatsministerium<br />

für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit, Win-<br />

139


zererstr. 9, 80797 München, Gedrucktes Programm der Ausbildungen für<br />

nicht-ärztliches Personal, Lehrgang <strong>zur</strong> Vorbereitung auf die Anstellungsprüfung<br />

für den mittleren Gesundheitsdienst, 8. Januar bis 27. April 2001 und<br />

telefonische Auskunft, Herr Gambke, Tel: 089-1261-2254<br />

[26] Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe in Berlin, Straßburgerstr. 56,<br />

10405 Berlin. Schriftliche Mitteilung vom 03.05.2001. Tel: 030-902058-0;<br />

www.berlin.de/Land/ SenArbSozFrau/ags<br />

[27] Lan<strong>des</strong>man LY: The availability of disaster preparation courses at US schools<br />

of public health. American journal of public health 1993;80:1494-1496<br />

[28] SAEM Disaster Medicine White Paper Subcommittee: Disaster medicine:<br />

current assessment and blueprint for the future. Academic emergency medicine<br />

1995;12:1068-1076<br />

140


5. Evaluation <strong>des</strong> ärztlichen Personals der<br />

unteren Gesundheitsbehörde bezüglich<br />

katastrophenmedizinischer Kenntnisse<br />

Im Katastrophenfall oder bei einem Großschadensereignis soll das ärztliche Personal<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst (ÖGD) als kompetenter Fachberater und<br />

Verbindungsorgan den Katastrophenschutzbehörden <strong>zur</strong> Bewältigung <strong>des</strong> Ereignisses<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehen [1]. Als erste Anlaufstelle sollen die Ärzte der unteren<br />

Gesundheitsbehörde, im folgenden „Gesundheitsamt“ genannt [2], fungieren.<br />

Absolut nicht geklärt ist jedoch, ob dieses ärztliche Personal überhaupt über das<br />

hierfür notwendige theoretische Know-how bzw. adäquate praktische Fertigkeiten<br />

verfügt, um diese ihm zugedachten Aufgaben wahrnehmen zu können. Außerdem<br />

liegen Bewertungen dieser Vorgaben <strong>des</strong> Gesetzgebers durch die Ärzte der<br />

Gesundheitsbehörden selbst bisher nicht vor.<br />

5.1 Material und Methodik<br />

Zur Erhebung der Kenntnisse und Vorstellungen der Ärzte, die im ÖGD für die<br />

katastrophenmedizinischen Belange zuständig sind oder es sein sollten, wurde ein<br />

Fragebogen an der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Universität Ulm, entwickelt.<br />

Der Fragebogen umfasste drei katastrophenmedizinisch relevante Hauptthemenkomplexe,<br />

die evaluiert werden sollten:<br />

1. Berufsausbildung der im ÖGD tätigen Ärzte (Studium, Facharztweiterbildung)<br />

2. Katastrophenmedizinische Kenntnisse und deren Herkunft<br />

3. Intentionen und Perspektiven<br />

Der Fragenkatalog wurde anhand von in der Literatur vorgegebenen Anforderungsprofilen<br />

an die Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall [1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10,<br />

11, 12, 13] erstellt. Nach detaillierter Festlegung der einzelnen Fragen wurde der<br />

Katalog (Anhang I) auf seine Eignung durch die Verantwortlichen dieses Projektes<br />

(Dr. B. Jaeschke, Vorsitzender <strong>des</strong> Berufsverban<strong>des</strong> der Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitswesens e.V., Dr. J.W. Weidringer, geschäftsführender Arzt der Bayerischen<br />

Lan<strong>des</strong>ärztekammer und Prof. Dr. E. Pfenninger, Universitätsklinik für<br />

Anästhesiologie, Universität Ulm) überprüft und gegebenenfalls modifiziert.<br />

Nach Abstimmung mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag<br />

wurde er Anfang Mai 2001 an alle unteren Gesundheitsbehörden der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland (Anzahl n= 429) verschickt; Lan<strong>des</strong>gesundheitsämter und<br />

Lan<strong>des</strong>untersuchungsämter wurden nicht angeschrieben. Die Auflistung der<br />

Adressen der einzelnen Gesundheitsämter wurde vom Berufsverband der Ärzte<br />

<strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens e.V. <strong>zur</strong> Verfügung gestellt. Den Fragebogen<br />

sollte jeweils eine Person in je einem Gesundheitsamt ausfüllen; dies sollte entweder<br />

der Ärztliche Leiter oder ein von ihm benannter Experte für katastrophenmedizinische<br />

Fragestellungen in seinem Amt sein.<br />

141


Die Auswertung der <strong>zur</strong>ückgesandten Fragebögen erfolgte anonym. Die auf den<br />

Rücksende-umschlägen vermerkten Adressen der Gesundheitsämter dienten nur<br />

<strong>zur</strong> internen Kontrolle der Rücklaufquote. Da diese Umschläge sofort nach Erhalt<br />

vernichtet wurden, war bei der Auswertung der Antworten die Zuordnung eines<br />

bestimmten Bogens zu dem antwortenden Gesundheitsamt nicht mehr möglich.<br />

Mehrfachnennungen waren – wo sinnvoll – bei manchen Fragen möglich. Die<br />

EDV-technische Aufarbeitung und Analyse der Fragebögen erfolgte mittels einer<br />

Microsoft Access® 2000 Datendank (Microsoft Corporation, Redmond, USA).<br />

Die Graphiken wurden mittels Microsoft PowerPoint® und Microsoft Excel®<br />

erstellt.<br />

5.2 Ergebnisse<br />

5.2.1 Allgemeines<br />

Rücklauf<br />

Die erste Rücklaufrate betrug vier Wochen nach Abschicken der Bögen ca. 70%.<br />

Alle Gesundheitsämter, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht geantwortet hatten,<br />

wurden Anfang Juni 2001 noch einmal mit der Bitte um Antwort und einem Fragebogen<br />

angeschrieben. Als Endtermin für eintreffende Fragebögen wurde der 26.<br />

Juni 2001 festgelegt; später noch eintreffende Bögen (n = 15) wurden dann in der<br />

Auswertung nicht mehr berücksichtigt.<br />

Von n = 429 angeschriebenen Gesundheitsämtern antworteten zeitgerecht insgesamt<br />

bun<strong>des</strong>weit n = 339 (79%). Zwei von den Ämtern <strong>zur</strong>ückgesandte Bögen<br />

(1%) waren unausgefüllt und zwei Gesundheitsämter unserer Liste (1%) existierten<br />

zum Umfragezeitpunkt (Mai/Juni 2001) nicht mehr. So lagen insgesamt 337<br />

Datensätze <strong>zur</strong> Auswertung vor.<br />

Antwortraten der einzelnen Bun<strong>des</strong>länder<br />

Es ergaben sich große Unterschiede bei der Betrachtung der Beantwortung der<br />

Umfrage (Tabelle 1) zwischen den einzelnen Bun<strong>des</strong>ländern.<br />

Die Aufgliederung der Beantwortung der Umfrage ergab pro Bun<strong>des</strong>land eine<br />

minimale Quote von 33 % in Bremen und eine maximale von 95 % in Baden-Württemberg.<br />

142


Tabelle 1: Verteilung der Antwortrate auf die einzelnen Bun<strong>des</strong>länder<br />

Land Antwortrate [%]<br />

Baden-Württemberg 94,6<br />

Bayern 81,3<br />

Berlin 66,7<br />

Brandenburg 76,5<br />

Bremen 33,3<br />

Hamburg 57,1<br />

Hessen 77,8<br />

Mecklenburg-Vorpommern 87,5<br />

Niedersachsen 70,2<br />

Nordrhein-Westfalen 84,2<br />

Rheinland-Pfalz 81,5<br />

Saarland 50,0<br />

Sachsen 86,7<br />

Sachsen-Anhalt 60,9<br />

Schleswig-Holstein 87,5<br />

Thüringen 78,1<br />

5.2.2 Weiterbildung der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Beruflicher Werdegang<br />

Die Ergebnisse unserer Umfrage ergaben, dass der überwiegende Anteil der Ärzte<br />

im ÖGD (n = 307; 91%), die sich mit katastrophenmedizinischen Sachverhalten<br />

beschäftigen, eine Weiterbildung zum Facharzt für das öffentliche Gesundheitswesen<br />

(ÖGW) absolviert haben (Abbildung 1). Ein großer Teil von ihnen (54%)<br />

verfügt über eine weitere Facharztausbildung; in sieben Gesundheitsämtern können<br />

die Antwortenden zusätzlich zum Facharzt für das ÖGW noch zwei weitere<br />

abgeschlossene Facharztausbildungen vorweisen. Die große Gruppe der Personen<br />

mit einer Facharztausbildung, die unter sonstige (n = 126; 37%) subsummiert wur-<br />

143


den, setzt sich hauptsächlich aus Allgemeinmedizinern, Pädiatern und Psychiatern<br />

zusammen.<br />

Abb. 1 Abgeschlossene Facharztausbildungen der Ärzte, die sich im ÖGD mit Katastrophenmedizin<br />

befassen. Die Gesamtzahl von n = 517 ergibt sich durch mehrfachen Facharzterwerb;<br />

Mikrobiol.= Mikrobiologie und Hygiene; ÖGW = Öffentliches Gesundheitswesen<br />

Von den speziell mit Katastrophenmedizin befassten Ärzten im ÖGD kann aber<br />

den eigenen Angaben zufolge nur ein kleiner Teil (3–16%) eine Facharztweiterbildung<br />

vorweisen, bei der im Rahmen <strong>des</strong> Weiterbildungskatalogs in unterschiedlichem<br />

Umfang notfallmedizinisches Wissen vermittelt wurde bzw. innerhalb derer<br />

die Ärzte größtenteils am organisierten Rettungsdienst teilnehmen, wie zum Beispiel<br />

den Gebieten Anästhesiologie, Innere Medizin oder Chirurgie.<br />

Kenntnisse der Notfallmedizin<br />

Da notfallmedizinisches Wissen jeder Art auch in Katastrophensituationen eine<br />

große Rolle spielt, wurden die Ärzte der Gesundheitsämter nach Herkunft und<br />

Umfang ihrer notfallmedizinischen Kenntnisse gefragt. Mehrfachnennungen<br />

waren möglich. Aus dem Bereich der studentischen Ausbildung gaben 65% (n =<br />

219) der Befragten Wissen aus der Vorlesung Notfallmedizin und 30% (n = 102)<br />

aus dem zugehörigen Praktikum (wird nicht an allen Universitäten angeboten) an<br />

(Abbildung 2). Nur ein sehr geringer Teil (1–2%) der Antwortenden verfügt über<br />

eine Berufsausbildung oder praktische Arbeit im Bereich der medizinischen Assistenzberufe<br />

<strong>des</strong> organisierten Rettungsdienstes. Ein unerwartet hoher Anteil der<br />

Ärzte (n = 74; 22%) besitzt den Fachkundenachweis Rettungsdienst. Eine darauf<br />

144


aufbauende Fortbildung zum Leitenden Notarzt (LNA) hat jedoch nur eine kleine<br />

Anzahl (n = 15; 4%) absolviert.<br />

Abb. 2 Herkunft der Kenntnisse der Notfallmedizin bei den Ärzten im ÖGD; LNA = Leitender<br />

Notarzt, R = Rettungs-, H = Helfer, S = Sanitäter, A = Assistent<br />

Tätigkeit als Notarzt<br />

Um das Vorhandensein praktischer Erfahrungen im Bereich der präklinischen Notfallmedizin<br />

zu überprüfen, wurde erfragt, ob die Ärzte der Gesundheitsämter, die<br />

für die Katastrophenbewältigung zuständig sein sollen, Einsätze als Notarzt (nicht<br />

im kassenärztlichen Notdienst) absolviert haben (Abbildung 3). Fast die Hälfte der<br />

Befragten (n = 147; 44%) konnte dies bejahen.<br />

Notfall- und katastrophen-medizinische Fortbildungen<br />

Außerdem wurde die Teilnahme an fakultativen Fortbildungen zum Themenkomplex<br />

„Notfall- und Katastrophenmedizin“ in den vergangenen Jahren erfragt: fast<br />

40% der Ärzte gaben an, keine notfall- oder katastrophenmedizinische Fortbildung<br />

besucht zu haben, 23% besuchten Fortbildungen im Rahmen <strong>des</strong> Erwerbs <strong>des</strong><br />

Fachkundenachweises Rettungsdienst und 48% beschrieben, sich zusätzlich spezifisch<br />

fortzubilden (Abbildung 4).<br />

145


Abb. 3 Anzahl der Ärzte im ÖGD, die Einsätze als Notarzt absolviert haben<br />

Abb. 4 Besuch von notfall- und katastrophen-medizinischen Fortbildungen RD = Rettungsdienst<br />

5.2.3 Katastrophenmedizinische Kenntnisse und deren Herkunft<br />

Tätigkeit und Erfahrungen in der Katastrophenmedizin<br />

Im Hinblick auf Erfahrungen in Extremsituationen, der persönlichen Leistungsfähigkeit<br />

bei der Bewältigung solcher und Kenntnisse der Aufgaben katastrophenmedizinisch<br />

tätiger Organisationen erschien es wichtig zu erfahren, ob die Ärzte<br />

146


im ÖGD in Organisationen wie dem Roten Kreuz, dem Technischen Hilfswerk<br />

oder ähnlichem aktiv waren oder noch aktiv sind.<br />

Abb. 5 Frühere oder aktuelle Tätigkeit in der Katastrophenmedizin<br />

Erwartungsgemäß können über 75% der Befragten keine aktuelle oder frühere<br />

Tätigkeit im Bereich der Katastrophenmedizin nachweisen (Abbildung 5).<br />

Die Ärzte im ÖGD, die angaben, über praktische Erfahrungen zu verfügen, wurden<br />

im Weiteren befragt, in welchem Tätigkeitsgebiet sie während <strong>des</strong> Katastrophenabwehreinsatzes<br />

gearbeitet hätten:<br />

Der kleine Teil, der in der Bewältigung von Großschadensereignissen oder Katastrophen<br />

offensichtlich schon einmal tätig war, konnte hierbei im Katastrophenschutzstab<br />

(n = 78) oder als Leitender Notarzt (n = 30) Erfahrungen sammeln.<br />

Einige der Antwortenden konnten auf eine Mitarbeit an der Bewältigung spezieller<br />

auch durch die Medien bekannt gewordener Ereignisse verweisen, wie zum<br />

Beispiel auf die Zugkatastrophe in Eschede 1999 oder dem Oderhochwasser 1997.<br />

Ein Befragter gibt an, als Berater nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl 1986<br />

gearbeitet zu haben. Der größte Teil der Ärzte im ÖGD (n = 220; 65%) hat jedoch<br />

keine Erfahrungen im medizinisch oder organisatorischen Management von Großschadensereignissen<br />

oder Katastrophen (Abbildung 6).<br />

147


Abb. 6 Praktische Erfahrungen im Management von Großschadensereignissen und Katastrophen;<br />

KatS.-Stab = Katastrophenschutzstab; RLST = Rettungsleitstelle, KatS= Katastrophenschutz,<br />

LNA = Leitender Notarzt, RD = Rettungsdienst, n.v. = nicht verwertbar<br />

Beteiligung an Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

Da der Gesetzgeber die Ausarbeitung von Plänen <strong>zur</strong> Bewältigung von Großschadensereignissen<br />

und Katastrophen als eine grundlegende Aufgabe der Gesundheitsämter<br />

bei deren Integration in die katastrophenmedizinische Versorgung<br />

[1,4,5,8] ansieht, sollte die Mitarbeit der Ärzte im ÖGD bezüglich der katastrophenmedizinischen<br />

Vorsorge überprüft werden. Hierbei wurde differenziert nach<br />

Vorbereitungsstrategien für Großschadensereignisse oder für Katastrophen gefragt.<br />

Interessanterweise ergab sich, dass über 50 % der Befragten in die Planungen <strong>zur</strong><br />

Bewältigung von Großschadensereignissen involviert sind (Abbildung 7).<br />

Außerdem zeigte sich, dass ein etwas größerer Anteil der Befragten (62%) an<br />

Bewältigungsstrategien von Katastrophen beteiligt ist (Abbildung 8).<br />

148


Abb. 7 Ärztliche Beteiligung an Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung von Großschadensereignissen<br />

Abb. 8 Mitarbeit an Katastrophenbewältigungsplänen<br />

Herkunft der Kenntnisse der Katastrophenmedizin<br />

Der folgende Fragenkomplex zielte auf eine Überprüfung der subjektiven Einschätzung<br />

der Herkunft der Kenntnisse für spezifische Katastrophenfälle. Es muss<br />

an dieser Stelle aber bereits betont werden, dass sowohl im Curriculum der studentischen<br />

Ausbildung als auch im Katalog der Weiterbildung zum Facharzt für<br />

das ÖGW nur punktuell Bezüge <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin zu finden sind.<br />

Die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD geben an, einen sehr großen Anteil ihres Wissens, das sie für<br />

die Katastrophenschutzpläne und <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung als notwendig<br />

erachten, aus dem Medizinstudium gewonnen zu haben (Abbildung 9). Die Wissensübermittlung<br />

während der Weiterbildung zum Facharzt für das ÖGW wird hin-<br />

149


gegen sehr unterschiedlich beurteilt: offensichtlich wird hier ein großer Anteil an<br />

Kenntnissen für die Seuchenbewältigung und Seuchenprävention (subjektiv mehr<br />

als im Studium) vermittelt.<br />

Abb. 9 Herkunft der Kenntnisse <strong>zur</strong> Bewältigung spezieller Katastrophensituationen; FA-Weiter<br />

= Weiterbildung zum Facharzt für das ÖGW, außerhalb = fakultative Fortbildung,<br />

A-Fall = Freisetzung von radioaktiven Stoffen, B-Fall = Freisetzung von biologischen<br />

Kampfstoffen, C-Fall = Freisetzung von chemischen Gefahrenstoffen<br />

Für die Bereiche biologischer und chemischer Gefahrenstoffe scheint die Weiterbildung<br />

zum Facharzt nur einen kleinen Anteil <strong>des</strong> beim ärztlichen Personal <strong>des</strong><br />

ÖGD subjektiv vorhandenen Wissens zu übermitteln. Es wird angegeben, hier deutlich<br />

mehr der Lehre <strong>des</strong> Studiums entnommen zu haben. Fakultative Fortbildungen<br />

scheinen am wenigsten zum Wissensgewinn für Katastrophensituationen beizutragen.<br />

Lediglich für die Bewältigung und Prävention von Seuchenfällen gibt<br />

eine Mehrheit der Befragten Kenntnisse aus fakultativen Fortbildungen an. Ob<br />

theoretische und praktische Befähigungen <strong>zur</strong> medizinisch-organisatorischen<br />

Bewältigung anderer Ereignisse darüber hinaus nicht im Rahmen von fakultativen<br />

Fortbildungen vermittelt werden, oder ob seitens der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD kein Interesse<br />

an solchen Fortbildungen besteht, wurde an dieser Stelle nicht überprüft. Detaillierter<br />

wurde erfragt, welche Art an Kenntnissen über Symptome, Therapie oder<br />

Koordination von notwendigen Maßnahmen für die spezifischen Katastrophenfälle<br />

auf welchem Weg der Wissensvermittlung gewonnen wurde. Bei der Auswertung<br />

dieser Frage war auffallend, dass für alle Katastrophensituationen im Studium, in<br />

der Facharztweiterbildung und in fakultativen Fortbildungen Kenntnisse über die<br />

Symptome von Erkrankungen oder Schädigungen am häufigsten vermittelt wurden.<br />

150


Bezüglich der Art der Kenntnisse für spezifische Katastrophenfälle wurden Maßnahmen<br />

und die Koordination von Maßnahmen für alle drei genannten Schadensszenarien<br />

als zweithäufigster Kenntnisschwerpunkt genannt (Abbildung 10).<br />

Unsere Analyse zeigte aber auch, dass für den Fall <strong>des</strong> Freiwerdens biologischer<br />

Kampfstoffe deutlich weniger Wissen zu Symptomen, Therapie und Koordination<br />

von Maßnahmen vorhanden ist, als dies für den A- oder C-Fall gilt.<br />

Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes:<br />

Art der Kenntnisses für spezielle Katastrophenfälle<br />

Abb. 10 Art der vorhandenen Kenntnisse im A-Fall = Freisetzung von radioaktiven Stoffen, B-<br />

Fall = Freisetzung von biologischen Kampfstoffen, C-Fall = Freisetzung von chemischen<br />

Gefahrenstoffen; Sympt = Symptome, Maßn = Maßnahmen, Üb. Einzel = Übungen für<br />

einzelne Erkrankte, Übung Mass = Übungen für den Massenanfall von Erkrankten<br />

Sehr wenig Kenntnisse konnten die Ärzte im ÖGD aus praktischen Übungen vorweisen<br />

(10% der Befragten). Wenn Wissen durch Teilnahme an praktischen Übungen<br />

für atomare Zwischenfälle, Ereignisse mit biologischen (Gefahren-)Stoffen<br />

oder Ereignisse mit chemischen (Gefahren-)Stoffen erworben wurde, so war dies<br />

eher in Übungen für den Massenanfall von Patienten als für einzelne Erkrankte<br />

(Abbildung 10).<br />

Es ließ sich keine Ursache für den allgemein geringen Umfang an Kenntnissen<br />

zum Thema „biologische Gefahrenstoffe“ eruieren.<br />

Zur Prävention und Bewältigung von Seuchen scheint beim ärztlichen Personal <strong>des</strong><br />

ÖGD allgemein das umfangreichste Wissen vorhanden zu sein. Sowohl in der Pro-<br />

151


phylaxe als auch in der Bekämpfung von Seuchen bestehen bei zwei Dritteln der<br />

Befragten Kenntnisse für Einzelfälle und für eine Vielzahl von Erkrankten (Abbildung<br />

11). Nahezu zwei Drittel haben praktische Erfahrungen in der Betreuung einzelner<br />

Erkrankter und ein Drittel der Ärzte ist sogar mit einem Massenanfall an<br />

Infektionspatienten vertraut, als Beispiele wurden der Massenanfall von Meningitispatienten<br />

oder auch von Patienten mit viralen hämorrhagischen Fieber angegeben.<br />

Abb. 11 Kenntnisse im Seuchenfall<br />

5.2.4 IntentioÏnen und Perspektiven<br />

Meinung <strong>zur</strong> Integration in die Katastrophenabwehr<br />

Die Ärzte im ÖGD wurden auch nach ihrer persönlichen Ansicht zu den Vorgaben<br />

<strong>des</strong> Gesetzgebers, den ÖGD in Planung und Umsetzung von Maßnahmen <strong>zur</strong><br />

Katastrophenabwehr zu integrieren, gefragt. Es zeigte sich, dass 70% der Ärzte die<br />

bestehende Integration in den Katastrophenschutz für sinnvoll halten, nur ein kleiner<br />

Anteil der Ärzte (5%) hält diese Tatsache für schlecht (Abbildung 12).<br />

Die Schwierigkeiten, mit denen sich die Ärzte im ÖGD bei Integration in den<br />

Katastrophenschutz konfrontiert sehen, bestehen vor allem in ihren unterschiedlichsten<br />

Ausbildungen und darauf basierend sehr uneinheitlicher Erfahrung in der<br />

Notfall- und Katastrophenmedizin (Abbildung 13).<br />

Unklare Aufgaben bei den Einsatzmöglichkeiten aufgrund unklarer Erlasse sowie<br />

fehlende Fortbildungsmöglichkeiten zum Erwerb spezifisch relevanten Wissens<br />

scheinen den Ärzten die Integration in die katastrophenmedizinische Versorgung<br />

152<br />

Ärzte <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes:<br />

Kenntnisse bei Seuchen


ebenso zu erschweren. 32 Ärzte (10%) geben als Hinderungsgrund kein Interesse<br />

für Katastrophenschutz an.<br />

Abb. 12 Meinung <strong>zur</strong> Integration <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz<br />

Abb. 13 Mögliche Probleme bei der Integration Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz; Einsatzmögl.<br />

= Einsatzmöglichleiten<br />

Meinung zu Fortbildungen<br />

Angesichts <strong>des</strong> definierten Anforderungsprofils an den ÖGD, den sich aus der<br />

Umfrage ergebenen nur mangelhaft vorhandenen Kenntnissen der Katastrophenmedizin<br />

und der Klage über fehlende Weiterbildung ergibt sich Handlungsbedarf<br />

153


für katastrophenmedizinische Fortbildungen. Die Ärzte wurden <strong>des</strong>halb nach ihrer<br />

Bereitschaft <strong>zur</strong> Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen gefragt. Im Hinblick<br />

auf Großschadensereignisse geben die Ärzte im ÖGD große Bereitschaft an, sich<br />

für die medizinisch-organisatorische Bewältigung solcher weiterzubilden (Abbildung<br />

14):<br />

Abb. 14 Haltung zu Fortbildungen für Großschadensereignisse<br />

64 % halten eine solche Fortbildung für unbedingt nötig, 34% würden sie notgedrungen<br />

akzeptieren und nur 3% möchte sich für diesen Fall nicht fortbilden.<br />

Im Hinblick auf Fortbildungen <strong>zur</strong> Bewältigung von Katastrophen scheint die<br />

Bereitschaft der Ärzte im ÖGD an solchen teilnehmen zu wollen ebenso ausgeprägt:<br />

66% halten den Besuch spezifischer Veranstaltungen für unabdingbar, 33%<br />

würden solche notgedrungen akzeptieren und nur 2% der Befragten wären nicht<br />

bereit, sich in diesem Gebiet weiter zu qualifizieren (Abbildung 15).<br />

Vor dem Hintergrund eine größtmögliche Akzeptanz von solchen Fortbildungen<br />

bei größtmöglichem Informationsgehalt <strong>zur</strong> Schließung der bestehenden Wissenslücken<br />

zu erreichen, wurde nun nach den Wünschen der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD hinsichtlich<br />

der Gestaltung solcher Fortbildungen gefragt:<br />

92% der Befragten möchten eine Kombination aus Theorie- und Praxisanteilen für<br />

eine optimale katastrophenmedizinische Fortbildung (Abbildung 16).<br />

154


Abb. 15 Haltung zu Fortbildungen für die Bewältigung von Katastrophensituationen<br />

Abb. 16 Wünsche nach Zusammensetzung katastrophenmedizinischer Fortbildungen<br />

Bei der Analyse der Antworten nach möglichen Inhalten dieser zu schaffenden<br />

Fortbildungsmöglichkeiten ergab sich folgen<strong>des</strong> Bild:<br />

Vorrangig wünschten sich die Ärzte im ÖGD die Vermittlung von Kenntnissen <strong>zur</strong><br />

vorbereitenden Planung und Umsetzung von Maßnahmen für die Bewältigung von<br />

speziellen Katastrophensituationen (Seuchen, atomare Zwischenfälle, Ereignisse<br />

mit biologischen (Gefahren-)Stoffen oder Ereignisse mit chemischen (Gefahren-)<br />

Stoffen) (Abbildung 17).<br />

155


Abb. 17 Gewünschte Inhalte katastrophenmedizinischer Fortbildungen; A-Fall = Freisetzung<br />

von radioaktiven Stoffen, B-Fall = Freisetzung von biologischen Kampfstoffen, C-Fall<br />

= Freisetzung von chemischen Gefahrenstoffen<br />

Außerdem werden ausdrücklich Kenntnisse der Einsatztaktik und die Umsetzung<br />

der Gesamtheit <strong>des</strong> erworbenen Wissens im Rahmen von Planspielen gewünscht.<br />

Von einem geringeren Teil <strong>des</strong> ärztlichen Personals im ÖGD wird die Vermittlung<br />

notfallmedizinischer Techniken und juristischer Grundlagen in fakultativen Fortbildungen<br />

gewünscht.<br />

5.3 Diskussion<br />

Fragebogenaktionen spiegeln subjektiv angegebenes, theoretisches Wissen und<br />

Meinungen wider. Die Güte von in Umfragen gewonnenen Angaben muss mit<br />

einem gewissen Vorbehalt betrachtet werden und die Angaben können nicht automatisch<br />

als repräsentativ für ein zu untersuchen<strong>des</strong> Gesamtkollektiv gelten. In<br />

unserer Umfrage könnten die Antworten <strong>des</strong>halb erheblich von der Erfahrung, dem<br />

Kenntnisstand oder der Spezialisierung <strong>des</strong> Antwortenden beeinflusst sein oder<br />

unbewusst momentanen Trends entsprechen. Obwohl solche Einschränkungen bei<br />

der Interpretation von Statuserhebungen stets in Kauf genommen werden müssen<br />

[14,15], war aber die vorliegende Umfrage das einzige Mittel, um einen flächendeckenden<br />

Überblick über die theoretisch vorhandenen katastrophenmedizinischen<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> ärztlichen Personals im ÖGD der BRD zu erhalten.<br />

156<br />

Planspiele<br />

Maßnahmen C-Fall<br />

Maßnahmen A-Fall


Die Zusendung <strong>des</strong> Fragebogens an alle, nicht nur an zufällig ausgewählte,<br />

Gesundheitsämter in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland und die erneute Kontaktierung<br />

der Gesundheitsämter, die nicht geantwortet hatten, entspricht dem gängigen<br />

Procedere bei einer Umfrageaktionen [16]. Da die Antwortquoten bei ähnlichen<br />

Umfragen in der Literatur zwischen 11 und 82% [17,18,19] schwanken, konnte mit<br />

79% <strong>zur</strong>ückerhaltenen und ausgefüllten Fragebögen eine hohe Antwortrate<br />

erreicht werden. Die Ergebnisse reflektieren <strong>des</strong>halb eine umfassende Darstellung<br />

<strong>des</strong> katastrophenmedizinischen Wissens und der Meinungen der Ärzte <strong>zur</strong> Integration<br />

<strong>des</strong> ÖGD in die Katastrophenabwehr.<br />

Auf einen Testlauf <strong>zur</strong> Überprüfung der Praktikabilität sowohl der Umfrage an sich<br />

als auch deren Inhalte musste aus logistischen Gründen verzichtet werden, da<br />

bun<strong>des</strong>weit alle Gesundheitsämter in die <strong>Untersuchung</strong> miteinbezogen werden<br />

sollten und daher einzelnen, zu Testzwecken angeschriebenen, Gesundheitsbehörden<br />

die Inhalte der Fragen nicht schon bekannt sein sollte.<br />

Retrospektiv lässt sich bei einer anonymen Auswertung der Fragebögen nicht mehr<br />

feststellen, welcher Arzt die Fragen beantwortet hat. Es besteht somit die Möglichkeit,<br />

dass die Antwortenden nicht immer die geeignetsten Ärzte (der Ärztliche<br />

Leiter oder ein mit katastrophenmedizinischen Sachverhalten besonders befasster<br />

Kollege) waren. Manche Fragebögen wurden offensichtlich von mehreren Personen<br />

ausgefüllt. Dies war zum Teil auf den Fragebögen vermerkt worden, an unterschiedlichen<br />

Schriften erkennbar oder es wurden mehrere Kopien <strong>des</strong> Fragebogens<br />

innerhalb eines Gesundheitsamtes ausgefüllt und <strong>zur</strong>ückgeschickt. Da dies nicht<br />

den Intentionen der Umfrage entsprach, wurden diese Bögen unter dem Punkt<br />

„nicht verwertbar“ eingeordnet.<br />

Bei den ausgewerteten Fragebögen waren in einzelnen Fällen Felder nicht ausgefüllt,<br />

so dass die Zahl der auswertbaren Datensätze zu einer Fragestellung nicht<br />

immer der Zahl der beantworteten Bögen entspricht. Einige Felder wurden mit<br />

widersprüchlichen Aussagen ausgefüllt, was eine eindeutige Auswertung unmöglich<br />

machte. Diese Antworten wurden ebenfalls unter „nicht verwertbar“ gefasst.<br />

Widersprüchlichkeiten dieser Art traten vor allem bei der Frage <strong>zur</strong> Herkunft der<br />

notfallmedizinischen Kenntnisse auf. Das hier vorausgesetzte, etwas genauere,<br />

Wissen um die verwendeten Begriffe und zugrundeliegenden Berufsausbildungen<br />

(Rettungshelfer, Rettungssanitäter, Rettungsassistent) [20,21] war offensichtlich<br />

nicht überall vorhanden. Formale Schwierigkeiten schienen sich auch bei der<br />

Beantwortung der Fragen zu Herkunft und genauer Spezifierung <strong>des</strong> katastrophenmedizinisch<br />

relevanten Wissens zu ergeben: in 10% wurde nur ein Teilaspekt der<br />

Frage, entweder Herkunft der Kenntnisse oder deren Ausmaß beantwortet. Es ist<br />

retrospektiv zu vermuten, dass dies entweder in einer nicht ganz verstandenen Formulierung<br />

der Fragen oder einer nicht eindeutigen Anordnung der Antwortmöglichkeiten<br />

begründet war.<br />

Ein geäußerter Kritikpunkt der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD an der Umfrage war, dass eine einzelne<br />

Person das im Fragebogen implizierte Wissen unmöglich auf sich vereinigen<br />

könne. Die medizinisch-organisatorische Bewältigung einer Katastrophensituation<br />

könne nur im Team gelöst werden. Hierzu konträr sieht aber das international<br />

geforderte Anforderungsprofil an die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD einheitlich deren<br />

157


Mitarbeit in beratender Funktion im Katastrophenschutzstab vor, aber nicht die<br />

eines Ärzte-Teams [1, 5, 8, 22, 23]. Außerdem empfanden einige Ärzten <strong>des</strong> ÖGD<br />

die Kenntnisse aus dem Bereich Notfallmedizin als nach ihren Vorstellungen für<br />

ein mögliches Aufgabenspektrum im Katastrophenfall als „überbewertet“. Dem<br />

gegenüber stehen jedoch eindeutige Aussagen aus der Literatur, die mehrheitlich<br />

eingehende Kenntnisse zu Einsatztaktik, Logistik, Kooperation mit anderen Organisationen<br />

und zum Management der Versorgung einer großen Anzahl von Patienten<br />

auch durch Ärzte <strong>des</strong> ÖGD als zwingend notwendig erachten [4, 5, 8, 11, 12].<br />

Bei der jetzigen Beurteilung von Einzelaussagen zu Anforderungen an das ärztliche<br />

Personal <strong>des</strong> ÖGD und den Kenntnissen <strong>zur</strong> Bewältigung spezifischer Katastrophensituationen<br />

muss unbedingt beachtet werden, dass die Umfrage vor den<br />

Ereignissen <strong>des</strong> 11. September 2001 und den nachfolgenden politischen, militärischen<br />

und sicherheitstechnischen Veränderungen in der BRD stattfand [10, 11, 12,<br />

24, 25, 26, 27].<br />

Deutliche Unterschiede zeigten sich in den Rücklaufquoten aus den einzelnen<br />

Bun<strong>des</strong>ländern. Eine genaue Ursache hierfür oder spezifische Verteilungsmuster<br />

aufgrund von „Nord-Süd-Gefälle“, „Ost-West-Unterschieden“ oder unterschiedlicher<br />

Bevölkerungsgröße der Länder konnte nicht gefunden werden. Ob dies mit<br />

der unterschiedlichen Gesetzeslage bezüglich der Integration <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung in den einzelnen Ländern zusammenhängen<br />

könnte, kann nur gemutmaßt werden. Die organisatorische Überführung der bisher<br />

selbstständigen Gesundheitsämter unter die übergeordnete Zuständigkeit der<br />

Landratsämter [28, 29, 30] im Rahmen der Verwaltungsreform mancher Länder<br />

sowie der resultierenden Unklarheit bezüglich der Abstimmung der Umfrage entweder<br />

nur mit dem Deutschen Städte- und Landkreistag oder aber den entsprechenden<br />

Institutionen auf Länderebene, könnte eine weitere Ursache für die Inhomogenität<br />

<strong>des</strong> Antwortverhaltens aus den einzelnen Länder sein: die fehlende<br />

Abstimmung mit den Behörden auf Länderebene wurde mehrfach als Grund für<br />

eine Nichtteilnahme an der Umfrage angegeben.<br />

Die häufigste fachspezifische Weiterbildung nach Abschluss <strong>des</strong> Studiums unter<br />

den Ärzten <strong>des</strong> ÖGD, die sich mit Katastrophenmedizin beschäftigen, ist die<br />

Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen. Über die Hälfte<br />

der Antwortenden gab zwei Facharztausbildungen an, wobei alle Ärzte dieser<br />

Gruppe den Facharzt für das ÖGW aufweisen konnten. Es kann jedoch nicht mit<br />

Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Frage <strong>zur</strong> fachärztlichen Qualifikation<br />

nicht von einem Arzt <strong>des</strong> betreffenden Gesundheitsamtes beantwortet wurde, sondern<br />

von mehreren.<br />

Im Hinblick auf die Herkunft notfallmedizinischer Kenntnisse können viele der<br />

Antwortenden nur auf die theoretische Ausbildung während <strong>des</strong> Studiums <strong>zur</strong>ückgreifen,<br />

wobei zu bedenken ist, dass das vorlesungsbegleitende Praktikum nicht<br />

an allen Universitäten angeboten wird oder das Studium zu einer Zeit absolviert<br />

wurde, in der noch keine praktische Notfallmedizin im Lehrangebot verankert war<br />

[31, 32]. Außerdem können die im Studium vermittelten Kenntnisse nur als ein<br />

geringer Teil <strong>des</strong> eigentlich nötigen Wissens betrachtet werden. Über 20% hat<br />

158


immerhin Erfahrungen im Bereich der präklinischen Notfallmedizin durch eine<br />

Tätigkeit als Notarzt. Diese ist mit ihren speziellen Erfordernissen und einsatztaktischen<br />

Überlegungen doch als eine der Grundpfeiler der Katastrophenmedizin zu<br />

sehen.<br />

Die Umfrageergebnisse aus 2001 offenbarten, dass nur ein relativ geringer Anteil<br />

der für die Katastrophenbewältigung zuständigen Ärzte im ÖGD Erfahrungen aus<br />

Realeinsätzen oder Übungen aufweisen kann. Dies steht in deutlichem Gegensatz<br />

<strong>zur</strong> Forderung, wie zum Beispiel im Gesetz <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Sachsen-Anhalt ausformuliert,<br />

Alarmübungen jährlich und Vollübungen min<strong>des</strong>tens alle fünf Jahre unter<br />

Beteiligung <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes und eines Arztes <strong>des</strong> ÖGD abzuhalten<br />

[33]. Praktische Erfahrung in der medizinisch-organisatorischen Bewältigung von<br />

Katastrophensituationen im spezifischen Aufgabengebiet <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes<br />

gaben 78 der befragten Ärzte an; dreimal so viele haben diesbezüglich keine<br />

Erfahrung. Diese Angaben erscheinen vor dem Hintergrund von 45 Katastrophenfällen<br />

aller Art (Großschadensereignisse bis hin zu Unfällen mit Freiwerden chemischer<br />

Gefahrenstoffe) in der BRD in den Jahren 1996–2000 als realistisch [34].<br />

Auch kann vermutet werden, dass nach den unzähligen Milzbrandverdachtsfällen<br />

in Deutschland seit Oktober 2001 inzwischen eine weit größere Anzahl an Ärzten<br />

Erfahrungen hinsichtlich Organisation, Logistik, Einsatzabläufen und Management<br />

bei Freiwerden biologischer Kampfstoffe besitzt [35,3 6].<br />

Zwei Drittel der Befragten gaben an, bereits in vorbereitende Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

involviert zu sein. Ob diese Planungen die Vorbereitung von<br />

Maßnahmen entsprechend den Anforderungen der Katastrophenschutzgesetze der<br />

Länder oder der medizinischen Fachliteratur [1, 2, 4, 5, 8, 13, 23, 34, 37] umfassen,<br />

ob Alarmpläne vorhanden [33, 38] und wie die <strong>Einbindung</strong> dieser Ärzte in<br />

die Planungen ist, kann im Rahmen einer Umfrage nicht überprüft werden.<br />

Der Anteil an erworbenen spezifischen Kenntnissen für den Katastrophenfall wird<br />

je nach Art <strong>des</strong> einwirkenden Agens unterschiedlich bewertet. Eine sehr große<br />

Bedeutung messen die Ärzte im ÖGD dem Studium der Humanmedizin als Wissensvermittler<br />

für den Erwerb von Kenntnissen <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung bei.<br />

Es würden, so die eindeutige Beurteilung durch die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD, Kenntnisse<br />

zu allen Aspekten der Katastrophenbewältigung im A-, B-, C- und Seuchenfall in<br />

den Vorlesungen <strong>des</strong> Studiums vermittelt. Dem stehen jedoch sehr deutlich unsere<br />

Analysen dieses Projekts <strong>zur</strong> <strong>Untersuchung</strong> der Unterrichtsinhalte <strong>des</strong> Studiums<br />

der Humanmedizin gegenüber. Über den gesamten Verlauf <strong>des</strong> Studiums werden<br />

zwar wiederholt in einzelnen Fächern Themen mit möglichem punktuellem Bezug<br />

zu Katastrophensituationen unterrichtet, jedoch nur in geringem Umfang und auf<br />

den Individualpatienten hin ausgerichtet. Der Schwerpunkt der Kenntnisse wird<br />

auf Symptome und Therapie spezieller Schädigungen <strong>des</strong> Einzelnen, nicht aber auf<br />

die Therapie einer Vielzahl an Betroffenen oder einer Bevölkerungsgruppe und<br />

deren organisatorische Bewältigung gelegt [31, 32].<br />

Die Weiterbildung zum Facharzt für das ÖGW scheint an katastrophenspezifischen<br />

Themen hauptsächlich Wissen <strong>zur</strong> Seuchenbekämpfung zu vermitteln. Die subjektive<br />

Einschätzung der Befragten ergab, dass ihnen der Großteil an diesem Wissen<br />

159


im Rahmen ihrer Facharztweiterbildung vermittelt wurde. Nach Angaben in der<br />

Literatur ist die vorbereitende Planung, Betreuung und die Organisation von Transport,<br />

Diagnostik und eventuellen Isolationsmaßnahmen infizierter Patienten eine<br />

der primären Aufgaben der Gesundheitsämter [13, 22, 23, 37, 38]. Der Anteil <strong>des</strong><br />

Wissens zum A-, B,- und C-Fall, der aus der Facharztweiterbildung entnommen<br />

wird, wird nach unseren Ergebnissen deutlich geringer eingeschätzt als der im Studium<br />

erworbene Anteil. Unsere Analyse der Inhalte der Weiterbildung zum Facharzt<br />

für das ÖGW erbrachte jedoch, daß in den Musterrichtlinien der Bun<strong>des</strong>ärztekammer<br />

nur vereinzelt die Vermittlung von Themen mit möglichem Bezug zu<br />

Katastrophensituationen vorgeschrieben ist [38]. Das in der Literatur geforderte<br />

medizinisch-organisatorische Management von Katastrophen durch die Ärzte <strong>des</strong><br />

ÖGD wird [1, 4, 5, 8], nach unseren <strong>Untersuchung</strong>en, meist nur im Rahmen eines<br />

kurzen Vortrages während <strong>des</strong> obligatorischen Kurses für das öffentliche Gesundheitswesen<br />

erwähnt: Die theoretische katastrophenmedizinische Weiterbildung<br />

nimmt ca. 1,5% <strong>des</strong> zeitlichen Umfanges <strong>des</strong> Kurses ein!<br />

Relativ wenig Wissen für alle Aspekte <strong>des</strong> medizinisch-organisatorischen Katastrophenmanagements<br />

wird trotz bestehender Angebote [30] und der großen<br />

Zustimmung der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD <strong>zur</strong> dringend notwendigen Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen<br />

über fakultative Fortbildungsoptionen erworben. Dies<br />

erscheint umso bedeutender, da die Akademie für Kriesenmanagement, Notfallplanung<br />

und Zivilschutz in Ahrweiler eigenen Angaben zufolge in speziellen Kursen<br />

für die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD grundlegende, für die Katastrophenschutzpläne und -abwehr<br />

notwendige Kenntnisse anbietet [30]. Die Ursache für diese Diskrepanz zwischen<br />

Erkennen <strong>des</strong> Fortbildungsbedarfes einerseits und der Nichtbeachtung <strong>des</strong><br />

bestehenden Fortbildungsangebotes <strong>zur</strong> Bewältigung von Katastrophen andererseits<br />

ist nicht offensichtlich.<br />

Für die unter den Ärzten <strong>des</strong> ÖGD allgemein sehr gering eingeschätzten Kenntnisse<br />

<strong>zur</strong> Bewältigung von Ereignissen mit biologischen (Kampf-)Stoffen konnten<br />

keine spezifischen Ursachen gefunden werden. Die Vermutung, dass sich aufgrund<br />

der aktuellen Ereignisse (Terroranschläge in New York und Washington vom<br />

11. September 2001 [39, 40], Anschläge mit Milzbranderregern in den USA [41,<br />

42] und Verdachtsfälle in der BRD [35, 36] die Kenntnisse <strong>zur</strong> medizinisch-organisatorischen<br />

Bewältigung dieses Aspektes inzwischen verbessert haben dürften,<br />

liegt nahe.<br />

Die Bedenken der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD, die sie selbst im Hinblick auf ihre Aufgabe der<br />

katastrophenmedizinischen Versorgung der Bevölkerung haben, zeigen deutlich,<br />

dass die unterschiedlichen Berufsausbildungen und Fertigkeiten der Ärzte im<br />

ÖGD als großes Problem von 61% der Befragten empfunden wird. Unsere Ergebnisse<br />

zeigen, dass diese Unterschiede nicht in der fachärztlichen Weiterbildung<br />

(91% besitzen die Facharztbezeichnung Facharzt für das ÖGW) sondern eher<br />

in den Einsatzerfahrungen aus den Bereichen präklinische Notfallmedizin, Teilnahme<br />

an Katastrophenschutzübungen oder Erfahrung bei der Bewältigung realer<br />

Katastrophenfälle zu suchen sind. Ebenso beklagt werden angeblich unklare geographische<br />

und taktische Einsatzgebiete. Hierzu konträr steht jedoch die eindeutige<br />

gesetzliche Zuordnung (§13 <strong>des</strong> Gesetzes über die Erweiterung <strong>des</strong> Katastro-<br />

160


phenschutzes sowie Katastrophenschutzgesetze der Länder) <strong>des</strong> Arztes <strong>des</strong> ÖGD<br />

als Fachberater zum Katastrophenschutzstab [43]. Es ist offensichtlich von sehr<br />

unterschiedlichem subjektivem Leistungsspektrum und gewisser Unsicherheit der<br />

Ärzte hinsichtlich ihrer möglichen Aufgaben im Katastrophenfall auszugehen.<br />

Bedenklich für die Motivation und das Engagement im Rahmen zukünftiger katastrophenmedizinischer<br />

Einsätze erscheinen die 10% der Befragten, die mangeln<strong>des</strong><br />

Interesse an Katastrophenmedizin als Hauptproblem ihrer Integration sehen.<br />

Diesem ist weder durch intensivierte Fortbildung noch durch optimierte Gesetzesgebung<br />

in der Katastrophenabwehr zu begegnen.<br />

Der bestehende Bedarf nach fakultativer, spezifisch katastrophenmedizinischer<br />

Fortbildung für die Mitarbeiter im öffentlichen Gesundheitsdienst wird nicht nur<br />

vom ärztlichen Personal, sondern auch den Experten in Fragen der katastrophenmedizinischen<br />

Planung in der BRD beschrieben [24]. Die Fortbildungswünsche<br />

der Ärzte im ÖGD bezüglich der Inhalte solcher Fortbildungen richten sich vor<br />

allem auf die Bereiche Einsatztaktik, Erstellung von Katastrophenschutzplänen<br />

und Übungen anhand von Planspielen. Sie bewegen sich damit im Rahmen von<br />

publizierten, möglichen Aufgabenvorstellungen im Katastrophenfall [1, 2, 3, 4, 5,<br />

6, 10, 12, 13]. Die Vermittlung notfallmedizinischer Techniken oder juristischer<br />

Grundlagen wird, da für die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD im Katastrophenfall von nachgeordneter<br />

Bedeutung, im Rahmen einer fakultativen Fortbildung nur in geringerem<br />

Umfang gewünscht.<br />

Die Analyse der Frage, ob die Bereitschaft <strong>zur</strong> Teilnahme an fakultativen Fortbildungen<br />

zum Thema organisatorisch-medizinische Katastrophenbewältigung und<br />

vorbereitende Katastrophenplanung seit den Ereignissen vom 11. September 2001<br />

[39,40] (im Vergleich zu unserer <strong>Untersuchung</strong> vom Sommer 2001) gestiegen ist,<br />

könnte nur in einer weiteren Studie geklärt werden.<br />

Fazit<br />

1. Der Einsatz von Ärzten <strong>des</strong> ÖGD bei Großschadensereignissen und „konventionellen“<br />

Katastrophen ist aufgrund fehlender Kenntnisse, Erfahrungen<br />

und mangelndem Aufgabenprofil nur wenig sinnvoll.<br />

2. Eingehende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD nach<br />

unserer Umfrage nur für Seuchenfälle. Die unmittelbare <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD bei spezifischen Situationen, wie zum Beispiel dem Ausbruch von<br />

Seuchen oder bei Bioterrorismus, ist unabdingbar.<br />

3. Die Kenntnisse <strong>des</strong> ärztlichen Personals im ÖGD in den Bereichen Unfälle<br />

mit chemischen und radioaktiven Stoffen müssen deutlich erweitert werden.<br />

Diese Kenntnisse sollten in spezifischen Fortbildungen erworben und<br />

im Rahmen praktischer Übungen vertieft werden.<br />

4. Eine große Diskrepanz besteht zwischen dem tatsächlich vorhandenen Wissen<br />

und dem Wunsch nach tiefergehenden Kenntnissen. Das Ärztliche Personal<br />

im ÖGD weiss um den bestehenden Fortbildungsbedarf und signalisiert<br />

Bereitschaft, zusätzliche Fortbildungen zu absolvieren.<br />

161


5. Schwierigkeiten, die bei der praktischen Integration <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung der Bevölkerung auftreten können, werden<br />

vom ärztlichen Personal erkannt. Es wird vorgeschlagen, dass im Katastrophenfall<br />

die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in den Bereichen Vorbereitung und Planung<br />

und im Katastrophenschutzstab als Berater eingesetzt werden, nicht jedoch<br />

in der direkten Patientenversorgung.<br />

6. Diejenigen Ärzte <strong>des</strong> ÖGD, die mit der Katastrophenvorsorge und -bewältigung<br />

beauftragt sind, müssen im Akutfall die Möglichkeit haben, weitergehen<strong>des</strong><br />

Wissen z.B. aus Datenbanken und Kompetenzzentren erhalten<br />

zu können. Die benötigten Kenntnisse können in ihrer Gänze von einem<br />

Einzelnen in seiner Berufsausbildung nicht erworben werden.<br />

7. Für die Zukunft ist zu fordern, dass der Themenkomplex Katastrophenmedizin<br />

sowohl im Studium der Humanmedizin als auch in der Facharztweiterbildung<br />

zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen eine<br />

deutliche Aufwertung erfährt.<br />

LITERATUR<br />

[1] Femmer HJ, Mais H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen.<br />

Öff. Gesundh.-Wesen 1981;43:632-646<br />

[2] Nordrhein-Westfälisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

(ÖGDG) vom 25.11 1997 (GV NW S. 430)<br />

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[3] Homepage Heon Klin V. Medizinstudium und was dann? Öffentliches<br />

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Arzt <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens. Bachmann W (Hrsg.) Loseblattwerk,<br />

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[5] Neuhauser S: Der Amtsarzt im Rettungsdienst und Katastrophenschutz, eine<br />

vernachlässigte Aufgabe. Öff. Gesundh.-Wesen 1988;50:683-687<br />

[6] Fock R: Management und Kontrolle lebensbedrohender hochkontagiöser<br />

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biologische Kampfstoffe? am 25./26.2.2000 in Ahrweiler<br />

[8] Wenzel, G: Mitwirkung der Gesundheitsämter bei Katastrophen- und Zivilschutz.<br />

Vortrag vor der Amtsärztebesprechung <strong>des</strong> Ministeriums für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales, Mitteilungen <strong>des</strong> Schleswig-Holsteinischen Landtages,<br />

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for today. Ann Emerg Med 1994;23:715- 718<br />

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[13] Schnell, W: Der öffentliche Gesundheitsdienst und seine Aufgaben. Homepage:<br />

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[16] Vested P: The significance of a reminder and physicians’ motivation for the<br />

response rate of a questionnaire survey in a general practice. Ugeskr. Laeger<br />

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[19] Mofid, MM: Craniofascial distraction osteogenetics: a review. Reconst Plast<br />

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[20] Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und <strong>des</strong> Rettungsassistenten<br />

(Rettungsassistentengesetz-RettAssG) vom 10. Juli 1989<br />

[21] Verordnung über die Prüfung von Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern<br />

vom 27. Januar 1992<br />

[22] Gesetz <strong>zur</strong> Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim<br />

Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG) in der Fassung der Bekanntmachung<br />

vom 20. Juli 2000 BGBl. I S. 1045<br />

[23] Baden-Württembergisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

(Gesundheitsdienstgesetz-ÖGDG) vom 12. Dezember 1994<br />

[24] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage<br />

einstellen. Dtsch Ärzteblatt 2001; 43:C 2208-2210<br />

[25] Falksohn R, Ihlau O, von Ilsemann S, Spörl G: Der trügerische Sieg. Der<br />

Spiegel 47 /2001 vom 19.11.01<br />

[26] Hoffmann R: Terror und Gegenschläge: Ohne Ursachenforschung keine Konfliktlösung.<br />

Dtsch Ärzteblatt 2001; 46:A2772-A2772<br />

[27] Generalsekretariat <strong>des</strong> Deutschen Roten Kreuzes: DRK fordert entscheidende<br />

Verbesserungen im Zivil- und Katastrophenschutz. Presseinformation vom<br />

20. September 2001. Homepage: www.drk.de/presseinfo/dateien<br />

[28] Landkreistag Baden-Württemberg: Vorstellungen <strong>des</strong> Landkreistages Baden-<br />

Württemberg <strong>zur</strong> Verwaltungsreform.<br />

Homepage: www.landkreistag-bw.de/text-lkt/anlage13-31-10-00<br />

[29] Görlitz, E: Bericht im bayerischen Landtag zu den Auswirkungen über die<br />

Eingliederung der staatlichen Gesundheitsämter in die Landratsämter am 25.<br />

April 2001. Homepage: www.afoeg.bayern.de/akademie/bericht<br />

[30] Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz (AkNZ): Fortbildungsangebot<br />

2001. Homepage: www.bzs.bund.de/aknz<br />

164


[31] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den ersten Teil der Ärztlichen Prüfung, 1991<br />

[32] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den zweiten Teil der Ärztlichen Prüfung,<br />

zweiter Nachdruck 1999<br />

[33] Richtlinie <strong>zur</strong> Durchführung von Katastrophenschutzübungen im Land Sachsen-Anhalt<br />

(Übungsrichtlinie KatS) RdErl. <strong>des</strong> MI vom 30.7.1998- 25.31-<br />

12603/0<br />

[34] Bun<strong>des</strong>verwaltungsamt: Katastrophen in Deutschland 1996–2000.<br />

Homepage: www.bzs.bund.de/kat<br />

[35] Halter H, Holm C, Wassermann A: Milzbrand-Gips im Karton. Der Spiegel<br />

45/ 2001 vom 05.11. 2001<br />

[36] Schuh H: Die Gefahr ist real, aber nicht total. Die Zeit 43/2001<br />

[37] Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst in Hamburg (Hamburgisches<br />

Gesundheitsdienstgesetz-HmbGDG) vom 18. Juli 2001<br />

[38] Bun<strong>des</strong>ärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern,<br />

Köln: Musterweiterbildungsordnung und Musterrichtlinien zum Facharzt für<br />

öffentliches Gesundheitswesen in der Fassung 10/2000<br />

[39] Fischermann T, Kaiser M, Kammertöns BM, Kleine-Brockhoff T, Müller P,<br />

Nass M, von Schmude M, Siemens M, Willeke S: Das amerikanische Inferno.<br />

Die Zeit 38/2001<br />

[40] Fording L: Coping with tragedy. Newsweek 2001, September 14<br />

[41] Kolata G: A nation challenged: the case reports: Anthrax report fixes on victims’<br />

stories. The New York Times vom 10. November 2001<br />

[42] Begley S, Rogers A, Washington WG, Check E, Dickey C: Tracking anthrax.<br />

Newsweek October 29, 2001<br />

[43] Gesetz über die Erweiterung <strong>des</strong> Katastrophenschutzes vom 14. Februar<br />

1990, BGBL. MI S. 229<br />

165


6. Evaluation der unteren Katastrophenschutzbehörden<br />

<strong>zur</strong> Integration der Ärzte im<br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes in die<br />

katastrophenmedizinische Versorgung<br />

Im Katastrophenfall oder bei einem Großschadensereignis sollen die Ärzte im<br />

ÖGD unmittelbar mit den Katastrophenschutzbehörden (KatS-Behörden) zusammenarbeiten.<br />

Die Ärzte sollen medizinisch fachkompetente Beraterfunktionen<br />

übernehmen, wobei bisher noch nicht untersucht wurde, ob und wie die Mitglieder<br />

der KatS-Behörden das ärztliche Personal im ÖGD bei der Bewältigung eines<br />

Ereignisses integrieren. Auch ist nicht bekannt wie die KatS-Behörden die Ärzte<br />

im ÖGD bei der Planung der Katastrophenabwehr beteiligen und welche Vorstellungen<br />

und Wünsche die KatS-Behörden bezüglich fachlicher Professionalität an<br />

die Ärzte im ÖGD haben. Außerdem interessierten wir uns für die subjektiven<br />

Wahrnehmungen der KatS-Behörden von derzeitig offenkundigen Problemen und<br />

deren Ansätze zu einer Verbesserung der aktuellen Situation.<br />

6.1 Material und Methodik<br />

Zur Evaluation der unteren Katastrophenschutzbehörden im Hinblick auf die <strong>Einbindung</strong><br />

der Ärzte im ÖGD wurde ein Fragebogen in Zusammenarbeit zwischen<br />

der Universität Ulm und Vertretern der unteren Katastrophenschutzbehörde, Herrn<br />

Müllek, Katastrophenschutzbeauftragter der Stadt Ulm, Donau, und Herrn Bäurer,<br />

Katastrophenschutzbeauftragter <strong>des</strong> Bodenseekreises, entwickelt (Anhang II).<br />

Im wesentlichen sollten drei Hauptthemenkomplexe untersucht werden:<br />

1. Stand der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in den Katastrophenschutz<br />

2. Wünsche und Erwartungen der Katastrophenschutzbeauftragten an die Ärzte<br />

im ÖGD<br />

3. Problemidentifikationen bei der Integration und Lösungsvorschläge <strong>zur</strong> Verbesserung<br />

der Integration der Ärzte im ÖGD in die zukünftige Katastrophenabwehr<br />

Die Fragen wurden analog zum Fragebogen <strong>zur</strong> Evaluation der Ärzte im ÖGD,<br />

die sich mit der Katastrophenabwehr befassen, entwickelt und nach den in der<br />

Literatur [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12] entwickelten Anforderungsprofilen<br />

erstellt.<br />

Nach inhaltlicher Abstimmung mit dem Deutschen Städte- und Landkreistag<br />

wurde der Fragebogen Ende August 2001 an n = 438 Katastrophenschutzbeauftragte<br />

(untere Katastrophenschutzbehörden) in der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

verschickt. Nicht angeschrieben wurden die oberen und obersten Katastrophenschutzbehörden.<br />

Eine Auflistung der Adressen der jeweils zuständigen Behörden<br />

auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte wurde aus dem Gemeinde- und<br />

Behördenverzeichnis [13] gewonnen.<br />

166


Die Auswertung der Fragebögen erfolgte anonym. Der Vermerk <strong>des</strong> Absenders auf<br />

dem Rückumschlag der <strong>zur</strong>ückgesendeten Bögen diente lediglich der internen<br />

Rücklaufkontrolle. Er wurde sofort nach Eintreffen vom Fragebogen getrennt, der<br />

Rücklauf registriert und anschließend vernichtet. Der Fragebogen wurde später<br />

getrennt ausgewertet.<br />

Die Speicherung und Auswertung der aus den Fragebögen gewonnenen Daten<br />

erfolgte mittels einer Microsoft Access 2000® Datenbank. Mehrfachnennungen<br />

waren – wo sinnvoll – bei manchen Fragenkomplexen möglich. Die graphische<br />

Darstellung der Ergebnisse wurde mit dem Programm Microsoft Excel® (Microsoft<br />

Corp., Redmond, USA) ausgeführt.<br />

6.2 Ergebnisse<br />

6.2.1 Allgemeines<br />

Rücklauf<br />

Vier Wochen nach Versenden der Bögen betrug die erste Rücklaufquote 68%. Alle<br />

Katastrophenschutzbehörden, die bis dann noch nicht geantwortet hatten, wurden<br />

im Oktober 2001 noch einmal angeschrieben. Als Endtermin für die Auswertung<br />

wurde der 31. Oktober 2001 festgelegt. Später eintreffende Bögen (n = 20) wurden<br />

in der Auswertung nicht mehr berücksichtigt.<br />

Insgesamt wurden bis zum Stichtag 31.10.2001 338 Bögen von 438 angeschriebenen<br />

Katastrophenschutzbehörden <strong>zur</strong>ückgeschickt (Antwortrate 76%). 2 Fragebögen<br />

wurden unausgefüllt an uns gesendet, so dass insgesamt n = 336 Bögen <strong>zur</strong><br />

Auswertung vorlagen.<br />

Herkunft der beantworteten Umfragebögen nach Bun<strong>des</strong>land<br />

Diese verteilen sich nach jeweiligem Bun<strong>des</strong>land folgendermaßen (Abbildung 1):<br />

Es zeigte sich geographisch eine inhomogene Verteilung der auswertbaren Bögen:<br />

die höchsten prozentualen Rücklaufquoten konnten in Bremen, Brandenburg und<br />

Sachsen verzeichnet werden; kein Bogen wurde aus der Stadt Hamburg <strong>zur</strong>ückgeschickt.<br />

Die fünf Bögen aus Berlin sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von<br />

der Katastrophenschutzbehörde, sondern von den jeweiligen Gesundheitsämtern<br />

ausgefüllt worden. Ursache war eine wohl falsche Adressierung <strong>des</strong> Schreibens an<br />

die übergeordnete Stelle <strong>des</strong> Innensenators und nicht an die Verwaltungen der 12<br />

Bezirke selbst. Vermutlich ist dieselbe Problematik für das Nichtantworten aus der<br />

Stadt Hamburg verantwortlich, da auch hier die jeweiligen 8 Bezirke nicht einzeln<br />

angeschrieben wurden. In 17 Fällen war eine Angabe zum Bun<strong>des</strong>land auf dem<br />

Fragebogen nicht gemacht worden, diese Bögen sind unter dem Begriff „nicht verwertbar“<br />

im Diagramm aufgeführt.<br />

167


Abb. 1 Prozentsatz auswertbarer Umfragebögen bezogen auf angeschriebene Katastrophenschutzbehörden<br />

je Bun<strong>des</strong>land; Baden-Württbg. = Baden-Württemberg, Mecklenb.-<br />

Vorp. = Mecklenburg-Vorpommern, Nord-Rhein-Westf. = Nordrhein-Westfalen<br />

Abb. 2 Prozentualer Wert an Anlagen und Einrichtungen mit hohem Risikopotenzial in deutschen<br />

Landkreisen und Städten; KKW = Kernkraftwerk<br />

168


Risikopotenzial der Städte und Landkreise<br />

Um eine Vorstellung über bestehende Gefahrenpotenziale in und um die einzelnen<br />

Städte und Landkreise zu erhalten, sollten spezielle Anlagen, sogenannte „high<br />

hazard organizations“, wie z.B. Einrichtungen der chemischen Industrie, Flughäfen,<br />

Kernkraftwerke usw. aufgezählt werden. Hieraus kann eine Einschätzung<br />

potenziell notwendiger Gefahrenabwehr erfolgen, die bei vorbereitenden Planungen<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenabwehr zu berücksichtigen ist. Bei den Antworten waren<br />

neben Mehrfachnennungen unter „sonstige“ freie Formulierungen möglich.<br />

In ihrem Zuständigkeitsbereich scheinen 28% der Städte/Landkreise, die analysiert<br />

werden konnten, keine spezifischen Anlagen mit hohem Risikopotenzial zu haben<br />

(Abbildung 2).<br />

Am häufigsten scheinen zu 45% Chemieanlagen gemäß § 30 Lan<strong>des</strong>KatSG oder<br />

den Seveso-2-Richtlinien zu existieren. 29% der Gemeinden verweisen auf eine<br />

Militäranlage als vorhandenen Risikofaktor und fast ebenso viele haben in ihrem<br />

Zuständigkeitsbezirk Einrichtungen, wie Gastanks, Bahnstrecken, Autobahnen,<br />

Gewässer, U-Bahnen, militärische Altlasten, Sportanlagen, Tanklager, Genforschungsinstitute,<br />

etc. Diese wurden unter „sonstige“ eingeordnet (Abbildung 2).<br />

Im weiteren wurde bei der Betrachtung der potenziell gefährlichen Einrichtungen<br />

die Kumulation mehrerer möglicher Risikofaktoren in einem Zuständigkeitsbezirk<br />

analysiert. Insgesamt gaben 75 Landkreise oder Städte von den Antwortenden mit<br />

Risikoanlagen (n = 243, 31%) eine Anhäufung mehrerer Faktoren an (Abbildung<br />

3). Auf diese Weise wurde ein Landkreis ausgemacht, der tatsächlich gleichermaßen<br />

alle erfragten Risikoanlagen auf seinem Gebiet besitzt. Drei Landkreise geben<br />

je vier Risikoanlagen auf eigenem Gebiet an, 54 Landkreise besitzen eine Kombination<br />

aus zwei verschiedenen potenziell gefährlichen Einrichtungen.<br />

Abb. 3 Anzahl von Städten und Landkreisen, die auf ihrem Terrain eine Kombination von zwei<br />

oder mehr Risikofaktoren aufweisen (n = 146 mit mehreren Risiken)<br />

169


6.2.2 Aktueller Stand der Integration der Ärzte im ÖGD<br />

Generelle <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in Katastrophenschutzplanungen<br />

Die nachfolgende Frage zielte auf Überprüfung der Organisationsform der<br />

momentan bestehenden <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Planungen der Katastrophenschutzbehörden.<br />

Es gaben 12 (4%) der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

der verschiedenen Landkreise oder Städte keine <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in<br />

ihre Katastrophenschutzplanungen an (Abbildung 4). Am häufigsten erfolgte die<br />

<strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in etwa der Hälfte der Einzelfälle; eine feste <strong>Einbindung</strong><br />

in die Pläne oder die Existenz einer festen Rufbereitschaft eines Arztes<br />

<strong>des</strong> Gesundheitsamtes gaben nur je 20% beziehungsweise 13% der Befragten an.<br />

Abb. 4 KatS-Behörden: Art der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in Pläne <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

Konkrete <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in bestehende Katastrophenschutzund<br />

Alarmpläne<br />

Die Katastrophenschutzbeauftragten sollten die genaue <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im<br />

ÖGD in ihre behördeninternen Alarmpläne konkret beschreiben. Es sollte zwischen<br />

der Integration der Ärzte für den Einzelfall bis zum Vorhandensein einer<br />

definitiven Rufbereitschaft unterschieden werden.<br />

Differenziert man die Analyse der Antworten nach einzelnen Bun<strong>des</strong>ländern, so<br />

imponiert folgen<strong>des</strong> Szenario der Organisationsform der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im<br />

ÖGD (Tabelle 1 – unterlegt sind Länder, die in ihren Katastrophenschutzgesetzen<br />

explizit die Beteiligung <strong>des</strong> ÖGD festgelegt haben).<br />

Interessanterweise zeigen sich keinerlei Unterschiede im Hinblick auf die Art der<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD zwischen Bun<strong>des</strong>ländern mit expliziter Formulierung ihrer<br />

Gesetzestexte <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in den Katastrophenschutz und der Mehrzahl<br />

der Länder, in denen die <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD nur implizit geregelt ist (siehe<br />

Darstellung der Gesetzeslage). In keinem Bun<strong>des</strong>land sind eindeutige Tendenzen<br />

170


Bun<strong>des</strong>land<br />

n = Antworten<br />

Bad.-Württbg.<br />

(n = 36)<br />

Bayern<br />

(n = 73)<br />

Berlin<br />

(n = 5)<br />

Brandenburg<br />

(n = 15)<br />

Bremen<br />

(n = 2)<br />

Hamburg<br />

(n = 0)<br />

Hessen<br />

(n = 20)<br />

Meckl.-Vorp.<br />

(n = 14)<br />

Niedersachsen<br />

(n = 31)<br />

N.-Rh.-Westf.<br />

(n = 30)<br />

Rheinland-Pfalz<br />

(n = 26)<br />

Saarland<br />

(n = 3)<br />

Sachsen<br />

(n = 25)<br />

Sachsen-Anhalt<br />

(n = 19)<br />

Schleswig-Holst.<br />

(n = 10)<br />

Thüringen<br />

(n = 15)<br />

nicht verwertbar<br />

(n = 12)<br />

keine Ein<br />

- bindung<br />

<strong>Einbindung</strong><br />

im Einzelfall<br />

feste<br />

<strong>Einbindung</strong><br />

insuffizient suffizient<br />

Ruf-Bereitschaften<br />

nicht<br />

verwertbar<br />

0 15 14 2 5<br />

3 55 10 1 4<br />

0 1 1 2 1<br />

0 5 6 3 1<br />

0 1 1 0 0<br />

0 0 0 0 0<br />

0 10 4 6 0<br />

1 8 1 2 2<br />

2 21 6 1 1<br />

0 14 10 5 1<br />

4 17 5 0 0<br />

0 1 0 0 2<br />

0 6 8 10 1<br />

0 5 10 4 0<br />

1 5 1 1 2<br />

0 4 7 4 0<br />

1 8 1 1 1<br />

Tabelle 1 Konkrete Art der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in Katastrophenschutzpläne nach<br />

Bun<strong>des</strong>ländern; n = Anzahl nach Auskunft, Bad.-Württbg. = Baden-Württemberg,<br />

Meckl.-Vorp. = Mecklenburg-Vorpommern, N.-Rh.-Westf. = Nordrhein-Westfalen,<br />

Schleswig-Holst.= Schleswig-Holstein<br />

171


zu einer verbindlichen Organisation der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die<br />

Katastrophenabwehr wie z.B. durch feste <strong>Einbindung</strong> mit Rufbereitschaft zu<br />

erkennen. Es überwiegt die <strong>Einbindung</strong> in Einzelfällen.<br />

Etablierte <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD für spezifische Katastrophensituationen<br />

Nun wurden die Situationen erfragt, in denen eine Zusammenarbeit der Katastrophenschutzbehörden<br />

mit den Ärzten im ÖGD bereits etabliert ist. Es lässt sich eine<br />

graduelle Abstufung der aktuell bestehenden Integration für spezifische Katastrophensituationen<br />

erkennen (Abbildung 5): Die <strong>Einbindung</strong> im Seuchenfall wird von<br />

80% der Antwortenden am häufigsten genannt und die Mitarbeit in der Versorgung<br />

von einzelnen Patienten mit hochkontagiösen Krankheiten von 70%. Zur Beratung<br />

im Katastrophenfall wird angegeben, die Ärzte im ÖGD in 67% der Fälle hinzu<strong>zur</strong>ufen,<br />

bei spezifischen Situationen wie dem Freiwerden biologischer (Gefahren-)<br />

Stoffe in 60%.<br />

Abb. 5 Bestehende <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD bei diversen Katastrophensituationen; hkon. Infektion<br />

= hochkontagiöse Infektion, B-Fall = Ereignis mit biologischen (Gefahren-) Stoffen, C-<br />

Fall = Ereignis mit chemischen (Gefahren)-Stoffen, A-Fall = atomarer Zwischenfall,<br />

Groß-Schaden. = Groß-Schadensereignis, Massen.Verletz. = Massenanfall von Verletzten<br />

Bei der Bewältigung etwa der Hälfte von Ereignissen mit gefährlichen chemischen<br />

Substanzen und nuklearen Stoffen werden außerdem die Ärzte im ÖGD beteiligt,<br />

während bei Großschadensereignissen oder einem Massenanfall von Verletzten<br />

172<br />

A-Fall


dies in etwa zu 40–50% erfolgt. In ihrem Bereich keinerlei <strong>Einbindung</strong> der Ärzte<br />

im ÖGD vorzunehmen, gaben 7% der Katastrophenschutzbeauftragten an.<br />

6.2.3 Übungen und Realeinsätze<br />

Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit dem ÖGD in Übungen und<br />

Realeinsätzen<br />

Die Überprüfung der Kooperation zwischen den Katastrophenschutzbehörden und<br />

den Ärzten im ÖGD im Rahmen von Übungen und/oder Realeinsätzen ergab, dass<br />

über 40% der Katastrophenschutzbeauftragten über keinerlei reale praktische<br />

Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den Ärzten im ÖGD verfügen (Abbildung<br />

6). Ausschließlich Erfahrungen aus gemeinsamen Übungen haben 39% der<br />

Befragten, während Erfahrungen aus nur stattgefundenen Einsätzen mit Beteiligung<br />

<strong>des</strong> ÖGD 5% der Katastrophenschutzbeauftragten angeben. Über Erfahrungen<br />

aus Übungen und Realeinsätzen verfügen 11% der Katastrophenschutzbeauftragten.<br />

Abb. 6 Vorhandene praktische Erfahrungen der Katastrophenschutzbeauftragten in der<br />

Zusammenarbeit mit den Ärzten im ÖGD in Übungen und Realeinsätzen<br />

Beurteilung der Zusammenarbeit mit dem ÖGD durch die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

Jetzt wurde erfragt, wie die Katastrophenschutzbeauftragten die Qualität der<br />

Zusammenarbeit in den Punkten Aufgabenerfüllung durch die Ärzte im ÖGD, katastrophenmedizinische<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> ÖGD, Alarmierung und Kommunikation aus<br />

ihren Erfahrungen in der Praxis von Übungen beurteilen. Etwa die Hälfte der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

gab an, die Zusammenarbeit mit den Ärzten im ÖGD<br />

173


ei der Bearbeitung katastrophenmedizinischer Fragestellungen in allen Aspekten<br />

als sehr gut empfunden zu haben (Abbildung 7). Nur ein kleiner Teil (5–7%)<br />

beschreibt seine Erfahrungen, die er mit den Ärzten im ÖGD bei einer Katastrophenbewältigung<br />

hatte, als nicht gut. Der verbleibende Teil der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

aber, also etwa etwas weniger als die Hälfte der Antwortenden, klassifiziert<br />

seine Erfahrungen mit den Ärzten im ÖGD in unserer Umfrage als mäßig gut.<br />

Abb. 7 Beurteilung der Zusammenarbeit mit den Ärzten <strong>des</strong> ÖGD aus erfahrungen in praktischen<br />

Übungen und realen Einsätzen durch die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

6.2.4 Erwartungen der Katastrophenschutzbeauftragten an die Ärzte im<br />

ÖGD<br />

Informationswünsche der Katastrophenschutzbehörde an den ÖGD bei<br />

Schadensszenarien<br />

Im Weiteren interessierten uns die Wünsche der Katastrophenschutzbehörden<br />

bezüglich Informationen an die Ärzte im ÖGD. Hierfür wurde zwischen den verschiedenen<br />

möglichen Schadensszenarien wie Massenanfall von Verletzten,<br />

Ereignis mit atomaren (Gefahren-) Stoffen (A-Fall), biologischen (Gefahren-)<br />

Stoffen (B-Fall) und einem Ereignis mit chemischen (Gefahren-) Stoffen (C-Fall)<br />

unterschieden. Außerdem differenzierten wird zwischen dem Informationsbedarf<br />

174


ezüglich Symptomen bei Erkrankten, den aus medizinischer Sicht zu ergreifenden<br />

Maßnahmen und den sich hieraus ergebenden notwendigen organisatorischen<br />

Schritten. Generell ergab die Auswertung der Antworten, dass 20 der Befragten<br />

keinerlei diesbezügliche Informationen von den Ärzten im ÖGD wünschten. Teilt<br />

man die Wünsche der anderen Katastrophenschutzbeauftragten nach den genannten<br />

drei Kategorien auf, so ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild (Abbildung 8):<br />

Die Katastrophenschutzbeauftragten geben an, in etwas mehr als 40% dringend<br />

oder wünschenswerterweise Informationen bei einem A-, B-, oder C-Fall von den<br />

Ärzten im ÖGD bezüglich Symptomen, therapeutischen Maßnahmen und der<br />

organisatorischen Bewältigung zu benötigen. Nur 2–9% der Antwortenden<br />

wünschten für diese möglichen Ereignisse keine ärztlichen Informationen. Summarisch<br />

zeigt sich ein ganz erheblicher Informationsbedarf der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

für medizinische Sachverhalte und damit verbunden der<br />

Wunsch nach Kooperation mit den Ärzten.<br />

KatS-Behörden: Wunsch nach Informationen von Ärzten <strong>des</strong> ÖGD<br />

für spezifische Katastrophenereignisse<br />

Abb. 8 Wunsch der Katastrophenschutzbehörden nach medizinischen Informationen von den<br />

Ärzten im ÖGD bei spezifischen Schadensszenarien unterteilt in die Bereiche Symptome,<br />

Maßnahmen und Organisation<br />

Nach prozentualer Berechnung der Angaben für die jeweiligen Szenarien und<br />

medizinischen Gebiete ergeben sich folgende Auffälligkeiten (Tabelle 2):<br />

Im Hinblick auf die Bewältigung eines Massenanfalles an Verletzten differieren<br />

die Meinungen: So werden von etwa einem Viertel der Katastrophenschutzbeauf-<br />

175


tragten Informationen zu Symptomen, Therapie und organisatorischer Bewältigung<br />

gewünscht, während andererseits in 20% hier ausdrücklich keine Informationen<br />

gewünscht werden. Die Frage wird in 30% nicht beantwortet oder mit<br />

widersprüchlichen Aussagen versehen, was unter „nicht verwertbar“ gerechnet<br />

werden musste.<br />

Bezüglich der Bewältigung eines atomaren Zwischenfalls oder eines Gefahrenfalls<br />

mit biologischen (Kampf-)Stoffen sind sich die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

beinahe in 40% einig und wünschen medizinische Informationen in allen angesprochenen<br />

Bereichen von den Ärzten im ÖGD.<br />

Was mögliche Gefahrenereignisse mit chemischen (Kampf-)Stoffen anbetrifft, so<br />

scheint in noch etwas größerem Ausmaß als in 40% Konsens zu medizinischem<br />

Informationsbedarf zu bestehen. Es werden aus allen Bereichen Auskünfte von den<br />

Ärzten im ÖGD gewünscht.<br />

Angesichts der großen Bedeutung der Abwehr von Seuchen erfragten wir die Haltung<br />

der Katastrophenschutzbeauftragten zu dieser Thematik gesondert. Nach Auswertung<br />

imponierte hier in 60% ein dringender oder in 26% der Wunsch nach<br />

medizinischen Auskünften (Abbildung 9). Lediglich ein Antwortender wünscht<br />

auch hier keine Informationen von den Ärzten im ÖGD.<br />

Abb. 9 Wunsch der Katastrophenschutzbeauftragten nach medizinischen Auskünften von den<br />

Ärzten <strong>des</strong> ÖGD für den Seuchenfall<br />

Zu den besonderen Aufgaben der Ärzte im ÖGD werden spezifisch organisatorische<br />

Aspekte <strong>des</strong> medizinischen Managements und der innerbehördlichen Kommunikation<br />

bei Katastrophen gerechnet [2, 3, 5]. Erfragt man die Erwartungshaltung<br />

der Katastrophenschutzbeauftragten diesbezüglich so lässt sich das Überwiegen<br />

<strong>des</strong> generellen Wunsches nach Information erkennen (Abbildung 10).<br />

176


Schadensszenario in(%)<br />

Massenanfall Verletzter<br />

Symptome Maßnahmen Organisation<br />

dringend gewünscht 18 26 26<br />

gewünscht 27 29 26<br />

nicht gewünscht 23 21 23<br />

nicht verwertbar 32 24 35<br />

Atomarer Zwischenfall<br />

dringend gewünscht 38 37 42<br />

gewünscht 37 36 39<br />

nicht gewünscht 7 10 4<br />

nicht verwertbar 18 17 15<br />

Biologisches Ereignis<br />

dringend gewünscht 40 43 38<br />

gewünscht 38 39 36<br />

nicht gewünscht 6 3 10<br />

nicht verwertbar 16 15 16<br />

Chemisches Ereignis<br />

dringend gewünscht 45 47 42<br />

gewünscht 34 36 35<br />

nicht gewünscht 2 2 8<br />

nicht verwertbar 17 15 15<br />

Tabelle 2 Übersicht über die Informationswünsche der Katastrophenschutzbeauftragten an die<br />

Ärzte im ÖGD unterteilt nach spezifischer Situation und medizinischem Bereich<br />

177


Abb. 10 Wunsch der Katastrophenschutzbeauftragten nach allgemein-medizinischen und logistischen<br />

Auskünften von den Ärzten <strong>des</strong> ÖGD zum Management der Katastrophenabwehr<br />

So werden allgemein-medizinische Informationen von der Hälfte der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

gewünscht und sogar von einem Drittel dringend<br />

gewünscht. Informationen bezüglich der Logistik werden zwar von einem Drittel<br />

gewünscht und von 25% der Katastrophenschutzbeauftragten dringend gewünscht,<br />

dennoch scheinen die Meinungen in diesem Punkt auseinander zu weichen:<br />

ein Viertel der Antwortenden wünscht keine Informationen zum logistischen<br />

Vorgehen.<br />

KatS-Behörden: Wünsche nach Planung von Handlungsabläufen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

Abb. 11 Wunsch der Katastrophenschutzbeauftragten nach vorbereitender Planung von Handlungsabläufen<br />

im ÖGD durch die Ärzte als Vorarbeit <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

178


Darüber hinaus äußern 43% der Katastrophenschutzbeauftragten den dringenden<br />

und 31% den Wunsch nach Planungen der internen Einsatzabläufe im ÖGD durch<br />

die Ärzte (Abbildung 11).<br />

Hingegen nicht einheitlich beurteilen die Katastrophenschutzbeauftragten die<br />

Erstellung von Übungsszenarien durch die Ärzte im ÖGD: zwar wünschen dies<br />

41% und 12% sogar dringend, aber 24% lehnen dies ab. Auch vorbereitende Planungen<br />

<strong>zur</strong> Gestaltung von Kommunikation und Informationsfluss zu anderen<br />

Stellen und Behörden als Aufgabe der Gesundheitsämter werden von den Katastrophenschutzbeauftragten<br />

unterschiedlich angesehen. So würde eine derartige Aufgabenwahrnehmung<br />

durch die Ärzte im ÖGD zwar von 20% für dringend wünschenswert<br />

und von 42% für dringend wünschenswert gehalten, 18% hingegen<br />

wünschen dies ausdrücklich nicht.<br />

6.2.5 Verbesserungsmöglichkeiten für die zukünftige Zusammenarbeit<br />

Übungen<br />

Auf die Frage „Gibt es bei den Katastrophenschutzbeauftragten den Wunsch nach<br />

gemeinsamen Übungen mit den Ärzten <strong>zur</strong> Optimierung der Zusammenarbeit –<br />

und wenn ja, welche Übungsform würden sie bevorzugen?“ antworteten 78% der<br />

Befragten, dass sie eine Notwendigkeit für gemeinsame Übungen von Katastrophenschutz<br />

und ÖGD in der Form von Planspielen sehen. Aber 18% geben an,<br />

hierfür keinen Bedarf wahrnehmen zu können (Abbildung 12).<br />

Abb. 12 Wunsch der Katastrophenschutzbeauftragten nach Übungen in Form von Planspielen<br />

durch die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD<br />

Einen Bedarf für Vollübungen mit den Ärzten im ÖGD empfinden 51% der Katastrophenschutzbeauftragten,<br />

während 39% dies nicht für notwendig erachten (Abbildung<br />

13).<br />

179


Abb. 13 Wunsch der Katastrophenschutzbeauftragten nach Vollübungen zusammen mit den<br />

Ärzten <strong>des</strong> ÖGD<br />

Vorschläge <strong>zur</strong> Verbesserung der Integration der Ärzte <strong>des</strong> ÖDG in die<br />

Katastrophenabwehr<br />

Außerdem sollten die Katastrophenschutzbeauftragten vorschlagen, auf welche Art<br />

und Weise die katastrophenmedizinischen Erfahrungen und die Zusammenarbeit<br />

in der Katastrophenabwehr zwischen dem Katastrophenschutz und den Ärzten im<br />

ÖGD verbessert werden könnte. Interessanterweise lässt sich nach Analyse der<br />

Antworten hier eine klare hierarchische Abfolge der Wünsche für eine Optimierung<br />

der Zusammenarbeit mit den Ärzten <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung erkennen<br />

(Abbildung 14):<br />

Anzahl nach Auskunft<br />

Abb. 14 Vorschläge der Katastrophenschutzbeauftragten <strong>zur</strong> Verbesserung der <strong>Einbindung</strong> der<br />

Ärzte <strong>des</strong> ÖGD in die Zusammenarbeit mit den Katastrophenschutzbehörden der Katastrophenabwehr<br />

Von den Antwortenden wünschen sich 83% (278) eine Verbesserung der Weiterbildung<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenmedizin im Rahmen der Facharztweiterbildung zum<br />

Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen. Außerdem stellen sich 58% (194)<br />

180


eine klare und eindeutige Festlegung der Integration der Ärzte im ÖGD in den<br />

Katastrophenschutz durch entsprechende Gesetzesvorgaben und Verordnungen<br />

vor. Die verbindliche Teilnahme der Ärzte im ÖGD an Katastrophenschutzübungen<br />

würden sich 55% (184) der Katastrophenschutzbeauftragten wünschen.<br />

Aktualisierung der Pläne <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr mit Integration <strong>des</strong><br />

ÖGD<br />

Abschließend wurde erfragt, wann die Katastrophenschutzbehörden ihre Katastrophenpläne<br />

im Hinblick auf eine <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD zuletzt aktualisiert<br />

haben (Stand Oktober 2001). Unsere Auswertung der Antworten zeigt, dass über<br />

die Hälfte der Katastrophenschutzbeauftragten (52%) angibt, ihre Pläne der Katastrophenbewältigung<br />

im Hinblick auf die Mitarbeit der Ärzte im ÖGD im Laufe<br />

<strong>des</strong> letzten Jahres aktualisiert zu haben. Auch benennen etwa ein Viertel eine Aktualisierung,<br />

die mehr als zwei Jahre <strong>zur</strong>ückliegt. Auffallend ist bei der Betrachtung<br />

der Analyse, dass 8% der Befragten über keinen gültigen Alarmplan oder planende<br />

Vorkehrungen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr in der zugeordneten Behörde verfügen<br />

(Oktober 2001).<br />

Außerdem verweisen 7% der Katastrophenschutzbeauftragten darauf, dass keine<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung existiere<br />

(Abbildung 15).<br />

Abb. 15 Zeitliche Angaben der Aktualisierung der Katastrophenschutzpläne durch die Katastrophenschutzbehörden<br />

<strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD<br />

6.3 Diskussion<br />

Anzahl nach Auskunft<br />

Nach dem 11. September 2001, den vielen absichtlichen Kontaminationen von<br />

Briefen mit Milzbranderregern in den USA sowie Milzbrandverdachtsfällen in<br />

Deutschland hat die Frage nach der Zusammenarbeit von Katastrophenschutz-<br />

181


ehörden und dem ärztlichen Personal der Gesundheitsämter in der Katastrophenabwehr<br />

eine prekäre Brisanz erlangt [14, 15, 16, 17, 18]. Da unsere Umfrage<br />

zwischen August und Oktober 2001 stattfand ist es möglich, dass die erhobenen<br />

Antworten persönliche Intentionen bis hin zu Ideen für Organisationsreformen<br />

angesichts der weltpolitischen Änderungen umfassen. Bei der Interpretation dieser<br />

Erhebung muss das bedacht werden. Ob sich die <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im<br />

ÖGD in die Katastrophenschutzpläne und Katastrophenbewältigung seither geändert<br />

hat, wird in der nachfolgenden Teiluntersuchung geklärt.<br />

Es wird nur die geographische Verteilung der ausgewerteten Fragebögen pro<br />

Bun<strong>des</strong>land dargestellt, da fehlende bzw. nicht verwertbare Antworten aus zwei<br />

Stadtstaaten durch Adressierung an eine falsche Behörde entstanden waren. Dieser<br />

systematische Fehler beruht auf einer fehlenden Angabe der jeweiligen Adressen<br />

der Bezirksämter und der alleinigen Nennung <strong>des</strong> Innensenats als zuständige<br />

Stelle im Deutschen Gemeinde- und Behördenverzeichnis. Da die Erhebung zu<br />

einem fixen Stichtag beendet wurde, wurde keine Nacherhebung in den Stadtstaaten<br />

vorgenommen.<br />

Die Betrachtung möglicher Risikoanlagen [19] in den Landkreisen oder Städten<br />

zeigte die Existenz einer großen Anzahl an gefährlichen Anlagen auf; die häufigsten<br />

mit definierten Gefahrenpotenzial sind Einrichtungen der chemischen Industrie.<br />

In der Literatur wird die Inzidenz bestimmter Schadensereignisse in Deutschland<br />

mit folgender Häufigkeit in absteigender Rangfolge angegeben: Straßen- oder<br />

Schienenverkehrsunfälle > Naturkatastrophen > Unfälle mit Freisetzung chemischer<br />

Stoffe [19, 20, 21]. Außerdem gibt es z.B. für das Land Nordrhein-Westfalen<br />

Angaben zu Standorten und der Verteilung von chemischen oder anderen Industrieanlagen<br />

[22], die in einzelnen Landkreisen von Null bis zu mehr als 141<br />

schwanken. Für zukünftige Analysen <strong>zur</strong> Gefährdungseinschätzung bestimmter<br />

Regionen wäre eine solches Profil für jeden Landkreis wünschenswert. Unsere<br />

<strong>Untersuchung</strong> zielt nicht darauf ab festzustellen, ob für Unfälle in diesen Anlagen<br />

auch konkrete Alarmpläne oder Unterlagen bei den Katastrophenschutzbehörden<br />

vorliegen. Häufig nannten die Katastrophenschutzbeauftragten in unserer Erhebung<br />

als Risikofaktoren auch Militäranlagen. Dies ist sehr bedeutsam, da auf solchen<br />

Arealen möglicherweise chemische Kampfstoffe (S-Lost, Blausäuremunition,<br />

Arsenverbindungen) oder deren Rückstände mit hohem Gefahrenpotenzial<br />

lagern [23]. Unbestritten bleibt auch die Bedrohung durch zivile oder militärische<br />

Flugzeugabstürze [24, 25] über bewohnten Gebieten, was ja erst bei der Flugzeugkatastrophe<br />

bei Überlingen im Juli 2002 oder im New Yorker Stadtteil Queens im<br />

November 2001 wieder sehr deutlich vor Augen geführt wurde [26]. Die Möglichkeit<br />

von Naturkatastrophen wurde von nur 20% der befragten Katastrophenschutzbeauftragten<br />

als Bedrohung gesehen. Dies befindet sich im Gegensatz <strong>zur</strong> Einschätzung<br />

<strong>des</strong> Deutschen Komitees für Katastrophenvorsorge [21]. Interessanterweise<br />

wurde in keinem der beantworteten Fragebögen von August bis Oktober<br />

2001 eine mögliche terroristische Bedrohung als Gefahrenpotenzial für den eigenen<br />

Bereich genannt.<br />

Im Hinblick auf die <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in Katastrophen- und Alarmpläne<br />

der unteren Katastrophenschutzbehörde fiel auf, dass überwiegend nur eine<br />

182


edarfsorientierte, fallbezogene <strong>Einbindung</strong> existiert. Regelrechte Rufbereitschaften<br />

gibt es nur in geringem Umfang. Möglicherweise basiert dies auf der Gesetzgebung,<br />

die keine oder keine einheitlichen Aussagen zum Grad der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD weder bezüglich der expliziten noch der impliziten Integration <strong>des</strong> ÖGD<br />

trifft. §15 <strong>des</strong> Zivilschutzneuordnungsgesetzes schreibt nur die Beteiligung der<br />

Gesundheitsämter an allen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr notwenigen Planungen vor,<br />

konkretisiert aber keine Organisationsform [27]. Auch in den Katastrophenschutzund<br />

Gesundheitsdienstgesetzten der Länder fand sich keine Aussage <strong>zur</strong> konkreten<br />

Form der Organisation oder <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Planungen<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenabwehr.<br />

Die <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenabwehr in spezifischen<br />

Situationen ist momentan in realiter der Einschätzung der Notwendigkeit der<br />

jeweiligen Katastrophenschutzbehörde überlassen. Situationen, in denen die Mitarbeit<br />

im Katastrophenschutzstab etabliert ist, lassen sich in drei Kategorien aufteilen:<br />

Seuchen, hochkontagiöse Erkrankungen von Einzelpersonen und amtlich<br />

festgestellte Katastrophen. Unklar ist die Ursache für die nur gering bestehende<br />

<strong>Einbindung</strong> im A-, B- und C-Fall. Ob die aktuellen weltpolitischen Ereignisse seit<br />

Herbst 2001 [7, 8, 9, 18] die Bemühungen <strong>zur</strong> Integration <strong>des</strong> ÖGD in Planungen<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenabwehr, vor allem für den sogenannten B-Fall, verstärkt haben,<br />

ist zu hoffen. Es kann nur spekuliert werden, dass die zahlreichen Milzbrandverdachtsfälle<br />

die Erstellung neuer Alarmpläne gefördert haben [14, 15, 28]. Eher in<br />

geringem Umfang strebt die Untere Katastrophenschutzbehörde die Zusammenarbeit<br />

mit Ärzten im ÖGD bei Ereignissen wie Massenanfall von Verletzten oder<br />

anderen konventionellen Großschadensereignissen an. Dies basiert wohl darauf,<br />

dass der Massenanfall von Verletzten primär in den Zuständigkeitsbereich <strong>des</strong><br />

organisierten Rettungsdienstes fällt (DIN 13050) und der Katastrophenschutz eher<br />

nicht in <strong>des</strong>sen organisatorisch-medizinische Bewältigung involviert wird.<br />

Die Frage, ob die sogenannte explizite Darstellung der nötigen <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD in den Katastrophenschutzgesetzen der Länder zu einer verbesserten Form<br />

der <strong>Einbindung</strong> in der Praxis wie z.B. in Form von Rufbereitschaften in den unteren<br />

Gesundheitsbehörden führt, muss negativ beantwortet werden. Es lassen sich<br />

in unserer Erhebung bezüglich der Organisationsform der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD<br />

keinerlei Unterschiede zwischen den Ländern mit expliziter Formulierung (Baden-<br />

Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt) und den anderen Ländern<br />

finden.<br />

Die große Zahl der Nennung von Erfahrungen aus praktischen Einsätzen oder<br />

Übungen und die positive Beurteilung gemeinsamer Tätigkeiten der Ärzte im<br />

ÖGD und dem Katastrophenschutz durch die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

überraschte. Diese Einschätzung korreliert nämlich weder mit den Aussagen <strong>zur</strong><br />

notwendigen zukünftigen Verbesserung in der Zusammenarbeit z.B. durch Verstärkung<br />

der katastrophenmedizinischen Berufsausbildung der Ärzte im ÖGD noch<br />

mit dem geringen Ausmaß an praktischer Erfahrung der Ärzte im ÖGD. Eine<br />

Erklärung für diese Diskrepanz ist nicht offenkundig. Im Gegensatz dazu steht<br />

auch die Einschätzung der Katastrophenschutzbeauftragten, <strong>zur</strong> Verbesserung der<br />

zukünftigen Zusammenarbeit mit dem ÖGD dringend den Bedarf an weiteren<br />

183


Übungen wie in Planspielen zu nennen. Diese Forderung <strong>zur</strong> Erweiterung und stetigen<br />

Fortbildung durch Übungen ist bereits in den Richtlinien <strong>des</strong> Ministeriums<br />

<strong>des</strong> Innern <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Sachsen-Anhalt realisiert: es werden Alarmübungen jährlich<br />

und Vollübungen min<strong>des</strong>tens alle fünf Jahre mit der Beteiligung <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes<br />

vorgesehen [29]. Die Notwendigkeit <strong>zur</strong> Erprobung der Zusammenarbeit<br />

im Rahmen von Katastrophenschutzübungen wird sowohl von den<br />

Katastrophenschutzbeauftragten als auch von den Ärzten im ÖGD betont.<br />

Die Wünsche der Katastrophenschutzbeauftragten an die Ärzte im ÖGD variieren:<br />

so kann keine eindeutige Rangfolge bezüglich <strong>des</strong> Informationsbedarfs bei der<br />

Bewältigung spezifischer Schadenslagen erkannt werden. Generell ist zu konstatieren,<br />

dass vor allem medizinische Informationen und Auskünfte zu medizinischorganisatorischen<br />

Belangen bei speziellen Situationen wie Seuchen, A-, B- und C-<br />

Fall, nicht aber bei Großschadensereignissen, gewünscht werden. Stellt man die<br />

in der Umfrage ermittelten Anforderungen der Katastrophenschutzbeauftragten an<br />

die Ärzte im ÖGD mit deren subjektiven Einschätzung an eigenen Kenntnissen<br />

gegenüber, so klafft eine große Lücke zwischen Wunschdenken und real vorhandenem<br />

Können der Ärzte. Für Ereignisse mit dem Freiwerden gefährlicher radioaktiver,<br />

biologischer oder chemischer Substanzen werden von Dreiviertel der<br />

Katastrophenschutzbeauftragten Auskünfte zu Symptomatik, Therapie und organisatorischer<br />

Bewältigung von den Ärzten gewünscht. Solche Kenntnisse besitzen<br />

jedoch die befragten Ärzte im ÖGD nach eigenen Einschätzungen nur zu 20 bis<br />

maximal 50% (organisatorische Bewältigung B-Fall – Symptomerkennung im A-<br />

Fall). Angeblich haben sie diese Kenntnisse im Rahmen der studentischen Ausbildung<br />

erworben. Unsere aktuelle Analyse der katastrophenmedizinischen Berufsausbildung<br />

der Ärzte im ÖGD in diesem Projekt zeigte jedoch, dass im Studium<br />

der Humanmedizin nur vereinzelt Themen mit möglichem Bezug zu Katastrophensituationen<br />

behandelt werden [30, 31]. Interessanterweise fordern die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

von den Ärzten im ÖGD auch Informationen in den<br />

Gebieten Management der Planung von Maßnahmen und Übungen, Logistik und<br />

innerbehördlicher Kommunikation. Diese Gebiete werden aber weder im Studium<br />

der Medizin tangiert noch wird Wissen im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt<br />

für das Öffentliche Gesundheitswesen hierzu erworben [30, 31, 32]. Die Facharztweiterbildung<br />

bietet nach unserer Analyse zum Themenkomplex Katastrophenmedizin<br />

in den allermeisten Fällen lediglich einen ein- bis zweistündigen Vortrag<br />

[32]. Diese Differenz zwischen den Anforderungen an die Ärzte im ÖGD und<br />

deren tatsächlichem Wissen, die Defizite in der katastrophenmedizinischen Ausbildung<br />

und in der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

sollten unmittelbare Denkanstöße für rasche Initiativen <strong>zur</strong> Verbesserung<br />

der bestehenden Situation bieten. Dies erfordert jedoch auch eine Intensivierung<br />

der Bereitschaft <strong>zur</strong> Zusammenarbeit von Seiten der Katastrophenschutzbehörden,<br />

da die Entwicklung von Szenarien für Katastrophenschutzübungen vom Gesetzgeber<br />

eindeutig den Katastrophenschutzbehörden übertragen wurde [33, 34].<br />

In etwas positiverem Licht sind die Aspekte der Abwehr von Seuchen im Rahmen<br />

der Bewältigung von Katastrophen zu sehen. So stehen den Wünschen der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

weitgehend das theoretisch vorhandene Wissen der<br />

Ärzte im ÖGD gegenüber: 80% der befragten Katastrophenschutzbeauftragten<br />

184


wünschen Informationen zu Prävention und Bekämpfung von Seuchen durch die<br />

Ärzte im ÖGD. Diese geben zu über 80 % an, Wissen <strong>zur</strong> Seuchenprävention und<br />

Seuchenbekämpfung vermitteln zu können. Solches Wissen um Seuchen ist eine<br />

der primären Aufgaben der unteren Gesundheitsbehörde, wird auch im Rahmen<br />

der Facharztweiterbildung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen eingehend<br />

vermittelt und im Infektionsschutzgesetz vorausgesetzt [1, 3, 4, 5, 7].<br />

Die Frage nach Verbesserungsmöglichkeiten für die Zusammenarbeit bei der<br />

Bewältigung von Katastrophen an die untere Gesundheits- und Katastrophenschutzbehörden<br />

erbrachte sowohl bei den Katastrophenschutzbeauftragten als auch<br />

bei den Ärzten im ÖGD die einhellige Meinung, dass die fachärztliche Weiterbildung<br />

durch erweiterte Vermittlung katastrophenmedizinischer Inhalte entscheidend<br />

zu verbessern sei. Dies entspricht sowohl unseren eigenen <strong>Untersuchung</strong>en<br />

zu den Defiziten der katastrophenmedizinischen Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten<br />

für Ärzte im ÖGD als auch den aktuellen Forderungen der Experten [12,<br />

14, 18].<br />

Änderungen bezüglich einer einheitlicheren gesetzlichen Integration <strong>des</strong> ÖGD in<br />

den Katastrophenschutz wünschen fast 75% der befragten Katastrophenschutzbeauftragten.<br />

Die <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung wird explizit in einigen Bun<strong>des</strong>ländern geregelt sowie im §15 <strong>des</strong><br />

Zivilschutzneuordnungsgesetz erwähnt. Zudem werden taktische Einsatzmöglichkeiten<br />

der Ärzte im ÖGD in der Katastrophenbewältigung und der Einsatz als<br />

Fachberater <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes in §13 <strong>des</strong> Gesetzes über die Erweiterung<br />

<strong>des</strong> Katastrophenschutzes festgelegt. In den meisten Katastrophenschutzgesetzen<br />

der Bun<strong>des</strong>länder findet die Integration <strong>des</strong> ÖGD jedoch nur eine implizite<br />

Erwähnung. Dies wird – von juristischem Standpunkt aus – nach aktueller Analyse<br />

der Gesetze in diesem unserem Forschungsprojekt aber als für ausreichend<br />

erachtet (siehe juristische Evaluation der Gesetzeslage).<br />

Die erhobenen Aussagen der Katastrophenschutzbeauftragten hinsichtlich der<br />

Aktualisierung der Katastrophenpläne <strong>zur</strong> Zusammenarbeit mit den Ärzten im<br />

ÖGD sind möglicherweise heutzutage aktuell aufgrund der Ereignisse <strong>des</strong> Herbstes<br />

2001 als überholt zu betrachten. Es sollte wohl davon ausgegangen werden<br />

können, dass die notwendig gewordene Bewältigung der diversen Milzbrandverdachtsfälle<br />

in Deutschland umfassende Änderungen der Planungsentwürfe innerhalb<br />

diverser Ebenen der Behörden in die Wege geleitet hat [1, 14, 17, 35]. Aus<br />

der vorliegenden Erhebung wird ersichtlich, dass die Mehrzahl der unteren Katastrophenschutzbehörden<br />

angeben, erst im Lauf <strong>des</strong> Jahres 2000 ihre Alarmpläne<br />

bezüglich der Integration der Ärzte im ÖGD überarbeitet zu haben. Als bedenklich<br />

imponieren die Katastrophenschutzbehörden, die ohne einen gültigen Alarmplan<br />

oder ohne aktualisierten Plan die Bewältigung von Katastrophensituationen<br />

durchführen wollen. Die Erstellung behördeninterner Alarmpläne oder Maßnahmenkataloge<br />

gehört zu den grundlegend gesetzlich definierten Aufgaben <strong>zur</strong> Vorbereitung<br />

für den Katastrophenfall (siehe u.a. Zivilschutzneuordnungsgesetz §15;<br />

Bayerisches Katastrophenschutzgesetz Artikel 3, Vorbereitende Maßnahmen der<br />

Katastrophenschutzbehörden; Gesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe<br />

und den Katastrophenschutz, Nordrhein-Westfalen; § 4 Aufgaben der kreisfreien<br />

Städte im Katastrophenschutz) [33, 34].<br />

185


186<br />

Fazit<br />

1. Aktuell ist die Einbeziehung der Ärzte im ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland nur<br />

situationsadaptiert und bedarfsorientiert. Eine feste <strong>Einbindung</strong> besteht in<br />

geringem Umfang. Die Integration <strong>des</strong> ÖGD in Katastrophenschutzpläne ist<br />

für spezifische Situationen, wie Auftreten einer Seuche, hochkontagiöse<br />

Infektionen von Einzelpersonen und amtlich festgestellte Katastrophen,<br />

meist etabliert.<br />

2. Fast 60% der Katastrophenschutzbeauftragten verfügen über Erfahrungen<br />

in der Zusammenarbeit mit den Ärzten im ÖGD aus praktischen Übungen<br />

und/oder Realeinsätzen. Die Kooperation wird von der Hälfte als sehr gut<br />

beurteilt.<br />

3. Die Katastrophenschutzbeauftragten erwarten durch die Integration der<br />

Ärzte im ÖGD vor allem Informationen zu Symptomen, therapeutischen<br />

Maßnahmen und organisatorischer Bewältigung von A-, B-, C- und Seuchenfällen.<br />

Sie wünschen sich Auskünfte zu allgemein-medizinischen<br />

Belangen. Sie erwarten Planungen der katastrophenmedizinischen Einsatzabläufe<br />

durch die Ärzte der Gesundheitsämter.<br />

4. Die Gegenüberstellung der Vorstellungen der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

an die Ärzte im ÖGD und dem nach Selbsteinschätzung der Ärzte vorhandenen<br />

Wissen führt zu zwei Kernaussagen:<br />

• Für die gemeinsame Bewältigung von Katastrophen mit Freiwerden von<br />

radioaktiven, biologischen oder chemischen Stoffen durch die Ärzte <strong>des</strong><br />

ÖGD und den Katastrophenschutz erwarten die Katastrophenschutzbeauftragten<br />

umfassende ärztliche Informationen zu Symptomen, Therapie<br />

und organisatorischer Bewältigung. Diese können die Ärzte mit ihrem<br />

momentanen Wissensstand nicht bieten. Es ist nötig, die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD<br />

für die spezifischen Katastrophensituationen besser aus-, weiter- und fortzubilden.<br />

• Bei der Prävention und Bekämpfung von Seuchen können die Ärzte <strong>des</strong><br />

ÖGD den Katastrophenschutzbeauftragten eingehendere Informationen<br />

übermitteln. Diese werden von den Katastrophenschutzbeauftragten auch<br />

in großem Umfang gewünscht.<br />

5. Zukünftig sollte nach den Erwartungen der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

die katastrophenmedizinische Weiterbildung der Ärzte für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen im Rahmen der Facharztweiterbildung deutlich<br />

verstärkt werden.


Literatur<br />

[1] Femmer HJ, Mais H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen.<br />

Öff Gesundh-wesen 1981;43:632-646<br />

[2] Homepage Heon Klin V. Medizinstudium und was dann? Öffentliches<br />

Gesundheitswesen.<br />

Homepage: www.medatwork.com/berufsplaner/oeffentl_gesundh<br />

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<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens. Bachmann W (Hrsg.) Loseblattwerk,<br />

August 2002<br />

[4] Neuhauser S: Der Amtsarzt im Rettungsdienst und Katastrophenschutz, eine<br />

vernachlässigte Aufgabe. Öff. Gesundh.-Wesen 1988;50:683-687<br />

[5] Fock R: Management und Kontrolle lebensbedrohender hochkontagiöser<br />

Infektionskrankheiten. Bun<strong>des</strong>gesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz<br />

1994;42:389-401<br />

[6] Michels H: Notwendige Planungen für Behörden und Krankenhäuser, Vortrag<br />

im Rahmen <strong>des</strong> Workshops – Kehren die Seuchen <strong>zur</strong>ück – (neue) Gefahren<br />

durch biologische Kampfstoffe? – am 25./26.2.2000 in Ahrweiler<br />

[7] Wenzel G: Mitwirkung der Gesundheitsämter bei Katastrophen- und Zivilschutz.<br />

Vortrag vor der Amtsärztebesprechung <strong>des</strong> Ministeriums für Arbeit,<br />

Gesundheit und Soziales, Mitteilungen <strong>des</strong> Schleswig-Holsteinischen Landtages,<br />

1/1998<br />

[8] Merchant JA: Preparing for disaster. Am J Pub Health 1986;76:23-235<br />

[9] Gunnell DJ: The public health physician’s role in chemical incidents. J Pub<br />

Health Med 1993 (15/4): 352-357<br />

[10] Waeckerle JF, Lillibridge SL, Burkle FM, Noji EK: Disaster medicine: challenges<br />

for today. Ann Emerg Med 1994;23:715-718<br />

[11] Weber K: Neuere Aspekte rettungsdienstlicher Aufgabenstellungen für<br />

Gesundheitsämter. Öff. Gesundh.-Wesen 1989;51:674-681<br />

[12] Rebentisch E: Konzeptionelles Vorgehen aus der Sicht der medizinischen<br />

Versorgung im Katastrophen- und Zivilschutz.<br />

Homepage: www.bzs.bund.de/zivilschutz<br />

[13] Fuhrmann H (Hrsg): Das Gemeinde- und Behördenverzeichnis auf CD-Rom.<br />

1. Edition 1999. Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln<br />

187


[14] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage<br />

einstellen. Dtsch Ärzteblatt 2001;43:C 2208-2210<br />

[15] Falksohn R, Ihlau O, von Ilsemann S, Spörl G: Der trügerische Sieg. Der<br />

Spiegel 47 /2001 vom 19.11.01<br />

[16] Hoffmann R: Terror und Gegenschläge: Ohne Ursachenforschung keine Konfliktlösung.<br />

Dtsch Ärzteblatt 2001;46:A 2772-2772<br />

[17] Fording L: Coping with tragedy. Newsweek September 14, 2001<br />

[18] Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz:<br />

Katastrophen in Deutschland – sind wir ausreichend gesichert? Presseinformation<br />

auf der Homepage: www.katastrophenvorsorge.de<br />

[19] Wilpert B, Fahlbruch B: Hochtechnologie: Ist der Mensch ein Risikofaktor?<br />

Homepage: www.tu-berlin.de/presse/tui/01apr/hochtech<br />

[20] Bun<strong>des</strong>verwaltungsamt: Katastrophen in Deutschland 2000.<br />

Homepage: www.bzs.bund.de/kat<br />

[21] Linneweber V: Zukünftige Bedrohungen durch (anthropogene) Naturkatastrophen.<br />

Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge e.V.:<br />

www.katastrophenvorsorge.de<br />

[22] Lan<strong>des</strong>umweltamt Nordrhein-Westfalen: Anlagenbestand und Störfallvorsorge<br />

in: Standorte und Sicherheit von Industrieanlagen.<br />

Homepage: www.lua.nrw.de/nbweb/nbnrw/kap2010<br />

[23] Die Bun<strong>des</strong>regierung (Der Bun<strong>des</strong>minister für Umwelt, Naturschutz und<br />

Reaktorsicherheit): Gefährdung von Mensch und Umwelt durch kontaminierte<br />

Standorte der chemischen Rüstungsproduktion (Rüstungsaltlasten) vom<br />

26. 4. 1990. Drucksache 11/6972<br />

[24] Flugzeugabstürze der Bun<strong>des</strong>wehr.<br />

Homepage: www.userpage.fu-berlin.de/ami/ausgaben2001<br />

[25] Flugunfalluntersuchungsstelle beim Luftfahrtbun<strong>des</strong>amt: Flugunfälle deutscher<br />

Luftfahrzeuge im In- und Ausland im Jahr 1988.<br />

Homepage: www.lfu-web.de/fuinfo/V78<br />

[26] Mysteriöse Umstände beim Flugzeugabsturz in Queens. Der Spiegel 48/2001.<br />

[27] Zivilschutzgesetz (ZSG) vom 25. März 1997. Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong><br />

Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz- ZSNeuOG)<br />

[28] Begley S, Rogers A, Washington WG, Check E, Dickey C: Tracking anthrax.<br />

Newsweek October 29, 2001<br />

188


[29] Richtlinie <strong>zur</strong> Durchführung von Katastrophenschutzübungen im Land Sachsen-Anhalt<br />

(Übungsrichtlinie KatS) RdErl. <strong>des</strong> MI vom 30.7.1998- 25.31-<br />

12603/0<br />

[30] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den ersten Teil der Ärztlichen Prüfung, 1991<br />

[31] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den zweiten Teil der Ärztlichen Prüfung,<br />

zweiter Nachdruck 1999<br />

[32] Bun<strong>des</strong>ärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern,<br />

Köln: Musterweiterbildungsordnung und Musterrichtlinien zum Facharzt für<br />

Öffentliches Gesundheitswesen in der Fassung 10/2000<br />

[33] Lan<strong>des</strong>gesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz<br />

(Lan<strong>des</strong>brand- und Katastrophenschutzgesetz-LBKG) vom 2.<br />

November 1981 (GVBl. S. 247), geändert durch Artikel 100 <strong>des</strong> Gesetzes<br />

vom 12. Oktober 1999 (GVBl. S. 325), BS 213-50<br />

[34] Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG) vom 24. Juli 1996 (GVBl.<br />

1996 S. 282, 1999 S. 130)<br />

[35] Schuh H: Die Gefahr ist real, aber nicht total. Die Zeit 43/2001<br />

189


7. Evaluation der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im<br />

<strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst in allgemeine<br />

und spezielle Katastrophenschutzplanungen –<br />

Ein Vergleich vor und nach dem<br />

11. September 2001<br />

Die terroristischen Ereignisse <strong>des</strong> 11. September 2001 und die nachfolgende Welle<br />

[1, 2] der Milzbrandverdachtsfälle in Deutschland haben sowohl dem Thema<br />

„Terrorismusabwehr“ als auch der Katastrophenbewältigung eine neue Aktualität<br />

verliehen [2, 3, 4, 5, 6, 7].<br />

Beim Anschlag in New York 2001 waren über 3000 To<strong>des</strong>opfer bei über 2000 Verletzten<br />

zu beklagen. Im Hinblick auf die Versorgung einer ähnlich großen Zahl von<br />

Verunfallten in Deutschland sind jedoch sowohl die Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge<br />

und Katastrophenschutz [8] als auch der Präsident der Deutschen<br />

Gesellschaft für Katastrophenmedizin [9] und der Marburger Bund [10] der<br />

Meinung, dass der deutsche Katastrophenschutz weder den organisatorischen<br />

Anforderungen noch den notfallmedizinischen Bedürfnissen bei Eintreten eines<br />

solchen Ereignisses gewachsen gewesen wäre.<br />

Da bereits 1996 die Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern empfahl,<br />

die Ärzte im ÖGD verstärkt in die Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung mit<br />

einzubeziehen und der Gesetzgeber dies 1997 noch einmal betonte, sollte im<br />

Folgenden unter den Eindrücken der Anschläge in den USA eruiert werden, ob<br />

die Ärzte im ÖGD jetzt aktuell in anderem Umfang und in welcher Art an den<br />

Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr partizipieren. Es sollte ermittelt werden, ob<br />

sich in einer Gegenüberstellung der Vorgehensweisen vor und nach dem 11. September<br />

2001 Entwicklungen oder Unterschiede feststellen lassen.<br />

7.1 Material und Methodik<br />

Mithilfe der Methodik einer Erhebung über Fragebögen sollten die eventuell eingetretenen<br />

Veränderungen der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD bezüglich allgemeiner Katastrophenschutzplanungen<br />

und bei Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung eines Ereignisses<br />

mit biologischen (Gefahren-)Stoffen evaluiert werden. Außerdem interessierte uns<br />

die Art der jetzigen Informationsbeschaffung der Ärzte im ÖGD im Hinblick auf<br />

katastrophenmedizinisches Wissen.<br />

Die Umfrage wurde im Rahmen einer fakultativen Fortbildung von Ärzten im<br />

ÖGD am 14. und 21. Februar 2002 an der Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz<br />

(AKNZ) in Ahrweiler durchgeführt. Die Erstellung <strong>des</strong> Fragebogens<br />

(Abbildung 1) erfolgte an der Universitätsklinik für Anästhesiologie der Universität<br />

Ulm in Kooperation mit Oberregierungsrat Hanno Peter von der Akademie<br />

für Kriesenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler. Herr Peter<br />

übernahm auch die Befragung der Ärzte in Ahrweiler vor Ort vor und sorgte für<br />

190


Abb. 1 Fragebogen – Ärzte im ÖGD: <strong>Einbindung</strong> in die Katastrophenabwehr vor und nach dem<br />

11. September 2001<br />

191


die Rücksendung der Fragebögen an die Universitätsklinik Ulm <strong>zur</strong> Auswertung.<br />

Die elektronische Aufarbeitung und Analyse der Daten (n = 151 ausgewertete<br />

Datensätze) erfolgte mittels einer Microsoft Access 2000® Datenbankanwendung;<br />

die Graphiken wurden mit Hilfe <strong>des</strong> Programms Microsoft Excel® (Microsoft<br />

Coop. Redmond, Virginia, USA) erstellt.<br />

7.2 Ergebnisse<br />

7.2.1 <strong>Einbindung</strong> in allgemeine Katastrophenschutzplanungen<br />

Die <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in allgemeine Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung<br />

hat sich nach den Ereignissen <strong>des</strong> 11. September 2001 und <strong>des</strong>sen<br />

Folgeereignissen doch deutlich gewandelt:<br />

Abb. 2 <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst (ÖGD) in allgemeine Planungen<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenabwehr vor und nach September/Oktober 2001<br />

Bestanden vor September/Oktober 2001 noch bei 17% der Antwortenden keinerlei<br />

<strong>Einbindung</strong>en <strong>des</strong> Arztes im ÖGD in die Katastrophenabwehr, so geben dieses<br />

Defizit im Februar 2002 nur noch 3% der antwortenden Ärzte an (Abbildung 2).<br />

Die gelegentliche <strong>Einbindung</strong> in Einzelfällen stieg von 30% (vorher) auf 40%<br />

192


(nachher). Den größten Anteil an Veränderungen nach September/Oktober 2001<br />

zeigt die mit 46% angegebene feste <strong>Einbindung</strong> in die Katastrophenschutzplanungen;<br />

diese betrug vorher in Form der festen <strong>Einbindung</strong> nur 36%. Die feste <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD mit einer 24 Stunden Rufbereitschaft gaben für die Zeit vor<br />

Herbst 2001 nur 7% der Gesundheitsämter an; auch dieser Anteil steigt nach dem<br />

Herbst 2001 den Ärzten im ÖGD zufolge auf 20% an.<br />

7.2.2 <strong>Einbindung</strong> in Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung eines Zwischenfalls mit<br />

Freisetzung von biologischen (Kampf)-Stoffen (B-Fall)<br />

Die auch in Deutschland allgegenwärtigen Milzbrandverdachtsfälle im Oktober<br />

2001 [5,6,10,11] forderten von den Ärzten im ÖGD eine Neuorganisation ihrer<br />

Dienstpläne. Gerade bei diesen Ereignissen war die Fachkompetenz der Ärzte der<br />

Gesundheitsämter in ganz besonderem Maße erwartet und gefordert.<br />

Abb. 3 <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst (ÖGD) in Planungen <strong>zur</strong><br />

Bewältigung von Katastrophensituationen mit Freisetzung von biologischen (Kampf)<br />

Stoffen; vorher = vor Herbst 2001, nachher = nach Herbst 2001<br />

Die Analyse unserer Daten zeigte, dass vor den Ereignissen <strong>des</strong> 11. Septembers<br />

und der darauffolgenden Welle von Milzbrandverdachtsfällen bei 42% der Befragten<br />

keine <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung von Kata-<br />

193


strophensituationen, die durch die Freisetzung biologischer (Gefahren-)Stoffe (B-<br />

Fall) verursacht werden können, bestand (Abbildung 3). 26% der Antwortenden<br />

gaben eine gelegentliche <strong>Einbindung</strong> in Einzelfällen an und weitere 26% eine feste<br />

<strong>Einbindung</strong>. Nur bei 5% der Befragten bestand eine 24 Stunden bestehende Rufbereitschaft<br />

laut Planungen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr.<br />

Im Februar 2002 stellt sich die Situation bezüglich der <strong>Einbindung</strong> anders dar:<br />

zwar geben 10% der Befragten weiterhin keinerlei Involvierung in die Planungen<br />

<strong>zur</strong> Bewältigung eines B-Falles an und 21% nur eine gelegentliche <strong>Einbindung</strong> in<br />

Einzelfällen, doch 50% der Befragten haben inzwischen eine feste <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD in die Planung <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr etabliert. 20% der befragten Ärzte<br />

im ÖGD haben eine <strong>Einbindung</strong> mit fester Rufbereitschaft verwirklicht.<br />

7.2.3 Beschaffung spezifischer katastrophenmedizinisch relevanter Informationen<br />

Die Auswertung unserer Umfrage zeigt, dass sich die im ÖGD tätigen Ärzte vor<br />

dem Herbst 2001 am häufigsten zu je 50% via Zeitschriftenstudium und durch<br />

Besuch von theoretischen Kursen bzw. Vorlesungen die von ihnen benötigten katastrophenmedizinisch<br />

relevanten Informationen besorgten. Die Informationsbeschaffung<br />

mit Hilfe <strong>des</strong> Internets wurde von 38% der Ärzte im ÖGD genannt,<br />

praktische Übungen hatten 24% der Befragten absolviert. Über keine katastrophenmedizinische<br />

Fortbildung zu verfügen, gaben 18% der Ärzte, die an der<br />

Umfrage teilnahmen, an (Abbildung 4).<br />

194


Abb. 4 Modus <strong>des</strong> Gewinns von katastrophenmedizinischen Wissen von den Ärzten <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheits dienses ÖGD vor und nach dem Herbst 2001<br />

Das im Februar 2002 angegebene Vorgehen <strong>zur</strong> Fortbildung stellte sich hingegen<br />

nach dem Herbst 2001 deutlich anders gestaltet dar. Der mit Abstand am häufigsten<br />

verwendete Modus <strong>zur</strong> Informationsbeschaffung waren nun theoretische Fortbildungen<br />

im Rahmen von Kursen; diese Vorgehensweise geben über dreiviertel<br />

(fast 77%) der Antwortenden an (Abbildung 4). Eine Internetrecherche <strong>zur</strong><br />

Beschaffung der gewünschten Informationen für den Katastrophenfall wird jetzt<br />

von 66% der Befragten eingesetzt und 61% nutzen auch weiterhin medizinische<br />

Fachzeitschriften <strong>zur</strong> katastrophenmedizinischen Fortbildung. Immerhin haben<br />

22% der Ärzte im ÖGD nach den Ereignissen <strong>des</strong> 11. September 2001 an praktischen<br />

Übungen <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung teilgenommen. Jedoch verweisen<br />

noch immer 5% der Ärzte darauf, auch seither keine spezifische Fortbildung absolviert<br />

zu haben.<br />

7.2.4 Beteiligung an der Bewältigung eines Milzbrandverdachtsfalles<br />

Die Bewältigung der im Oktober und November 2001 allgegenwärtigen Milzbrandverdachtsfälle<br />

in Deutschland bei realen Milzbrandfällen aufgrund terroristischer<br />

Aktivitäten in den USA [5,6,10,11, 12] führte auch bei uns zu einer umfangreichen<br />

Beteiligung der deutschen Gesundheitsämter und der Ärzte im ÖGD.<br />

In unserer Umfrage bestätigten 84% der Befragten das Mitwirken <strong>zur</strong> Bewältigung<br />

eines solchen Verdachtsfalles, lediglich 16% der Befragten waren nicht involviert<br />

(Abbildung 5).<br />

195


Abb. 5 Beteiligung und Position der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst (ÖGD) bei der<br />

Bewältigung eines Milzbrandverdachtsfalls; and. Org. = andere Organisationen, KatS-<br />

Stab = Katastrophenschutzstab, LNA = Leitender Notarzt<br />

Etwa ein Viertel der Ärzte im ÖGD, die bei der Bewältigung eines Milzbrandverdachtsfalles<br />

mitarbeiteten, taten dies in der Position eines Einsatzleiters (26%).<br />

Alle anderen waren unter der Leitung anderer Führungsorgane beteiligt: so arbeiteten<br />

13% unter der Leitung der Polizei, 11% unter der Führung anderer, nicht<br />

näher spezifizierter Organisationen, jeweils 10% unter der Leitung der Feuerwehr<br />

oder eines Katastrophenschutzstabes. Die Bewältigung eines Milzbrandverdachtsfalles<br />

unter der Leitung <strong>des</strong> organisierten Rettungsdienstes wie z.B. unter einem<br />

Leitenden Notarzt wurde von keinem der Ärzte genannt. Der Anteil nicht verwertbarer<br />

Antworten lag mit 14% bei dieser Frage relativ hoch. Die ist auf die Tatsache<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen, dass hier nur Einfachnennungen erlaubt waren. Es war aber<br />

doch offensichtlich öfter als erwartet vorgekommen, dass die Ärzte, die an unserer<br />

Umfrage teilnahmen, mehrfach an einem Einsatz <strong>zur</strong> Bewältigung eines Milzbrandverdachtfalles<br />

teilgenommen hatten.<br />

196


7.3 Diskussion<br />

Die Ereignisse <strong>des</strong> 11. September 2001 und die nachfolgenden Milzbrandverdachtsfälle<br />

in der BRD haben die Notwendigkeit einer effizienten Vorbereitung <strong>zur</strong><br />

Katastrophenabwehr deutlich gezeigt und die diesbezüglichen Defizite in der<br />

Bun<strong>des</strong>republik Deutschland in das allgemeine Bewusstsein <strong>zur</strong>ückgerufen [1, 6,<br />

9, 11, 13]. Ziel der Umfrage unter den Ärzten im ÖGD, die an einer katastrophenmedizinischen<br />

Weiterbildung an der AKNZ in Ahrweiler teilnahmen, war daher<br />

zu eruieren, ob das neue „Katastrophenbewusstsein“ Veränderungen in der Erstellung<br />

von Alarmplänen und der Bereitschaft zu Fortbildungen mit katastrophenmedizinischen<br />

Inhalten hervorgerufen hat.<br />

Grundlegende methodische Schwierigkeiten einer Umfrage wurden bereits in den<br />

vorlaufenden Kapiteln erläutert. Die Besonderheit dieser Umfrage beruht zum<br />

einen auf einer Befragung einer Ärztegruppe im ÖGD, die freiwillig an einer katastrophenmedizinischen<br />

Fortbildung teilnahm. Dies legt nahe, der evaluierten Subgruppe<br />

besonderes Interesse an Katastrophenmedizin zu unterstellen. Außerdem<br />

ist eine Anzahl von 151 ausgewerteten Fragebögen relativ hoch für eine „repräsentative<br />

Stichprobe“, so dass eher von einer überrepräsentativen Stichprobe auszugehen<br />

ist. Demographische Daten wie Herkunft, Facharztweiterbildung, Erfahrungen<br />

in der medizinisch-organisatorischen Katastrophenbewältigung etc. wurden<br />

nicht erfragt. Es kann <strong>des</strong>halb nicht einfach davon ausgegangen werden, dass<br />

die beurteilte Gruppe die gesamte Bandbreite an geographischem und technischem<br />

Wissen der Ärzte im ÖGD widerspiegelt. Inwieweit die Beantwortung der vorformulierten<br />

Fragen zu notwendiger Trennschärfe und statistisch zu sichernden<br />

Unterschieden führen könnte, wurde <strong>des</strong>halb nicht überprüft.<br />

Die Geschehnisse in der zweiten Jahreshälfte 2001 haben zu Veränderungen der<br />

Planungen in der Katastrophenabwehr bezüglich der Integration der Ärzte im<br />

ÖGD geführt. Sowohl für allgemeine Katastrophensituationen als auch speziell für<br />

Szenarien mit Freisetzung biologischer Gefahrenstoffe verschob sich die Organisation<br />

der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD deutlich von der <strong>Einbindung</strong> in Einzellfällen in<br />

Richtung auf eine feste <strong>Einbindung</strong>. Trotz der vielen Milzbrandverdachtsfälle<br />

bestehen aber Rufbereitschaften noch immer nicht in dem wünschenswerten Ausmaß;<br />

nur etwa ein Fünftel der Befragten kann auf deren Existenz verweisen. Dies<br />

mag zum einen daran liegen, dass die akute vermeintliche Bedrohung durch Bacillus<br />

anthracis im März 2002 nicht mehr so vorhanden zu scheinen sei. Andererseits<br />

bestünde die Möglichkeit, dass Alarmkataloge bereits wieder deinstalliert wurden<br />

oder die Entwicklung entsprechender Organisationsstrukturen innerhalb der<br />

Gesundheitsämter der tatsächlichen Entwicklung der Bedrohungsszenarien hinterherhinkt.<br />

Die Tatsache, dass immer noch drei bis zehn Prozent der Gesundheitsämter<br />

keinen Alarmplan <strong>zur</strong> Bewältigung eventueller Katastrophensituationen<br />

haben, ist erstaunlich, da die entsprechenden Forderungen <strong>zur</strong> Beteiligung der<br />

Ärzte im ÖGD an Planungen und Alarmkatalogen schon 1997 (Zivilschutzneuordnungsgesetz)<br />

beziehungsweise 1990 (Gesetz über die Erweiterung <strong>des</strong> Katastrophenschutzes)<br />

[14] gestellt wurden. Die Existenz und das Funktionieren behördeninterner<br />

Alarmpläne und Maßnahmenkataloge gehören zu den grundlegend gesetzlich<br />

festgelegten Vorbereitungen für den Katastrophenfall.<br />

197


Die Analyse <strong>des</strong> Verhaltens der Ärzte im ÖGD in der Fortbildung sollte zeigen,<br />

ob die dramatischen Ereignisse im Herbst 2001 zum einen und die nachfolgend<br />

zunehmende Kritik am deutschen Zivil- und Katastrophenschutz zum anderen<br />

[6,8,9,11] die Befragten so beeinflussen konnten, dass sie sich eingehender mit<br />

Katastrophenmedizin auseinander setzten. Summarisch lässt sich konstatieren,<br />

dass katastrophenmedizinische Fortbildung bei den Ärzten im ÖGD einen deutlichen<br />

Aufschwung erfahren hat. Der Anteil der Ärzte, die sich mittels Fachzeitschriften,<br />

Internetrecherche oder dem Besuch von theoretischen Kursen fortbildet,<br />

ist im Februar 2002 höher als im September 2001. Auffallend ist die zunehmende<br />

Bedeutung <strong>des</strong> Internets als Informationsmedium. So stieg der Anteil der Befragten,<br />

die im Internet nach Informationen zu medizinisch-organisatorischen Themen<br />

der Katastrophenbewältigung suchten, um fast 30% an. Dieser Trend überschneidet<br />

sich mit aktuellen Angeboten an diesbezüglichem Fachwissen im Internet [15].<br />

Es sei als Beispiel nur das neu im Internet eingerichtete Deutsche Notfallvorsorge-<br />

und Informationssystem (deNIS) genannt. Auch die Suche nach Expertenmeinungen,<br />

Informationsaustausch über Chatrooms und Angebote von Nachrichtenagenturen<br />

werden seit den Ereignissen im September 2001 deutlich stärker frequentiert<br />

[15,16,17]. Inwieweit das Internet als Informationsquelle für Fachinformationen<br />

zukünftig bei der Katastrophenbewältigung eine noch stärkere<br />

Bedeutung erlangen wird, bleibt abzuwarten [18,19].<br />

84% der Befragten gaben an, bei der Bewältigung eines Milzbrandverdachtsfalles<br />

mitgearbeitet zu haben; ein Viertel angeblich als Leiter <strong>des</strong> Einsatzes. Da Prävention,<br />

Diagnostik und Therapie von Infektionsfällen zu den grundlegenden Aufgaben<br />

der Gesundheitsämter gehören, erscheint dies logisch und gerechtfertigt<br />

[13,20,21]. Auch ist der große Anteil an Ärzten im ÖGD, der mit diesen Schadensszenarien<br />

konfrontiert gewesen zu sein scheint, realistisch, da allein zwischen<br />

dem 14. Oktober 2001 und 5. November 2001 beispielsweise 3111 Milzbrandverdachtsfälle<br />

im gesamten Bun<strong>des</strong>gebiet bewältigt werden mussten. Bis Dezember<br />

2001 war diese Zahl auf über 4000 Milzbrandverdachtsfälle angestiegen [22,23].<br />

Die Tatsache, dass es sich in Deutschland – soweit bekannt – um Fehlalarme handelte,<br />

war bei Notrufabsendung nicht erkenntlich, so dass entsprechende Einsatzund<br />

Alarmpläne <strong>des</strong> ÖGD und anderer Stellen wie im Ernstfall aktiviert [23,<br />

24,25,26,27] wurden. Der relativ hohe Anteil an nicht auswertbaren Daten bei dieser<br />

Frage ist auf die nicht ganz eindeutige Formulierung in ihrer Form <strong>zur</strong>ückzuführen:<br />

beabsichtigt war die Position <strong>des</strong> Arztes bei einem Einsatz – ohne Mehrfachnennung<br />

zu erlauben – festzustellen. Es war nicht davon ausgegangen worden,<br />

dass einige Ärzte mehrere Einsätze bei Verdachtsfällen durchgeführt hatten;<br />

hieraus ergab sich die Variante von Mehrfachnennungen. Deshalb wurden die Antworten,<br />

die nicht der ursprünglichen Vorgabe entsprachen, als nicht verwertbar<br />

kategorisiert.<br />

198


Fazit<br />

1. Zwischen Herbst 2001 und unserer Evaluation der Ärzte der unteren<br />

Gesundheitsbehörde der BRD im Februar 2001 bezüglich ihrer <strong>Einbindung</strong><br />

in die katastrophenmedizinische Versorgung sind annähernd fünf Monate<br />

vergangen. Dies ist ein Zeitraum, von dem man annehmen können sollte,<br />

dass aufgrund der einschneidenden weltpolitischen Ereignisse dringend<br />

nötige Veränderungen für einen verbesserten Katastrophenschutz umgesetzt<br />

sind. Trotzdem hat sich der Grad der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Planung im Schnitt über alle evaluierten Kategorien<br />

betrachtet von einer sporadischen Implementierung bis hin zu Installation<br />

einer festen Rufbereitschaft nur um ca. 10 bis 20% intensiviert.<br />

2. Für den ÖGD spezifische Einsätze, wie die vielfachen Milzbrandverdachtsfälle,<br />

wurden nur in ca. einem Viertel der Fälle von den Ärzten im ÖGD in<br />

leitender Verantwortung bewältigt. Hier ist die volle Integration mit horizontaler<br />

und vertikaler Kompetenzfestschreibung anzustreben.<br />

199


Literatur<br />

[1] From the Center for Disease Control and Prevention, New York City Department<br />

of Health response to terrorist attack, September 11, 2001. JAMA 2001<br />

(286):1830<br />

[2] Stelzenmüller C, Schnabel U, Ladurner U: Wer hat die Hand am Zünder. US-<br />

Geheimdienste fürchten, Islamisten könnten auf Pakistans Atomwaffen<br />

zugreifen. Die Zeit 2001; 47:11<br />

[3] Gunderson CH, Lehman CR, Sidell FR, Jabbari B: Nerve agents – a review.<br />

Neurology 1992 (42): 946-950<br />

[4] Spencer RC, Lightfoot NF: Preparedness and response to bioterrorism. J<br />

Infect 2001 (43):104-110<br />

[5] Zylka-Menhorn, V: Steckbrief von unsichtbaren Tätern. Pathogenese, Diagnose,<br />

Therapie und Prophylaxe der Erreger, die als B-Waffen infrage kommen.<br />

Dtsch Ärzteblatt 2001; 42:C2148-C2150<br />

[6] Stock W: Katastrophenschutz vernachlässigt. Die Welt vom 4. November<br />

2001<br />

[7] Halter H, Holm C, Wassermann A: Milzbrand-Gips im Karton. Der Spiegel<br />

45/ 2001 vom 05.11. 2001<br />

[8] Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz:<br />

Katastrophen in Deutschland – sind wir ausreichend gesichert. Presseinformation<br />

vom 20. September 2001.<br />

Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de<br />

[9] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage<br />

einstellen. Dtsch Ärzteblatt 2001; 43:C2208-C2210<br />

[10] „Kunstaktion“ löste Milzbrandalarm aus. Die Welt vom 4.November 2001<br />

[11] Ärzte befürchten Chaos bei neuem Milzbrandalarm. Die Welt vom 4. November<br />

2001<br />

[12] Kolata G: A nation challenged: the case reports: Anthrax report fixes on victims’<br />

stories. The New York Times vom 10. November 2001<br />

[13] Obladen R: Rettungsdienst und Katastrophenschutz aus Public Health Perspektive-<br />

Ansatzpunkte für den ÖGD, aus der Reihe: Umwelt und Gesundheit<br />

Nr. 27, Mai 2001, Lan<strong>des</strong>institut für den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

NRW, Bielefeld/ Münster, S. 23-28<br />

200


[14] Zivilschutzgesetz (ZSG) vom 25. März 1997. Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung <strong>des</strong><br />

Zivilschutzes (Zivilschutzneuordnungsgesetz-ZSNeuOG)<br />

[15] www.metadir.de/suchen/analyse/infoquell<br />

[16] Homepage <strong>des</strong> Nachrichtensenders n-tv: n-tv-chat als Informationsquelle.<br />

www.n-tv.de<br />

[17] Frank S: USA: Internet-Traffic stieg nach der Katastrophe stark an.<br />

www.de.internet.com/artikel<br />

[18] Apitz R: Wissenschaftliches Arbeiten im World Wide Web. In: Apitz R,<br />

Guther A, Hoffmann G: HTML-Style Guide. Addison-Wesley-Verlag,<br />

Bonn, 1. Auflage, 1996, S. 1-287<br />

[19] Obst O: Eine praxisorientierte Einführung ins Internet mit Beispielen aus der<br />

Medizin. NfD 1995;46:219-230<br />

[20] Femmer HJ, Mais H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen,<br />

Öff Gesundh-wesen 1981;43:632-64<br />

[21] Fock R: Management und Kontrolle lebensbedrohender hochkontagiöser<br />

Infektionskrankheiten. Bun<strong>des</strong>gesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz<br />

1994;42: 389-401<br />

[22] Trittbrettfahrergesetz, Debatte im thüringischen Landtag vom 9. November<br />

2001, Homepage: www.thueringen.de/politisch/ministerpraesident/reden<br />

[23] Deutscher Bun<strong>des</strong>tag 208. Sitzung vom 13. Dezember 2001: Beratung <strong>des</strong><br />

Entwurfes eines Gesetzes <strong>zur</strong> Verbesserung <strong>des</strong> Schutzes der Bevölkerung<br />

vor angedrohten und vorgetäuschten Straftaten,<br />

Homepage: www.gehb.de/reden/131201.htm<br />

[24] Teure Scherze, die tageszeitung vom 18.10. 2001<br />

[25] Milzbrandalarm in mehreren deutschen Städten, Der Spiegel vom 13. Oktober<br />

2001<br />

[26] Betrunkene Scherzbolde und kriminelle Trittbrettfahrer, in: Spiegel online<br />

vom 12. Oktober 2001, www.spiegel.de/panorama<br />

[27] Brief ans Kanzleramt war ein schlechter Scherz, in: Spiegel online vom 12.<br />

Oktober 2001, www.spiegel.de/polititk/deutschland<br />

201


8. Die Funktion der im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

tätigen Ärzte bei Schadensereignissen<br />

nach (inter-)nationaler Vorstellung als Basis für<br />

ein neues Konzept zu ihrer besseren<br />

Integration in die Schadensabwehr<br />

8.1 Allgemeine Aufgaben <strong>des</strong> ärztlichen Personals<br />

Nach den Vorstellungen der internationalen und nationalen Literatur wird von den<br />

im ÖGD tätigen Ärzten bei Auftreten einer Katastrophe, eines Großsschadensereignisses<br />

oder hochkontagiösen Erkrankungen bzw. Seuchen in folgenden Punkten<br />

fachkundige Kompetenz erwartet [1] (siehe Vorschlag der Dienstvorschrift<br />

„Führung und Leitung im Einsatz“, Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge<br />

und -schutz [2] (Abbildung 1):<br />

Aufgaben <strong>des</strong> ärtzlichen Personals im ÖGD<br />

• bei der Lagefeststellung:<br />

Beratung zu Einschätzung <strong>des</strong><br />

– Schadensereignisses und der Gefahrenlage<br />

– Schadens insbesondere<br />

– Schadensobjektes<br />

– Schadensumfangs, speziell für Mensch und Umwelt<br />

• innerhalb <strong>des</strong> Auftrags:<br />

Beratung zu Einschätzung der<br />

– Schaden- und Gefahrenabwehr<br />

– benötigten Führung insbesondere<br />

– benötigten Einsatzkräfte<br />

– benötigten Einsatzmittel, speziell <strong>zur</strong> Rettung von Mensch und<br />

Umwelt<br />

• bei der Planung für den Einsatz und während <strong>des</strong> Einsatzes:<br />

Beratung zu Beurteilung der<br />

– Gefahren für Mensch und Umwelt<br />

– Prioritäten der Gefahrenabwehr<br />

– Möglichkeiten der Gefahrenabwehr<br />

– Gefahrenlage für die Einsatzkräfte<br />

– Entscheidung über die besten Möglichkeiten<br />

– Kontrolloptionen<br />

202


• bei der Entschlussfassung für die Einsatzdurchführung:<br />

Beratung zu<br />

– Zielen<br />

– Einsatzschwerpunkten<br />

– Einteilung der Kräfte<br />

– Bewegungsabläufen<br />

– Ordnung <strong>des</strong> Raums<br />

– Versorgung, speziell medizinischer Art<br />

– Kommunikationsmöglichkeiten<br />

• bei der Prognosefindung zu den Abwehrmaßnahmen und Entwicklungen:<br />

Beratung zu<br />

– Bedingungen<br />

– Erfordernissen<br />

– Möglichkeiten<br />

– Grenzen<br />

Abb. 1: Funktionen der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst bei Schadensereignissen<br />

Außerdem muss das ärztliche Personal im Rahmen der Nachbereitung aller Einsätze<br />

an der Berichterstattung, der Reflexion <strong>des</strong> Einsatzes und der Überprüfung<br />

<strong>des</strong> Vorgehens und der durchgeführten Maßnahmen <strong>zur</strong> Bewältigung <strong>des</strong> Ereignisses<br />

teilnehmen.<br />

Die spezifischen Aufgaben <strong>des</strong> im ÖGD tätigen Arztes für den jeweiligen Schadensfall<br />

werden detailliert auch wie folgt beschrieben.<br />

8.2 Die Beraterfunktion der Gesundheitsbehörden bei Auftreten<br />

einer Katastrophe<br />

Im Katastrophenfall unterstützen die Gesundheitsbehörden in planend-beratender<br />

Funktion bei operativ-taktischen und administrativ-organisatorischen Aufgaben<br />

den Katastrophenschutzstab (Abbildung 2).<br />

Wie wir jedoch in unseren Analysen im Rahmen dieses Forschungsprojekt zeigen<br />

konnten, sieht die Situation in Wirklichkeit in Deutschland anders aus: sowohl die<br />

Ärzte im ÖGD als auch die Katastrophenschutzbehörden geben erhebliche Defizite<br />

in der Umsetzung der erwünschten wie vorgegebenen <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD<br />

in die Katastrophenbewältigung an.<br />

203


Abb. 2 Stellung <strong>des</strong> Arztes im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst (ÖGD) bei Katastrophen im<br />

Katastrophenschutzstab (nach [1-4] und Lan<strong>des</strong>katastrophenschutzgesetzen [5])<br />

8.3 Die Aufgabenstellung und Funktion der Gesundheitsbehörden<br />

in der Vorbereitung, Bewältigung und<br />

Nachbereitung eines Großschadensereignisses<br />

In den Landkreisen und kreisfreien Städten werden für Gebiete mit hohem Risikopotenzial<br />

für ein Großschadensereignis in Planungsgremien spezifische, vorbereitende<br />

Planungsentwürfe <strong>zur</strong> Beherrschung eines solchen nach Gefahrentatbeständen<br />

erarbeitet. In der Phase der Vorbereitung auf ein Großschadensereignis sollen<br />

die Gesundheitsbehörden hier als spezifische Aufgaben Vorfeldermittlungen<br />

über gefährliche Anlagen und Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich vornehmen<br />

und besondere Alarmpläne gewerblicher Einrichtungen kennen. Für Lagebesprechungen<br />

ist insbesondere die Zusammenarbeit bei der Vorbereitung, im Einsatz<br />

und der Nachbereitung <strong>des</strong> Großschadensereignisses mit anderen spezialisierten<br />

ereignisbezogenen Arbeitsgruppen und Vertretern betroffener Gebiete, Firmen<br />

oder Einrichtungen hervorzuheben (Abbildung 3).<br />

Die Aufgaben der Gesundheitsbehörden liegen hauptsächlich in planerisch-beratenden<br />

Funktionen zu medizinisch-organisatorischen Fragen. In den speziell abgestimmten<br />

Planungsgremien und Arbeitsgruppen können neben dem Arzt im ÖGD<br />

auch andere Fachberater mit medizinischem Wissen tätig sein (z.B. Leiter Seniorenheim,<br />

Berufsmediziner einer Firma, medizinischer Dienst eines Flughafens,<br />

Leitender Notarzt, Organisatorischer Leiter Rettungsdienst, usw.).<br />

Betrachtet man jedoch unsere Umfrageergebnisse, so zeigt sich, dass im Rahmen<br />

von Großschadensereignissen nur etwa ein Viertel der Katastrophenschutzbeauftragten<br />

eine Beratung durch die Ärzte im ÖGD für wünschenswert halten, wäh-<br />

204


end das andere Viertel ausdrücklich keine Auskünfte wünscht und die restlichen<br />

Katastrophenschutzbeauftragten zu dieser Thematik keine Antwort oder widersprüchliche<br />

Kommentare von sich geben. Dieses Antwortverhalten muss also wohl<br />

eher in Richtung einer nicht unbedingt erwünschten Beratung durch die Ärzte im<br />

ÖGD interpretiert werden.<br />

Abb. 3 Stellung <strong>des</strong> Arztes im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst bei der Vorbereitung und bei<br />

Auftreten eines Großschadensereignisses<br />

(nach [1-4] und Lan<strong>des</strong>katastrophenschutzgesetzen [5])<br />

8.4 Die Funktion der Gesundheitsbehörden bei Auftreten<br />

einer hochkontagiösen Erkrankung<br />

Nach dem Infektionsschutzgesetz [6] liegen die Zuständigkeiten <strong>des</strong> Gesundheitsamtes<br />

bei Auftreten einer hochkontagiösen Erkrankung, sei es aufgrund terroristischen<br />

oder kriegerischen Angriffs oder aufgrund eines „natürlichen“ Krankheitsausbruchs,<br />

speziell in der Beratung der Ortspolizeibehörden. Die Polizeibehörde<br />

205


ordnet in der Regel die nötigen Maßnahmen <strong>zur</strong> Abwendung der durch die Infektionskrankheit<br />

drohenden Gefahren basierend auf der Beratung durch die Ärzte <strong>des</strong><br />

Gesundheitsamtes an; die Ärzte im ÖGD können aber in diesem speziellen Fall<br />

auch direkt Maßnahmen <strong>zur</strong> Gefahrenabwehr festlegen (Abbildung 4a).<br />

Abb. 4 Stellung <strong>des</strong> Arztes <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes (ÖGD) bei hochkontagiösen<br />

Erkrankungen –<br />

a) nach dem Infektionsschutzgesetz [6] und<br />

b) bei der Bearbeitung der Milzbrandverdachtfälle im Herbst 2001 nach unseren <strong>Untersuchung</strong>en<br />

(siehe <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenschutzplanungen –<br />

Vergleich vor und nach dem 11. 09. 2001)<br />

Betrachtet man aber beispielhaft die wirkliche Situation anhand der Bewältigung<br />

der Milzbrandverdachtsfälle <strong>des</strong> Herbstes 2001 (Abbildung 4b), an der Ärzte im<br />

ÖGD mitarbeiteten, so zeigen unsere Analysen, dass etwa ein Viertel der Ärzte<br />

hierbei in der Position <strong>des</strong> Einsatzleiters tätig war und jeweils 10–15% der Ärzte<br />

unter der Leitung der Polizei, anderer Führungsorganisationen, der Feuerwehr oder<br />

eines Katastrophenschutzstabes tätig wurden. In etwa demselben Prozentsatz,<br />

nämlich 16%, wurden bei der Bewältigung der Milzbrandverdachtsfälle überhaupt<br />

keine Ärzte im ÖGD eingesetzt.<br />

8.5 Ausgangslage <strong>zur</strong> Entwicklung eines Konzeptes für die<br />

verbesserte Integration der Ärzte in die Schadensabwehr<br />

Aus allen diesen aufgezeigten Teilaspekten ergibt sich zwingend, Handlungsschritte<br />

zu skizzieren, durch die die Sachkompetenz der Ärzte im ÖGD <strong>zur</strong> Verbesserung<br />

ihrer <strong>Einbindung</strong> in alle Bereiche der vorbereitenden und ausführenden Ka-<br />

206


tastrophenabwehr für die verschiedenen Szenarien möglichst rasch und effizient<br />

gesteigert werden könnte. Angesichts der beschriebenen Positionierung <strong>des</strong> Arztes<br />

im ÖGD ergeben sich als Ausgangslage <strong>zur</strong> Entwicklung eines Konzeptes für<br />

eine verbesserte Integration <strong>des</strong> ÖGD in die Schadensabwehr folgende Ansatzpunkte:<br />

8.5.1 Gesetzeslage<br />

Nach Analysen der Gesetzeslage sowie unseren Studienergebnissen besteht<br />

momentan keine Notwendigkeit <strong>zur</strong> Änderung der Katastrophenschutzgesetze hinsichtlich<br />

der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes. Sowohl eine implizite<br />

<strong>Einbindung</strong> in den meisten Bun<strong>des</strong>ländern als auch die explizite <strong>Einbindung</strong><br />

in einigen wenigen Bun<strong>des</strong>ländern kann für die Lösung der anstehenden verbesserten<br />

<strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD als ausreichend bewertet werden. Als Empfehlung<br />

kann nur vorgegeben werden, bei einer anstehenden Neufassung der Katastrophenschutzgesetze<br />

eine explizite Formulierung der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD wie in Sachsen-Anhalt<br />

analog zum Gesetz über den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst vorzunehmen.<br />

8.5.2 Katastrophenschutzbehörden<br />

Die Katastrophenschutzbehörden müssen in ihre Katastrophenschutzpläne und<br />

vorbereitenden Maßnahmen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr die Gesundheitsämter verbindlich<br />

unter definierten Kriterien integrieren (z.B. Rufbereitschaftspläne, Festlegung<br />

von konkreten Alarmierungsplänen). Es ist ein Katalog an Anforderungsprofilen<br />

aus der Sicht der Behörden für die jeweilige Gesundheitsbehörde zu<br />

erstellen. Das in der kreisfreien Stadt/dem Landkreis existierende Gefahrenpotenzial<br />

ist dabei besonders zu berücksichtigen. Anhand von Einsatzplänen muss die<br />

genaue vertikale und horizontale <strong>Einbindung</strong>sstruktur sowie Weisungskompetenz<br />

geregelt werden.<br />

8.5.3 Die Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Da die Gesetzestexte als für ausreichend zu erachten sind, müssen sich alle weiteren<br />

Überlegungen darauf konzentrieren, das tatsächliche katastrophenmedizinische<br />

Wissen der Ärzte im ÖGD erheblich zu steigern. Hierfür ergeben sich als die<br />

zwei wesentlichen Ansatzmöglichkeiten:<br />

– die Verbesserung der beruflichen Aus-, Weiter- und Fortbildung der Ärzte<br />

im ÖGD<br />

und<br />

– die Verbesserung der Sachkompetenz der im ÖGD tätigen Ärzte.<br />

Da weder ein weiter Ermessensspielraum <strong>des</strong> Gesetzgebers noch eine straffere<br />

juristische Festlegung der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenab-<br />

207


wehr oder noch so ausgeklügelte Alarmierungs- und Katastrophenschutzpläne eine<br />

nicht ausreichende katatrophenmedizinische Sachkompetenz der Ärzte im Ernstfall<br />

wettmachen können, wird der Erfolg und die Qualität einer verbesserten<br />

<strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Schadensabwehr bei verschiedensten<br />

Szenarien ganz entscheidend von einer Verbesserung der Aus-, Weiter- und<br />

Fortbildung und der Sachkompetenz der aktuell tätigen Ärzte im ÖGD<br />

abhängen.<br />

Es gilt <strong>des</strong>halb, entsprechend differenzierte Konzepte und Modellstrukturen <strong>zur</strong><br />

Steigerung der Kenntnisse der Ärzte im ÖGD für eine rasche und machbare Implementierung<br />

derselben vor dem Hintergrund der verfügbaren Ressourcen in<br />

Deutschland zu entwickeln.<br />

Die konzeptionelle Synopse der entscheidenden Komponenten <strong>zur</strong> verbesserten<br />

<strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenabwehr zeigt nachfolgende<br />

Abbildung (Abbilddung 5):<br />

Abb. 5 Synopse der entscheidenden Komponenten für ein verbessertes Konzept der Integration<br />

der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenabwehr; ÖGW = Öffentliches Gesundheitswesen<br />

208


8.6 Schlussbemerkungen<br />

Literatur<br />

Fazit<br />

Es besteht momentan keine Notwendigkeit <strong>zur</strong> Änderung der Katastrophenschutzgesetze<br />

hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes.<br />

Die Katastrophenschutzbehörden müssen in ihre Katastrophenschutzpläne und<br />

vorbereitenden Maßnahmen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr die Gesundheitsämter<br />

verbindlich integrieren.<br />

Es gilt in entscheidendem Umfang, die tatsächlichen katastrophenmedizinischen<br />

Kenntnisse der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst zu steigern.<br />

Hierfür müssen Konzepte und Modellstrukturen <strong>zur</strong> Verbesserung der studentischen<br />

Ausbildung und der Weiterbildung für den Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen sowie <strong>zur</strong> Verbesserung der Sachkompetenz der momentan<br />

im ÖGD tätigen Ärzte entwickelt werden.<br />

[1] Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern: Bericht über <strong>Untersuchung</strong>en<br />

der gesetzlichen Regelungen zum Schutz und <strong>zur</strong> Rettung von Menschenleben<br />

sowie <strong>zur</strong> Wahrung und Wiederherstellung der Gesundheit bei<br />

Großschadensereignissen. Mai 1999<br />

[2] Projektgruppe 5 „Harmonisierung“: Führung und Leitung im Einsatz. Führungssystem.<br />

Vorschlag einer Dienstvorschrift. DV 100. In: Ständige Konferenz<br />

für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz (Hrsg.). Köln<br />

August 2000. Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de.<br />

[3] Femmer HJ, Mais H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen.<br />

Öff Gesundh Wesen 1981 (43):632-646<br />

[4] Curio F: Curio F: Zivil- und Katastrophenschutz in: Das grüne Gehirn, der<br />

Arzt <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens. Bachmann W (Hrsg.) Loseblattwerk,<br />

August 2002<br />

[5] Projektgruppe Gesetze – Synopse – Musterlösungen: Katastrophenschutz in<br />

Gesetzen der Länder. Vergleichende Darstellung. In: Ständige Konferenz für<br />

Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz (Hrsg.). Köln 2000; Stand:<br />

Oktober 2000. Internetadresse: http://www. katastrophenvorsorge.de. Zugang<br />

verifiziert am 23. November 2001<br />

[6] Bun<strong>des</strong>republik Deutschland: Infektionsschutzgesetz IFSG; Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung<br />

seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchenrechtsneuverordnungsgesetz<br />

– SeuchRNeuG) vom 20. Juli 2000<br />

209


9. Konzepte <strong>zur</strong> verbesserten katastrophenmedizinischen<br />

Aus- und Weiterbildung der<br />

Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

9.1 Vorbemerkungen<br />

Im Katastrophenfall benötigt die betroffene Bevölkerung umfassende medizinische<br />

Hilfe. Medizinischer Sachverstand ist aber bereits in der Planung der Katastrophenabwehr<br />

notwendig. Über die medizinischen Kenntnisse hinaus ist spezifisches<br />

Wissen nötig, wie z.B. die Fähigkeit, Führungsaufgaben zu übernehmen<br />

oder auch die Professionalität, eine Patientenversorgung unter widrigsten Umstän-<br />

Abb. 1 Stand (2001) der katastrophenmedizinisch relevanten Lehrangebote für Ärzte<br />

210


den zu gewährleisten. Hierfür ist Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie Übung<br />

essenziell [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7]. Wie unsere Analysen der beruflichen Ausbildung zu<br />

den katastrophenmedizinischen Kenntnissen der Ärzte im ÖGD aber aufzeigten,<br />

werden katastrophen-spezifische Themen weder im Studium der Humanmedizin<br />

noch in der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

(ÖGW) umfassend vermittelt (Abbildung 1). Es mangelt <strong>des</strong>halb gerade an diesem<br />

Wissen. So erscheint es als unabdingbar, derartige Defizite zu beheben und<br />

Pläne hierfür zu entwickeln.<br />

Die nach den Ereignissen <strong>des</strong> 11. September veränderte Sicherheitslage und die in<br />

der einschlägigen Literatur eindringlicher werdende Kritik an der un<strong>zur</strong>eichenden<br />

katastrophenmedizinischen Ausbildung <strong>des</strong> ärztlichen und nicht-ärztlichen Personals<br />

[8,9,10] sowie unsere eigenen Ergebnisse dieses Projekts zu Aus-, Weiter- und<br />

Fortbildungsmöglichkeiten für den Komplex Katastrophenmedizin zeigten den<br />

Bedarf nach verstärkter beruflicher Ausbildung sehr deutlich auf.<br />

Im Folgenden werden hierfür strukturierte Überlegungen dargestellt, die teils von<br />

uns entwickelt, teils aus der Literatur übernommen wurden, wo dies sinnvoll<br />

erschien.<br />

9.2 Externe Modelle<br />

Option 1: Studium der Humanmedizin<br />

Im deutschsprachigen Ausland (Österreich und Schweiz) wird für höhere Semester<br />

im Medizinstudium neben notfallmedizinischen Ausbildungsinhalten auch katastrophenmedizinisches<br />

Wissen vermittelt [11,12]. In den angelsächsischen Ländern<br />

stellt sich der Sachverhalt ebenso dar. In der BRD wird im aktuellen Gegenstandskatalog<br />

keine Unterrichtseinheit zum Themenkomplex Katastrophenmedizin<br />

angeboten und auch im Rahmen der Ausbildung in einzelnen speziellen Fächern<br />

sind nur in Ausnahmefällen Themen mit möglichen Bezugspunkten <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin<br />

zufinden [13,14]. Zwar werden an zwei deutschen Universitäten<br />

(Tübingen und Ulm) Vorlesungen zum Themenkomplex Katastrophenmedizin<br />

angeboten (siehe hierzu Vorlesungsverzeichnisse dieser Universitäten), die praktische<br />

Umsetzung und Integration der Thematik in die Curricula (Stundenzahl,<br />

Fakultative oder obligatorische Vorlesung) ist zum momentanen Zeitpunkt jedoch<br />

nicht geschehen. Es ist <strong>des</strong>halb sinnvoll und folgerichtig, auch in Deutschland eine<br />

katastrophenmedizinische Basisausbildung schon im Bereich der studentischen<br />

Ausbildung zu etablieren (siehe Addendum 1).<br />

Option 2: Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen<br />

Neben der vorgeschlagenen Schaffung eines katastrophenmedizinischen Basiswissens<br />

im Rahmen der studentischen Ausbildung ist es natürlich unabdingbar, dass<br />

die spezifisch von den Ärzten im ÖGD im Katastrophenfall geforderten Kenntnisse<br />

in der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche Gesundheits-<br />

211


wesen (ÖGW) eingehender vermittelt werden. Die Vermittlung dieses speziellen<br />

Wissens nimmt, unseren <strong>Untersuchung</strong>en zufolge, bisher nur einen marginalen Teil<br />

der theoretischen Facharztweiterbildung ein, und im Rahmen der praktischen Ausbildung<br />

werden keinerlei spezifische Kenntnisse vermittelt. Der entstehende Handlungsbedarf<br />

ist offensichtlich.<br />

Option 3: Fakultative Fortbildungen<br />

Die Quantität und Qualität spezifischer katastrophenmedizinischer Fortbildungen<br />

für die Ärzte im ÖGD wurde in unserer <strong>Untersuchung</strong> durch die Ärzte selbst nicht<br />

einheitlich beurteilt (Kapitel Evaluation der unteren Gesundheitsbehörden): 66%<br />

der Befragten halten katastrophenmedizinische Fortbildungen für unabdingbar<br />

und sehen auch einen konkreten Informationsbedarf (Abbildung 2), aber<br />

gleichzeitig geben 40% der Befragten an, noch nie eine katastrophenmedizinische<br />

Fortbildung besucht zu haben. Für diese Ambivalenz der Aussagen zwischen<br />

Anspruch und Effektivität konnte letztendlich keine Erklärung gefunden werden.<br />

Abb. 2 Gewünschte Inhalte katastrophenmedizinischer Fortbildung durch die Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst (ÖGD); C-Fall = Ereignis mit Freisetzung von chemischen<br />

(Gefahren-)Stoffen, A-Fall = Ereignis mit Freisetzung von radioaktiven Stoffen, B-Fall =<br />

Ereignis mit Freisetzung von biologischen (Kampf-)Stoffen<br />

212


Option 4: Eigenständiger Informationsgewinn<br />

Nach den Ereignissen <strong>des</strong> 11. September 2001 hat die Rolle <strong>des</strong> Internets als jederzeit<br />

und einfach zugängliche Informationsquelle [15, 16, 17, 18, 19] unter den Ärzten<br />

im ÖGD eine deutliche Aufwertung erfahren. Dies konnten wir in der Umfrage<br />

vom Februar 2002 aufzeigen: die Anzahl der Ärzte im ÖGD, die das Internet<br />

als Informationsquelle für spezifisch katastrophenmedizinisches Wissen nutzen,<br />

stieg von 38% auf 66%. Des weiteren bestehen Überlegungen, eine Vielzahl von<br />

spezifisch katastrophenmedizinischen Sachverhalten in einer Art Datenbank im<br />

Internet den interessierten Ärzten im ÖGD als Hilfsmittel zugänglich zu machen.<br />

Diese Datenbank sollte weiterführende Informationen zusätzlich <strong>zur</strong> neu geschaffenen<br />

öffentlich zugänglichen Datenbank deNIS enthalten.<br />

Kommentar:<br />

Alle diese Überlegungen sind momentan jedoch lediglich Gegenstand der Diskussion,<br />

die praktische Umsetzung, z.B. im Rahmen eines Forschungsvorhabens, wird<br />

von einer entsprechenden finanziellen und berufspolitischen Förderung abhängen.<br />

9.3 Verbesserung der katastrophenmedizinischen Ausbildung<br />

der Studenten im Rahmen <strong>des</strong> Studiums der<br />

Humanmedizin<br />

Vorschlag „Ulmer“ Modell<br />

Curriculum: Katastrophenmedizinische Basisausbildung im Studium<br />

Grundsätzlich sind zwei verschiedene Möglichkeiten der <strong>Einbindung</strong> katastrophenmedizinischer<br />

Lehrinhalte in die studentische Ausbildung realisierbar. Zum<br />

einen könnten katastrophenmedizinische Lehrangebote in die vorhandenen Curricula<br />

zum Themenbereich Notfallmedizin integriert werden, zum anderen eine<br />

eigenständige Vorlesung „Katastrophenmedizin“ in das Studium aufgenommen<br />

werden. Die erste Lösungsmöglichkeit wäre relativ schnell und inneruniversitär zu<br />

verwirklichen, während die zweite – zumal mit der Intention <strong>zur</strong> Überprüfung <strong>des</strong><br />

erworbenen Wissens verbunden – der Novellierung der Approbationsordnung<br />

bedarf (siehe hierzu Addendum 1).<br />

<strong>Einbindung</strong> von katastrophenmedizinischem Wissen in die Notfallmedizin<br />

Ausgehend von diesen Vorgaben erscheint unseres Erachtens die Schaffung eines<br />

Grundlagenwissens <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung im Rahmen der Vorlesung<br />

Notfallmedizin als erster Schritt sinnvoll und schnell umsetzbar. Essentiell ist die<br />

Vermittlung folgender Basiskenntnisse:<br />

213


Lehrinhalt Ziel<br />

Definitionen Massenanfall<br />

Großschadensereignis<br />

Katastrophenalarm<br />

Katastrophe<br />

Arten von Katastrophen<br />

Beispiele<br />

Organisation Schnelle Einsatzgruppe<br />

Leitender Notarzt<br />

Organisatorischer Leiter<br />

Technische Einsatzleitung<br />

Aufgabe einer Leitstelle<br />

Katastrophenschutzstab<br />

Aufgaben Polizei, Bun<strong>des</strong>wehr,<br />

etc.<br />

Medizinische<br />

Versorgung im<br />

Katastrophenfall<br />

Ethische und<br />

juristische Aspekte<br />

Psychologische<br />

Aspekte von<br />

Katastrophen<br />

Sichtung (Sichtungsgruppen,<br />

Sichtungskriterien)<br />

Behandlungsplatz,<br />

Patientenablage<br />

Sichtungszelt<br />

Dokumentation<br />

Verlassen der<br />

Individualmedizin<br />

RettDG, KatSG<br />

Post-Traumatic-Stress-<br />

Disorder<br />

Zeitaufwand,<br />

nach Relevanz<br />

1 Stunde<br />

1 Stunde<br />

3 Stunden<br />

1 Stunde<br />

1 Stunde<br />

Tabelle 1 Curriculum <strong>zur</strong> Integration von kat.-med. Grundlagenwissen in die Notfallmedizin<br />

Mit einem zeitlichen Umfang von 7 Stunden, die sich in die Hauptvorlesung Notfallmedizin<br />

integrieren lassen und einer nicht zu spezifischen Thematik ist von<br />

einer sicher großen Akzeptanz seitens der Studenten auszugehen und eine katastrophenmedizinische<br />

Minimalausbildung aller Ärzte sicherzustellen.<br />

Dieses Grundwissen kann natürlich nicht alleinig <strong>zur</strong> medizinisch-organisatorischen<br />

Katastrophenbewältigung ausreichen, sondern muss gerade im Hinblick auf<br />

die extrem vielfältigen Aufgaben der Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall für diesen<br />

Personenkreis im Rahmen der Facharztweiterbildung thematisch vertieft und<br />

erweitert werden.<br />

214


Eigenständige Vorlesung Katastrophenmedizin<br />

Zwar basiert die Katastrophenmedizin auf der Notfallmedizin, jedoch fordern<br />

Europäische Fachgremien, dass jede Nation min<strong>des</strong>tens einen Lehrstuhl für Katastrophenmedizin<br />

vorhalten solle. Dies ist in Deutschland im Gegensatz zu den meisten<br />

europäischen Partnern nicht umgesetzt. Als Alternative <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> in die<br />

Notfallmedizin und langfristig als das sicher effektivere Vorgehen zu bewerten,<br />

wäre es, die Schaffung einer eigenständigen Vorlesung „Katastrophenmedizin“<br />

vorzusehen. An anderer Stelle konzipiert und entsprechend publiziert [20] wurde<br />

ein Entwurf zu einem Curriculum „Katastrophenmedizin“ im Rahmen der humanmedizinischen<br />

Ausbildung. Da sowohl Ziele als auch Inhalte von der Deutschen<br />

Gesellschaft für Katastrophenmedizin (DGKM) e.V. auf ihrer Jahrestagung am<br />

29.10.1999 in Berlin für empfehlenswert befunden wurden, soll dieses Curriculum<br />

in unveränderter Form hier übernommen werden:<br />

Tabelle 2 Curriculum <strong>zur</strong> Ausbildung im Themengebiet Katastrophenmedizin (Entwicklung:<br />

Prof. Dr. B. Domres et al; Universität Tübingen; [20])<br />

1. Lernabschnitte 2. Groblernziele 3. Einzelthemen<br />

Lernabschnitt 1:<br />

Terminologie<br />

Lernabschnitt 2:<br />

Rechtsgrundlagen im<br />

nationalen Bereich<br />

Die Studentin/der Student<br />

soll wesentliche Begriffsinhalte<br />

der medizinischen<br />

Katastrophenhilfe kennen<br />

… soll wesentliche<br />

Rechtsgrundlagen <strong>des</strong><br />

Zivil- und Katastrophenschutzes<br />

sowie der täglichen<br />

Gefahrenabwehr in<br />

der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland im Rahmen<br />

der Zuständigkeit von<br />

Bund Ländern kennen<br />

Definitionen:<br />

Unglück<br />

Großschadensereignis<br />

Katastrophe<br />

Glossar der wichtigsten<br />

Begriffe der Katastrophenmedizin:<br />

Stadien und Phasen der<br />

Katastrophenhilfe Prävention,<br />

Preparedness, Alarm,<br />

Assessment Schadensbewältigung<br />

Search and<br />

Rescue, Relief, Rehabilitation,<br />

Rekonstruktion<br />

Risikomanagement, Entwicklungshilfe<br />

Grundgesetz,<br />

Charta der Vereinten<br />

Nationen,<br />

Gesetz über die Neuordnung<br />

<strong>des</strong> Zivilschutzes,<br />

Katastrophenschutzgesetze,<br />

Brandschutz- und Rettungsdienstgesetze<br />

Aufgaben: <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>,<br />

der Länder, der Gemeinden,<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr, <strong>des</strong><br />

215


Lernabschnitt 3:<br />

Organisation der Katastrophenhilfe<br />

im internationalen<br />

Bereich<br />

Lernabschnitt 4:<br />

Typologie<br />

Lernabschnitt 5:<br />

Spezielle Katastrophenmedizin<br />

Lernabschnitt 6:<br />

Einsatz- und Führungslehre<br />

216<br />

1. Lernabschnitte 2. Groblernziele 3. Einzelthemen<br />

... soll die Strukturen der<br />

organisierten Katastrophenhilfe<br />

im internationalen<br />

Bereich kennen<br />

... soll Arten von Katastrophen<br />

kennen und<br />

unterschieden können<br />

... soll die Grundlagen der<br />

Katastrophenmedizin<br />

kennen und anwenden<br />

können<br />

... soll grundlegende<br />

Aspekte der Aufbau- und<br />

Ablauforganisation bei<br />

der Bewältigung eines<br />

Massenanfalles von Verletzten<br />

und Erkrankten<br />

kennen<br />

Technischen Hilfswerkes,<br />

der Hilfsorganisationen,<br />

der Feuerwehren, <strong>des</strong> Rettungsdienstes,<br />

NGOs<br />

Vereinte Nationen: DHA<br />

(INSARAG, UNDAC,<br />

OSOCC)<br />

UNHCR<br />

WHO<br />

Internationales Komitee<br />

<strong>des</strong> Roten Kreuzes<br />

Föderation der Rot Kreuzgesellschaften<br />

NATO (PFP), EU (ECHO)<br />

Naturkatastrophen<br />

Technische Katastrophen<br />

Komplexe Katastrophen<br />

Terrorismus<br />

Bürgerunruhen<br />

Krieg<br />

Sichtung<br />

Kompartment- und Crush-<br />

Syndrom<br />

Behandlung von Brandverletzten<br />

Behandlung von Minenopfern<br />

Behandlung von Hochgeschwindigkeitsgeschossopfern<br />

Polytraumamanagement<br />

Toxikologische Aspekte<br />

Medizinische Versorgung<br />

bei ABC-Lagen: Dekontamination,<br />

Hygiene, Wasseraufbereitung,Quarantäne,<br />

Impfaktion<br />

Angepasste Technologien<br />

Tropenmedizinische<br />

Aspekte<br />

Einrichten eines Behandlungsplatzes<br />

Aufgaben der Schnell-Einsatz-Gruppen<br />

Katastrophenalarm für das<br />

Krankenhaus<br />

Leitender Notarzt, Organi-


1. Lernabschnitte 2. Groblernziele 3. Einzelthemen<br />

Lernabschnitt 7:<br />

Einsatzerfahrungen<br />

Lernabschnitt 8:<br />

Qualitätsmanagement<br />

Lernabschnitt 9:<br />

Ethik<br />

Lernabschnitt 10:<br />

Praxistraining<br />

... soll anhand konkreter<br />

Einsatzerfahrungen die<br />

Möglichkeiten der<br />

Umsetzbarkeit der medizinischenKatastrophenhilfe<br />

beurteilen können<br />

... soll die Grundlagen <strong>des</strong><br />

Qualitätsmanagements der<br />

Katastrophenhilfe kennen<br />

... soll die Grundsätze<br />

ethischen Handelns in der<br />

Katastrophenmedizin kennen<br />

und bereit sein, diese<br />

wahrzunehmen<br />

… soll seine Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten unter<br />

praxisrelevanten Bedingungen<br />

anwenden können<br />

satorischer Leiter<br />

Kommunikation, Koordination,<br />

Kooperation<br />

Umgang mit Medien<br />

Erdbeben: Algerien, Armenien,<br />

Iran<br />

Cholera und andere Seuchen<br />

in Ruanda und Zaire<br />

Entwicklungshilfe in Saudi<br />

Arabien<br />

Tropenchirurgie<br />

Repatriierungsflüge<br />

Kriegseinsätze in: Afghanistan,<br />

Kambodscha, Libanon,<br />

Jugoslawien<br />

Qualitätsmanagement in<br />

der Katastrophenmedizin<br />

Genfer Konvention und<br />

Zusatzprotokolle<br />

Ethical code of conduct<br />

Katastrophentraining:<br />

z.B. Simulationsübung<br />

eines Flugzeugabsturzes<br />

Kommentar:<br />

Der vorliegende Entwurf für eine mögliche katastrophenmedizinische Ausbildung<br />

der Studenten der Humanmedizin enthält die Grundlagen rechtlicher, medizinischer<br />

und organisatorischer Belange, die bei der Katastrophenbewältigung essenziell<br />

sind.<br />

Berührungspunkte zum Thema ÖGD und Katastrophenmedizin ergeben sich lediglich<br />

im Lernabschnitt 5 (medizinische Versorgung in ABC-Fällen). Dies erscheint<br />

für den Rahmen der studentischen Ausbildung mit dem Ziel der Vermittlung von<br />

Grundlagen der Katastrophenmedizin jedoch ausreichend, da, der Ansicht der<br />

Autoren nach, die spezifischen Aufgaben <strong>des</strong> ÖGD in der Katastrophenbewältigung<br />

für einen Großteil der Studenten von äußerst geringem Interesse sein dürfte<br />

und den Zuspruch zu einer solchen Unterrichtseinheit eventuell mindern könnte.<br />

Die Einbringung <strong>des</strong> vorliegenden Curriculums in die studentische Ausbildung<br />

erscheint im Bezug auf Auswahl und Gewichtung der Themen als sinnvoll.<br />

217


Die eingehende Vermittlung von speziell auf das Aufgabenprofil <strong>des</strong> ÖGD zugeschnittenen<br />

katastrophenmedizinisch relevanten Wissens würde über das Maß <strong>des</strong><br />

Studiums hinausgehen und ist daher in den Facharztweiterbildungen oder fakultative<br />

Fortbildungen zu integrieren.<br />

9.4 Verbesserung der katastrophenmedizinischen Berufsausbildung<br />

im Rahmen der Weiterbildung zum Facharzt für<br />

das Öffentliche Gesundheitswesen<br />

Curriculum: Verbesserte katastrophenmedizinische Weiterbildung der Ärzte<br />

innerhalb der Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen (ÖGW)<br />

Wie schon dargelegt, sind die wesentlichen Inhalte zum Erwerb katastrophenmedizinischer<br />

Kenntnisse in die Weiterbildung zum Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen zu integrieren. Anhand der hierzu in der Literatur publizierten<br />

Vorschläge, anhand von Diskussionen mit Ärzten im ÖGD sowie als Folgerungen<br />

aus unserer <strong>Untersuchung</strong> wurde der vorliegende Entwurf <strong>zur</strong> Integration katastrophenmedizinischer<br />

Weiterbildungsinhalte zusammengestellt:<br />

Tabelle 3 Curriculum <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin im Rahmen der Facharztweiterbildung<br />

Lehrinhalt Ziel zeitl. Umfang<br />

n. Relevanz<br />

Definitionen und<br />

Typologie<br />

Zusammensetzung und<br />

Aufgaben eines Katastrophenschutzstabes<br />

Rechtsgrundlagen<br />

218<br />

Kenntnis der Definition <strong>des</strong> Begriffes<br />

Katastrophe<br />

Kenntnis von Katastrophenarten<br />

Kenntnis der Phasen einer Katastrophenbewältigung<br />

Beispiele von Katastrophen (Gegenüberstellung<br />

zu Massenanfall und Großschadensereignis)<br />

Einflussgrößen bei der Katastrophenausbreitung<br />

(Wetter, Topographie, Bevölkerungsdichte,<br />

...)<br />

Allgemeine Gesetze <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

auf Länder-, Bun<strong>des</strong>- und internationaler<br />

Ebene<br />

KatS-Gesetze der Länder<br />

Gesetze, die den ÖGD betreffen<br />

Rettungsdienstgesetz<br />

Krankenhausgesetz<br />

4 Stunden<br />

2 Stunden<br />

8 Stunden


Lehrinhalt Ziel zeitl. Umfang<br />

n. Relevanz<br />

Rettungsdienst, Feuerwehr,<br />

THW, SEG,<br />

Bun<strong>des</strong>wehr, LNA und<br />

OrgL, Bun<strong>des</strong>grenzschutz<br />

Internationale Katastrophenhilfe<br />

und NGOs<br />

Grundlagen der Erstversorgung<br />

von Traumapatienten<br />

oder Katastrophenopfern<br />

Katastrophenbewältigung<br />

bei einem Ereignis<br />

mit Freisetzung von<br />

radioaktiven Stoffen<br />

(A-Fall)<br />

Katastrophenbewältigung<br />

bei einem Ereignis<br />

mit Freisetzung von<br />

chemischen (Gefahren-)<br />

Stoffen<br />

(C-Fall)<br />

Besondere Betonung der Aufgaben <strong>des</strong><br />

ÖGD in der Katastrophenabwehr<br />

Kenntnisse über Struktur und Möglichkeiten<br />

der anderen Organisationen<br />

Kenntnisse von Rettungsmitteln<br />

Struktur einer Rettungsleitstelle<br />

Vereinte Nationen: DHA (INSARAG,<br />

UNDAC, OSOCC), UNHCR, WHO<br />

Internationales Komitee <strong>des</strong> Roten Kreuzes,<br />

NATO (PFP), EU (ECHO)<br />

Polytrauma<br />

Verbrennung, Inhalationstrauma<br />

Verätzung<br />

Strahlenschäden<br />

Minenverletzungen<br />

Geschossverletzungen<br />

Intoxikationen<br />

Infektionskrankheiten<br />

Sichtung<br />

Sichtungs- und Behandlungsplatz mit<br />

praktischer Sichtungsübung<br />

Physikalische Grundlagen<br />

Symptome von Strahlenschäden<br />

Therapie von Strahlenschäden<br />

Organisatorische Katastrophenbewältigung<br />

Dekontamination<br />

Alarmierungskette<br />

Ausbreitungsmodelle<br />

Evakuierungsmaßnahmen<br />

Kenntnisse über externe Hilfsmöglichkeiten<br />

Physikalische Grundlagen<br />

Symptome von chemischen Schäden<br />

Therapie von chemischen Schäden<br />

Dekontamination<br />

Organisatorische Katastrophenbewältigung<br />

Alarmierungskette<br />

Ausbreitungsmodelle<br />

Evakuierungsmaßnahmen<br />

Kenntnisse über externe Hilfsmöglichkeiten<br />

4 Stunden<br />

3 Stunden<br />

6 Stunden<br />

15 Stunden<br />

15 Stunden<br />

219


Lehrinhalt Ziel zeitl. Umfang<br />

n. Relevanz<br />

Grundlagen der Topographie<br />

und der Meteorologie<br />

Fallbeispiele<br />

Grundlagen der Katastrophenprävention,<br />

der<br />

Erstellung von Alarmplänen<br />

und deren<br />

Erprobung<br />

Grundlagen der Einsatztaktik<br />

und <strong>des</strong> strategischen<br />

Vorgehens,<br />

Übernahme von Führungsaufgaben<br />

Bevorratung<br />

Erstellung von<br />

Übungsszenarien<br />

Aktuelle BedrohungsszenarienKatastrophenkommunikation<br />

Schwerpunkt Seuchenprävention<br />

und Seuchenbekämpfung<br />

Sicherstellung der<br />

Trinkwasserversorgung<br />

Sicherstellung der<br />

Ernährung<br />

Anlaufstellen für Spezialwissen<br />

220<br />

Erkennen von möglichen Ausbreitungswegen<br />

und besonderen Gefahrensituationen<br />

z.B. Tschernobyl, Eschede, New York,<br />

Bophal etc.<br />

Erkennen von Gefahrenpotenzialen<br />

Krankenhausalarmplanung<br />

Alarmpläne in der eigenen Behörde<br />

Betonung einer umfassenden Beschäftigung<br />

mit dem eigenen Landkreis/Stadt<br />

im Hinblick auf Gefahrenpotenziale<br />

Übernahme der Gesamtverantwortung,<br />

Verteilung von Einzelverantwortung auf<br />

die verschiedenen Beteiligten<br />

Sanitätsmaterial<br />

Antidot-Depots<br />

Hilfskrankenhäuser<br />

Erkenntnis, dass die Planung einer KatS-<br />

Übung eine interdisziplinäre Herausforderung<br />

ist, die im Team aus Spezialisten<br />

erfolgen muss<br />

Beurteilung der lokalen, nationalen und<br />

internationalen Bedrohungslage<br />

Wie und womit wird kommuniziert<br />

Informationsfluss<br />

Ursachen<br />

Verteilungswege<br />

Quarantäne<br />

Impfung<br />

Symptome der wichtigsten Krankheiten<br />

Diagnostik<br />

Sonderfall: Bioterrorismus<br />

Notbrunnen<br />

Gesetzliche Grundlagen<br />

Gesetzliche Grundlagen und<br />

Management<br />

Robert-Koch-Institut<br />

Meditox<br />

TUIS<br />

2 Stunden<br />

3 Stunden<br />

8 Stunden<br />

6 Stunden<br />

3 Stunden<br />

2 Stunden<br />

4 Stunden<br />

20 Stunden<br />

3 Stunden<br />

2 Stunden<br />

4 Stunden


Lehrinhalt Ziel zeitl. Umfang<br />

n. Relevanz<br />

Informationsübermittlung<br />

an Presse, Öffentlichkeit,<br />

übergeordnete<br />

Behören<br />

Psychologie und<br />

Soziologie<br />

Anleitung zum selbstständigenInformationsgewinn<br />

Erarbeitung eines <strong>zur</strong><br />

medizinisch-organisatorischenKatastrophenbewältigunggehörenden<br />

Themas im Sinne<br />

einer Hausarbeit<br />

Kerntechnische Hilfsdienste GmbH<br />

Strahlenschutzzentren<br />

Giftinformationszentralen<br />

Kenntnis der Meldewege,<br />

rhetorisches Training<br />

Kat.-med. Begriffe<br />

Erarbeitung einer Pressemitteilung<br />

Einrichtung einer Bürger-Hotline<br />

Besonderheiten menschlichen Verhaltens<br />

unter Extrembedingungen<br />

Vorstellung der Kurse der AKNZ<br />

Information im Internet<br />

empfehlenswert<br />

4 Stunden<br />

3 Stunden<br />

2 Stunden<br />

selbständig<br />

= 120 Stunden<br />

Kommentar:<br />

Im vorgestellten Curriculum, das sich über 120 Stunden erstreckt und somit den<br />

Raum von drei Wochen intensiver katastrophenmedizinischer Basisausbildung<br />

abdeckt, sind zum einen die Anforderungen aus der Literatur an die Ärzte im ÖGD<br />

im Katastrophenfall enthalten (siehe: Kapitel berufliche Ausbildungen). Zum<br />

anderen werden aber auch die schwerpunktmäßig von den Ärzten im ÖGD geforderten<br />

Weiterbildungsinhalte (siehe Abbildung 2) abgedeckt. Für die Integration<br />

dieses Themenkomplexes würde sich der sechsmonatige Kurs für das öffentliche<br />

Gesundheitswesen an den verschiedenen Akademien anbieten, der sich dann um<br />

ca. drei Wochen verlängern würde.<br />

Die Etablierung dieses Schrittes im Rahmen der Facharztweiterbildung setzt<br />

natürlich eine Novellierung der Weiterbildungsrichtlinie (Musterrichtlinie der<br />

Bun<strong>des</strong>ärztekammer aus dem Jahre 2000) voraus. Als Dozenten eines solchen Kurses<br />

wären in besonderem Maße Personen mit einschlägiger Vorerfahrung auf dem<br />

Gebiet der Notfall- und Katastrophenmedizin, der Verwaltung, der Rechtssprechung<br />

und der genannten Organisationen (z.B. RKI, AKNZ, THW, Feuerwehr),<br />

aber auch Angehörige der entsprechenden Ministerien, der Schutzkommission <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>ministeriums <strong>des</strong> Innern oder der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin<br />

vorzusehen.<br />

Da die Forderung nach Ausweitung bestehender zeitlich limitierter Kurse erhebliche<br />

finanzielle und organisatorische Bedenken hervorrufen könnte, wären die<br />

vorgeschlagenen Weiterbildungsinhalte auch als Teile zum Erwerb einer Zusatzbezeichnung<br />

„Katastrophenmedizin“ diskutierbar.<br />

221


9.5 Erweiterte Angebote<br />

9.5.1 Angebote: Fakultative katastrophenmedizinische Fortbildung für die<br />

Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Die Akademie für Krisenmangament, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler<br />

(AKNZ, Ramersbacherstr. 95, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler) bietet ein<br />

sehr umfassen<strong>des</strong> Fortbildungsangebot zu vielen Aspekten der Katastrophenbewältigung<br />

an. Im Rahmen einer fakultativen, weitergehende Fortbildung für Ärzte<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst wäre die Absolvierung einer zu definierenden<br />

Zahl dieser Kurse zu empfehlen oder im Rahmen der Schaffung einer Zusatzbezeichnung<br />

„Katastrophenmedizin“ verbindlich vorzusehen.<br />

Aus dem aktuellen Jahresprogramm (Stand März 2002) würden sich folgende<br />

Kurse/Seminare anbieten [21]:<br />

• Schutz der Gesundheit<br />

Dauer: 3 Tage<br />

Ausgewählte Themen:<br />

Konzepte <strong>des</strong> Zivilschutzes<br />

Krisenmanagement im Gesundheitswesen<br />

Vorsorgeplanungen<br />

• Führung und Leitung auf administrativ-organisatorischer Ebene 1–3<br />

Dauer: 5 Tage<br />

Ausgewählte Themen:<br />

Zivilschutz<br />

<strong>Einbindung</strong> anderer Stellen<br />

Planungen<br />

Information der Öffentlichkeit<br />

• Berater für Sanitäts-/Gesundheitswesen in Führungsgremien<br />

Dauer: 4 Tage<br />

Ausgewählte Themen:<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Entscheidungsfindung<br />

Organisatorische Vorkehrungen<br />

• Ärzte im Zivil- und Katastrophenschutz – Katastrophenmedizin<br />

Dauer: 5 Tage<br />

Ausgewählte Themen:<br />

Rechtliche Grundlagen<br />

Führungsorganisation<br />

222


Zusammenarbeit mit anderen Stellen<br />

Einsatztaktik<br />

Sichtung<br />

Seuchen und Seuchenbekämpfung<br />

Krankenhausalarmplanung<br />

Umsetzung der Kenntnisse in einer Übung<br />

Die bis jetzt angebotenen Kurse/Seminare sollten jedoch unserer Ansicht nach<br />

noch um die folgenden Themengebiete ausgeweitet bzw. ergänzt werden:<br />

Allgemeine Katastrophenprävention und -bewältigung:<br />

• Schutz bei natürlicher und terroristischen Bedrohung<br />

• Sicherstellung der medizinischen Infrastruktur im Katastrophenfall<br />

• Sicherstellung von Wasser-, Luft- und Lebensmittelressourcen im Katastrophenfall<br />

• Sicherstellung hygienischer Grundbedürfnisse im Katastrophenfall<br />

• Massenflucht und Evakuierung<br />

• Informationslehre und psychologische Führung<br />

• Psychologische und psychosoziale Betreuung von Patienten und Helfern<br />

• Transnationale Katastrophenplanung und -bewältigung<br />

Spezifische Katastrophenprävention und -bewältigung:<br />

• Katastrophenmanagement bei der Freisetzung von radioaktivem Material<br />

• Katastrophenmanagement bei der Freisetzung ziviler chemischer Schadstoffe<br />

• Katastrophenmanagement bei der Freisetzung chemischer Kampfstoffe<br />

• Management beim Auftreten hochkontagiöser Erkrankungen<br />

• Katastrophenmanagement bei der Freisetzung biologischer Kampfstoffe<br />

Öffentlicher Gesundheitsdienst – systemimmanente<br />

Katastrophenprävention:<br />

• Informationsbeschaffung und -verwaltung<br />

• Gesetzeslage, vertikale und horizontale Kompetenzstrukturen im Präventions-<br />

und Bewältigungsfall<br />

• Planung und Auswertung spezifischer Übungsszenarien<br />

• Zivil-militärische Zusammenarbeit in Friedens- und im Verteidigungsfall<br />

223


Kommentar:<br />

Die Akademie für Krisenmamagement, Notfallplanung und Zivilschutz in Ahrweiler<br />

ist nach eigenen Angaben (außer in den aufgezeigten Punkten) bemüht, in noch<br />

größerem Umfang Wissen <strong>zur</strong> medizinisch-organisatorischen Katastrophenbewältigung,<br />

das auf das Aufgabenprofil der Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall zugeschnitten<br />

ist, zu vermitteln. Ihren Angaben zufolge will die AKNZ als Reaktion auf<br />

die Ereignisse <strong>des</strong> 11. September das Lehrangebot für Ärzte im ÖGD deutlich<br />

erweitern und weitere Lehrkräfte hinzugewinnen. Wünschenswert wäre es, die<br />

Absolvierung der Seminare und Kurse im Sinne der fakultativen Weitbildung als<br />

sogenannte zertifizierte Fortbildungen auch von den Ärztekammern anerkennen<br />

zu lassen. Erwähnt sei hier nochmals, dass auch die mit katastrophenmedizinischen<br />

Sachverhalten befassten Ärzte im ÖGD selbst eine umfassendere berufliche<br />

Ausbildung für den Katastrophenfall wünschen und auch bereit sind, eine solche<br />

zu absolvieren.<br />

9.5.2 Angebote: Fakultative Fortbildung/Spezialisierung zum Master in<br />

Disaster Medicine<br />

Übergeordnete Zielsetzung dieses neu-entwickelten Aufbaustudienganges ist die<br />

Darstellung aktueller Konzepte and Entwicklungen der medizinisch-organisatorischen<br />

Katastrophenbewältigung. Der kostenpflichtige (aktuell: 3000 Euro) einjährige<br />

Aufbaustudiengang richtet sich an Personen, die sich schon eingehend (Universitäten,<br />

Instituten, Kliniken) mit katastrophenmedizinischen Sachverhalten<br />

befasst haben. Vermittelt werden soll das Management von (inter)nationalen Katastrophen<br />

in all ihren Aspekten [1, 2, 22, 23]. Die Teilnahme steht internationalen<br />

Interessenten offen, die Unterrichtssprache ist englisch. Aus organisatorischen<br />

Gründen liegt das Teilnehmerlimit bei 30 Personen pro Jahr. Die Ziele <strong>des</strong> Studiums<br />

sind Vermittlung von umfassenden Kenntnissen auf den Gebieten der Risikobewertung,<br />

vorbereitenden Abwehr, medizinischen Katastrophenbewältigung,<br />

Nachbearbeitung sowie Fortbildung/Training. Nach Abschluss <strong>des</strong> Studiums sollen<br />

die Teilnehmer eingehende Kenntnisse zu allen Aspekten der Katastrophenbewältigung<br />

(Evaluation, Planung, Organisation, Leitung, Fortbildung) aufweisen<br />

können.<br />

Bezüglich der Organisationsform werden die Kurse mit mehreren verschiedenen<br />

Unterrichtsmethoden dargeboten: neben Eigenstudien via Internet (häufigste<br />

Unterrichtsform: Vermittlung von Wissen im Selbststudium, interaktive Diskussionen<br />

und Prüfungen) gibt es eine dreiwöchige Präsenzveranstaltung in San Marino,<br />

Italien, mit Vorlesungen, Diskussion, praktischen und simulierten Übungen<br />

und Prüfungen. Darüber hinaus hat jeder Teilnehmer ein themenbezogenes Forschungsprojekt<br />

zu bearbeiten und zu verteidigen. Der erfolgreiche Abschluss <strong>des</strong><br />

Studienganges (mündliche und schriftliche Prüfungen sowie der Abschluss <strong>des</strong><br />

Forschungsprojektes) wird schriftlich mit dem „Master in Disaster Medicine“ zertifiziert.<br />

Die Durchführung <strong>des</strong> Studiums wird von mehreren internationalen Einrichtungen,<br />

die sich mit katastrophenmedizinischen Sachverhalten befassen (z.B.<br />

European Academy of Disaster Medicine (EURADIM), European Center for Disa-<br />

224


ster Medicine (CEMEC), European Society for Emergency Medicine (EuSEM)<br />

etc.), nachhaltig gefördert.<br />

Kommentar:<br />

Ergebnisse dieses für das akademische Jahr 2000/2001 erstmals geplanten Aufbaustudiums<br />

liegen bisher nicht vor. Aus den genannten Zielen lässt sich jedoch<br />

schließen, dass sehr umfassende und weitreichende Kenntnisse, die <strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung<br />

notwendig sind, vermittelt werden. Der zeitliche Rahmen, die<br />

Kosten und das sehr enge Teilnehmerlimit lassen diesen Kurs natürlich nicht als<br />

fakultative Ergänzung <strong>des</strong> katastrophenmedizinischen Wissens für jeden Arzt im<br />

ÖGD in Frage kommen. Des weiteren zielt bereits die Ausschreibung <strong>zur</strong> Teilnahme<br />

eher auf Personen, die sich wissenschaftlich mit den Fragen der Katastrophenabwehr<br />

und deren vorbereitender Planung befassen. Überlegenswert wäre, ob eine<br />

gewisse Anzahl an Lehrkräften, die die Weiterbildung der Ärzte zum Facharzt für<br />

das ÖGW durchführen (zum Beispiel Lehrkräfte an den Akademien für öffentliches<br />

Gesundheitswesen oder dem Lehrpersonal der AKNZ), dieses Aufbaustudium<br />

absolvieren sollten, um dann aus dem erworbenen Wissen das für Ärzte im ÖGD<br />

Relevante weitervermitteln zu können. Ungeklärt ist momentan auch die Art der<br />

Anerkennung dieses Studiums bei nationalen (Ärztekammer, Berufsverbände,<br />

Fachgesellschaften) und internationalen Stellen.<br />

Addendum 1<br />

Die Aufnahme von Notall- und Katastrophenmedizin in den Bereich der studentischen<br />

Ausbildung ist durch die Aufnahme in den Prüfungsstoff für den zweiten<br />

Abschnitt der ärztlichen Prüfung in die ärztliche Approbationsordnung vom 27.<br />

Juni 2002 erfolgt (BGBl. I S. 2405). Da jedoch noch keine weiteren Ausführungen<br />

im Sinne eines Gegenstandskataloges vorliegen und damit eine Beurteilung<br />

nicht möglich ist, ergeben sich hinsichtlich der in diesem Kapitel getroffenen Aussagen<br />

keine Änderungen.<br />

Addendum 2<br />

Im September 2002 wurden die Programme, Seminarpläne und Nachträge zu den<br />

Programmen von 2002 der AKNZ (nach neuer Namensgebung: Akademie für Krisenmanagement,<br />

Notfallplanung und Zivilschutz) in Ahrweiler unter den Aspekten<br />

der verbesserten <strong>Einbindung</strong> der Gesundheitsbehörden in die zivile Katastrophenabwehr<br />

erneut gesichtet. An der bisherigen Beurteilung ergaben sich hierdurch<br />

keine Änderungen<br />

225


Literatur<br />

[1] Delooz H, Della Corte F, Debacker M, Galassi G, Lipp M: European Master<br />

in Disaster Medicine: a pilot project implemented in the framework of European<br />

inter-university cooperation at the European Center for Disaster medicine<br />

(CEMEC) in San Marino. Prehosp Disaster Med 2000 (3): 39<br />

[2] Homepage der CEMEC: www.diesis.com/cemec<br />

[3] Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz:<br />

Katastrophen in Deutschland – sind wir ausreichend gesichert. Presseinformation<br />

vom 20. September 2001. Köln.<br />

Internetadresse: www.katastrophenvorsorge.de.<br />

[4] Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern: Mögliche Gefahren für<br />

die Bevölkerung bei Großkatastrophen und im Verteidigungsfall („Gefahrenbericht“).<br />

Oktober 1996<br />

[5] Domres B, Schauwecker HH, Rohrmann K, Roller G, Maier GW, Manger A:<br />

The German approach to emergency / disaster management. Med Arh 2000;<br />

54:201-203 (Abstract)<br />

[6] Tätigkeitsbericht der Bun<strong>des</strong>ärztekammer 1999: Katastrophenmedizin. S 248–<br />

251. Homepage: www.bun<strong>des</strong>aerztekammer.de<br />

[7] Obladen R: Rettungsdienst und Katastrophenschutz aus Public Health Perspektive<br />

– Ansatzpunkte für den ÖGD, aus der Reihe: Umwelt und Gesundheit<br />

Nr. 27, Mai 2001, Lan<strong>des</strong>institut für den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

NRW, Bielefeld/ Münster, S. 23–28<br />

[8] Bartels F: Katastrophenmedizin. Wir müssen uns schnell auf die neue Lage<br />

einstellen. Dtsch Ärzteblatt 2001; 43:C2208-C2210<br />

[9] Schuh H: Die Gefahr ist real, aber nicht total. Die Zeit 43/2001<br />

[10] Waeckerle JF, Lillibridge,SL, Burkle FM, Noji EK: Disaster medicine: challenges<br />

for today. Annals of emergency medicine 1994;23:715–718<br />

[11] Homepage <strong>des</strong> Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien:<br />

http://www.akh-wien.ac.at/notfall/unisch/Lehrver.htm<br />

[12] Homepage der Universität Zürich:<br />

http://www.med.unizh.ch/docu/ 01_02_StP16.rtf<br />

[13] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den ersten Teil der Ärztlichen Prüfung, 1991<br />

226


[14] Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP),<br />

Mainz: Gegenstandskatalog für den zweiten Teil der Ärztlichen Prüfung,<br />

zweiter Nachdruck 1999<br />

[15] www.metadir.de/suchen/analyse/infoquell<br />

[16] Homepage <strong>des</strong> Nachrichtensenders n-tv: n-tv-chat als Informationsquelle.<br />

www.n-tv.de<br />

[17] Frank, S: USA: Internet-Traffic stieg nach der Katastrophe stark an.<br />

www.de.internet.com/artikel<br />

[18] Apitz R: Wissenschaftliches Arbeiten im World Wide Web:, in: Apitz R, Guther<br />

A, Hoffmann G: HTML-Style Guide. Addison-Wesley-Verlag, Bonn, 1.<br />

Auflage, 1996, S. 1–287<br />

[19] Obst O: Eine praxisorientierte Einführung ins Internet mit Beispielen aus der<br />

Medizin. NfD 1995;46:219–230<br />

[20] Domres B, Schneider BM, Manger A (1999) Konzept eines Studienganges<br />

„Katastrophenmedizin“. In: Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin:<br />

(Hrsg) 10. Jahreskongress Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin.<br />

23.–24. Oktober in Berlin. Abstractband<br />

[21] Jahresprogramm 2002 der Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz<br />

[22] Homepage European Academy of Disaster Medicine: www.euradim.org<br />

[23] Internetseite zum Kurs <strong>des</strong> Master in Disaster Medicine:<br />

www.dismedmaster.de<br />

227


10. Konzepte <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz<br />

der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

<strong>zur</strong> Planung, Vorbereitung und Praxis der<br />

Katastrophenabwehr<br />

10.1 Hintergrund<br />

Vor dem Hintergrund der umfangreichen Anforderungen an den Arzt im ÖGD im<br />

Katastrophenfall zeigen unsere <strong>Untersuchung</strong>en Mängel bei der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD in die Planung, Vorbereitung und Praxis der Katastrophenbewältigung. Dafür<br />

sicherlich mitentscheidend ist die momentan nur un<strong>zur</strong>eichend vorhandene Sachkompetenz<br />

der Ärzte für katastrophenmedizinische Aufgaben:<br />

• In der studentischen Ausbildung und der Weiterbildung zum Facharzt für das<br />

Öffentliche Gesundheitswesen wird nur wenig theoretisches Wissen der Katastrophenmedizin<br />

vermittelt. Es erfolgt keine praktische Umsetzung katastrophenmedizinischer<br />

Lerninhalte.<br />

• Das ärztliche Personal im ÖGD weiß um seinen Fortbildungsbedarf <strong>zur</strong> katastrophenmedizinischen<br />

Thematik. Es wünscht größtenteils weitere Kenntnisse<br />

und wäre nach unserer Umfrage auch bereit, zusätzliche Fortbildungen zu<br />

absolvieren.<br />

• Aktuell ist die Einbeziehung der Ärzte im ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung nur ungenügend verwirklicht. Rufbereitschaften von Seiten<br />

der Amtsärzte bestehen in geringem Umfang.<br />

• Die Integration der Ärzte im ÖGD in Katastrophenschutzpläne erfolgte bisher<br />

meist nur für das Auftreten von Seuchen sowie hochkontagiösen Einzelerkrankungen.<br />

Stellt man vor diesem Szenario den im Projekt ermittelten Informationsbedarf der<br />

Katastrophenschutzbeauftragten den von den Ärzten im ÖGD angegeben eigenen<br />

Kenntnissen gegenüber, so zeichnet sich eine beträchtliche Diskrepanz zwischen<br />

dem benötigten ärztlichen Wissen und den von den Ärzten im ÖGD verfügbaren<br />

Kenntnissen ab (Abbildung 1).<br />

So erwarten derzeit fast Dreiviertel der Katastrophenschutzbeauftragten umfassende<br />

medizinische Auskünfte zu Symptomen, Therapie und Organisation der betroffenen<br />

Bevölkerung für die Versorgung derselben bei Freisetzung von radioaktiven<br />

Stoffen oder Ereignissen mit biologischen Kampfstoffen und chemischen Gefahrenstoffen<br />

von den Ärzten im ÖGD. Im Gegensatz hierzu bezeichnen die Ärzte im<br />

ÖGD selbst ihre Kenntnisse für diese spezifischen Situationen nur in 20–50% als<br />

überhaupt vorhanden!<br />

228


Abb. 1 Gegenüberstellung <strong>des</strong> Informationsbedarfs der Katastrophenschutzbeauftragten nach<br />

eigener Angabe im Vergleich zum Wissen der Ärzte im ÖGD nach eigener Angabe in<br />

unseren Analysen<br />

Angesichts <strong>des</strong> Handlungsbedarfs <strong>zur</strong> Sicherstellung der medizinischen Versorgung<br />

der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland für den Katastrophenfall<br />

sollen nun Modelle <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz der im Katastrophenmanagement<br />

tätigen Ärzte im ÖGD vorgestellt und vor dem Konzept der Integration<br />

von Wissenszentren Deutschlands mit Verfügbarkeit von professionellen Spezialkenntnissen<br />

und Möglichkeiten <strong>zur</strong> Nutzung von Synergieeffekten diskutiert werden.<br />

10.2 Modelle <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz der Ärzte<br />

im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Grundsätzlich zielte unsere Intention bei der Entwicklung der nachfolgenden<br />

Strukturen auf Modelle ab, die innerhalb der Grenzen <strong>des</strong> politisch und finanziell<br />

Machbaren bleiben. So könnte unserer Ansicht zufolge allein durch intensiviertes<br />

Ausschöpfen von Synergieeffekten in einem Netz aus bereits existierendem Spezialwissen<br />

<strong>zur</strong> Katastrophenbewältigung in Deutschland der heutzutage im ÖGD<br />

tätige Arzt bei verhältnismäßig geringem finanziellen und personellen Mehraufwand<br />

mit deutlich verbesserter Sachkompetenz ausgestattet werden.<br />

10.2.1 Die Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst<br />

Vorstellbare Modelle von Strukturen innerhalb der Ärzte im ÖGD <strong>zur</strong> Steigerung<br />

der Sachkompetenz dieser Ärzte zeigt nachfolgen<strong>des</strong> Diagramm (Abbildung 2).<br />

229


Abb. 2 Modelle <strong>zur</strong> Erweiterung der Sachkompetenz <strong>des</strong> heutigen Arztes im ÖGD für deren verbesserte<br />

Integration in die Katastrophenabwehr<br />

Modell 1: Ein Arzt verfügt über alle Kenntnisse und beherrscht<br />

alle Situationen<br />

Ein Arzt im ÖGD verfügt sowohl über ein so weitreichen<strong>des</strong> katastrophenmedizinisches<br />

Wissen als auch über solche umfassenden praktischen Kenntnisse und Fertigkeiten<br />

aller relevanten organisatorischen Aspekte, dass er jede nur erdenkbare<br />

Situation bei Katastrophen, Großschadensereignissen und außergewöhnlichen<br />

Erkrankungen zu bewältigen weiss.<br />

Kommentar:<br />

Dieses Modell ist bei realistischer Betrachtung nicht umsetzbar. Die Fülle <strong>des</strong><br />

Fachwissens in der Medizin, die Erkenntnisse der Katastrophenmedizin, das Wissen<br />

um organisatorische Prozesse im Rahmen <strong>des</strong> Managements von Schadensereignissen<br />

vielfachster Art sowie Einblicke in die Verknüpfung von Behörden,<br />

Hilfsorganisationen, Instituten und Verbänden mit rettungsdienstlichen Strukturen<br />

und solchen der Bun<strong>des</strong>wehr für den Katastrophenfall ist so umfangreich, dass<br />

derartig immense Kenntnisse kaum von einem einzelnen Arzt beherrschbar sind.<br />

Würde sich zum Beispiel dieser einzelne Arzt allein in seinen Fortbildungsbemühungen<br />

auf das Lesen von neu publizierten klinischen Arbeiten aus dem Bereich<br />

der Inneren Medizin konzentrieren, so bedürfte dies unter Berücksichtigung der<br />

zehn führenden Zeitschriften eines Lesesaufwands von 19 Artikeln pro Tag, um auf<br />

dem Stand <strong>des</strong> aktuellen Wissens zu bleiben [6].<br />

230


Modell 2: Ein Ärzteteam verfügt über alle Kenntnisse für alle Situationen<br />

Mehrere Ärzte im ÖGD sind für die Belange <strong>zur</strong> Bewältigung eines Großschadensereignisses,<br />

der Katastrophenabwehr und anderen speziellen Gefahrensituationen<br />

wie z.B. besondere Erkrankungen hochkontagiöser Art zuständig. Ein<br />

einzelner Arzt ist Spezialist auf einigen Gebieten; ein Team aus mehreren Ärzten<br />

realisiert die Bewältigung spezieller Katastrophensituationen gemeinsam.<br />

Kommentar:<br />

Es bestünde sicherlich die Möglichkeit, je einen Arzt einer Behörde für ein katastrophenmedizinisch<br />

relevantes Teilgebiet besonders fortzubilden. Angesichts der<br />

Komplexität und der Verschiedenartigkeit der denkbaren Szenarien müsste aber<br />

ein Arzt in mehreren Gebieten umfassend weitergebildet werden; dies wäre für den<br />

Einzelnen doch mit nicht unerheblichem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden.<br />

Müsste in der Katastrophensituation dann ein Ärzteteam diese von der ärztlichen<br />

Seite her bewältigen, so würde dies viele Ungeklärtheiten mit sich bringen, wie<br />

z.B., wer koordiniert und leitet die Gruppe, wer ist Ansprechpartner für andere<br />

Organisationen, etc. In der realen Katastrophensituation wäre – bei einem möglichen<br />

Durcheinander vieler Spezialisten und Kompetenzungereimtheiten der Ärzte<br />

– die Arbeit <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes und der Einsatz vor Ort nur unnötig<br />

erschwert. Darüber hinaus ist es völlig unmöglich, eine geeignete Rufbereitschaft<br />

ein<strong>zur</strong>ichten, da eine Vielzahl von Ärzten mit jeweiligem Spezialwissen abrufbar<br />

sein müsste. Auch diese Modellstruktur erscheint <strong>des</strong>halb als nahezu unmöglich<br />

realisierbar.<br />

Modell 3: Jeder Arzt besitzt Basiswissen und kann Zusatzinformationen<br />

abrufen<br />

Jeder Arzt im ÖGD besitzt ein allgemeines katastrophenmedizinisches Basiswissen.<br />

Für die Bewältigung von Katastrophen, Großschadensereignissen und speziellen<br />

Situationen sind weiterführende Informationen abrufbar. Der Arzt im ÖGD<br />

weiß um diese Möglichkeiten <strong>zur</strong> Informationsgewinnung und kann diese nutzen.<br />

Als Informationsquellen werden zum einen lokal im Gesundheitsamt eine jederzeit<br />

verfügbare Wissensdatenbank bereitgestellt und zum anderen werden Anlaufstellen<br />

für den Arzt im ÖGD in vorhandenen und zu etablierenden Wissenszentren<br />

mit besonderen Kompetenzen als Ansprechpartner für weiterführen<strong>des</strong> professionelles<br />

Spezialwissen eingerichtet. Diese Wissens- und Kompetenzzentren mit<br />

besonderer Expertise und besonderen Möglichkeiten werden nachfolgend der Einfachheit<br />

halber als „Wissenszentren“ bezeichnet.<br />

Kommentar:<br />

Durch den Erwerb katastrophenmedizinischer Basisqualifikation von allen Ärzten<br />

im ÖGD wird erzielt, dass grundsätzlich jeder Arzt im ÖGD im Bedarfsfall innerhalb<br />

eines festen Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienstes gewisse, bei einer<br />

Katastrophe erforderliche Basisaufgaben, in ihren Grundzügen übernehmen kann.<br />

Art und der Umfang eines solchen Trainings sollten vom Aufwand <strong>des</strong> zu ver-<br />

231


mittelnden Wissens und von den Anstrengungen, die der Arzt für diese Ausbildung<br />

investieren müsste, in der Wirklichkeit als Rahmenmodell implementierbar sein.<br />

Die Quellen, die <strong>zur</strong> Informationsschöpfung für den Arzt im ÖGD geschaffen werden<br />

müssen, sollten als weiterführende Auskunftsmöglichkeiten dienen und ein<br />

aktualisiertes Basiswissen, Hintergrundwissen und bei speziellen Fragestellungen<br />

spezifische Erkenntnisse <strong>zur</strong> Findung von Problemlösungen anbieten. Hierdurch<br />

sollte jeder Arzt im ÖGD der Situation angemessen im jeweiligen Fall reagieren<br />

können.<br />

10.2.2 Systeme <strong>zur</strong> Wissensaquirierung für die Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst<br />

Als Basis von Modellen <strong>zur</strong> Wissensaquirierung für die Ärzte würde sich ein mehrstufiges<br />

System aus Modulen anbieten. Die Abstufung sollte hier nicht im Sinne<br />

einer zeitlichen oder hierarchischen Abfolge betrachtet werden, sondern ist nach<br />

Bedarf gewichtet und sich ergänzend zu nützen.<br />

Das Grundkonzept aus zwei Stufen sieht wie folgt aus: (Abbildung 3)<br />

Abb. 3 Zweistufiges Modul zum Wissenserwerb für den Arzt im ÖGD bei verschiedenen Szenarien<br />

10.2.2.1 Lokale Datenbank<br />

Für das Nachschlagen und Suchen von Spezialinformationen würde sich das<br />

Bereitstellen einer lokalen Wissensdatenbank in CD- oder DVD-Trägerformat<br />

anbieten, die in jedem Gesundheitsamt vorliegen sollte. Zu Zwecken der Aktualisierung<br />

und zentralen Pflege ist zusätzlich die Möglichkeit eines Internet-Zugangs<br />

vorzusehen. Die Inhalte der lokalen Wissensbank könnten analog zu den Stoffplä-<br />

232


nen für eine verbesserte Ausbildung der Ärzte im ÖGD strukturiert sein (siehe<br />

Kapitel Konzepte <strong>zur</strong> verbesserten katastrophenmedizinischen Aus- und Weiterbildung<br />

der Ärzte im ÖGD) und sollten weiterführende Links zu Informationen,<br />

Daten und Maßnahmen aus den Bereichen Katastrophenschutz, Zivilschutz und<br />

Notfallvorsorge enthalten. Handlungsalgorithmen für Anlaufstellen und Möglichkeiten<br />

<strong>zur</strong> Kontaktierung spezifischer Behörden, Hilfsorganisationen, Instituten,<br />

Verbänden und der Bun<strong>des</strong>wehr sollten mit eingebunden werden. Die Datenbank<br />

sollte über Verweise auf personelle und materielle (medizinische) Hilfeleistungspotenziale<br />

aus allen Gebieten Deutschlands und eventuell der angrenzenden europäischen<br />

Nachbarstaaten verfügen (Abbildung 4 nächste Seite). Im Internet unbedingt<br />

genutzt werden sollte das neu aufgebaute Deutsche Notfallvorsorge-Informationssystem<br />

(deNIS) [7] mit Hintergrundinformationen und Hinweisen für das<br />

Management von Katastrophen, das auf eine Bestandsaufnahme <strong>des</strong> bestehenden<br />

Hilfeleistungspotenzials in Deutschland ausgerichtet ist. Es ist darüber hinaus zu<br />

diskutieren, ob dem Arzt im ÖGD neben dem offenen, für jeden Nutzer <strong>des</strong> Internet<br />

zugänglichen Portals nicht auch die zweite Ausbaustufe von deNIS mit weiterführenden<br />

vertraulichen Informationen über die Vernetzung vorhandener Datenbanken<br />

der Bun<strong>des</strong>ressorts, der Länder und internationaler Organisationen <strong>zur</strong><br />

Nutzung <strong>zur</strong> Verfügung gestellt werden sollte.<br />

Kommentar:<br />

Der Versuch die Gesamtheit katastrophenmedizinischer Erkenntnisse in ihrer Relevanz<br />

für das Öffentliche Gesundheitswesen in einer nach Themenkreisen geordneten<br />

Datenbank für den Arzt im ÖGD darzustellen, würde Nachdruck auf eine<br />

gegliederte Bestandsaufnahme <strong>des</strong> vorhandenen Wissens unserer Zeit als Grundlagen<br />

für den Bevölkerungsschutz am Anfang einer neuen Ära potenzieller Bedrohungen<br />

durch gezielte Katastropheninduktion aufgrund terroristischer Kräfte <strong>des</strong><br />

21. Jahrhunderts legen. Durch den Zugriff auf eine in allen Gesundheitsämtern<br />

identisch vorhandene Datenbank kann Objektivität in der Wissensvermittlung<br />

angestrebt werden und bei regelmäßiger Aktualisierung durch zentrale Updates<br />

besteht die Möglichkeit über die neuesten medizinischen, organisatorischen, rechtlichen,<br />

bevölkerungspolitischen und sonstigen Entwicklungen von Bedeutsamkeit<br />

zu informieren. Einheitliche Standards hinsichtlich <strong>des</strong> Prozedere können so in örtliche<br />

Gegebenheiten und die jeweiligen institutionellen bzw. persönlichen Erfahrungen<br />

<strong>des</strong> Einzelnen einfließen.<br />

Der Aufbau der vorgeschlagenen Datenbank kann im Rahmen eines aus öffentlichen<br />

Mitteln geförderten Forschungsprogramms erfolgen.<br />

233


Allgemeine Abwehr<br />

von Schadensereignissen<br />

Allgemeine Prävention von Großschadensereignissen,<br />

Katastrophen<br />

und besonderen Erkrankungen<br />

Allgemeine Bewältigung von Großschadensereignissen,<br />

Katastrophen<br />

und besonderen Erkrankungen<br />

Allgemeine Nachbearbeitung von<br />

Großschadensereignissen, Katastrophen<br />

und besonderen Erkrankungen<br />

Öffentlicher Gesundheitsdienst –<br />

Systemimmanente Katastrophenprävention<br />

Öffentlicher Gesundheitsdienst –<br />

Systemimmanente Katastrophenbewältigung<br />

Abb. 4 Struktur und Inhaltsexpose einer lokalen Wissens-Datenbank<br />

10.2.2.2 Überregionale Wissens- und Kompetenzzentren<br />

Spezifische<br />

Katastrophenabwehr<br />

Management bei Freisetzung radioaktiver<br />

Stoffe<br />

(A-Fall)<br />

Management bei Freisetzung biologischer<br />

(Kampf-)Stoffe<br />

(B-Fall)<br />

Management bei Freisetzung ziviler<br />

Schadstoffe/chemischer Kampfstoffe<br />

(C-Fall)<br />

Management von hochkontagiösen<br />

Erkrankungen<br />

Epidemiologische und geographische<br />

Besonderheiten Deutschlands<br />

Organisation, Taktik, Administration Besonderheiten bei (Verdacht auf)<br />

Terror, Aufklärung, Surveillance<br />

Warnsysteme, Kommunikation,<br />

Information<br />

Staats- und völkerrechtliche<br />

Grundlagen<br />

Zivil-militärische Zusammenarbeit<br />

(ZMZ)<br />

Weiterweisende Links<br />

Bei Auftreten eines Großschadensereignisses, einer Katastrophe oder einer besonderen<br />

Erkrankung müssten dem diensthabenden Arzt im ÖGD für zusätzliche Fragen,<br />

die er aus dem ihm <strong>zur</strong> Verfügung stehenden Wissen heraus nicht mehr beantworten<br />

kann, kompetente rasch weiterführende Informationsmöglichkeiten bereit<br />

gestellt werden. Diese müssen als Ansprechpartner rund um die Uhr mit 24 Stunden<br />

Bereitschaft zugänglich sein. Im Idealfall können diese Zentren auch Hilfe vor<br />

Ort bei außergewöhnlichen Ereignissen mit Ausrüstungen, Geräten, Fahrzeugen,<br />

Material und speziell qualifiziertem Personal leisten sowie spezifische Räumlichkeiten<br />

wie Isoliereinheiten oder Dekontaminationseinrichtungen vermitteln<br />

(Abbildung 5).<br />

234


Abb. 5 Möglichkeit <strong>des</strong> Wissenserwerbs und der Unterstützung für den Arzt im ÖGD in einem<br />

Wissens- und Kompetenzzentrum (modifiziert nach R. Fock, RKI Berlin)<br />

In Deutschland ist die alltägliche Gefahrenabwehr effizient und gut geregelt. Auf<br />

dieser Basis könnten <strong>zur</strong> Unterstützung der Ärzte im ÖGD <strong>des</strong>halb als Anlaufstellen<br />

<strong>zur</strong> Einholung von weiterführenden Auskünften, Erfahrungen, Beratung oder<br />

Hilfe von außen bereits vorhandene und bei Bedarf zusätzlich zu etablierende<br />

überregionale Wissens- und Kompetenzzentren nach ihrer professionellen Ausrichtung<br />

mit fundiertem Spezialwissen dienen (Abbildung 6).<br />

Detaillierte Maßnahmen und die Schaffung der Vorrausetzungen für ein integriertes<br />

und komplexes Hilfeleistungssystem für den Arzt im ÖGD mit klar abgegrenzter<br />

Definition der Schnittstellen der Zentren und Hilfeleistungspotenziale könnten<br />

nach Diskussion unseres Konzeptes mit der Fachöffentlichkeit und praktischer<br />

Evaluation in Pilotprojekten mit den jeweils zuständigen Entscheidungsträgern<br />

präzisiert, ergänzt und vervollständigt werden.<br />

235


Abb. 6 Mögliche Komponenten im konzeptionellen Plan von Zentren anhand beispielhafter Auswahl<br />

von bereits existierenden Schnittstellen mit katastrophenmedizinisch relevantem<br />

Spezialwissen; A-Fall = Ereignis mit Freisetzung radioaktiver Stoffe, B-Fall = Ereignis<br />

mit Freisetzung biologischer (Kampf-)Stoffe, und C-Fall = Ereignis mit Freisetzung<br />

chemischer Gefahrenstoffe<br />

Kommentar <strong>des</strong> zweistufigen Moduls zum Wissenserwerb für die Ärzte im<br />

ÖGD:<br />

Unter Berücksichtigung der momentan geringen katastrophenmedizinischen Ausbildung<br />

und Erfahrung der Ärzte im ÖGD erscheint dieses Modell als ein realisierbarer<br />

Weg für eine relativ rasche, kostenarme und möglichst optimale Verbesserung<br />

der Wissensaquirierung für die Ärzte im ÖGD unter Berücksichtigung<br />

bestehender Ressourcen. Das Modell sollte eine verbesserte <strong>Einbindung</strong> der Ärzte<br />

in die Katastrophenabwehr garantieren können, denn es ist umfassend und in sich<br />

in bestehende Strukturen integrierend. Allerdings setzt es die Bereitschaft <strong>zur</strong><br />

Kooperation durch die existierenden bzw. zu etablierenden Zentren und die Schaffung<br />

der notwendigen Strukturen <strong>zur</strong> Erfüllung <strong>des</strong> Anforderungsprofils eines<br />

nationalen „Wissens- und Kompetenzzentrums“ für die Ärzte im ÖGD im Katastrophenfall<br />

voraus.<br />

236


Im Rahmen der Neugestaltung der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die<br />

Katastrophenabwehr erscheint uns als conditio sine qua non in diesem<br />

Zusammenhang vor allem die Erwirkung adäquater Kooperationsstrukturen<br />

zwischen den Gesundheitsämtern und den im Bun<strong>des</strong>gebiet verteilten Wissens-<br />

und Kompetenzzentren (denkbar z.B. unter einer Koordinierungszentrale).<br />

Die an die aktuellen politischen und strukturellen Gegebenheiten angepassten Vereinbarungen<br />

<strong>zur</strong> Kooperation müssen aber unbedingt von verbindlicher Abstimmung<br />

mit verpflichtendem und verlässlichem Charakter zu Informations-, Kommunikations-<br />

und Erfahrungsaustausch geprägt sein. Die Kernaufgabe einer Koordinierungsstelle<br />

wäre die übergreifende Verknüpfung der Vielzahl wertvoller<br />

Informationen, die über die verschiedenen Zentren und zahlreichen Institutionen<br />

verstreut sind, um im Katastrophenfall deren mühsame und zeitaufwendige<br />

Zusammenführung zu verringern. Hierbei wären auch weitere „Konsiliareinrichtungen“<br />

und einschlägige Universitätsinstitute mit ergänzender, spezifischer Funktion<br />

<strong>zur</strong> Lösung und Übernahme besonderer Fragen und Leistungen zu berücksichtigen.<br />

Kommentar <strong>zur</strong> Neugestaltung der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die<br />

Katastrophenabwehr unter Hinzuziehen von Wissens- und Kompetenzzentren:<br />

Wir sind uns darüber selbstverständlich bewusst, dass der hier skizzierte Plan<br />

der Verknüpfung von Ärzten im ÖGD und Wissenszentren zum Transfer von Wissen<br />

und Hilfe von außen für die Bewältigung von Schadensereignissen jeglicher<br />

Art zwangsläufig in bestehende administrative oder politische Zuständigkeiten von<br />

Behörden, Instituten, Gebietskörperschaften und anderen Rechtsformen eingreift.<br />

Es ist aber zu bedenken, dass in diesen Zentren das aktuell notwendige Fachwissen<br />

auf hohem Niveau ohnehin vorhanden ist, also sozusagen länderübergreifend<br />

abrufbereit vorgehalten wird. Dies könnte unter Zugrundelegen von entsprechenden<br />

Vereinbarungen und der Schaffung von Organisationsstrukturen <strong>zur</strong> Einsparung<br />

von erheblichen Kosten beitragen.<br />

Im Zusammenhang der Neustrukturierung der <strong>Einbindung</strong> der Ärzte im<br />

ÖGD in die Katastrophenabwehr wäre die Definition von Nationalen Wissens-<br />

und Kompetenzzentren essenziell.<br />

10.3 Wissens- und Kompetenzzentren in Deutschland<br />

An dieser Stelle unseres Projektes soll betont werden, dass verschiedene<br />

potenziell mögliche Zentren nun exemplarisch diskutiert werden sollen. Wir<br />

waren uns bei der Bearbeitung <strong>des</strong> vorliegenden Buchkapitels darüber<br />

bewusst, dass keine Vollständigkeit bezüglich der aufgelisteten Zentren anzustreben<br />

ist und möglich sein kann. Dennoch waren wir bemüht, vorrangig solche<br />

Zentren anzuführen, die gehäuft im Kontext mit außergewöhnlichen<br />

Gefahrenlagen und Schadensereignissen auftreten und über besondere Möglichkeiten,<br />

Expertise und Mittel verfügen. Bei entsprechender Umsetzung<br />

237


unseres konzeptionellen Entwurfs für eine verbesserte <strong>Einbindung</strong> der Ärzte<br />

im ÖGD in die Katastrophenabwehr können hier weitere Zentren <strong>zur</strong> Komplettierung<br />

eingefügt werden. In diesem Zusammenhang danken wir allen<br />

unseren Ansprechpartnern in den verschiedenen Wissens- und Kompetenzzentren,<br />

die bereit waren, uns für dieses Projekt <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministers <strong>des</strong><br />

Innern speziell Auskunft über ihre Möglichkeiten unter dem Blickwinkel <strong>des</strong><br />

Arztes im ÖGD und der Katastrophenabwehr zu geben.<br />

In der folgenden Grafik ist die Verteilung der im weiteren diskutierten Wissensund<br />

Kompetenzzentren und potenziellen Auskunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten<br />

für den Arzt im ÖGD in Deutschland zusammengefasst dargestellt (Abbildung<br />

7 nach [7]; eine Adressliste der Zentren findet sich im Anhang zu diesem<br />

Buchkapitel).<br />

Abb. 7 Mögliche Zentren als Anlaufstellen für den Arzt im ÖGD im konzeptionellen Rahmenplan<br />

eines zweistufigen Modulsystems zum Erwerb von Wissen für die Ärzte <strong>zur</strong> Bewältigung<br />

von Schadensfällen wie Katastrophen aller Art; A-Fall = Ereignis mit Freisetzung<br />

radioaktiver Stoffe, B-Fall = Ereignis mit Freisetzung biologischer (Kampf-)Stoffe, und<br />

C-Fall = Ereignis mit Freisetzung chemischer Gefahrenstoffe<br />

238


10.3.1 Anforderungsprofil und Kriterien für ein Wissens- und<br />

Kompetenzzentrum<br />

Unter zugrunde legen der in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Ergebnisse<br />

entschlossen wir uns, Kriterien für ein Anforderungsprofil zu skizzieren, die als<br />

Entscheidung für den Einschluss eines Zentrums in unser Konzept dienten (Abbildung<br />

8).<br />

Kriterien für ein Wissens- und Kompetenzzentrum<br />

• 24-h Erreichbarkeit<br />

• Wissenstransfer<br />

– Symptome<br />

– Diagnostik<br />

– Erstmaßnahmen<br />

– Dekontamination<br />

– Transport<br />

• Beratung<br />

– fernkommunikativ<br />

– vor Ort<br />

• Besonderheiten<br />

• Unterstützung vor Ort<br />

– Personal<br />

– Hilfsmittel, Ausrüstung<br />

– Analysen, Überwachung<br />

– Medikamente<br />

– praktische Arbeiten<br />

– Dekontamination<br />

– Evakuierung<br />

– Transport<br />

– Rettung<br />

– Kommunikation<br />

• Unterstützung nicht vor Ort<br />

– medizinische Spezialversorgung<br />

– Dekontamination von Personen<br />

– Dekontamination,<br />

– Entsorgung von Materialien<br />

Abb. 8 Mögliches Anforderungsprofil für ein Zentrum als Anlaufstelle für den Arzt im ÖGD<br />

anhand von Einzelkriterien<br />

Um eine numerische Abschätzung der Güte der Erfüllung der zu fordernden Kriterien<br />

als Zentrum zu erhalten, wurde für die vorgestellten Zentren ein summarischer<br />

Score erstellt. Es wurde nur grob orientierend nach + = erfüllt, – = nicht<br />

erfüllt; ? = nicht beurteilbar oder unzutreffend unterteilt. Allerdings erfolgte eine<br />

Gewichtung der einzelnen Punkte in der Weise, dass die ständige Erreichbarkeit<br />

„rund um die Uhr“ mit drei Punkten, die einzelnen Unterpunkte <strong>des</strong> Wissenstransfers<br />

sowie die fernkommunikative Beratung mit jeweils zwei Punkten bewertet<br />

wurden. Alle anderen Kriterien wurden einfach gewichtet.<br />

239


10.3.2 Exemplarische Beurteilung von in Deutschland bereits bestehenden<br />

Zentren<br />

Es sei noch einmal darauf verwiesen, dass die nachfolgende Beurteilung einiger<br />

in Deutschland existierender Zentren nur exemplarisch ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />

bezüglich der gelisteten Schnittpunkte zu verstehen ist.<br />

Unsere Vorschläge und Ergebnisse sollen vielmehr als beispielgebend für die verschiedenen,<br />

komplex vorstellbaren Schadensszenarien interpretiert werden und<br />

können – sofern dies politisch gewollt ist – in abstrahierter Form als Musterlösungen<br />

für eine zu Grunde zu legende Programmatik bezüglich der zu schaffenden<br />

Kooperationsstrukturen zwischen verschiedenen Stellen und Entscheidungsträgern<br />

dienen.<br />

Die Zielsetzung dieses übergreifenden Konzeptes <strong>des</strong> Forschungsprojektes ist die<br />

Beurteilung der Wissens- und Kompetenzzentren nur unter den Gesichtspunkten<br />

fachkompetenter medizinischer Hilfestellungen für den Arzt im ÖGD.<br />

Zentren bei Freisetzung radioaktiver Stoffe (A-Fall)<br />

Ionisierende Strahlung ist neben Alpha-, Beta-, Gamma- und Neutronenstrahlung<br />

auch die in Teilchen-Beschleunigern erzeugte Strahlung sowie Röntgenstrahlung.<br />

Die Strahleneinwirkung auf den Menschen kann durch äußere Ganz- oder Teilkörperbestrahlung,<br />

durch Kontamination oder Inkorporation sowie durch eine Kombination<br />

aller dieser Möglichkeiten erfolgen. Bei einem betrieblichen Unfall mit<br />

erhöhter Strahleneinwirkung muss der Verunfallte stets einem fachkundigen Strahlenschutzarzt<br />

vorgestellt werden. Der Arzt im ÖGD könnte im Katastrophenfall<br />

mit Freiwerden ionisierender Strahlung eine Beratung, Wissenstransfer oder materielle<br />

bzw. personelle Unterstützung potenziell in folgenden Zentren Deutschlands<br />

erhalten:<br />

Regionale Strahlenschutzzentren (RSZ)<br />

Die Berufsgenossenschaften der chemischen Industrie und der Feinmechanik und<br />

Elektrotechnik haben <strong>zur</strong> Versorgung von Verunfallten mit Verstrahlungen bei<br />

Betriebsunfällen das Institut für Strahlenschutz in Köln gegründet [8]. Durch<br />

vertragliche Vereinbarungen entstanden an verschiedenen Instituten von Universitäten,<br />

Kliniken und Forschungseinrichtungen die sogenannten Regionalen Strahlenschutzzentren<br />

(RSZ) als Leitstellen für alle Fragen, die einer strahlenmedizinischen<br />

Beratung bedürften. Die RSZ sollen für eine eventuell notwendige Direktversorgung<br />

oder ambulante Überwachung von beruflich Verunfallten mit erhöhter<br />

Strahleneinwirkung über alle erforderlichen Einrichtungen verfügen oder sich<br />

durch Kooperation mit anderen Stellen ergänzen. Für schwere Strahlenschäden<br />

sind Spezialabteilungen, wie z.B. in der berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik<br />

Ludwigshafen zuständig. Die Einweisung exponierter Patienten ist grundsätzlich<br />

nur durch Vermittlung eines RSZ möglich.<br />

240


Nach den Vorstellungen der Berufsgenossenschaft sollen die RSZ 24-h erreichbar<br />

sein und ein Arzt oder Physiker sollte stets <strong>zur</strong> Verfügung stehen, um fernkommunikativ<br />

(strahlenschutzmedizinische) Beratung zu geben. Die Beratung erstreckt<br />

sich auf<br />

– die Nuklidarten und deren Eigenschaften<br />

– die Strahlenquelle und deren Strahlungsfeld einschließlich Abschirmungs- und<br />

Abstandsmaßnahmen<br />

– Schätzwerte der durch die Strahlenexposition verabreichten Personendosis, der<br />

resultierenden Hautdosen, der flächenbezogenen Aktivität, der erfolgten Körperdosis<br />

sowie ggf. der Inkorporationsmechanismen<br />

Bei Schätzung einer Berührung mit einer effektiven äußeren Strahlendosis über<br />

100 Milli-Sievert oder Teilkörperdosis über 1,2 Sievert können die RSZ Blutanalysen<br />

<strong>zur</strong> Chromosomenanalyse bzw. bei höheren Strahlendosen <strong>zur</strong> HLA-Typisierung<br />

vornehmen.<br />

Die Ärzte der RSZ sollen Anweisungen zu Dekontaminationsmaßnahmen, Dekorporationstherapien<br />

und Überwachung der Verunfallten geben können sowie das<br />

bestmögliche Vorgehen bei Kontaminationsschäden mit Wunden, Frakturen und<br />

Verbrennungen festlegen können. Die Vermittlung von Betten in Spezialabteilungen<br />

kann veranlasst werden. Außerdem sollten Beratungen zu Vorsorgemaßnahmen<br />

einer Verstrahlung von Helfern, Ärzten und medizinischem Assistenz- und<br />

Pflegepersonal bei medizinischer Hilfeleistung gegeben werden können.<br />

Bisher wurden die RSZ nur <strong>zur</strong> Versorgung in Einzelfällen bei beruflich bedingten<br />

Strahlenunfällen benötigt. Es sei darauf verwiesen, dass sie in keiner Weise für<br />

Hilfestellungen oder das Management von Katastrophenfällen mit vielen Verstrahlten<br />

vorgesehen und ausgerüstet sind [8]. Vorstellbar wäre aber eine fernkommunikative<br />

Beratung <strong>des</strong> Arztes <strong>des</strong> ÖDG (eine Liste der Adressen der RSZ befindet<br />

sich im Anhang zu diesem Buchkapitel).<br />

Kerntechnischer Hilfsdienst GmbH (KHG), Karlsruhe<br />

In der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland haben die Betreiber von kerntechnischen Anlagen<br />

technische und personelle Vorsorge getroffen, um nach einem Störfall die<br />

Anlage zu stabilisieren, die Ursache zu analysieren und die Folgen <strong>des</strong> Störfalles<br />

zu beseitigen. Teile dieser Notfallvorsorge haben die Betreiber dem kerntechnischen<br />

Hilfsdienst übertragen. Notfallvorsorge haben die Betreiber dem kerntechnischem<br />

Hilfsdienst übertragen.<br />

Die kerntechnischen Hilfsdienste GmbH (KHG) bei Karlsruhe wurde von den<br />

Betreibern der deutschen Kernkraftwerke, der Brennstoffkreislaufindustrie und<br />

den nuklearen Großforschungszentren mit dem Ziel der Strahlenschutzüberwachung<br />

<strong>des</strong> Personals und der nuklearen Anlagen gegründet [9,10].<br />

Die wesentlichen Aufgabenbereiche sind nach eigenen Angaben:<br />

– Strahlenschutzmessungen innerhalb und außerhalb der Anlage<br />

241


– Strahlenschutzüberwachung von Personal, insbesondere Einsatzpersonal<br />

– Bergen von radioaktivem Material, sowie Inspektionen und Arbeiten an Orten<br />

höchster Dosisleistung mit fernbedienten Manipulatorfahrzeugen<br />

– Dekontamination von Personal, Geräten und Räumen<br />

– Abluftfilterung mit mobilen Anlagen<br />

– Übernahme von leicht radioaktivem Abwasser<br />

– Ausrüsten von Einsatzpersonal mit Schutzkleidung und Atemschutz im Bedarfsfall<br />

In der kerntechnischen Hilfsdienste GmbH besteht eine 24-stündliche telefonische<br />

Erreichbarkeit. Es werden auf Ersuchen Hilfeleistungen angeboten; die in der<br />

KHG tätigen Mitarbeiter sind per Rufbereitschaft ebenfalls rund um die Uhr zu<br />

erreichen und leisten auch „schnellen Einsatz“ vor Ort. Im Alarmfall können sie<br />

auf höchstem technischen Niveau autonom mithilfe einer mobilen Einsatzzentrale<br />

und unter Verfügung entsprechender Kommunikationsmittel arbeiten. Es besteht<br />

die Möglichkeit der Dekontamination von Einsatzpersonal im Einzelfall [9,10].<br />

Jedoch wurde bisher nicht über Einsätze im Zusammenhang mit Katastrophen<br />

diskutiert.<br />

REMPAN – das Strahlennotfallsystem der WHO<br />

Das Strahlennotfallsystem der WHO ist ein Zusammenschluss von mit dem Strahlenschutz<br />

befassten fachkundigen Anstalten in 11 Ländern. Seine primären Zielsetzungen<br />

sind die Förderung von vorkehrenden Maßnahmen zum Schutz bei<br />

Strahlenunfällen in WHO-Ländern, die Bereitstellung von Rat und Hilfe bei einem<br />

nuklearen Unfall und die Förderung der Nachbereitung eines Unfalls in Form von<br />

wissenschaftlichen Studien. Als nationales fachkundiges Zentrum in Deutschland<br />

galt bisher die Zusammenarbeit von Instituten an der Universität in Ulm, an der<br />

Universität in Würzburg sowie das Bun<strong>des</strong>büro für Strahlenschutz in Salzgitter.<br />

Zurzeit befindet sich jedoch das deutsche Zentrum in einem Prozess der Reorganisation,<br />

da die komplette Expertise <strong>des</strong> Zentrums in Ulm aufgrund <strong>des</strong> Wechsels<br />

der Institutsleitung von der Universität Ulm an die Universität in Würzburg transferiert<br />

wird. Das Zentrum wird <strong>des</strong>halb nicht in die Beurteilung in diesem Buchkapitel<br />

aufgenommen.<br />

242


Bewertung<br />

Nach den von uns skizzierten Kriterien ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild:<br />

Kriterium<br />

Regionale<br />

Strahlenschutzzentren<br />

Kerntechnischer<br />

Hilfsdienst GmbH<br />

24-h Erreichbarkeit + + + + +<br />

Wissenstransfer<br />

- Symptome<br />

- Diagnostik<br />

- Erstmaßnahmen<br />

- Dekontamination<br />

- Transport<br />

Beratung<br />

- fernkommunikativ<br />

- vor Ort<br />

Unterstützung vor Ort<br />

- Personal<br />

- Hilfsmittel,<br />

Ausrüstung<br />

- Analysen,<br />

Überwachung<br />

- Medikamente<br />

- prakt. Arbeiten<br />

- Dekontamination<br />

- Evakuierung<br />

- Transport<br />

- Rettung<br />

- Kommunikation<br />

- Kooperation<br />

Unterstützung nicht<br />

vor Ort<br />

- medizinische<br />

Spezialversorgung<br />

- Dekontamination<br />

von Personen<br />

- Dekontamination,<br />

Entsorgung von<br />

Materialien<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

– –<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

–<br />

Besonderheiten fernbediente<br />

Manipulatorfahrzeuge<br />

+<br />

+<br />

–<br />

Abb. 9 Exemplarische Evaluierung von in Deutschland bestehenden Zentren für den Fall <strong>des</strong><br />

Freiwerdens radioaktiver Strahlung hinsichtlich ihres Profils <strong>zur</strong> Unterstützung <strong>des</strong> Arztes<br />

im ÖGD im Katastrophenfall; + = erfüllt; – = nicht erfüllt; ? = nicht beurteilbar/unzutreffend<br />

243<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

–<br />

+<br />

+


Kommentar:<br />

Die RSZ verfügen zwar über eine 24h Rufbereitschaft, aber nicht in allen RSZ kann<br />

detailliert zu (medizinischen) Fragen bezüglich radioaktiver Kontamination Auskunft<br />

gegeben werden. Dies basiert auch auf der Tatsache, dass teilweise nichtmedizinische<br />

Institute als RSZ gelistet sind, die dann ihrerseits im Notfall eintreffende<br />

Fragen erst wieder z.B. an andere Ärzte mit Strahlenschutzkenntnissen<br />

weiterleiten müssen. Es ergaben sich hieraus Abstriche in der Bewertung der RSZ<br />

als Wissens- und Kompetenzzentren für den Arzt im ÖGD im Katastrophenfall. Bei<br />

unseren nach Zufallsprinizip durchgeführten exemplarischen Anrufen bei den RSZ<br />

imponierte in den Kliniken auch die Tatsache, dass kaum bzw. nur eine sehr geringe<br />

Anzahl an Betten bzw. medizinischen Versorgungsmöglichkeiten für verstrahlte<br />

Patienten vorgehalten wird. Bei einem Anfall von vielen radioaktiv verseuchten<br />

Katastrophenopfern wären die Grenzen möglicher medizinischer Versorgungskapazitäten<br />

sehr schnell erreicht.<br />

Die Alarmierung <strong>des</strong> Spezialpersonals der Kerntechnischen Hilfsdienste GmbH<br />

kann rund um die Uhr durch Betreiber von kerntechnischen Anlagen oder auch<br />

Landratsämter oder Rathäuser erfolgen. Die Strahlenschutzärzte der Kraftwerke<br />

sind in einen Verbund der Rufbereitschaft eingebunden. Ob eine Alarmierung oder<br />

Kontaktaufnahme durch den ÖGD möglich sein könnte, wurde laut KHG bisher<br />

nicht ausdrücklich angedacht. Im Rahmen der Tätigkeit eines Amtsarztes im Katastrophenschutzstab<br />

wäre dies aber vorstellbar. Allerdings müssten hier durch<br />

Erlass entsprechende Richtlinien festgeschrieben werden. Nichts<strong>des</strong>totrotz sind<br />

auch die KHG primär nicht für Bedürfnisse <strong>des</strong> Katastrophenfalls angelegt.<br />

Zentren bei Auftreten von Seuchen und hochkontagiösen Erkrankungen<br />

Das Robert-Koch-Institut (RKI), Berlin<br />

Das 1891 als Königlich Preußisches Institut für Infektionskrankheiten gegründete<br />

Robert-Koch-Institut (RKI), nach Auflösung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesundheitsamtes 1994<br />

selbstständige Bun<strong>des</strong>oberbehörde, sollte als Zentrum zum Informationserwerb für<br />

den Arzt im ÖGD aufgrund seines Auftrages und eigenen Selbstverständnisses<br />

besonders geeignet sein. So soll das RKI Auftreten von Krankheiten und Gesundheitsgefahren<br />

in der Bevölkerung beobachten und wissenschaftlich begründete<br />

Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung ableiten [11]. In dem am 1. Januar 2001<br />

in Kraft getretenen Infektionsschutzgesetz wird explizit die Zusammenarbeit zwischen<br />

den Gesundheitsämtern und dem RKI bei Auftreten von Infektionskrankheiten<br />

festgeschrieben [5].<br />

Für die Fragen <strong>des</strong> Arztes im ÖGD erscheinen die Fachgruppen „Infektionsbiologie<br />

und Epidemiologie“ sowie „Infektionsepidemiologie“ bedeutsam. Die<br />

Gruppe „Infektionsbiologie und Epidemiologie“ beschäftigt sich mit Fragen <strong>zur</strong><br />

biologischen Sicherheit, neuartigen Erregern sowie neuen Krankheitsbildern zu<br />

Grunde liegenden Mechanismen. Die Gruppe „Infektionsepidemiologie“ führt<br />

<strong>Untersuchung</strong>en wie z. B. auch die Erarbeitung eines EDV-gestützten Melde-<br />

244


systems in Kooperation mit dem ÖGD zu allen Aspekten übertragbarer Krankheiten<br />

durch. Die Arbeitsgruppe „aufsuchende Epidemiologie“ hat als Auftrag nach<br />

Anfrage der Gesundheitsämter auch vor Ort bei der Suche nach Infektionsursachen<br />

und Infektionsquellen zu helfen. Die Abteilung für Infektionskrankheiten ist fokussiert<br />

auf bakterielle und virale Erreger, deren Inaktivierung, immunologische<br />

Abwehrreaktionen und Antibiotikaresistenzen. Das Robert-Koch-Institut partizipiert<br />

an (inter)nationalen Forschungsvorhaben, der Ständigen Impfkommission<br />

oder dem EU-Warnsystem zu übertragbaren Krankheiten.<br />

Unter dem Eindruck dass Infektionskrankheiten und biologische Agenzien sehr<br />

schnell eine Bedrohung der Bevölkerung darstellen können, konstituierte sich vor<br />

zwei Jahren am RKI die Fachgruppe Seuchenschutz (FGS) (Leiter: Prof. Dr. R.<br />

Fock) [12]. Um die Vorbereitung auf außergewöhnliche Seuchengeschehen<br />

bun<strong>des</strong>weit zu verbessern und zu koordinieren, einigten sich deren Vertreter aus<br />

Einrichtungen von Bund, Ländern und Kommunen auf eine zukünftige Bearbeitung<br />

von Punkten wie:<br />

• Identifizierung von Krankheitserregern und biologischen Agenzien, für die<br />

besondere Vorsorgemaßnahmen getroffen werden müssen<br />

• Beschreibung von Diagnostik- und Therapieeinrichtungen und Schutzmaßnahmen<br />

• Entwicklung eines Konzeptes <strong>zur</strong> Infrastruktur und zum Management bei<br />

außergewöhnlichen Seuchengeschehen<br />

• Ausgestaltung der zivil-militärischen Zusammenarbeit bei außergewöhnlichen<br />

Seuchengeschehen<br />

• Abstimmung <strong>des</strong> Konzeptes mit Fachinstituten und Experten sowie Verantwortlichen<br />

in der Verwaltung und Veröffentlichung <strong>des</strong> Konzeptes und regelmäßige<br />

Überprüfung hinsichtlich Zweckmäßigkeit und Aktualität<br />

• Informationsaustausch und Abstimmung mit anderen europäischen Ländern<br />

Inzwischen hat die Fachgruppe ihre Überlegungen zu einem „Rahmenkonzept <strong>zur</strong><br />

Gefahrenabwehr bei außergewöhnlichen Seuchengeschehen“ [13] oder dem<br />

„Management und Kontrolle einer Influenzapandemie“ [14] veröffentlicht. Nach<br />

eigenen Angaben werden Empfehlungen zum Management von Großschadensereignissen<br />

derzeit bearbeitet. Als Reaktion auf Ereignisse jüngster Zeit richtete<br />

das RKI während der Milzbrandverdachtsfälle <strong>des</strong> Oktober 2001 eine „Telefon-<br />

Hotline“ mit 24-h Auskunftsbereitschaft im Zentrum für Infektionsepidemiologie<br />

ein und entwarf behördeninterne Ablaufschemata für den Ernstfall <strong>des</strong> „Seuchenalarms“<br />

[11]. Als Konsequenz <strong>des</strong> Hochwassers <strong>des</strong> Sommers 2002 stellte das<br />

RKI Antworten auf häufige Fragen zu den Infektionsrisiken bei Hochwasser ins<br />

Internet.<br />

Zusammenfassend scheint das RKI einen äußerst kompetenten Ansprechpartner<br />

für Auskunftsmöglichkeiten für den Arzt im ÖGD zu repräsentieren. Es läge nahe,<br />

bereits bestehende Kooperationsstrukturen wie z.B. im Meldewesen von Infektionskrankheiten<br />

zwischen den Gesundheitsämtern und dem Robert-Koch-Institut<br />

weiter auszubauen (Kommunikationsnetzwerke).<br />

245


Als lebensbedrohliche hochkontagiöse Infektionen im engeren Sinne werden die<br />

durch Viren ausgelösten hämorrhagischen Fieber (Ebola, Lassa, Marburg, Krim-<br />

Kongo und weitere Erreger), sowie die Lungenpest und Affenpocken angesehen.<br />

Allen Infektionen ist gemeinsam, dass sie von Mensch zu Mensch übertragen werden<br />

können und eine hohe Mortalitätsrate haben. Diese Liste ist keineswegs vollständig<br />

– neben vielen anderen Viruserkrankungen, die unter einem hämorrhagischen<br />

Bild ablaufen können, werden beständig neue Erregerarten isoliert, die<br />

gleichfalls schwere und hochinfektiöse Erkrankungen auslösen können.<br />

Bun<strong>des</strong>-Länder-Arbeitsgruppe Seuchenschutz<br />

Außergewöhnliche Seuchengeschehen oder der Einsatz biologischer Agenzien zu<br />

kriminellen oder terroristischen Zwecken stellen eine besondere Herausforderung<br />

für den <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienst dar. Zur Erarbeitung entsprechender fachlicher<br />

Empfehlungen konstituierte sich 1998 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe<br />

Seuchenschutz unter Federführung <strong>des</strong> RKI. Empfehlungen wurden 1998 als Rahmenkonzept<br />

publiziert und 1999 aktualisiert [15].<br />

„Kompetenzzentren“: In dem veröffentlichten Rahmenkonzept sind für verschiedene<br />

Regionen Deutschlands so genannte Kompetenzzentren vorgesehen. Unter<br />

„Kompetenzzentrum“ ist eine organisatorische Zusammenführung von Personen<br />

mit besonderem Fachwissen im Sinne eines fest etablierten Arbeitsteams zu verstehen.<br />

Ihm sollten in jedem Falle Fachleute der Gesundheitsbehörde, <strong>des</strong> Behandlungszentrums,<br />

<strong>des</strong> Rettungsdienstes und ein Krankenhaushygieniker, im Einsatzfall<br />

auch ein Beauftragter <strong>des</strong> örtlichen Lagezentrums oder der Polizei- bzw.<br />

Ordnungsbehörde sowie ein Vertreter der für die Koordinierung zuständigen<br />

Lan<strong>des</strong>gesundheitsbehörde, angehören. Die Bezeichnung der bereits benannten<br />

Kompetenzzentren variiert: z.B. „Kompetenzzentrum“ in Frankfurt/M., „Seuchenstab“<br />

in Leipzig, „Fachstab Seuchenschutz“ in Hamburg. Sie geben nähere Informationen<br />

zu weiteren Fragen <strong>des</strong> Managements eines derartigen Falles in ihrem<br />

jeweiligen Einzugsbereich, bieten im Einzelfall konkrete Beratung und Entscheidungshilfe<br />

an und sind 24 Stunden am Tag erreichbar (bzw. alarmierbar). Gegebenenfalls<br />

kann von einem Kompetenzzentrum auch vor Ort (konsiliarische)<br />

Hilfestellung geleistet werden, insbesondere bei der Entscheidung über die Verlegung<br />

eines Patienten und der Organisation eines notwendigen Krankentransportes.<br />

Das Kompetenzzentrum koordiniert auch die antiepidemischen Maßnahmen<br />

und die Presse- und Offentlichkeitsarbeit, vermittelt fehlende spezielle<br />

Personenschutzausrüstung und berät hinsichtlich der erforderlichen Desinfektionsund<br />

Abfallbeseitigungsmaßnahmen und ggf. hinsichtlich der Organisation der<br />

Obduktion und der Bestattung [13].<br />

Beispielhaft ist im Folgenden die Struktur <strong>des</strong> „Kompetenzzentrums Hessen“,<br />

das im April 2001 eingerichtet wurde, dargestellt [16].<br />

Teil dieses Konzeptes ist die Etablierung eines Kompetenzzentrums für hochkontagiöse<br />

lebensbedrohliche Erkrankungen (KHLE). Das Kompetenzzentrum ist ein<br />

Netzwerk bestehend aus verschiedenen Einrichtungen und Institutionen (Abbildung<br />

10):<br />

246


Uni-Klinikum<br />

Isoliereinheit<br />

Beratung<br />

Hessisches Sozialministerium<br />

Kompetenzzentrum<br />

Infektiologie<br />

Stadtgesundheitsamt<br />

Organisation<br />

Beratung<br />

Management<br />

Branddirektion<br />

Transport<br />

Logistik<br />

Abb. 10 Struktur <strong>des</strong> „Kompetenzzentrums Hessen“ <strong>zur</strong> Beherrschung <strong>des</strong> Auftretens hochkontagiöser<br />

lebensbedrohlicher Erkrankungen<br />

• infektiologisch und tropenmedizinisch geschulte Fachärzte <strong>des</strong> Stadtgesundheitsamtes<br />

Frankfurt am Main, die eine Beraterfunktion für andere hessische<br />

Gesundheitsämter und bei Bedarf auch für Krankenhäuser über 24 Stunden/365<br />

Tage im Jahr übernehmen,<br />

• Ärzte und Pflegepersonal der Universitätsklinik Frankfurt am Main, die die<br />

medizinische Betreuung auf der jetzt fertig gestellten Isolierstation sicherstellen<br />

und<br />

• Vertreter der Branddirektion Frankfurt am Main, die für den Patiententransport<br />

zuständig sind.<br />

Eingebunden ist darüber hinaus als oberste Lan<strong>des</strong>gesundheitsbehörde das Hessische<br />

Sozialministerium, dem u. a. die länderübergreifende Koordination obliegt<br />

und das nach § 12 IfSG bei allen hochinfektiösen lebensbedrohlichen Erkrankungen<br />

unverzüglich zu informieren ist. Ebenfalls eingebunden ist die Infektionsepidemiologie<br />

(Zentrum für Gesundheitsschutz in Dillenburg), mikrobiologische und<br />

virologische Labordiagnostik (Labor der Universität Frankfurt/Main und Labor<br />

der Universität Marburg) sowie krankenhaushygienische Fachkompetenz.<br />

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin<br />

Infektionskrankheiten durch tropische Krankheitserreger stellen ein bedrücken<strong>des</strong><br />

Gesundheitsproblem dar, das in Zeiten von Globalisierung, Ferntourismus und<br />

Migration und terroristischem Bedrohungspotenzial in zunehmendem Maße auch<br />

Deutschland betrifft. Die Aufsehen erregenden Fälle von Erkrankungen mit hochansteckenden<br />

importierten Tropenviren der jüngsten Vergangenheit haben erneut<br />

bestätigt, dass Infektionskrankheiten keine Lan<strong>des</strong>grenzen kennen [17].<br />

247


Das Bernhard-Nocht-Institut (BNI) für Tropenmedizin in Hamburg widmet sich<br />

seit nunmehr 100 Jahren der Erforschung der Tropenkrankheiten, der Betreuung<br />

betroffener Patienten und der Fortbildung von Ärzten auf dem Gebiet der Tropenmedizin.<br />

Es nimmt vielfältige Aufgaben in der Behandlung und Diagnostik von<br />

Tropenkrankheiten war und ist durch seine enge Verknüpfung von anwendungsorientierter<br />

Grundlagenforschung, Klinik und Diagnostik traditionell von Interdisziplinarität<br />

geprägt. Als größte und bedeutendste Forschungsinstitution und als das<br />

Nationale Referenzzentrum für Tropenmedizin in Deutschland genießt das Institut<br />

seit langem Weltruf und verfügt über das breiteste Nachweisspektrum von Erregern<br />

tropischer Infektionen, darunter seltener Erreger wie Pocken-, Ebola- und<br />

Lassaviren. Zum Einsatz kamen die Experten <strong>des</strong> BNI auch bei einem Fall von<br />

Gelbfieber in Berlin 1999, bei Lassafällen in Würzburg, Wiesbaden und Leiden<br />

(Holland) im Jahr 2000. Im Herbst <strong>des</strong> vergangenen Jahres hatte das Institut nach<br />

den US-amerikanischen Anthrax-Attacken sehr schnell Nachweismethoden für<br />

Milzbrandsporen entwickelt und über 200 Briefe aus Hamburg, Niedersachsen und<br />

dem übrigen Bun<strong>des</strong>gebiet untersucht.<br />

Im Rahmen eines Programms <strong>zur</strong> Terrorbekämpfung hat der Haushaltsausschuss<br />

der Bun<strong>des</strong>regierung im März 2002 rund 1,6 Millionen Euro für das BNI bewilligt,<br />

um neue Nachweisverfahren für bioterroristisch nutzbare Infektionserreger zu<br />

entwickeln. Außerdem wird das Institut baulich erweitert; es verfügt seit langem<br />

über ein Hochsicherheitslabor und eine spezielle Isolierbetteneinheit. Für Fragen<br />

<strong>zur</strong> Aufklärung von Symptomenkomplexen, Infektionskrankheiten und deren Diagnostik,<br />

Probenentnahmen <strong>zur</strong> Analyse und Therapie einschließlich Rat und Hilfe<br />

von Experten vor Ort und der Möglichkeit der Patientenisolierung kann das BNI<br />

als äußerst kompetenter Ansprechpartner den Arzt im ÖGD bei Verdacht auf<br />

Vorliegen hochkontagiöser Erkrankungen unterstützen.<br />

248


Bewertung<br />

Nach den von uns skizzierten Kriterien ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild:<br />

Kriterium<br />

Regionale<br />

Strahlenschutzzentren<br />

Bund-Länder-<br />

Arbeitsgruppe<br />

Bernhard-Nocht-<br />

Institut<br />

24-h Erreichbarkeit + + + + + + + + +<br />

Wissenstransfer<br />

- Symptome<br />

- Diagnostik<br />

- Erstmaßnahmen<br />

- Dekontamination<br />

- Transport<br />

Beratung<br />

- fernkommunikativ<br />

- vor Ort<br />

Unterstützung vor Ort<br />

- Personal<br />

- Hilfsmittel,<br />

Ausrüstung<br />

- Analysen,<br />

Überwachung<br />

- Medikamente<br />

- prakt. Arbeiten<br />

- Dekontamination<br />

- Evakuierung<br />

- Transport<br />

- Rettung<br />

- Kommunikation<br />

- Kooperation<br />

Unterstützung nicht vor<br />

Ort<br />

- medizinische<br />

Spezialversorgung<br />

- Dekontamination<br />

von Personen<br />

- Dekontamination,<br />

Entsorgung von<br />

Materialien<br />

Besonderheiten<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+<br />

–<br />

+ –<br />

+ –––––<br />

+<br />

+<br />

+<br />

–<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

Abb. 11 Exemplarische Evaluierung von in Deutschland bestehenden Zentren für die Gefahrenabwehr<br />

bei außergewöhnlichen Seuchengeschehen hinsichtlich ihres Profils <strong>zur</strong> Unterstützung<br />

<strong>des</strong> Arztes im ÖGD im Katastrophenfall; + = erfüllt; - = nicht erfüllt; ? =<br />

nicht beurteilbar/unzutreffend<br />

+<br />

–<br />

+ –<br />

+ –––––<br />

+<br />

+<br />

?<br />

+<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+<br />

–<br />

+ –<br />

+ –––––<br />

+<br />

+<br />

?<br />

–<br />

249


Kommentar:<br />

Die bisherige Arbeit der „Kompetenzzentren“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat<br />

sich in der Praxis bereits bewährt. In den Fällen, bei denen „Kompetenzzentren“<br />

bisher zu Hilfe gerufen wurden, konnte schnell der Verdacht auf das Vorliegen<br />

einer hochkontagiösen Erkrankung ausgeräumt werden. Eine sonst notwendige<br />

zeit- und kostenintensive Isolierung der betroffenen Patienten ließ sich so vermeiden.<br />

Die nach dem 11. September aufgekommene Bedrohung durch Bioterrorismus<br />

in ihrer Auswirkung auf Deutschland (Milzbrandfehlalarme) hat gezeigt, dass die<br />

neue Struktur eines Wissens- und Kompetenzzentrums für hochkontagiöse<br />

lebensbedrohliche Infektionserkrankungen durch die Verknüpfung von Öffentlichem<br />

Gesundheitsdienst, Diagnostik, Klinik, Feuerwehr und Krankenhaushygiene<br />

auch auf zunächst unerwartete infektiologische Situationen schnell und professionell<br />

reagieren kann.<br />

Als derzeit unvorteilhaft anzusehen ist, dass bisher zwar eine flächendeckende Versorgung<br />

für hochkontagiöse Erkrankungen mit Seuchengefahr in der BRD geplant<br />

ist, durch die Ansiedlung bzw. <strong>Einbindung</strong> in die entsprechenden Länderministerien<br />

jedoch aus finanztechnischen Gründen die Zuständigkeit meist auf das entsprechende<br />

Bun<strong>des</strong>land begrenzt ist. Weiterführende Regelungen sind <strong>des</strong>halb für<br />

das gesamte Bun<strong>des</strong>gebiet zu treffen.<br />

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg kann – neben dem<br />

Robert-Koch-Institut – als Auskunftsstelle für den Arzt im ÖGD dienen, ist aber<br />

auch nicht für die gleichzeitige Betreuung vieler erkrankter Patienten gerüstet.<br />

Zentren bei Freisetzung biologischer (Kampf-)Stoffe (B-Fall)<br />

Das Robert-Koch-Institut (RKI), Berlin<br />

Für das Auftreten einer zivilen Katastrophe bedingt durch die Freisetzung biologischer<br />

(Kampf-) Stoffe ist das Robert-Koch-Institut als das nationale Kompetenzzentrum<br />

anzusehen; es soll die Gefährdungs- und Bedrohungslage weltweit sammeln,<br />

analysieren und adäquate Schlüsse für die Bun<strong>des</strong>republik Deutschland<br />

ziehen. Seine spezifischen Funktionen und Aufgaben sind im vorhergehenden<br />

Abschnitt bereits detailliert beschrieben worden.<br />

Kompetenzzentren der Bun<strong>des</strong>wehr<br />

Das Bun<strong>des</strong>ministerium für Verteidigung unterhält Programme <strong>zur</strong> Weiterentwicklung<br />

der Fähigkeiten der Bun<strong>des</strong>wehr zum Schutz vor atomaren, biologischen und<br />

chemischen Waffen. Obwohl die Bun<strong>des</strong>wehr eigentlich einen anderen Auftrag als<br />

<strong>zur</strong> subsidiären Unterstützung <strong>des</strong> zivilen Bereichs <strong>des</strong> Katastrophenschutzes hat<br />

bzw. keine Kräfte und Mittel für diesen vorhält, signalisierten unsere Ansprechpartner<br />

stets Kooperationsbereitschaft, ja waren teilweise sogar in zivile Katastrophenschutzpläne<br />

mit eingebunden. Da es aber angesichts der jüngsten Historie<br />

Deutschlands und der aktuellen weltpolitischen Lage ratsam erscheint, auch dem<br />

250


Arzt im ÖGD Ansprechpartner mit adäquater Fachkompetenz <strong>zur</strong> Abwehr von biologischen<br />

Gefahren- und Kampfstoffen <strong>zur</strong> Unterstützung <strong>zur</strong> Seite zu geben, sollen<br />

hier nur Möglichkeiten der Wissens- und Kompetenzzentren der Bun<strong>des</strong>wehr<br />

<strong>zur</strong> Bewältigung einer Katastrophe mit biologischen Gefahren diskutiert werden.<br />

Die Bun<strong>des</strong>wehr unterhält ein mit der NATO abgestimmtes System zum Schutz<br />

vor biologischen Gefährdungen, das im Wesentlichen vier Komponenten umfasst<br />

[18]: Abschreckungsmaßnahmen <strong>zur</strong> Verhinderung <strong>des</strong> Einsatzes von B-Waffen,<br />

von der ABC-Abwehr getragene technische B-Schutzmaßnahmen <strong>zur</strong> Verhinderung<br />

einer Exposition gegen ausgebrachte Kampfstoffe, die B-Aufklärung zum<br />

möglichst frühzeitigen Nachweis von B-Stoffen und deren Identifikation sowie die<br />

B-Dekontamination <strong>zur</strong> Reduktion der Kampfstoffaufnahme. Für den Arzt im<br />

ÖGD von besonderer Bedeutsamkeit erscheinen die Möglichkeiten der B-Detektion<br />

in der Umwelt, die Warnung und Alarmierung vor B-Stoffen mit zeitlichem<br />

Vorlauf z.B. für Evakuierungsmaßnahmen sowie die Dekontaminationsmöglichkeiten<br />

nicht nur bei gesunden Personen sondern auch bei konventionell Verwundeten<br />

und B-Stoff geschädigten Patienten.<br />

Die Bun<strong>des</strong>wehr unterscheidet zwischen dem technischen und medizinischen<br />

B-Schutz. Der technische B-Schutz dient der Aufklärung und Dekontamination<br />

von Material- und Gerätschaften, von Bekleidung und Ausrüstung [19]. Unter der<br />

Vorstellung, dass es bei einem Angriff zu einer Freisetzung von B-Kampfstoffaerosolen<br />

käme, soll mithilfe <strong>des</strong> technischen B-Schutzes die Ausbreitung und<br />

Wirksamkeit der B-Stoffe erheblich und effektiv reduziert werden. Der medizinische<br />

B-Schutz ist ein Komplex aus medizinischen, organisatorischen und logistischen<br />

Prinzipien, Verfahren und Maßnahmen, die auf Folgen<strong>des</strong> ausgerichtet sind<br />

[20]:<br />

• Schutz und Wiederherstellung der Gesundheit der Soldaten durch diagnostische,<br />

immun- oder chemoprophylaktische und therapeutische Maßnahmen<br />

• Bewahrung <strong>des</strong> Personals beim Umgang mit ansteckungsfähigen Patienten<br />

oder Material durch Prophylaxe, Isolier- und Schutzmaßnahmen vor Ansteckung<br />

• Verhinderung der Entstehung, Ausbreitung und dem Übergreifen von Seuchen<br />

auf die Zivilbevölkerung durch seuchenhygienische Maßnahmen (Absonderung,<br />

Desinfektion, Schädlingsbekämpfung) und <strong>des</strong> Imports gefährlicher<br />

Infektionskrankheiten nach Deutschland<br />

• zweifelsfreie Abklärung von B-Angriffen und ungewöhnlichen Krankheitsund<br />

To<strong>des</strong>fällen mithilfe der B-Aufklärung und Spezialdiagnostik .<br />

Zur medizinischen Versorgung bei einer akuten B-Bedrohung gehören auch aktive<br />

und passive Immunisierungsmaßnahmen, Chemoprophylaxe sowie postexpositionelle<br />

Immunprophylaxen. Im Hinblick auf die Realisierbarkeit dieser Zielbereiche<br />

ist jedoch bei Betrachtung der Präventivmaßnahmen für die Situation in<br />

Deutschland in Bezug auf die Verfügbarkeit von Impfstoffen z.B. für das sogenannte<br />

„Dirty Dozen“ zu konstatieren, dass die in geringen Mengen vorliegenden<br />

Impfstoffe nicht vor einer Exposition schützen würden [18].<br />

251


Entsprechend der Fachkonzeption <strong>des</strong> medizinischen ABC-Schutzes hat der Sanitätsdienst<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr neben prophylaktischen und therapeutischen Maßnahmen<br />

auch den Auftrag <strong>zur</strong> Weiterentwicklung von Verfahren <strong>zur</strong> biologischen<br />

Abwehrforschung, deren Erprobung und deren Überführung in die Praxis. Das<br />

Bun<strong>des</strong>ministerium für Verteidigung unterhält Forschungsprogramme in den Wissens-<br />

und Kompetenzzentren der Bun<strong>des</strong>wehr, aber auch durch Vergabe von Forschungsvorhaben<br />

an zivile Auftragnehmer an Universitäten mit Erfahrungen und<br />

Erlaubnis zum Umgang mit Erregern der Risikogruppen 3 und 4 [21].<br />

Als Wissenszentren für biologische Gefahrenstoffe und Waffen seien in Zusammenhang<br />

mit diesem Forschungsprojekt die Sanitätsakademie der Bun<strong>des</strong>wehr<br />

in München, das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien – ABC-<br />

Schutz der Bun<strong>des</strong>wehr in Munster und die ABC-Schule der Bun<strong>des</strong>wehr in Sonthofen<br />

genannt.<br />

Das Institut für Mikrobiologie der Sanitätsakademie der Bun<strong>des</strong>wehr in München<br />

arbeitet neben seinem Bereitstellungsauftrag von Expertise und Ausbildung im<br />

medizinischen B-Schutz an Forschungen, Entwicklungen und Erprobungen von<br />

Prinzipien, Verfahren und Produkten <strong>zur</strong> Identifizierung und Differenzierung<br />

potenzieller B-Agenzien (sog. B-Waffen-Schutzforschung) und darüber hinaus an<br />

Verfahren <strong>zur</strong> Erkennung ausgewählter durch potenzielle B-Kampfstoffe bedingter<br />

Krankheiten und klinisch stummer B-Expositionen [22]. Das Institut gilt als<br />

Experten-Labor für Arbeiten z.B. <strong>zur</strong> Hasenpest, Pest, Tularämie, Orthopocken<br />

oder Melioidose und diversen Viren. Es ist eher grundlagenforschungsorientiert<br />

und entwickelt Nachweisverfahren auf immunologischer und molekularbiologischer<br />

Basis, die sich u.a. bei der Aufklärung von Tularämieausbrüchen im Kosovo<br />

bewährten.<br />

Das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz der<br />

Bun<strong>des</strong>wehr in Munster [23] ist das einzige größere deutsche Institut das sich mit<br />

dem Wirkspektrum von Massenvernichtungswaffen auch auf Materialien und<br />

Systeme in ihrer Funktion beschäftigt. Ziel dieser Arbeiten ist der wirkungsvolle<br />

Schutz der deutschen Streitkräfte durch Bereitstellung moderner Schutztechnologien<br />

und Bewertung ihrer Leistungsgrenzen. Im Bereich <strong>des</strong> ABC-Schutzes hat das<br />

Institut vor allem die Aufgabe, Produkte der Grundlagenforschung auf ihre Praxistauglichkeit<br />

zu überprüfen und <strong>zur</strong> Einsatzfähigkeit weiter zu entwickeln. Das<br />

Spektrum der Produktentwicklungen reicht hier von der Schutzmaske über Schutzkleidung<br />

bis zu Filteranlagen in Fahrzeugen und Gebäuden. Bezüglich B-Waffen-<br />

Erregern werden Nachweissysteme, Probenentnahmegeräte, Luftkeimsammler,<br />

Schnellnachweise und kommerziell nutzbare Testkits sowie Desinfektions- und<br />

Dekontaminationsverfahren <strong>zur</strong> Praxisreife entwickelt. Das Institut beschäftigt<br />

sich mit Detektionsmöglichkeiten zum Nachweis und <strong>zur</strong> Analytik toxischer Substanzen,<br />

Kernstrukturen und chemischer und biologischer Kampfstoffe in verschiedenen<br />

Matrices, dem Boden, der Luft und dem Wasser. Es wird erforscht, wie<br />

Mensch und Material restlos dekontaminiert werden können. Außerdem werden<br />

Verfahren der Löschtechnik zum Brandschutz mit Verträglichkeit für Mensch und<br />

Umwelt untersucht. Das Institut ist nach DIN EN ISO 9001 zertifiziert und die<br />

Labors sind akkreditiert. Es unterstützt bei allen Fragen zum Umweltschutz, Strah-<br />

252


lenschutz und der Gefahrenabwehr. Im Rahmen der Milzbrandverdachtsfälle im<br />

Herbst 2001 hat das Institut den öffentlichen Gesundheitsdienst in allen Belangen<br />

<strong>des</strong> Managements einschließlich personeller Hilfe vor Ort fachlich unterstützt.<br />

Die ABC-Selbstschutzschule und das ABC-Abwehr-Lehrbataillon der Bun<strong>des</strong>wehr<br />

in Sonthofen gelten als Wissens- und Kompetenzzentrum <strong>zur</strong> Ausbildung<br />

und Abwehr gegen atomare, biologische und chemische Kampfstoffe. Im militärischen<br />

Bereich liegen die Aufgaben der Schule neben ihren Ausbildungspflichten<br />

schwerpunktmäßig für den Ernstfall in der Aufklärung und Dekontamination von<br />

Material, Gerät, Ausrüstung und Bekleidung nicht-verwundeten Personals, also<br />

prinzipiell dem Sektor <strong>des</strong> sogenannten technischen ABC-Schutzes. So war die<br />

Schule z. B. bei Aufklärungs- und Dekontaminationsaufgaben in Folge <strong>des</strong> Reaktorunglücks<br />

in Tschernobyl beteiligt. Für den weiterführenden medizinischen<br />

Schutz bei militärischen Operationen ist dann wieder überlappend die Sanitätsakademie<br />

in München zuständig. Die ABC-Schule in Sonthofen hat aber auch bereits<br />

im Bereich <strong>des</strong> zivilen Katastrophenschutzes Aufgaben übernommen wie z. B. in<br />

Kooperationen <strong>zur</strong> Schulung ziviler Katastropheneinheiten wie dem Technischen<br />

Hilfswerk, der Feuerwehr und Polizei. Die ABC-Schule ist auch in zivile kommunale<br />

Katastrophenschutzpläne eingebunden.<br />

Bewertung<br />

Nach den von uns skizzierten Kriterien ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild (Abbildung 12):<br />

Kommentar:<br />

Da die Aufgabenstellung dieses Projektes auf eine bessere Vorsorgeplanung für die<br />

Versorgung der Bevölkerung durch optimiertere <strong>Einbindung</strong> der Amtsärzte in die<br />

zivile Katastrophenabwehr fokussiert ist, können und sollen an dieser Stelle kommentierend<br />

nur die Möglichkeiten medizinischer Hilfestellungen für den Amtsarzt<br />

angesprochen werden:<br />

Das Robert-Koch-Institut erscheint als eine komplexe Organisationsstruktur mit<br />

vielfältigsten Aufgaben und Vorhaben auf nationaler Ebene. Es gilt gerade auch<br />

bei zivilen Katastrophen mit biologischen (Kampf-)Stoffen als das Zentrum<br />

Deutschlands mit weitreichender Sachkompetenz für biologische Agenzien aller<br />

Art. Da unbedingt direkte Ansprechpartner in den verschiedenen Abteilungen als<br />

Anlaufstellen für die spezifischen Probleme <strong>des</strong> Amtsarztes bei unterschiedlichsten<br />

Szenarien festgelegt und entsprechende Rufbereitschaften geregelt werden müssen,<br />

werden gegenwärtig Konzepte und Materialien für ein Kommunikationsnetzwerk<br />

zu den Gesundheitsämtern und die Einsatzkräfte im Seuchenfall vorbereitet. Insbesondere<br />

vor dem aktuellen weltpolitischen Hintergrund gilt es, eine derartig<br />

ausgestaltete und ausreichende Infrastruktur im RKI zu schaffen, so dass im Katastrophenfall<br />

rasche, effiziente und jederzeit verfügbare Unterstützung erhalten<br />

werden kann. Jedoch weist auch das RKI ausdrücklich darauf hin, dass (Zitat)<br />

„die in Zukunft möglicherweise auf uns zukommenden Probleme nur in<br />

Zusammenarbeit und mit Unterstützung von außen bewältigt werden können“<br />

[24].<br />

253


Kriterium Robert-Koch-Institut Bun<strong>des</strong>wehr<br />

24-h Erreichbarkeit + + + + +<br />

Wissenstransfer<br />

- Symptome<br />

- Diagnostik<br />

- Erstmaßnahmen<br />

- Dekontamination<br />

- Transport<br />

Beratung<br />

- fernkommunikativ<br />

- vor Ort<br />

Unterstützung vor Ort<br />

- Personal<br />

- Hilfsmittel,<br />

Ausrüstung<br />

- Analysen,<br />

Überwachung<br />

- Medikamente<br />

- prakt. Arbeiten<br />

- Dekontamination<br />

- Evakuierung<br />

- Transport<br />

- Rettung<br />

- Kommunikation<br />

- Kooperation<br />

Unterstützung nicht vor Ort<br />

- medizinische<br />

Spezialversorgung<br />

- Dekontamination<br />

von Personen<br />

- Dekontamination,<br />

Entsorgung von<br />

Materialien<br />

Besonderheiten<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

Abb. 12 Exemplarische Evaluierung von in Deutschland bestehenden Zentren für den Fall <strong>des</strong><br />

Freiwerdens biologischer (Kampf-)Stoffe hinsichtlich ihres Profils <strong>zur</strong> Unterstützung<br />

<strong>des</strong> Arztes im ÖGD im Katastrophenfall; + = erfüllt;- = nicht erfüllt; ? = nicht<br />

beurteilbar/unzutreffend<br />

Die Bun<strong>des</strong>wehr hat, kann und wird im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit<br />

in Ausnahmesituationen auch im zivilen Bereich fachkompetente Hilfestellung<br />

in allen Belangen der biologischen Gefahrenabwehr zum Schutz der Bevölkerung<br />

leisten. Dennoch sind die Mittel und Möglichkeiten der Bun<strong>des</strong>wehr a priori<br />

nicht für den zivilen Bereich vorgesehen und sollen gerade auch im Sektor der<br />

254<br />

–<br />

–<br />

+<br />

+ –––––<br />

+<br />

+<br />

–<br />

–<br />

–<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+


B-Abwehr noch ausgebaut werden. Müssten <strong>des</strong>halb z.B. im Rahmen von Auslandseinsätzen<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr nahezu alle <strong>zur</strong> Zeit <strong>zur</strong> Verfügung stehenden<br />

Ressourcen und fachkompetenten Berater für die B-Abwehr ins Ausland verbracht<br />

werden, so ist davon auszugehen, dass bei gleichzeitigem Auftreten einer<br />

Katastrophe durch biologische Gefahrenstoffe im eigenen Land nicht mehr auf<br />

fachkompetente Hilfe in den Zentren der Bun<strong>des</strong>wehr <strong>zur</strong>ückgegriffen werden<br />

könnte.<br />

Zentren bei Freisetzung chemischer (Gefahren-)Stoffe (C-Fall)<br />

Bei Unfällen oder Katastrophen mit Freisetzung chemischer (Gefahren-)Stoffe<br />

könnten folgende Zentren mit Spezialwissen als Anlaufstellen für den Arzt im<br />

ÖGD in Frage kommen:<br />

MEDITOX®<br />

In Baden-Württemberg wurde unter Leitung der Deutschen Rettungsflugwacht<br />

eine medizinisch-toxikologische Informationszentrale als Expertensystem für<br />

Gefahrgutunfälle entwickelt. Durch Integration der Alarmzentrale der Deutschen<br />

Rettungsflugwacht, Datenbanken, aktueller Telekommunikation und einem Bereitschaftsdienst<br />

von Toxikologen kann seit November 1996 bei Schadensfällen eine<br />

Einsatzleitung unterstützt werden [25]. Nach Erstellung eines vorbereiteten Notfallprotokolls<br />

erfolgt die Beratung durch MEDITOX aus dem Hintergrund per<br />

Telefon oder Fax. Die MEDITOX-Fachberater sind speziell notfallmedizinisch<br />

ausgebildet, leitende Notärzte oder verfügen über Erfahrung als überregional tätige<br />

Berater bei Gefahrgutunfällen. Es erfolgt keine klinische Einzelfall- oder Laienberatung.<br />

Bei Bedarf werden neben analytischer Beratung auch eigene Analytiksysteme<br />

z.B. in Kooperation mit der Berufsfeuerwehr Mannheim verwendet. Es<br />

ist möglich, die komplett luftverlastbar ausgelegte Analytik-Einheit an den Schadensort<br />

zu verlegen und engmaschige Analysen vor Ort durchzuführen. MEDI-<br />

TOX schätzt das Ausbreitungsverhalten der gefährlichen Substanz mithilfe von<br />

mikrometeorologischen Rechenmodellen ab und legt Gefährdungsbereiche in<br />

Kooperation mit der Einsatzleitung fest. Die Beratungstätigkeit von MEDITOX<br />

erfolgt kostenfrei. Bei Einschaltung der MEDITOX-Analytik-Einheit werden die<br />

Kosten feuerwehrintern nach dem Verursacherprinzip abgerechnet. Darüber hinaus<br />

weisen die Mitarbeiter von MEDITOX großes rettungsdienst-logistisches Wissen<br />

auf, was <strong>zur</strong> Vermittlung von Spezialkliniken, Antidotbeschaffung etc. hilfreich<br />

sein kann.<br />

MEDITOX wurde konzipiert für Gefahrgutunfälle mit und ohne Freisetzung <strong>des</strong><br />

Transportguts, Unfälle mit Chemikalien in Betrieben und bei Großbränden sowie<br />

für Brände in Problembereichen mit der Gefahr der Freisetzung hochtoxischer<br />

Brandgase, Geruchsbelästigungen und unbekannten Vergiftungen. Bei Fragen oder<br />

im Katastrophenfall können sich die Ärzte im ÖGD an MEDITOX wenden.<br />

255


Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS)<br />

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat 1982 in Zusammenarbeit mit den<br />

Innenministerien der Länder ein flächendecken<strong>des</strong>, freiwilliges Hilfeleistungssystem<br />

für Unfälle mit Chemikalien aufgebaut. Das Transport-Unfall-Informationsund<br />

Hilfeleistungssystem (TUIS) bietet bun<strong>des</strong>weit bei Gefahrgut-Transportunfällen,<br />

bei Unfällen im Lagerbereich und in akuten Gefahrensituationen Expertenhilfe<br />

durch Werksfeuerwehren und Spezialisten wie Chemikern, Toxikologe, Ökologen<br />

und Fachleuten aus der Produktion zahlreicher Chemieunternehmen [26]. TUIS<br />

steht den Einsatzleitern von Feuerwehr und Polizei, den Katastrophenschutzdiensten<br />

und den Behörden der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für Beratung,<br />

Anforderung von Fachleuten und speziellen Geräten über die Telefonnummern der<br />

TUIS angeschlossenen Unternehmen zu Verfügung. Außerdem entstand europaweit<br />

das „International Chemical Environment“-Programm (ICE), in dem alle<br />

nationalen Hilfeleistungssysteme <strong>zur</strong> professionellen Hilfe bei Transportunfällen<br />

gebündelt sind. In Deutschland hat als nationale Leitstelle für den Informationsaustausch<br />

die Werksfeuerwehr der BASF Aktiengesellschaft in Ludwigshafen<br />

diese Rolle übernommen.<br />

TUIS bietet drei Stufen der Hilfeleistung an:<br />

• Beratung durch Experten am Telefon mit Weitergabe von Datenbankinformationen<br />

und möglichen Empfehlungen.<br />

• Beratung durch Experten am Unfallort bei besonderen Gefahrenlagen<br />

• Aktive technische Hilfeleistung am Unfallort durch die Werksfeuerwehren<br />

Im Bedarfsfall können die zuständigen Behörden das nächstgelegene TUIS-Mitgliedsunternehmen<br />

direkt in Anspruch nehmen; die Informationen und die angebotene<br />

Hilfeleistungsstufe, die jedoch nicht immer alle drei Stufen umfassen muss,<br />

befinden sich auf einer TUIS-Diskette, dem TUIS-Handbuch oder sind im Notfall<br />

rund um die Uhr über den Vermittlungshilfenotruf zu erhalten. Nach Ausfüllen<br />

eines standardisierten Fragebogens nimmt das Unternehmen im TUIS-Verbund,<br />

das um Hilfe gebeten wird, die wesentlichen Angaben zu einem Unfall auf und<br />

leitet sie an Experten oder die Hersteller der Substanz weiter. Die jeweils alarmierte<br />

Werksfeuerwehr <strong>des</strong> TUIS-Mitgliedsunternehmens bietet den öffentlichen Helfern<br />

im Notfall jede mögliche Hilfe. BASF in Ludwigshafen unterstützt die Einsatzleitung<br />

vor Ort auch mit Rettungssanitätern, wenn es sich bei der zu bewältigenden<br />

chemischen Substanz um ein Produkt aus der eigenen Firma handelt.<br />

Da TUIS als ein Expertensystem Bestandteil in den Katastrophenschutzplänen der<br />

Bun<strong>des</strong>regierung und der Bun<strong>des</strong>länder, dem Bun<strong>des</strong>verkehrsministerium und den<br />

Städten und Gemeinden ist, stellt TUIS auch für den Arzt im ÖGD eine kompetente<br />

Informationsquelle dar. Nicht ganz klar ist jedoch, in wieweit der Arzt im<br />

ÖGD <strong>zur</strong> Versorgung der Verunfallten und Gefährdeten medizinisch relevante<br />

Informationen und medizinische Hilfe vor Ort von den teilnehmenden Einzel-<br />

Unternehmen und Feuerwehren erhalten kann. Dies scheint speziell auch bei zu<br />

beherrschenden Situationen mit Fremdprodukten anderer Firmen als der <strong>des</strong> alarmierten<br />

TUIS-Mitgliedsunternehmens nicht geregelt und schwierig zu sein.<br />

256


Giftnotrufzentralen<br />

Die Giftnotrufzentralen oder Giftinformationszentralen (GIZ) der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland bieten umfassende fernkommunikative Hilfe bei Vergiftungen von<br />

Einzelpersonen durch giftige Pilze, Tiere, Chemikalien, Pestizide, Reinigungsmittel,<br />

Drogen, Medikamente, Schwermetalle oder Umweltgifte an [27].<br />

Die GIZ sind Zusammenschlüsse von Abteilungen einzelner Kliniken, Krankenhäusern<br />

und pharmakologischen und toxikologischen Instituten und arbeiten teilweise<br />

z. B. mit Feuerwehren und dem Rettungsdienst <strong>zur</strong> toxikologischen Versorgung<br />

vor Ort zusammen. Über diese Informationszentren sind auch die am nächsten<br />

gelegenen toxikologischen Zentren mit einem 24-Stunden-Dienst zu erfragen<br />

sowie Auskünfte zu Antidota, Notfallmedikamenten und Empfehlungen <strong>zur</strong> primären<br />

Giftentfernung zu erhalten.<br />

Einige der Informationszentren haben in Zusammenarbeit mit Firmen, die technische,<br />

chemische und pharmazeutische Produkte herstellen oder in Europa vertreiben<br />

einen Firmenservice <strong>zur</strong> qualitätsorientierten Beratung in jedem akuten Vergiftungsfall<br />

mit ausführlichen Angaben zu den jeweiligen Produkten erstellt. Im<br />

Rahmen eines vom Bun<strong>des</strong>ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

geleiteten Projektes wird von den deutschen Giftinformationszentren, dem<br />

Bun<strong>des</strong>institut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Berlin,<br />

und dem Industrieverband Körperpflege und Waschmittel, Frankfurt, z.Zt. ein<br />

Verfahren entwickelt, das den Austausch dieser Informationen zwischen den beteiligten<br />

Zentren schnell und weitgehend automatisiert ermöglicht, sodass zukünftig<br />

nach Meldung an ein Zentrum eine einfache und schnelle Weiterleitung an alle<br />

Giftinformationszentren möglich ist. Unternehmen, die Produkte an gewerbliche<br />

Kunden weitergeben, müssen für ihre Produkte oft Sicherheitsdatenblätter nach<br />

den europaweit gültigen Regeln (Art. 3 Richtlinie 91/155/EWG v. 05.03.1991)<br />

erstellen (mit jederzeit erreichbarer firmeninterner Notrufnummer oder Notrufnummer<br />

einer Giftinformationszentrale).<br />

Die Giftnotrufzentralen sind jedoch primär nicht dafür konzipiert, beim Management<br />

von großflächigen Schadensereignissen oder Katastrophen mit Beteiligung<br />

von vielen verletzten Personen und der Freisetzung von toxischen Substanzen,<br />

Hilfe zu leisten (eine Liste der Adressen der Giftnotrufzentralen befindet sich im<br />

Anhang zu diesem Buchkapitel).<br />

257


Bewertung<br />

Nach den von uns skizzierten Kriterien ergibt sich folgen<strong>des</strong> Bild (Abbildung 13):<br />

Kriterium MEDITOX TUIS<br />

Gift-<br />

Notrufzentrale<br />

24-h Erreichbarkeit + + + + + + + +<br />

Wissenstransfer<br />

- Symptome<br />

- Diagnostik<br />

- Erstmaßnahmen<br />

- Dekontamination<br />

- Transport<br />

Beratung<br />

- fernkommunikativ<br />

- vor Ort<br />

Unterstützung vor Ort<br />

- Personal<br />

- Hilfsmittel,<br />

Ausrüstung<br />

- Analysen,<br />

Überwachung<br />

- Medikamente<br />

- prakt. Arbeiten<br />

- Dekontamination<br />

- Evakuierung<br />

- Transport<br />

- Rettung<br />

- Kommunikation<br />

- Kooperation<br />

Unterstützung nicht vor<br />

Ort<br />

- medizinische<br />

Spezialversorgung<br />

- Dekontamination<br />

von Personen<br />

- Dekontamination,<br />

Entsorgung von<br />

Materialien<br />

Besonderheiten<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

+ +<br />

– –<br />

Abb. 13 Exemplarische Evaluierung von in Deutschland bestehenden Zentren für den Fall <strong>des</strong><br />

Freiwerdens chemischer (Gefahren-)Stoffe hinsichtlich ihres Profils <strong>zur</strong> Unterstützung<br />

<strong>des</strong> Arztes im ÖGD im Katastrophenfall; + = erfüllt; – = nicht erfüllt; ? = nicht beurteilbar/unzutreffend<br />

258<br />

–<br />

+<br />

+ ––––––––<br />

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–<br />

–<br />

+ –––––––<br />

–<br />

–<br />

–<br />

z.T. Kooperation<br />

mit Industrie


Kommentar:<br />

Das Expertensystem MEDITOX erscheint als ein sehr kompetenter Ansprechpartner<br />

für den Arzt im ÖGD. Es ist aber auch bei diesem Netzwerk unklar, inwieweit<br />

seine Strukturen im Krisenfall einer Katastrophe mit einer Vielzahl von zu versorgenden<br />

Patienten noch ausreichend und effizient sind, um zielorientierte Handlungsanweisungen<br />

geben zu können.<br />

Der Zusammenschluss TUIS/ICE ist zwar direkt in die Katastrophenschutzpläne<br />

eingebunden, aber es bestehen nicht in allen Unternehmen der chemischen Industrie<br />

zu ihren jeweiligen Produkten fachkompetente rund um die Uhr Bereitschaften.<br />

Die Werkfeuerwehr der BASF ist primär für den praktischen Einsatz<br />

vor Ort bei Unglücksfällen mit Agenzien aus der firmeneigenen Produktpalette<br />

vorgesehen und muss nicht unbedingt bei Gefahrenlagen mit chemischen Stoffen<br />

anderer Hersteller Hilfe leisten.<br />

Die Expertise der Giftnotrufzentralen für eine fernkommunikative Beratung ist zu<br />

einem relativ großen Spektrum an giftigen Agenzien sehr umfangreich und sollte<br />

für den Arzt im ÖGD auch bei Fragen in der Notfallsituation einer Katastrophe<br />

hilfreich sein können. Jedoch gilt erneut, dass die Leistungsfähigkeit der Zentren<br />

auf die Betreuung einzelner verunfallter Patienten ausgerichtet ist und keine Aussagen<br />

zu deren Funktionalität bei gleichzeitigem Anfall von vielen Verunglückten<br />

gemacht werden können.<br />

10.4 Erfordernisse und Lösungsansätze<br />

Die Umsetzung <strong>des</strong> Konzeptes der fachlichen Unterstützung der Ärzte im ÖGD<br />

in Katastrophensituationen durch Wissens- und Kompetenzzentren kann anhand<br />

der dargelegten Analysen im Rahmen dieses Forschungsprojektes nur vorgeschlagen<br />

werden, die Verwirklichung bedarf jedoch letztendlich der politischen Zustimmung<br />

und liegt nicht im Ermessen <strong>des</strong> Projektnehmers. Als Wegmarken einer<br />

nachhaltigen Umsetzungspolitik für die verbesserte <strong>Einbindung</strong> der Amtsärzte in<br />

die Katastrophenabwehr werden folgende Schritte vorgeschlagen:<br />

– Analyse der vorhandenen Zentren, Klärung <strong>des</strong> rechtlichen und administrativen<br />

Umfelds, sowie der Bedarfs- und Alarmplanung unter realistischer Einbeziehung<br />

der weiteren Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland auf kommunaler, Länder- und Bun<strong>des</strong>ebene;<br />

– Nachhaltigkeit in verbindlichen, tragfähigen Absprachen unter Einbeziehung<br />

horizontaler und vertikaler Schnittstellen zwischen den Entscheidungsträgern<br />

in der Politik, den Instituten und den Trägern der Zentren bezüglich medizinischer<br />

Hilfestellungen;<br />

– Etablierung der infrastrukturellen Voraussetzungen in den Zentren und in der<br />

Ressourcenverteilung als Basis für ein effizientes und rasches Handeln im<br />

Bedarfsfall unter multisektoraler Einbeziehung der Bedürfnisse der Gesundheitsbehörden<br />

und anderer Mitglieder <strong>des</strong> Katastrophenschutzstabes <strong>zur</strong> medizinischen<br />

Versorgung der Bevölkerung;<br />

259


– Nachhaltigkeit in der Etablierung der Kommunikation, der Koordination und<br />

<strong>des</strong> Trainings im Hinblick auf die katastrophenmedizinischen Bedürfnisse der<br />

Bevölkerung unter Einbeziehung der aktualisierten Gefährdungslage.<br />

Als längerfristige Lösung und damit in die Zukunft weisend, erscheint uns jedoch<br />

die Einrichtung eines nationalen Netzwerkes <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr mit direkter<br />

<strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD <strong>zur</strong> Vorsorge und zum Schutz der Bevölkerung<br />

bei Katastrophen notwendig. Dies gilt insbesondere auch unter den Aspekten der<br />

aktuellen weltpolitischen Bedrohungsszenarien (Abb. 14), damit der Arzt im ÖGD<br />

seiner Garantenstellung für die medizinische Versorgung der Bevölkerung im<br />

Katastrophenfall für die Zukunft gerecht werden kann.<br />

Abb. 14 Entwurf <strong>des</strong> Konzeptes eines Netzwerkes von Wissens- und Kompetenzzentren und<br />

einer Datenbank <strong>zur</strong> nationalen Katastrophenabwehr mit der Möglichkeit der verbesserten<br />

<strong>Einbindung</strong> der Ärzte im ÖGD in die Katastrophenbewältigung durch ihre Integration<br />

in das Netz<br />

260


Als Quintessenz verweist unser Projekt auf die Mangelhaftigkeit von „Insel-<br />

Lösungen“. Resümierend ergibt sich, dass das Kernstück eines Netzwerks <strong>zur</strong><br />

Bewältigung von Katastrophen eine Datenbank mit Zugriffsmöglichkeiten auf<br />

umfassende Informationen für A-, B-, C-, und Seuchenfälle sein sollte, wobei<br />

„Musterkonzepte“ für potenzielle Vorgehensweisen und das Management von früheren<br />

Katastrophen beispielhaft hinterlegt werden. Über ein neu zu schaffen<strong>des</strong><br />

Netzwerk-Komitee könnten adäquate Organisationsformen und Verbindungen<br />

zwischen der Wirtschaft, den Ressorts der Bun<strong>des</strong>- und Lan<strong>des</strong>regierungen, den<br />

entsprechenden Organen der Katastrophenabwehr sowie militärischen Einrichtungen<br />

etabliert und aufrechterhalten werden.<br />

Literatur<br />

[1] Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern: Bericht über <strong>Untersuchung</strong>en<br />

der gesetzlichen Regelungen zum Schutz und <strong>zur</strong> Rettung von Menschenleben<br />

sowie <strong>zur</strong> Wahrung und Wiederherstellung der Gesundheit bei<br />

Großschadensereignissen. Mai 1999<br />

[2] Projektgruppe 5 „Harmonisierung“: Führung und Leitung im Einsatz. Führungssystem.<br />

Vorschlage einer Dienstvorschrift. DV 100. In: Ständige Konferenz<br />

für Katastrophenvorsorge und Katastrophenschutz (Hrsg.). Köln<br />

August 2000. Internetadresse: http://www.katastrophenvorsorge.de.<br />

[3] Femmer, HJ, Mais, H: Katastrophenschutz und Zivilschutz im Gesundheitswesen.<br />

Öff Gesundh Wesen 1981; 43:632-646<br />

261


[4] Curio F: Curio F: Zivil- und Katastrophenschutz in Das grüne Gehirn, der<br />

Arzt <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitswesens. Bachmann W (Hrsg.) Loseblattwerk,<br />

August 2002<br />

[5] Bun<strong>des</strong>republik Deutschland: Infektionsschutzgesetz IFSG; Gesetz <strong>zur</strong> Neuordnung<br />

seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchenrechtsneuverordnungsgesetz<br />

– SeuchRNeuG) vom 20. Juli 2000<br />

[6] Antes G, Bassler D, Galandi D: Systematische Übersichtsarbeiten – ihre<br />

Rolle in der Evidenz-basierten Gesundheitsversorgung. Deutsches Ärzteblatt<br />

1999; 96:616-621<br />

[7] Corr B: deNIs geht online. Deutsches Notfallvorsorge-Informationssystem<br />

nimmt Wirkbetrieb auf. Bevölkerungsschutz 2002; 2:15-16. Internetadresse:<br />

www.denis.de<br />

[8] Institut für Strahlenschutz, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und<br />

Elektrotechnik Köln; Liste der RSZ unter Internetadresse:<br />

www.igs.lua.nrw.de<br />

[9] Kerntechnische Hilfsdienste GmbH, Karlsruhe;<br />

Internetadresse Homepage: www.khgmbh.de<br />

[10] Der Informationskreis Kernenergie Deutschland;<br />

Internetadresse Homepage: www.info-kernenergie.de<br />

[11] Das Robert-Koch-Institut, Berlin; Internetadresse Homepage: www.rki.de<br />

[12] Die Fachgruppe Seuchenschutz (FGS) am RKI;<br />

Internetadresse: www.rki.de/INFEKT/ALARM/ALARM.HTM<br />

[13] Fock R, Peters M, Wirtz A, Scholz D, Fell G, Bußmann H: Rahmenkonzept<br />

<strong>zur</strong> Gefahrenabwehr bei außergewöhnlichen Seuchengeschehen. Gesundheitswesen<br />

2001; 63: 695-702<br />

[14] Fock R, Bergmann H, Bußmann H, Fell G, Finke EJ, Niedrig M, Peters M,<br />

Scholz D, Wirtz A: Management und Kontrolle einer Influenzapandemie.<br />

Bun<strong>des</strong>gesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2001; 44:969-<br />

980<br />

[15] Fock, R, Koch, U, Finke, EJ, Niedrig, M, Wirtz, A, Peters, M, Scholz, D, Fell,<br />

G, Bußmann, H, Bergmann, H, Grünewald, T, Fleischer, K, Ruf, B: Schutz<br />

vor lebensbedrohenden importierten Krankheiten. Strukturelle Erfordernisse<br />

bei der Behandlung von Patienten und anti-epidemiologische Maßnahmen.<br />

Bun<strong>des</strong>gesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2000; 43:891-<br />

899<br />

262


[16] Gottschalk R, Star S, Bellinger O, Brodt HR, Just G, Helm EB, Wirtz A:<br />

Kompetenzzentren für hochkontagiöse lebensbedrohliche Erkrankungen.<br />

Hess Ärzteblatt 2002; 5:307-310<br />

[17] Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Hamburg.<br />

Homepage Internetadresse www.bni-hamburg.de<br />

[18] Veit Ch: Biologische Waffen – mehr als eine Bedrohung? Möglichkeiten und<br />

Grenzen <strong>des</strong> medizinischen B-Schutzes – eine Standortbestimmung aus Sicht<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr. Vortrag vor der Schutzkommission <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

<strong>des</strong> Innern in Freiburg am 25. Mai 2001 (Oberstarzt Dr. Chr. Veit war damals<br />

im BMVg InSan I 1, Bonn)<br />

[19] Finke EJ, Loscher J, Koch H: Planning of medical support for a threatened<br />

or actual biological environment. Principles, policies, and procedures. In:<br />

NBC risks, current capabilities, and future perspectives for protection. Sohns<br />

T and Voicu VA: NATO science series Vol 25, 1999, Kluwer Acad. Publisher<br />

Dordrecht<br />

[20] BMVg InspSan: Fachkonzept für medizinischen ABC-Schutz, 31.Oktober<br />

1997<br />

[21] The sunshine project: Hintergrundpapier zu „Biologische Waffen – Forschungsprojekte<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr“ und „Gentechnische Arbeiten bei der<br />

Bun<strong>des</strong>wehr 2002“. Internetadresse: www.sunshine-project.de<br />

[22] Finke EJ, Grunow R, Neubauer H, Meyer H: Das Institut für Mikrobiologie<br />

der Sanitätsakademie der Bun<strong>des</strong>wehr – Forschungsstätte im Dienste <strong>des</strong> B-<br />

Schutzes. Wehrmed Mschr 1999;43:9-12<br />

[23] Das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz,<br />

Munster. Homepage, Internetadresse: unter www.bund.de, Wissenschaftliche<br />

Institute<br />

[24] Robert Koch Institut: Vorsorge vor eventuellen bioterroristischen Anschlägen.<br />

Zu Aktivitäten und Angeboten <strong>des</strong> Robert-Koch-Instituts im Kontext der<br />

Bekämpfung von Seuchengeschehen. Epid Bull 2001; 46:349-351<br />

[25] Deutsche Rettungsflugwacht Stuttgart, Internetadresse Homepage MEDI-<br />

TOX®: www.meditox.org<br />

[26] Der Verband der Chemischen Industrie, Arbeitskreis Transport- Unfall- Informations-<br />

und Hilfeleistungssystem (TUIS):<br />

Homepage Internetadresse, www.vci.de<br />

[27] Giftinformationszentralen – Giftinformationen für alle (Not-)Fälle: Internetadresse:<br />

www.giftinfo.de<br />

263


Anhang – Adressliste Wissens- und Kompetenzzentren<br />

Zentren bei Freisetzung radioaktiver Stoffe (A-Fall)<br />

Strahlenschutzzentren mit 24-Stunden-Dienst [nach 8]:<br />

264<br />

Berlin: Universitätsklinikum Benjamin Franklin<br />

Abt. für Nuklearmedizin<br />

Hindenburgdamm 30<br />

12200 Berlin<br />

Telefon: (030) 8445-2171<br />

-3992 (*)<br />

Dresden: Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ der TU Dresden<br />

Klinik für Nuklearmedizin Fetscherstraße 74<br />

01307 Dresden<br />

Telefon: (0351) 458-2226<br />

Greifswald: Uniklinikum Greifswald<br />

Klinik für Nuklearmedizin<br />

Fleischmannstraße 42-44<br />

17487 Greifswald<br />

Telefon: (03834) 86-6975<br />

Hamburg: Allg. Krankenhaus St. Georg<br />

Abt. für Nuklearmedizin<br />

Lohmülenstraße 5<br />

20099 Hamburg<br />

Telefon: (040) 2890-2371<br />

-2256 (*)<br />

Hannover: Medizinische Hochschule<br />

Abt. Nuklearmedizin/Biophysik<br />

Carl-Neuberg-Straße 1<br />

30625 Hannover<br />

Telefon: (0511) 532-3197<br />

Homburg/Saar: Universitätskliniken <strong>des</strong> Saarlan<strong>des</strong><br />

Abt. für Nuklearmedizin<br />

Gebäude 50<br />

66421 Homburg/Saar<br />

Telefon: (06841) 16-2201<br />

-3305 (*)


Jülich: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf<br />

Nuklearmedizinische Klinik<br />

Leo-Brandt-Straße<br />

52428 Jülich<br />

Telefon: (02461) 61-5763<br />

Karlsruhe: Forschungszentrum Karlsruhe<br />

Medizinische Abteilung<br />

Hermann-von-Helmholtz-Platz 1<br />

76344 Karlsruhe<br />

Telefon: (07247) 82-3333<br />

München: Städtisches Krankenhaus Schwabing<br />

Institut für Medizinische Physik<br />

Kölner Platz 1<br />

80804 München<br />

Telefon: (089) 3068-2541<br />

-0 (*)<br />

Oberschleißheim: GSF Forschungszentrum<br />

Institut für Strahlenschutz<br />

Ingolstädter Landstraße 1<br />

85764 Oberschleißheim<br />

Telefon: (089) 3187-333<br />

Würzburg: Universität Würzburg<br />

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin<br />

Luitpoldkrankenhaus Bau 9<br />

Josef-Schneider-Straße 2<br />

97080 Würzburg<br />

Telefon: (0931) 201-5877<br />

(*) außerhalb der üblichen Dienstzeit<br />

Kerntechnische Hilfsdienste GmbH bei Karlsruhe<br />

Am Schröcker Tor 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, Telefon 07247-81-0;<br />

FAX: 07247-81-146<br />

265


Zentren bei Auftreten von Seuchen und hochkontagiösen<br />

Erkrankungen<br />

Robert-Koch-Institut<br />

Hauptsitz: Nordufer 20,<br />

13353 Berlin (Wedding);<br />

Telefon: 01888-754-3430<br />

Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin<br />

Bernhard-Nocht-Str. 74,<br />

20359 Hamburg;<br />

Telefon: 040-428-180;<br />

FAX: 040-428-520<br />

Zentren bei Freisetzung biologischer (Kampf-)Stoffe (B-Fall)<br />

Robert-Koch-Institut<br />

Hauptsitz: Nordufer 20,<br />

13353 Berlin (Wedding);<br />

Telefon: 01888-754-3430<br />

Bun<strong>des</strong>wehr<br />

266<br />

Sanitätsakademie der Bun<strong>des</strong>wehr, München<br />

Ernst-von-Bergmann-Kaserne,<br />

Neuherbergstr. 11,<br />

80937 München;<br />

Telefon: 089-3168-2805<br />

Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz<br />

der Bun<strong>des</strong>wehr, Munster<br />

Postfach 1142, D-29623 Munster oder Humboldtstraße,<br />

D-29633 Munster/ German Armed Forces Scientific Institute<br />

for Protection Technologies NBC-Protection, POB 1142,<br />

D-29623 Munster<br />

or Humboldtstraße, D-29633 Munster;<br />

Telefon: 05192-136-375;<br />

Fax: 05192-136-355<br />

ABC- und Selbstschutzschule / ABC-Abwehrbatallion der Bun<strong>des</strong>wehr,<br />

Sonthofen<br />

Standortverwaltung Sonthofen, Im Tannach 1,<br />

87527 Sonthofen;<br />

Telefon: 08321-278-0; Fax:08321-1064


Zentren bei Freisetzung chemischer (Gefahren-)Stoffe (C-Fall)<br />

MEDITOX®<br />

Deutsche Rettungsflugwacht Stuttgart<br />

Projektleiter: Dr. Dr. Alfred Reichert;<br />

Mail: meditoxgermany@aol.com<br />

Leitende Fachberater: Dr. med. Dipl. Chem. Richard Spörri<br />

und Roland Walther, Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal,<br />

Gutleutstraße 1-14,<br />

76646 BRUCHSAL;<br />

Telefon: +49-7251-708-0; FAX: +49-7251 –708-5424;<br />

Medizinaldirektor Walter Fessel; Sozialministerium Baden-<br />

Württemberg, Schellingstrasse 15, 70174 Stuttgart; Telefon:<br />

0711-123-0; FAX: 0711-123-399<br />

TUIS<br />

Transportunfälle Deutschland / National Response Center<br />

Transportunfälle Europa:<br />

Leitstelle der Werkfeuerwehr, BASF Ludwigshafen;<br />

Telefon: 0621-60-43333; FAX: 0621-60-92664<br />

Verband der chemischen Industrie e.V., Abteilung Technik<br />

und Umwelt, Karlstr. 21, 60329 Frankfurt;<br />

Telefon: 069-25560; FAX: 069-2556-1471<br />

Giftnotrufzentralen mit 24-Stunden-Dienst [nach 8]:<br />

Berlin:<br />

Universitätsklinikum Rudolf Virchow,<br />

Humboldt-Universität Berlin<br />

Station 43 b (Internist. Intensivstation)<br />

Augustenburger Platz 1<br />

13353 Berlin<br />

Durchwahl: (030) 4 50 -5 35 55-5 35 65<br />

Telefax: (030) 4 50 -5 39 09<br />

Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und<br />

Embryonaltoxikologie<br />

Pulsstraße 3-7<br />

14059 Berlin<br />

Zentrale: (030) 1 92 40<br />

Telefax: (030) 3 26 80 721<br />

267


268<br />

Bonn:<br />

Erfurt:<br />

Freiburg:<br />

Informationszentrale gegen Vergiftungen<br />

Zentrum für Kinderheilkunde der<br />

Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität<br />

Adenauerallee 119<br />

53113 Bonn<br />

Durchwahl: (0228) 2 87-32 11<br />

-33 33<br />

Telefax: (0228) 2 87-33 14<br />

Giftnotruf Erfurt<br />

Gemeinsames Giftinformationszentrum der Länder<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und<br />

Thüringen<br />

c/o Klinikum Erfurt<br />

Nordhäuser Straße 74<br />

99089 Erfurt<br />

Durchwahl: (0361) 73 07 30<br />

Telefax: (0361) 73 07 317<br />

Informationszentrale für Vergiftungen<br />

Universitäts-Kinderklinik<br />

Mathildenstraße 1<br />

79106 Freiburg<br />

Durchwahl: (0761) 2 70 -43 61<br />

Zentrale: (0761) 2 70 -43 00<br />

-43 01<br />

Telefax: (0761) 2 70 -44 57<br />

Giftinformationszentrum Nord<br />

der Länder Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein –<br />

Kontakt über Göttingen:<br />

Georg-August-Universität<br />

Kinderklinik und Poliklinik<br />

Robert-Koch-Straße 40<br />

37075 Göttingen<br />

Zentrale: (0551) 1 92 40<br />

Durchwahl: (0551) 38 31 80<br />

Telefax: (0551) 39 62 52<br />

Homburg/Saar:<br />

Universitätskliniken – Klinik für Kinder und Jugendmedizin<br />

66421 Homburg/Saar<br />

Durchwahl: (06841) 1 92 40<br />

Telefax: (06841) 16 83 14


Mainz:<br />

München:<br />

Nürnberg:<br />

Beratungsstelle bei Vergiftungen<br />

II. Medizinische Klinik und Poliklinik der<br />

Johannes-Gutenberg-Universität<br />

Langenbeckstraße 1<br />

55131 Mainz<br />

Durchwahl: (06131) 23 24 66<br />

Telefax: (06131) 17 66 05<br />

Giftnotruf München<br />

Toxikologische Abteilung der II. Medizinischen Klinik<br />

rechts der Isar der Technischen Universität München<br />

Ismanniger Straße 22<br />

81675 München<br />

Durchwahl: (089) 1 92 40<br />

Telefax: (089) 41 40 24 67<br />

II. Medizinische Klinik <strong>des</strong> Städtischen Klinikums<br />

Toxikologische Intensivstation<br />

Flurstraße 17<br />

90419 Nürnberg 90<br />

Zentrale: (0911) 3 98 -0<br />

Durchwahl: (0911) 3 98 -24 51<br />

Telefax: (0911) 3 98 -22 05<br />

269


11. Schlussfolgerungen<br />

• Nach Analysen der Gesetzeslage besteht keine Notwendigkeit <strong>zur</strong> Änderung<br />

der Katastrophenschutzgesetze hinsichtlich der <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes. Sowohl eine implizite <strong>Einbindung</strong> in den meisten<br />

Bun<strong>des</strong>ländern als auch die explizite <strong>Einbindung</strong> in einigen wenigen Bun<strong>des</strong>ländern<br />

kann für die Lösung der anstehenden verbesserten <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong><br />

ÖGD als ausreichend bewertet werden. Als Empfehlung kann vorgegeben werden,<br />

bei einer anstehenden Neufassung der Katastrophenschutzgesetze eine<br />

explizite <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD analog zum Gesetz über den <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienst in Sachsen-Anhalt vorzunehmen.<br />

• De facto ist die Einbeziehung der Ärzte im ÖGD in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung der Bevölkerung der Bun<strong>des</strong>republik Deutschland z. Zt. nur<br />

situationsadaptiert und bedarfsorientiert. Eine feste <strong>Einbindung</strong> besteht in<br />

geringem Umfang. Die Integration <strong>des</strong> ÖGD in Katastrophenpläne ist für spezifische<br />

Situationen, wie Auftreten einer Seuche, hochkontagiöse Infektionen<br />

von Einzelpersonen und amtlich festgestellte Katastrophen, meistens zwar<br />

etabliert, eine explizite Implementierung ist jedoch zu fordern.<br />

• Eingehende Kenntnisse und Erfahrungen besitzen die Ärzte <strong>des</strong> ÖGD nach<br />

unseren <strong>Untersuchung</strong>en nur für Seuchenfälle. Die unmittelbare <strong>Einbindung</strong><br />

<strong>des</strong> ÖGD bei spezifischen Situationen, wie zum Beispiel dem Ausbruch von<br />

Seuchen oder bei Bioterrorismus, ist jedoch unabdingbar. Die Kenntnisse <strong>des</strong><br />

ärztlichen Personals im ÖGD in den Bereichen Unfälle mit chemischen und<br />

radioaktiven Stoffen müssen deutlich erweitert werden. Eine große Diskrepanz<br />

besteht zwischen dem tatsächlich vorhandenem Wissen und dem Wunsch nach<br />

tiefergehenden Kenntnissen. Das Ärztliche Personal im ÖGD erkennt den<br />

bestehenden Fortbildungsbedarf sehr wohl und signalisiert Bereitschaft,<br />

zusätzliche Fortbildungen zu absolvieren.<br />

• Die Katastrophenschutzbeauftragten erwarten durch die Integration der Ärzte<br />

im ÖGD vor allem Informationen zu Symptomen, therapeutischen Maßnahmen<br />

und organisatorischer Bewältigung von A-, B-, C- und Seuchenfällen,<br />

Diese Erwartungen können die meisten Ärzte im ÖGD bedingt durch den<br />

derzeitigen Wissensstand jedoch nicht bieten.<br />

• Die Katastrophenschutzbehörden müssen in ihre Katastrophenpläne und vorbereitenden<br />

Maßnahmen <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr die Gesundheitsämter verbindlich<br />

unter definierten Kriterien integrieren (z.B. Rufbereitschaftspläne,<br />

Festlegung von konkreten Alarmierungsplänen). Alarmierungspläne sollten das<br />

real existierende Gefahrenpotenzial in den jeweiligen Stadt- und Landkreisen<br />

besonders berücksichtigen. Anhand der Einsatzpläne muss die genaue vertikale<br />

und horizontale <strong>Einbindung</strong>sstruktur sowie Weisungskompetenz geregelt<br />

werden.<br />

270


• Es gilt in entscheidendem Umfang, die tatsächlichen katastrophenmedizinischen<br />

Kenntnisse der Ärzte im <strong>Öffentlichen</strong> Gesundheitsdienstes zu steigern.<br />

Hierfür müssen Konzepte und Modellstrukturen <strong>zur</strong> Verbesserung der studentischen<br />

Ausbildung und der Weiterbildung für den Facharzt für das Öffentliche<br />

Gesundheitswesen sowie <strong>zur</strong> Verbesserung der Sachkompetenz der momentan<br />

im ÖGD tätigen Ärzte entwickelt werden.<br />

• Ein wissensbasiertes Management innerhalb der unteren Gesundheitsbehörden<br />

ist unabdingbar. Es beinhaltet die Einrichtung nationaler Wissenszentren mit<br />

spezifischen Aufgaben (A-, B-, C- und Infektabwehr) mit ständiger Erreichbarkeit,<br />

sowie die Schaffung „vor Ort“ anwendbarer Wissensdatenbanken und<br />

Expertensysteme mit ÖGD-spezifischen Gefahrenabwehr-Modulen.<br />

• Als längerfristige Lösung und damit in die Zukunft weisend, erscheint uns<br />

zudem die Einrichtung eines nationalen Netzwerkes <strong>zur</strong> Katastrophenabwehr<br />

mit direkter <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD <strong>zur</strong> Vorsorge und zum Schutz der<br />

Bevölkerung bei Katastrophen empfehlenswert.<br />

271


Teil I: Zu Ihren notfallmedizinischen Kenntnissen/ Ihrem Werdegang<br />

I.1 Ihr beruflicher Werdegang nach dem Studium<br />

� Keine Facharztweiterbildung<br />

� Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen<br />

� Facharzt für Innere Medizin<br />

� Facharzt für Chirurgie<br />

� Facharzt für Anästhesie<br />

� Facharzt für medizinische Mikrobiologie und Hygiene<br />

� Anderer Facharzt<br />

I.2 Kenntnisse der Notfallmedizin<br />

� Vorlesung „Notfallmedizin“ während <strong>des</strong> Studiums<br />

� Praktikum „Notfallmedizin“ während <strong>des</strong> Studiums<br />

� Ausbildung zum Rettungshelfer<br />

� Ausbildung zum Rettungssanitäter<br />

� Praktische Arbeit als Rettungssanitäter<br />

Universitätsklinikum Ulm – Universitätsklinik für Anästhesioloie – Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

273


� Ausbildung zum Rettungsassistenten<br />

� Praktische Arbeit als Rettungsassistent<br />

� Fachkundenachweis Rettungsdienst<br />

� Kurs Leitender Notarzt<br />

I.3 Haben Sie auf einer Intensivstation gearbeitet?<br />

� Gar nicht<br />

� Ja, weniger als 6 Monate<br />

� Ja, mehr als 6 Monate<br />

I.4 Haben Sie Einsätze als Notarzt (nicht kassenärztlicher Notdienst!)<br />

absolviert?<br />

� Nein<br />

� Ja<br />

I.5 Haben Sie Einsätze als Leitender Notarzt absolviert?<br />

� Nein<br />

� Ja<br />

I.6 Haben Sie an notfallmedizinischen Fortbildungen oder Kursen teilgenommen?<br />

� Nein<br />

� Ja, für den Fachkundenachweis Rettungsdienst<br />

� Ja, außerhalb <strong>des</strong> Fachkundenachweises<br />

II. Zu Ihren katastrophenmedizinischen Kenntnissen<br />

II.1 Waren Sie früher oder sind Sie heute noch aktiv in der Katastrophenmedizin<br />

tätig?<br />

� Nein<br />

Ja, in der Sparte :<br />

� Sanitätsdienst (auch bekannt als SEG)<br />

� Betreuungsdienst<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

274


� Sicherheit und Technik<br />

als<br />

� Gruppenführer<br />

� Zugtruppführer<br />

Leitungsgruppe<br />

II.2 Haben Sie bereits Erfahrungen bei Großschadensereignissen gesammelt?<br />

� Nein<br />

Ja, direkt am Schadensort, als<br />

� Rettungsdienstpersonal<br />

� Katastrophenschutzpersonal<br />

� Notarzt<br />

� Leitender Notarzt<br />

Ja, in der Organisation und somit nicht am Schadensort<br />

� In Rettungsleitstelle/Integrierter Leitstelle<br />

� Im Katastrophenstab<br />

� Sonstige Orte<br />

� nämlich.........................................<br />

II.3 Sind Sie involviert in Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung von<br />

Großschadensereignissen?<br />

� Nein<br />

� Ja<br />

II.4 Sind Sie involviert in Planungen <strong>zur</strong> Bewältigung von amtlich festgestellten<br />

Katastrophen?<br />

� Nein<br />

� Ja<br />

II.5 Ihre Kenntnisse hinsichtlich eines Unfalles mit ionisierenden Strahlen?<br />

� Inhalte aus dem Studium (Physik, Radiologie,...)<br />

� Strahlenschutzkurs absolviert<br />

� Außerhalb <strong>des</strong> Strahlenschutzkurses erworben<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

275


� Kenntnisse der Symptome von Strahlenschäden<br />

� Kenntnisse der einzuleitenden Maßnahmen <strong>zur</strong> Dekontamination<br />

� Kenntnisse der Koordination von Maßnahmen (Feuerwehr, Katastrophenschutz,<br />

..)<br />

� Teilnahme an praktischen Übungen<br />

� Für einzelne Verletzte<br />

� Für den Massenanfall<br />

II.6 Ihre Kenntnisse hinsichtlich eines Unfalles mit Chemikalien?<br />

� Inhalte aus dem Studium (Chemie, Physiologie, Biochemie,...)<br />

� Kenntnisse der Facharztweiterbildung<br />

� Außerhalb der Facharztweiterbildung erworben<br />

� Kenntnisse der Schadstoffwirkung auf den Organismus<br />

� Kenntnisse der einzuleitenden Maßnahmen<br />

� Kenntnisse der Koordination von Maßnahmen (Feuerwehr, Katastrophenschutz,<br />

Antidotdepots..)<br />

� Teilnahme an praktischen Übungen<br />

� Für einzelne Verletzte<br />

� Für den Massenanfall<br />

II.7 Ihre Kenntnisse hinsichtlich eines Unfalles mit<br />

biologischen Kampfstoffen?<br />

� Inhalte aus dem Studium (Chemie, Physiologie, Biochemie, Mikrobiologie,<br />

Tropenmedizin...)<br />

� Kenntnisse der Facharztweiterbildung<br />

� Außerhalb der Facharztweiterbildung erworben<br />

� Kenntnisse der Kampfstoffwirkung auf den Organismus<br />

� Kenntnisse der einzuleitenden Maßnahmen<br />

� Kenntnisse der Koordination von Maßnahmen (Feuerwehr, Katastrophenschutz,<br />

Antidotdepots..)<br />

� Teilnahme an praktischen Übungen<br />

� Für einzelne Verletzte<br />

� Für den Massenanfall<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

276


II.8 Ihre Kenntnisse hinsichtlich der Prävention und<br />

Bekämpfung von Seuchen ?<br />

� Kenntnisse <strong>des</strong> Studiums (Mikrobiologie, Hygiene, Umweltmedizin,...)<br />

� Kenntnisse der Facharztweiterbildung<br />

� Kurse/Fortbildungen über die Facharztweiterbildung hinaus<br />

� Prävention von Seuchen (Hygienemaßnahmen, Quarantänemaßnahmen,<br />

Trinkwasseraufbereitung, ...)<br />

� Seuchenbekämpfung<br />

� Bei Einzelerkrankungen<br />

� Beim Massenanfall von Erkrankten<br />

� Praktische Erfahrungen im Einsatz gesammelt (Inland oder Ausland)<br />

� Bei Einzelerkrankungen<br />

� Beim Massenanfall von Erkrankten<br />

III. Ihre zukünftige Rolle<br />

III.1 Was halten Sie von der Idee, Amtsärzte in den Katastrophenschutz<br />

mit einzubeziehen?<br />

� Gut<br />

� Schlecht<br />

� Indifferent<br />

III.2 Welche Probleme halten Sie für die schwerwiegendsten bei der<br />

Durchführung dieser Idee?<br />

� Unterschiedlichste Erfahrungen und Ausbildungen in der Berufsgruppe<br />

� Mangeln<strong>des</strong> Interesse<br />

� Unklare Einsatzmöglichkeit<br />

� Fehlende Fortbildungsmöglichkeiten<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

277


III.3 Wo würden Sie Ihre Rolle bei einem Großschadensereignis sehen?<br />

� Keine <strong>Einbindung</strong><br />

� Als aktiver Notarzt bei der Patientenversorgung<br />

� Zusammen mit LNA und OrgL (organisatorische Einsatzleitung) bei der<br />

Sichtung<br />

� Als Berater/ Koordinator in einer Rettungsleitstelle/Integrierten Leitstelle<br />

� In Behördenräumen, um von dort aus weitergehende Maßnahmen zu organisieren<br />

III.4 Würden Sie eine spezielle Fortbildung für einen Einsatz bei Großschadensereignissen<br />

wünschen/akzeptieren?<br />

� Auf keinen Fall<br />

� Würde ich akzeptieren<br />

� Halte ich für unbedingt notwendig<br />

III.5 Würden Sie eine spezielle Weiterbildung für einen Einsatz bei amtlich<br />

festgestellten Katastrophen wünschen/akzeptieren?<br />

� Auf keinen Fall<br />

� Würde ich akzeptieren<br />

� Halte ich für unbedingt notwendig<br />

III.6 Wie sollte so eine Weiterbildung aussehen?<br />

� Nur theoretische Grundlagen<br />

� Nur praktische Übungen<br />

� Kombination aus Theorie und Praxis<br />

III.7 Was sollte an Weiterbildungsinhalten vermittelt werden?<br />

� Notfallmedizinische Techniken<br />

� Fallbeispiele<br />

� Juristische Grundlagen (Rettungsdienstgesetz, Katastrophenschutzgesetze)<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

278


� Einsatztaktik und Zusammenarbeit mit anderen Rettungskräften wie Feuerwehr,<br />

THW, ..<br />

� Bevorzugt Planspiele im Katastrophenstab<br />

� Planung von vor allem seuchenhygienischen Maßnahmen<br />

� Planung von Maßnahmen bei Gefahrgutunfällen<br />

� Planung von Maßnahmen bei Strahlenunfällen<br />

� Planung von Maßnahmen bei Unfällen/Einsatz von biologischen Kampfstoffen<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr. med. E. Pfenninger<br />

Universitätsklinik für Anästhesiologie<br />

Steinhövelstraße 9<br />

89075 Ulm<br />

Telefon: 0731/500-27931<br />

Telefax: 0731/500-27917<br />

E-Mail: Ernst.Pfenninger@medizin.uni-ulm.de<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

279


In welchem Bun<strong>des</strong>land sind Sie tätig?<br />

...........................................................................................................................<br />

2.) Gibt es in Ihrem Zuständigkeitsbereich (Stadt, Landkreis) spezielle „Risiken“?<br />

□ Nein<br />

□ Ja: Chemieanlage(n) (gemäß §30 LKatSG; Seveso-2-Richtlinien)<br />

□ Ja: Kernkraftwerk<br />

□ Ja: Flughafen<br />

□ Ja: Militäranlage(n)<br />

□ Ja: sonstiges, nämlich..............................................................<br />

⇒ (Mehrfachnennung möglich)<br />

3.) Wie sieht die <strong>Einbindung</strong> eines Arztes für öffentliches Gesundheitswesen<br />

(Amtsarztes“) im Katastrophenplan Ihrer Stadt/Ihres Landkreises aus?<br />

□ Bis jetzt keine <strong>Einbindung</strong> vorgesehen<br />

□ Entscheidung über Involvierung <strong>des</strong> Amtsarztes wird bei besonderen<br />

Schadenslagen im Einzelfall überdacht<br />

□ <strong>Einbindung</strong> fest vorgesehen: genau festgelegte Alarmierungskriterien<br />

und ~wege, genau festgelegtes Aufgabengebiet und Einsatzort für<br />

den Amtsarzt<br />

□ <strong>Einbindung</strong> fest vorgesehen: Alarmierungskriterien und Aufgabengebiet<br />

stehen fest, und es besteht eine durchgehende Rufbereitschaft<br />

eines Amtsarztes, den man sicher erreichen kann<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

280


4.) In welchen Situationen ist das Gesundheitsamt bei Ihnen in den Katastrophenplan<br />

oder sonstige Notfallplanungen mit einbezogen?<br />

□ Keine <strong>Einbindung</strong><br />

□ Massenanfall von Verletzten<br />

□ Großschadensereignisse unterhalb der Katastrophenschwelle<br />

□ Amtlich festgestellte Katastrophen (auch Erdbeben, Überschwemmungen,...)<br />

□ Besondere Erkrankungen von Einzelpersonen (z. B. virusbedingte<br />

hämorrhagische Fieber oder andere Tropenkrankheiten)<br />

□ Im Seuchenfall<br />

□ Bei Unfällen/ Anschlägen mit biologischen Waffen (B-Fall)<br />

□ Bei Unfällen/ Anschlägen mit Chemikalien (C-Fall)<br />

□ Bei Unfällen/ Anschlägen mit radioaktiver Strahlung (A-Fall)<br />

⇒ (Mehrfachnennung möglich)<br />

5.a) Haben Sie bereits Übungen oder reale Einsätze mit Beteiligung <strong>des</strong><br />

Gesundheitsamtes durchgeführt?<br />

□ Nein, weder Übung noch Realeinsatz<br />

□ Ja, ausschließlich Übungen, und zwar in der<br />

Übungsform........................................<br />

(Übungsform: Übung als Planspiel, Alarmübung, Stabsübung, Rahmenübung, Vollübung, ....)<br />

□ Ja, ausschließlich Realeinsätze, nämlich.......................................<br />

□ Ja, bei<strong>des</strong><br />

5.b) Falls Sie Übungen und/ oder Realeinsätze durchgeführt haben, was waren<br />

Ihre Eindrücke, wie die Integration der Amtsärzte funktionierte? Bitte<br />

ankreuzen:<br />

Klares Aufgabengebiet<br />

Alarmierungswege<br />

Kenntnisse <strong>des</strong> Amtsarztes<br />

Kommunikation<br />

Sehr gut Mäßig gut Nicht gut<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

281


5.) Welche Erwartungen/ Wünsche verbinden Sie mit der Integration der Amtsärzte<br />

in den Katastrophenstab?<br />

� Keine Erwartungen<br />

� Folgende Erwartungen/ Wünsche: bitte ankreuzen<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

282


7.) Besteht Ihrer Meinung nach weiterer Übungsbedarf unter Einbeziehung <strong>des</strong><br />

ÖGD?<br />

Für Planspiele:<br />

□ Nein<br />

□ Ja<br />

Für Vollübungen „vor Ort“:<br />

□ Nein<br />

□ Ja<br />

8.) Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?<br />

□ <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> ÖGD sollte in den Katastrophenschutzgesetzen klar<br />

und verbindlich geregelt werden<br />

□ Katastrophenmedizinische Ausbildungsinhalte sollten verbindlich in<br />

die Ausbildung zum Facharzt für öffentliches Gesundheitswesen aufgenommen<br />

werden (ist bisher nicht der Fall!)<br />

□ Ärzte <strong>des</strong> ÖGD sollten in regelmäßigen Abständen verpflichtend an<br />

Katastrophenschutzübungen teilnehmen<br />

⇒ (Mehrfachnennung möglich)<br />

9.) Wann wurde Ihr Alarmplan, Ihr Katastrophenplan bezüglich der Integration<br />

der Ärzte <strong>des</strong> ÖGD aktualisiert?<br />

□ Nicht vorhanden oder unvollständig, keine weitere Aussage möglich<br />

□ Bis jetzt keine Aktualisierung<br />

□ vor mehr als 5 Jahren<br />

□ vor 3-5 Jahren<br />

□ vor 1-2 Jahren<br />

im letzten Jahr aktualisiert<br />

Falls Sie ein Feedback der Umfrage wünschen, bitte eine e-mail an unten<br />

stehende Adresse senden. Wir schicken Ihnen das Ergebnis dann gerne zu.<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr. E. Pfenninger<br />

Abt. Klinische Anästhesiologie<br />

Silke König<br />

Universitätsklinik Ulm<br />

Abt. Klinische Anästhesiologie<br />

Steinhövelstr. 9<br />

Universitätsklinik Ulm<br />

89075 Ulm<br />

Steinhövelstr. 9<br />

Tel: 0731-500 27931<br />

89075 Ulm<br />

Fax: 0731-500 27917<br />

Tel: 0731-500 27905<br />

E-mail:<br />

Fax: 0731-500 27917<br />

Ernst.pfenninger@medizin.uni-ulm.de<br />

„<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> der Ärzte <strong>des</strong> öffentlichen Gesundheitsdienstes...“<br />

Fragebogen Katastrophenschutzbeauftragte Prof. Dr. E. Pfenninger; S. König<br />

283


Band 56 – in Vorbereitung -<br />

Aufbau und Ablauf der Dekontamination<br />

und Notfallversorgung Verletzter bei<br />

Zwischenfällen mit chemischen Gefahrstoffen<br />

2005, 260 Seiten, Broschur<br />

Band 55 – in Vorbereitung -<br />

51. und 52. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

– Vorträge –<br />

2005, 234 Seiten, Broschur<br />

Band 54<br />

E. Pfenninger, S. Himmelseher, S. König<br />

<strong>Untersuchung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Einbindung</strong> <strong>des</strong> <strong>Öffentlichen</strong><br />

Gesundheitsdienstes in die katastrophenmedizinische<br />

Versorgung in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland<br />

2005, 288 Seiten, Broschur<br />

Band 53<br />

L. Clausen<br />

Schwachstellenanalyse aus Anlass der Havarie<br />

der PALLAS<br />

2003, 219 Seiten, Broschur<br />

Band 52<br />

49. und 50. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

– Vorträge –<br />

2003, 212 Seiten, Broschur<br />

Band 51<br />

W.R. Dombrowsky, J. Horenczuk, W. Streitz<br />

Erstellung eines Schutzdatenatlasses<br />

2003, 268 Seiten, Broschur<br />

284<br />

Zivilschutz-Forschung, Neue Folge<br />

Schriftenreihe der Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

Herausgegeben vom Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums <strong>des</strong> Innern<br />

ISSN 0343-5164<br />

Band 50<br />

R. Zech<br />

Entgiftung von Organophosphaten durch<br />

Phosphorylphosphatasen und Ethanolamin<br />

2001, 186 Seiten, Broschur<br />

Band 49<br />

G. Matz, A. Schillings, P. Rechenbach<br />

Task Force für die Schnellanalytik bei<br />

großen Chemieunfällen und Bränden<br />

2003, 268 Seiten, Broschur<br />

Band 48<br />

Schutzkommission beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong><br />

Innern<br />

“Zweiter Gefahrenbericht“<br />

2001, 92 Seiten, Broschur<br />

Band 47<br />

J. Rasche, A. Schmidt, S. Schneider, S. Waldtmann<br />

Organisation der Ernährungsnotfallvorsorge<br />

2001, 86 Seiten, Broschur<br />

Band 46<br />

F. Gehbauer, S. Hirschberger, M. Markus<br />

Methoden der Bergung Verschütteter aus<br />

zerstörten Gebäuden<br />

2001, 232 Seiten, Broschur<br />

Band 45<br />

V. Held<br />

Technologische Möglichkeiten einer möglichst<br />

frühzeitigen Warnung der Bevölkerung<br />

- Kurzfassung -<br />

Technological Options for an Early Alert of<br />

the Population<br />

- Short Version -<br />

2001, 144 Seiten, Broschur


Band 44<br />

E. Pfenninger, D. Hauber<br />

Medizinische Versorgung beim Massenanfall<br />

Verletzter bei Chemikalienfreisetzung<br />

2001, 140 Seiten, Broschur<br />

Band 43<br />

D. Ungerer, U. Morgenroth<br />

Empirisch-psychologische Analyse <strong>des</strong><br />

menschlichen Fehlverhaltens in Gefahrensituationen<br />

und seine verursachenden und<br />

modifizierenden Bedingungen sowie von<br />

Möglichkeiten <strong>zur</strong> Reduktion <strong>des</strong> Fehlverhaltens<br />

2001, 300 Seiten, Broschur<br />

Band 42<br />

45., 46. und 48. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

- Vorträge -<br />

2000, 344 Seiten, Broschur<br />

Band 41<br />

W. König, A. Drynda, B. König, R.Arnold, P.<br />

Wachtler, M. Köller<br />

Einfluss von Zytokinen und Lipidmediatoren<br />

auf die Kontrolle und Regulation spezifischer<br />

Infektabwehr bei Brandverletzung<br />

2001, 76 Seiten, Broschur<br />

Band 40<br />

F. Schuppe<br />

Entwicklung von Dekontaminationsmitteln<br />

und -verfahren bei Austritt von Industriechemikalien<br />

2001, 124 Seiten, Broschur<br />

Band 39<br />

TÜV Energie und Umwelt GmbH<br />

Optimierung <strong>des</strong> Schutzes vor luftgetragenen<br />

Schadstoffen in Wohngebäuden<br />

2001, 108 Seiten, Broschur<br />

Band 38<br />

W. Kaiser, M. Schindler<br />

Rechnergestütztes Beratungssystem für das<br />

Krisenmanagement bei chemischen Unfällen<br />

(DISMA®)<br />

1999, 156 Seiten, Broschur<br />

Band 36<br />

M. Weiss, B. Fischer, U. Plappert, T. M. Fliedner<br />

Biologische Indikatoren für die Beurteilung<br />

multifaktorieller Beanspruchung<br />

Experimentelle, klinische und systemtechnische<br />

<strong>Untersuchung</strong><br />

1998, 104 Seiten, Broschur<br />

Band 35<br />

K Amman, A.-N. Kausch, A. Pasternack, J.<br />

Schlobohm, G. Bresser, P. Eulenburg<br />

Praxisanforderungen an Atem- und Körperschutzausstattung<br />

<strong>zur</strong> Bekämpfung von<br />

Chemieunfällen<br />

2003, 158 Seiten, Broschur<br />

Band 34<br />

S. Bulheller, W. Heudorfer<br />

<strong>Untersuchung</strong> der Wirksamkeit von Selbstschutzausstattung<br />

bei Chemieunfällen<br />

2003, 278 Seiten, Broschur<br />

Band 33<br />

J. Bernhardt, J. Haus, G. Hermann, G. Lasnitschka,<br />

G. Mahr, A. Scharmann<br />

Laserspektrometrischer Nachweis von<br />

Strontiumnukliden<br />

1998, 128 Seiten, Broschur<br />

Band 32<br />

G. Müller<br />

Kriterien für Evakuierungsempfehlungen bei<br />

Chemikalienfreisetzungen<br />

1998, 244 Seiten +Faltkarte, Broschur<br />

Band 31<br />

G. Schallehn und H. Brandis<br />

Beiträge <strong>zur</strong> Isolierung und Identifizierung<br />

von Clostridium sp. und Bacillus sp. sowie<br />

zum Nachweis deren Toxine<br />

1998, 80 Seiten, Broschur<br />

Band 30<br />

G. Matz<br />

<strong>Untersuchung</strong> der Praxisanforderung an<br />

die Analytik bei der Bekämpfung großer<br />

Chemieunfälle<br />

1998, 192 Seiten, Broschur<br />

Band 29<br />

D. Hesel, H. Kopp und U. Roller<br />

Erfahrungen aus Abwehrmaßnahmen bei<br />

chemischen Unfällen<br />

1997, 152 Seiten, Broschur<br />

Band 28<br />

R. Zech<br />

Wirkungen von Organophosphaten<br />

1997, 110 Seiten, Broschur<br />

Band 27<br />

G. Ruhrmann, M. Kohring<br />

Staatliche Risikokommunikation bei<br />

Katastrophen<br />

Informationspolitik und Akzeptanz<br />

1996, 207 Seiten, Broschur<br />

285


Band 26<br />

43. und 44. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

- Vorträge -<br />

1997, 326 Seiten, Broschur<br />

Band 25<br />

K. Buff, H. Greim<br />

Abschätzung der gesundheitlichen Folgen<br />

von Großbränden<br />

- Literaturstudie - Teilbereich Toxikologie<br />

1997, 138 Seiten, Broschur<br />

Band 24<br />

42. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

- Vorträge -<br />

1996, 205 Seiten, Broschur<br />

Band 23<br />

K. Haberer, U. Böttcher<br />

Das Verhalten von Umweltchemikalien in<br />

Boden und Grundwasser<br />

1996, 235 Seiten, Broschur<br />

Band 22<br />

B. Gloebel, C. Graf<br />

Inkorporationsverminderung für radioaktive<br />

Stoffe im Katastrophenfall<br />

1996, 206 Seiten, Broschur<br />

Band 21<br />

Arbeiten aus dem Fachausschuß III:<br />

Strahlenwirkungen – Diagnostik und Therapie<br />

1996, 135 Seiten, Broschur<br />

Band 20<br />

Arbeiten aus dem Fachausschuß V<br />

I. - D. Henschler: Langzeitwirkungen phosphororganischer<br />

Verbindungen<br />

II. - H. Becht: Die zellvermittelte typübergreifende<br />

Immunantwort nach Infektion mit dem<br />

Influenzavirus<br />

III. - F. Hoffmann, F. Vetterlein, G. Schmidt:<br />

Die Bedeutung vasculärer Reaktionen beim<br />

akuten Nierenversagen nach großen Weichteilverletzungen<br />

(Crush-Niere)<br />

1996, 127 Seiten, Broschur<br />

Band 19<br />

Radioaktive Strahlungen<br />

I. - B. Kromer unter Mitarbeit von K.O. Münnich,<br />

W. Weiss und M. Zähringer:<br />

Nuklidspezifische Kontaminationserfassung<br />

II. - G. Hehn:<br />

Datenaufbereitung für den Notfallschutz<br />

1996, 164 Seiten, Broschur<br />

286<br />

Band 18<br />

L. Clausen, W. R. Dombrowsky, R. L. F.<br />

Strangmeier<br />

Deutsche Regelsysteme<br />

Vernetzungen und Integrationsdefizite bei<br />

der Erstellung <strong>des</strong> öffentlichen Gutes Zivilund<br />

Katastrophenschutz in Europa<br />

1996, 130 Seiten, Broschur<br />

Band 17<br />

41. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

– Vorträge –<br />

1996,197 Seiten, Broschur<br />

Band 16<br />

F.E. Müller, W. König, M. Köller<br />

Einfluß von Lipidmediatoren auf die Pathophysiologie<br />

der Verbrennungskrankheit<br />

1993, 42 Seiten, Broschur<br />

Band 15<br />

Beiträge <strong>zur</strong> dezentralen Trinkwasserversorgung<br />

in Notfällen<br />

Teil II: K. Haberer und M. Drews<br />

1. Einfache organische Analysenmethoden<br />

2. Einfache Aufbereitungsverfahren<br />

1993, 144 Seiten, Broschur<br />

Band 14<br />

Beiträge zu Strahlenschäden und Strahlenkrankheiten<br />

I. - H. Schüßler: Strahleninduzierte Veränderungen<br />

an Säugetierzellen als Basis für die somatischen<br />

Strahlenschäden<br />

II. - K.H. von Wangenheim, H.-P. Peterson,<br />

L.E. Feinendegen: Hämopoeseschaden, Therapieeffekte<br />

und Erholung<br />

III. - T.M. Fliedner, W. Nothdurft: Präklinische<br />

<strong>Untersuchung</strong>en <strong>zur</strong> Beschleunigung der Erholungsvorgänge<br />

in der Blutzellbildung nach<br />

Strahleneinwirkung durch Beeinflussung von<br />

Regulationsmechanismen<br />

IV. - G.B. Gerber: Radionuklid Transfer<br />

1993, 268 Seiten, Broschur<br />

Band 13<br />

H. Mönig, W. Oehlert, M. Oehlert, G. Konermann<br />

Modifikation der Strahlenwirkung und ihre<br />

Folgen für die Leber<br />

1993, 90 Seiten, Broschur


Band 12<br />

Biologische Dosimetrie<br />

I.- H. Mönig, W. Pohlit, E. L. Sattler:<br />

Einleitung: Dosisabschätzung mit Hilfe der Biologischen<br />

Dosimetrie<br />

II. – H. J. Egner et al.: Ermittlung der Strahlenexposition<br />

aus Messungen an Retikulozyten<br />

III. – H. Mönig, G. Konermann: Strahlenbedingte<br />

Änderung der Chemilumineszenz von<br />

Granulozyten als biologischer Dosisindikator<br />

IV. – P. Bidon et al.: Zellmembranänderungen<br />

als biologische Dosisindikatoren. Strahleninduzierte<br />

Membranänderung im subletalen Bereich.<br />

Immunbindungsreaktionen an Lymphozyten<br />

1993, 206 Seiten, Broschur<br />

Band 11 vergriffen<br />

Beiträge <strong>zur</strong> Katastrophenmedizin<br />

1993, 135 Seiten, Broschur<br />

Band 10 vergriffen<br />

W. R. Dombrowsky<br />

Bürgerkonzeptionierter Zivil- und Katastrophenschutz<br />

Das Konzept einer Planungszelle Zivil- und<br />

Katastrophenschutz<br />

1992, 79 Seiten, Broschur<br />

Band 9 vergriffen<br />

39. und 40. Jahrestagung der Schutzkommission<br />

beim Bun<strong>des</strong>minister <strong>des</strong> Innern<br />

– Vorträge –<br />

1993, 264 Seiten, Broschur<br />

Band 8 vergriffen<br />

Beiträge <strong>zur</strong> dezentralen Trinkwasserversorgung<br />

in Notfällen<br />

Teil I: K. Haberer und U. Stürzer<br />

1991, 78 Seiten, Broschur<br />

Band 7 vergriffen<br />

E. Pfenninger und F. W. Ahnefeld<br />

Das Schädel-Hirn-Trauma<br />

1991, 208 Seiten, Broschur<br />

Band 6 vergriffen<br />

O. Messerschmidt und A. Bitter<br />

Neutronenschäden<br />

<strong>Untersuchung</strong>en <strong>zur</strong> Pathophysiologie,<br />

Diagnostik, Prophylaxe und Therapie<br />

1991, 96 Seiten, Broschur<br />

Band 5 vergriffen<br />

R. E. Grillmaier und F. Kettenbaum<br />

Strahlenexposition durch Ingestion von<br />

radioaktiv kontaminiertem Trinkwasser<br />

1991, 104 Seiten, Broschur<br />

Band 4 vergriffen<br />

W. R. Dombrowsky<br />

Computereinsatz im Zivil- und Katastrophenschutz<br />

– Möglichkeiten und Grenzen<br />

1991, 94 Seiten, Broschur<br />

Band 3vergriffen<br />

B. Lommler, E. Pitt, A. Scharmann, R. Simmer<br />

Der Nachweis schneller Neutronen in der<br />

Katastrophendosimetrie mit Hilfe von Ausweisen<br />

aus Plastikmaterial<br />

1990, 66 Seiten, Broschur<br />

Band 2 - vergriffen -<br />

G. Hehn<br />

Gammastrahlung aus radioaktivem Niederschlag<br />

– Berechnung von Schutzfaktoren<br />

1990, 66 Seiten, Broschur<br />

Band 1 - vergriffen -<br />

L. Clausen und W.R. Dombrowsky<br />

Zur Akzeptanz staatlicher Informationspolitik<br />

bei technischen Großunfällen und<br />

Katastrophen<br />

1990, 115 Seiten, Broschur<br />

Katastrophenmedizin - Leitfaden für die<br />

ärztliche Versorgung im Katastrophenfall<br />

3. ergänzte Auflage 2003,<br />

360 Seiten, Broschur<br />

Broschüren und eine komplette Liste aller<br />

bisher erschienenen und bereits vergriffenen<br />

Bände können kostenlos bezogen werden bei:<br />

Bun<strong>des</strong>amt für Bevölkerungsschutz und<br />

Katastrophenhilfe<br />

Deutschherrenstraße 93-95<br />

53177 Bonn<br />

287


Notizen<br />

288

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