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Kunsthaus Zürich Zürcher Kunstgesellschaft Jahresbericht 2010

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8 Dass der Engel von vorn kommt, ist sehr selten: Slates hat es<br />

auf einem Holzschnitt Albrecht Altdorfers von 1513 gefunden (s.<br />

Ausst.-Kat. Utrecht 1986 (wie Anm. 1 zitiert), S. 46, Abb.), vgl. auch<br />

Francesco del Cossa (Dresden); mehr Chance hätte die in Stichen<br />

verbreitete Komposition von Federico Barocci (Rom, Pinacoteca<br />

Vaticana), in der der Engel ähnlich kniend, aber nur leicht nach vorn<br />

gedreht erscheint.<br />

9 Wir folgen hier wiederum Collareta (wie Anm. 7 zitiert). Grundlegend<br />

die drei «Apologetischen Reden gegen die Verleumder der heiligen<br />

Bilder» (726–730) von Johannes Damaskenos, die theologische<br />

Basis für die Rechtfertigung der Bilder im zweiten Nikänum (787),<br />

dem vorläufigen Ende des byzantinischen Bilderstreites.<br />

10 Die expressive Kontrastierung von sich in der Bildfläche fast<br />

berührenden Köpfen, frontal und in Profil, gehört zu den Besonderheiten<br />

Terbrugghens; um 1624 war sie auf ihrem Höhepunkt: in<br />

der «Befreiung Petri» (Den Haag), den «Spielern» (Minneapolis), der<br />

«Pflege Sebastians» (Oberlin). Sie geht aber auf die Frühzeit zurück<br />

und zeigt die Wirksamkeit der flächig parzellierenden Bildstruktur<br />

der Spätgotik, die Terbrugghen vor allem durch Dürer und Lucas von<br />

Leyden vermittelt wurde und gerade in der <strong>Zürcher</strong> «Verkündigung»<br />

in verschiedener Weise noch spürbar ist.<br />

11 Besonders bezeichnend für diese Intension ist der Stoffzipfel, der<br />

anscheinend über die Schulter geführt nach hinten ausschwingt, in<br />

der Gesamtwirkung aber mit dem vorderen Teil der gelben Fläche<br />

zusammenschmilzt. – Die für einen Erzengel eher ungewöhnliche<br />

freie Schulter deutet möglicherweise auf die Absicht, die Kleidung<br />

einer antiken Toga anzunähern.<br />

12 Wie sehr es sich hier tatsächlich um ein «Ganzes», um ein Bild als<br />

Spannungsfeld, handelt, zeigt der schon von Leonardo empfohlene<br />

«Baselitz-Test»: Stellt man das Bild auf den Kopf, wird evident, wie<br />

spannungsvoll und kohärent dies Feld ist.

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