Kunsthaus Zürich Zürcher Kunstgesellschaft Jahresbericht 2010

Kunsthaus Zürich Zürcher Kunstgesellschaft Jahresbericht 2010 Kunsthaus Zürich Zürcher Kunstgesellschaft Jahresbericht 2010

11.12.2012 Aufrufe

34 Die Ausstellung zum Architekten des Kunsthauses, Karl Moser, entwickelte sich von einer kleinen Präsentation im Kabinett zu einer stattlichen Ausstellung mit über 400 Objekten, die sich über neun Räume ausbreitet. Einen Höhepunkt bildeten die zahlreichen, zum Teil sehr grossen Gipsmodelle; doch waren sie, seit Generation in unterschiedlichen Institutionen mehr oder weniger schlecht gelagert, ziemlich unansehnlich oder gar ramponiert. Auch die Wettbewerbsentwürfe von 1908 für den Skulpturenschmuck des Kunsthauses harrten seit langem der Behandlung. Zur Restaurierung dieser Werke konnten wir den Kollegen Peter Fuchs, Restaurator in Zürich, gewinnen. Zudem kamen eine Vielzahl von unterschiedlich grossen Plänen des Architekten zu uns, die Armin Simon, technischer Mitarbeiter der Grafischen Sammlung, in einer bravurösen Leistung alle passepartourierte und einrahmte, wofür ihm an dieser Stelle besonderer Dank gebührt. HpM Die Vorbereitung und Zustandskontrolle der Werke, die das Haus zu externen Ausstellungen verliessen, und vor allem ihre Begleitung nahmen wieder viel Zeit in Anspruch, wobei immerhin die Anzahl der ausgeliehenen Werke gegenüber den Vorjahren leicht zurückgegangen ist (105 Gemälde/Skulpturen und 125 Grafiken an 76 auswärtige Ausstellungen). Prophylaktische Massnahmen sind essentiell zur Minimierung der Risiken. So wurden bei zwei herausragenden Werken unserer Altmeistersammlung, der «Geburt Christi» und der «Verkündigung» des Meisters der Münchner Marientafeln, als zusätzlicher Schutz vor Schäden am Holz bei Klimaschwankungen alle Zwischenräume der rückseitigen Parkettierung mit Balsaholz aufgefüllt, so dass nun die dünnen Holztafeln gleichmässig kaschiert sind. Zusammen mit der Verglasung und dem üblichen Rückseitenkarton ergibt sich so ein optimierter Schutz für die sehr empfindlichen Tafeln. Wo die Ausstellungsbedingungen ungenügend sind, lassen sich Schäden oft nicht vermeiden, wie sich an Katharina Fritschs Werkgruppe um die Muschelfrau zeigte. Die Restaurierungsmassnahmen erforderten detaillierte Recherchen zu den verwendeten Materialien und sind zeitraubend. TH Installative Werke In den letzten 15 Jahren kamen im Durchschnitt drei installative Werke pro Jahr in die Sammlung des Kunsthauses –Tendenz steigend: Im Berichtsjahr waren es neun. Viele enthalten elektronische Komponenten, Video- oder Computerkunst. Da die verwendeten Geräte kurzlebig sind, ist es für die langfristige Erhaltung und Wiederaufführbarkeit der Werke wichtig, dass sich die Restauratorinnen und Restauratoren bereits beim Ankauf mit dem Funktionieren der Werke vertraut machen. Die aufwändige Inventarisierung erfolgt interdisziplinär, wobei Kuratoren, Registrarabteilung, technischer Dienst und Restaurierung Hand in Hand arbeiten. Die Zustands- und Qualitätskontrollen aller Komponenten sind nur ein kleiner Teil der anstehenden Aufgaben. Auch die Definierung von technischen Standards und die Dokumentation komplexer Geräte und ihrer Hard- und Software gehören dazu. Die Erarbeitung einer Archivierungsstrategie unter Berücksichtigung der sich rasant wandelnden Technologie ist schon beim Ankauf essentiell, denn defekte Bestandteile älterer Medienkunstwerke lassen sich nicht einfach mit Elementen der heute aktuellen Technik ersetzen. Die Voraussetzung für werkgerechte Lösungen ist die Kenntnis der ästhetischen, konzeptionellen und historischen Werte dieser Technologien. Aber auch das Wissen um die künstlerische Bedeutung des einzelnen Werkes ist grundlegend für diesen Entscheidungsprozess. Im besten Fall können die wichtigsten Fragen mit der Galerie oder direkt mit dem Künstler besprochen werden. Dass dies oft nicht ausreicht, zeigt das Beispiel von Simon Senns «L’hôtel des sapins» (2008): Für dieses interaktive Video besitzt das Kunsthaus eine Sicherungskopie in Form einer zweiten Festplatte. Sowohl Original wie Archivkopie sind aber gleichermassen von der aktuellen Hard- und Software

abhängig und diese ist bekanntlich von beschränkter Lebensdauer. Eine langfristige Erhaltung des Werks kann nur garantiert werden, wenn der Programmcode mittels Emulation in eine betriebssystemunabhängige Umgebung eingebettet wird. Solch komplexe Arbeiten sind nur von spezialisierten Informatikern umsetzbar und entsprechend teuer. Wünschenswert wäre es, wenn alle Neuankäufe beim Eingang ins Haus ausstellungsgerecht installiert würden, damit neben der Funktionskontrolle technische Herausforderungen, Installationsprobleme und inhaltliche Fragen so früh wie möglich erkannt, Lösungen angedacht und deren Finanzierung geplant werden können. MK Fotografien und Arbeiten auf Papier Forschungsarbeiten von externen Kunsthistorikern bringen oft interessante Impulse für vertiefte Untersuchungen des Materialgefüges von Werken und zeigen konservatorische Schwachstellen auf, die zu beheben sind. So kamen für das Werkverzeichnis von Christian Schad die Schadografien wieder unter die Lupe; dank neuen Fragestellungen konnten alte Unklar- heiten, etwa bei den Entstehungsdaten, beantwortet werden. Im Rahmen des Tristan Tzara-Dada Global- Forschungsprojektes wurden Vorder- und Rückseiten nach bestimmten originalen Bezeichnungen abgesucht, die die historischen Zusammenhänge der Entstehung der Werke und ihr späteres Schicksal klären helfen. Die Bestimmung von Technik und Zustand von Fotografien stellt eigene Anforderungen. Oft sind für die perfekte Erhaltung und die langfristige Lagerung neue Montagen und Rahmen nötig, wie bei den drei bunten Inkjet-Fotografien von Robert Walker. Bei Überformaten verschärft sich die Problematik, wobei die anspruchsvollen Künstler von Grossfotografien oft auch den technischen Aufbau der Montage und die Rahmung als integrale Teile des Werkes festlegen. So ist der 204 x380 cm grosse «Space Shuttle 1, Kennedy Space Center, Cape Canaveral» ein digitaler C-Print, der mit Diasec vorderseitig auf Plexiglas SR und rückseitig auf Alucobond aufgezogen und gerahmt ist; das Plexiglas kann nicht ersetzt werden und ist folglich sorgfältig zu schützen. JR 35

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Die Ausstellung zum Architekten des <strong>Kunsthaus</strong>es,<br />

Karl Moser, entwickelte sich von einer kleinen<br />

Präsentation im Kabinett zu einer stattlichen Ausstellung<br />

mit über 400 Objekten, die sich über neun<br />

Räume ausbreitet. Einen Höhepunkt bildeten die<br />

zahlreichen, zum Teil sehr grossen Gipsmodelle;<br />

doch waren sie, seit Generation in unterschiedlichen<br />

Institutionen mehr oder weniger schlecht gelagert,<br />

ziemlich unansehnlich oder gar ramponiert. Auch<br />

die Wettbewerbsentwürfe von 1908 für den Skulpturenschmuck<br />

des <strong>Kunsthaus</strong>es harrten seit langem<br />

der Behandlung. Zur Restaurierung dieser Werke<br />

konnten wir den Kollegen Peter Fuchs, Restaurator<br />

in <strong>Zürich</strong>, gewinnen. Zudem kamen eine Vielzahl<br />

von unterschiedlich grossen Plänen des Architekten<br />

zu uns, die Armin Simon, technischer Mitarbeiter der<br />

Grafischen Sammlung, in einer bravurösen Leistung<br />

alle passepartourierte und einrahmte, wofür ihm an<br />

dieser Stelle besonderer Dank gebührt.<br />

HpM<br />

Die Vorbereitung und Zustandskontrolle der<br />

Werke, die das Haus zu externen Ausstellungen verliessen,<br />

und vor allem ihre Begleitung nahmen wieder<br />

viel Zeit in Anspruch, wobei immerhin die Anzahl<br />

der ausgeliehenen Werke gegenüber den Vorjahren<br />

leicht zurückgegangen ist (105 Gemälde/Skulpturen<br />

und 125 Grafiken an 76 auswärtige Ausstellungen).<br />

Prophylaktische Massnahmen sind essentiell zur<br />

Minimierung der Risiken. So wurden bei zwei herausragenden<br />

Werken unserer Altmeistersammlung,<br />

der «Geburt Christi» und der «Verkündigung» des<br />

Meisters der Münchner Marientafeln, als zusätzlicher<br />

Schutz vor Schäden am Holz bei Klimaschwankungen<br />

alle Zwischenräume der rückseitigen Parkettierung<br />

mit Balsaholz aufgefüllt, so dass nun die dünnen<br />

Holztafeln gleichmässig kaschiert sind. Zusammen<br />

mit der Verglasung und dem üblichen Rückseitenkarton<br />

ergibt sich so ein optimierter Schutz für die<br />

sehr empfindlichen Tafeln. Wo die Ausstellungsbedingungen<br />

ungenügend sind, lassen sich Schäden<br />

oft nicht vermeiden, wie sich an Katharina Fritschs<br />

Werkgruppe um die Muschelfrau zeigte. Die Restaurierungsmassnahmen<br />

erforderten detaillierte Recherchen<br />

zu den verwendeten Materialien und sind<br />

zeitraubend.<br />

TH<br />

Installative Werke<br />

In den letzten 15 Jahren kamen im Durchschnitt drei<br />

installative Werke pro Jahr in die Sammlung des <strong>Kunsthaus</strong>es<br />

–Tendenz steigend: Im Berichtsjahr waren<br />

es neun. Viele enthalten elektronische Komponenten,<br />

Video- oder Computerkunst. Da die verwendeten<br />

Geräte kurzlebig sind, ist es für die langfristige Erhaltung<br />

und Wiederaufführbarkeit der Werke wichtig,<br />

dass sich die Restauratorinnen und Restauratoren<br />

bereits beim Ankauf mit dem Funktionieren der Werke<br />

vertraut machen. Die aufwändige Inventarisierung<br />

erfolgt interdisziplinär, wobei Kuratoren, Registrarabteilung,<br />

technischer Dienst und Restaurierung Hand in<br />

Hand arbeiten. Die Zustands- und Qualitätskontrollen<br />

aller Komponenten sind nur ein kleiner Teil der anstehenden<br />

Aufgaben. Auch die Definierung von technischen<br />

Standards und die Dokumentation komplexer<br />

Geräte und ihrer Hard- und Software gehören dazu.<br />

Die Erarbeitung einer Archivierungsstrategie unter<br />

Berücksichtigung der sich rasant wandelnden Technologie<br />

ist schon beim Ankauf essentiell, denn defekte<br />

Bestandteile älterer Medienkunstwerke lassen sich<br />

nicht einfach mit Elementen der heute aktuellen Technik<br />

ersetzen. Die Voraussetzung für werkgerechte<br />

Lösungen ist die Kenntnis der ästhetischen, konzeptionellen<br />

und historischen Werte dieser Technologien.<br />

Aber auch das Wissen um die künstlerische Bedeutung<br />

des einzelnen Werkes ist grundlegend für diesen<br />

Entscheidungsprozess. Im besten Fall können die<br />

wichtigsten Fragen mit der Galerie oder direkt mit dem<br />

Künstler besprochen werden. Dass dies oft nicht ausreicht,<br />

zeigt das Beispiel von Simon Senns «L’hôtel des<br />

sapins» (2008): Für dieses interaktive Video besitzt das<br />

<strong>Kunsthaus</strong> eine Sicherungskopie in Form einer zweiten<br />

Festplatte. Sowohl Original wie Archivkopie sind aber<br />

gleichermassen von der aktuellen Hard- und Software

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