Ausgabe 04 / 2007 - BankPraktiker
Ausgabe 04 / 2007 - BankPraktiker
Ausgabe 04 / 2007 - BankPraktiker
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Beitrag<br />
» Das gerichtliche<br />
Verfahren<br />
dauert im Elsass<br />
und in Lothringen<br />
etwas länger<br />
als als in England, je<br />
nach Komplexität<br />
rund 18 Monate<br />
oder auch mehr. «<br />
232 <strong>04</strong> / <strong>2007</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
land. Die französische Justiz knüpft, offenbar<br />
um den Verfahren im grenznahen Bereich zu<br />
Deutschland Herr zu werden, hohe Anforderungen<br />
an den Tatbestand des Mittelpunkts<br />
der hauptsächlichen Schuldnerinteressen, der<br />
z.B. verneint werden kann, wenn es an Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
am neuen Schuldnerwohnsitz<br />
mangelt. Das gerichtliche Verfahren<br />
dauert im Elsass und in Lothringen etwas<br />
länger als in England, je nach Komplexität rund<br />
18 Monate oder auch mehr 9 .<br />
III. Banken sollten ihre Chancen<br />
wahren<br />
Deutsche Kreditinstitute sollten bei grenzüberschreitenden<br />
Tatbeständen prüfen, ob<br />
es ausreichende Hinweise dafür gibt, dass<br />
der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen<br />
des Kreditnehmers oder Mithaftenden<br />
im Ausland liegt oder leicht dorthin verlagert<br />
werden könnte. Sodann ist die Einholung von<br />
Informationen zu der Frage geboten, welche<br />
Auswirkungen eine Insolvenzeröffnung in<br />
einem anderen Mitgliedsstaat der EU auf die<br />
eigene Gläubigerposition hat. Dies gilt auch für<br />
Kreditsicherheiten.<br />
Banken können ein englisches Insolvenzverfahren<br />
ihrer Schuldner nur dann aushebeln,<br />
wenn ihnen gegenüber dem Gericht der Nachweis<br />
gelingt, dass dieses aufgrund fehlender<br />
Anwendbarkeit des englischen Insolvenzrechts<br />
nicht zuständig ist, etwa weil sich der Schuldner<br />
tatsächlich weitestgehend in Deutschland<br />
aufhält. Andernfalls bleibt zwar das englische<br />
Gericht zuständig, doch drohen dem unaufrichtigen<br />
Schuldner Beschränkungen, wenn<br />
nachgewiesen werden kann, dass dieser vor<br />
oder während des Verfahrens schuldhafte<br />
9 Tschauner, a.a.O. (Fn. 1), S. 360, unterscheidet offenbar<br />
nicht zwischen den Verfahrensdauern im<br />
KoR_Puzzle_HB_FZ_175x55 11.08.2006 10:26 Uhr Seite 1<br />
Elsass und in Lothringen und denen im übrigen<br />
Frankreich.<br />
Weil Bruchstücke Sie nicht weiterbringen.<br />
Alles über Rechnungslegung, jeden Monat in KoR. Deutschlands erste<br />
Fachzeitschrift zur internationalen und kapitalmarktorientierten Rechnungslegung.<br />
Gratisheft ordern: 0 800 . 000 16 37 (Anruf kostenlos!)<br />
Verstöße begangen hat. Dies kann z.B. der<br />
Fall sein, wenn er während des Verfahrens<br />
Zahlungen entgegennimmt oder Eigentum<br />
erwirbt, ohne diese Vermögensveränderungen<br />
dem Gericht anzuzeigen, oder aber Darlehen<br />
aufnimmt oder Gläubiger unmittelbar ohne<br />
Beachtung des Verfahrensablaufs befriedigt.<br />
Dann kann das Gericht anordnen, dass dem<br />
Schuldner für einen Zeitraum von weiteren<br />
zwei bis fünfzehn Jahren die Beschränkungen<br />
der Insolvenz auferlegt werden.<br />
Soweit Schuldner in missbräuchlicher Weise<br />
versuchen, eine Restschuldbefreiung im Elsass<br />
oder in Lothringen zu erschleichen, ohne in<br />
Wirklichkeit die nach der EuInsVO geforderten<br />
Voraussetzungen zu erfüllen, kann auch<br />
hier das Verfahren seitens der Gläubigerbanken<br />
angegriffen werden. Gelingt der Nachweis, dass<br />
sich der Schuldner in Wirklichkeit ununterbrochen<br />
in Deutschland aufhält und dort tätig ist,<br />
ist eine Zurückweisung des Antrags durch die<br />
französische Justiz die Folge.<br />
Es kann durchaus eine Frage des Einzelfalls<br />
sein, ob ein Schuldner bei Scheitern eines<br />
ausländischen Verfahrens in jedem Fall ein<br />
deutsches Insolvenzverfahren anstrebt oder<br />
aber mit den Gläubigern eine anderweitige<br />
Regelung vorzieht. Die Durchführung eines<br />
EU-Insolvenzverfahrens ist nämlich nicht<br />
billig. Die Kosten einer Restschuldbefreiung in<br />
Deutschland ohne förmliches Verfahren (durch<br />
Teilforderungsverzicht aller Gläubiger) können<br />
irgendwo zwischen dem Aufwand für das Auslandsverfahren<br />
und den Gesamtverbindlichkeiten<br />
liegen. Mit besserer Kenntnis der Verfahrensvoraussetzungen<br />
und angemessener<br />
juristischer Begleitung können Banken ihre<br />
Interessen optimal wahren. £<br />
www.KoR-online.de