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Ausgabe 04 / 2007 - BankPraktiker

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Beitrag<br />

» Für deutsche Kreditinstitute<br />

bedeutet<br />

das, dass im Ausland<br />

abgewickelte Verfahren<br />

über das Vermögen<br />

ihrer Schuldner<br />

ihre anspruchsbegrenzende<br />

Wirkung<br />

in der Form entfalten,<br />

dass die Forderungen<br />

endgültig<br />

abgeschrieben werden<br />

müssen. «<br />

<strong>04</strong> / <strong>2007</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />

Vorstand Kredit Konto Anlage Recht Handel Controlling Revision IT<br />

„French Connection”<br />

– Auslandsinsolvenz<br />

Wie ohnmächtig ist die Kreditwirtschaft angesichts des „Insolvenztourismus“ von Freiberufl<br />

ern und Geschäftsführern?<br />

Autoren:<br />

Dr. Eckhard M. Theewen,<br />

Rechtsanwalt,<br />

Dr. Theewen Bankrechtspraxis,<br />

Spezialkanzlei für Bank- und Bankhaftungsrecht,<br />

Sanierung und Insolvenz.<br />

1 Bei Firmen- und Konzerninsolvenzen im Ausland<br />

vgl. eingehend Tschauner, BP 2006 S. 360 ff .<br />

2 Nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO muss der Schuldner<br />

seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus<br />

einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende<br />

laufende Bezüge für die Zeit von sechs<br />

Jahren nach Eröff nung des Insolvenzverfahrens<br />

an einen gerichtlich bestimmten Treuhänder abführen.<br />

3 Bereits am 31.05.2000 in Kraft getreten.<br />

4 Art. 3 Abs. 1 EuInsVO.<br />

5 Art. 16 EuInsVO.<br />

I. Einleitung<br />

w Das zunehmende Abwandern von deutschen<br />

Schuldnern ins europäische Ausland zwecks Einleitung<br />

eines Insolvenzverfahrens wirft für Kreditinstitute<br />

neue Fragen auf, zum Beispiel ob sich<br />

die rechtliche Position der Gläubiger verschlechtert,<br />

wie eine Forderungsanmeldung erfolgen<br />

muss und welche weiteren Möglichkeiten zur<br />

Interessenwahrung bestehen.<br />

Nach den Worten des parlamentarischen Staatssekretärs<br />

beim Bundesministerium der Justiz,<br />

Alfred Hartenbach, besteht angesichts der Gewaltenteilung<br />

keine Handhabe der Bundesregierung,<br />

das Abwandern, etwa durch Einfl ussnahme<br />

auf die Justiz, zu unterbinden. Europaweite Harmonisierung<br />

der Rechtsmaterien sei die Lösung,<br />

womit aber auf lange Sicht nicht zu rechnen sei.<br />

Sowohl ein unternehmerisch tätiger Freiberufl er<br />

als auch ein GmbH-Geschäftsführer 1 geraten bei<br />

Scheitern ihrer Unternehmungen meist persönlich<br />

und unbeschränkt in die Haftung. Reichen<br />

die weiteren Sicherheiten zur Befriedigung der<br />

Gläubiger nicht, droht in letzter Konsequenz die<br />

persönliche Insolvenz. Das langwierige deutsche<br />

Insolvenzrecht mit einer sechsjährigen<br />

Wohlverhaltensphase 2 wird von vielen Betroffenen,<br />

insbesondere um Mitte 40 oder älter, als<br />

berufl iches „Aus“ empfunden. Da in der Wohlverhaltensphase<br />

Einkünfte, die bestimmte Grenzen<br />

überschreiten, abgeführt werden müssen,<br />

erscheint ihnen häufi g ein erneutes „Durchstarten“<br />

als frustrierend, da die Früchte des Neuanfangs<br />

sofort abgeschöpft werden.<br />

II. Verkürztes Verfahren als attraktive<br />

Alternative<br />

In einer solchen Situation rücken Staaten der<br />

Europäischen Union ins Blickfeld, die ein ver-<br />

kürztes Insolvenzverfahren vorsehen. Dass dies<br />

möglich ist, geht zurück auf die am 29.05.2000<br />

vom Europäischen Rat erlassene Verordnung<br />

Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren<br />

(EuInsVO) 3 . Auch wenn die Zielsetzung des<br />

Verordnungsgebers lediglich war, sicherzustellen,<br />

dass auch im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr<br />

die Haftungsverwirklichung<br />

von Schuldnern gegenüber ihren Gläubigern<br />

gefördert wird, hat sich herausgestellt, dass<br />

für erstere vor allem zwei Rechtsordnungen<br />

als attraktiv empfunden werden, weil die Verfahren<br />

zeitlich überschaubar sind und auf eine<br />

Wohlverhaltensphase ganz verzichten: Elsass/<br />

Lothringen und England, die nachstehend<br />

Gegenstand näherer Betrachtungen sind.<br />

Das Universalitätsprinzip der EuInsVO geht<br />

von nur noch einer einheitlichen Insolvenzverwaltung<br />

über das Vermögen des Schuldners<br />

unter Anwendung ausschließlich der Rechtsordnung<br />

aus, in deren Geltungsbereich der<br />

Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen<br />

Interessen hat 4 . Wird ein Insolvenzverfahren<br />

in einem Staat der Europäischen Union<br />

(außer Dänemark) eröff net, muss es im gesamten<br />

Geltungsbereich der Verordnung anerkannt<br />

werden 5 . Für deutsche Kreditinstitute<br />

bedeutet das, dass im Ausland abgewickelte<br />

Verfahren über das Vermögen ihrer Schuldner<br />

ihre anspruchsbegrenzende Wirkung dergestalt<br />

entfalten, dass die Forderungen endgültig<br />

abgeschrieben werden müssen.<br />

1. Insolvenz in England<br />

In England ist der Insolvenzantrag bei dem<br />

Gericht zu stellen, das örtlich für den Schuldner<br />

zuständig ist. Der Restschuldbefreiung<br />

suchende Freiberufl er oder Geschäftsführer<br />

muss dort mindestens drei Monate seinen<br />

Wohnsitz haben und in England in einem<br />

ordnungsgemäßen Beschäftigungsverhältnis

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