Ausgabe 04 / 2007 - BankPraktiker
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verfassungsrechtlichem Schutz steht (Art. 6<br />
GG), kann keine Diskriminierung vorliegen.<br />
V. Rechtsfolgen<br />
Der Diskriminierte soll nach dem AGG die<br />
Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen<br />
können. Dies läuft im Bankbereich faktisch<br />
auf einen Kontrahierungszwang der Bank<br />
mit dem Kunden hinaus und stellt einen<br />
nicht zu rechtfertigen Eingriff in die Privatautonomie<br />
dar. Bei einer mittelbaren Diskriminierung<br />
läuft der Beseitigungsanspruch<br />
hinaus z.B. auf die Änderung von Vertragstexten.<br />
Weiter hat der Diskriminierte einen<br />
Anspruch auf Ersatz seines erlittenen Schadens.<br />
Schließlich kann der Diskriminierte eine<br />
Entschädigung in Geld verlangen (immaterieller<br />
Schaden).<br />
Dieser Geldentschädigungsanspruch wird<br />
insbesondere für „AGG-Hopper“ der interessanteste<br />
Anspruch sein und die Gerichte<br />
demnächst beschäftigen. Zu beachten ist auf<br />
jeden Fall, dass gem. EU-Richtlinie der Schadensersatz<br />
zwar verhältnismäßige, aber auch<br />
wirksame und abschreckende Sanktionen<br />
verlangt. Es bleibt zu hoffen, dass die Rechtsprechung<br />
analog zu den Schadensersatzansprüchen<br />
bei Verletzungen des allgemeinen<br />
Persönlichkeitsrechts gemäßigt bleibt.<br />
VI. Beweislastverteilung/<br />
Ausschlussfrist<br />
Beweist der Diskriminierte „Indizien“, die auf<br />
eine Diskriminierung schließen lassen, so<br />
trägt die Bank die volle Darlegungs- und<br />
Beweislast dafür, dass keine Benachteiligung<br />
vorgelegen hat. Diese gesetzlich angeordnete<br />
Umkehr der Darlegungs- und Beweislast<br />
allein kann zum Verlust des Zivilprozesses<br />
führen, insbesondere dann, wenn die<br />
Bank den streitbefangenen Vorgang nicht<br />
dokumentiert hat.<br />
Der Diskriminierte hat seine Ansprüche<br />
gegenüber der Bank binnen zwei Monaten,<br />
gerechnet ab dem Tag der Ablehnungsentscheidung,<br />
geltend zu machen. Eine Klageerhebung<br />
ist hierfür nicht erforderlich. Selbst<br />
die telefonische Beschwerde bei der Bank<br />
reicht aus. Ebenso wird man die Beschwer-<br />
deerhebung beim Ombudsmann (falls das<br />
betreffende Institut sich diesem Verfahren<br />
angeschlossen hat) oder bei der Antidiskriminierungsstelle<br />
des Bundes in Berlin ausreichen<br />
lassen müssen.<br />
VII. Verhaltensweise der Bank im<br />
Fall eines Diskriminierungsvorwurfs<br />
Enttäuschte Kunden sowie „berufsmäßig“ Diskriminierte<br />
(„AGG-Hopper“) werden versuchen,<br />
die Ablehnung eines Vertragsschlusses<br />
oder die Unwirksamkeit einer Kündigung<br />
mit einer Diskriminierung nach dem AGG zu<br />
begründen. Jede Bank muss für sich abschätzen,<br />
welchen Aufwand sie bei der AGG-Dokumentation<br />
betreiben möchte.<br />
Im Kreditgeschäft sollten auf jeden Fall die<br />
Selbstauskunft und die SCHUFA-Abfrage<br />
archiviert werden, um die Bonitätsprüfung<br />
festzuhalten. Bei der Ablehnung der Eröffnung<br />
eines Girokontos werden bereits in aller<br />
Regel die Ablehnungsgründe von der Kreditwirtschaft<br />
dokumentiert, um für ein etwaiges<br />
Ombudsmannverfahren gewappnet zu sein.<br />
Im Fall einer Kreditkündigung lässt sich z.B.<br />
der Kündigungsgrund des Zahlungsverzugs<br />
anhand der Kontoauszüge nachweisen. Sind<br />
Spannungen bei Vertragsverhandlungen mit<br />
dem Kunden aufgetreten, so sollte eine Aufzeichnung<br />
zu den Kreditakten genommen<br />
werden und sei es als Gedächtnisstütze für<br />
den Bankmitarbeiter als Zeuge vor Gericht.<br />
Bei den sog. „AGG-Hoppern“ kann sich die<br />
Bank auf die Rechtsprechung zu § 611a BGB<br />
(nunmehr aufgegangen im AGG) berufen 6 ,<br />
wonach ein Anspruch ausgeschlossen ist,<br />
wenn dieser rechtsmissbräuchlich geltend<br />
gemacht wird.<br />
Ab <strong>2007</strong> sollen für die Kreditwirtschaft Versicherungsprodukte<br />
(wahrscheinlich von Gerling<br />
und AXA) bereitgestellt werden. Danach<br />
können sich die Banken rechtsschutzversichern<br />
für den Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung<br />
sowie im Fall einer Zahlung<br />
aufgrund des AGG.<br />
Folgender Quickcheck kann zur Prüfung<br />
eines Diskriminierungsvorwurfs herangezogen<br />
werden (siehe Abb. 2 auf S. 198).<br />
<strong>04</strong> / <strong>2007</strong> <strong>BankPraktiker</strong><br />
Beitrag<br />
» Beweist der Diskriminierte„Indizien“,<br />
die auf eine<br />
Diskriminierung<br />
schließen lassen, so<br />
trägt die Bank die<br />
volle Darlegungsund<br />
Beweislast<br />
dafür, dass keine<br />
Benachteiligung<br />
vorgelegen hat. «<br />
6 LAG Hamm, AP BGB § 611a Nr. 15; LAG Mainz,<br />
NZA 1997 S. 115.<br />
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