Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
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Dokumente, Briefe, Informationen 205<br />
DOKUMENTE, BRIEFE, INFORMATIONEN<br />
Interview mit Mgr. Bernard<br />
Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft<br />
St. Pius X.<br />
Mgr. Bernard Fellay, Generaloberer der Priesterbruderschaft<br />
St. Pius X., hat Patrick Banken<br />
ein Interview gewährt. Patrick Banken ist<br />
Präsident der <strong>Una</strong> <strong>Voce</strong> Frankreich, einer Vereinigung,<br />
welche seit fast 50 Jahren für den<br />
Erhalt des gregorianischen Gesanges kämpft.<br />
Das Interview wurde in der Nr. 277 (März-<br />
April 2011) der französischen <strong>Una</strong>-<strong>Voce</strong>-Zeitschrift<br />
veröffentlicht.<br />
P.B.: Wir stehen am Anfang eines neuen Jahres<br />
und eines neuen Jahrzehnts; können Sie<br />
uns, Monseigneur, schildern, wie Sie die aktuelle<br />
Situation der Kirche sehen?<br />
Mgr. Fellay: Das zweite Vatikanische Konzil<br />
und die nachkonziliaren Reformen, die<br />
dann folgten, haben eine der schwersten Krisen<br />
verursacht, durch welche die Kirche je<br />
hindurchgegangen ist. Fünfzig Jahre danach<br />
müssen wir leider feststellen, daß diese Krise<br />
keineswegs im Begriff ist zu enden. Die<br />
Folgen der konziliaren Reformen sind heute<br />
härter spürbar denn je zuvor. Da ist zum Beispiel<br />
in der Alten und in der Neuen Welt ein<br />
schwerer Rückgang der Berufungen zum Ordensleben<br />
und zum Priestertum, das fast völlige<br />
Verschwinden von katholischen Schulen,<br />
die dieses Namens würdig sind, die entsetzliche<br />
Unkenntnis der Jugend über die katholische<br />
Lehre, eine Liturgie, welche den Glauben<br />
nicht mehr stärkt und, ganz im Gegenteil,<br />
die wenigen Gläubigen, die heute noch praktizieren,<br />
wie ein langsam wirkendes Gift mit<br />
einem mehr protestantischen als katholischen<br />
Geist durchtränkt. Und doch erspürt man mitten<br />
in diesem desaströsen Niedergang eine<br />
– wenn auch noch recht bescheidene – Bewegung,<br />
die sich für den Wiederaufbau der<br />
Kirche einsetzt. Diese Bewegung kommt mitten<br />
aus der Jugend, und sie bekam neuen Rückenwind,<br />
als Benedikt XVI. den Stuhl Petri<br />
bestieg. Es ist dieses eine Bewegung hin<br />
zu einer konservativeren Einstellung, und das<br />
gibt schon eine gewisse Hoffnung für die Zukunft.<br />
In gewisser Weise stellt die Unkenntnis<br />
über die Vergangenheit oder auch die Enttäuschung<br />
über die augenblickliche Situation der<br />
Kirche ein Problem dar, an dem diese Bewegung<br />
leidet. Man könnte sagen, daß die Jugend<br />
aus ihrer Frustration über die traurige<br />
Lage der Kirche heraus auf dem Gebiet der<br />
Lehre und der Liturgie etwas anderes sucht<br />
und sich der Vergangenheit zuwendet, ohne<br />
jedoch zu wissen, was diese Vergangenheit<br />
ist. Der progressistische Flügel ist noch in Amt<br />
und Würden und kennt genau diese Reaktion;<br />
er tut alles, was er nur kann, um sie niederzuschlagen,<br />
bevor sie stark genug wird, um sich<br />
aus eigener Kraft durchzusetzen. Das alles zusammen<br />
genommen schafft eine ausgesprochen<br />
verworrene Situation, in der Furcht und<br />
Hoffnung eng beieinanderliegen. Es ist, als ob<br />
wir an einer Wegkreuzung stehen, und alles,<br />
was der Heilige Vater tut oder auch nicht tut,<br />
bestimmt die Dauer dieser Krise.<br />
P.B.: Welches könnte denn in naher Zukunft<br />
die Rolle der katholischen Tradition und der<br />
Priesterbruderschaft St. Pius X. sein, insbesondere<br />
beim Weg aus dieser schon allzu langen<br />
Krise der Weltkirche?<br />
Mgr. F.: In Anbetracht der Situation, die wir<br />
gerade beschrieben haben, ist es sicher, daß<br />
diejenigen, welche versuchen, weiterhin nach<br />
den traditionellen Grundsätzen zu leben,<br />
leicht so etwas wie ein Orientierungspunkt,<br />
ein Leuchtturm werden können. Sie würden