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Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV

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170 Dionysius Carthusianus<br />

Niederhalten und Bezwingen der Glaubensfeinde, custodire – sie behüten, d.h. vor<br />

dem Schlechten beschützen bzw. im Guten bewahren, adunare – einigen, durch Zerstören<br />

von Häresien und Schismen, et regere – und lenken, d.h. zum letzten Ziel<br />

und zur ewigen Glückseligkeit hin führen. Obgleich man nun in der Messe für das<br />

ganze Christenvolk allgemein und zuerst beten soll, ist es dennoch angebracht, in besonderem<br />

Maße für den Oberhirten sowie für den eigenen Hirten zu beten, sodann für<br />

jene, die unter dem christlichen Volk in stärkerem Maß herausragen und einer größeren<br />

Anzahl von Nutzen sind, die den Glauben durch ihre eigene Weisheit verteidigen und<br />

erklären, Menschen, über die bei Daniel geschrieben steht: Die gelehrt waren, werden<br />

strahlen wie der Glanz des Firmamentes; und die viele in der Gerechtigkeit unterweisen,<br />

wie die Sterne in alle Ewigkeit (Dan 12,3). Aus diesem Grund lässt sich der Kanon<br />

herab, für solche Personen im Besonderen zu beten. Denn es wird hinzugefügt: una<br />

– Gemeinsam, d.h. zugleich, cum famulo tuo, papa nostro, et antistite nostro<br />

– mit deinem Diener, unserem Papst und unserem Vorsteher, d.h. dem eigenen<br />

Bischof, der die geistliche Leitung innehat, et rege nostro – und unserem König,<br />

d.h. dem römischen Kaiser, der in der bürgerlichen Regierung den Vorsitz innehat 24<br />

– dennoch liegt beim Papst die Fülle beider Gewalten 25 –, et omnibus orthodoxis –<br />

und allen Rechtgläubigen, d.h. den ruhmvoll bzw. außerordentlich Glaubenden,<br />

die durch Lehre und Lebensführung in der ›streitenden Kirche‹ 26 glänzen 27 . Denn wie<br />

solche Menschen vielen nützlich sind, so werden sie vielen schädlich, wenn sie die Gnade<br />

verlieren und ›fleischlich leben‹: und folglich ist es angebracht, für sie im Besonderen<br />

sius hat hier die Worte wohl umgestellt, da er nur die von digneris abhängigen Verben erklären<br />

will; das auf digneris folgende toto orbe terrarum lässt er sogar fort.<br />

24 Vgl. JUNGMANN II, 197-199: Innerhalb des Hl. röm. Reiches dt. Nation, in dem Dionysius lebte, findet<br />

sich seit der Kaiserkrönung Karls des Großen die Erwähnung des römischen Kaisers (et rege nostro<br />

steht hier synonym für et imperatore nostro) zunächst vereinzelt, ab 1000 n.Chr. häufiger. Im Missale<br />

Pius V. fehlt der Zusatz verständlicherweise, da der Papst selbst im Kirchenstaat auch als weltlicher<br />

Monarch fungierte; per Indult war der Zusatz aber für einzelne Territorien gestattet.<br />

25 Zur dionysischen Ansicht über die päpstliche Gewalt in der Kirche vgl. WASSERMANN, 202-227 (Besprechung<br />

des dionysischen Traktates De auctoritate summi pontificis et generalis concilii): Der<br />

Papst ist im Vollbesitz der juridischen und der spirituellen Autorität. Bezüglich der Fülle der weltlichen<br />

Gewalt vertritt Dionysius die kuriale Theorie der sog. ›Zweischwerterlehre‹, wonach der<br />

Papst neben der geistlichen Gewalt auch die weltliche innehabe, diese aber dem Kaiser verleihe,<br />

damit dieser im Dienst der Kirche handle. Dionysius stellt sich in eine Reihe mit den bedeutenden<br />

Vordenkern dieser Theorie, Bernhard v. Clairvaux (De consideratione IV, 3,7) und Ägidius<br />

v. Rom (De ecclesiastica potestate), Autoren, die er auch sonst rezipiert; vgl. auch LThK³ 10,<br />

s.v. Zweischwerterlehre, 1519f.<br />

26 Ecclesia militans ist seit dem 12. Jh. gebräuchliche Formel für die Kirche hier auf Erden, in Unterscheidung<br />

zur ecclesia triumphans, der Gemeinschaft der Seligen in der himmlischen Vollendung<br />

und der ecclesia patiens, der im Purgatorium leidenden Seelen, vgl. HDG III/3c, 103.<br />

27 Vgl. JUNGMANN II, 195f; SCHMITZ, Canon 292: ET OMNIBUS ORTHODOXIS ATQUE CATHOLICAE ET APOSTOLICAE<br />

FIDEI CULTORIBUS ist Doppelausdruck für die Gesamtheit der Bischöfe; man sieht hier eine interessante<br />

eigenständige Interpretation von Dionysius.

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