Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
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154 Dionysius Carthusianus<br />
war die meiste Zeit seiner Kartäuserexistenz, ca. 40 Jahre, literarisch tätig. Er präsentiert<br />
sich als sehr vielseitiger Autor, dessen Werk den theologischen und den philosophischen<br />
Sektor weitgehend umfasst – lediglich das Terrain historischer Arbeiten hat er unberücksichtigt<br />
gelassen. Breiten Raum nehmen Exegese und Dogmatik sowie Kleinschriften<br />
zu Aszese/Spiritualität und Reform ein.<br />
Größere Bekanntheit im deutschsprachigen Katholizismus seit dem ausgehenden<br />
19.Jh. erlangte Dionysius durch seine Rezeption von Seiten des Theologen Nikolaus<br />
Gihr. Dessen Werk Das heilige Meßopfer, dogmatisch, liturgisch und aszetisch erklärt, 1.<br />
Aufl. 1888; (17.-19. Aufl. Freiburg i.Br 1922), das in ›Herders Theologischer Bibliothek‹<br />
erschien und als damaliges Standardwerk für die Messliturgie galt – stark rezipiert<br />
durch Priester, aber auch von Laien geschätzt –, macht von den Schriften des Kartäusers<br />
ausgiebigen Gebrauch, wie die vielen lateinischen Zitate in den Fußnoten belegen;<br />
neben den liturgisch-sakramententheolo gischen Schriften verwendet Gihr auch exegetisches<br />
und dogmatisches Schrifttum des Dionyisus.<br />
Das Hauptcharakteristikum dieser zwei Kleinschriften besteht in der engen Verbindung<br />
von kognitiver und affektiver Komponente im Zugang zu Sakrament und Messliturgie.<br />
Vorrangiges Anliegen des Kartäusers ist es, den inneren Mitvollzug bei der<br />
sakral-sakramentalen Handlung zu fördern und auf den unlösbaren Konnex zwischen<br />
Liturgie bzw. dem opus Dei, d.h. dem gottesdienstlichen Wirken überhaupt, und der<br />
gesamtchristlichen Lebensführung hinzuweisen. Seine Darlegungen besitzen durchgängig<br />
eine teleologische Struktur: Erklärung dient der rationalen Erkenntnis, diese führt<br />
zur affektiven Anteilnahme. Dem Kartäuser geht es um eine Internalisierung der Religion<br />
ohne doktrinelle Beliebigkeit oder Abkehr von unverfügbaren äußeren Formen oder<br />
Institutionen. Auch ein wichtiges lehramtliches Dokument des 20.Jhs., die Liturgie-<br />
Enzyklika Mediator Dei von Pius XII. (1947), hat die große Bedeutung des persönlichen<br />
aszetischen Strebens neben dem gemeinschaftlich vollzogenen öffentlichen Kult<br />
betont und davor gewarnt, die subjektive, innerliche Dimension der Gottesverehrung<br />
zu vernachlässigen (AAS 39, 532-535).<br />
Dionysius hat beide Werke – wenngleich ohne konkrete Widmung – primär an Kleriker<br />
adressiert, wie bereits die lateinische Sprache der Originaltexte und sodann direkte<br />
Aussagen seinerseits, zudem der priesterliche Dialogpartner in De sacramento altaris<br />
et missae celebratione deutlich erkennen lassen. Doch besitzen seine Überlegungen,<br />
Betrachtungen und spirituellen Ermahnungen für jeden Gläubigen theoretische wie<br />
praktische Relevanz und bieten somit auch für interessierte Laien eine wertvolle Lektüre.<br />
Allerdings sollte ein Grundverständnis scholastischer Denk- und Sprachformen<br />
vorhanden sein, um diesem Autor wirklich nahekommen zu können: Eine gründliche<br />
scholastische Durchbildung kennzeichnet nicht nur die dogmatischen Werke dieses