Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
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136 Heidemarie Seblatnig<br />
Die Rosenkranzkirche in Wien Hetzendorf, 1909 von Architekt Hubert Gangl im neuromanischen<br />
Stil erbaut, entstand etwas später als die Wiener Staatsoper (1861-1869),<br />
die Ornamentik der Rosenkranzkirche erinnert in vielen Details an jene der Staatsoper.<br />
Beide Gebäude wurden im Zweiten Weltkrieg beschädigt, die Wiener Staatsoper<br />
schwer, die Rosenkranzkirche nur geringfügig.<br />
In den Fünfzigerjahren erfolgte die Renovierung beider Gebäude.<br />
Bei der Wiener Staatsoper wurde darauf geachtet, sie detailgetreu wiederherzustellen,<br />
bei der Rosenkranzkirche wurde 1957 unter dem Schlagwort »Renovierung heißt Erneuerung!«<br />
der Intention der Erhaltung wertvoller Kulturgüter entgegengearbeitet. So<br />
fielen Teile der Außengestaltung und die gesamte künstlerische Innenausstattung der<br />
Rosenkranzkirche wie die Innenarkaden mit Korbbögen, Rosenkapitellen, Wandmalereien,<br />
der 12 m hohe Ziborienaltar, der noch in einem Modell vom Architekten Gangl<br />
selbst verfertigt wurde – das Modell ist im Wien Museum zu sehen – einer radikalen<br />
Säuberung zum Opfer. (Abb. 1 und 2)<br />
Durch architektonische Veränderungen des Innenraumes der Rosenkranzkirche in<br />
Wien-Hetzendorf sollte die seit 500 Jahren tradierte Liturgie in der röm.-kath. Kirche<br />
zerstört werden.<br />
Es ging nicht um eine »Geschmacksfrage«, wie vordergründig argumentiert wurde<br />
und wird, ob man den Historismus schätzt oder nicht: es geht um die Würde des Sakralraumes,<br />
um seine Funktion, der heiligen Liturgie zu dienen und nicht ein »gemeinsames<br />
Mahl« zu veranstalten.<br />
Die Auftraggeber für diesen Umbau waren hohe kirchliche Würdenträger in Wien<br />
und ein einfacher Pfarrer, der ein williger Handlanger und Helfer der Zerstörung der<br />
Liturgie und des Sakralraumes wurde.<br />
Die rücksichtlose Zerstörung und deren Vorbereitung gegen den Willen der Pfarrgemeinde<br />
dokumentieren die »Hetzendorfer Pfarrblätter« anschaulich,und ihr Ablauf<br />
kann sehr gut nach verfolgt werden. 1<br />
Kardinal Innitzer (1932 – 1955), der Vorgänger von Kardinal König, war ein heftiger<br />
Gegner der Zerstörung der Inneneinrichtung der Rosenkranzkirche.<br />
Noch im Jahr 1953 wurde Architekt Ladislaus Hruska mit der Renovierung der<br />
Rosenkranzkirche beauftragt, wie aus einem Brief des Architekten vom 3. Juni 1953 an<br />
Pfarrer Joseph Ernst Mayer hervorgeht: »……..Im besonderen hat H.H. Prälat Wagner<br />
sich gegen jede Änderung des Inneren Ihrer Kirche nachdrücklichst ausgesprochen. Der Herr<br />
Prälat ist in diesem Standpunkt unnachgiebig.<br />
Aus diesem Grunde wurde die Erlaubnis für meine Tätigkeit an Ihrer Kirche wie folgt<br />
beschränkt:<br />
1 Heidemarie Seblatnig, Hetzendorf ein Fallbeispiel, S.48 ff., in: Heidemarie Seblatnig (Hg),<br />
Hetzendorf und der Ikonoklasmus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, WUV 2010