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Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV

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Konzilshermeneutik – Ein Beitrag des Vinzenz von Lérins 133<br />

betonen wollte. 25 Starke Kräfte des Konzils richteten sich gegen die aus ihrer Sicht reaktionäre<br />

Vergangenheit der Kirche; in diesem Klima war Vinzenz zu einer Art »persona<br />

non grata des Zweiten Vatikanums« geworden. 26<br />

Mit geradezu prophetischen Worten beschrieb der Lérinser Theologe die Konsequenzen,<br />

die eine Missachtung der von ihm dargelegten Prinzipien zur Folge hätte:<br />

»Wenn nämlich irgendein Teil der katholischen Glaubenslehre aufgegeben wird, und<br />

dann noch einer und wieder ein anderer, so werden nacheinander immerfort weitere<br />

Teile gleichsam schon aus Gewohnheit und mit dem Anspruch der Legitimität aufgegeben.<br />

Wenn aber die einzelnen Teile verworfen werden, dann wird die letzte Konsequenz<br />

daraus sein, dass das Ganze gleichermaßen verworfen wird. Aber auch wenn man andererseits<br />

beginnt, Neues dem Alten, Fremdes dem Eigenen, Unheiliges dem Heiligen<br />

beizumischen, so muss diese Unsitte auf das Ganze übergreifen, so dass an der Kirche<br />

nachher nichts unberührt, nichts unverletzt, nichts unversehrt, nichts unbefleckt gelassen<br />

wird…« 27<br />

Diese Worte lesen sich wie ein Kommentar zu vielen Phänomenen der nachkonziliaren<br />

Epoche. Hätte eine stärkere Beachtung des Lérinser Theologen auf dem Vatikanum<br />

II die weitere Entwicklung in eine andere Richtung lenken können? Es ist<br />

fraglich, ob einzelne Zitate in den Konzilsdokumenten dies hätten leisten können.<br />

Zumindest hätten solche Zitate den Interpretationsspielraum bestimmter Aussagen<br />

stark eingeschränkt. Eines aber ist im derzeitigen »Streit um das Konzil« unbestreitbar.<br />

Schon allein das Textquantum zeigt, wie weit sich das jüngste Pastoralkonzil von der<br />

konziliaren Praxis der frühen Kirche entfernt hatte, die stets, wie Vinzenz im eingangs<br />

zitierten Passus schrieb, »eine große Anzahl von Wahrheiten in wenigen Worten zusammengefasst<br />

hatte«. Bekanntlich hatte K. Rahner 1964 stolz seinem Freund H.<br />

Vorgrimler berichtet, es sei ihm gelungen, da und dort einen kleinen Aufhänger für<br />

die spätere Theologie in die Schemata zu lancieren. 28 Wenn es auf früheren Konzilien,<br />

anders als in der jüngsten Vergangenheit, bestimmten Kreisen nicht gelang, mit versteckten<br />

Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten in den Dokumenten die konservativen<br />

Konzilsväter zu täuschen, dann lag dies nicht zuletzt auch an der Form, in der die<br />

25 Vgl. Th. Guarino, Vincent of Lérins and the Hermeneutical Question: Gregorianum 75<br />

(1994) 491-523, 517f.<br />

26 Th. Guarino, Tradition and Doctrinal Development: Can Vincent of Lérins still Teach the<br />

Church?: Theological Studies 67 (2006) 34-72, 45 Anm. 41.<br />

27 Vinzenz von Lérins, Commonitorium 23,14f (270f Fiedrowicz / Barthold).<br />

28 Vgl. K. Rahner, Kleine Brieffolge aus der Konzilszeit (IV): Orientierung 48 (1984) 187-192,<br />

191: »Aber man kann doch immer wieder dafür sorgen, daß das Schlimmste verhindert und<br />

da und dort ein kleiner Aufhänger in den Schemata geboten wird für eine spätere Theologie.<br />

Das ist nicht viel und doch viel.« Hierzu vgl. H.-L. Barth, Keine Einheit ohne Wahrheit.<br />

Überlegungen zur antichristlichen Ideologie des Ökumenismus Bd. I, Stuttgart 1997, 90f; M.<br />

Davies, Pope John’s Council (Liturgical Revolution II), Dickinson / Texas 22007,81-117.

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