Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
Kleines Marienlexikon - Una Voce Deutschland eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Brief an die Gemeinde von Tralles nenn Ignatius<br />
keinen Namen, im Brief an die Gemeinde<br />
von Ephesus erwähnt er Paulus , der dort gewirkt<br />
hat. Die Nennung von Petrus und Paulus<br />
im Römerbrief lässt sich nicht anders erklären,<br />
als dass Ignatius das Martyrium der<br />
Apostelfürsten in Rom voraussetzt.<br />
Die Apostelgräber in Rom werden auch<br />
durch die umgekehrte Überlegung bestätigt:<br />
Wenn die Apostel eine besondere Autorität in<br />
Rom genossen, wie aus dem Römerbrief hervorgeht,<br />
und wie sie auch Zwierlein annimmt,<br />
ohne dass dort ihre Gräber gewesen wären,<br />
hätte sich Ignatius mit Sicherheit darauf berufen<br />
und triumphierend gesagt: Schaut doch,<br />
eure hoch verehrten Apostel ehrt ihr doch<br />
auch, ohne ihre Gräber zu besitzen oder auch<br />
nur zu benötigen. Weshalb besteht ihr also<br />
darauf, meine Gebeine zu bestatten! So aber<br />
muss Ignatius zugeben, dass er sich in seinem<br />
konkreten Wunsch für den Löwentod gerade<br />
nicht auf die Apostelfürsten berufen kann,<br />
wohl aber auf Christus!« S. 108).<br />
Zweiter Teil: Jubel am Grab (St. Heid)<br />
Nach gängiger Meinung begann der christliche<br />
Märtyrerkult mit der Verehrung des Märtyrerbischofs<br />
Polykarp in Smyrna (150), gelangte<br />
hundert Jahre später nach Karthago und von<br />
dort nach Rom. Ein Argument für diese Auffassung<br />
besteht darin, dass der Name »Märtyrer«<br />
für die wegen ihres Glaubens hingerichteten<br />
Christen ab Mitte des 3. Jhd. literarisch<br />
verbürgt ist. Aber der Sachverhalt ist älter. Für<br />
das Martyrium wurden Ausdrücke wie »Wettlauf«<br />
»Wettkampf«, »leiden« verwendet.<br />
Im Rundbrief der christlichen Gemeinde<br />
von Smyrna an die kleinasiatischen Kirchengemeinden<br />
wird berichtet, dass der Hauptmann<br />
– entgegen dem Wunsch der Juden<br />
– den Christen die Reste des verbrannten<br />
Leichnams Polykarps zur Bestattung freigab.<br />
Aus dem Rundbrief werden schon die wesentlichen<br />
Merkmale des christlichen Märtyrerkultes<br />
sichtbar: a. Name des Märtyrers, b. sein<br />
Todestag, c. Art des Begräbnisses. Während<br />
sich die Heiden am Geburtstag des Toten an<br />
Dokumente, Briefe, Informationen 221<br />
seinem Grab mit Weinen und Wehklagen versammelten,<br />
begangen die Christen den Todestag<br />
des Märtyrers (»Geburtstag« für den<br />
Himmel) mit Jubelliedern und Lesungen aus<br />
der Hl. Schrift. Eine Eucharistiefeier am Grab<br />
ist nicht belegt und unwahrscheinlich, da die<br />
Gräber auch den Behörden bekannt waren.<br />
Der christliche Märtyrerkult ist keine »Umtaufung«<br />
des griechischen heidnischen Heroenkults.<br />
Die Abschottung der Christen gegen<br />
heidnische Bräuche spricht schon dagegen.<br />
Gerade in den Ursprungsländern der Märtyrerverehrung<br />
(Palästina, Rom) gab es keinen<br />
griechisch-heidnischen Heroenkult.<br />
Nach J. Jeremias (Die Heiligengräber in Jesu<br />
Umwelt, 1958) hatte die christliche Märtyrerverehrung<br />
ihre Wurzeln im Judentum. Ansätze<br />
dafür gab es im AT. Der jüdische Grabkult<br />
ging von folgenden Vorstellungen aus: a. Die<br />
Gerechten und Heiligen des AT leben. b. Der<br />
Heilige residiert im Grab. c. Der Heilige betet<br />
zu Gott für sein Volk.<br />
So manche Bücher über die frühe Kirche<br />
beschränken sich auf das Auflisten von literarischen<br />
Zeugnissen, die sie womöglich noch<br />
falsch deuten (s. Zwierlein). Ein Text ist noch<br />
keine Tradition, sondern ein Zeugnis der Tradition.<br />
Die Erinnerungskultur war besonders<br />
in den apostolischen Kirchen stark ausgeprägt.<br />
So konnten noch bis in die zweite Hälfte<br />
des 2. Jhd. Christen gelebt haben, welche<br />
die Apostel bzw. Apostelschüler persönlich<br />
gekannt hatten.<br />
Die Erinnerungskultur zeigte sich auch in<br />
der Liturgie. In diese fanden auch Märtyrergeschichten<br />
Eingang, so in Kleinasien und Nordafrika.<br />
In Rom begnügte man sich mit Lektüren<br />
aus den Evangelien und Apostelbriefen.<br />
Die Märtyrerverehrung war an das Grab gebunden.<br />
Man sieht es am Beispiel von Thessalonich,<br />
wo nur eine schwache Paulusverehrung<br />
stattfand, obwohl der Völkerapostel sich<br />
dort aufgehalten hatte. Die Kirchen Kleinasiens<br />
hätten der Kirche Roms heftig widersprochen,<br />
wenn sie deren Überzeugung vom Romaufenthalt<br />
der Apostelfürsten nicht geteilt hätten.<br />
Archäologische Funde bestätigen die römische<br />
Petrustradition. Unter der Paulusbasilika