RathaUS
RathaUS
RathaUS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
kUltUR<br />
mENSch<br />
mensch gedenke: Du bist Geschichtswesen<br />
Wer denkt noch zurück an die Zwanziger Jahre?<br />
Vielleicht ein paar gebrechliche halbe Paare.<br />
Was war das damals für ein Völkersturm,<br />
ein endloser Gefallenen-Wurm,<br />
eine halbe Weltuntergangsprobe,<br />
weder Siegern noch Besiegten zum Lobe!<br />
Es gab große Kaiser- und Königreiche<br />
und ein paar fröhliche Republiken,<br />
die das zwanzigste Jahrhundert schmücken.<br />
Den Massen aber war die Zeit eine müde Schleiche.<br />
Wer heute die Namen jener Potentaten kennt,<br />
ihr Schicksale, Gloriolen und das tragische End,<br />
der kann sich nur wundern, dass wir immer überleben:<br />
kann es einen triftigeren Gottesbeweis geben?<br />
Unbegreiflich, was der Herr von uns will;<br />
einige wissen’s, und die sind still.<br />
G E d E N E k E<br />
Und diese Einzigen haben die seltene Gabe<br />
des mystischen Pegels und können die Seele ausloten<br />
und verkehren zwischen Lebenden und Toten,<br />
und zwischen Engeln und Dämonen,<br />
die irdisch durcheinander wohnen.<br />
Laßt euch nicht auf falsche Propheten ein,<br />
die ’s schlauer treiben und nicht schrei’n.<br />
Es gibt derer viele, weil die Meinungen schwimmen<br />
dU<br />
und nur ganz fern der Felsen Petri dräut<br />
und in die moderne Wildnis Hoffnung streut:<br />
wer möchte nicht solch einen Felsen erklimmen?!<br />
Es kann die Welt nicht untergehn;<br />
worein soll sie fallen, wenn sie keine Grenzen umstehn?!<br />
Warum fürchten die Menschen so den Weltuntergang:<br />
er steht ja bevor schon seit dem Anfang!<br />
Und nir hört das auf,<br />
seit die Welt im Lauf<br />
und Riesenbrocken durch die Räume schmeißen:<br />
biSt<br />
und die Sterne kreisen<br />
seit schwarze Löcher einander angucken<br />
und Riesensterne die kleinen verschlucken;<br />
seit Menschen leben, lieben und sterben<br />
und einander liebend die Gene vererben.<br />
Seit Jahrhunderten suchen die Erdenbürger<br />
den „Stein der Weisen“ und den „Heiligen Gral“<br />
oder den mysteriösen irischen Fingal,<br />
aber allermeist stoppt alle vorher schon der Würger.<br />
O Menschen, glaubt, es ist nicht so, wie’s ist;<br />
GESchichtSwESEN<br />
es ist ganz anders, denn niemand kennt die List,<br />
die der Einzig ausheckt, um sein stolzes Gfratz<br />
in Schach zu halten und gleichwohl bei Laune<br />
auf ihrer Suche nach’m geheimen Schatz,<br />
der auf den Finder harrt hinter’m Zeitenzaune.<br />
Was soll denn heut diese Fastenpredigt?<br />
Wir sind noch lange nicht erledigt!<br />
Glückauf! Die Zeiten werden nicht schlechter, nur böser;<br />
taufererBöTL<br />
und jedes Jahrhundert ruft nach seinem Erlöser.<br />
O Gott! Wie hat man sich da vergriffen!<br />
Was die Menschen leisten, und geleistet, die wiffen,<br />
das grenzt an Frevel, Entehrung und Protz,<br />
an Übermut, Gleichmut und Trotz.<br />
Aber ’s Leben geht weiter, ein Motor ohnegleichen:<br />
er geht über Lebende so gut wie über Leichen.<br />
Das Jahrhundert-Logo heißt „Geschäft“.<br />
Und wenn der Kunde krittelt und kläfft,<br />
wegen des Preises, des unverschämten,<br />
verhält er sich beim Zahlen nach Art eines Gelähmten.<br />
Von den Zwanzigern des 2. sind wir ausgegangen,<br />
grad ham wir das dritte Jahrtausend angefangen;<br />
und es mutet uns an, üb’rall herrschen die Massen,<br />
Motoren, Komputer, Banken und Kassen.<br />
Geht in die Friedhöfe, lasst euch nicht den Atem verschlagen,<br />
hier verbringt man die meisten von den Tagen;<br />
aber diese Tage sind von ganz anderer Art:<br />
sie sind die Treppen zur Ewigkeit!<br />
Ihr sehr verehrten, uns geliebten Toten:<br />
ihr seid unsre einzigen vertraulichen Boten,<br />
die uns ahnen lassen, wie’s im Himmel zugeht:<br />
bei der einzigen wahren Souveränität!<br />
Was ist das All?<br />
Was ist die Zeit?<br />
Sie sind dasselbe<br />
in der Verschiedenheit!<br />
Da fängt die Weisheit an zu blühn…<br />
Bescheidenheit ist das seelische Immergrün,<br />
und Geduld ist der beste schützende Schild<br />
gegen die Unbilden, in die sich der Alltag hüllt.<br />
Groß ist der Bogen,<br />
den wir gezogen<br />
von den Zwanzigern<br />
bis herauf zu den Achtern:<br />
die Zeit hat nimmer Zeit, über Zeit zu babbeln,<br />
außer wenn es gilt, über Profite zu schwabbeln.<br />
Wo kommen die Arbeitslosen her?<br />
Aus Maschinkowaskoje,<br />
der unheimlichsten aller Erdenstädte,<br />
der menschenhungrigsten, die alle an der Kette<br />
der Massenproduktion etwas mehr als vegetieren:<br />
und das sollte ins irdische Paradies führen?<br />
Das konnte nur ein menschliches Hirn ausbrüten,<br />
ein gewiß großes, doch soll man sich davor hüten!<br />
Schon die Alten kannten zwei Bösewichter,<br />
das bezeugen große römische Dichter,<br />
MARS und MONETA, den Krieg und das Geld:<br />
neben dem Tod, die einzigen Unsterblichen:<br />
alles vergeht: sie scheinen die Unverderblichen!<br />
Inzwischen ist ein Ungeheures passiert,<br />
und so passiert, dass es Alle interessiert:<br />
Atome und Gene ham die Menschheit erschreckt.<br />
warum hat uns der Schöpfer so spät erst geweckt?! c. a.