Franz_von_Assisi
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Seit dieser Reise verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zunehmend, vermutlich durch eine<br />
Augeninfektion, die er sich im Orient zugezogen hatte. Zudem gab es Probleme innerhalb des rasch<br />
wachsenden Ordens: Während <strong>Franz</strong>iskus nicht in Italien war, stiegen die Spannungen in der franziskanischen<br />
Gemeinschaft, die bereits in ganz Europa vertreten war. Nach <strong>Assisi</strong> zurückgekehrt, übertrug <strong>Franz</strong> 1220 die<br />
Leitung des Ordens Petrus Catani. Etwa gleichzeitig diktierte Papst Honorius III. der Bruderschaft eine klar<br />
hierarchische, dem Geist des Ordensgründers aber kaum gerecht werdende Ämterverfassung und setzte<br />
überdies den Kardinal <strong>von</strong> Ostia, Ugolino di Segni, den späteren Papst Gregor IX., als Kardinalprotektor und <br />
korrektor des Ordens ein. Das Verhältnis zwischen Protektor und Ordensgründer beschreibt Thomas <strong>von</strong><br />
Celano, der erste <strong>Franz</strong>iskusBiograph, vielsagend: „Der heilige <strong>Franz</strong>iskus hing an dem Kardinal...wie das<br />
einzige Kind an seiner Mutter. Sorglos schlief und ruhte er an seinem liebenden Busen. Gewiß nahm der<br />
Kardinal die Stelle des Hirten ein und erfüllte dessen Aufgaben. Den Namen des Hirten aber überließ er dem<br />
heiligen Mann…“ Über die Gründe und Motive für diese Maßnahmen und den Amtsverzicht des <strong>Franz</strong>iskus<br />
kann nur spekuliert werden. [10] Vermutlich befürworteten nicht alle, welche sich der franziskanischen<br />
Bewegung angeschlossen hatten, die strenge Forderung <strong>Franz</strong>ens, die Minderen Brüder müssten besitzlos<br />
leben. Außerdem wollten manche der <strong>Franz</strong>iskaner, dass sich ihr Leben nicht allein nach dem Evangelium<br />
richte, sondern zusätzlich festen Ordensregeln folgen solle. Auch die 1221 entstandene, stark spirituell<br />
ausgerichtete, sogenannte „nichtbullierte Regel“ wurde <strong>von</strong> vielen Brüdern für unpraktikabel gehalten.<br />
Offensichtlich misslang es <strong>Franz</strong>, die Mehrheit seiner Nachfolger auf dem <strong>von</strong> ihm gewünschten strengen und<br />
grundsatztreuen Kurs zu halten.<br />
Mit der Abgabe der Ordensleitung zog sich <strong>Franz</strong>iskus nach Lage der<br />
Quellen innerlich aus der Gemeinschaft zurück, worunter er sehr litt. Er<br />
verfasste schließlich auf Anweisung der römischen Kurie 1223 in der<br />
Einsiedelei Fonte Colombo widerwillig eine dritte, die letzte Version der<br />
franziskanischen Ordensregel. Diese Regel wurde auf dem<br />
Pfingstkapitel – so hieß die Ordensversammlung – im Juni 1223<br />
diskutiert, und der auf Innozenz III. folgende Papst Honorius III.<br />
genehmigte mit Solet annuere die bullierte Regel am 29. November<br />
desselben Jahrs. [11]<br />
Als sich <strong>Franz</strong>iskus im Spätsommer des Jahres 1224 auf den Berg La<br />
Verna zurückzog, wo er seit 1212 eine kleine Felsnische als Einsiedelei<br />
benutzte, wurden bei ihm nach Aussage der Biographen Wundmale<br />
sichtbar, die die ältesten Quellen als Einprägung der Wundmale Christi<br />
deuten. Dies gilt als der erste überlieferte Fall einer Stigmatisation. Als Die Stigmatisation des hl. <strong>Franz</strong>iskus<br />
Tag dieses Ereignisses wird in den Biographien der 17. September 1224 (Fresko <strong>von</strong> Giotto di Bondone)<br />
angegeben, drei Tage nach dem Fest der Kreuzerhöhung. Einzelne<br />
moderne Autoren halten diese Entstehungsgeschichte jedoch für eine erfundene Legende. [12]<br />
Tod und unmittelbare Nachwirkung<br />
Seit seinem Orientaufenthalt war <strong>Franz</strong>iskus durch eine Augenkrankheit nach und nach erblindet, außerdem –<br />
vermutlich durch sein Fasten – magenkrank und stark geschwächt. Im Herbst 1226 lud der Bischof <strong>von</strong> <strong>Assisi</strong><br />
ihn in seinen Palast ein. Zwei Tage vor seinem Tod ließ <strong>Franz</strong>iskus sich jedoch „eilends“ aus der Stadt heraus<br />
zur PortiunculaKirche tragen. [13] Seine Beweggründe werden <strong>von</strong> Celano so interpretiert, dass er an seinem<br />
bevorzugten Ort sterben wollte, wo die Bewegung der Brüder ihren Anfang genommen hatte. Wahrscheinlich<br />
wünschte er auch, dort begraben zu werden. [14] Celano überliefert, die Bürger <strong>von</strong> <strong>Assisi</strong> hätten seinen<br />
Leichnam jedoch unmittelbar nach seinem Tod nach <strong>Assisi</strong> hineintragen lassen, da sie befürchteten, dass sich<br />
die Bürger des benachbarten und verfeindeten Perugia seines Leichnams bemächtigen würden. Weil <strong>Franz</strong>iskus<br />
schon zu Lebzeiten als Heiliger galt, erwartete der Magistrat der Stadt <strong>Assisi</strong> aus seiner öffentlichen Verehrung<br />
auch politisches Renommee für die Stadt und wirtschaftlichen Nutzen, zum Beispiel durch Pilgerreisen.