Franz_von_Assisi
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So hat der Herr mir, dem Bruder <strong>Franz</strong>iskus, gegeben, das Leben<br />
der Buße zu beginnen: Denn als ich in Sünden war, kam es mir<br />
sehr bitter vor, Aussätzige zu sehen. Und der Herr selbst hat mich<br />
unter sie geführt, und ich habe ihnen Barmherzigkeit erwiesen.<br />
Und da ich fortging <strong>von</strong> ihnen, wurde mir das, was mir bitter<br />
vorkam, in Süßigkeit der Seele und des Leibes verwandelt.<br />
(Testament 13 [7] ) In den Biographien und Legenden wird diese<br />
Begebenheit hagiographisch überhöht.<br />
Als <strong>Franz</strong>iskus 1208 am 24. Februar, dem Gedenktag des Apostels<br />
Matthias, in der kleinen Kirche <strong>von</strong> Portiuncula die Messe hörte, wurde<br />
er auf jene Stelle des Evangeliums nach Matthäus (10,5–14 )<br />
aufmerksam, die <strong>von</strong> der Aussendung der Jünger erzählt:<br />
Geht aber und predigt […] Umsonst habt ihr’s empfangen,<br />
umsonst gebt es auch. Ihr sollt weder Gold noch Silber noch<br />
Kupfer in euren Gürteln haben, auch keine Reisetasche, auch<br />
nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken.<br />
Mt 10,8–10<br />
<strong>Franz</strong> gibt seinem Vater die Kleider<br />
zurück und verzichtet damit auf<br />
seinen Besitz. (Fresko <strong>von</strong> Giotto di<br />
Bondone, um 1295)<br />
Die frühen Quellen berichten, dass <strong>Franz</strong>iskus diese Worte der<br />
Evangelien nicht nur im übertragenen Sinne verstanden habe, sondern immer versucht habe, sie zunächst<br />
wörtlich und direkt anzuwenden. So sei der Text für ihn eine Aufforderung gewesen, so zu leben und zu wirken,<br />
wie die zwölf <strong>von</strong> Jesus ausgeschickten Jünger, die Apostel, nämlich in Armut zu leben und das Evangelium zu<br />
verkünden (auch apostolisches Leben genannt oder lat. vita apostolica). Ausgehend vom Evangelium kleidete<br />
sich <strong>Franz</strong>iskus <strong>von</strong> nun an in eine einfache Kutte, die mit einem Strick gehalten wurde, lehnte den Besitz und<br />
sogar den Kontakt mit Geld strikt ab und ging nach Möglichkeit barfuß.<br />
<strong>Franz</strong>iskus verstand sich selbst als Büßer. Als solcher ermahnte er seine Mitmenschen, Gott zu lieben und für<br />
ihre Sünden Buße zu tun. Durch diese Predigten und seine extreme Lebensweise stieß er bei vielen Menschen<br />
auf Spott und Ablehnung, doch etliche andere zog sein Beispiel an, so dass sich ihm im Laufe der Zeit viele<br />
Brüder anschlossen.<br />
Entstehung und Bestätigung seines Ordens<br />
Der Überlieferung zufolge schlossen sich als erste Bernardo di Quintavalle, ein reicher Adeliger aus <strong>Assisi</strong>, und<br />
Pietro Catanii, ein Rechtsgelehrter, <strong>Franz</strong>iskus an. Die Dreigefährtenlegende berichtet, diese drei – Bernardo,<br />
Pietro und Francesco – hätten die Bibel durch dreimaliges Aufschlagen nach dem Auftrag befragt, den Gott für<br />
sie habe (sogenanntes Bibelstechen). Ihr Lebensprogramm seien die drei so gefundenen Jesusworte gewesen:<br />
„Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen; so wirst du<br />
einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach.“(Mt 19,21 )<br />
„Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und<br />
kein zweites Hemd.“(Lk 9,3 )<br />
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir<br />
nach.“(Lk 9,23 )<br />
<strong>Franz</strong>iskus hatte nach eigenen Angaben nicht vor, einen Orden zu gründen. Er schreibt in seinem Testament:<br />
Und nachdem mir der Herr Brüder gegeben hat, zeigte mir niemand, was ich zu tun hätte, sondern der<br />
Höchste selbst hat mir geoffenbart, dass ich nach der Vorschrift des heiligen Evangeliums leben sollte.<br />
(Testament 14 [8] )