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Glamping oder ein Besuch auf dem Hof Viehbrook TEXT & FOTOS // MAXIMILIAN KNÜPPEL ,,Ja, zum bekannten Hof Viehbrook müssen Sie vom Schipphorster Weg zum Viehbrooker Weg fahren. Da steht dann schon ein Hinweisschild! Der Hof steht unter Denkmalschutz!“ informiert mich die freundliche Landwirtin so, als fragte hier in dieser feingliedrigen Knicklandschaft selten jemand nach dem Weg. Ich radle auf der Tour 7 der Fahrradkarte des Holsteiner Quellenlandes durch Wiesen und Wälder weiter auf der Suche nach dem besonderen Ort für ein Drei-Tage-Seminar mit meinen Geschäftspartnern aus Asien. Ich kenne den Hof Viehbrook nur aus dem Internet. Ein Leuchtturmprojekt? ein Landeskulturdenkmal? Hier im Abseits, wo mir kaum ein Auto begegnet auf den knickgesäumten schmalen Straßen und Wegen? Hamburg ist nur 50 km entfernt, aber vollkommen aus meiner großstädtischen Wahrnehmung verschwunden. 16,40 EUR habe ich für eine 9-Uhr- Tageskarte mit der HVV vom Hamburger Hauptbahnhof nach Rickling gezahlt. Mein Fahrrad hat mich noch einmal 3,50 Euro gekostet! Von Rickling bis zum Hof Viehbrook sind es nur 12 Kilometer in geschätzten 30 Minuten. Gern mache ich einen kleinen Umweg über Daldorf durch den Erlebniswald Trappenkamp, um die meiste Zeit auf Waldwegen zu fahren. Schon begrüßt mich eine Herde Hochlandrinder mit ihren langen symmetrischen Hörnern: Hier bin ich richtig, denn ich hatte auf der Homepage davon gelesen, dass der Hof eine anerkannte Nutztier-Arche sei. Bedrohten Nutztier-Rassen wie Skudden, Moorschnucken, Thüringer Waldziegen und Bunte-Bentheimer-Schweine, Diepholzer Gänse, Brakel-Hühner, Sundheimer Hühner und Deutsche Sperber werden hier gehalten. Die Schottischen Hochlandrinder werden in der eigenen Gaststätte und im Hofladen vermarktet. 18
Freundlich und verbindlich begrüßt mich Kirsten Voß-Rahe, die mir das Café, den Laden, das Restaurant und die verschiedenen Veranstaltungsräume sowie die Doppelzimmer und die Ferienwohnung zeigt. Im geräumigen Seminarraum verbindet sich moderne Technik mit dem traditionellen Ambiente eines Eichholz-Ständerwerks aus dem 17. bzw. 18. Jahrhundert zu einer postmodernen Seminarumgebung. Aus dem geschmackvoll eingerichteten Restaurant blicke ich auf die Tiere auf den Wiesen. Behutsam beleuchten die historischen Jugendstil-Deckenlampen den freundlichen Gastraum. Ländliche Speisen aus hofeigenen und regionalen Produkten mit saisonalen Schwerpunkten stehen auf der Speisekarte. Hausgebackene Kuchen und Torten werden im Café serviert. Dam- und Rotwildfleisch von der nahen Rahe- Ranch wird in der Gaststätte und im Laden angeboten. Vierzehn Mitarbeiter kümmern sich um die Gäste. In der historischen Schmiede kann man eine traditionelle Handwerkskunst erlernen und die Faszination von Feuer und Eisen auf eine einmalige Art und Weise erleben. In den Schmiedekursen können unter Anleitung verschiedene Gebrauchs- und Dekorationsgegenstände geschmiedet werden. Ich werde für den Abend für meine asiatischen Geschäftspartner und mich einen dreistündigen Schmiedekurs buchen. Schon jetzt steht mein Konzept fest: Wir werden wie ich mit dem Zug und mit Fahrrädern an- und abreisen und wo die Gäste Einfachheit erwarten, werden sie auf eine perfekte Mischung aus Historischen und Modernstem treffen. So, als müsse sie mich noch überzeugen, erzählt mir Frau Voß-Rahe von ihrem Projekt, ab dem Sommer 2017 Wiesenbett- Zelte auf dem Hof Viehbrook aufzustellen. Die Firma Wiesenbett bietet seit vielen Jahren weltweit an ausgewählten Standorten auf dem Land Familien-Urlaub im Zelt an. Diese Form des Campings wird neudeutsch als „Glamping“ bezeichnet und steht für „Glamorous Camping“. Hierbei stehen die Nähe zur Natur und ein Leben ohne den normalen alltäglichen Komfort im Mittelpunkt. Dadurch zählt diese Art des Urlaubmachens zu einer sanften und umweltfreundlichen Art des Tourismus. Die Logde-Zelte sind 54qm groß, haben als Gerüst einen Metallrahmen, der nicht mit dem Erdboden fest verankert ist und einen flexiblen Holzboden. Die Seitenwände sind aus Zeltstoff. Sie sind ausgestattet mit Betten, WC, Dusche und Waschbecken, Kochmöglichkeit, Schrank und Tisch mit Stühlen. Die Zelte sollen immer für ein halbes Jahr in den Sommermonaten von April bis Oktober auf einer Wiesenfläche direkt am Hofgelände stehen. In vielen anderen Ländern, wie beispielsweise in Frankreich oder Großbritannien ist die Firma Wiesenbett flächendeckend mit ihren Zelten vertreten und somit ist diese Art des „Glampings“ dort weit verbreitet und etabliert. In Deutschland gibt es derzeit erst vier Standorte, in Schleswig- Holstein ist es der erste Standort. In Asien gibt es kein „Glamping“. Drei Zelte sollen anfangs auf der vorgesehenen Fläche stehen. Es ist kühl geworden. Etwas wehmütig denke ich an die Rückreise in die betriebsame Stadt Hamburg, denn es gibt noch viel anzuschauen. Für den zweiten Abend des Seminars habe ich für meine asiatischen Gäste den holsteinischen Bauern Hader aus Hanebüchen eingeladen, der in denglischer Sprache das Leben auf dem Lande unter dem Motto „Nu is Sense“ erläutert. Er startet sein Programm mit einer Gebrauchsanweisung zum „Glamorous Camping“ für Asiaten. Ich treffe ihn in der Gaststube auf dem Hof Viehbrook an. Er möchte noch plaudern, doch ich radle zurück.
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