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Wurzeln und Auftrag des Heilens und Helfens im Lichte der ...

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Vortrag von Prof. Dr. H. Pompey<br />

auf dem LAZARUS TAG in Johannisberg 2005 vor <strong>der</strong> Vigil<br />

Universität Freiburg<br />

Fachbereich Caritaswissenschaften<br />

Prof. Dr. H. Pompey<br />

<strong>Wurzeln</strong> <strong>und</strong> <strong>Auftrag</strong> <strong>des</strong> <strong>Heilens</strong> <strong>und</strong> <strong>Helfens</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Lichte</strong> <strong>der</strong> Botschaft Jesu<br />

Die Tradition <strong>des</strong> Hospitalischen Ordens <strong>des</strong> Hl. Lazarus von Jerusalem geht in seinem geistigen<br />

Ursprung auf die „Basiliaden“ <strong>des</strong> Hl. Basilius d. Großen zurück.[1] Entsprechend dem Sendungsauftrag<br />

Jesu: zu verkündigen <strong>und</strong> zu heilen (Mt 10,7-8; Lk 9,2; Mk 16,15-18) optierten <strong>im</strong> 4.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert die großen Väter <strong>der</strong> Kirche: <strong>der</strong> Heilige Johannes Chrysostomus <strong>und</strong> <strong>der</strong> Heilige Basilius<br />

<strong>der</strong> Große für eine erneuerte jesuanische Praxis <strong>der</strong> caritativen Diakonie.[2] Die Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

<strong>der</strong> Christen-Verfolgung waren mit Kaiser Konstantin beendet <strong>und</strong> das Zeugnis <strong>des</strong><br />

christlichen Glaubens bedurfte eines neuen, öffentlichen wie praktischen Glaubensbekenntnisses für<br />

die Menschen <strong>des</strong> damaligen römischen Reiches. Mit dieser sog. „Konstantinischen Wende“ bot sich<br />

die Möglichkeit, das Zeugnis <strong>der</strong> Liebe öffentlich zu profilieren <strong>und</strong> soziale Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Dienste in diesem Geiste zu organisieren. Prägte Johannes Chrysostomus die öffentliche,<br />

prophetische Anwaltsfunktion für die Armen <strong>und</strong> Fremden, so gab Basilius <strong>der</strong> Große mit seinen<br />

„Städten <strong>der</strong> Barmherzigkeit“, den „Basiliaden“, <strong>der</strong> konkreten Helferfunktion die Richtungweisende<br />

organisatorische Gestalt.[3]<br />

Die radikale Option, d. h. die konkrete prophetische Anwaltsfunktion für die Armen <strong>und</strong> Schwachen<br />

<strong>des</strong> Heiligen Johannes Chrysostomus (354 – 407), <strong>der</strong> den Ehrentitel „Prediger <strong>des</strong> Almosens“<br />

erhielt, sei durch drei Zitate kurz charakterisiert: „Die Liebe besteht nicht aus Worten, son<strong>der</strong>n aus<br />

Taten.“[4] „Wenn die Taten fehlen, ist <strong>der</strong> Name Christenmensch nutzlos.“[5] "Gott hat dem einen<br />

mehr an Gütern gegeben als dem an<strong>der</strong>en, damit er dem Bedürftigen mitteile. Die Reichen sind<br />

Verwalter für die Armen".[6]<br />

Als konkrete Form <strong>des</strong> caritativ-diakonischen <strong>Helfens</strong> (i. S. <strong>der</strong> sozialen Helferfunktion) errichtete<br />

Basilius <strong>der</strong> Große (330 - 379) vor den Toren Cäsareas[7] – unter Einbeziehung von Mönchen <strong>und</strong><br />

Laien – ein erstes großes christlich-caritatives Dienstleistungszentrum mit Fremdenhospiz, Armenhospital,<br />

Waisenhaus, Leprosenhaus etc. einschließlich ärztlicher Versorgung, Pflege, Werkstätten <strong>und</strong><br />

Transportdiensten. Ein gleiches Zentrum gründete er in Antiochien.[8] Es ist interessant, dass die<br />

helfenden Mönche <strong>und</strong> Mitarbeiter Parabolanen genannt wurden[9], d. h. „Personen, die sich in<br />

Gefahr stürzen“, da sie sich ohne zu zögern ansteckenden Krankheiten wie <strong>der</strong> Lepra aussetzten.<br />

Die Basiliaden inspirierten östliche <strong>und</strong> westliche Mönche (z. B. die Gründungen von Montecassino/Italien,<br />

St. Gallen/Schweiz etc.) zur monastischen Kranken- <strong>und</strong> Armenversorgung. Die Hilfe<br />

für die Armen <strong>und</strong> Fremden war für die Mönche auf ihrem Weg <strong>der</strong> geistlichen Vollendung eine Form<br />

<strong>der</strong> Christusnachfolge.[10] Daneben entstand die basiliadische, bru<strong>der</strong>schaftliche Form von sozialmedizinischen<br />

Einrichtungen, in denen sich Kleriker <strong>und</strong> Laien z.B. zu Hospitalgemeinschaften von<br />

Rittern bzw. später <strong>im</strong> Westen zu Bru<strong>der</strong>schaften von Bürgern für Arme[11] <strong>und</strong> Kranke<br />

zusammenschlossen; letzteres führte zur Entstehung von Bürgerspitälern. In den Ostkirchen sind bis<br />

heute Bru<strong>der</strong>schaften Träger zahlreicher Basiliaden <strong>und</strong> prägen die sozial-caritative Diakonie <strong>der</strong><br />

Orthodoxie, wie z. B. die Christiana in Rumänien.[12]


Die Kirchenvätertradition zeigt bereits, dass caritativ-diakonisches Helfen <strong>und</strong> Heilen nicht nur eine<br />

religiöse Qualität besitzen son<strong>der</strong>n auch fachlich qualifiziert zu leisten sind, also nicht allein <strong>im</strong><br />

Austeilen mil<strong>der</strong> Gaben bestehen son<strong>der</strong>n eine Lebens-Befähigung intendieren, folglich auch durch<br />

Fachmediziner, Fachpädagogen etc. erfolgen sollten. Es geht christlichem Helfen <strong>und</strong> Heilen um<br />

eine ganzheitliche Entwicklung <strong>des</strong> Menschen, einschließlich seiner Vollendung in Gott (Theosis).<br />

Dazu benötigt eine qualifizierte Philanthropie die Weisheit <strong>der</strong> Christologie in Verbindung mit dem<br />

sozial- <strong>und</strong> humanwissenschaftlichen Wissen <strong>der</strong> Psychologie, <strong>der</strong> Pädagogik, <strong>der</strong> Medizin, <strong>der</strong><br />

Pflegewissenschaft, <strong>der</strong> Ökonomie etc.[13] So wie es <strong>der</strong> Lazarus-Orden in seinen verschiedenen<br />

Hilfeprojekten bis auf den heutigen Tag optiert. Die caritativ-humane Einrichtungs- <strong>und</strong> Dienstleistungskultur<br />

<strong>der</strong> Ordensprojekte (sei es ein Krankenhaus, ein Pflegehe<strong>im</strong>, eine Sozialstation, ein<br />

Kin<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> Jugendhe<strong>im</strong> etc.) n<strong>im</strong>mt also seit Beginn <strong>der</strong> ritterlichen Hospitalgemeinschaften <strong>und</strong><br />

Orden nicht nur Maß an den Erkenntnissen <strong>der</strong> Humanwissenschaften; sie n<strong>im</strong>mt ebenso Maß an Gott,<br />

an seinen Lebensqualitätsoptionen, die uns in Jesus Christus offenbar wurden <strong>und</strong> die Jesus in Wort<br />

<strong>und</strong> Tat bezeugt hat.<br />

Zum Wohl <strong>der</strong> Leid-betroffenen kranken Menschen, denen sich Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong> Helfer <strong>des</strong> Lazarus-<br />

Ordens in ihrer caritativen Diakonie konkret zuwenden, seien einige Profil-gebende spezifisch<br />

christliche Aspekte <strong>des</strong> <strong>Heilens</strong> <strong>und</strong> <strong>Helfens</strong> beleuchtet. Gemäß dem achtzackigen Kreuz <strong>des</strong> Lazarus-<br />

Ordens sollen dazu 8 Koordinaten <strong>der</strong> biblischen Hilfe-Tradition <strong>des</strong> Ordens <strong>im</strong> <strong>Lichte</strong> <strong>der</strong><br />

Botschaft Jesu erinnert werden:<br />

1. Als Jesus provokant gefragt wurde: Warum bist Du da, was willst Du - eine ähnliche Frage<br />

könnte heute lauten: Warum macht Ihr das o<strong>der</strong> provokanter formuliert: Christliche Vorgaben<br />

blockieren doch nur das ärztliche <strong>und</strong> pflegerische Handeln -, da sagte Jesus: "Ich bin gekommen,<br />

damit sie das Leben haben <strong>und</strong> es in Fülle haben!" (Joh 10,10). Ein erfülltes Leben zu haben bedeutet,<br />

in Würde, Liebe, Geborgenheit <strong>und</strong> Sicherheit geför<strong>der</strong>t zu werden, damit das Leben <strong>des</strong> Leidenden<br />

<strong>und</strong> das Helfen <strong>der</strong> Mitarbeiter gelingt - trotz Leid, trotz Schuld, trotz irreversibler Krankheit -. Für<br />

die Kirche <strong>und</strong> ihre Gemeinschaften in <strong>der</strong> Nachfolge Jesus ist diese Lebensdiakonie die erste<br />

Best<strong>im</strong>mungsgröße. Sie ist zentraler christo-logischer Qualitätsmaßstab. Auch <strong>der</strong> Lazarusorden hat<br />

keinen an<strong>der</strong>en Zweck. Erziehungs-, Therapie- <strong>und</strong> Pflegemanagement <strong>der</strong> Einrichtungen <strong>des</strong><br />

Lazarusordens dienen somit pr<strong>im</strong>är dem gelingenden Leben <strong>der</strong> Klienten <strong>und</strong> Patienten.<br />

2. Ein an<strong>der</strong>es Mal wurde Jesus gefragt: Wie denn das ewige Leben zu gewinnen sei bzw. was<br />

erfülltes Leben heißt. Da weist er darauf hin: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem<br />

Herzen, mit ganzer Seele <strong>und</strong> mit ganzer Kraft <strong>und</strong> mit ganzer Vernunft“. „Du sollst deinen<br />

Nächsten lieben wie dich selbst."(Lk 10,25-28) Da insbeson<strong>der</strong>e schwere, irreversible soziale<br />

Entwurzelungen, irreversible Trennungen o<strong>der</strong> Krankheiten innere seelische Verletzungen verursachen,<br />

<strong>und</strong> innere Verw<strong>und</strong>ungen hinterlassen bzw. negativ die Beziehung zu sich, zum Nächsten<br />

<strong>und</strong> zu Gott verän<strong>der</strong>n, erfor<strong>der</strong>n sie eine innere Heilung. Eine diakonische caritative Reinspiration<br />

<strong>der</strong> Beziehung <strong>des</strong> Menschen zu sich, <strong>der</strong> Beziehung <strong>des</strong> Menschen zu seiner Lebenswelt <strong>und</strong> seinen<br />

Mitmenschen wie zu Gott kann zu einer Heilung gr<strong>und</strong>legend beitragen. Der caritativen Reinspiration<br />

geht es um die Befähigung - trotz allem was geschehen ist <strong>und</strong> was vielleicht sogar unverständlich<br />

<strong>und</strong> unverän<strong>der</strong>lich bleibt - sich selbst, den Nächsten <strong>und</strong> Gott wie<strong>der</strong> zu lieben. Um diese liebende<br />

Selbstannahme angesichts <strong>des</strong> unausweichlich schweren Leids – mit seinen innerseelischen<br />

Verletzungen - erneuern zu können, benötigt, diakonisch liebevolles Helfen ein starkes F<strong>und</strong>ament,<br />

das in einer intrinsisch verankerten Beziehung zu Gott gründet.[14] Schließlich vergeht menschlicher<br />

Mut <strong>und</strong> verliert sich die menschliche Freude am Helfen <strong>und</strong> Heilen - in <strong>der</strong> stressreichen<br />

Erziehungs-, Therapie- <strong>und</strong> Pflegepraxis – sehr schnell, wenn sie nicht eine tiefe Absicherung<br />

besitzen, d.h. wenn die Nächstenliebe nicht in <strong>der</strong> Gottesliebe verankert ist. Dazu sind die<br />

Mitwirkenden <strong>des</strong> caritativen <strong>Helfens</strong> <strong>und</strong> Pflegens auf spirituelle Tankstellen wie z.B. die Fähigkeit<br />

zum Gebet, zur Bibellektüre <strong>und</strong> <strong>des</strong> Mitfeierns von Gottesdiensten etc. angewiesen.


3. In seiner Abschiedsrede macht Jesus auf einen weiteren Aspekt <strong>der</strong> caritativen Diakonie<br />

aufmerksam: „Wie ich Euch geliebt habe, so sollt auch Ihr einan<strong>der</strong> lieben" (Joh 13,34b). „Einan<strong>der</strong><br />

lieben“ heißt für das caritative Handeln nicht nur einzelne Lebensbeziehungen son<strong>der</strong>n Lebensräume<br />

<strong>der</strong> gegenseitigen Annahme <strong>und</strong> Liebe durch die Kirche <strong>und</strong> ihre Gemeinschaften zu eröffnen. In<br />

diesem Sinn sollten auch die erzieherischen, die medizinischen Einrichtungen <strong>und</strong> pflegerischen<br />

Dienste <strong>des</strong> Ordens (mittels einer entsprechenden Dienstgemeinschaftskultur) eine heilende <strong>und</strong><br />

helfende Ausstrahlung besitzen, d. h. über ein caritativ-soziales Wachstumsmilieu verfügen. Caritative<br />

Lebensdiakonie schließt also nicht nur face-to-face-orientierte Lebens- <strong>und</strong> Hilfebeziehungen ein,<br />

son<strong>der</strong>n führt in <strong>der</strong> Geschichte zur Einrichtung von Basiliaden bzw. Hospitälern, also einer<br />

kommunial geprägten Praxis <strong>des</strong> <strong>Helfens</strong>.<br />

Die Wie<strong>der</strong>-Einglie<strong>der</strong>ung bzw. die Behe<strong>im</strong>atung in eine caritative Gemeinschaft (Koinonia/Communio)<br />

ist ein Qualitätselement christlich helfen<strong>der</strong> Solidarität, sowie es auch konstitutiv für die frühe<br />

Zeit <strong>des</strong> Lazarusordens in Palästina war, er verstand sich als Gemeinschaft von Aussätzigen, Invaliden<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>en. Das II. Vatikanische Konzil macht in seiner Konstitution über die Kirche (Nr. 9)<br />

darauf aufmerksam, dass wir „nicht als Einzelne son<strong>der</strong>n als Gemeinschaft erlöst“ sind. Nach <strong>der</strong><br />

west- <strong>und</strong> ostkirchlichen Tradition ist <strong>der</strong> christliche Glaube eben kein Single-Glaube. Daher<br />

verwenden die altchristlichen Gebete <strong>im</strong>mer die Wir-Form (vgl. das Vaterunser) <strong>und</strong> nicht die Ich-<br />

Formulierung. Insbeson<strong>der</strong>e seit <strong>der</strong> Reformation wurde die Ich-Orientierung <strong>des</strong> Glaubens<br />

favorisiert.<br />

Die communiale Ausrichtung <strong>des</strong> <strong>Heilens</strong> <strong>und</strong> <strong>Helfens</strong> ist aber nach Meinung Jesu unverzichtbar:<br />

„Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einan<strong>der</strong> liebt“ (Joh 13,35). Die<br />

Coporate Identity christo-logischen <strong>Heilens</strong> wird dadurch entscheidend best<strong>im</strong>mt, das wir caritativ<br />

helfen <strong>und</strong> gleichzeitig caritative Behe<strong>im</strong>atung schenken.. Tertullian, ein Theologe <strong>im</strong> 3. Jahrh<strong>und</strong>ert,<br />

berichtet von den Heiden, dass diese über die Christen sagten: „Seht, wie die einan<strong>der</strong> lieben“. Dies‘<br />

konnte man in <strong>der</strong> frühen Zeit sicher auch vom Lazarus Orden sagen.<br />

4. Paulus macht deutlich: Wenn die Kirche bzw. <strong>der</strong> einzelne Christ "noch so viel Geld, ja die<br />

ganze Habe Armen geben würde, <strong>und</strong> hätten aber die Liebe nicht, so nützt dies nichts" (vgl. 1. Kor.<br />

13,3), wenn wir pflegerisch, organisationspsychologisch, sozialpädagogisch noch so gut wären, hätten<br />

aber die Liebe nicht, dann nützt dies nichts <strong>im</strong> Blick auf die Heilung <strong>der</strong> inneren seelischen<br />

Verw<strong>und</strong>ungen in Folge einer Krankheit o<strong>der</strong> sozialen Katastrophe wie <strong>im</strong> Blick auf eine Hilfe für ein<br />

ganzheitlich gelingen<strong>des</strong> Leben <strong>des</strong> Menschen mit sich, mit den Nächsten, mit <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> mit Gott.<br />

Die Liebe verleiht <strong>der</strong> sozialen Diakonik ihre beson<strong>der</strong>e Qualität. Es geht um eine caritative<br />

Qualitätssicherung, die die Effizienz <strong>der</strong> Arbeit <strong>des</strong> Ordens entscheidend mitbest<strong>im</strong>mt.<br />

5. Betonten die vorangegangenen Thesen die Bedeutsamkeit <strong>der</strong> Liebe, so sei ebenso <strong>der</strong> Glaube<br />

in den Blick genommen. Paulus beschreibt das Verhältnis von Glaube <strong>und</strong> Liebe wie folgt: „Denn in<br />

Christus Jesus kommt es darauf an, … den Glauben zu haben, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Liebe wirksam ist“ (Gal 5,6).<br />

Dieser Satz zeigt, dass die Liebe das konkrete Gesicht <strong>des</strong> Glaubens ist <strong>und</strong> dass Liebe gelebter<br />

Glaube heißt. Caritative Lebensdiakonie ist somit Glaubensdiakonie. Caritative Lebensdiakonie<br />

bezeugt den Glauben an das Gutsein <strong>und</strong> die Hoffnung auf das Gelingen <strong>des</strong> Lebens trotz aller<br />

Probleme <strong>und</strong> Schwierigkeiten <strong>und</strong> wird stellvertretend <strong>im</strong> „tat-sächlichen“ Helfen zum Ausdruck<br />

gebracht. Das bedeutet konkret: a. Trotz Verzweiflung über die Schwere einer Krankheit o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung<br />

stellvertretend an das Leben <strong>und</strong> das tiefe Gut-sein <strong>des</strong> leidenden, <strong>des</strong> gebrechlichen, evtl.<br />

zudem noch ungehaltenen Menschen zu glauben (d.h. glaub-würdig-sein); denn was geschieht, wenn<br />

ein Arzt, eine Pflegerin, ein Sozialpädagoge o<strong>der</strong> ein Freiwilliger einen Patienten bzw. eine Klientin<br />

innerlich aufgeben <strong>und</strong> nicht mehr an seine Lebensvitalität glauben? b. Ferner besagt caritative<br />

Lebensdiakonie, trotz Hoffnungslosigkeit stellvertretend auf eine positive Zukunftsentwicklung <strong>des</strong><br />

mir anvertrauten sozial entwurzelten o<strong>der</strong> kranken wie pflegebedürftigen, verzweifelten Menschen –<br />

sei es für die nächsten St<strong>und</strong>en, die nächsten Tage bis über den Tod hinaus - zu hoffen (d.h.<br />

hoffnungs-voll bleiben) <strong>und</strong> zudem c. trotz Lieblosigkeit einer sozialen wie körperlich bedrohlichen


Lebenslage den Leidenden, den Verzweifelten zu lieben (d.h. liebens-wert-sein). Durch Glaube,<br />

Hoffnung <strong>und</strong> Liebe – stellvertretend, <strong>im</strong> Kontext eines pflegerischen o<strong>der</strong> pädagogischen Dienstes<br />

gelebt - wird das bei schwer leidenden Menschen angeschlagene Lebensurvertrauen wie<strong>der</strong><br />

revitalisiert.<br />

Ein Beispiel soll diese „Wirk“-lichkeit beschreiben: Im Herbst <strong>des</strong> vergangenen Jahres führte ich bei<br />

Ordensfrauen <strong>und</strong> Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Caritas Korea eine Lehrveranstaltung zum Thema: Die<br />

caritativ-diakonischen Begleitung von leidenden <strong>und</strong> suchenden Menschen aus <strong>der</strong> Kraft <strong>und</strong> Weisheit<br />

<strong>des</strong> christlichen Glaubens durch. Unter den Teilnehmern war auch eine <strong>im</strong> Rollbett liegende,<br />

gelähmte Ordensschwester, Sr. Joon. Mit 11 Jahren erkrankte Soeur Joon an einer rheumatischen<br />

Arthritis, die zum Stillstand ihres Wachstumsprozesses führte <strong>und</strong> zur Lähmung <strong>des</strong> ganzen Körpers.<br />

Lediglich den Kopf <strong>und</strong> ihre kleinen Hände konnte sie noch bewegen. Trotz allem versuchte sie,<br />

ihrem Leben einen Sinn zu geben. So bemühte sie sich zu malen. Mit 30 Jahren begann sie ein<br />

Kunststudium. Trotz mancher Erfolge war sie verzweifelt <strong>und</strong> wütend, wenn sie an ihre aussichtslose<br />

Lage dachte. In dieser Lebenskrise fand sie einen Weg zur Kirche <strong>und</strong> begegnete dort einer<br />

Gemeinschaft mit ihrem Priester namens Park. Ihr wachsen<strong>der</strong> Glaube erfüllte sie mit Hoffnung <strong>und</strong><br />

gab ihr Kraft, ihr Schicksal anzunehmen. Mit 32 Jahren ließ sie sich taufen. Dank <strong>des</strong> neu<br />

gewonnenen Glaubens überwand sie die Lähmung ihres Lebens <strong>und</strong> entwickelte mit Pfarrer Park die<br />

Idee einer Ordensgründung für behin<strong>der</strong>te wie für ges<strong>und</strong>e Schwestern <strong>und</strong> Brü<strong>der</strong> zur caritativen<br />

Unterstützung behin<strong>der</strong>ter Menschen – ähnlich wie dies vor 700 Jahren durch den Lazarusorden zu<br />

Jerusalem geschah, als ges<strong>und</strong>e wie Lepra kranke Ordensmitglie<strong>der</strong> für Leprakranke ein Hospiz<br />

unterhielten - . 1984 gründete Pfarrer Park gemeinsam mit Schwester Joon die Gemeinschaft von<br />

Behin<strong>der</strong>ten unter dem Namen „Haus <strong>der</strong> Liebe“, das zur Urzelle <strong>des</strong> Ordens <strong>der</strong> Schwestern vom<br />

„Kinde Jesu“ wurde. Schwester Joon war die erste Ordensoberin dieser Gemeinschaft. Inzwischen hat<br />

sie Zweignie<strong>der</strong>lassungen nicht nur an verschiedenen Orten in Korea, son<strong>der</strong>n auch auf den<br />

Philippinen <strong>und</strong> in China gegründet.<br />

Ihr Lebensweg zeigt, dass es Ihr - dank <strong>der</strong> helfenden Gemeinschaft <strong>und</strong> <strong>der</strong> seelsorglichen Begleitung<br />

<strong>des</strong> Pfarrers Park – gelang, wie<strong>der</strong> an sich <strong>und</strong> ihr Leben zu glauben, auf eine lebensvolle Zukunft zu<br />

hoffen <strong>und</strong> liebe-voll sich, das Krankheitsschicksal <strong>und</strong> ebenso an<strong>der</strong>e Behin<strong>der</strong>te zu akzeptieren.<br />

Ohne die Revitalisierung ihres Lebensurvertrauens hätte sie nicht zum Leben „wie<strong>der</strong>-auf-er-stehen“<br />

können. Sie fand eine Lebenskraft <strong>und</strong> Lebensweisheit, die Berge versetzte (1 Kor 13,2). Wenn<br />

Menschen in <strong>der</strong>artig ausweglosen Lebenslagen wie Sr. Joon zu neuen Lebensmöglichkeiten „wie<strong>der</strong>auferstehen“<br />

<strong>und</strong> nicht an solchen Lebenserfahrungen zerbrechen möchten <strong>und</strong> ihr Leben nicht<br />

begraben <strong>und</strong> <strong>im</strong> sozialen Tod verharren wollen, ist eine solche Lebensgrenzsituation zu überschreiten<br />

bzw. zu trans-zendieren. Menschen in extremen Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Lebens sagen oft: „Was soll<br />

das noch, was hat dies Leben noch für einen Sinn?“ sowie: „Ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft<br />

mehr!“ Solche Sätze äußern leidende Menschen an den Grenzen ihres Lebens, d.h. in schweren<br />

physischen o<strong>der</strong> psycho-sozialen Herausfor<strong>der</strong>ungen ihrer Existenz. Diese Aussagen machen deutlich,<br />

dass Lebenskraft <strong>und</strong> Lebenssinn bei so betroffenen Patienten <strong>und</strong> Klienten kollabieren. Nur durch<br />

Glaube, Hoffnung <strong>und</strong> Liebe sind die tief angeschlagene Lebenskraft <strong>und</strong> verletzte Lebensweisheit zu<br />

revitalisieren.<br />

Wie lassen sich für die Mitarbeiter <strong>des</strong> Ordens diese christlichen Ressourcen erschliessen ? Der<br />

Mensch von heute verfügt gewöhnlich nicht über solche spirituellen Potentiale.[15] Dies ist allein<br />

durch Kultivierung <strong>der</strong> re-ligiösen (d.h. rück geb<strong>und</strong>enen) Beziehung zu Gott zu ermöglichen, sei<br />

es z. B. durch religiösen Austausch mit an<strong>der</strong>en, durch Schriftlesungen, Meditationen, Gebetspraxis<br />

usw. Nach <strong>der</strong> ost- <strong>und</strong> westkirchlichen liturgischen Tradition ist dies vor allem durch aktive <strong>und</strong><br />

regelmäßige Teilnahme (participatio actuosa) an einer Eucharistiefeier möglich, d.h. am Lebenssinn<br />

erschließenden Wort-Gottes-Dienst <strong>und</strong> am Lebenskraft-spendenden Sakraments-Gottesdienst.<br />

Lebenskraft <strong>und</strong> Lebensweisheit sind die ältesten Kriterien für die Personalauswahl von Personen zur<br />

Mitarbeit in <strong>der</strong> Diakonie <strong>der</strong> Kirche (Personalauswahlkriterien). Die Apostel wählten Männer mit


gutem Ruf, mit Geistmächtigkeit (gr. pneu,matoj =pneumatos) <strong>und</strong> Weisheit (gr. sofi,aj =sophia)<br />

aus.<br />

6. Die caritative Diakonie wird von Jesus oft mit dem Wort B-arm-herzigkeit operationalisiert,<br />

d.h. den Armen zu herzigen o<strong>der</strong> lateinisch: Miseri-cordia, d. h. dem es schlecht geht, das Herz<br />

schenken. Ebenfalls mahnt Jesus: „Seid barmherzig, wie euer Vater <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel barmherzig ist“ (Lk<br />

6,36). Die Liebe findet in Barmherzigkeit ihre konkrete Beschreibung, so in den Gleichnissen vom<br />

Barmherzigen Samariter (Lk. 10,20-37) o<strong>der</strong> vom Barmherzigen Vater (Lk 15,11-32). Oft sagt Jesus<br />

<strong>im</strong> Zusammenhang mit seiner Gleichnisverkündigung: „Geht <strong>und</strong> tut das Gleiche“ (ebd.).<br />

Weil die Barmherzigkeit eine beson<strong>der</strong>e Ausdrucksweise <strong>des</strong> Glaubens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Liebe ist, wird nach<br />

den Werken <strong>der</strong> Barmherzigkeit am Ende <strong>der</strong> Glaube <strong>des</strong> Christen bemessen. "Was ihr dem<br />

Geringsten getan habt, habt ihr mir getan" (Mt 25,31-46). An den Früchten wird Christus dem<br />

Christen als „Seinesgleichen“ erkennen (Mt 7,16), so sagt Jesus in <strong>der</strong> Gerichtsrede (Mt 25,31-46).<br />

Also am „output“ seines Glaubens zeigt sich <strong>der</strong> wahre Christ. Daher fragt Jesus nicht nach<br />

Katechismuskenntnissen, nach <strong>der</strong> Häufigkeit <strong>des</strong> Kirchenbesuches etc. Sie bilden die unumgängliche<br />

Voraussetzung für eine Frucht-bringende Barmherzigkeit. Je<strong>der</strong> Gärtner weiß, dass er nur gute<br />

Früchte erntet, wenn er den Boden kultiviert hat <strong>und</strong> das Wachstum durch Regen <strong>und</strong> Sonne geför<strong>der</strong>t<br />

wurde. Die von Jesus proklamierten Werke <strong>der</strong> leiblichen Barmherzigkeit zeigen, wie nahe<br />

Mediziner, Pflegerinnen o<strong>der</strong> Sozialpädagogen <strong>im</strong> Arbeitsalltag <strong>der</strong> jesuanischen Barmherzigkeits-<br />

Diakonie sind, sei es in Krankenhäusern, Sozialstationen, Erziehungs- <strong>und</strong> Pflegehe<strong>im</strong>en o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

häuslicher Krankenpflege etc. Die Auffor<strong>der</strong>ung: Kranke zu besuchen realisieren sie in den<br />

tagtäglichen medizinischen Hilfeleistungen. Die Werke: Dürstende tränken, Hungrige speisen, Nackte<br />

bekleiden praktizieren sie in Krankenhäusern, bei Pflegedienstleistungen o<strong>der</strong> in Jugend- <strong>und</strong><br />

Kin<strong>der</strong>he<strong>im</strong>en. Die Option Gefangene loskaufen ereignet sich z.B. in <strong>der</strong> psychotherapeutischen Hilfe<br />

zur Befreiung von Drogen- o<strong>der</strong> Alkoholmissbrauch, von Rauchen o<strong>der</strong> von Esszwängen, Medikamentenabhängigkeiten<br />

- dies kann präventiv o<strong>der</strong> rehabilitativ geschehen -. Die Weisung: Fremde<br />

aufzunehmen, wird gelebt, wenn je<strong>der</strong> Leidende, sei er fremd o<strong>der</strong> sogar als Personen abstoßend,<br />

liebevoll an- <strong>und</strong> aufgenommen wird. Das Werk: Tote begraben will sagen, z. B. einen Verstorbenen<br />

bei seiner Bestattung begleiten o<strong>der</strong> sein Grab zu besuchen, insbeson<strong>der</strong>e wenn er ein Alleinleben<strong>der</strong>,<br />

Frem<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Nichtsesshafter war. Gleiches gilt für Verstorbene eines Pflegehe<strong>im</strong>es o<strong>der</strong><br />

Hospizdienstes etc..<br />

Werke <strong>der</strong> geistigen Barmherzigkeit sind heute höchst aktuell bei entwurzelten Jugendlichen, bei<br />

schwerkranken Patienten, bei pflegenden Angehörigen o<strong>der</strong> gegenüber Mitarbeitern etc., so das Werk:<br />

Guten Rat geben, d.h. an<strong>der</strong>e an <strong>der</strong> eigenen Lebenserfahrung teilhaben lassen bzw. Zweifelnde<br />

beraten. Dies ist eine wichtige Aufgabe z. B. vor <strong>der</strong> Entlassung aus einer Klinik o<strong>der</strong> aus einem<br />

He<strong>im</strong>. Etwas klar <strong>und</strong> ehrlich sagen meint: Sün<strong>der</strong> bei sozial- o<strong>der</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädlichem Lebenswandel<br />

zurechtweisen, d. h. den richtigen Lebensweg aufzeigen. Die Wahrheitsdiakonie sollte durch<br />

die paulinische Option: die Wahrheit in Liebe zu sagen (Eph 4,15) ergänzt werden, wenn die<br />

Wahrheitsdiakonie lebensför<strong>der</strong>lich sein will. Ein weiteres Werk for<strong>der</strong>t: Unwissende zu lehren, d.h.<br />

zu helfen, dass ein Patient <strong>und</strong> seine Familie (evtl. auch die Pfarreigemeinde) die Botschaft einer<br />

überw<strong>und</strong>enen sozialen Katastrophe, einer kurierten Krankheit erkennen; denn eine Krankheit ist –<br />

wie dies die klassische Medizin bereits aanmerkt - nicht nur Plager son<strong>der</strong>n auch Mahner <strong>im</strong> Blick<br />

auf die Lebensgestaltung. In diesem Sinne sagt Jesus oft: „Pass auf, dass Dir nicht noch Schl<strong>im</strong>meres<br />

zustößt.“(Joh 5,14) Die Option: Trauernde trösten bedeutet heute z.B. bei irreversiblen Verlust einer<br />

Organfunktion (in Folge einer Krankheit o<strong>der</strong> eines schweren Unfalls) o<strong>der</strong> eines lieben Menschen<br />

bzw. <strong>der</strong> vertrauten He<strong>im</strong>at etc. dem Trauernden empathisch beizustehen. Die gefor<strong>der</strong>te Bereitschaft,<br />

Unrechtshandlungen <strong>und</strong> Beleidigungen zu verzeihen, weist darauf hin , eine Organisationskultur zu<br />

ermöglichen, die hilft besser mit den unumgänglichen Frustrationen, die Jugendliche, Klienten,<br />

Patienten, Kollegen, Angehörige ihren Pädagogen, Pflegerinnen <strong>und</strong> Ärztinnen bereiten, umzugehen<br />

(Supervisionen). Das Werk: Lästige geduldig ertragen bedarf angesichts <strong>der</strong> tagtäglich erfahrbaren<br />

Hilferealitäten keiner Konkretion. Für die Lebenden <strong>und</strong> Verstorbenen beten lädt ein, PatientenInnen


<strong>und</strong> KollegenInnen mit in die eigene Beziehung mit Gott hineinzunehmen. Schließlich erweist sich<br />

das Gebet als ein beson<strong>der</strong>s effizienter Copingmechanismus bei <strong>der</strong> Bewältigung von Krankheiten <strong>und</strong><br />

psycho-sozialem Leid.[16] In den Werken <strong>der</strong> leiblichen <strong>und</strong> geistigen Barmherzigkeit findet die<br />

caritative Diakonie ihren konkreten <strong>und</strong> stets aktuellen Ausdruck.<br />

7. Auch wenn Jesus den Armen <strong>und</strong> Fremden insgesamt beson<strong>der</strong>s zugetan war, heilte <strong>und</strong> half<br />

er nicht flächendeckend alle Kranken <strong>und</strong> Notleidenden, wie uns seine Heilung <strong>im</strong> Hospital zum<br />

Teich Betesda in Jerusalem zeigt: „In diesen Hallen lagen viele Kranke, darunter Blinde, Lahme <strong>und</strong><br />

Verkrüppelte. Dort lag auch ein Mann, <strong>der</strong> schon acht<strong>und</strong>dreißig Jahre krank war. Als Jesus ihn dort<br />

liegen sah <strong>und</strong> erkannte, dass er schon lange krank war, fragte er ihn: Willst du ges<strong>und</strong> werden? Der<br />

Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen, <strong>der</strong> mich, sobald das Wasser aufwallt, in<br />

den Teich trägt. Während ich mich hinschleppe, steigt schon ein an<strong>der</strong>er vor mir hinein.“ (Joh 5, 3-7)<br />

Jesus wählt nur einen aus <strong>und</strong> zwar den, <strong>der</strong> sozial am ärmsten dran ist, <strong>der</strong> niemanden hat, <strong>der</strong> ihm<br />

bei <strong>der</strong> Heilbadtherapie hilft. Warum heilt <strong>der</strong> Gottessohn nicht alle Kranken dieses Hospitals bzw.<br />

gleich alle Menschen seines Lan<strong>des</strong>? Das oft von Jesus optierte: Geht hin <strong>und</strong> tut das Gleiche zeigt,<br />

dass Jesus alle Menschen zu seiner caritativen Art <strong>des</strong> <strong>Heilens</strong> <strong>und</strong> <strong>Helfens</strong> einladen will. So ist<br />

exemplarisches Helfen durchaus christo-logisch, so wie es <strong>der</strong> Lazarusorden mit seinen Projekten in<br />

den verschiedenen Län<strong>der</strong>n praktiziert. Es ist oft wichtiger, Salz in <strong>der</strong> sozialen Suppe zu sein, als alle<br />

sozial-caritativen Dienste eines Lan<strong>des</strong> in eigener Regie zu verwalten <strong>und</strong> zu besitzen.<br />

8. „Darum geht zu allen Völkern, <strong>und</strong> macht alle Menschen zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19). Jesu<br />

Option lautet: in dem hier aufgezeigten Geist alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen <strong>und</strong> seine<br />

Menschenfre<strong>und</strong>lichkeit (die filanqrwpi,a tou qeou = Philanthropia tou Theou) zu praktizieren; denn<br />

Jesus will allen das Reich Gottes, d.h. die Herrschaft <strong>der</strong> Liebe <strong>und</strong> <strong>des</strong> Guten erfahrbar machen.<br />

Darum hat Jesus seine Verkündigung stets mit dem Heilen <strong>und</strong> Helfen verb<strong>und</strong>en. Wortverkündigung<br />

setzt gelebte Verkündigung voraus bzw. schließt sie ein. In dieser Weise verkündigt die Kirche durch<br />

ihre caritative Diakonie für Kranke <strong>und</strong> Notleidende die konkrete Ankunft <strong>des</strong> Reiches Gottes <strong>und</strong> ist<br />

durch ihre caritative Diakonie missionarisch. In diesem Sinne hat die Kirche die Aufgabe, zum Wohl<br />

<strong>der</strong> Menschen einer Gesellschaft die Lebenswelt <strong>der</strong> Menschen diakonisch zu verän<strong>der</strong>n d. h. sie zu<br />

christianisieren <strong>und</strong> sie dadurch caritativ zu qualifizieren, damit die Menschen trotz Leid <strong>und</strong> Not<br />

das Leben haben <strong>und</strong> es erfüllt haben (Joh 10,10 ).<br />

Pompey, H. (Hrsg.), Caritas – Das menschliche Gesicht <strong>des</strong> Glaubens: Ökumenische <strong>und</strong><br />

internationale Anstöße einer Diakonietheologie, Würzburg 1997<br />

Pompey, H. (Hrsg.), Caritas <strong>im</strong> Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Menschlichkeit, Würzburg<br />

1997<br />

[1] Vgl. Feigl, E., Der Militärische <strong>und</strong> Hospitalische Orden <strong>des</strong> Hl. Lazarus von Jerusalem –<br />

Memento, Wien 1996, 17ff., Schöne, W., Atavis et Armis – Überlegungen zum Wahlspruch <strong>des</strong><br />

Ordens anlässlich <strong>der</strong> Vigil am 14.11.03 in Marienthal, in. Lazarus-Orden - Großballei Deutschland –<br />

Ordens-Journal. Ratingen 2004, 14-17<br />

[2] Sei es bei den Vätern <strong>des</strong> Ostens o<strong>der</strong> <strong>des</strong> Westens: Augustinus (354-430) weist darauf hin, daß<br />

die Reichen vor Gott Rechenschaft von ihrem Reichtum ablegen müssen (Vgl. Liese, W., Geschichte<br />

<strong>der</strong> Caritas. Bd. 1., Freiburg 1922, 90), obschon Reichtum an sich nicht schlecht ist (Liese, aaO., 91).<br />

Gregor d.Gr. (540-604) greift in seiner "Regula pastoralis" auf das alttestamentliche Verständnis<br />

von Reichtum <strong>und</strong> Armenhilfe zurück: "Wenn wir den Armen das Nötige geben, geben wir ihnen das<br />

ihrige zurück, nicht das unsere; wir üben dann eher Gerechtigkeit als Barmherzigkeit" (Vgl. Regula<br />

Pastoralis III 21; Ml 77,83f, 87f.)


[3] Darüber hinaus sind aber auch Ekklesiologie, Pneumatologie, Soteriologie <strong>und</strong> Mariologie<br />

praxisleitend für die Philanthropie. Ihre spirituelle Bedeutung für die soziale Diakonie ist nur in einer<br />

eigenen, längeren Abhandlung darzulegen.<br />

[4] Patrologia Graeca (PG), hg. V. J. P. Migne, 167 Bde. Paris 1857-66, Bd. 61, 516<br />

[5] PG 60, 447; weitere dementsprechende Zitate lauten: „Alle Werke <strong>der</strong> Frömmigkeit nützen nichts<br />

ohne Philanthropie.“ (PG 31,261f); „Wer nicht barmherzig ist <strong>und</strong> kein Almosen gibt, ist kein Mensch<br />

mehr.“ (PG 58, 524).<br />

[6] Liese, W., Geschichte <strong>der</strong> Caritas. Bd. 1., Freiburg 1922, 87.<br />

[7] Vgl. Handbuch <strong>der</strong> Kirchengeschichte, Bd. 11,1. S. 428<br />

[8] Ebd.<br />

[9] Vgl. Pompey, H., Die Bedeutung <strong>der</strong> Medizin für die kirchliche Seelsorge <strong>im</strong> Selbstverständnis<br />

<strong>der</strong> sogenannten Pastoralmedizin. Eine bibliographisch-historische Untersuchung bis zur Mitte <strong>des</strong> 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts, Freiburg 1968, 18.<br />

[10] Vgl. Masing, A., Die Diakonie in <strong>der</strong> spirituellen Tradition <strong>des</strong> Ostens, in: Wege <strong>der</strong><br />

Diakoniewissenschaft – DWI-INFO Nr. 30, 1996/97,20-22, o<strong>der</strong> vgl. die Regel <strong>des</strong> Hl. Benedikt bzgl.<br />

<strong>der</strong> Aufnahme von Fremden.<br />

[11] Vgl. z.B. Den. Kaland in Münster, eine Bru<strong>der</strong>schaft, die mit dem Dom verb<strong>und</strong>en war <strong>und</strong> Arme<br />

<strong>und</strong> Waise um 1300 in <strong>der</strong> Stadt Münster unterstützte.<br />

[12] Vgl. Pompey, H., Diakonischer Aufbruch in <strong>der</strong> Orthodoxen Kirche Rumäniens, in: Caritas 93<br />

(1992), 436-438.<br />

[13] Wie bedeutsam dies ist, zeigen entsprechende wissenschaftliche Bef<strong>und</strong>e: Vgl. Pompey, H.,<br />

Religiosität - Ein Element <strong>der</strong> Lebens- <strong>und</strong> Leidbewältigung bei TumorpatientInnen. Empirische<br />

Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> ihre Bedeutung für die psychosoziale Patientenbegleitung, in: Camillianum Rivista dell’<br />

Instituto Internazionali di Teolologia Pastorale Sanitaria 9 (1998), 227-252.<br />

[14] Vgl. die Untercheidung zwischen extrinsischer <strong>und</strong> intrinsischer Religiosität durch Alport.<br />

Aufgesetzte, extrinsische Religiosität besitzt keine pyscho-physische Relevanz <strong>im</strong> Vergleich zur<br />

intrinsischen d.h. verinnerlichten Religiosität, vgl. Pompey, H., Religiosität - Ein Element <strong>der</strong> Lebens-<br />

<strong>und</strong> Leidbewältigung bei TumorpatientInnen. Empirische Bef<strong>und</strong>e <strong>und</strong> ihre Bedeutung für die<br />

psychosoziale Patientenbegleitung, in: Camillianum 9 (1998), 227-252.<br />

[15] Sie sind aus den heutigen Menschen genommen <strong>und</strong> für die Menschen von heute bestellt (Hebr 5,1).<br />

[16] vgl. Pompey, H. , Das Gebet in <strong>der</strong> caritativ- seelsorglichen Begleitung, in: Lebendige Katechese<br />

2 – 2001, 87 – 90; <strong>der</strong>s. a.a.O: 1998.

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