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HORTUS DELICARUM - Der "Wonnen-Garten" der ... - Buchmalereien

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HOKTUS<br />

DELIüAR1IÄA<br />

DER 'WONNEN-GARTEN.<br />

DDR HERRAD VON LANDSBERG<br />

EINE ELSAS SISCIIE BII-DER-<br />

HANDSCHRIFT AUS DDM<br />

12. JAHRHUNDDRT<br />

1944


Herausgegeben von H. G, ROTT uad G. WILD<br />

Ausstattuns: E. H. CORDIER<br />

ALLE RECHTE VORBEHALTEN<br />

VERLAG BRAUN & CO, MÜLHAUSEN/ELSASS


ORTUS DELICIARUM, de! 'Vonnen Gartenu<br />

Herrads von Landsberg: wer ist <strong>der</strong> Freund elsässischer Vergansenheit,<br />

<strong>der</strong> Kenner abendländischer Kulturgeschichte, dem<br />

äieierühmte Verk <strong>der</strong> gelehrten Abtissin des Klosters Hohenbure<br />

auf dem Odilienberg nicht. mindestens dem Namen nach'<br />

bekännt ist? Vohl kann sich keiner mehr am Bil<strong>der</strong>glanze<br />

dieser Handschrift etgötzen und belehren, da lei<strong>der</strong> auch. sie<br />

schon vor Menschenaliern <strong>der</strong> Kriegsfurie zum Opfer gefallen<br />

ist; und dennoch hat dieses Schmuckstück des Denkens und<br />

Schaffens unserer mittelalterlichen Vorfahren nichts von seiner<br />

-A,nziehungskraft und Resonanz verloren, gleich einer versunkenen<br />

GlJcke, <strong>der</strong>en Silberklang trotz allen Stürmen des Zeitgeschehens<br />

eindringlich durch die hehren Gefilde <strong>der</strong> Velt<br />

des Geistes und <strong>der</strong> Bildung weiterschwingt und uns den Untergang<br />

des Originals nur umso schmerzlicher empfinden iässt.<br />

Als Pilger und Van<strong>der</strong>er haben schon viele von uns Gelegenheit<br />

gehabt, die farbige Vergrösserung einiger Miniaturen<br />

des Hortus in den so geschmackvoll restaurierten Sälen des<br />

Odilienberges zu sehen. Dort oben erinnert auch im Kreuzgang<br />

<strong>der</strong> verstümmelte Pfeiler aus <strong>der</strong> zweiten Hälfte des zwölften<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts an die vor <strong>der</strong> Mutter Gottes knienden Äbtissinnen<br />

3-elindis und llerrad; und dort können wir am besten im<br />

mystischen Halbdunkel <strong>der</strong> gleichaltrigen Kreuzkapelle und<br />

ihrer wuchtieen Gewölbe uns in die Glanzzeit des Klosters


zurückversetzen, in welcher <strong>der</strong> Hortus deliciarum enntanden<br />

ist.<br />

Es war die Zeit, in <strong>der</strong> Kaiser Friedrich Barbarossa mit<br />

starker Hand das Reich regierte und des öftern hierzulande in<br />

seiner Lieblingspf a,lz Hagenatt Aufenthalt nahm, von wo aus<br />

er rrt3, am 27. Januar, auch auf dem Odilienberg weilte; es<br />

war die Zeit, in <strong>der</strong> mit den Kreuzzügen und nach den<br />

Kämpfen des Investiturstreites ein neues,- mächtiges Kulturschaffen<br />

die Kirche, die Klöster und Bischofsstädte am Rhein<br />

erfasste, von dem noch heute die stolzen romanischen Bauten<br />

von Murbach und Schlettstadt, von Strassburg und Maursmünster,<br />

von Rosheim, Andlau und Nie<strong>der</strong>münster am Fusse<br />

des Odilienberges zeugen. Auch Kloster Hohenburg konnte sich<br />

dank dem Eingreifen Barbarossas von den schweren Schäden<br />

erholen, die ihm die Virren im Reich, die Besitzentfremdungen<br />

und die Auflösung <strong>der</strong> inneren Zucht am Anfang des zwölften<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts geschlagen hatten. Um das Jahr rr4r berief er<br />

zur Abtissin die tatkräftige und gelehrte Relindis, aus <strong>der</strong> spätere<br />

Schriftsteller - zu Recht o<strong>der</strong> zu Unrecht - eine Verwandte<br />

des Kaisers gemacht haben, und die, vom Strassburqer<br />

Bischof unterstützt, die wirtschaftliche Ordnune und mit äer<br />

Augustinerinnenstiftsregel die Klosterzucht wiäerhersrellte.<br />

Ihre Schülerin und Nachfolgerin war Herrad (rß7rr95),<br />

die eine ebenso lange wie unsichere Tradition von <strong>der</strong><br />

weit sichtbaren Burg Landsberg am südlichen Ausläufer des<br />

Odilienberges herstammen lässt. Sie führte das \ferk <strong>der</strong> Relindis<br />

weiter und sicherte das kirchliche Leben des Klosters durch<br />

die Cründung des Priorares Sankt Gorgon und <strong>der</strong> Ausustinerprobstei<br />

Truttenhausen. Um ihren Siab sammelte sie Äe<br />

ansehnliche Schar von Jungfrauen aus den adligen Geschlechtern<br />

des Elsasses und des Schwabenlandes, von denen sie für<br />

ihre und ihrer Vorgängerin Zeit 46 Stiftsfraaen und rz Laienschwestern<br />

am Ende ihres \fierkes namhaft macht.. Für <strong>der</strong>en<br />

Beiehn'ng und Erbauung hat sie nach längeren Vorbereitungen<br />

und Sammlungsarbeiren so um die Iahre rrzr-rrgr Jen<br />

Hortus deliciarum geschaffen, <strong>der</strong> ihren RuhÄ'auf spätere<br />

Zeiten gegründet har.<br />

Schon rein äusserlich .war diese Handschrift ein Monument,<br />

ein dicker tsand von z5y Pergamenrblättern im Format<br />

4


einer unserer grossen Zeitungen' mit 69 eingeschobenen kleineren<br />

Blättern. Sie kam nach <strong>der</strong> Auflösung des Klosters um die<br />

Mitte des 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach Z^bern, von dort nach Molsheim,<br />

um dann infolge <strong>der</strong> Revolution in die Strassburger<br />

Stadtbibliothek zu gelangen, wo sie bei <strong>der</strong> Beschiessung in <strong>der</strong><br />

Nacht vom 24. August r87o mit den an<strong>der</strong>n dort aufbewahrten<br />

Schätzen in Flammen aufging. Zam Glück war sie durch<br />

Engelhardts eingehende Beschreibung von r8r8 schon so bekannt<br />

geworden, dass zahlreiche Auszüge des Textes und Pausen<br />

<strong>der</strong> Miniaturen gemacht worden waren, die noch vorhanden<br />

sind. Diese zu sammeln und herauszugeben ist das bleibende<br />

Verdienst <strong>der</strong> "Gesellschaft für Erhaltung <strong>der</strong> geschichtlichen<br />

Denhmäler im Elsass" geworden, die unter den grössten finanziellen<br />

Opfern die übriggebliebenen Fragmente und Nachbildungen<br />

durch die gelehrten Kanoniker Straub und Keller, mit einem<br />

grundlegenden Kommentar versehen, veröffentlichen liess. Die<br />

Edition erfolgte von 1879 bis 1899 in rz Lieferungen von <strong>der</strong><br />

Grösse des Originals und wird das unentbehrliche Verkzeug<br />

zum Studium des Ffortus bleiben, bis die von llerrn Direktor<br />

J. Valter von Schlettstadt durch jahrelange Studien und Forschungen<br />

zusammengestellte Ausgabe erscheinen *ird. Auch die<br />

vorliegende Mappe ist nach den Abbildungen des Tafelwerkes<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft entstanden, um es in begrenzter AuswahL, aber<br />

handlicherem Format zugänglicher zu machen und somit einem<br />

grösseren Kreis von Freunden unserer Fleimatgeschichte einen<br />

Einblick zu verschaffen in das materielle Leben und die geistige<br />

Kultur Herrads und ihres Zeitalterc, so wie sie sich im Text<br />

und in den Miniaturen ihres , \üonnengartens u wi<strong>der</strong>sPiegeln.<br />

,Euch zulieb, geweihte Schwestern, habe ich durch Gottes<br />

Eingebung und zu Ehren Christi und <strong>der</strong> Kirche dieses Buch<br />

gleich einem emsigen Bienlein aus den Blüten <strong>der</strong> göttlichen<br />

und philosophischen Schriften zusammengetlagen und zu einer<br />

honigträufelnden \7abe geformt, damit des himmlisihen Bräudgams<br />

süsse Geistesfreuden Euern müden Sinn erfrischen und<br />

Eich in Sicherheit duich dieser Velt Vergänglichkeiten zur<br />

ewigen Seligkeit hineilen lassen, sodass Ihr auch mich, die ich<br />

auf wechselvollen Pfaden schreite. durch Euer heilsames Gebet<br />

von den irdischen l.eidenschaften hinauf zu des Heilandes Liebe<br />

ziehen möget." Dies hier dem Sinn nach wie<strong>der</strong>gegebene Vor-


wort Flerrads f ührt uns am unmittelbarsten in Vesen und Geist<br />

des Ffortus ein.<br />

Dieser ist also eine Sammlung von Auszügen zur Unterweisung<br />

und Erbauung <strong>der</strong> Hohenburger Stiftsfrauen. Die<br />

Auszüge sind aus einer ansehnlichen Zahl von Schriften entnommen,<br />

an erster Stelle die Bibel, dann die lateinischen Kirchenväter<br />

und einige Autoren des frühen Mittelalters, von<br />

denen die hier und da vorkommenden griechischen Ausdrücke<br />

übernommen sind, endlich die theologischen Schriftsteller des<br />

rr. und rz. Jahrhun<strong>der</strong>ts, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> vielschreibende Kompilator<br />

und Enzyklopädist Honorius Augustodunensis. Inwieweit<br />

dabei Herrad selbständig und allein und nur mit Mittcln<br />

ihrer lei<strong>der</strong> zerstörten Klosterbibliothek gearbeitet hat, beson<strong>der</strong>s<br />

inwiefern die ins Einzelne gehende Aufstellung des Plans<br />

<strong>der</strong> Sammlung nach schon vorhandenen Vorbil<strong>der</strong>n geschehen<br />

und ihr o<strong>der</strong> Relindis' eigenes Verk ist, kann nur entschieden<br />

werden durch ausgedehnte, auf <strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> gesamten vorhergehenden<br />

patristischen und theologischen Literatur beruhende<br />

'r--.,,-.-l-;-t,,----<br />

Auf alle Fälle spiegelt sich im Gesamtaufbau des Hortus<br />

<strong>der</strong> leitende Gedanke <strong>der</strong> mittelalte ichen Philosophie wi<strong>der</strong>,<br />

dass alles Geschehen nach dem harmonischen \(illen Gottes<br />

sich in den grossen Prozess <strong>der</strong> Heilsgeschichte einglie<strong>der</strong>t und<br />

nur durch diese seine richtige Deutung finden kann. Demgemäss<br />

lässt sich, von einigen Abweichungen abgesehen, <strong>der</strong> Stoff des<br />

Hortus in vier aufeinan<strong>der</strong>folgende Gruppen teilen: zuerst die<br />

Schöpfungsgeschichte und die Begebnisse des Alten Testaments,<br />

darauf das Leben des Erlösers, dann, an die Apostelgeschichte<br />

anschliessend, \(erden und Vesen <strong>der</strong> Kirche und ihr Kanrpf<br />

mit dem sündigen Veltgeist, und zum Schluss die Darstellung<br />

<strong>der</strong> letzten Tage und des Jüngsten Gerichtes.<br />

Dass <strong>der</strong> theologisch-kirchengeschichtliche Stoff, <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Zeit entsprechend bei weitem den Hauptanteil <strong>der</strong> im Hortus<br />

verarbeiteten Materie ausmacht, nicht nach den heute üblichen<br />

philologisch-geschichtlichen Methoden erläutert wird, ist<br />

selbstverständlich, son<strong>der</strong>n er wird, wie damals gang und gäbe,<br />

infolge <strong>der</strong> Auffassung von <strong>der</strong> gottgewollten Einheit und<br />

Harmonie des \Teitgeschehens, nach vorwiegend symbolischallegorischen<br />

Gesichtspunkten dargestellq indem oft das ein-<br />

6


fachste, eindeutigste Ereignis als Gleichnis, als Sinnbild o<strong>der</strong><br />

Parallele eines mehr o<strong>der</strong> weniger entsprechenden Vorganges<br />

<strong>der</strong> Heilswerdung o<strong>der</strong> des Kirchenlebens ausgelegt wird. Es<br />

war dem damaligen Denken ganz natürlich, als Symbol für<br />

das Reich Gortes und dessen l(irken auf Erden die Kelter<br />

(Abb. ff) o<strong>der</strong> den schlafenden Salomo des Hohenliedes, den<br />

seine Leibgarde bewacht (Abb. r4), zu nehmen. So war,beson<strong>der</strong>s<br />

die zum Teil schon in den Evangelien und den Episrcln<br />

angestrebte Konkordanz zwischen den Episoden des Alten<br />

und des Neuen Testamentes ein sehr beliebtes Thema, wie<br />

z. B. Melchisedech (Abb. 9) als <strong>der</strong> im voraus das Abendmahl<br />

spendende Flerr erscheint, o<strong>der</strong> die Sprachenverwirrung<br />

beim Turmbau zu Babel (Abb. ;) ihre Lösung im Sprachenwun<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Pfingsten findet (Abb. 3z).<br />

Man würde jedoch fehlgehen, wollte man den Hortus als<br />

die Zusammenfassung des gesamten Vissens seiner Zeit, als<br />

Enzyklopädie, ansehen. Es ist nur <strong>der</strong> für den Unterricht gemachte<br />

Ausschnitt einer solchen, wie es die nähere Betrachtung<br />

des Inhaltes zeigt. Zuerst behandelt Herrad die Natur und<br />

Vollkornmenheit des Schöpfers, dann erzählt sie die Erschaffung<br />

<strong>der</strong> Engel und den Sturz Luzifers. Darauf folgt ein Kapitel<br />

über die Dreieinigkeit und die Geschichte <strong>der</strong> Schöpfung;<br />

bei dieser Gelegenheit spricht sie auch von Astonomie und<br />

Zeitrechnung, von Acker- und Gartenbau, von Grenzen und<br />

-ü/egen.<br />

Die Erschaffung Adams und <strong>der</strong> Sündenfall geben<br />

Anlass zu Betrachtungen über den menschlichen Mikrokosmos<br />

als Inbegriff <strong>der</strong> Velt, über die Seele und die Schutzengel.<br />

Die biblische Geschichte geht dann weiter, wobei anlässlich<br />

des Turmbaus zu Babel die Erfindung <strong>der</strong> Künste behandelt<br />

wird, und <strong>der</strong> übergang über das Rote Meer ein Kapitel Erdkunde<br />

herbeiführt.<br />

Nach Abschluss <strong>der</strong> geschichtlichen und <strong>der</strong> prophetischen<br />

Bücher des Alten Testaments gibt Herrad einen Abriss <strong>der</strong><br />

alten Geschichte bis zu Kaiser Tiberius und geht zum Neuen<br />

Testament über: Genealogie Christi, Geschichte des Täufers,<br />

Christi Kindheit, Jugend, \Tun<strong>der</strong> und Gleichnisse, die Leidensgeschichte,<br />

Auferstehung und Himmelfahrt. Dann schliessen<br />

sich an: die Apostelgeschichte, die gedrängte Erzählung <strong>der</strong><br />

Schicksale des römischen Kaiserreiches und lange Ausführun-


gen über die Kirche, über den Kampf <strong>der</strong> Tugenden mit den<br />

Lastern, über Salomo als Symbol Christi, über die Vergänglichkeit<br />

aller irdischen Glücksgüter, über die Tugendleiter und<br />

die in Form <strong>der</strong> Sirenen <strong>der</strong> Odyssee dargestelltin Versuchungen,<br />

wobei sie Bemerkungen über die Schiffe einflicht, über<br />

die Ketzerlehren, die Hierarchie <strong>der</strong> Kirche und die Oblieeenheiten<br />

<strong>der</strong> Srände, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Ritrer als treuer Lehensleute<br />

Cei Kirche und <strong>der</strong> Bauern als Zehntpflichtigen, über die Austreibung<br />

<strong>der</strong> Sün<strong>der</strong> und die Heilung vom Aussatz als Symbol<br />

<strong>der</strong> Reue.<br />

Darauf folgt, anhand zumeist <strong>der</strong> Offenbarung Johaunis,<br />

die Geschichte des Antichrisrs und <strong>der</strong> letzten Tage, des Sturzes<br />

. <strong>der</strong> babylonischen Ffure und <strong>der</strong> Erhöhung des apokalyptischen<br />

Weibes, sowie das breit ausgemalte Jüngste Gericht mit den<br />

Höllenpeinen und den Paradiesesfreuden. Dann reihen sich noch<br />

Betrachtungen über das Seelsorgerecht <strong>der</strong> Regularkleriker und<br />

die Missstände bei den Säkularklerikern an Auszüee über die<br />

Lehren und Gesetze <strong>der</strong> Kirche, über die heidnische ihilosophie,<br />

Mythologie und Magic, Zum Schluss gibt sie eine Papstliste und<br />

zwei Kalen<strong>der</strong> mit den nötigen Gebrauchsanweisungen, um die<br />

Daten <strong>der</strong> Kirchenfeste herauszufinden, und zwei grosse Miniaturen,<br />

die die Gründung des Hohenburger Klosters und dessen<br />

Stiftsfrauen zu Relindis' und Herrads Zeit darstellen.<br />

Vie man sieht, ist <strong>der</strong> ausgedehnte Stoff des Horrus ein<br />

auf die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> Klostererziehung zugeschnittener;<br />

daher das Vorwiegen <strong>der</strong> religiösen Fächer, als <strong>der</strong>en Anhängsel<br />

die übrigen, die allerdings ein bisschen summarisch ausfallen,<br />

an passen<strong>der</strong> Stelle behandelt werden. Aber Herrads Verk ist<br />

deshalb umso bedeuten<strong>der</strong>, weil es als eines <strong>der</strong> ersten für den<br />

weiblichen Unterricht bestimmt ist, <strong>der</strong> damals in den Klosterund<br />

Stiftsschulen seine einzige Pflanzstätte fand. Allerdings<br />

vrar es nicht für die Anfängerinnen verfassr, son<strong>der</strong>n für die<br />

im Lateiaischen und im Denken weiter vorangeschrittenen<br />

Stiftsfräulein, denen es für ihre Veiterbildune die als wissenswert<br />

erachteten Kenntnisse vermittelte.<br />

Diese Hohenburger Stiftsfräulein, wir sehen sie im romanischen<br />

Saal über <strong>der</strong> Kreuzkapelle um Herrad versammelt, in ilr<br />

langes Oberkleid gehüllt, unter dessen weiten Vor<strong>der</strong>ärmeln die<br />

engen Armel des Unterkleides hervorrreten, um die Stirne ein<br />

I


weisses Band und darüber den schmalen langen Schleier, welcher<br />

über beide Schultern herabfäIlt. Sie haben die Stophen eines<br />

<strong>der</strong> im Hortus zur Abwechslung eingestreuten mehrstimmigen<br />

Lie<strong>der</strong> gesungen und ein Gedicht hergesagt, in dessen Versen<br />

sich das Thema <strong>der</strong> vorhergehenden Lehrstunde so rhythmisch<br />

ihrem Gedächtnis eingeprägt hat. Nun hören sie aufmerksam<br />

den Vorten ihrer Meisterin zu, die aluf einem starken Pult ilr<br />

grosses Verk aufgeschlagen hat und daraus ein Kapitel vorliest,<br />

dessen schwierigere lateinischen Ausdrücke sie ihnen mittels<br />

<strong>der</strong> darüber stehenden, so wertvollen deutschen Glossen<br />

genauer verständlich macht. Zum Schluss dürfen sie im Halbkreis<br />

nähertreten: auf <strong>der</strong> einen Seite des Hortus, dem Text<br />

entsprechend, leuchten ihnen die farbenfrischen Gestalten einer<br />

grossen Miniatur entgegen; vor ihren entzückten Augen erläuterr<br />

)etzt Herrad alle Figuren und Einzelheiten anhand <strong>der</strong><br />

darüber und mittenhinein geschriebenen Bezeichnungen und<br />

Verse, auf dass ihnen durch diesen Anschauungsunterricht ja<br />

nichts von den erzählten Ereignissen im Unklaren bleibe und<br />

keiner <strong>der</strong> Gedankengänge, auch <strong>der</strong> tiefste nicht, <strong>der</strong> grossen<br />

Heilswahrheiten entgehe, die ihnen mitzuteilen ihrer Abtissin<br />

ganzes Streben und Arbeiten ist.<br />

Diesen Miniaturen in erster Linie verdankt <strong>der</strong> Flortus<br />

deliciarum seine Berühmtheit. Es waren d.eter 336, eine aussergewöhnlich<br />

hohe ZahI, z. \. die ganze Seite, z. T. <strong>der</strong>en Hälfte<br />

o<strong>der</strong> Drittel einnehmend. Davon sind zwei Drittel in Nachbildung<br />

erhalten, zum grossen Teil lei<strong>der</strong> ohne Farben. Die<br />

Maltechnik war foJgendb: zuerst wurden die Umrisse leicht<br />

gezeichnet, dann did Vasserfarben - lebhaftes Rot, Blau und<br />

Hellgrün vorwiegend, daneben auch mattes Gelb, Purpur, Vio-<br />

Iett, Gold und Silber - aufgetragen, zum Schluss die Umrisse<br />

in schwarz o<strong>der</strong> braun nachgefahren, die lichten Stellen z. T.<br />

mit Veiss gehöht und einige Schatten in dunkelgrün angedeutet.<br />

Die Zeichnung selbst ist im allgemeinen flüssig, trotzdem<br />

sie sich noch nicht durchweg von <strong>der</strong> Steifheit <strong>der</strong> vorhergehenden<br />

Periode hat freimachen können. Doch wird vielleicht<br />

mancher beim ersten Anblick dieser Bil<strong>der</strong> ein wenig Anstoss<br />

nehmen am Fehlen <strong>der</strong> Landschaft und <strong>der</strong> Perspektive. an den<br />

zuweilen ungeschickr wie<strong>der</strong>gegebenen Bauren, än primitiv gezeichneten<br />

o<strong>der</strong> ungleich proportionierten Figuren, an den oft


monoton wirkenden rundlichen Gesichtern und ihren glotzenden<br />

Augen; aber das sind zum grössten Teil allgemeine Mängel<br />

<strong>der</strong> in jiner Zeit noch am Anfang ihrer Aufwärtsentwicklung<br />

stehenden Malerei. Und gerade eine an<strong>der</strong>e Eigenart <strong>der</strong> damaligen<br />

Kunst macht uns den Hortus kulturgeschichtlich so wertlrö<br />

, "orr., einigen Gestalten wie Christus, Maria, die Engel,<br />

Propheten und Äpostel, <strong>der</strong>en Darstellungsweise seit Jahrhun<strong>der</strong>ien<br />

feststehend war, so dass sie z. B. stets barfuss sind und<br />

das antike Gewand ragen, treten die übrigen Personen alle<br />

auf wie sie zu Flerrads Zeiten leibten und lebten.<br />

Das ist für die Kostüm- und \flaffenkunde, für die Geschichte<br />

<strong>der</strong> Technik und des Mobiliars, für die Kenntnis <strong>der</strong><br />

damaligen materiellen Kultur überhaupt von unschätzb-arem<br />

Vert. Es genügt, einen Blick auf die nachstehenden Tafeln zu<br />

werfen, um sich ein Bild machen zu können von dem Leben,<br />

wie es im rz. Jahrhun<strong>der</strong>t vor sich ging; wie <strong>der</strong> Bauer das<br />

Feld bestellte, wie gemahlen und gekeltert wurde, wie die Bauleute<br />

arbeiteten und die Ritter Krieg führten, wie man ass und<br />

tranh, wohnte und schlief, wie man sich kleidete und reiste,<br />

wie man musizierte und sich beim Puppenspiel die Zeit vertrieb,<br />

wie <strong>der</strong> llerrscher thronte und <strong>der</strong> Gelehrte Bücher<br />

schrieb, viie man taufte, und wie eine Klostergründung vor<br />

sich ging.<br />

Äuch in kunstgeschichtlicher Hinsicht gewährt <strong>der</strong> llortus<br />

durch sein reiches Bil<strong>der</strong>material einen tiefen Einblick in<br />

die Entwicklung des Miniaturenstile s und <strong>der</strong> christlichen Ikonographie<br />

des Mittelalters, in die Art und'Veise, wie die Szenen<br />

<strong>der</strong> biblischen und kirchlichen Geschichte und die theologischen<br />

Gleichnisse formlich und inhaltlich dargestellt wurden, und wie<br />

ihre Darstellung sich verän<strong>der</strong>t hat. Es lassen sich dabei'noch<br />

deutlich die verschiedenen Strömungen erkennen, die in <strong>der</strong><br />

zweiten Hälfte des rz. Iahrhun<strong>der</strong>ts die Miniaturmalerei beeinflussten.<br />

Ihre Bestimmirng im einzelnen und Abgrenzung gegenüber<br />

<strong>der</strong> Originalität des Flortus, soweit dies trotz des Verlustes<br />

<strong>der</strong> Handschrift noch möglich ist, kann jedoch erst auf<br />

Grund <strong>der</strong> $enauen Kenntnis <strong>der</strong> gesamten früh- und hochminelalterlichen<br />

Kunst und Buchmalerei sowie <strong>der</strong> damit zusammenhängenden<br />

l,iteratur geschehen.<br />

Da stehen noch schwache Überreste antik-hellenistischer<br />

10


Herkunft, wie <strong>der</strong> personifizierte Luftgeist, <strong>der</strong> Meeres- und<br />

<strong>der</strong> Flussgott bei <strong>der</strong> Schöpfung und <strong>der</strong> Taufe, neben stärker<br />

hervortretenden Elementen syrisch-orientalischen Ursprungs (bei<br />

<strong>der</strong> Taufe z. B. <strong>der</strong> bärtige Christus, das Kreuz im Jordan und<br />

die Engel), wie sie beide zusammen nach einem byzantinischen<br />

Vorbild im Hortus überliefert sind. Diese byzantinische Mustervo<br />

age hat hauptsächlich auf die Darstellung des Lebens Jesu<br />

und des Jüngsten Gerichtes eingewirkt, was u. ä. bei den dienenden<br />

Engeln <strong>der</strong> Taufe ganz beson<strong>der</strong>s zum Ausdruck kommt.<br />

Daneben erscheinen auch mehr abendländische Züge, so in den<br />

Miniaturen <strong>der</strong> sieben Künste, des Glücksrades und an<strong>der</strong>er<br />

allegorischen Themen, die z. T. schon auf die Renaissance Karls<br />

des Grossen, z. T. asf das junge Emporblühen <strong>der</strong> Frühgotik<br />

zurückgehen, wie es namentlich die den Rosen <strong>der</strong> Kathedralen<br />

nachgeahmte runde Form einiger dieser Bil<strong>der</strong> bezeugt. Die<br />

übereinstimmung von zwei von diesen Miniaturen, die die<br />

Symbole des alten und des neuen Btrndes darstellen, mit den<br />

später ausgeführten Rosen des südlichen Querschiffs des Strassburger<br />

Münsters, sowie die Mannigfaltigkeit <strong>der</strong> bildlichen und<br />

texrlichen Vorlagen des Hortus haben denn auch zu <strong>der</strong> Annahme<br />

geführt, dass dessen Zusammenstellung und Ausstattung<br />

am Sitze des Strassburger Bischofs und in engem Zusammenhang<br />

mit dem Schaffen <strong>der</strong> Münsterbauhütte geschehen sei.<br />

Vie dem auch sein mag, Fferrad hat sich nicht damit begnügt,<br />

ihre Vodagen mehr o<strong>der</strong> weniger getreu nachzumalen,<br />

sie hat auch ihren eigenen Stil, ihr selbständiges Kunstempfinden.<br />

Da ist einmal die gut entwickelte Beobachtungsgabe, die<br />

so lebensnahe Szenen aus dem Alltag naiv und doch humorvoll<br />

hinzaubert, wie den pflügenden Ackersmann o<strong>der</strong> den bettelnden<br />

Lazarus beim Gastmahl des Reichen, wie die Räuberszene<br />

im Gleichnis vom barmherzigen Samariter o<strong>der</strong> die Katze, die<br />

gleich bei <strong>der</strong> Schöpfung dem Mäuschen nachspringt. Auf dem<br />

Gesicht ihrer Personen vermag sie wohl meistens noch nicht<br />

<strong>der</strong>en seelischc Vorgänge auszudrücken, aber es gelingt ihr<br />

schon, Angstg efühle o<strong>der</strong> des Teufels Bosheit zu veranschaulichen,<br />

und mrt liebevoller Sorgfalt sucht sie die Züge des Heilandes,<br />

<strong>der</strong> Mutter Gottes, <strong>der</strong> Apostel, <strong>der</strong> Propheten und <strong>der</strong><br />

Seligen so edel wie möglich zu gestalten,<br />

Umso stärker ist ihre Einbildungskraft, die ihr erlaubt,<br />

11


vor ihr wohl noch nicht dargestellte Szenen bildlich wie<strong>der</strong>zugeben<br />

und auch die schwierigsten Allegorien durch ihre Miniaruren<br />

yerständlich zu machen. Einiges mag dabei etwas abstrakt<br />

erscheinen, aber welch ausgedehntes Vissen wird da in <strong>der</strong><br />

Kreuzigungsszene und beim Kampf <strong>der</strong> Tugenden mit den<br />

Lastern ausgebreitet, \felch dichterische Phantasie beschwingt<br />

die Darstellung <strong>der</strong> sieben Künste, <strong>der</strong> mystischen Kelter und<br />

des Königs bei dem Puppenspiel; welch ernstes und doch nicht.<br />

engherziges Sittlichkeitsgefühl liegt in den Miniaturen <strong>der</strong> Tugendleiter,<br />

<strong>der</strong> Sirenen, <strong>der</strong> Verdammten des Jüngsten Gerichtes<br />

und ihrer Höllenqualen, welche den Hohenburger Schwestern<br />

so freimütig und abschreckend die Gefahren, die ihr Gelübde<br />

bedrohen, vor Augen führen; aber auch welch kindliche Glaubenszuversicht<br />

und innige Frömmigheit leuchtet in den ermunternden<br />

Versen <strong>der</strong> Gründung Hohenburgs und auf dem Gesicht<br />

des in Abrahams Schoss sitzenden Lazarus, o<strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

ewigen Freude <strong>der</strong> Seligen, die unter Kronen und Palmen im<br />

Paradiese wandeln, und denen <strong>der</strong> Flerr die Tränen abwischtl<br />

Am meisten beeindruckt iedoch beim Hortus. trotz mancher<br />

Unbeholfenheit, die Klarheit und die monumentale Grossartigkeit<br />

des Aufbaus und <strong>der</strong> Ausführung <strong>der</strong> Miniaturen, die<br />

etwa bei <strong>der</strong> Schöpfung, bei <strong>der</strong> mystischen Kelter, beim Jüngsten<br />

Gericht o<strong>der</strong> dem apokalyptischen<br />

'{/eib am deutlichsten<br />

in Erscheinung treten. Sie sind <strong>der</strong> künstlerische Ausdruck von<br />

Herrads tief empfundener Mystik, die warm und zart, zber<br />

'V/eise<br />

nach elsässischer zurückhaltend und strenggläubig, auf<br />

das Praktische gerichtet, ohne überschwengliche Verschwommenheit<br />

ihr Verk durchpulst; sie sind <strong>der</strong> geniale Vi<strong>der</strong>schein<br />

ihres alleserfassenden Glaubens, <strong>der</strong> die'ü[elt und ihre Schätze<br />

im Spiegel <strong>der</strong> Ewigkeit erblicken liess.<br />

12<br />

H. R.


Verzeichnis <strong>der</strong> Abbildungen<br />

Die römischen Zahlen in Klammern verweisen auf die entsprechenden<br />

Bildtafeln <strong>der</strong> Ausgabe von Straub und Keller und <strong>der</strong>en Kommentar'<br />

')<br />

z)<br />

4)<br />

r)<br />

6)<br />

7)<br />

9\<br />

Schnitter (XXXI r) aus dem Gleichnis vom Unkraut unter dem<br />

-V€izen.<br />

Mühle (XXX r). Die Zeichnung jst ";;;i;-,ii;<br />

leicht verständlich, venn man<br />

it4tit;i't;;" iL""t' ti"i.nd vorstellt. Dies Bild sowie das<br />

nächste veranschaulichen den -Text des Evangeliu-ms über die Unsewissheit<br />

<strong>der</strong> Todesstunde; daher <strong>der</strong> Engel rechts oben, <strong>der</strong>- dre<br />

äine Pcrson mitten in ihrer Arbeit aus dem Leben abberuft'<br />

Ackersleute beim Pflügen (XXX z)'<br />

<strong>Der</strong> Sonnenwaqen (Vbis r), ein antikes Motiv, bei dem jedoch ein<br />

schw.t{alliges] abär desio wjrklichkeitsniheres Viergespann die<br />

feurigen Himmelsrosse ersetzt'<br />

Bauleute beim Turmbau zu Babel (X z).<br />

Erstürmune <strong>der</strong> Stadt Dan (XTrer:) durch Abrahams Kriegsleute,<br />

die das Fe"uer in die Stadt geworfen haben und das Tor aufbrechen.<br />

Man beachte hier und auf den zwei nächsten Bil<strong>der</strong>n die Ausiistune,<br />

Kett.npanzerkappe, -Hemd und -Hose, spitze und runde<br />

Helme-mir Nasenschiene, Lanze, zweischneidiges Schwert. .das<br />

an<br />

einem qeknüpften Gürtelriemen geLragen wird, grosser schrld' <strong>der</strong><br />

"m d.n Uall gehängt werden kann<br />

Kämpfende Ritter (Xlter 3), den Karnpf Josuas mit dem König <strong>der</strong><br />

Amälekiter darstellend.<br />

Plün<strong>der</strong>unesszene (L r). Ausschnitt aus <strong>der</strong> hngen Darstellung des<br />

Kamofes"<strong>der</strong> Tusenden mit den Lastern: hier zieht die Raubgier<br />

al' Tochter des öeizes dem einen die Ausrüstung und del an<strong>der</strong>n<br />

Ober- und Unterkleid aus.<br />

Beutezus (XTquart. r). Abraham ohne Kopfbedeckung und eine<br />

Peit'ch'e ialtänd. trcibt mit seinen Getreuen die erbeuteten ller'<br />

den und Sklaven vor sich hin und begegnet dem Melchisedech'<br />

<strong>der</strong> semäss dem mittelalterlichen Kirchenschauspiel als vorausdarstillung<br />

des das Abendmahl spendenden Herrn im Bischofsornat<br />

erscheint.<br />

Karasrane (LIV:). Djeses Bild scellt in Anlehnung an Erzählungen<br />

aus den Kreuzzüg.en den Auszug <strong>der</strong> Königin von Saba dar, die<br />

an ihrem arabiscf,en Schleier erlennbar ist. Das Kamel trägt ein<br />

durch Beschläee verziertes Schatzkästchen,


) Thronen<strong>der</strong> König (XIII r, nach <strong>der</strong> Reproduktion von Engelhardt<br />

auf dem Umschlae dieser Mappe farbie wie<strong>der</strong>geqeben)' Es ist <strong>der</strong><br />

Pharao in Unterödung mit'lüoses ldieser nic-hi melir erhaltea).<br />

r:) Festmahl (XXXIvbis z) aus dem Gleichnis det Löniglichen Hochzeit.<br />

Auf dem Tisch zwischen Fischplatten und verzierten Bechern<br />

ein Vecken, Brotscheiben, eine Breizel und ein Messer, das vorne<br />

eingekerbt ist.<br />

rl) Taufe (LX[V 3). Nach dem altchristlichen Ritus wird <strong>der</strong> Täufling<br />

-'<br />

gan, itt das -Vasser, hier in einen Badezuber, getaucht.<br />

rl) Das Prunkbett (LIII r), auf dem Srlomo schläft, bewacht von den<br />

6o Recken, <strong>der</strong>en Schilde am Davidsturm hängen. Uber dem Bett<br />

mit <strong>der</strong> auf sesDannten Seilen lieeenden Matratie hänet ein öllicht.<br />

Drei Ritter-dir vor<strong>der</strong>en Reih"e trasen am Helm- schon einen<br />

durchsiebten Gesichtsschutz. Salomo ist hier das Syrnbol Christi,<br />

<strong>der</strong> im Schosse <strong>der</strong> Kirche ruht, vährend die Tuginden diese zu<br />

verteidigen habeo und das ewige Licht sie erleuc[tet.<br />

rs) Puooensoiel (LV r). Salomo auf seinem Thron wendet sich dem<br />

Spiele zu und ruft bei dessen Anblick aus: 'Eitelkeit <strong>der</strong> Eitelkeitco,<br />

es ist alles eanz citel!.<br />

rQ Das Glücksral @V z u. LVbh r), von <strong>der</strong> Königin Fortuna gedreht,<br />

stürzt den gekrönten, geldschweren Herrscher in Armut und<br />

Elend hinab und reisst ihn dann wie<strong>der</strong> zu Reichtum und Ehren<br />

.empor, ein an den Rosen <strong>der</strong> Kathedralen beliebtes Motiv.<br />

17) Die Sirenen <strong>der</strong> Odyssee (LVfi r) haben die Besatzung des einen<br />

Schiffes durch Gesang und Spiel eingelullt, um sie auf <strong>der</strong> nächsten<br />

Miniatur <strong>der</strong> Handschrift im Meer zu ertränken. Das dritte<br />

Bild zeiete Odvsseus. <strong>der</strong> sie überlistet. eleich - wie Christus die<br />

Versuchüneen äieser'\felt überwindet.<br />

r8) <strong>Der</strong> Tierkreis (V 2), mit dem Zeichen des Steinbocks beginhend.<br />

19) Die sieben Künste (Xlbis), Im inneren Kreis rhront die von Gotr<br />

inspirierte Philosophie mit einer Krone, aus <strong>der</strong> die Ethik, dic<br />

LoAik und die Physik hervorschauen. 2u ihren Füssen Sokrates<br />

und Plato als 'Kleriker <strong>der</strong> Heiden.. Aus ihr quellen eleich<br />

7 Flüssen die 7 Künste, die den äusseren Kreis fülien: obe"n die<br />

Grammatik mit Bucb und Rute, rechts daneben die Redekunst mit<br />

\Tachstafeln und Griffel, dann die Disputierkunst mit dem vachsam<br />

bellenden Hundsl.oof. die Musik mit Harfe. Monochord und<br />

Drehleier, die Rechenl.unst mit den Rechenkueein, die Geometrie<br />

mit Zirkel und Massstab. endlich die Astrono=mie beim Studium<br />

<strong>der</strong> Sterne. Zuunterst, ausserhalb des Kreises <strong>der</strong> gor.tgefälligen<br />

\Teisheit die Zauberer und Fabeldichter, denen unsaubire. ichwaize<br />

Vögel ihre Lügea einflüstern, Interessant sind auch die Schreibpulte<br />

mit deu Tintenhörnero und die Messer zum Radieren und<br />

ium Spitzen <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>n und Schreibrohre.<br />

ro) Erschaffung <strong>der</strong> Luft und des \flassers 0V und IIIbis suool. z).<br />

<strong>Der</strong> Schöpfer wird für iede <strong>der</strong> zvei auieinan<strong>der</strong>foleenden- i-Iandlungen<br />

dargestellt, links mit dem antikisierenden Vindseist auf<br />

dem Greifen. rechts mit dem von <strong>der</strong> heidnischen Kunst übprnommenen<br />

Meeresgott, <strong>der</strong> einen Fisch und den Dreizack hält.


2r)<br />

22)<br />

24)<br />

28)<br />

Erschaffung <strong>der</strong> Tiere (IV z); unter ihnen eio Drache, ein Einhorn,<br />

ein Greif und ein Elefant mit Häuern statt Stosszähnen.<br />

Verkündigurrg Marr'ae (XXVter suppl. r), noch ganz byzantinr'sch<br />

mlt dem SesseL und dem Szeprer des Engels.<br />

verKunorgung <strong>der</strong> fllrten (^ÄVf 2).<br />

(jeburr Chrisri (XXVI r u. XXVIIb;S suppl. r). ebenso noch byzantinisch,<br />

da n.rch abendlendischer Art l,taiia auf einem BeLt unä das<br />

Kind auf einem Altar liesen würden. <strong>Der</strong> abseits sinnende Toseoh<br />

har keinen Heiligenschein. über dem Bilde srand ee,chiiebin.<br />

dass die Geburt J:oo Jahre nach <strong>der</strong> Schöp{ung gesihehen sei.<br />

r5) Anbetung <strong>der</strong> Könige (XXVIIbis z)t Zum Zeicheq dass sie aus<br />

<strong>der</strong> Fremde, _dem l,4orgenlande kommen. rr.rgen sie die bei<br />

den Slaven üblichen Beinbindcn.<br />

29)<br />

lo)<br />

Traum und Abreise <strong>der</strong> Könige (XXVIIbis r): <strong>der</strong> erste trägt mit<br />

Rosettenmustcr verzierte Kniehosen.<br />

Flucht nach Ägypren (XXVIIbis suppl.:). Ein Diener folgt, den<br />

Manrel am \fan<strong>der</strong>stab trasend.<br />

Taufe Christi (XXVIIbis .ufpl. r;. ;"rr. segnet das Iüasser, während<br />

über ihni sich <strong>der</strong> HiÄmel OilÄet undäie Taube des Heilisen<br />

Geistes herunter flieet, eine Vase heilieen OIs im Schnabel traee-nd.<br />

Rechts die ganz byiantini.chen Engei, die Jesu dienen und'zum<br />

Zeichen <strong>der</strong> Ehrfuriht die Händc in r-hre Klei<strong>der</strong> hüllen. Im Tordrn<br />

links unten nach antikem Vorbild <strong>der</strong> Flusssott. daneben äas an<br />

<strong>der</strong> Taufstelle später errichtete Kreuz, das Hirrad als das Symbol<br />

<strong>der</strong> Erfüllune des Taufbundes erklärr<br />

<strong>Der</strong> arme Lazarus beim Gastmahl des Reichen (XXXIIbis r).<br />

Lazarus im Paradies (XXXIIbis z).Seine Seele ruht in Gestalt eines<br />

reichgekleideten Kindes in Abrjhams Schoss, während rechts <strong>der</strong><br />

Reiche, dessen Seele beim Tod von den Teufeln gepackt wurde,<br />

vor Dursr im Höllenpfuhl lechzt.<br />

jr) Letzte Erscheinung Jesu bei seinen elf Jüngern nach <strong>der</strong> Aulerstehung<br />

(XL r). Nach antiker Arr lehnt er ruf einem Ruhebett am halbrunden<br />

Tisch. Bemerkenswert die Gabel. das Messer ohne Kerbe.<br />

das Stück Bror, das je<strong>der</strong> vor sich hat.<br />

32)<br />

Plingsten (XLT r). Die Apostel halten Schriftrollen o<strong>der</strong> Bücher, von<br />

<strong>der</strong>ien eins mit Edelsteinen geschmückt kt, und bezeugen durch ihre<br />

Gebärden das Sprachenwun<strong>der</strong>.<br />

Die mystische Kelter (LXI r), Im Kelterfass, das nach dem heilisen<br />

Aueustin die Kirche darstellr, Drerst Christus als Kelterba-um<br />

untir dem als Kreuzbalken gedinter.n Querholz die Trauben,<br />

d. h. die Seelen, di€ ihm zug-eschüttet w.ide.r, ,rot"tt .roo "*.i<br />

barfüssigen Aposteln und dem ersten Märtyrer Stefanus, oben von<br />

den gläubigen Ständen <strong>der</strong> lfelt. rechts den Laien, darunter ein<br />

König und eine Königin, links den Gejstlichen, an ihrer Spitze <strong>der</strong><br />

Papsimit <strong>der</strong> zuckerliutförmigen. noch einfach bereiften Tiara und<br />

einem beson<strong>der</strong>s grossen Korb, dahinter ein Bi'chof. einiee Mönche.<br />

zwei Einsiedler und zuletzt ganz bescheiden, z-ei Nonn.n.


l4)<br />

Jr)<br />

3o)<br />

Rinsshcrum be.chürzen Ensel die Rebe, während unten. im<br />

Anschlu.s an die vorhergehenden und die nachfolgenden Miniaturen,<br />

links Jesus den geheilten Aussttzigen in den Kreis dcr<br />

Cläubisen hereinnimrnt. und rechts Enoch und Elias in den<br />

l"tzt"n'Tagen die Heiden und die an ihren spitzen Hüten erkenntlichen<br />

Juden bekehren.<br />

Das Veib <strong>der</strong> Ctffenbarung (LXXVI und farbiges Titelblatt) als<br />

Svmbol des Reiches Gottes und <strong>der</strong> Kirche. Unter die Füsse tritt<br />

sie die unste;e Mondsichel dieser Velt, qrährend hinter ihrem<br />

violetten Kleid die Sonne <strong>der</strong> Gerechtiekeit leuchtet und an ihrer<br />

Krone die r.: Srcrne <strong>der</strong> Apostel gläirzen. Ein Engel birgt ihr<br />

neugeborene. Kind. dar Symbol ihrer geisrigcn Kin<strong>der</strong>. vor dem<br />

Zueriff des Llutroten Drachen (unten rechts), <strong>der</strong> den von <strong>der</strong><br />

Frde aufgeso;encn Strom <strong>der</strong> \terfolgung gcgen das Veib .peir<br />

und ein Dritrel <strong>der</strong> Sterne, d. h. d.r Engel in die Hölle rei'st:<br />

seine sieben Här.rpter bedeuten die sieben Todsünden und sei,e<br />

Ausgeburr, ein siebenköpfiger fahlgrauer I-öwe, als Zeichen des<br />

Anrichriscs. steiet links unten aus dem Meer und bedroht die<br />

Schar <strong>der</strong> 'Gläub"igen.<br />

Dic Tugcndlcirer (LVl). ALrf ihren. Hauprsprossen. die ron unren<br />

.:n die Tulenden <strong>der</strong> Keuschheit, \feltverachrung. Den uc, Cehorsam,<br />

Geduld, Glauben und barmherzigen Liebe vcrsinnbildlichen,<br />

versuchen die Christen, die die entsprechenden Tugenden ausüben<br />

wollen o<strong>der</strong> sollten, zur Krone des Lebens zu gelangen,<br />

stürzen aber zumeist ab, wcil sie sich verführen lassen von den<br />

verschiedenen weltlichen Gelüsten, die auf je<strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Leiter<br />

versinnbildlichr sind: so von unten nach oben für die Laien<br />

und Ritter, Pferde, \flagel, Kriegsleute, Städte, schöne Klei<strong>der</strong>;<br />

für die Nonne die Pracht <strong>der</strong> lwelt und rier verführerische Priester;<br />

für den Kleriker die Schlemmerei und seine Freundin, die<br />

die hier abgebildete romanische Kirchc mit Langhaus, Vierungsturm<br />

und Aosis halb verdeckt; für den Mönch Geld und Besitz;<br />

für den Klausner ein weiches Bettj für deo Einsie

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